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Fachartikel - Die schlechten Fresser finden (pdf / 1017 KB)

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NUTZTIERE<br />

<strong>Die</strong> <strong>schlechten</strong> <strong>Fresser</strong> <strong>finden</strong><br />

UM MILCHKÜHE KORREKT FÜTTERN ZU KÖNNEN, muss man wissen, wie viel<br />

sie fressen oder wenigstens die Höhe der Futteraufnahme abschätzen. Ein Hilfsmittel<br />

bietet hierzu die Beurteilung der Pansenfüllung. Fütterungsversuche in Iden zeigen, dass<br />

sich Kühe, die später Probleme machen können, schon unmittelbar nach dem Abkalben<br />

erkennen lassen.<br />

Thomas<br />

Engelhard<br />

Für die Vorhersage des Futteraufnahmevermögens<br />

stehen Formeln<br />

zur Verfügung, die auf Daten zum<br />

Tier (Leistung, Lebendmasse, Laktation,<br />

Rasse) und zur Ration (Kraftfutteranteil,<br />

Grobfutterenergie) basieren.<br />

<strong>Die</strong>se funktionieren, um mittlere Futteraufnahmen<br />

für Herden oder Kuhgruppen<br />

zu berechnen oder im Herdenmanagement<br />

zu bewerten.<br />

Erhebliche Schwankungen Untersuchungen<br />

im Stall der Landwirtschaftlichen<br />

Landesanstalt Sachsen-Anhalt<br />

in Iden, Deutschland, zeigen aber<br />

auch sehr deutlich, wie hoch die<br />

Schwankungen der Futteraufnahme im<br />

Laktationsverlauf und tierindividuell<br />

sind. So wurden für einzelne Kühe mit<br />

sehr hohen Milchleistungen Futteraufnahmen<br />

von mehr als 30kg Trockensubstanz<br />

(TS) im Wochenmittel gefunden,<br />

andere fraßen dagegen nur 15kg.<br />

In Startphase besonders wichtig<br />

Variationen zu erkennen und im Fütterungsmanagement<br />

zu berücksichtigen,<br />

ist von enormer Wichtigkeit, insbesondere<br />

für die sensible Phase der ersten<br />

Wochen nach der Kalbung. Dann ist die<br />

Futteraufnahme ohnehin noch sehr eingeschränkt<br />

und die Gefahr gross, dass<br />

Kühe die besonders wenig fressen,<br />

Stoffwechselprobleme bekommen. Andersherum<br />

ist geringer Futterverzehr<br />

auch immer ein Alarmsignal, das auf Erkrankungen<br />

hinweisen kann, die zu behandeln<br />

sind. Es muss also festgestellt<br />

werden, wie hoch die Futteraufnahme<br />

in der Frühlaktation im Durchschnitt ist<br />

und gleichzeitig gilt es, die <strong>schlechten</strong><br />

<strong>Fresser</strong> zu <strong>finden</strong>.<br />

Höhere Nährstoffkonzentration<br />

Wo die Futtermenge nicht ausreicht,<br />

muss besonders auf die Qualität geachtet<br />

werden. So sollte die Zeit, in der die<br />

Kühe eine angepasste Frischmelkerration<br />

oder spezielle Kraftfutter- und Zusatzkomponenten<br />

erhalten, an die tatsächliche<br />

Bedürftigkeit der Tiere<br />

angepasst und bei Bedarf ausgedehnt<br />

werden. Das kann grundsätzlich für eine<br />

Herde gelten, wichtig ist es aber auch,<br />

soweit wie möglich, auf die Futteraufnahmen<br />

von einzelnen Kühen reagieren<br />

zu können. <strong>Die</strong> <strong>schlechten</strong> <strong>Fresser</strong> müssen<br />

gefunden werden!<br />

Bonitur der Pansenfüllung Dafür<br />

bietet sich unter anderem auch die<br />

subjektive Beurteilung der Füllung des<br />

Pansens an (Tabelle). Dazu existiert ein<br />

Beurteilungsschema, in dem die Füllung<br />

der Hungergrube in Boniturnoten beschrieben<br />

wird. Es kann an dieser Stelle<br />

nur sehr vereinfacht dargestellt werden.<br />

<strong>Die</strong> Noten 1 und 2 (Hungergrube sehr<br />

tief oder tief eingefallen) zeigen schlechte<br />

Futteraufnahmen an. <strong>Die</strong> Note 3 (nur<br />

leicht eingewölbt) ist Ausdruck einer<br />

guten Futteraufnahme mit hoher Passagerate<br />

bei leistungsstarken Kühen. <strong>Die</strong><br />

Noten 4 und 5 (glatt oder leicht aufgewölbt)<br />

sind eher für Altmelker und Trockensteher<br />

typisch.<br />

Tabelle: Bonitur der Pansenfüllung<br />

Note 1 Note 2 Note 3 Note 4<br />

66 11 2011 · UFA-REVUE


NUTZTIERE<br />

Mehr als eine Momentaufnahme<br />

<strong>Die</strong> Pansenfüllung stellt zuerst in einer<br />

Momentaufnahme dar, wie viel Futter<br />

die Kuh im Bauch hat. Im Rahmen von<br />

Fütterungsversuchen in Iden wurde geprüft,<br />

welche Aussagekraft die Bonituren<br />

für längere Abschnitte der Frühlaktation<br />

besitzen. Für die Kühe kam es ein<br />

bis drei Tage nach der Kalbung zur Bonitur<br />

der Hungergrube und später zu einem<br />

Abgleich dieser mit den Futteraufnahmen<br />

in der Frühlaktation. Dabei<br />

zeigte sich, dass man schon unmittelbar<br />

nach der Kalbung mit dieser Kontrolle<br />

relativ gut Tiere erkennen kann, die in<br />

den ersten Wochen nach der Kalbung<br />

schlecht fressen und Probleme machen.<br />

<strong>Die</strong> Grafik stellt die TS-Aufnahmen in<br />

den unterschiedlichen Boniturklassen<br />

und dabei deutliche geringere Messwerte<br />

für die Kühe mit den Noten 2 und<br />

1 dar.<br />

Stoffwechselwerte <strong>Die</strong> in Iden<br />

gemessenen Stoffwechselwerte passen<br />

zu diesem Bild. Während die Ketonkörpergehalte<br />

im Blut nach Vergabe der<br />

Noten 2 und 1 in der zweiten Woche<br />

nach der Kalbung viel zu hoch waren<br />

(1.553 Mikromol Betahydroxybutyrat<br />

pro Literl) und Ketose anzeigten, lagen<br />

die Kühe mit der besseren Bonitur bei<br />

990 Mikromol pro Liter und damit noch<br />

knapp unter 1000 Mikromol, dem von<br />

vielen Tierärzten verwendeten Grenzwert.<br />

Für weitere Boniturtermine bis zur<br />

fünften Laktationswoche ergaben sich<br />

ebensolche aussagekräftigen Zusammenhänge.<br />

Einzeltiere oder ganze Herde?<br />

<strong>Die</strong>se Ergebnisse zeigen, dass man mit<br />

genauen Beobachtungen und Bewertungen<br />

der Füllung der Hungergrube die<br />

oft stark variierende Futteraufnahme<br />

von Milchkühen recht gut einschätzen<br />

und im Fütterungsmanagement darauf<br />

reagieren kann. Sind es Einzeltiere, die<br />

mit zu knapper Pansenfüllung auffallen,<br />

muss man sie genauer Untersuchungen<br />

(Fieber messen, Ketoseschnelltest in<br />

Milch oder Harn) und bei Bedarf auch<br />

behandeln. Fallen zu viele und immer<br />

mehr frischmelkende Kühe auf, heisst<br />

das, dass das Fütterungsmanagement<br />

und die Rationszusammensetzung überprüft<br />

und nach Möglichkeit optimiert<br />

werden müssen.<br />

Grafik: Pansenfüllung und Trockensubstanzaufnahme<br />

24<br />

kg Trockensubstanz je Tier und Tag<br />

22<br />

10<br />

18<br />

16<br />

Boniturnote:<br />

1 und 2<br />

3 und 4<br />

2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14<br />

Laktationswoche<br />

Fazit Wie viel eine Kuh frisst, ist bei<br />

Frischmelkern und anfangs Laktation<br />

entscheidender denn je für das Management.<br />

Denn viele gesundheitliche Störungen<br />

haben ihren Ursprung rund ums<br />

Abkalben. <strong>Die</strong> Bonitur der Pansenfüllung<br />

erlaubt es, schlechte <strong>Fresser</strong> frühzeitig<br />

zu identifizieren und Stoffwechselstörungen<br />

durch die Verabreichung<br />

einer Ration mit höherer Nährstoffkonzentration<br />

zu vermeiden. <br />

Je nach Verzehr<br />

ist eine andere<br />

Rationszusammensetzung<br />

passend.<br />

Autor Thomas Engel -<br />

hard, Leiter Milchviehhaltung<br />

und –zucht am<br />

Zentrum für Tierhaltung<br />

und Technik, Landesanstalt<br />

Sachsen-Anhalt,<br />

39606 Iden.<br />

www.sachsen-anhalt.de<br />

INFOBOX<br />

www.ufarevue.ch 11 · 11<br />

UFA-REVUE · 11 2011 67

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