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Die neuen Fälle von Marlowe

Ein Polizist, der sich Marlowe nennt. Rätselhafte Morde, die auf einen Serienmord hindeuten.

Ein Polizist, der sich Marlowe nennt. Rätselhafte Morde, die auf einen Serienmord hindeuten.

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Verstrickung –<br />

<strong>Marlowe</strong>s erster Fall<br />

XL-Leseprobe<br />

Ute Smola und Indira Wirths-Kosub<br />

Autorinnen + Herausgeber<br />

die-kriminalisten


Impressum<br />

die-kriminalisten.jimdo.com<br />

Titel: Verstrickung –<strong>Marlowe</strong>s erster Fall XL-Leseprobe<br />

Autoren: Ute Smola und Indira Wirths-Kosub<br />

Copyright © Ute Smola und Indira Wirths-Kosub 2013<br />

die-kriminalisten: Erster Band Mai 2013<br />

2. überarbeitete Auflage November 2013<br />

Titelbild: ©jimdo/Bildbearbeitung © Ute Smola, Indira Wirths-Kosub<br />

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist nur mit Zustimmung der Herausgeber<br />

zulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und<br />

Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z.B. über das<br />

Internet.


Wir sagen Danke!<br />

Den Mit-Ermittlern und Ideengebern:<br />

Wir danken Marina Maggio für die treffende Wahl des Titels und für viele tolle Textvorschläge!<br />

Weiter danken wir Susanne Peeters, Emma Potter, Sade Shaira, Jola, Hannes, Evrem, Klare, Luca,<br />

Franziska, Merve, Anke, Andreas, Renate, die zu unterschiedlichen Zeiten ihre Ideen und Texte an<br />

uns weitergegeben und somit zum Fortschreiten der Geschichte beigetragen haben!<br />

Unseren kritischen Beratern:<br />

Heiko Mittelstädt danken wir für das kritische Lesen und die Beratung bei kriminalistischen<br />

Details!<br />

Der Grafikdesignerin Esther Petersen möchten wir für das zur Verfügung stellen ihres kow hows<br />

bei der Covergestaltung danken.<br />

Marga <strong>von</strong> margas-verlag-in-planung danken wir für das hilfreiche Lektorieren einiger Texte.<br />

Bei Norbert Hofer, SoStarten.de, bedanken wir uns für die kritische Prüfung und Verbesserung<br />

unserer Homepage und Facebook Seite.<br />

Christian Matthees <strong>von</strong> www.krimi-tick.de sei gedankt, dass unser eBook ein Gewinn beim<br />

Gewinnspiel „Schreibgefühle“ sein durfte.<br />

Unserem Sponsor und Coach: <br />

Ganz besonders danken wir Martin Weiss <strong>von</strong> www.coach-your-self.tv für die finanzielle<br />

Unterstützung des Projekts und das persönliche Coachen. Es war nicht immer einfach mit uns!


Verstrickung – <strong>Marlowe</strong>s erster Fall<br />

Liebe/r Leser/in,<br />

dieser Krimi ist Fiktion. Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Ereignissen sind rein zufällig und<br />

unbeabsichtigt. Allein die Schauplätze gibt es wirklich, ebenso das wunderbare Wasserhäuschen<br />

und dessen Besitzer Olaf Gries.<br />

Ach ja, bitte seien Sie nicht enttäuscht, wenn Sie im 16. dem Hunger erliegen: das 16. Polizeirevier<br />

in Frankfurt hat keine Kantine! ;((


Informationen zum Buch<br />

Das Krimi-Internet-Projekt der Autorinnen Ute Smola und Indira Wirths-Kosub zog seit dem<br />

ersten unter www.die-kriminalisten.de eingestellten Text im Mai 2012 Teilnehmerinnen und<br />

Teilnehmer in seinen Bann. Jede/r konnte teilnehmen, eigene Ideen vorschlagen und/oder<br />

mitschreiben. <strong>Die</strong> Initiatoren entschieden entsprechend dem roten Faden, welche Ideen und Texte<br />

Einzug in den Krimi fanden. Alles war offen, die Geschichte entwickelte sich mit den Vorschlägen<br />

der Teilnehmer. So ergaben viele Ideen eine spannende und unterhaltsame Krimigeschichte, die<br />

ihresgleichen sucht.<br />

Inzwischen erreichen Sie die-kriminalisten auf der Homepage: die-kriminalisten.jimdo.com


Verstrickung – <strong>Marlowe</strong>s erster Fall<br />

Wie alles anfing:<br />

Langeweile ist eingekehrt bei Franziska und Jan-Philipp <strong>von</strong> Hohenlof: Reich und kinderlos hält sie<br />

lediglich der drastische Ehevertrag zusammen. Selbst Feng Shui, das neueste Hobby <strong>von</strong> Franziska,<br />

hinterlässt nur Leere, nachdem sie ihr Haus und den Garten umgestaltet hat. Allein Steven bringt<br />

Farbe in ihr tristes Leben. Warum soll nur Jan-Philipp seinen außerehelichen Freuden nachgehen?<br />

Fatalerweise schaltet Jan-Philipp einen Detektiv ein: unglücklicherweise verliert der ertappte<br />

Ehebrecher laut Vertrag alles!<br />

Bald wird die erste Leiche aus dem Main gefischt und die bleibt nicht lang allein. Nicht nur die <strong>von</strong><br />

Hohenlofs werden in einen Strudel lebensbedrohlicher Ereignisse gezogen. Auch die Vergangenheit<br />

des Detektivs <strong>Marlowe</strong> ist dunkler, als man ahnt ... !


Verstrickung - <strong>Marlowe</strong>s erster Fall<br />

Klappe, die Erste: Hamburg<br />

Franziska hatte das Anwesen <strong>von</strong> einem Feng Shui Berater nach den neuesten, dem europäischen<br />

Markt angepassten Feng Shui Regeln gestalten lassen. Das würfelförmige weiße Haus stand stolz<br />

und mächtig inmitten eines großen Grundstücks. Umgeben <strong>von</strong> einer hüfthohen Ligusterhecke<br />

blitzten in wohl sortierten Abständen Blumenbeete, Steingruppen und ein Fischteich aus dem<br />

japanisch arrangierten Rasen hervor. Sobald die letzten Sonnenstrahlen hinter dem Horizont<br />

verschwanden, tauchten die in den Boden eingelassenen Leuchten das gesamte Arrangement in<br />

einen wohlig warmen Schimmer.<br />

Drinnen waberte in dezenter Lautstärke Chill-Out-Musik durchs Haus. Das neue Home<br />

Entertainment Soundsystem schickte Musik- und Videosignale drahtlos in jedes Zimmer. Selbst die<br />

Jalousien wurden per Fernbedienung bewegt!<br />

<strong>Die</strong> Musik, die Franziskas Feng Shui Berater Ferdinand Eckmann speziell für diesen<br />

Einweihungsabend ausgesucht hatte, zog die Gäste in ihren Bann und hinter sich her. Sie folgten<br />

den Klängen, schauten überall hin und hinein, manche neugierig, manche interessiert. Das neu<br />

gestaltete Haus war auch innen ganz nach dem neuesten Hobby der Besitzerin gestaltet. Franziskas<br />

Leben erschien ihr öde, bis sie auf Feng Shui traf. Beim letzten Seminar in Frankfurt traf sie dann<br />

auf Steven, der eigentlich Stefan hieß, aber sehr anglophil angehaucht war und Steven sowieso<br />

cooler fand. Beides hatte Franziska in einen ungeheuren Flow gebracht, der selbst ihrem Mann<br />

aufgefallen war. Unangenehm aufgefallen. Er hatte sofort einen anderen Mann im Spiel gesehen.<br />

Schließlich kannte er das Gefühl! Aber bei ihm als Mann, der mit beiden Beinen in einem<br />

erfolgreichen Berufsleben stand, war das schließlich etwas anderes! Jan-Philipp war nach außen<br />

modern und Laisser-faire, hielt aber nur zu gerne an altmodischen Vorstellungen fest.<br />

Jetzt wuselte er zwischen den Gästen hin und her, lächelte, witzelte und versuchte dabei,<br />

Franziska im Augenwinkel zu behalten. Einige der männlichen Gäste konnte er nicht einordnen.<br />

Auch <strong>Marlowe</strong> war ihm keine große Hilfe gewesen. <strong>Marlowe</strong>, in seinen Augen ein<br />

anachronistischer Name für einen modernen Detektiv. Ihm hatten seine Erkundigungen zumindest<br />

die Gewissheit gebracht, dass ein Nebenbuhler im Spiel war, mehr wusste er leider nicht.<br />

Als die Türklingel ihren sanften Gong durch die <strong>Die</strong>le schickte, plauderte Jan-Philipp mit<br />

<strong>Marlowe</strong>. Vor der Tür stand ein schlanker unrasierter Mann in einer beigen Chino, weißem<br />

Jeanshemd und weißen Turnschuhen. Jan-Philipp lachte: „Hallo und willkommen!“<br />

Steven lachte nicht, Franziska schnappte nach Luft und <strong>Marlowe</strong> kräuselte gespannt die Stirn!<br />

„I love your wife and want to put my tongue in her mouth!“


Entsetzen! Nur die Musik schickte weiterhin entspannte Töne auf die Reise. Jan-Philipp,<br />

Franziska, <strong>Marlowe</strong> und Steven verharrten entsetzt und sprachlos! Eine sommerliche Brise trug den<br />

Duft der Hibiskusblüten ins Haus. Jan-Philipp hielt nach wie vor die Türklinke in der Hand,<br />

Franziska hielt den Buddha an ihrer Kette umklammert, <strong>Marlowe</strong>s Stirn hatte sich geglättet und sein<br />

Mund grinste. Stevens Blick nahm Franziska gefangen: Siehst du, ich hab’s getan! Das hättest Du<br />

mir nicht zugetraut, was? Sein Blick sagte mehr als tausend Worte: Jetzt musst du dich entscheiden.<br />

Kaum merklich schüttelte Franziska den Kopf. Du irrer, theatralischer Idiot! <strong>Die</strong>ser Spruch <strong>von</strong><br />

Richard Burton. Ja, ich liebe dich! Aber so geht das nicht!<br />

Als die ersten Gäste unruhig tuschelten, übernahm <strong>Marlowe</strong> das Ruder und sagte: „Hallo,<br />

möchten sie nicht reinkommen?“<br />

<strong>Die</strong> wenigen Worte lösten die Anspannung, Franziska stürzte nach vorne, schob Jan-Philipp zur<br />

Seite und sagte: „Ich glaube wir klären das draußen.“<br />

Bevor Jan-Philipp reagieren konnte hatte sie die Tür hinter sich ins Schloss gezogen.


Klappe, die Zweite: Hamburg<br />

Während im Haus die Gäste weiter feierten, standen Franziska und Steven angespannt zwischen<br />

den Hibiskussträuchern auf dem Kiesweg.<br />

„Bist du denn <strong>von</strong> allen Geistern verlassen? Wie kommst du dazu hier solch eine Szene<br />

aufzuführen? Spätestens jetzt weiß mein Mann alles“, zischte Franziska Steven an.<br />

„Oh, dein Jan-Philipp weiß ohnehin schon alles. Der Typ, der so nett war mich reinzubitten, ist<br />

sein Detektiv und heißt <strong>Marlowe</strong>, treffend nicht?“<br />

„Woher weißt du das schon wieder?“<br />

„Er hat mich im Zug angesprochen und versucht auszuquetschen. Und er hat mir ein Startkapital<br />

für uns beide überreicht! Erst einmal 50.000 Euro für meinen Auftritt hier - für nur fünf Minuten!<br />

Und weitere 50.000 Euro erhalten wir, wenn du gleich morgen deine Sachen packst und zu mir<br />

nach Frankfurt ziehst. Er meinte, du solltest deine Party in Ruhe zu Ende genießen!“ Steven zog<br />

Franziska an sich und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.<br />

„Mensch Franziska, wir haben gewonnen! Jan-Philipp will sich scheiden lassen.“ Franziska löste<br />

sich aus der Umarmung und starrte Steven entgeistert an. Sie merkte gar nicht, dass ihr Mund weit<br />

offen stand. Fast unmerklich schüttelte sie den Kopf. Schon einige Male hatte sie an Stevens<br />

Verstand gezweifelt, schob es aber auf die kindische Verliebtheit, die sie beide völlig überrollt hatte.<br />

Sie hatte schließlich auch den einen oder anderen Aussetzer auf Amors Schwingen gehabt. Aber das<br />

war immer weit weg <strong>von</strong> ihrem Mann und seinem Detektiv, weit entfernt <strong>von</strong> Freunden und<br />

Bekannten. Schließlich wollte sie sich nicht um Kopf und Kragen bringen.<br />

„Hör zu Steve, es gibt Dinge, die du einfach noch nicht weißt. Es war noch nicht die Zeit dafür.<br />

Aber Jan-Philipp besitzt keinen Pfennig, er hat mein Geld geheiratet und ich seinen Namen. Und<br />

mein schlauer Ehemann bestand bei der Hochzeit auf einem Ehevertrag, der uns lebenslang<br />

aneinanderkettet: der Ehepartner, der betrügt oder ohne ein Verschulden des anderen Ehepartners<br />

die Scheidung einreicht, dem gehört am Ende nicht einmal das Hemd am Leib. Dann kommst du<br />

daher und bescherst mir mit knappen zehn Worten meinen Bankrott.“<br />

„Franziska, ich liebe dich. Ich dachte, du bist glücklich und wollte ein deutliches Zeichen für uns<br />

setzen. Schließlich hast du immer behauptet euer Geld interessiert dich nicht. Das braucht es auch<br />

nicht, ich habe einen Job als Lehrer, der mir Spaß macht und uns beiden ein angenehmes Leben<br />

ermöglichen wird. Du wolltest ohnehin eine Ausbildung machen, um als Feng Shui-Coach zu<br />

arbeiten. Dann hast du eine Arbeit, die dich ausfüllt und für die du den ganzen Luxus hier hinter dir<br />

lassen kannst. Hast du mir nicht erzählt, dass du mit deinem Leben unzufrieden und unglücklich<br />

bist? Dass du mit Feng Shui die Erfüllung suchst? Deine Gartengestaltung und die umdekorierten<br />

Wohnräume in deinem Haus hast du ja nur begleitet und sie können doch nicht alles gewesen sein?


Komm pack deine Sachen und fahr mit mir in ein neues Leben.“ Steven hatte sich in Rage geredet<br />

und deutete in ausholenden Bewegungen auf Haus und Garten.<br />

„Aber doch nicht jetzt Steven! Wir müssen einen Plan austüfteln, bevor wir diese Sache angehen.<br />

Außerdem haben mein Mann und ich jetzt wichtige Gäste!“<br />

„Was kann wichtiger sein, als wir beide?“<br />

„Werd endlich erwachsen Steven!“, fauchte sie und entfernte sich ein Stück <strong>von</strong> ihm. Aus den<br />

Augenwinkeln hatte sie eine flüchtige Bewegung hinter dem Küchenfenster wahrgenommen.<br />

„Ich muss zurück zur Party, die meisten sind ja schließlich meine Gäste. Lass uns morgen in<br />

Ruhe reden. Ganz sicher finden wir eine Lösung, das verspreche ich dir. Jetzt geh, wir telefonieren<br />

morgen.“<br />

Steven war scheinbar <strong>von</strong> Franziskas harschem Ton erstaunt und verletzt. Er drehte sich um und<br />

ging ohne ein Abschiedswort.<br />

Franziska marschierte wütend auf das Haus zu. Der mit kleinen Steinen ausgelegte Weg<br />

knirschte unter ihren Füßen. Was mache ich bloß, um bei diesem Skandal selbst zu punkten,<br />

überlegte sie. Kaum hatte sie die paar Stufen zwischen den Pfeilern erreicht, öffnete <strong>Marlowe</strong> die<br />

Haustür. Na, ausgerechnet der, dachte sie und versuchte zu lächeln.<br />

„Das war Steven, einer meiner Verehrer. Ich habe ihn beim letzten Feng Shui-Seminar<br />

kennengelernt und er hat sich unsterblich in mich verliebt. Wollte mich aus meiner Ehe-Hölle<br />

retten. Ich habe ihm erklärt, dass ich glücklich verheiratet bin.“<br />

Oh, wie mich das alles anödet, dachte sie. All die Lügen und Betrügereien. Hätte ich mich doch<br />

niemals darauf eingelassen. Wie tief sind wir gesunken, dass Jan-Philipp mich mit 100.000 Euro<br />

abspeisen will. Was soll ich da<strong>von</strong> halten? Was soll ich jetzt tun? Oh, mein Gott! Ich muss sofort<br />

telefonieren!<br />

Als Steven hinter der Toreinfahrt um die Ecke bog, startete augenblicklich der Motor eines alten<br />

Chevrolets, fuhr an und hielt neben ihm. Er stieg ein. Drinnen saß eine attraktive Brünette mit<br />

hochgesteckten Haaren und schaute ihn interessiert an.<br />

„Und?“ meinte sie, „hat er es geschluckt?“<br />

„Ja … und sie auch!“


Klappe, die Dritte: Hamburg<br />

Im Haus lief die Party auf Hochtouren. <strong>Die</strong> Gäste aßen, tranken, tanzten und amüsierten sich<br />

bestens. Ein Teil wuselte immer noch durchs Haus, die anderen standen im Garten und genossen die<br />

Abendstimmung. Außer <strong>Marlowe</strong>, Jan-Philipp und Franziska schien niemand die Szene bemerkt zu<br />

haben. Außer ... Merve. <strong>Die</strong> Haushälterin erledigte in der Küche allerlei Dinge, die trotz<br />

Partyservice anfielen. Ihr war natürlich klar was hier gespielt wurde. Falls Franziska und Jan-<br />

Philipp einen Einblick hätten, wie viel die unscheinbare Merve weiß, würden sich ihnen die Haare<br />

sträuben! <strong>Die</strong> stille Merve, die man eigentlich nie sah und nur hörte, wenn der Staubsauger oder die<br />

Küchenmaschine lief. Jeden Morgen deckte sie den Frühstückstisch in der geräumigen Küche und<br />

stellte die frischen Brötchen, die sie auf ihrem Weg eingekauft hatte, in die Mitte des Tisches. An<br />

zwei Tagen blieb sie sogar bis in die Abendstunden, denn dienstags und donnerstags aßen die<br />

Herrschaften gemeinsam zu Abend und Merve bereitete das Essen vor. An beiden Tagen hatte sie<br />

dann bereits das Haus im Erdgeschoss gesäubert und die Wäsche gewaschen. Der Mittwoch und der<br />

Freitag waren dem Obergeschoss und dem Bügeln vorbehalten. In ihrem Bügelzimmer neben dem<br />

Hauswirtschaftsraum glättete sie die Wäsche und lauschte der lauten Musik des Radios. Anfangs<br />

hatten sowohl Franziska als auch Jan-Philipp sie zwei Mal aus Versehen eingeschlossen und die<br />

Alarmanlage eingeschaltet, seitdem schaltete sie das Radio beim Bügeln ein.<br />

Merve war so gut wie unsichtbar, sie bewegte sich geräuschlos, atmete geräuschlos, sprach nur<br />

wenn sie angesprochen wurde und verrichtete ihre Arbeit äußerst sorgfältig. Franziska und Jan-<br />

Philipp waren froh, sich hundertprozentig auf sie verlassen zu können. Insgeheim dachten sie,<br />

Merve sei nicht die Schlaueste! Merve beließ es dabei, sie genoss den Status des unsichtbaren<br />

Dummchens. Ihr Fundus an Wissen über das Ehepaar war mittlerweile beachtlich.<br />

Schweigend trocknete sie Sektgläser, aber in ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Was<br />

war nun schon wieder los? War das der Kerl, wegen dem Franziska in letzter Zeit so unheimlich gut<br />

gelaunt war? Sie hatte ihr sogar ein ausrangiertes Kleid geschenkt und erst zu diesem Zeitpunkt<br />

bemerkt, wie gut Merve gebaut war! Nachdenklich hatte sie Merve angeschaut und zum ersten Mal<br />

das ungeschminkte Gesicht genauer betrachtet. Wie hübsch Merve war! Wenn sie sich besser<br />

zurechtmachen würde ... schnell hatte Franziska den Gedanken verworfen. Dann müsste sie auch zu<br />

Hause auf Jan-Philipp achten und dazu hatte sie weiß Gott keine Lust.<br />

Merve kannte ihre Arbeitgeber nur zu gut! Nach einer kritischen Betrachtung stellte sie die<br />

blitzblanken Gläser auf die Silbertabletts. Beide hatten immer ihre kleinen Liebeleien gehabt und<br />

jeder hatte sie akzeptiert. Aber seit Kurzem war etwas anders. Jan-Philipp hatte niemanden, seit er<br />

seiner Sekretärin überdrüssig geworden war. Stattdessen schwebte Franziska auf Liebeswolken.<br />

Anscheinend schien er doch etwas für seine Frau zu empfinden, denn er hatte eigens einen Detektiv<br />

engagiert. Der wuselte ständig durchs Haus wenn Franziska nicht da war. Pff, Merve schüttelte den


Kopf, der war nicht ganz koscher. Sie hatte ihn ein paar Mal vom Küchenfenster beim Rauchen<br />

beobachtet, er berührte sie tief in ihrem Inneren und sie konnte das nicht einordnen. Wenn er auf<br />

das Haus zuging griff er sich an den linken Ringfinger und drehte das blaue Siegel eines silbernen<br />

Ringes nach innen. Wahrscheinlich war das noch niemandem aufgefallen, denn der Ring sah <strong>von</strong><br />

hinten wie ein ganz normaler schmaler Silberring aus. Sie hatte bis jetzt noch keinen Blick auf das<br />

Wappen werfen können, aber auch das würde ihr noch gelingen. In ihrer Mietwohnung hatte sie ein<br />

Buch über deutsche Adelige gefunden, die alle ein eigenes Wappen hatten. Als ihr Vormieter ins<br />

Altersheim gekommen war hatte die Wohlfahrt die meisten Möbel und Kartons abgeholt. Doch<br />

einige Kartons wurden vergessen und standen noch Monate später im Kämmerchen, also hatte<br />

Merve das Geschirr und dieses Buch behalten und den Rest entsorgt!<br />

Erstaunlich, wie viele adlige Familien ein eigenes Wappen besaßen. Ebenso wie ihr Arbeitgeber!<br />

Er zeigte es niemandem und es hing auch nirgendwo. Nur durch Zufall hatte sie es in seinem<br />

Arbeitszimmer gesehen! Als sie dann die Handbewegung des Detektivs sah musste sie sofort an<br />

dieses Wappen denken. Ach, wahrscheinlich geht meine Fantasie wieder mit mir durch, dachte<br />

Merve und öffnete die nächste Flasche Pro Secco!


Klappe, die Vierte: Hamburg<br />

Steven und Andy fuhren nicht direkt zum Hotel. Andy kannte Hamburg noch nicht und wollte<br />

unbedingt zur Binnenalster und vor allem zum Jungfernstieg. Auch wenn die Geschäfte geschlossen<br />

waren, wollte sie einen Blick auf diese Straße und die Alster werfen. Seit sie damals ihren Plan<br />

konkretisiert und Hamburg bei der Recherche im Internet genauer unter die Lupe genommen hatte,<br />

gefiel ihr der Name „Jungfernstieg“ und dessen Geschichte sehr. Sie konnte es vor ihrem inneren<br />

Auge sehen, wie die Familien auf dieser Straße flanierten, um ihre unverheirateten Töchter zur<br />

Schau zu stellen. Glücklicherweise lagen viele Generationen zwischen damals und heute.<br />

Glücklicherweise gab es das „Töchterverheiraten“ heute nicht mehr.<br />

Gemütlich schlenderten sie zu Alex, dem In-Restaurant direkt an der Binnenalster. Das Glück<br />

war auf ihrer Seite und sie fanden auf Anhieb einen kleinen Tisch auf der Terrasse mit Blick aufs<br />

Wasser, die Alsterboote, das Hotel Vier Jahreszeiten und auf die Alsterschwäne! Andy streckte sich<br />

und grinste!<br />

„Wer hätte gedacht, dass du so ein toller Schauspieler bist, Brüderchen! Was sagt Tim eigentlich<br />

dazu, wenn du ständig mit dieser Frau abhängst?“<br />

Nachdenklich wiegte Steven den Kopf und blickte auf die riesige Wasserfontäne in der Mitte der<br />

Binnenalster. „Na ja, war nicht einfach, ihm das klarzumachen! Schließlich sind wir seit zwei<br />

Jahren ein Paar. Aber das Geld, Mensch Andy, das Geld, wenn wir das kriegen könnten. Und es<br />

wäre so einfach. Wie gut, dass Ma und Dad <strong>von</strong> unserem Tun nichts mehr mitkriegen.“<br />

Seine kleine Schwester Andy nickte und schaute den jungen Kellner mit schmachtenden Blicken<br />

an. Zuerst bestellten sie zwei Caipirinha, lehnten sich entspannt zurück und betrachteten die<br />

Aussicht und die anderen Gäste. Noch immer konzentrierte sich Andy auf diesen einen Kellner! „Es<br />

gibt hier ne Menge gut aussehender Menschen, nur die Touris stören ein wenig“, zischelte sie<br />

zwischen zwei Strohalmzügen. „Hm, köstlich! Ja, du hast recht. Wenn Dad das wüsste, der würde<br />

sich im Grab umdrehen. Und Ma puterrot werden vor Scham darüber, was die Leute denken!“<br />

„Hm, aber wie machen wir jetzt weiter?“ Steven schlürfte den letzten Rest zwischen den<br />

Eiswürfeln heraus. „Das Angebot des Detektivs hat mich sehr nachdenklich gemacht. Was sollte<br />

das? Mein Gott, wie kann er glauben sie mit 100.000 Euro abspeisen zu können?“<br />

„Scheint ne Menge mehr da zu sein. By the way... was ist denn der Detektiv für’n Typ?“<br />

„Oh, Andy, hast du wieder einen Hormonstau oder ist es dieses Mal ein Überschuss?“<br />

„Ja, mach dich nur lustig! Du bist in festen Händen und ich immer noch auf der Suche.“<br />

„Es hat dich halt noch nicht richtig erwischt. Na ja, abgesehen <strong>von</strong> dem einen Mal in Dublin.<br />

Außerdem guckst du nur auf den Ass, hinten und vorne! Vielleicht solltest du zur Abwechslung mal<br />

zuerst ins Gesicht schauen und auf das Lächeln achten!“


„Ja, ich liebe dich auch!“ Ihr Blick klebte immer noch an dem jungen Kellner. „Scharfes<br />

Hinterteil! Ach, diese Hamburger Jungs! Vielleicht ziehe ich nach Hamburg. Frankfurt geht mir<br />

langsam auf die Nerven! Und wenn wir das Geld haben, suche ich mir hier eine nette Wohnung und<br />

dann einen Job!“<br />

„Ja, aber vorher müssen wir noch einiges vorbereiten.“<br />

Langsam neigte sich der Tag dem Ende zu und der wolkenlose Himmel warf einen sanften<br />

Sternenschein über das glitzernde Wasser. <strong>Die</strong> Lichter der Boote und Lokale erhellten die<br />

romantische Szenerie. <strong>Die</strong> Geschwister fühlten sich rundum wohl. Nach der ersten Caipirinha<br />

knurrten ihre Mägen, also orderten sie Backofenkartoffeln mit Lachs. Das würde richtig satt<br />

machen.<br />

„Also, wie gehen wir weiter vor?“, wollte Andy wissen und vertilgte genüsslich das letzte<br />

Salatblatt.<br />

„Mal abwarten, was Franziska mir morgen zu sagen hat. Der Detektiv sieht übrigens sehr<br />

männlich aus!“


Klappe, die Fünfte: Hamburg<br />

<strong>Marlowe</strong> lehnte sich gegen den Türrahmen der Terrassentür und beobachtete die Partygäste! Im<br />

Abendlicht wirkte der Garten sphärisch und unwirklich und unglaublich schön. Er musste zugeben,<br />

dass die Feng Shui Gestaltung wahre Wunder bewirkt hatte. Alles war so vollkommen, so rund, so<br />

perfekt ohne perfekt zu wirken. Einfach so! Wohlfühloase, es glich einer Wohlfühloase. Mit Geld<br />

kann man so einiges bewegen, dachte er zum wiederholten Male und schaute wehmütig zum<br />

sternenklaren Himmel. Eigentlich war für heute Regen angesagt. Das Glück scheint doch nicht mit<br />

den Tüchtigen zu sein, sondern eher mit den Unverschämten und Berechnenden. In Gedanken sah<br />

er seinen Vater dort oben. Seinen Vater, der nur darauf wartete, dass er, <strong>Marlowe</strong>, seinen Plan<br />

beendete. Wenn ihm das gelänge, würde sein Vater am Ende stolz auf ihn sein.<br />

Wehmütig startete er seinen Rundgang durch den Garten. <strong>Die</strong> Gäste standen an Stehtischen, die<br />

weißen Hussen wurden <strong>von</strong> einer großen roten Schleife gehalten und auf jedem Tisch stand eine<br />

rote Rose in einer weißen bauchigen Vase! Alles passte perfekt zusammen. Abwesend spielte sein<br />

Daumen mit dem Ring, drehte ihn hin und her, hin und her, nur wenige Millimeter. Schließlich<br />

sollte niemand die Vorderseite sehen. Es hatte ihn einiges gekostet, den alten Wappenring so<br />

herzurichten, dass er <strong>von</strong> der Rückseite wie ein normaler Silberring aussah.<br />

Er hatte es fast geschafft! Seine Auftragsbücher waren gefüllt, er konnte sich eine Sekretärin und<br />

ein Büro in Winterhude leisten und war auch der Erfüllung seines Traumes mit diesem Auftrag<br />

einen Schritt näher gekommen.<br />

<strong>Die</strong> Idee, diesem Frankfurter das Geld anzubieten, war ein Fehler. Das hatte er <strong>von</strong> Anfang an<br />

gesagt. Aber Jan-Philipp war derart verbohrt, er wollte das ganze Vermögen für sich haben und war<br />

vernünftigen Argumenten verschlossen. Für wie dumm hielt er seine Frau! Sie würde sich niemals<br />

mit 100.000 Euro abspeisen lassen. Egal wie verliebt sie war. Und dieser Steven! Er müsste sich<br />

schon sehr täuschen, wenn der nicht ein ganz handfestes und schmieriges Geheimnis verbarg.<br />

Während seiner Anfangszeit als Detektiv hatte er einige Psychologieseminare besucht und schien so<br />

etwas wie den siebten Sinn zu haben. Er spürte, empfand und ließ sich <strong>von</strong> seinen Gefühlen leiten,<br />

die ihn noch nie im Stich gelassen hatten. Steven war bi! Da war er sicher. Steven war komisch,<br />

ebenso wie Merve, die Haushälterin! Sie schaute ihn so durchdringend an, als könne sie in seine<br />

Seele blicken und seine tiefsten Geheimnisse lesen! <strong>Die</strong>se Spannung zwischen ihnen war greifbar.<br />

Merve war immer da, wuselte immer irgendwo umher, war tonlos und unsichtbar. Das machte sie<br />

gefährlich. Wahrscheinlich wusste sie mehr als er. Wahrscheinlich musste er freundlich zu ihr sein,<br />

damit sie ihm eins ihrer Geheimnisse verriet. Denn es war klar, dass dieses Haus eine Menge<br />

Geheimnisse verbarg. Das Geheimnis <strong>von</strong> Jan-Philipp kannte er und das Geheimnis <strong>von</strong> Franziska<br />

würde er noch herausfinden. Tief in ihrem Inneren war sie wahrscheinlich eine einfache und<br />

stinknormale Frau. Wann hatte sie sich so verändert? Was hatte sie zu dieser Wohlstandstussi


werden lassen? Augenscheinlich hatte sie nichts als Golf und Tennis und seit Neuestem natürlich<br />

diesen Feng Shui Schwachsinn im Kopf. Aber sie hatte einen guten Kern, das hatte er vom ersten<br />

Augenblick an gespürt. Und natürlich war sie perfekt. Perfekt geschminkt, perfekt gekleidet,<br />

perfekte Sprache, perfekter Geschmack! Niemand ist so perfekt. Was also steckte dahinter?<br />

Gleich morgen Früh wollte er den Frankfurter in seinem Hotel aufsuchen und ihm das Angebot<br />

erneut unterbreiten. Es gab jetzt kein Zurück mehr! Vielleicht könnte er es ja auch so einrichten,<br />

dass Jan-Philipp als Verlierer auf der Strecke blieb, das käme seinen eigenen Zielen weit mehr<br />

entgegen. Sobald er die <strong>von</strong> ihm gesuchte Urkunde in Händen hielt, konnte er Jan-Philipp erpressen<br />

und das Geld und den Titel zurückbekommen. Dann wäre der Gerechtigkeit endlich Genüge getan.<br />

Aber so einfach, wie er es sich vorstellte, würde es natürlich nicht werden.<br />

Während <strong>Marlowe</strong> seinen Gedanken nachhing, stand Merve immer noch in der Küche und<br />

dachte an den Detektiv. Beide dachten gleichzeitig aneinander ohne es <strong>von</strong>einander zu wissen. <strong>Die</strong><br />

gedanklichen Energien vereinigten sich und zogen die Haushälterin und den Detektiv magisch in<br />

ihren Bann. Schon vor einer Viertelstunde hätte Merve nach Hause gehen können, starrte aber<br />

immer noch auf die leeren Pro Secco- und Weinflaschen! Als sie Jan-Philipps lautes Lachen hörte,<br />

raffte sie sich auf und griff nach ihrer Jacke.<br />

Wie immer hatte sie ihr Fahrrad seitlich vom Haus abgestellt, weil sie normalerweise die<br />

Seitentür benutzte. Heute Abend versperrten mehrere Getränkekisten den Weg und sie musste durch<br />

eine der Terrassentüren schleichen, während <strong>Marlowe</strong> seinen Rundgang beendete und zurück ins<br />

Haus gehen wollte.<br />

Beide bewegten sich aufeinander zu, wurden <strong>von</strong> ihren Energieströmen magnetisch angezogen<br />

und prallten fast gegeneinander. <strong>Marlowe</strong> schaute Merve unwirsch an, sie stolperte, wurde aber im<br />

letzten Moment <strong>von</strong> <strong>Marlowe</strong> aufgefangen und erschrak, aber sie reagierte prompt, nutzte die<br />

Chance, streckte ihm die Hand entgegen und stellte sich vor. <strong>Marlowe</strong> runzelte die Stirn als er ihre<br />

Finger spürte, die über seine Handfläche strichen und den Ring abtasteten. Ruckartig zog er seine<br />

Hand zurück und sagte: „Nett, sie kennenzulernen.“<br />

„Ganz meinerseits“, stotterte Merve nachdenklich. Sie hatte das Wappen deutlich ertastet und<br />

erkannt. Es sah exakt so aus, wie das ihres Chefs!


Klappe, die Sechste: Frankfurt<br />

Genervt und übernächtigt starrte Kommissar Kattlowitz auf den toten Jogger. Der gepflegte<br />

Mann Mitte 40 lag auf dem Rücken, die pitschnasse Laufkleidung klebte an seinem Körper und ließ<br />

den kugeligen Bauchansatz erkennen. Dafür sind die Haare gewichen, dachte Kattlowitz bitter und<br />

schämte sich sofort dieses ketzerischen Gedankens. Schließlich beugte er sich über eine Leiche!<br />

Im Moment hatten Leichen in Frankfurt Hochkonjunktur und er schien der einzige Kommissar<br />

weit und breit ohne Sommergrippe. Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gedacht, fischte er<br />

geschwind sein Stofftaschentuch aus der Hosentasche und konnte in letzter Sekunde den<br />

heranschießenden Nieser abbremsen.<br />

„Gesundheit! Jetzt werde du nicht auch noch krank!“ Melanie <strong>von</strong> der KTU lächelte ihn hinter<br />

verquollenen Augen und roter Nasenspitze an.<br />

„Danke! Und du gehst am besten gleich nach Hause. Siehst eh nichts mehr und versaust hier<br />

noch alle Spuren!“, frotzelte Kattlowitz.<br />

Melanie stöhnte, erhob sich schwerfällig und wischte die Schnupfentropfen sorgfältig <strong>von</strong> der<br />

Nase. „Stimmt, sonst verteile ich hier überall meine Spuren und werde noch als Mörderin gelistet!“<br />

<strong>Die</strong> nicht mehr ganz glatte Stirn des Kommissars wurde noch faltiger. „Mord? Ich dachte, wir<br />

hätten es wieder mit einem dieser Selbstmörder zu tun. Das Alter passt doch!“ <strong>Die</strong> Staustufe<br />

Griesheim war ein beliebter Ort für Selbstmörder und in diesem Sommer hatten sich besonders<br />

viele Männer um die 50 das Leben genommen. Warum die alle vor welcher Verantwortung auch<br />

immer wegliefen, war ihm schleierhaft. Das Leben war eh so kurz und einzigartig, niemand hatte<br />

ein Recht, es zu beenden!<br />

„Ja, Mord! Schau!“ Der Doc winkte zwei Kollegen heran, die den Mann nochmals vorsichtig<br />

umdrehten, der für den Transport in die Gerichtsmedizin bereits auf einer Bahre lag. Auf dem<br />

Rücken sah Kattlowitz das Schussloch. Klein, rund und schwarz war es auf dem dunkelblauen<br />

Laufshirt kaum zu erkennen.<br />

„Exakter Durchschuss, direkt ins Herz! Ist sofort umgefallen und ins Wasser gestürzt oder gerollt<br />

worden.“<br />

Kattlowitz schaute sich um! Der schmale Wanderweg führte direkt am Mainufer entlang und<br />

wurde lediglich <strong>von</strong> Wildsträuchern und niedrigem Gebüsch gesäumt.<br />

„Hier ist es auf jeden Fall nicht passiert“, meinte er kopfschüttelnd.<br />

„Nein! Er hat sicherlich 3 bis 5 Stunden im Wasser gelegen, nachdem er hier in dem Wehr<br />

hängen geblieben ist. Wenn wir die Fließgeschwindigkeit und das Gewicht des Mannes haben<br />

können wir ungefähr berechnen, wo der Schuss abgefeuert wurde.“<br />

„Hm, einer <strong>von</strong> diesen morgendlichen Joggern“, mutmaßte Kattlowitz nach einem Blick auf<br />

seine Uhr. „Wo ist der nächste Parkplatz? Max?“


Seit Kurzem hatte er einen <strong>neuen</strong> jungen Kollegen, den er noch nicht so recht einordnen konnte.<br />

Max Meinhardt war eindeutig zu sportlich und zu gut aussehend für ihn. Neben der Bahre stand<br />

Max kerzengerade, lauschte den Ausführungen des Gerichtsmediziners Isaak Rothschild und<br />

machte sich Notizen. Er hob kurz die Hand und rief: „Komme sofort!“ Dann nickte er den KTU-<br />

Kollegen zu und drehte sich zu Kattlowitz und Melanie um. „Der Tote hat sicherlich erst vor<br />

Kurzem mit dem Joggen begonnen!“<br />

„Ach, das haben dir wohl seine kleinen Muskeln gesagt, wie?“, murmelte Kattlowitz während er<br />

sich schnäuzte.<br />

Max lächelte. Ich werde ihn noch knacken, dachte er im Stillen. Ganz bestimmt hat er einen<br />

warmen, warmherzigen und kollegialen Kern, hoffentlich!<br />

„Na ja, er sieht nicht besonders durchtrainiert aus, oder Melanie?“<br />

„Ja, das stimmt! Eher ein Gelegenheitsläufer.“<br />

„Also muss der Mörder den Zeitplan des Toten gekannt haben“, Kattlowitz strich sich den<br />

Schweiß <strong>von</strong> der Stirn. Würde mir auch gut tun, ein wenig Bewegung an der frischen Luft, dachte<br />

er.<br />

„Außerdem sind die Schuhe entweder so gut wie unbenutzt oder neu. Und für einen<br />

Gelegenheitsläufer zu teuer.“<br />

„Ja“, pflichtete Melanie bei, „auch die Kleidung, die Laufuhr, das Halskettchen und eigentlich<br />

der ganze Mann.“<br />

<strong>Die</strong> Edelklamotten waren Kattlowitz auch sofort aufgefallen und die manikürten Hände.<br />

„Schwul?“<br />

Dem alten Fuchs konnte man letztlich nichts vormachen, dachte Max und musste unwillkürlich<br />

grinsen. Wie Inspektor Columbo, außen schludrig aber ein blitzgescheiter Verstand.<br />

„Gut möglich. Aber es gibt auch andere Männer, die manikürte Hände haben.“<br />

„Und rasierte Beine?“, fragten Melanie und Kattlowitz unisono. „Und Goldkettchen?“<br />

„Oh, Leute, das ist doch ein riesengroßer Klischeesumpf.“<br />

„Stimmt aber meistens!“ Kattlowitz steckte die Bonbondose und sein Taschentuch in die<br />

zerbeulten Hosentaschen. „Max, du fährst mit dem Auto, ich gehe zu Fuß, brauche eh ein wenig<br />

Bewegung.“ Sagte es und schlurfte los!<br />

<strong>Die</strong> morgendliche Sonne schien warm, ein sanfter Wind strich durch die Büsche und schickte ein<br />

leises Rascheln über den Weg. Zuerst streckte Kattlowitz seinen Rücken ganz grade, bog ihn nach<br />

hinten und schritt dann schneidigen Schrittes voran. Dabei ließ er den Blick unentwegt über Weg<br />

und Wegesrand gleiten. Von links nach rechts, <strong>von</strong> oben nach unten. Nichts entging seinen<br />

Adleraugen. Hier ein verwester Zigarettenstummel, dort ein Kaugummipapier, zertretenes Laub,


Stöckchen! Nichts, was ihm einen Hinweis auf einen Mörder gab. Und Patronenhülsen konnte er<br />

schon gar nicht entdecken.


Klappe, die Siebte: Frankfurt<br />

Der Weg am Griesheimer Ufer führte Kattlowitz an der Europabrücke vorbei, der ältesten<br />

Autobahnbrücke Deutschlands. Das war nicht der direkte Weg zum 16. Revier, sondern er lief bis<br />

zur Gutleutstraße weiter am Ufer entlang. Den Fundort der Leiche hatten sie zwar großräumig<br />

abgesperrt, aber Kattlowitz wollte nicht warten, bis die nächsten Jogger Spuren zertrampelten, denn<br />

die Spusi würde frühestens am späten Nachmittag, nach der gründlichen Fundortuntersuchung, auch<br />

hier nach Indizien zu suchen. Er wollte jetzt gleich im Orange Beach vorbeischauen, einem In-Treff<br />

unter den Niederräder Bahn-Brücken. Dem Ort mit „Industrieromantik pur“, schmunzelte er.<br />

Gestern beim Halbfinale Deutschland-Italien hatte der Inhaber Olaf Gries wieder ein Public-<br />

Viewing veranstaltet. Tatsächlich ist das Orange Beach ein „Wasserhäuschen“, wie man in<br />

Frankfurt sagt, also eine Trinkhalle oder ein Kiosk. Im Sommer konnte man mit Glück ein<br />

Plätzchen im Sand direkt am Main oder einen Sitzplatz an den zahlreichen Bierzelttischen ergattern.<br />

<strong>Die</strong> Hartgesottenen zog es auch im Winter her, manche kamen sogar täglich. Schließlich gab es 18<br />

Biersorten und ein köstliches BBQ vom Grill. Eigentlich war Kattlowitz bewusst, dass das Orange<br />

Beach nicht als Tatort in Frage kam. So früh am Morgen war es noch geschlossen. Aber nur der<br />

Kiosk selbst war verriegelt, das Gelände war frei begehbar und lag direkt am Uferweg, den die<br />

Jogger gerne laufen. Es schüttelte ihn bei dem Gedanken daran, dass das Häuschen mit Mord in<br />

irgendeiner Verbindung stand! Zum einen, weil sie sonst den ganzen Sand durchsieben müssten und<br />

– vor allem – weil er dann für geraume Zeit auf seine geliebte Feierabend-Location verzichten<br />

müsste. Immer wenn es sein <strong>Die</strong>nst erlaubte, schaute er bei Olaf vorbei. Außerdem wäre es für viele<br />

aus dem Umkreis eine persönliche Katastrophe: das Büdchen war für viele zentraler Treffpunkt und<br />

zweite Heimat. Ein Nah-Ausflugsziel würde für geraume Zeit unweigerlich stillliegen. Public-<br />

Viewing im Viertel würde ausfallen. Und das im Sommer, bei der verbleibenden EM und Olympia.<br />

Nachdem er weniger vom Autobahnlärm hörte und in Ruhe telefonieren konnte, klingelte<br />

Kattlowitz den verschlafenen Olaf aus den Federn. Er war einer der wenigen, der sich das erlauben<br />

konnte, denn sie hatten zu Schulzeiten die Parallelklassen des Wirtschaftsgymnasiums im<br />

Frankfurter Ostend besucht und waren damals Kumpels. Leider hatte Olaf die Schule kurz vor dem<br />

Abitur verlassen, um sich selbst zu verwirklichen. Jetzt waren sie beide 52 Jahre und hatten kaum<br />

etwas gemeinsam, außer der gewichtigen Tatsache, dass beiden die Arbeit wichtiger war als die<br />

Familie. <strong>Die</strong> 20 Jahre unsteten Lebens als Gastwirt hatten bei Olaf jede Beziehung zerstört, jetzt<br />

war das Wasserhäuschen sein Lebensmittelpunkt. Und Kattlowitz hatte weder gekämpft noch<br />

versucht sein Leben zu ändern. Er hatte seine Frau einfach verloren, weil sie in ständiger Angst um<br />

ihn schwebte. Schlimmer noch, dass er das Aufwachsen seiner Tochter nicht miterleben durfte. Ja,<br />

auch sein zweites Zuhause war das Wasserhäuschen.<br />

Das Telefon läutete endlos, bis eine verschlafene Stimme sich meldete: „Gries.“


„Sorry Olaf, hier ist Manfred. Gestern war dein „Offenes Ende“ wohl ziemlich früh?", witzelte<br />

Kattlowitz. "Aber wir haben einen Leichenfund, mal wieder an der Staustufe. Hab ein Bild des<br />

Toten, dass du dir anschauen musst...“<br />

„Okay, okay Manni. Ich bin ja schon wach. Ich komm zum Büdchen, dann frühstücken wir.<br />

Aber bloß keine Spusi im Orange Beach! Eine Schließung kann ich mir jetzt echt nicht erlauben.“<br />

„Kann ich nicht versprechen, tue aber mein Möglichstes. Bis gleich.“<br />

„Bis dann“, antwortete Olaf, doch Kattlowitz hatte schon aufgelegt. Dass er bereits in ein paar<br />

Minuten am Wasserhäuschen eintreffen würde, hatte er verschwiegen. Der verschlafene Olaf würde<br />

frühestens in einer halben bis dreiviertel Stunde eintrudeln. Genug Zeit, um das Gebiet schon mal<br />

zu sondieren. Was er vorfand glich einer Müllhalde. <strong>Die</strong> gestrige Niederlage hatte anscheinend zu<br />

einem allgemeinen Frustsaufen geführt. „Ist gar nicht Olafs Art sein zweites Zuhause so zu<br />

hinterlassen“, überlegte er, „aber vielleicht finde ich so eine Spur. Irgendetwas, das für den Fall<br />

relevant ist und sonst im Müll gelandet wäre.<br />

„Mensch Manni, leg dir doch mal ‘ne gescheite Digitalkamera zu, deine Handyfotos sind ja ‘ne<br />

Katastrophe“, spottete Olaf, nachdem er die Fotos des Toten gesehen hatte. „Aber du hast Glück,<br />

den hier kenn ich. Sein Name iss‘ ... ach wie war des noch, ich wollt mir des doch merke, weil er<br />

anders iss‘! Genau, er heißt Anders, Tim Anders. Den Nachnamen hab ich mir gemerkt, weil Tim<br />

anders iss‘, halt schwul. Er wohnt mit seinem Lebensgefährten im Yuppie-Teil <strong>von</strong> Alt Griesheim.<br />

So rischdisch romandisch, mit Mainblick. Tim arbeitet bei der In-Zeitschrift Prinz und berichtet<br />

über die Locations und Events der Schwulen- und Lesbenszene. Wie sein Freund heißt und was er<br />

macht, fällt mir gerade nicht ein. Gestern waren sie leider net hier und sie waren echt<br />

sterbensunglücklich, dass sie das Public-Viewing beim Halbfinale verpassten. Weißt du was<br />

komisch iss: Tim war höchstens mal im Niedwald joggen. ‚Dort sind um diese Zeit nur Angler und<br />

die sind langsam, am Main sind sogar die Nacktschnecken schneller als ich’, hat er mal gesagt. So,<br />

jetzt lass uns frühstücken, dann fahr ich dich ins 16., ich muss noch für Nachschub sorgen und die<br />

drei studentischen Hilfskräfte abholen, damit hier bis mittags wieder klar Schiff iss.“<br />

„Gut“, antwortete Kattlowitz, wenn du mir zwei Sachen versprichst: morgen kommst du aufs 16.<br />

und fertigst mit dem Zeichner ein Phantombild <strong>von</strong> Tims Freund an. Keine Ausrede, morgen ist<br />

schließlich dein freier Tag. Mittags lade ich dich zum Essen in die Kantine ein, das ist mit der<br />

<strong>neuen</strong> Besetzung in diesem Jahr auch keine Strafe mehr. Das zweite wird dich freuen, wir<br />

übernehmen den kompletten Müll hier. Ruf mich an, wenn ihr fertig seit, ich schicke die Spusi zur<br />

Abholung vorbei!“


Klappe, die Achte: Hamburg<br />

Hundemüde zwängte <strong>Marlowe</strong> seine Füße in die ausgelatschten Laufschuhe. Bevor er sich mit<br />

dem Frankfurter im Grand Elysee traf, mussten seine steifen Knochen bewegt werden.<br />

<strong>Die</strong> letzte Nacht war mal wieder eine Katastrophe gewesen. Von Albträumen geplagt hatte er<br />

sein Bett zerwühlt und sogar das Kissen bis ans Fußende gestrampelt. <strong>Die</strong> Wirkung seiner Tabletten<br />

war zu Beginn der Einnahme vor drei Jahren stärker gewesen, damals konnte er noch gut und<br />

ausgiebig schlafen. Aber seit er Jan-Philipps Spur aufgenommen, den Detektiv der Detektei Jansen<br />

auf Nimmerwiedersehen verdrängt und sich den Auftrag selbst unter den Nagel gerissen hatte,<br />

kamen sie zurück. Regelmäßig, immer zur selben Zeit, mit immer den selben Bildern! Unabhängig<br />

<strong>von</strong> der Schlafenszeit, unabhängig <strong>von</strong> der Zusammensetzung seines Abendessens und der Menge<br />

an Wein! Pünktlich um eins, um drei und um fünf Uhr wachte er schweißgebadet auf und hätte am<br />

liebsten geschrien. Aber er stöhnte nur, verzweifelt, verwundet, wie ein geschundenes, verletztes<br />

Tier auf der Flucht! Er musste seine Mission endlich zu einem Ende bringen, sonst wäre bald ein<br />

Sanatorium seine nächste Station.<br />

Als er vor Jahren das erste Mal mit dem regelmäßigen Aufwachen und den Träumen konfrontiert<br />

wurde hatte er lange überlegt, welchen Arzt er aufsuchen sollte. Da ein Thema mit psychischem<br />

Hintergrund keinesfalls in seiner Krankenakte der Krankenkasse auftauchen durfte, entschied er<br />

sich für einen Heilpraktiker! Bei einer seiner endlosen Observierungen hatte er zufällig in der<br />

Zeitschrift ‚Psychologie Heute’ einen interessanten Artikel gelesen, in dem vom Zusammenhang<br />

zwischen nächtlichem Aufwachen und nächtlicher Organtätigkeit berichtet wurde. Laut der<br />

Organuhr standen die Zeiten ein, drei und fünf Uhr für Leber, Lunge und Dickdarm, was wiederum<br />

in groben Zügen mit Wut, Sorge und Loslassen zu tun hatte. Der Heilpraktiker war noch viel tiefer<br />

gegangen und hatte körperliche Disharmonien aufgespürt und beseitigt. Erst nachdem alle beseitigt<br />

waren und das Aufwachen nicht ausblieb, rückte <strong>Marlowe</strong> langsam und vorsichtig, beinahe<br />

stotternd mit den Albträumen heraus. Niemand durfte jemals den wahren Grund dafür erfahren.<br />

Aber wie sollte er den Grund für seine Albträume in eine erfundene und dennoch glaubhafte<br />

Geschichte verpacken? Oder sollte er sich für die Wahrheit entscheiden? Dem Zurückerobern des<br />

Erbes, des väterlichen Titels? Letztlich entschied er sich für eine Geschichte: die Suche seines<br />

Vaters nach dessen Cousin, der während des Krieges in russischer Kriegsgefangenschaft war,<br />

endlich zu Ende führen zu müssen. Er galt als verschollen, hatte aber einen Sohn, der wiederum<br />

<strong>Marlowe</strong>s Großcousin war und den er für seinen toten Vater aufspüren musste. Das erschien ihm<br />

glaubhaft und angemessen dramatisch.<br />

Langsam schlurfte <strong>Marlowe</strong> die Stufen hinunter und entschied sich, seinen müden Knochen nur<br />

eine kleine Runde durch den Alsterpark zuzumuten. Beim Überqueren der Rothenbaumchaussee


sah er die lange Autoschlange. <strong>Die</strong> teilweise Fahrbahnsperrung rief zu dieser Uhrzeit einen<br />

zähfließenden Verkehr hervor, der bis zur Kreuzung am Dammtorbahnhof reichte und sich noch<br />

Stunden hinziehen würde. Also würde er den Weg zum Grand Elysee-Hotel an der<br />

Rothenbaumchaussee nachher zu Fuß zurücklegen.<br />

Erst einmal lief er die Hallerstraße hinunter, überquerte den Mittelweg und sah schon <strong>von</strong> der<br />

Alsterchaussee aus die ersten Bäume des Alsterparks. Deshalb lief er ein wenig schneller, freute<br />

sich auf den Anblick der Außenalster und versuchte seine Ängste wegzuatmen und nicht an seinen<br />

Auftrag zu denken!


Klappe, die Neunte: Frankfurt<br />

Nachdenklich stieg Kattlowitz im 16. Revier die Treppen zu seinem Büro hinauf. ‚Dank Olafs<br />

Angaben sind die Wohnung und der Lebensgefährte so gut wie gefunden’, dachte er. ‚Wenn sich<br />

der Mord jetzt noch als Eifersuchtsdrama entpuppt, dann kann dieser Fall bald zu den Akten. Mal<br />

sehen, ob es schon Ergebnisse der Spurensicherung gibt.’<br />

Neugierig hoben sich fünf Köpfe <strong>von</strong> den Bildschirmen und blickten ihn an, als Kattlowitz den<br />

Raum betrat. „Was gibt es Neues <strong>von</strong> Olaf?“, fragten Max und Henning wie aus einem Mund.<br />

„Also eines muss ich euch lassen“, antwortete Kattlowitz, „wenn ihr mal nach mir fahndet hab<br />

ich keine Chance. Habt ihr mir heimlich einen Peilsender zugesteckt oder woher wisst ihr, dass ich<br />

bei Olaf war? Unser Toter war Tim Anders, wohnte mit seinem Lebensgefährten im Yuppie-Viertel<br />

<strong>von</strong> Griesheim und diese Info kommt tatsächlich <strong>von</strong> Olaf. Findet alles über diesen Anders und<br />

seinen Partner heraus. Und Kristiane, der Tote soll bei der Zeitschrift Prinz gearbeitet haben,<br />

Bereich Homo- und Bi-Szene. Ruf da mal an und fahr für eine Befragung hin, wenn es stimmt. Ein<br />

Foto des Toten haben wir doch schon hier? Ach, gibt es schon etwas Neues <strong>von</strong> der Spusi?“<br />

„<strong>Die</strong> Spusi konnte kein Projektil sicherstellen“, sagte Max, „also wurde Tim Anders vermutlich<br />

an anderer Stelle ermordet. Das passt auch zu den Reifenspuren, die wir am Tatort gefunden haben<br />

und die wegen des Regens in der Nacht aber kaum zu verwerten sind. Auch unser Doc hat sich<br />

gemeldet. <strong>Die</strong> äußere Leichenschau hat er bereits beendet. Der Tote lag etwa 2 bis 3 Stunden im<br />

Wasser. <strong>Die</strong> Leiche weist keine Spuren eines Kampfes auf, auch unter den Fingernägeln des<br />

Ermordeten konnten keine Haut- oder Textilpartikel sichergestellt werden. Es gab keinen<br />

Pulverschmauch oder Brandhof, Tim Anders wurde also aus nächster Nähe ermordet. Ein glatter<br />

Durchschuss, die Kugel steckt nicht mehr im Körper und wurde noch nicht gefunden. Seltsam ist,<br />

dass das T-Shirt nur auf dem Rücken ein Schussloch aufweist, das sich aber nicht exakt mit dem<br />

Schussloch auf dem Rücken des Toten deckt. Vermutlich hat man dem Toten das Ralph Lauren-<br />

Shirt nachträglich übergezogen. <strong>Die</strong> Schusswunden ließen keine Aussage zu, ob Anders <strong>von</strong> vorne<br />

oder hinten erschossen wurde. Wir müssen die Obduktion abwarten. <strong>Die</strong> Leichenflecke waren fast<br />

voll ausgeprägt, das passt zur berechneten Körpertemperatur. Der Todeszeitpunkt war demnach<br />

etwa 5 bis 6 Stunden vor Fundzeit, also gegen 1 Uhr Nachts. Allerdings ist 1 Uhr in der Nacht eine<br />

seltsame Zeit um Joggen zu gehen.“<br />

„Noch etwas“, meldete sich Henning, „am linken inneren Handgelenk hat er einen Stempel <strong>von</strong><br />

einem Club, der allerdings durch das postmortale Bad im Main kaum noch zu erkennen ist. <strong>Die</strong><br />

KTU Melanie ist noch dran.“<br />

„Gute Arbeit“, bemerkte Kattlowitz, „ich schau mir die Ergebnisse in meinem Büro noch mal<br />

genau an. Alle, die heute nur Bereitschaft haben, ab nach Hause. Ich brauche morgen erholte<br />

Kollegen! Wir können jetzt ohnehin nichts tun, als warten.“


Kurze Zeit später hatten sie die Wohnung <strong>von</strong> Tim Anders ausfindig gemacht. Eine weitere<br />

Person war hier allerdings nicht gemeldet. Kattlowitz folgte der Spusi nach Alt Griesheim. <strong>Die</strong><br />

Lage der Altbauwohnung am Griesheimer Ufer war wirklich idyllisch. Sie lag im Erdgeschoss, mit<br />

einer Terrasse zur Mainseite und war eine Eigentumswohnung, die Tim Anders gehörte.<br />

Verwundert schüttelte Kattlowitz den Kopf und fragte sich, wie ein Mitarbeiter eines Szene-<br />

Magazins sich eine solche Nobel-Bude leisten konnte. Nachdem das Schloss geöffnet wurde, betrat<br />

Kattlowitz die Wohnung. Er schaute sich um und betrachtete die schwarz-weiß Porträtfotos an den<br />

Wänden, die fast alle das Opfer zeigten. Ein paar zeigten auch einen jungen Mann, vermutlich Tims<br />

Lebensgefährte. Auf einem Foto war eine Frau zu sehen, die etwa im Alter des Toten war. <strong>Die</strong><br />

Fotos übergab er an die Spusi. In dem Moment, als er beginnen wollte den Schreibtisch nach einem<br />

Adressbuch oder anderen möglichen Spuren zu durchsuchen, klingelte das Telefon. „Hallo?“, er<br />

hörte am anderen Ende einen Mann atmen. „Hallo, bitte melden sie sich doch!“ Dann wurde<br />

aufgelegt und er versuchte es mit der Rückruffunktion.<br />

„Grand Elysee Hamburg“, meldete sich eine frische weibliche Stimme, „was darf ich für sie<br />

tun?“<br />

„Kattlowitz, Kripo Frankfurt. Wir haben eben einen Anruf <strong>von</strong> dieser Nummer erhalten und<br />

brauchen Namen und Anschrift des Anrufers. Wir ermitteln in einem Mordfall.“<br />

„Ich würde ihnen gerne weiterhelfen, darf dies aus Gründen der Diskretion natürlich erst mit<br />

einem richterlichen Beschluss. Tut mir leid.“<br />

„Sicher, ich kümmere mich darum“, brummte Kattlowitz mürrisch. „Vielen Dank erst<br />

mal.“ Verärgert legte er auf und wählte auf seinem Handy die Nummer <strong>von</strong> Kriminalkommissar<br />

Sauer, seinem Kollegen und Freund in Hamburg.<br />

<strong>Die</strong> Frankfurter Prinz-Redaktion hatte ihren Sitz in der Kaiserstraße, die eine Mischung aus<br />

Rotlichtviertel und Geschäftsstraße war. Als Kristiane Kilb, die meist Kris genannt wurde, am<br />

Freitagnachmittag die Redaktionsräume betrat, wusste sie sofort, warum ausgerechnet sie für die<br />

Befragung ausgesucht wurde. Sie hatte gerade ihren Bachelor of Arts im Polizeivollzugsdienst mit<br />

Auszeichnung absolviert und war erst dreiundzwanzig. Auf dem Revier, erst recht bei der Kripo,<br />

war sie mit Abstand die jüngste und ein Paradiesvogel. Mit ihrem Nasenpiercing, dem Tattoo im<br />

Nacken und ihrer hippen Kleidung, stach sie aus der schillernden Handvoll Menschen dieser<br />

Redaktion nicht heraus. „Perfektes Mimikry“, schmunzelte Kris.<br />

Alle waren sehr bestürzt, als sie <strong>von</strong> Tims Ermordung erfuhren. Er war beliebt, kollegial und<br />

Schwarm der weiblichen Redaktionsmitglieder, trotz oder gerade wegen seiner Homosexualität. <strong>Die</strong><br />

meisten, wie sie herausfand auch Tim Anders, waren freie Mitarbeiter, feste Schreibtische gab es<br />

nicht. „Wenn Tim die Reportage eines Events am späten Abend übernahm, arbeitete er den


nächsten Vormittag meist zuhause, damit niemand sein ‚After Partygesicht’ zu sehen bekam“,<br />

flüsterte eine schmale langhaarige Blondine traurig.<br />

„Gestern Abend war er für eine Reportage bei einem Karaoke-Wettbewerb für Gays in der Red<br />

Lounge eingeteilt. Deshalb haben wir uns auch keine Gedanken gemacht, als er heute Morgen nicht<br />

in der Redaktion auftauchte“, meldete der Redakteur.<br />

Über den Lebensfährten <strong>von</strong> Tim konnte nur Hanni Fischer Auskunft geben, sie wohnte bis vor<br />

drei Jahren sogar mit Tim in einer WG und hatte auch privat sehr guten Kontakt zu ihm: „Vier<br />

Jahre gemeinsam ein Klo zu schrubben, das schweißt zusammen und hält länger als die meisten<br />

Ehen“, schluchzte sie mit Tränen in den Augen. Bereitwillig sagte sie zu, Kristiane für die<br />

Befragung auf das Revier zu folgen. Auf dem Weg zum Wagen gab Kris noch schnell die<br />

wichtigsten <strong>neuen</strong> Fakten an den Chef weiter.


Klappe, die Zehnte: Hamburg<br />

Nach seiner kurzen Joggingrunde duschte <strong>Marlowe</strong> ausgiebig und gönnte sich einen Latte<br />

Macchiato und ein köstliches Franzbrötchen, das er nur dann und wann aß. Heute streichelte der<br />

leckere Plunderteig mit dem zimtigen Geschmack seine Sinne und er fühlte sich sogleich ein wenig<br />

besser. Nach dem letzten Schluck und dem letzten Bissen klatschte er in die Hände und sprang auf.<br />

„Los geht’s <strong>Marlowe</strong>!“ Beinahe beschwingt marschierte er mit ausholenden Schritten Richtung<br />

Hotel Grand Elysee. Der Haupteingang des Hotels lag nicht in der Rothenbaumchaussee sondern in<br />

der Moorweidenstraße. Dort reihten sich die Taxen in einer Schlange auf. Auf der<br />

gegenüberliegenden Straßenseite standen die Autos schräg auf dem Bürgersteig. <strong>Marlowe</strong> stutzte<br />

und stellte sich in den Schatten eines Erkers. <strong>Die</strong>ser alte rote A 6 Avant kam ihm bekannt vor.<br />

Kommissar Sauer stieg aus seinem Privatwagen, den er manchmal benutzte und den eigentlich<br />

nur wenige Menschen mit seiner Arbeit in Verbindung brachten. Da <strong>Marlowe</strong> den Kommissar <strong>von</strong><br />

früher kannte, konnte er den Wagen sofort einordnen! Während seiner Zeit bei der Polizei hatte er<br />

viel <strong>von</strong> dem älteren Kollegen gelernt. Nachdem <strong>Marlowe</strong> aus dem Polizeidienst ausgeschieden war,<br />

hatten sie immer lockeren Kontakt gehalten und waren sporadisch im Hamburger Hofbräuhaus<br />

eingekehrt, um in Ruhe einen Teller Leberknödelsuppe oder ein paar Weißwürste zu genießen.<br />

Hier wollte <strong>Marlowe</strong> ihm nicht begegnen. Deshalb schlenderte er vorsichtig hinter Sauer auf den<br />

Eingang des Hotels zu, grüßte die Portiers und ging durch die Schwingtür hinein. Was will Sauer<br />

jetzt hier? Das ist doch kein Zufall! Warum ist er allein? Wo ist sein Kollege? <strong>Die</strong> Fragen<br />

überschlugen sich und ließen alle Alarmglocken läuten!<br />

Der Kommissar durchquerte die Eingangshalle Richtung Fahrstuhl und <strong>Marlowe</strong> folgte ihm. <strong>Die</strong><br />

Hotelhalle war leidlich gut besucht, <strong>von</strong> der geräumigen Rezeption aus beachtete ihn niemand.<br />

<strong>Marlowe</strong> hoffte, Sauer würde sich jetzt nicht umdrehen.<br />

In seinem Moleskin schlug Kommissar Sauer Etage und Zimmernummer nach. <strong>Die</strong>ser Bäumer<br />

hatte ihm gesagt, er solle den hinteren Aufzug bei der Bar nehmen. <strong>Die</strong> Bourbon Street Bar, er<br />

müsste unbedingt mal wieder mit seiner Frau hier in der Bar der Jazz Musik lauschen und einen der<br />

köstlichen Cocktails schlürfen! Unbedingt, irgendwann. Als die Aufzugtür aufschwang spiegelte<br />

sich den Schatten eines Mannes im glänzenden Holz. Kopfschüttelnd drehte er sich um.<br />

„<strong>Marlowe</strong>! Was um alles in der Welt machst du denn hier?“<br />

„Kommissar Sauer!“, lächelte <strong>Marlowe</strong>. Am liebsten hätte er sich auf die Zunge gebissen. „Ich<br />

bin auf dem Weg zu einem Hotelga ... .“<br />

„Und hast dich vorsichtshalber mal vor mir versteckt?“, fiel ihm Sauer ins Wort.<br />

„Na ja, könnte gut sein, dass wir ins selbe Zimmer wollen!“<br />

„Für lange Erklärungen hab ich keine Zeit, also raus mit der Sprache. Zu wem willst du?“


<strong>Marlowe</strong> hatte sich sofort entschlossen, mit offenen Karten zu spielen. Das würde ihn allemal<br />

weiter bringen, als mit verdeckten oder gar gezinkten Karten. So ein alter schlauer Fuchs wie Sauer<br />

würde ihm sowieso bald auf die Schliche kommen.<br />

„Einer meiner Klienten möchte einem Herrn aus Frankfurt ein Angebot unterbreiten. Ich bin<br />

sozusagen der Mittelsmann.“<br />

„Sozusagen, aha! Also komm mit nach oben. Meiner kommt auch aus Frankfurt. Im Aufzug<br />

hätte ich gern weitere Infos.“<br />

„Na gut, der Frankfurter heißt Stefan Bäumer, genannt Steven! Aber weshalb bist du hier?“<br />

Sauer kratzte sich am Hinterkopf in den wenigen Haaren. „Tja, auch wegen diesem Stefan<br />

Bäumer. Ich hab heute Morgen einen Anruf <strong>von</strong> meinem Frankfurter Kollegen erhalten. <strong>Die</strong> haben<br />

da eine männliche Leiche, Stefan Bäumers Mitbewohner.“<br />

<strong>Marlowe</strong> schüttelte den Kopf. „Hm, so WG mäßig?“<br />

Sauer schüttele auch den Kopf. „Nö, eher schwulenmäßig. Lebenspartner halt.“<br />

Für höchstens zwei Sekunden hatte <strong>Marlowe</strong> seine Gesichtszüge nicht im Griff. Als die<br />

Fahrstuhltür aufschwang hielt Sauer ihn fest. <strong>Die</strong> Tür schloss sich und sie fuhren wieder nach unten.<br />

„Was? Was muss ich noch wissen, bevor ich diesem Herrn Bäumer die schlechte Nachricht<br />

überbringe?“<br />

Fieberhaft durchdachte <strong>Marlowe</strong> verschiedene Möglichkeiten. Wenn Steven wirklich schwul war,<br />

was wollte er dann <strong>von</strong> Franziska? Und wenn er nicht schwul war, warum wohnte er mit einem Typ<br />

zusammen? Nur eines war sicher, Steven durfte ihn nicht mit Sauer in Verbindung bringen.<br />

„Pass auf, ich erkläre dir alles später, muss jetzt selber erst einmal über einiges nachdenken. Geh<br />

du zu Bäumer, ich warte in der Lobby auf dich. In der hinteren Ecke, damit mich niemand zufällig<br />

entdeckt.“<br />

Bevor Sauer etwas erwidern konnte war <strong>Marlowe</strong> aus dem Fahrstuhl getreten. Seine Gedanken<br />

überschlugen sich und steuerten verschiedene Ziele an. <strong>Die</strong>ser Bagatellfall entwickelte sich in eine<br />

unerwartet interessante Richtung. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht und er schlenderte lässig<br />

wie ein Hotelgast zur Sitzgruppe.<br />

Schon seit dem frühen Morgen ging Steven in seinem Hotelzimmer unruhig auf und ab. Er hatte<br />

nicht nur wegen seines spektakulären Auftritts bei Franziska <strong>von</strong> Hohenlofs Party schlecht<br />

geschlafen. Irgendetwas beunruhigte ihn! Seine Träume führten ihn zurück in seine Vergangenheit.<br />

<strong>Die</strong> Frankfurter Kindheit, die biedere Zeit! Darauf folgte die rebellische Zeit seiner Jungend, in der<br />

er seine Eltern zur Weißglut getrieben hatte. Anders sein, um Himmels Willen nicht spießig sein,<br />

etwas erleben, das waren seine Ziele. Glücklicherweise hatte er nie die Bodenhaftung verloren und<br />

ein leidlich passables Abitur hingelegt. Dann wollte er aussteigen, weg aus diesem Deutschland;<br />

packte seinen Rucksack und zog los. Quer durch Europa machte er hier und dort Station, arbeitete


in Italien auf einem Weingut, half in Grasse in Frankreich bei der Lavendelernte, pflückte in<br />

Spanien Tomaten und verbrachte einige Zeit in England. Während dieses Aufenthaltes litt seine<br />

anglophile Neigung immens. Das Wetter war schlecht, die unterschiedlichen Jobs in den immer<br />

gleichen Fast Food Ketten waren erbärmlich und Stevens Laune verschlechterte sich zusehends.<br />

Der jämmerliche Verdienst ließ ihm keinen Spielraum, geschweige denn einen Urlaub, um Land<br />

und Leute in entspannter Atmosphäre kennenzulernen. Er erwachte aus seinem Aussteigertraum<br />

und lernte die kalte Realität kennen. Ohne Ausbildung und Geld kam man nirgendwo zurecht,<br />

weder in Deutschland noch in irgendeinem anderen weniger reglementierten Land.<br />

Nach elf Monaten kehrte er zurück, suchte sich eine kleine Bude und begann mit dem<br />

Lehramtsstudium. Seinen Eltern war ein Stein vom Herzen gefallen. Ihr Großer studierte etwas<br />

Ordentliches, sie waren selig und finanzierten ihm einen großen Teil des Studiums. Aber auch<br />

während des Studiums war er unstet und häufig lustlos, durchlebte wechselnde<br />

Frauenbekanntschaften, die nie lange anhielten und war immer auf dem Sprung. Der fehlende feste<br />

Freundeskreis ließ ihm mehr Zeit zum Studieren, das erste Staatsexamen legte er mit Summa Cum<br />

Laude ab und merkte erst während seiner Referendarzeit, was ihm sein Leben lang gefehlt hatte.<br />

Martin Anders arbeitete für die Szenezeitschrift Prinz und kam in dieser Zeit ans Friedrich-<br />

Dessauer-Gymnasium, um eine Reportage über lesbische und schwule Lehrer zu schreiben.<br />

Niemand der Lehrer konnte die Entscheidung der Schulleitung verstehen, das halbe Kollegium<br />

schüttelte abfällig den Kopf. Doch als Steven mit Tim, wie Martin sich selber nannte, auf dem Gang<br />

zum Lehrerzimmer zusammenstieß, durchlief ihn ein Kribbeln und ihm wurde ganz warm ums Herz.<br />

Es dauerte Wochen, bis er sich seine Liebe und die sexuelle Neigung eingestand und sich entschloss,<br />

in Tims Wohnung zu ziehen.<br />

<strong>Die</strong> Unruhe nahm weiter zu, Steven konnte Tim auch heute Morgen nicht erreichen. Weder über<br />

sein Handy noch auf der Festnetzleitung. Er hatte es immer wieder versucht, hatte auf den<br />

Anrufbeantworter und die Mailbox gesprochen. Irgendetwas stimmte nicht.<br />

Als bei seinem letzten Anruf eine fremde Männerstimme antwortete, blieb ihm fast das Herz<br />

stehen. Gedanken der Untreue breiteten sich aus. Immer wieder schüttelte er den Kopf. „Nein, das<br />

kann nicht sein! Das würde Tim nicht machen. Er weiß doch, dass die Sache mit Franziska nur ein<br />

Teil des Planes ist!“<br />

Das Läuten des Telefons riss ihn aus seinen eifersüchtigen Gedanken. Als sich am anderen Ende<br />

ein Hamburger Kommissar meldete, brach ihm kalter Schweiß aus und der Herzschlag überschlug<br />

sich fast.


Klappe, die Elfte: Frankfurt<br />

Der Chef war <strong>von</strong> der Durchsuchung <strong>von</strong> Tim Anders Wohnung noch nicht zurück. Als Hanni<br />

Fischer eintraf führte Kristiane Kilb sie daher in Kattlowitzs Büro, denn für eine Befragung an<br />

ihrem Arbeitsplatz im Großraumbüro gab es nicht die rechte Ruhe und in den kahlen Verhörräumen<br />

fühlte sogar sie sich unwohl. Ohne zu fragen holte sie zwei Kaffee. <strong>Die</strong> ersten Fotos hatte die Spusi<br />

bereits geschickt und Kris legte sie vor Hanni aus. Als nächstes fragte sie, ob sie das Gespräch<br />

aufzeichnen dürfe, was Hanni bejahte. Anschließend bat Kris sie zuerst um ihre persönlichen Daten.<br />

Hanni, mit vollem Namen Hanna Fischer, wurde im März 1977 in Münster geboren. Seit ihrem<br />

Studium der Politikwissenschaften und Kunstgeschichte lebte sie in der Elisabethenstraße in<br />

Frankfurt, Sachsenhausen. 2005, als Hanna gerade an ihrer Dissertation arbeitete, zog Martin<br />

Anders in die Vierer WG.<br />

„Martin hatte sich <strong>von</strong> seiner Frau getrennt, das auf dem Schwarzweißfoto da ist sie übrigens“,<br />

berichtete Hanna und zeigte auf das Frauenfoto aus Tims Wohnung. „Er litt fürchterlich wegen des<br />

Todes seines vierjährigen Sohnes. Es war ein schrecklicher Unfall. Der Kleine hatte sich <strong>von</strong><br />

Martins Hand losgerissen und stürmte über die Straße, als er die kleine Tochter der Nachbarn<br />

gesehen hatte. Genau in diesem Moment kam ein Auto mit überhöhter Geschwindigkeit um die<br />

Kurve. Der Kleine starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus. Danach konnte es Martin nicht mehr<br />

in der gemeinsamen Wohnung aushalten, seine Frau nicht mehr ansehen, er fühlte sich schuldig. Na,<br />

die erste Zeit in der WG hat er sich ziemlich gehen lassen, trank zu viel - obwohl er es nicht vertrug,<br />

hier und da auch was Illegales zur Betäubung, brachte alle paar Tage was Neues mit fürs Bett, egal<br />

ob Mann oder Frau. Und beteuerte immer wieder, er liebe nur seine Frau, die ihn auch manchmal<br />

besuchte. Bis heute sind sie noch nicht geschieden. In dieser ruhelosen Zeit wurde auch aus Martin<br />

Tim. In der WG hatte das erst keiner kapiert bis wir erfuhren, dass Martins Sohn Tim hieß. Fast<br />

anderthalb Jahre war er völlig durch den Wind. Er war einfach auf der falschen Fährte damals.<br />

Später hatte er drei festere Beziehungen zu Männern und dann kam endlich Steven. Das auf diesen<br />

Fotos ist er.“ Hanni streckte den rechten Arm und zeigte auf die Fotos. „Wir haben immer <strong>von</strong><br />

seinem kleinen Bruder gesprochen, wegen der frappierenden Ähnlichkeit. Wir in der WG konnten<br />

immer voll auf Tim zählen. Als Astrid nahe Bad Camberg mit dem Wagen liegengeblieben war<br />

machte sich Tim nachts um zwei noch auf den Weg. Uli hatte seinen Aushilfsjob verloren, Tim<br />

streckte ihm die Miete vor und beschaffte ihm einen <strong>neuen</strong> Job. Mir hat er zu dem Volontariat bei<br />

Prinz verholfen, also letztendlich verdanke ich ihm meine Arbeit. Mit Steven lebte Tim so richtig<br />

auf. Er hatte gerade die Griesheimer Wohnung <strong>von</strong> seiner Tante geerbt und renoviert. Am liebsten<br />

wäre er gleich mit Steven zusammengezogen. Der war sich aber nicht so sicher, ob er einen Mann<br />

dauerhaft lieben kann und ließ Tim noch wochenlang zappeln. Ich glaube, dass gerade diese


Ungewissheit, das ewige Hin und Her der letzte Kick für Tim war, um sich wieder auf eine ernste<br />

Beziehung einzulassen. 2010 gab es dann eine riesige Einzugsparty für Steven.“<br />

„Das ist ja schon eine ganze Menge“, sagte Kris zufrieden. „Ich zeige ihnen jetzt noch ein Foto<br />

<strong>von</strong> Tim Anders Handgelenk. Der Stempel ist schwer zu erkennen, aber vielleicht können sie ihn<br />

trotzdem einem Club zuordnen.“<br />

„Na klar, das ist der rote Stempel <strong>von</strong> der Red Lounge. <strong>Die</strong> zwei Zacken sehen aus wie ein EKG,<br />

das ist das Label vom pulse & piper, da gehört die Red Lounge ja dazu. Tim war ja<br />

Donnerstagnacht, nach dem Public Viewing, bei diesem Karaoke Wettbewerb für Gays zur<br />

Berichterstattung eingeteilt. Übrigens hasste er jegliche Veranstaltungs-Stempel, weil er sich dann<br />

vorkam wie ein Stück Fleisch bei der Beschau. Eigentlich sollte der Stempel noch besser zu sehen<br />

sein, selbst mit intensiven Schrubbaktionen hält er sonst locker drei Tage.“<br />

„Vermutlich hat das Mainwasser sein übriges getan. Wissen sie vielleicht wo wir Frau Anders<br />

finden können?“<br />

„Ich habe sie das letzte Mal kurz vor Tims Auszug gesehen. Das war 2009. Damals wohnte sie<br />

noch in dem gemeinsamen Reihenhäuschen in der Vincenzstraße in Hofheim. Mehr weiß ich leider<br />

nicht.“<br />

„Danke Frau Fischer. Ich muss sie leider noch um eines bitten, Frau Fischer. Wir haben im<br />

Moment leider niemanden, der den Toten einwandfrei identifizieren könnte. Gerade wegen der<br />

Ähnlichkeit der beiden Männer reicht die Identifizierung über Fotos nicht aus. Und die ersten 72<br />

Stunden sind bei einer Ermittlung die wichtigsten, danach verwischen die Spuren immer mehr. Es<br />

tut mir leid, aber ich muss sie fragen: Wären sie bereit mich in die Pathologie zu begleiten?“<br />

Hanna schluckte, war auf einmal kreidebleich, schüttelte fast unmerklich den Kopf und<br />

antwortete mit zittriger tonloser Stimme: “Ich hab noch nie einen Toten gesehen. Ich weiß nicht, ob<br />

ich das packe. Wenn sie wissen wollen, ob der Tote zweifelsfrei Tim ist: an seiner linken Pobacke<br />

befindet sich ein großes tropfenförmiges Muttermal. Ich weiß das, weil ich ein paar Mal mit ihm im<br />

Bett gelandet bin.“<br />

Kurz nachdem Frau Fischer gegangen war betrat Kattlowitz das Büro. Kris war gerade dabei die<br />

Fotos zu sortieren und wegzupacken. „Was gibt’s Neues aus der Befragung <strong>von</strong> Anders Kollegen?“,<br />

lautete seine Begrüßung.<br />

„Wir wissen inzwischen, dass es sich definitiv um Martin Anders handelt. Was die möglichen<br />

Täter betrifft, so haben wir ein ganzes Zeltlager an Verdächtigen. Es gibt den Lebensgefährten<br />

Steve Bäumer, die Ehefrau, die Großeltern des Sohnes...“<br />

„<strong>Die</strong> Ehefrau, der Sohn? Ich dachte dieser Anders war schwul?“


„Wie viele Lesben und Schwule hat er es zunächst mit dem konservativen Leben versucht.<br />

Weiter mit den Verdächtigen: etliche One Night Stands, Affären, Eifersüchtige beiderlei<br />

Geschlechts, zu denen auch Hanna Fischer gehörte, die ein oder andere verschmähte Liebe...“<br />

„Kris, hören sie bloß auf! Wir müssten ja eine Soko einrichten, um alle zu befragen. Mein<br />

Hamburger Kollege Sauer hat den Lebensgefährten im Visier. Nach der Befragung meldet er sich<br />

sofort. Und sie nehmen die Red Lounge ins Visier. Bringen sie in Erfahrung, was in dieser<br />

Donnerstagnacht los war. Dann sehen wir weiter.“


Klappe, die Zwölfte: Hamburg<br />

Beim ersten Klopfen sprang Steven auf und hechtete zur Tür. Beim zweiten Klopfen riss er die<br />

Zimmertür mit einem Ruck auf und knallte mit den Knöcheln gegen die Wand.<br />

„Autsch. Oh, hallo“, stotterte er verlegen. Seine überhebliche Distanziertheit war schierer Angst<br />

gewichen. Der Kommissar hatte ihm am Telefon keine Auskunft geben wollen und das hieß nichts<br />

Gutes.<br />

„Guten Tag, mein Name ist Sauer, Kommissar Sauer, Kripo Hamburg.“ Er zeigte seine Marke.<br />

„Wir haben telefoniert.“<br />

„Ja, ja..., guten Tag, kommen sie rein.“<br />

Vorsichtig schloss Sauer die Tür und wusste vom ersten Moment an, dass Steven vor Angst um<br />

seinen Freund zitterte.<br />

„Was ist passiert? Wo ist Tim, wie geht es ihm, ich kann ihn nicht erreichen und mache mir<br />

schreckliche Sorgen.“<br />

„Herr Bäumer, ich habe leider eine sehr schlechte Nachricht! Martin Anders wurde gestern<br />

Morgen tot aufgefunden. Mein herzliches Beileid!“<br />

Steven sackte nach hinten und landete unsanft in dem kleinen geschwungenen Sessel. Er verbarg<br />

sein Gesicht in den Händen, seine Schultern zuckten. Er tat Sauer leid. „Herr Bäumer, es tut mir<br />

schrecklich leid, aber ich muss ihnen ein paar Fragen stellen.“<br />

Er schluchzte, wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab und holte tief Luft. „Ja, ja..., ich<br />

weiß, aber, aber was ist denn passiert. Ich muss das wissen. Ich hab so ein schlechtes Gewissen.“<br />

„Schlechtes Gewissen? Warum das denn“, erkundigte sich Sauer vorsichtig.<br />

„Ach“, Steven war plötzlich klar, wie dumm diese Aussage gewesen war. Er musste vorsichtig<br />

sein und durfte sich nicht wieder <strong>von</strong> seinen Gefühlen leiten lassen. „Ach nichts, das ist nun<br />

wirklich sehr persönlich.“<br />

Sauer nickte und merkte sich das schlechte Gewissen für später. „Nun gut, man hat ihn an der<br />

Staustufe Griesheim im Main liegend gefunden. Er muss mitten in der Nacht erschossen und dann<br />

ins Wasser geworfen worden sein.“<br />

„Erschossen? Aber wer sollte ihm denn so etwas antun?“ Steven war fassungslos. „Tim hat<br />

niemals irgendjemandem etwas Böses getan! Ich verstehe das nicht.“<br />

„Dafür sind wir ja da, wir werden versuchen herauszubekommen, wer ihn getötet hat und<br />

warum“, sprach Sauer beruhigend auf ihn ein. <strong>Die</strong>ser Steven schien tatsächlich überrascht und<br />

betroffen vom Tod seines Freundes. Sauer legte den Kopf schräg und nahm den jungen Mann<br />

genauer unter die Lupe. Ein gut aussehender Mann, der sicherlich keine Schwierigkeiten hätte, eine<br />

Freundin zu finden. Und eigentlich, und eigentlich... der Gedanke blitzte spitz und hell auf und<br />

Sauer zuckte zusammen. „Haben sie zufällig ein Foto <strong>von</strong> ihrem Freund dabei?“


Schwerfällig erhob sich Steven, ging zum Schrank und kramte in der Seitentasche seines Trolley<br />

nach der Brieftasche. Verborgen in einem der Fächer kam ein kleines Foto zum Vorschein. Steven<br />

starrte es an und Tränen liefen seine Wangen hinunter. Er konnte es nicht verhindern, er war so<br />

traurig und wütend und fühlte sich schuldig.<br />

Als Sauer das Foto in der Hand hielt starrte er es ebenfalls an. Es stimmte also. <strong>Die</strong> beiden hätten<br />

Geschwister sein können. Größe, Statur, Haarfarbe und Haarschnitt, alles ähnelte sich. „Darf ich<br />

mir eine Kopie da<strong>von</strong> machen, sie bekommen das Foto noch heute zurück.“<br />

„Ich, nein, aber vielleicht können sie unten in der Rezeption eine Kopie machen und es mir<br />

sofort zurück geben.“<br />

„Klar, das geht auch. Aber sie müssten sowieso heute noch aufs Präsidium kommen und ein<br />

Protokoll unterschreiben, denn ich habe sicherlich noch ein paar Fragen, nachdem ich mit dem<br />

Kollegen aus Frankfurt gesprochen habe. Sie könnten das Foto bei der Gelegenheit wieder<br />

mitnehmen.“<br />

„Aufs Präsidium? Wann denn?“<br />

Sauer schaute auf die Uhr. Beinahe Mittag, er würde noch mit <strong>Marlowe</strong> sprechen, der sicherlich<br />

mehr wusste als er zugab. Dann aufs Revier, mit Kattlowitz telefonieren, die weitere<br />

Vorgehensweise besprechen. „Wenn sie es um sechzehn Uhr schaffen!“<br />

„Vier Uhr, ja das schaffe ich!“ Steven konnte im Moment keinen klaren Gedanken fassen und<br />

hätte jeder Uhrzeit zugestimmt, nur um diesen Polizisten loszuwerden. Er musste Andy anrufen, die<br />

sich gerade im Wellnessbereich des Hotels aufhielt.<br />

„Gut, Herr Bäumer, nochmals mein herzliches Beileid und bis nachher.“<br />

Im Aufzug starrte Kommissar Sauer noch immer auf das Foto. Sollte er <strong>Marlowe</strong> einweihen?<br />

Sollte er ihm das Foto zeigen? Zuerst einmal würde er ein paar Informationen <strong>von</strong> ihm einfordern.<br />

Als sein ehemaliger Mitarbeiter war <strong>Marlowe</strong> gewissermaßen verpflichtet ihm ein wenig zu helfen.<br />

Das Foto verschwand in der Innentasche seines Jacketts.<br />

Tatsächlich saß <strong>Marlowe</strong> in der hintersten Ecke des Cafes mit dem Rücken zur Lobby und<br />

schlürfte einen Milchkaffee. Der Kommissar gab der Bedienung zu verstehen, dass er ebenfalls<br />

einen Milchkaffee wolle.<br />

„<strong>Marlowe</strong>, was willst du <strong>von</strong> diesem Bäumer?“<br />

„Mensch Sauer, das kann ich dir nicht sagen und das weißt du auch! Wenn das rauskommt kann<br />

ich meinen Laden dicht machen.“<br />

„Als ob das <strong>von</strong> mir jemand erfahren würde.“<br />

„Von dir sicher nicht, aber bei deiner Abteilung bin ich mir nicht sicher. Da sind ne Menge<br />

Sabbeltaschen drunter, auch männliche übrigens.“


Sauer grinste und nippte an seinem Milchkaffee. Unvergleichlich lecker, das schaffte seine<br />

Maschine zuhause nicht! „Pass auf, du erzählst mir was du weißt und ich erzähle dir was ich weiß.<br />

Ich gebe die Informationen nicht weiter, sondern ziehe meine eigenen Schlüsse daraus.“<br />

Aber <strong>Marlowe</strong> wand sich, er wollte Jan-Philipp und Steven alleine das Handwerk legen. Wie<br />

auch immer das Ergebnis aussah, deshalb sollte niemand da<strong>von</strong> erfahren. Andererseits hatte Sauer<br />

recht, gemeinsam würden sie mehr erreichen. <strong>Die</strong> Informationen, die er <strong>von</strong> Sauer bekommen<br />

würde, könnten auch ihm bei seiner Suche weiterhelfen.<br />

„Nun gut, nur den Namen meines Auftraggebers kriegst du nicht.“<br />

„Damit kann ich leben! Ich fang dann mal an.“ Sauer blätterte in seinem Moleskin. „Heute<br />

Morgen hat mich mein Kollege Kattlowitz aus Frankfurt angerufen. Im Main, genauer gesagt an der<br />

Griesheimer Staustufe, ist eine männliche Leiche hängen geblieben. Angeblich ein morgendlicher<br />

Jogger, in teuren Klamotten und nem Loch in der Brust. <strong>Die</strong> Ermittlungen haben sehr schnell zu<br />

dem Namen des Toten und dessen Wohnung geführt. Er heißt Martin Anders, nennt sich aber Tim.<br />

Ist Journalist bei Prinz-Frankfurt. In der Redaktion arbeitet eine ehemalige Mitbewohnerin <strong>von</strong><br />

Anders, die dessen Freund kennt. Sein Name ist, wie gesagt, Stefan Bäumer. Als mein Kollege die<br />

Wohnung durchsuchte kam ein Anruf hier vom Elysee. Da Kattlowitz <strong>von</strong> Frankfurt aus nicht in<br />

Erfahrung bringen konnte, wer der Anrufer war, hab ich ein paar Telefonate geführt und konnte<br />

danach mit Stefan Bäumer sprechen.“<br />

„Ein paar Telefonate geführt, na klar!“, grinste <strong>Marlowe</strong>.<br />

„Quatsch, du weißt, Kattlowitz und ich kennen uns noch <strong>von</strong> unserer Ausbildungszeit, deshalb<br />

konnte er auf dem kleinen <strong>Die</strong>nstweg eine Anfrage stellen, die ich schnell beantworten will.“<br />

„Wie hat Bäumer die Nachricht aufgenommen?“<br />

„Er war geschockt, ehrlich geschockt! Ich glaube, das war nicht gespielt. Aber weißt du, was<br />

echt irre ist?“<br />

„Na los, rück schon raus damit.“ Der alte Sauer hat sich nicht verändert, dachte <strong>Marlowe</strong>, macht<br />

sich nach wie vor einen Spaß daraus, die Leute auf die Folter zu spannen oder an der Nase herum<br />

zu führen. Er erinnerte ihn immer an Inspektor Columbo, auch wenn Sauer wesentlich besser<br />

aussah und akkurater gekleidet war.<br />

„Schau dir mal dieses Foto an, es ist das Bild des Toten.“ <strong>Marlowe</strong> schaute auf das Foto und<br />

schüttelte den Kopf. „Himmel, Ar ....“<br />

„Bitte“, fiel ihm Sauer ins Wort, „nicht fluchen!“<br />

„Okay, passt aber gerade ganz gut!“, grinste <strong>Marlowe</strong>. „Der sieht ja fast wie Steven aus, also bis<br />

auf wenige Kleinigkeiten.“<br />

„Stimmt, das ist mir auch sofort aufgefallen. Es ist zwar sehr ungewöhnlich bei schwulen Paaren,<br />

dass sie einander ähneln, aber du weißt ja, wo die Liebe hinfällt ... !“


„Also vermutest du, dass der Bäumer statt dem Anders ermordet werden sollte. Und du hast<br />

Bäumer nichts <strong>von</strong> deinem Verdacht gesagt?“<br />

„Ist eigentlich kein Verdacht, nur eine Vermutung. Wer könnte Stefan Bäumer aus dem Weg<br />

räumen wollen?“, fragte Sauer kopfschüttelnd.<br />

<strong>Marlowe</strong> atmete tief ein und ließ die Luft ganz langsam aus seinen Lungen entweichen. <strong>Die</strong><br />

wenige Zeit, die es ihm verschaffte, war schnell vorbei.<br />

„Und“, Sauer rutschte auf dem Stuhl nach vorne, „du bist dran.“<br />

„Tja, ich wurde <strong>von</strong> meinem Auftraggeber beauftragt seine untreue Ehefrau zu beschatten. Mann,<br />

da ist ne Menge Geld im Spiel! <strong>Die</strong> Dame war zu einem Seminar in Frankfurt und hat dort<br />

jemanden kennengelernt.“ <strong>Marlowe</strong> machte eine Pause und nahm einen letzten Schluck<br />

Milchkaffee. „Sie hat Stefan Bäumer kennengelernt!“<br />

„Wie jetzt“, fragte Sauer erstaunt, „doch nicht vollkommen schwul, vielleicht bi? Vielleicht hat<br />

er seinen Freund ja umbringen lassen und ist nur ein guter Schauspieler?“ Verschiedene neue Türen<br />

öffneten sich nach dieser Information und Sauer fand immer mehr Gefallen an diesem Mord. Je<br />

komplizierter ein Fall war, desto wohler fühlte er sich, umso mehr lief er zur Hochform auf.<br />

„Ich weiß es nicht, mir kam der Frankfurter immer recht seltsam vor und ich konnte nicht<br />

verstehen, was die untreue Gattin an ihm fand. Jetzt weiß ich, dass mein Gefühl mich nicht betrogen<br />

hat. Er ist eigentlich schwul, was also will er <strong>von</strong> einer Millionärsgattin?“<br />

„Ihr Geld!“<br />

„Sie kommt nicht an ihr Geld, wenn sie sich schuldhaft scheiden lässt. <strong>Die</strong> haben einen ganz<br />

vertrackten Ehevertrag, der seinesgleichen sucht. Den hat der Ehemann damals aufsetzen lassen,<br />

weil das Geld <strong>von</strong> ihrer Seite stammt! Dafür bekommt sie für die Dauer der Ehe einen Adelstitel<br />

und ein standesgemäßes Leben.“<br />

„Weiß Bäumer das?“<br />

„Keine Ahnung, wäre aber ganz schön blöd <strong>von</strong> ihr, ihm das zu sagen.“<br />

„Okay“, Sauer orderte zwei weitere Milchkaffees und zwei Schokoladencookies, „fassen wir<br />

zusammen. Wir haben die Leiche des schwulen Journalisten Martin Anders in Frankfurt. Wir haben<br />

seinen wahrscheinlich bisexuellen Lebensgefährten, den Lehrer Stefan Bäumer derzeit in Hamburg,<br />

der dem Toten verdammt ähnlich sieht und der eine Geliebte in Hamburg hat. Es gibt nun zwei<br />

Möglichkeiten, entweder hat Bäumer den Mord an seinem Lebensgefährten in Auftrag gegeben,<br />

damit der Weg für seine neue Liebe frei ist. Dagegen spricht, dass er als Lehrer wohl kaum Mittel<br />

und Wege kannte, an einen Profikiller zu gelangen.“<br />

„Sorry“, fiel <strong>Marlowe</strong> ihm ins Wort, „aber mir ist gerade eingefallen, dass wir jetzt checken<br />

sollten, was Steven macht! Ich gehe gleich mal zu ihm aufs Zimmer, hatte ja eh eine Verabredung!“


„Ja, mach das! Um vier kommt er aufs Revier! Also noch mal, gegen Bäumer als Mörder spricht,<br />

dass er als Lehrer wohl kaum Mittel und Wege hatte, an einen Profikiller zu gelangen. Dafür spricht,<br />

dass er die Gewohnheiten des Opfers gut kannte. Oder seine Überraschung war nicht gespielt und er<br />

hatte tatsächlich keine Ahnung <strong>von</strong> dem Mord, weil er selber das Opfer sein sollte und nur<br />

verwechselt worden ist. Dagegen spricht, dass jeder gute Killer weiß, wo sich sein Opfer aufhält.<br />

Dafür spricht, dass sie sich erstaunlich ähnlich sehen. Was mich zur nächsten Frage bringt.“ Sauer<br />

klopfte mit dem Stift auf das Notizbuch. „Warum wollte jemand Stefan Bäumer umbringen? Was<br />

weiß er? Welchen Plan verfolgt er, wenn er überhaupt einen Plan verfolgt.“<br />

Hellwach und konzentriert hatte <strong>Marlowe</strong> den Ausführungen des Kommissars zugehört. „<strong>Die</strong><br />

erste Variante würde ich ihm zutrauen, favorisiere aber die zweite. Der Frankfurter hat sich in<br />

stürmische Gewässer begeben. Der Ehemann war richtig sauer! Was ich nicht verstehe, wenn die<br />

Untreue seiner Frau zur Scheidung führt geht sie leer aus und er bekommt alles. Das müsste ihm<br />

eigentlich gefallen, denn er ist auch kein Kind <strong>von</strong> Traurigkeit.“<br />

„Dann hat die Frau, wie war noch ihr Name...?“<br />

„Sauer, du glaubst nicht wirklich, mich so aufs Glatteis führen zu können“, warf <strong>Marlowe</strong><br />

lachend ein.<br />

„Sorry, hätte ja klappen können“, entschuldigte sich Sauer lächelnd und bezahlte gleich alle vier<br />

Milchkaffees und die Kekse bei der Kellnerin. Als sie wieder allein waren fuhr er fort.<br />

„Aus diesem Grund hat die Frau vielleicht jemanden beauftragt, Bäumer abzuknallen!“<br />

„Mann oh Mann, wäre das abgebrüht“, meinte <strong>Marlowe</strong>.<br />

„Steven Bäumer stand gestern Abend auf der Matte. Das Paar feierte gerade eine Art<br />

Einweihungsparty nach einer kleinen Runderneuerung des Anwesens. <strong>Die</strong> Dame des Hauses war“,<br />

<strong>Marlowe</strong> dachte kurz nach, „ja, sie war baff erstaunt, ihn zu sehen und hat ihn nach einem kurzen<br />

Gespräch fortgeschickt!“<br />

„Interessant! Was hat sie dann gemacht?“ Sauer war wieder nach vorne gerutscht und saß nun<br />

gefährlich nah an der Kante des Sessels. <strong>Marlowe</strong> schaute nach draußen zur Rothenbaumchaussee,<br />

auf der die Autos noch immer Stoßstange an Stoßstange dahin schlichen.<br />

„Ich habe ihr die Tür geöffnet, nachdem die beiden vor dem Haus eine Aussprache hatten, sie hat<br />

mich angelächelt. Na ja, ein wenig gequält kam das schon rüber. Dann hat sie gesagt, Moment, wie<br />

war das noch? Ach ja, ‚das war Steven, einer meiner zahlreichen Verehrer’, ich hab noch gedacht,<br />

was für eine angeberische reiche Schnepfe. Und dass sie ihn auf einem Seminar kennengelernt hat.<br />

Er hätte sich in sie verliebt und wolle sie nun aus ihrer Ehehölle retten. Dann hat sie den Kopf<br />

geschüttelt, sich geräuspert und mit etwas kratziger Stimme gesagt, ‚ich habe ihm erklärt, dass ich<br />

glücklich verheiratet bin!’ Das war’s!“<br />

„War’s das wirklich? Was hat sie dann gemacht?“ Sauer wurde immer unruhiger.


„Sie ist schnurstracks nach oben gelaufen, vielleicht in ihr Schlafzimmer oder ins Badezimmer.<br />

Ich hab mich noch gewundert, weil sie nicht zu den Gästen gegangen ist, dachte aber, sie sei<br />

mitgenommen.“<br />

„Nein, nein, nein“, erwiderte Sauer aufgeregt. „Vielleicht hat sie versucht, den Killer zu<br />

erreichen, um den Auftrag zu stornieren. Vielleicht hat sie ihn aber nicht erreicht und so hat der<br />

Killer den Falschen ermordet!“ Triumphierend knallte Sauer das Notizbuch auf den Glastisch!


Klappe, die Dreizehnte: Frankfurt<br />

Schwitzend erstürmte Max Meinhardt in einem eleganten Anzug die Treppen zu den Büros im<br />

16. Revier.<br />

„Heiratest du heute?“, fragte Kris spitz. Völlig atemlos wollte Max zunächst etwas sagen, aber er<br />

bekam keinen Ton über die Lippen. Mit Zeichensprache deutete er an, dass er, sobald sein Puls<br />

wieder im Normalbereich liegt, etwas sehr Wichtiges zu berichten hatte. <strong>Die</strong> Kollegen tauschten<br />

vielsagende Blicke aus. Sport hatte Max nach seiner Zeit bei der Bundeswehr vermutlich nur noch<br />

in den Betten bevorzugter blonder Schönheiten betrieben. Dass er nicht mit den anderen im<br />

Polizeisportverein trainierte erklärte er mit Turnhallenphobie, dass er nicht joggte begründete er mit<br />

kaputten Kniegelenken. Er war zwar erst drei Monate in Kattlowitz’ Gruppe, aber schon etliche<br />

Male tief ins Fettnäpfchen getreten. Max teilte das Schicksal schöner Frauen, denen man wegen<br />

ihres Aussehens nur den Grips eines Rollmopses zutraute.<br />

Wieder bei Atem stieß er aufgeregt hervor, dass der Fall Tim Anders gelöst war. Eine Frau, etwa<br />

Mitte zwanzig, hatte sich auf der Wache gemeldet und die Tat gestanden. Er wollte die Frau jetzt<br />

vernehmen und brauchte noch einen Kommissar als Beisitzer. Der Pflichtverteidiger war bereits<br />

unterwegs und die Spusi schon auf dem Weg in die Wohnung der Frau Körner. Bei der Erwähnung<br />

des Namens Körner blinzelte Kris Henning zu, dann gab es für beide kein Halten mehr und sie<br />

prusteten los.<br />

„Der Witz war gut“, sagte Henning mit Tränen in den Augen und immer noch lachend.<br />

„Was bitteschön ist daran so lustig?“, wollte Max pikiert wissen.<br />

„Nimm es uns nicht übel, Anne Körner hat eine multiple Persönlichkeitsstörung, so wie Dr.<br />

Jekyll und Mr. Hyde. Doch noch bevor ihre kriminelle Seite zuschlägt, zwingt die gute Seite sie zu<br />

einem Geständnis auf dem nächsten Polizeirevier. Anne ist sozusagen eine Dauerkundin. Sie bringt<br />

es auf eine stattliche Anzahl an Geständnissen, vom Juwelendiebstahl bis eben zum Mord. Am<br />

besten pfeifst du die Spusi zurück, Kattlowitz hasst sinnlose Einsatzkosten. Dann gehen wir<br />

gemeinsam zur Wache und kontrollieren wer das verbockt hat, vermutlich so ein Frischling wie du.<br />

Dann stelle ich dir die Anne mal vor und du bringst sie anschließend in die Klinik für Psychiatrie an<br />

der Uni Frankfurt. Aber jetzt lass mich noch ein wenig lachen, hier gibt es ja sonst so wenige<br />

Gründe dafür.“<br />

Wenig später betrat Kattlowitz mit einem Stapel Akten unterm Arm das Großraumbüro. „Ich<br />

habe gerade mit Sauer telefoniert. Der Anruf in Anders Wohnung stammte <strong>von</strong> Anders<br />

Lebensgefährten Stefan Bäumer. Also wusste der Bäumer nichts vom Tod seines Lebensgefährten.<br />

Oder er wusste es und wollte uns auf Glatteis führen. Jedenfalls hat der Bäumer eine Geliebte in<br />

Hamburg und der Ehemann dieser Dame weiß über diese Affäre Bescheid. Um 16 Uhr soll Bäumer<br />

auf dem Hamburger Präsidium ein Protokoll unterzeichnen. Sauer hat uns aufgefordert noch eine


Telefonbefragung durchzuführen, denn jetzt, wo der Bäumer <strong>von</strong> dem Tod seines Lebensgefährten<br />

erfahren hat, wird er es vermutlich nicht sonderlich eilig haben, nach Frankfurt und in die<br />

gemeinsame Wohnung zurückzukehren. Da kann uns dieser Steve mal aufklären, wie man fest mit<br />

einem Mann liiert und gleichzeitig, 500 km entfernt, eine Affäre mit einer verheirateten Frau haben<br />

kann. Es wird auch Zeit, dass wir herausfinden wie der Bäumer seinen teuren Lebensstil finanziert.<br />

Das Grand Elysee ist ja nicht gerade eine Jugendherberge!“<br />

„Auf mich müsst ihr verzichten“, sagte Kris mit einem verschwörerischen Blick und strich sich<br />

lasziv durchs lange Haar. „Ich habe um 17 Uhr ein Date mit dem Geschäftsführer der Red Lounge.<br />

Wir werden uns einen netten Filmabend gönnen, mit den Videos aus den drei<br />

Überwachungskameras. <strong>Die</strong> KTU Melanie begleitet mich samt Equipment. Da muss ich mich noch<br />

ein wenig aufbrezeln. Ach ja, es wird womöglich eine sehr, sehr lange Sitzung. <strong>Die</strong> Untersuchung<br />

des Stempelabdrucks hat nämlich gezeigt, dass er nicht aus der Mordnacht stammt, sondern bereits<br />

2 bis 3 Tage alt war. Jetzt ist es spannend herauszufinden, ob der Anders in der Tatnacht wirklich<br />

auf diesem Karaoke Wettbewerb war, über den er laut Redakteur berichten sollte.“<br />

„Dann lass’ dir mal nichts in den Drink kippen, Kris“, warf Henning ein, „und nimm in jedem<br />

Fall deinen Drink mit aufs Klo. Der Doc hat mir gerade den nächsten Bericht der Obduktion des<br />

Journalisten gemailt. <strong>Die</strong> Vorstufe <strong>von</strong> GHB, bekannt als das K.O.-Mittel Liquid Ecstasy, ist als<br />

Lösungsmittel frei erhältlich und die Herstellung <strong>von</strong> GHB ist recht einfach. Zur Zeit häufen sich<br />

die K.O.-<strong>Fälle</strong>. Der Doc hat im Urin der Leiche <strong>von</strong> Anders toxische Mengen des Liquid Ecstasy<br />

festgestellt. Im Körper und im Blut wird das Zeug relativ rasch eliminiert. Fälschlicherweise gehen<br />

die meisten Täter da<strong>von</strong> aus, dass GHB schon nach kurzer Zeit nicht mehr nachweisbar sei. Im Urin<br />

ist es mit entsprechendem Equipment und Know-how immerhin noch 12 bis 20 Stunden<br />

nachweisbar, für den Doc und unsere KTU ein leichtes Spiel. Vollgepumpt mit diesem Mittelchen<br />

lag der Anders irgendwo wie ein hilfloser Käfer, oder wie ein toter Käfer, auf dem Rücken und<br />

wurde aus einem Meter Entfernung mit einer P30 erschossen.“ <strong>Die</strong> Blicke schnellten in Richtung<br />

Henning.<br />

„Eine Polizeiwaffe?“, fragte Kattlowitz erstaunt.


Klappe, die Vierzehnte: Hamburg<br />

Nachdem Sauer wieder ins Präsidium gefahren war, atmete <strong>Marlowe</strong> tief durch und machte sich<br />

auf den Weg zu Stevens Hotelzimmer. Steven sah sehr mitgenommen aus und war <strong>von</strong> <strong>Marlowe</strong>s<br />

Besuch gar nicht begeistert.<br />

„Ach, sie schon wieder! Ich hab jetzt gar keine Zeit!“<br />

„Wir waren verabredet, erinnern sie sich?“, antwortete <strong>Marlowe</strong>.<br />

Steven schwitzte stark und bekam kleine rote Flecken im Gesicht. „Nein, wir waren nicht<br />

verabredet“, zischte er und klopfte mit seinem Zeigefinger auf <strong>Marlowe</strong>s Brust. „Sie haben den<br />

Termin anberaumt, aber ich habe jetzt keine Zeit, also lassen sie mich gefälligst in Ruhe!“ Stevens<br />

Stimme zitterte und <strong>Marlowe</strong> hatte das ungute Gefühl, Steven würde gleich explodieren.<br />

„Herr Bäumer, wir müssen in Ruhe über das Geld reden!“<br />

„Nein!“, schrie Steven, „müssen wir nicht!“ Blitzschnell drehte er sich um, holte aus und<br />

verpasste <strong>Marlowe</strong> einen kräftigen Kinnhaken.<br />

Wortlos sackte <strong>Marlowe</strong> zusammen und lag gekrümmt auf dem Boden, als Andy ins Zimmer<br />

stürmte. Steven hatte ihr eine alarmierende SMS geschickt. Beim Anblick des am Boden liegenden<br />

<strong>Marlowe</strong> wurde ihr schwindelig und sie musste sich an der Sessellehne festhalten. Der flauschige<br />

weiße Hotelbademantel schwang locker um ihre Taille und ließ ihr leicht gebräuntes Dekolleté<br />

hervorblitzen. Schlagartig strömten alte längst verdrängte Bilder in ihr Bewusstsein, schlagartig<br />

öffneten sich verschlossene Türen.<br />

Brendan hatte genauso gelegen. Auf dem Rücken, die rechte Hand auf dem Bauch, die linke<br />

etwas abgespreizt neben dem Körper; die Beine abgeknickt und seitwärts angewinkelt. Er war in<br />

die Hocke gegangen und erst danach umgekippt! Wie <strong>Marlowe</strong>. Dabei hatte sie Brendan nur ein<br />

wenig willig, gefügig machen wollen! Damals in Dublin! Eigentlich war es die schönste Zeit ihres<br />

Lebens gewesen, damals in Dublin! Benommen schüttelte sie den Kopf.<br />

Alles hatte so gut begonnen. Aber ihre Zeit als Studentin der Kunstgeschichte in Frankfurt war<br />

nach zwei Jahren öde und langweilig geworden. Sie kannte alles und jeden, die meisten<br />

Professoren ließen sich nicht <strong>von</strong> ihr becircen und sie musste tatsächlich Klausuren schreiben und<br />

bestehen, musste tatsächlich an Proseminaren teilnehmen und Semesterarbeiten abliefern. Das<br />

hatte sie sich anders vorgestellt. Sie wollte doch nur Spaß haben und natürlich Geld. Ohne Geld<br />

kein Spaß, ohne Geld kein Essen, ohne Geld keine Klamotten. Sie war durchaus bereit, dafür<br />

einiges zu tun und auch unansehnliche und alte Exemplare unter den Professoren auf ihre Kosten<br />

kommen zu lassen. Aber die deutschen Professoren waren echt öde und langweilig, verheiratet und<br />

treu! Jedenfalls die meisten. Den anderen tat der Seitensprung nach einer Woche leid und sie


achen das Verhältnis ab. So hatte sie keine Chance ihren kleinen Erpressungshebel anzusetzen.<br />

Ohne den kam sie nicht weiter.<br />

Der Artikel in der Unizeitschrift über Austauschstudienplätze in Dublin ließ sie aufhorchen und<br />

löste mit einem Mal all ihre Probleme. Wer wollte schon nach London oder Paris! Nein, als<br />

anglophiler Mensch mit Interesse am Mittelalter musste man nach Dublin! Irland, Wiege des<br />

Guinness und des Whiskeys und Wiege der Christianisierung. Da musste sie hin.<br />

Steven hatte damals kopfschüttelnd vor ihr gesessen. „Als ob es in Dublin keine verheirateten<br />

Männer gibt! Was willst du da? Geh lieber nach London, Oxford oder direkt nach Cambridge. Da<br />

sitzt das Geld! Dublin. Pah! <strong>Die</strong> sind erst seit ein paar Jahren überhaupt wieder auf dem<br />

aufsteigenden Ast. Seit der Einführung des Euro, um genau zu sein!“<br />

Das war ihr egal. Sie wollte nach Dublin und bekam den Platz am Trinity College. Das mitten in<br />

der Stadt gelegene Universitätsgelände war <strong>von</strong> einer Mauer umgeben und strahlte auf den ersten<br />

Blick den Glanz vergangener Tage aus. Auf den zweiten, kritischeren Blick sah man hier wie in der<br />

gesamten Innenstadt zerfallene Mauern, kaputte Pflaster und natürlich über Putz verlegte Kabel.<br />

Das Flair jedoch war einfach umwerfend. Andy war vom ersten Moment an begeistert und<br />

fasziniert und als sie das Book of Kells mitsamt dem Long Room gesehen hatte, gab es für sie kein<br />

Zurück. Das Book of Kells, also das Buch der Kelten, eines der bedeutendsten mittelalterlichen<br />

Bücher der Welt und das am besten erhaltene Zeugnis der irischen Buchmalerei, stammte aus dem<br />

8. Jahrhundert. Im Long Room, der Bibliothek des Colleges, verstummten meistens auch die<br />

Teenies. Weil es ein beeindruckender Anblick ist, in einem fast 65 Meter langen Raum zu stehen<br />

und auf die hohen Regale mit 200.000 Büchern zu blicken, alte, ehrwürdige Relikte vergangener<br />

Zeiten, die nur <strong>von</strong> eigens dafür ausgebildeten Restauratoren angefasst werden durften. Hier! Hier<br />

und nirgendwo sonst würde sie weiter studieren und es wäre doch gelacht, wenn sie hier keinen<br />

reichen, charmanten jungen oder alten Mann ergattern konnte. Lediglich die Touristenmassen, die<br />

sich sommers wie winters plaudernd durch die Anlage des Colleges schoben, um das Buch und die<br />

Bibliothek zu sehen, störten sie immens. Anfangs war Andy euphorisch <strong>von</strong> der Idee befallen,<br />

ebenfalls dort zu arbeiten. Aber der Gedanke ihre gesunde Hautfarbe in den abgedunkelten<br />

Räumen, in denen die Bücher bearbeitet wurden, zu verlieren, hielt sie <strong>von</strong> den Bemühungen ab,<br />

sich in diesen heiligen Hallen um einen Job zu bewerben. Dort würde sie sicher nie einen<br />

schnuckeligen Kerl kennenlernen! Also beschränkte Andy sich darauf, an ausgesuchten<br />

Vorlesungen teilzunehmen, hin und wieder ein ärztliches Attest anzubringen, damit sie eine<br />

Entschuldigung hatte, nicht an der Klausur teilnehmen zu müssen und genoss das ausschweifende<br />

Leben in dieser Stadt.<br />

Ja, sie hatte diese Stadt geliebt, diese moderne, lebendige, multikulturelle, mittelalterlich<br />

anmutende Perle am Fluss Liffey. Auch die Menschen waren hier so freundlich. Begrüßten jeden


mit „Hi, dear“ oder „Hi love“! Schade, dass sie dort so plötzlich abhauen musste. Warum hatte<br />

Brendan sich so geziert? <strong>Die</strong>ser reiche, gut aussehende, eloquente Mann! Sie hatte sich ihm<br />

hingeben wollen, mit Haut und Haar. Andy hatte sich zum ersten Mal in ihrem Leben verliebt!<br />

Richtig verliebt! Vom ersten Moment an war sie nicht mehr sie selbst gewesen, hatte sich in einem<br />

Fitnessstudio angemeldet, war dort auf die Sonnenbank gegangen. Ein Mal in der Woche, nur um<br />

diese leichte Bräune zu bekommen, die einen Körper so sanft, seicht und erotisch aussehen lässt!<br />

Sie hatte alle Register gezogen, alle Tricks angewandt damit er sie mitnahm, mitnahm in seine<br />

Penthousewohnung im modernen Dublin in der Nähe der Samuel Beckett Bridge. Wow! So sollte es<br />

sein: hell, offen, modern und dennoch zentral. Faszinierend. Geld! Er besaß eine Menge da<strong>von</strong>, ließ<br />

es jedoch nicht durchblicken. Auch das machte ihn so unwiderstehlich!<br />

Nach Wochen endlich war es soweit. Das erste Date in seiner Wohnung. Andy war tagelang<br />

durch Dublins Boutiquen geirrt, um letztendlich auf Anraten ihres Bruders ihre Lieblingsjeans und<br />

eine leicht transparente hellblaue Bluse anzuziehen. Lediglich auf die sexy High Heels wollte sie<br />

nicht verzichten, wählte aber schlichte dunkelblaue. <strong>Die</strong> braunen Haare waren locker zu einem<br />

Knoten gesteckt, so dass sie bei Bedarf herabfallen könnten. Ihre Schminke beschränkte sich auf<br />

Make-up, grauen Lidstrich, blaue Wimperntusche und als Finish ein wenig Puder. Alles so<br />

natürlich wie möglich. <strong>Die</strong> Aufregung sprengte ihren Magen. Sie hatte das Fläschchen mit den<br />

K.O.-Tropfen ins Seitenfach ihrer Handtasche gesteckt. Tatsächlich konnte jeder in Deutschland<br />

diese Tropfen ganz legal im Internet für noch nicht einmal 20 Euro kaufen! Bis heute war die<br />

Flasche verschlossen gewesen und sie wollte Brendan auch nur ein wenig willig machen. Er sollte<br />

morgens gemeinsam mit ihr im Bett aufwachen.<br />

Sie waren zuerst ins FXB Steak Restaurant in der Lower Pembroke gegangen, hatten köstliche<br />

Scampi und zartes Steak gegessen und waren mit dem Taxi wieder zurück gefahren. Andy bestand<br />

darauf den Latte macchiato zuzubereiten, in dem er die K.O.-Tropfen nicht schmecken konnte.<br />

Nach dem ersten innigen Kuss taumelte er leicht und setzte sich aufs Sofa. Andy ging ins<br />

Badezimmer, um sich frisch zu machen und die Kondome vorzubereiten. Als sie zurückkam, lag<br />

Brendan auf dem Boden. Genau so wie <strong>Marlowe</strong> jetzt dalag, lag Brendan auf dem Boden und<br />

rührte sich nicht. Vor Schreck wich ihre Bräune aus dem Gesicht und vom Dekolleté. Mit zittrigen<br />

Händen suchte sie seinen Puls am Handgelenk und an der Halsschlagader. Nichts! Andy hatte<br />

Mühe, sich nicht zu übergeben! Sie schlich auf weichen Beinen und mit trommelndem Herzen aus<br />

der Wohnung.<br />

Ohne lange nachzudenken, zog sie die beiden Koffer vom Schrank herunter, stopfte ihre Sachen<br />

hinein, buchte den letzten Flug <strong>von</strong> Dublin nach Liverpool um kurz vor zwölf und rief ein Taxi. Um<br />

nicht wiedererkannt zu werden, setzte sie ihre blonde Perücke auf und zog die weiten Indie-<br />

Klamotten an!


Pünktlich um 23:30 hob der Flieger ab und Andy verließ Dublin mit dem Gefühl die Mörderin<br />

eines geliebten Menschen zu sein! Erst Wochen später konnte sie Steven überreden, während der<br />

Ferien nach Dublin zu fliegen. Dort fand er sehr schnell heraus, dass Brendan sich bester<br />

Gesundheit erfreute und sie somit keinesfalls eine Mörderin war. Aber der Schreck saß tief in ihren<br />

Knochen.


Klappe, die Fünfzehnte: Frankfurt<br />

Es war schon weit nach Mitternacht, als Kris und Melanie die Red Lounge verlassen wollten.<br />

<strong>Die</strong> zu Beginn des Abends anwesenden Frauen, <strong>von</strong> denen etliche mal was mit Tim hatten, als er<br />

nach dem Unfalltod seines Sohnes völlig die Orientierung verlor, bedauerten es sehr, dass er sich<br />

schließlich zur Homosexualität bekannte, ebenso wie es einige schwule Männer bedauerten, dass<br />

Tim jetzt monogam lebte. Einvernehmlich sagten sie aus, dass sie ihn das letzte Mal am Mittwoch<br />

beim Public Viewing in der Red Lounge gesehen hatten und dass er einen fürchterlichen Streit mit<br />

seinem Ex hatte. Inzwischen durchzogen grelle bunte Lichtblitze die Bar. Eine Barkeeperin<br />

schüttelte einen Cocktailbecher zum Rhythmus der Musik. Der Geruch <strong>von</strong> Alkohol und Schweiß<br />

lag in der Luft. <strong>Die</strong> Musik dröhnte laut durch den Raum und machte es aussichtslos noch weitere<br />

Gäste zu befragen. Doch das Ergebnis ihres Überwachungsfilm-Abends konnte sich sehen lassen.<br />

Am Tag vor dem Halbfinale Deutschland-Italien war Tim in der Red Lounge zur Übertragung des<br />

Halbfinales Spanien-Portugal und hatte in Begleitung eines attraktiven Mannes mit südländischem<br />

Aussehen beim Elfmeterkrimi mitgefiebert. Den Club-Stempel bekam Tim aufgrund seines<br />

Presseausweises, dadurch waren seine Getränke frei. Allerdings hatte er nach Aussage des<br />

Barkeepers wie immer keinen Tropfen Alkohol zu sich genommen. Nach dem Spiel hatten die<br />

beiden einen heftigen Streit an der Bar vermutlich auf Spanisch oder Portugiesisch, jedenfalls<br />

konnte der Barkeeper nicht verstehen worum es ging. Nachdem Tims Begleitung wutschnaubend<br />

die Red Lounge verlassen hatte, war ein etwa 35jähriger unbekannter Gast zu ihm getreten. Er war<br />

auffallend elegant gekleidet und trug sein braunes, längeres Haar zu einem Zopf gebunden. <strong>Die</strong><br />

ganze Zeit schien er sich sehr um Tim zu bemühen und beide verließen nach etwa einer Stunde die<br />

Bar, wobei Tim stark schwankte. Dem Barkeeper war außerdem eine Narbe auf der linken Wange<br />

des Mannes aufgefallen, die vermutlich <strong>von</strong> einer schlagenden Studentenverbindung herrührte. Am<br />

Donnerstag zum Halbfinale Deutschland-Italien hatten viele Tim erwartet. Doch an diesem Abend<br />

war er nicht aufgetaucht.<br />

„Bitte wartet einen Moment! Ich bin Miriam“, hielt sie eine attraktive Blondine am Eingang auf<br />

und streckte ihre Hand aus, die Kris ignorierte. „Kristiane Kilb und das ist meine Kollegin Melanie<br />

Gold“, erwiderte sie stattdessen ernst, „wir sind <strong>von</strong> der Polizei.“<br />

„Ich weiß. Hab gehört ihr seit wegen Tim hier. Er ist doch nicht wirklich tot?“ Ihre Stimme<br />

schwankte plötzlich und es wurde klar, dass Miriam ein Mann war.<br />

„Leider doch. Wer hat ihnen erzählt, dass wir <strong>von</strong> der Polizei sind? <strong>Die</strong> Untersuchung in der Red<br />

Lounge sollte auf Wunsch des Geschäftsführers vertraulich stattfinden.“<br />

„Hier bleibt nichts diskret oder geheim. Bereits als ihr, noch eine Stunde vor Öffnung der Bar,<br />

durch diese Tür tratet, wusste das gesamte Stammpublikum Bescheid. Lasst uns dahinten in die<br />

Nische gehen, ich hab Euch etwas zu erzählen. Wollt ihr noch etwas trinken? Ich hol uns was.“


Einvernehmlich schüttelten beide den Kopf, Hennings Warnung vor den K.O.-Tropfen war<br />

nachhaltig. Sie gingen zu der angewiesenen Nische und Miriam stieß nach einem kurzen<br />

Augenblick wieder zu ihnen.<br />

„Kann ich eure Fotos sehen, ich will wissen, ob das stimmt, was ich vermute.“<br />

Kris schob ihr wortlos die Ausdrucke zu.<br />

„Der hübsche Bursche hier ist Godinho, ein Portugiese. Er arbeitet für die Banco Espírito Santo<br />

im Frankfurter Büro. <strong>Die</strong>se Bank investiert ihr Kapital in Kredite, sowie Wertpapiere und arbeitet<br />

fast ausschließlich mit Unternehmen. Godinho ist dabei reich geworden. Ach ja, ich weiß das, weil<br />

ich für die Frankfurter Börsen-Zeitung arbeite, bin sozusagen ein Kollege und guter Freund <strong>von</strong><br />

Tim. Leider nicht mehr, er stand nur auf ganze Männer oder richtige Frauen“, sagte Miriam mit<br />

einem bedauernden Lächeln. „Jedenfalls hat Godinho jede Menge Geld in die Renovierung <strong>von</strong><br />

Tims geerbter Eigentumswohnung gesteckt, in der Hoffnung dort eines Tages mit ihm alt zu werden.<br />

Nach der Trennung konnte Tim das Geld nicht zurückzahlen, zumindest nicht sofort. Es wäre nicht<br />

das erste Mal, dass die beiden Hitzköpfe deswegen aneinandergeraten sind. Den anderen hab ich<br />

noch nie gesehen und <strong>von</strong> denen, die ihn am Mittwoch gesehen hatten, konnte keiner ein Wort mit<br />

ihm wechseln. Er war völlig auf Tim fixiert.“<br />

„Hat sich Tim womöglich nach dem Streit betrunken und wollte sich dann mit der <strong>neuen</strong><br />

Eroberung trösten?“<br />

„Nein, er rührte keinen Tropfen an. Schon lange nicht mehr. Wegen seiner ausgeprägten<br />

Alkoholintoleranz ging es ihm oft schon dreckig, wenn in Speisen Spuren <strong>von</strong> Alkohol waren. Ich<br />

bin mir sicher, dass der Kerl ihm was in den Drink gekippt hatte. Außerdem ging Tim nicht fremd,<br />

sein Leben war jetzt Steven. Moment, da auf dem Foto! Was aussieht wie ein Fleck.“ Miriam<br />

deutete auf die Jacke des Unbekannten. „Das könnte doch die Anstecknadel einer Burschenschaft<br />

sein? Während meiner Studienzeit war ich selbst mal in einer, wohlgemerkt nicht schlagend. Sonst<br />

war derzeit in Gießen kein Zimmer zu kriegen, etliche wohnten sogar in Bauwagen und Zelten.<br />

Könnt ihr die Stelle vergrößern?“<br />

„Mit unserer mobilen Ausrüstung leider nicht, aber im Labor. Könnten sie morgen um zehn aufs<br />

16. kommen? Wir würden da gerne ihre Aussage zu Protokoll nehmen und haben dort sicherlich<br />

mehr Ruhe. Bis dahin liegt uns auch die Ausschnitts-Vergrößerung vor. Also bis morgen“, sagte<br />

Kris nachdrücklich und reichte jetzt ihrerseits Miriam die Hand.<br />

„Hmm, der Fall ist reichlich verstrickt“, sagte Kattlowitz bei der morgendlichen Besprechung.<br />

„Fassen wir mal zusammen: Tim wurde unter K.O.-Tropfen gesetzt und dann erschossen, niemand<br />

weiß wo. <strong>Die</strong> Waffe mit der Tim erschossen wurde ist eine Polizeiwaffe. Laut Computer werden<br />

bundesweit derzeit fünf P30 gesucht: zwei in Berlin, eine in Frankfurt, eine in Hamburg und eine in<br />

Würzburg. Hier eine Liste der Seriennummern. Eine Serie <strong>von</strong> vergleichbaren Morden gab es vor


vier Jahren, dabei wurde die gestohlene Waffe aus Frankfurt benutzt. Unsere Spusi konnte die<br />

Tatwaffe bisher nicht sicherstellen, weder am noch im Main, auch nicht im Niedwald und dem<br />

dortigen Weiher. Henning, hör dich mal bei unseren V-Leuten um, ob im Milieu irgendjemand eine<br />

Waffe loswerden will. Spuren <strong>von</strong> Gräsern und Pollen in Anders Haaren und auf der Kopfhaut<br />

beweisen, dass er tatsächlich im Niedwald war. <strong>Die</strong> Laufklamotten gehörten vermutlich nicht dem<br />

Anders, denn es konnten Haare und Hautpartikel einer weiteren männlichen Person nachgewiesen<br />

werden, über die aber nichts im Computer verzeichnet ist. Das Schussloch am Rücken des<br />

Laufshirts resultiert aller Wahrscheinlichkeit nach aus einer Art Schießübung mit einem<br />

Jagdgewehr. Warum hat man ihm ausgerechnet ein Shirt mit einem Schussloch am Rücken<br />

übergezogen?<br />

...


Informationen zu den Autorinnen <br />

Indira Wirths-Kosub, Hamburg<br />

Geboren in Indien, aufgewachsen im Oberbergischen, Studium der Anglistik und Theologie in<br />

Aachen. Auf die Übersetzung <strong>von</strong> Kurzgeschichten und einem Roman folgte eine langjährige<br />

Dozententätigkeit für Englisch in der Erwachsenenbildung und an Grundschulen. Doch ihre<br />

Vorliebe für Kindergeschichten rief den kleinen Löwen Kurt und somit die Veröffentlichung der<br />

Löwengeschichten als Buch und als Hörspiel auf den Plan. Es folgten Lesungen und Kreative<br />

Schreibwerkstätten für Kinder und Erwachsene. Veröffentlichung der Geschichte vom mutigen<br />

Wellensittich „Der mutige Lorenzo“ als eBook bei Amazon.<br />

Das neueste Buchprojekt steht kurz vor der Beendigung und erzählt die außergewöhnliche<br />

Geschichte des jungen Einhorns Anabelle. Mithilfe der Elfe Fi findet Anabelle den Zugang zu ihren<br />

besonderen Fähigkeiten während einer Wanderung, die beide vom Baskenland in den Westerwald<br />

führt.<br />

Im Internet zu finden unter: www.indira-wirthskosub.de<br />

Ute Smola, Runkel<br />

Geboren und aufgewachsen in Frankfurt am Main. Als promovierte Naturwissenschaftlerin ist sie<br />

viel in der Welt herumgekommen. Jetzt lebt sie in Runkel an der Lahn und hat ihr Hobby zum<br />

Beruf gemacht: Schreiben!<br />

Sie schreibt, teils unter Pseudonym, in unterschiedlichen Genres. Aktuell erschienen - als ebook<br />

und Paperback bei Amazon - ist „3 Mal Zwischenmenschlich“, 3 humorvolle Kurzgeschichten über<br />

zwischenmenschliche Beziehungen.<br />

Seit 2013 veröffentlicht sie unter eigenem Label: lesensWert!© www.ute-smola.de. Unter<br />

diesem Label werden Autoren <strong>von</strong> der Ideenfindung über das Schreiben, Lektorat, Veröffentlichung<br />

und Marketing betreut. <strong>Die</strong> Autoren entscheiden individuell, welche Leistungen sie benötigen.<br />

Im Internet zu finden unter: http://www.ute-smola.de<br />

So finden Sie die-kriminalisten im Internet:<br />

Website: die-kriminalisten.jimdo.com <br />

facebook: https://www.facebook.com/Kriminalisten<br />

Ebenso sind die-kriminalisten bei twitter, youtube, g+, und XING präsent!


G<br />

eld, Titel und gesellschaftliches Ansehen können einen schalen Geschmack<br />

hinterlassen, wenn die Langeweile den Siegeszug antritt! Doch wenn der Adelstitel<br />

ergaunert und das Geld nicht das eigene ist? Das Resultat ist eine Verstrickung. Wird es dem<br />

Detektiv <strong>Marlowe</strong> gelingen die Fäden zu entwirren? Und welches Geheimnis birgt <strong>Marlowe</strong><br />

selbst?<br />

<strong>Die</strong> Lösung des spannenden Falls finden Sie unter:<br />

http://www.amazon.de/Verstrickung-­‐<strong>Marlowe</strong>s-­‐erster-­‐Fall-­‐die-­‐kriminalisten-­‐ebook/

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