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25. März 2012 - Die Evangelisch-altreformierte Kirche in ...

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ORGAN FÜR DIE EVANGELISCH-ALTREFORMIERTE KIRCHE IN NIEDERSACHSEN<br />

Nr. 6, 122. Jahrgang Sonntag, <strong>25.</strong> <strong>März</strong> <strong>2012</strong> 3836. Folge.<br />

»Mich dürstet«<br />

Gedanken zum 63. Psalm und zu e<strong>in</strong>em der Kreuzesworte Jesu<br />

E<strong>in</strong>samer Wanderer <strong>in</strong> der Wüste<br />

Quelle: Julian Nietzsche, pixelio.de<br />

Wissen Sie was Durst ist? Ich me<strong>in</strong>e damit nicht die vielleicht<br />

unbehaglichen Momente etwa nach e<strong>in</strong>er sportlichen<br />

Betätigung, bevor man das erste ersehnte Glas<br />

Wasser tr<strong>in</strong>ken kann. Sondern ich me<strong>in</strong>e richtig Durst haben:<br />

wenn man den ganzen Tag lang nichts oder nur wenig<br />

tr<strong>in</strong>ken kann, so wie <strong>in</strong> der Wüste. Zugegeben, diese<br />

Erfahrung kennen die meisten Menschen <strong>in</strong> unseren Breitengraden<br />

nicht.<br />

Durst ist <strong>in</strong> der Bibel e<strong>in</strong> vielschichtiges Wort: E<strong>in</strong><br />

Mensch kann dürsten nach dem lebendigen Gott, so wie<br />

»der Hirsch nach dem frischen<br />

Wasser«. (Ps. 42)<br />

<strong>Die</strong> Samariter<strong>in</strong> am Jakobsbrunnen<br />

(Joh. 4) hat<br />

Durst nach dem Wasser<br />

des Lebens. Und <strong>in</strong> der<br />

Bergpredigt preist Jesus jene<br />

selig, die »dürsten nach<br />

der Gerechtigkeit«. (Mt. 5)<br />

Durst, das bedeutet<br />

Wüste, ermatten <strong>in</strong> der<br />

Hitze des Tages, verlangen<br />

nach Leben – so wie im<br />

63. Psalm. Ohne Wasser<br />

hält e<strong>in</strong> Mensch es nicht<br />

lange aus – und eigentlich<br />

auch nicht ohne Gott! David<br />

betet die Worte von<br />

Psalm 63 <strong>in</strong> der Wüste,<br />

»aus trockenem, dürrem<br />

Land, wo ke<strong>in</strong> Wasser ist«.<br />

E<strong>in</strong> Mensch kann se<strong>in</strong> Leben <strong>in</strong> manchen Situationen als<br />

e<strong>in</strong>e Wüste erfahren, trocken und kahl. David hat das öfter<br />

so erlebt und wir vielleicht auch, ohne <strong>in</strong> der Wüste<br />

zu se<strong>in</strong>, aber doch die Erfahrung e<strong>in</strong>er solchen zu machen.<br />

»Mich dürstet.« Wonach? Durst nach Wasser – aber das<br />

Wasser kann symbolisch auch für etwas anderes stehen.<br />

Durst nach Akzeptanz zum Beispiel, nach Liebe, nach<br />

Mitmenschlichkeit, nach Trost, nach Verständnis, nach<br />

… Gott. <strong>Die</strong> Art und Weise wie David im 63. Psalm über<br />

se<strong>in</strong>en Lebensdurst spricht, macht deutlich, dass er davon<br />

ergriffen ist. Davon hat er nicht e<strong>in</strong> wenig Durst, ne<strong>in</strong>, er<br />

IST ganz und gar durstig, mit allen Fasern se<strong>in</strong>es Lebens.<br />

Fast wie von selbst gehen me<strong>in</strong>e Gedanken von diesem<br />

Psalm zu Jesus, der am Kreuz hängt. Jesus <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Wüste,<br />

auf Golgotha. Das lag zwar nicht <strong>in</strong> der Wüste, doch<br />

Jesus hat diesen Ort als e<strong>in</strong>e solche erfahren. Dürres Land<br />

ohne Wasser, ohne Leben. »Mich dürstet«, ruft Jesus vom<br />

Kreuz herab. (Joh. 19, 28) Und dabei geht es ihm nicht alle<strong>in</strong><br />

um den Schluck Wasser oder sauren We<strong>in</strong>, den man<br />

ihm dann angeboten hat. Ne<strong>in</strong>, der Evangelist Johannes<br />

legt aus, dass Jesus dies sagt, »damit die Schrift <strong>in</strong> Erfüllung<br />

g<strong>in</strong>ge«. Und me<strong>in</strong>t damit: Jesus verlangt mit se<strong>in</strong>em<br />

letzten Atem nach Gott. So wie David <strong>in</strong> der Wüste. Es ist<br />

e<strong>in</strong> Schmachten nach Befreiung, nach Erlösung – und damit<br />

e<strong>in</strong> Verlangen nach<br />

Gott, den Jesus <strong>in</strong> dieser<br />

Stunde wohl nicht begreift.<br />

Warum muss dies<br />

alles so geschehen? Wozu<br />

dieses quälende Leiden?<br />

Jesus spricht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />

letzten Lebensstunden am<br />

Kreuz Worte aus der<br />

Schrift, Worte aus den<br />

Psalmen, dem »Gebetbuch<br />

der Bibel« (so D. Bonhoeffer).<br />

Er ruft und verlangt<br />

damit nach se<strong>in</strong>em Vater<br />

im Himmel, bittet um Erbarmen<br />

und um Erlösung.<br />

Mit den Kreuzesworten Jesu<br />

wird se<strong>in</strong> Leben und<br />

Sterben zusammengefasst.<br />

Er trägt die Zitate aus den<br />

Psalmen mit ans Kreuz –<br />

und sie tragen ihn. Sie verschweigen nicht se<strong>in</strong>e Angst<br />

und Ohnmacht, sie kleistern den Schmerz nicht zu. Und<br />

doch bleibt Jesus so auch am Kreuz umschlossen und getragen<br />

von Gottes Händen. Wie tief er auch fällt – wie tief<br />

wir manches Mal auch fallen können –, letztendlich fallen<br />

wir nicht aus Gottes Händen. Dar<strong>in</strong> liegt auch die Kraft<br />

vieler Psalmen und Gesänge: dass sie vor Gott unsere Not<br />

nicht verschweigen, aber uns doch auch immer wieder e<strong>in</strong><br />

Stück Geborgenheit und Gewissheit des Glaubens geben.<br />

»Mich dürstet!«, ruft Jesus vom Kreuz herab. Er, der <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Leben so vielen Menschen zu tr<strong>in</strong>ken gab. Indem<br />

er diesen Weg durch Kreuz, Leiden und Tod für uns gegangen<br />

ist, wurde er für uns zum »Wasser des Lebens«,<br />

damit wir nie wieder Durst haben müssen.<br />

Jan F. Fischer, Emmen/NL


I M S T R O M D E R Z E I T<br />

<strong>Die</strong> richtige Urlaubsplanung,<br />

Themen für den <strong>Kirche</strong>ntag 2013 <strong>in</strong> Hamburg,<br />

Opfern der Dreifachkatastrophe <strong>in</strong> Japan<br />

Zukunft ermöglichen<br />

Auf der Tourismus-Messe vom 6. bis 10. <strong>März</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> sprechen sich leitende <strong>Kirche</strong>nverantwortliche<br />

und Politiker für e<strong>in</strong>e nachhaltige Urlaubsplanung aus. <strong>Die</strong><br />

Themen für den kommenden <strong>Evangelisch</strong>en <strong>Kirche</strong>ntag 2013 <strong>in</strong> Hamburg lassen<br />

aufgrund der Breite wiederum auf e<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressantes und bereicherndes Glaubens -<br />

ereignis und -fest hoffen. E<strong>in</strong> Jahr nach der Dreifachkatastrophe <strong>in</strong> Japan laufen<br />

die Wiederaufbaumaßnahmen – unterstützt u.a. von der weltweiten <strong>Kirche</strong> – auf<br />

Hochtouren, um den betroffenen Menschen Hoffnung zu schenken.<br />

<strong>Kirche</strong>n werben auf<br />

Tourismus-Messe für<br />

verantwortungsvolles Reisen<br />

Der Ratsvorsitzende der <strong>Evangelisch</strong>en<br />

<strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Deutschland (EKD), Nikolaus<br />

Schneider, hat auf der Internationalen<br />

Tourismusbörse <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> für verantwortungsvolles<br />

Reisen geworben. Dazu gehöre<br />

»Respekt vor den Menschen vor Ort<br />

und deren Kultur«, sagte Schneider beim<br />

<strong>Kirche</strong>nforum auf der Tourismusmesse,<br />

das unter dem Motto »Reif fürs Paradies«<br />

stand.<br />

E<strong>in</strong>heimische Angestellte dürften <strong>in</strong><br />

den Reiseländern »nicht als verlängerte<br />

Putzlumpen« behandelt werden. Dabei<br />

betonte Schneider, es sei positiv, dass die<br />

Reisebranche vielen Menschen bezahlbaren<br />

Urlaub ermögliche. Nach den Worten<br />

des Theologen kann e<strong>in</strong> Urlaub nicht das<br />

Paradies ersetzen, aber zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>en<br />

Vorgeschmack darauf geben. Urlaub biete<br />

Freiräume und Möglichkeiten, »Zeit so<br />

zu gestalten, dass es e<strong>in</strong>em gut geht«.<br />

Der stellvertretende Vorsitzende der<br />

katholischen Bischofskonferenz, der Hildesheimer<br />

Bischof Norbert Trelle, sagte,<br />

Tourismus könne helfen, den Blick für die<br />

Probleme <strong>in</strong> den Reiseländern zu schärfen,<br />

die etwa E<strong>in</strong>heimische zur Auswanderung<br />

nach Europa zw<strong>in</strong>gen können. Er<br />

sprach sich wie Schneider für e<strong>in</strong>e ökologisch<br />

nachhaltige Form des Reisens aus.<br />

Auch der Menschenrechtsbeauftragte<br />

der Bundesregierung, Markus Lön<strong>in</strong>g,<br />

warb auf e<strong>in</strong>er Veranstaltung zu Menschenrechten<br />

und Tourismus für verantwortungsvolles<br />

Handeln der Urlauber. Bei<br />

den Vorbereitungen könnten sie sich beispielsweise<br />

über die Lage <strong>in</strong> ihrem Reiseland<br />

erkundigen: »Man darf sich nicht<br />

missbrauchen lassen.« Dabei befürwortete<br />

der Beauftragte auch Reisen nach<br />

Ägypten: »Tourismus hilft, Menschen aus<br />

der Armut zu br<strong>in</strong>gen«, sagte Lön<strong>in</strong>g.<br />

H<strong>in</strong>tergrund ist die Forderung nach e<strong>in</strong>em<br />

»Diktatur-Stempel« für bestimmte<br />

Reiseländer, wie sie der Vorsitzende des<br />

Bundestagsausschusses für Tourismus,<br />

Klaus Brähmig (CDU), erhoben hatte.<br />

Reiseveranstalter sollten nach Ansicht<br />

des CDU-Abgeordneten <strong>in</strong> ihren Katalogen<br />

genau »kennzeichnen, ob es sich bei<br />

dem jeweiligen Land um e<strong>in</strong>e Diktatur<br />

handelt oder nicht«.<br />

Themen für Hamburger<br />

<strong>Kirche</strong>ntag festgelegt<br />

<strong>Die</strong> Themen für den <strong>Kirche</strong>ntag 2013 <strong>in</strong><br />

Hamburg stehen fest. Unter der bib -<br />

lischen Losung »Soviel du brauchst«<br />

(2. Mose 16, 18) soll es um die Stichworte<br />

Umwelt und Wandel, Interreligiöser<br />

Dialog, Politik und Gesellschaft gehen,<br />

teilte das Präsidium des 34. Deutschen<br />

<strong>Evangelisch</strong>en <strong>Kirche</strong>ntages <strong>in</strong><br />

Fulda mit. Weitere Themenfelder seien<br />

die <strong>in</strong>ternationale Politik, Theologie und<br />

Spiritualität, <strong>Kirche</strong> und Geme<strong>in</strong>de sowie<br />

die Kultur.<br />

E<strong>in</strong> Schwerpunkt werde das Zusam -<br />

menleben der Menschen aus verschiedenen<br />

Religionen und Kulturen se<strong>in</strong>, sagte<br />

Generalsekretär<strong>in</strong> Ellen Ueberschär. »In<br />

der weltoffenen Stadt Hamburg planen<br />

wir Begegnungen auf Augenhöhe und<br />

Debatten über e<strong>in</strong>e Gesellschaft <strong>in</strong> Vielfalt.«<br />

E<strong>in</strong> weiterer Schwerpunkt werde<br />

nach der Stadt der Zukunft fragen. <strong>Die</strong>s<br />

betreffe Architektur, Verkehr und Wohnen<br />

ebenso wie die Frage nach den<br />

Randsiedlern der Gesellschaft.<br />

E<strong>in</strong> Jahr nach Fukushima:<br />

Hilfe beim Wiederaufbau<br />

nach Dreifachkatastrophe<br />

<strong>in</strong> Japan: Opfern den<br />

Neuanfang ermöglichen<br />

<strong>Die</strong> Folgen der Atomkatastrophe <strong>in</strong> Japan<br />

s<strong>in</strong>d nach E<strong>in</strong>schätzung der Diakonie<br />

Katastrophenhilfe auch e<strong>in</strong> Jahr<br />

nach der durch e<strong>in</strong> Erdbeben und e<strong>in</strong>en<br />

Tsunami ausgelösten Zerstörung<br />

der Kraftwerksblöcke <strong>in</strong> Fukushima<br />

nicht absehbar. Während die japanischen<br />

Partner des evangelischen Hilfswerks<br />

nach der Dreifachkatastrophe<br />

zunächst alle Kräfte mobilisierten, um<br />

Überlebende mit Hilfsgütern zu versorgen,<br />

gilt es jetzt, die längerfristigen<br />

Folgen zu bewältigen. Neben dem<br />

Wiederaufbau stehen soziale Projekte,<br />

die den Opfern den Neuanfang ermöglichen,<br />

im Zentrum. <strong>Die</strong> Diakonie<br />

Katastrophenhilfe hat bislang rund<br />

2,3 Millionen Euro für Japan bereitgestellt.<br />

»Mit unseren Partnerorganisationen<br />

wollen wir für die Opfer der Dreifachkatastrophe<br />

e<strong>in</strong>e Brücke <strong>in</strong> die Zukunft<br />

bauen«, sagt der Leiter der Programmabteilung<br />

der Diakonie Katastrophenhilfe,<br />

Mart<strong>in</strong> Kessler. Das<br />

schwere Erdbeben und der Tsunami<br />

haben an der Ostküste Japans riesige<br />

Schäden angerichtet. Rund 19 000<br />

Menschen verloren ihr Leben. <strong>Die</strong><br />

Atomkatastrophe <strong>in</strong> Fukushima hat e<strong>in</strong>en<br />

weltweiten Schock ausgelöst.<br />

Unterstützt von der Diakonie Katastrophenhilfe<br />

haben die japanischen<br />

Partner wie der nationale <strong>Kirche</strong>nrat<br />

und die lutherischen <strong>Kirche</strong>n Hunderte<br />

von Freiwilligen organisiert. Außerdem<br />

haben sie Menschen, die aus verstrahlten<br />

Gebieten fliehen mussten,<br />

mit Wasser, Lebensmitteln, Kleidung<br />

und Decken unterstützt und <strong>in</strong> Notunterkünften<br />

betreut und so geholfen,<br />

die psychischen und sozialen Folgen<br />

der akuten Katastrophe zu bewältigen.<br />

<strong>Die</strong> Diakonie Katastrophenhilfe ermöglicht<br />

jetzt den Menschen, die längerfristigen<br />

Folgen zu überw<strong>in</strong>den. Sie<br />

hat mit ihren Partnern zum Beispiel<br />

über 200 Schulen und öffentliche E<strong>in</strong>richtungen<br />

mit Geigerzählern ausgestattet,<br />

um die Betroffenen besser vor<br />

radioaktiven Gefahren zu schützen.<br />

In e<strong>in</strong>em weiteren Projekt unterstützt<br />

das evangelische Hilfswerk mit<br />

Mitteln der »Deutsche Bank Stiftung«<br />

den Wiederaufbau des Asian Rural Institute<br />

(ARI) <strong>in</strong> Nordjapan. Das Landwirtschaftszentrum,<br />

das von Erdbeben<br />

und Tsunami <strong>in</strong> besonderem Maße<br />

betroffen wurde, übernimmt die Ausbildung<br />

von Fachkräften aus asiatischen<br />

Entwicklungs- und Schwellenländern.<br />

Zusammenstellung:<br />

Gerold Klompmaker, Bad Bentheim<br />

Seite 46


450 Jahre Niederländisches<br />

Glaubensbekenntnis<br />

Das vergessene Jubiläum<br />

Ziemlich geräuschlos und von vielen unbemerkt ist Anfang November<br />

2011 e<strong>in</strong> 450-jähriges Jubiläum vorbeigegangen. Kaum jemand hat darüber<br />

geschrieben oder dabei still gestanden. Tammo Oldenhuis hat das Ereignis<br />

im Grenzboten vom 14. August 2011 angekündigt. Ich habe <strong>in</strong> der<br />

Andacht vor der <strong>altreformierte</strong>n Synode im November 2011 <strong>in</strong> Veldhausen<br />

daran er<strong>in</strong>nert. »Schreib mal e<strong>in</strong>en Artikel darüber«, hieß es dort.<br />

In der Nacht vom 1. auf den 2. November<br />

1561 warf Guido de Brès (auch<br />

Guido von Brays) oder e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er<br />

Helfer e<strong>in</strong> von ihm verfasstes Bekenntnis<br />

für se<strong>in</strong>en König Philipp II. von<br />

Spanien über die Mauer von dessen Zitadelle<br />

<strong>in</strong> Tournai (= Schloss von Doornik).<br />

Wir nennen es heute das Niederländische<br />

Glaubensbekenntnis (NGB).<br />

Es f<strong>in</strong>det sich im <strong>altreformierte</strong>n Geme<strong>in</strong>debuch<br />

oder auch im Internet. Es<br />

ist französisch geschrieben, die älteste<br />

niederländische Ausgabe stammt von<br />

1562. Es wurde u.a. übersetzt <strong>in</strong> Englisch,<br />

Deutsch, Late<strong>in</strong>, Griechisch und<br />

Russisch. Schon 1650 gab es e<strong>in</strong>e ungarische<br />

Ausgabe. Leider kann ich<br />

nicht feststellen, wie viele Übersetzungen<br />

weltweit <strong>in</strong>sgesamt vorliegen.<br />

Philipp II.<br />

König Philipp II. (1527–1598) regierte<br />

seit 1556 <strong>in</strong> Westeuropa. Er war viermal<br />

verheiratet, unter anderem mit<br />

Maria I., König<strong>in</strong> von England, genannt<br />

»bloody Mary«, blut(rünstige)<br />

Mary. Er war König über Spanien, Portugal,<br />

Mailand, Luxemburg, Frankreich,<br />

die Niederlande und amerikanische<br />

Kolonien. <strong>Die</strong> Verfolgung der reformierten<br />

Christen f<strong>in</strong>anzierte er unter<br />

anderem mit den Erträgen aus den<br />

Kolonien. E<strong>in</strong>e Spur von Blut und Tränen<br />

begleitet se<strong>in</strong>e Herrschaft. Zehntausende<br />

wurden umgebracht.<br />

Bis zur Zeit des Westfälischen Friedens<br />

im Jahre 1648 waren die Reformierten<br />

ke<strong>in</strong>e anerkannte <strong>Kirche</strong> und<br />

sie galten weith<strong>in</strong> als vogelfrei. Immer<br />

wieder versuchten die katholischen<br />

Spanier die reformierten Länder<br />

<strong>in</strong> den alten Glauben zurückzuzw<strong>in</strong>gen.<br />

In Frankreich fand die Verfolgung<br />

erst nach 1787 mit dem Toleranzedikt<br />

von Ludwig XVI. e<strong>in</strong> Ende.<br />

und nagelfest war – und verbrannten,<br />

was sie zurückließen.<br />

<strong>Die</strong> gesamten E<strong>in</strong>wohner der nördlichen<br />

Niederlande wurden <strong>in</strong> dieser<br />

Zeit als Häretiker, als Ketzer verurteilt.<br />

Alle müssten für diesen Abfall ihr Leben<br />

lassen, hieß es.<br />

Im Jahr 1581 erklärte sich dann die<br />

Republik der sieben vere<strong>in</strong>igten (nördlichen)<br />

Niederlande für unabhängig<br />

vom spanischen König. Sieben Jahre<br />

später trat der Graf von Bentheim mit<br />

se<strong>in</strong>er Grafschaft zum reformierten<br />

Glauben über. Seit 1544 waren der<br />

Graf und se<strong>in</strong>e Grafschaft schon dem<br />

lutherischen Glauben zugetan.<br />

Begleitbrief und Vorwort<br />

Im Begleitbrief des NGB schrieb de<br />

Brès, er spreche im Namen der Mehrheit<br />

der Bevölkerung von Tournai<br />

(Doornik), 15 Kilometer östlich von<br />

Lille, und von mehr als 100 000 Menschen<br />

<strong>in</strong> den Niederlanden. Der König<br />

solle die Verfolgung der reformierten<br />

Christen abbrechen, sie seien<br />

ke<strong>in</strong>e Revolutionäre und ke<strong>in</strong>e Staatsfe<strong>in</strong>de,<br />

ganz im Gegenteil. Es hat ihm<br />

und se<strong>in</strong>en Mitchristen, die dem re-<br />

Niederlande und Grafschaft<br />

Wiederholt plünderten und durchstreiften<br />

die Spanier <strong>in</strong> diesen Jahrzehnten<br />

von den Niederlanden aus<br />

auch die Grafschaft Bentheim. Sie<br />

nahmen oft alles mit, was nicht nietformierten<br />

Bekenntnis zugetan waren,<br />

nichts genützt.<br />

Leben des Guido de Brès<br />

Guido de Brès ist im Alter von 45 Jahren<br />

am 31. Mai 1567 für dieses Bekenntnis<br />

<strong>in</strong> Valenciennes gehängt<br />

worden.<br />

Geboren wurde er aus katholischen<br />

Eltern. Guido de Brès kam <strong>in</strong> Mons<br />

zur Welt, <strong>in</strong> der Hauptstadt der südlichsten<br />

belgischen Prov<strong>in</strong>z, fünf Jahre,<br />

nachdem Mart<strong>in</strong> Luther 1517 se<strong>in</strong>e<br />

Thesen an die Schlosskirche <strong>in</strong><br />

Wittenberg geschlagen hatte. Als<br />

Glasmaler musste de Brès für se<strong>in</strong>e<br />

Arbeit die Bibel lesen. (E. Busch<br />

nennt ihn e<strong>in</strong>en »zunächst … römisch-katholischen<br />

Händler«.) Er trat<br />

zum reformierten Glauben über und<br />

wurde Pastor.<br />

Fast zwanzig Jahre bevor er gehängt<br />

wurde, war er 1548, mit 26 Jahren,<br />

schon e<strong>in</strong>mal nach England geflohen,<br />

um der Verfolgung zu entgehen.<br />

Vier Jahre später, 1552 war er nach<br />

Lüttich und Gent zurückgekehrt, später<br />

hat er <strong>in</strong> Tournai und <strong>in</strong> Valenciennes<br />

gepredigt und unter falschem<br />

Namen dort gelebt.<br />

1556 verschärfte der katholische<br />

spanische König Philipp II. die Verfolgung<br />

der Protestanten. Viele Hugenotten,<br />

das s<strong>in</strong>d reformierte Franzosen,<br />

verloren ihr Leben. De Brès g<strong>in</strong>g<br />

nach Lausanne <strong>in</strong> die Schweiz, um<br />

bei Theodore Beza se<strong>in</strong>e Kenntnisse<br />

<strong>in</strong> Hebräisch und Griechisch zu verbessern.<br />

De Brès gehörte zur Untergrundkirche.<br />

Im Jahre 1559 heiratete er. In<br />

<strong>Die</strong> Zeichnung soll Guido de Brès im Gefängnis darstellen<br />

Seite 47


dem Jahr f<strong>in</strong>g er auch an, das Bekenntnis<br />

zu verfassen.<br />

Ende September 1561 erwarteten<br />

die Reformierten größere Freiheit. Etwa<br />

500 Personen zogen durch die<br />

Straßen von Doornik und sangen<br />

lauthals Psalmen. Viele kamen <strong>in</strong>s<br />

Gefängnis, die Demonstrationen wurden<br />

verboten. De Brès lebte unter falschem<br />

Namen <strong>in</strong> der Stadt.<br />

Als sich die Stadt Valenciennes im<br />

<strong>März</strong> 1567 den königlichen Truppen<br />

ergab, war das Schicksal ihres Predigers<br />

Guido de Brès besiegelt. Er wurde<br />

gefangen genommen und zwei Monate<br />

später, am 31. Mai 1567, gehängt.<br />

Titelseite erste Ausgabe<br />

Der erste Druck des NGB erfolgte<br />

1561 <strong>in</strong> Rouen <strong>in</strong> französischer Spranen<br />

gegen Irrtümer <strong>in</strong> den eigenen<br />

Reihen. Es gibt auch Ausgaben, <strong>in</strong> denen<br />

diese Irrtümer unter den e<strong>in</strong>zelnen<br />

Artikeln des NGB später eigens<br />

angegeben s<strong>in</strong>d.<br />

Ke<strong>in</strong> Vergleich<br />

mit dem Heidelberger<br />

Für mich ist auffällig, wie <strong>in</strong> allen alt -<br />

reformierten Ausgaben des NGB<br />

(1908, 1936, 1951, 1977 und 2006)<br />

und auch <strong>in</strong> den niederländischen<br />

Ausgaben dieser Jahre – die Verweise<br />

auf die Bibelstellen, anders als beim<br />

Heidelberger Katechismus, völlig<br />

weggefallen s<strong>in</strong>d. Es blieb nur der<br />

Text alle<strong>in</strong> übrig.<br />

che. In der Mitte des Titelblattes ist<br />

e<strong>in</strong> Medaillon zu sehen. E<strong>in</strong> Mann<br />

steht vor e<strong>in</strong>er Häuserreihe, rechts<br />

oben über ihm steht der Gottesname,<br />

das Tetragramm, die vier Buchstaben,<br />

JHV – oder JHW – für Jahwe oder Jehovah.<br />

Auf dem Rand dieses Medaillons<br />

steht auf late<strong>in</strong>isch Psalm 102, 27: Sie<br />

werden vergehen, du aber bleibst.<br />

(Das bezieht sich im Psalm auf den<br />

Himmel und auf die Erde, nicht auf<br />

die Ungläubigen.) Darunter f<strong>in</strong>det<br />

sich <strong>in</strong> französischer Sprache das<br />

Wort aus 1. Petr. 3, 15: »Seid allezeit<br />

bereit zur Verantwortung gegenüber<br />

jedem, der Rechenschaft von euch<br />

fordert von der Hoffnung, die <strong>in</strong> euch<br />

ist.« <strong>Die</strong>ses Wort war für de Brès so<br />

bedeutsam, dass er es mit auf die Titelseite<br />

drucken ließ. Er war bereit,<br />

se<strong>in</strong>e Hoffnung zu verantworten. Er<br />

hat mit se<strong>in</strong>em Bekenntnis auf die<br />

Fragen se<strong>in</strong>er Zeit geantwortet – und<br />

für viele Jahrhunderte für viele Christen<br />

gesprochen. Spricht er auch noch<br />

für uns und zu uns?<br />

<strong>Die</strong> Orte Tournai und Valenciennes (rechts, östlich von Lille)<br />

Erst nach außen,<br />

dann nach <strong>in</strong>nen<br />

Eberhard Busch schreibt <strong>in</strong> der neuen,<br />

<strong>in</strong>zwischen fünfbändigen wissenschaftlichen<br />

Ausgabe »Reformierte Bekenntnisschriften«,<br />

Bd. 2/1 im Jahr 2009:<br />

Auffällig ist die starke Verwendung<br />

von Bibelzitaten <strong>in</strong> diesem Bekenntnis.<br />

»Der Rand ist weith<strong>in</strong> gefüllt mit<br />

H<strong>in</strong>weisen auf Schriftstellen und im<br />

Text wird vielfach aus der Bibel zitiert<br />

… Bei der Synode 1566 <strong>in</strong> Antwerpen<br />

erlangte der etwas gekürzte<br />

Text gleichsam das Gütesiegel kirchlicher<br />

Anerkennung. Von der Synode<br />

<strong>in</strong> Dordrecht 1618 wurde der Text<br />

noch e<strong>in</strong>mal gründlich bearbeitet…<br />

Neu bei der Dordrechter Fassung ist<br />

vor allem, dass das Bekenntnis hier<br />

e<strong>in</strong>e neue Funktion bekommt.«<br />

Pochte der Text ursprünglich auf<br />

das biblisch bezeugte Evangelium e<strong>in</strong>er<br />

verfolgten <strong>Kirche</strong> – also nach außen<br />

– wandte er sich 1618 nach <strong>in</strong>-<br />

Während der Heidelberger für die<br />

Geme<strong>in</strong>de übersichtlich, kurz und<br />

verständlich geschrieben ist, umfassen<br />

manche Artikel des NGB gleich<br />

mehrere Seiten im Buch.<br />

Calv<strong>in</strong> und das NGB<br />

Calv<strong>in</strong> hat dieses Bekenntnis schon<br />

1559 gelesen und ihm zugestimmt.<br />

Man sagt, er habe geraten, nicht<br />

noch e<strong>in</strong> weiteres reformiertes Bekenntnis<br />

zu veröffentlichen. De Brès<br />

hat ältere Bekenntnisse auch von Calv<strong>in</strong><br />

als Vorlage benutzt.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs war Calv<strong>in</strong> explizit der<br />

Me<strong>in</strong>ung, die sich heute überall durchgesetzt<br />

hat: Der Brief an die Hebräer<br />

ist, anders als de Brès es schreibt, ke<strong>in</strong><br />

Paulusbrief. (Auch <strong>in</strong> diesem Punkt könnte<br />

das Bekenntnis revidiert werden. gjb)<br />

Felsenfeste Gewissheit<br />

De Brès schreibt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em se<strong>in</strong>er letzten<br />

Briefe am 19. Mai 1567 an se<strong>in</strong>e<br />

Frau so etwas wie se<strong>in</strong> Testament:<br />

»Ich gehe h<strong>in</strong> auf dem schmalen und<br />

schweren Weg, der zum Leben führt.<br />

Ich gehe den Weg, den alle Propheten<br />

und Apostel gegangen s<strong>in</strong>d, ja sogar<br />

Gottes eigener Sohn, unser Herr Jesus<br />

Christus, und viele Tausende Märtyrer,<br />

die ihr Blut vergossen haben für<br />

das Zeugnis des Evangeliums. <strong>Die</strong>s ist<br />

der Weg, von dem Christus gesprochen<br />

hat, als er sagte: ›Geht e<strong>in</strong> durch<br />

die enge Pforte, denn (ich sage euch),<br />

viele werden trachten, e<strong>in</strong>zugehen,<br />

und werden es nicht können.‹ <strong>Die</strong>s ist<br />

der sehr schmale Weg, von dem Esra<br />

spricht (…). Er führt jedoch zur Stadt,<br />

die voll der Güter ist, das heißt zum<br />

glückseligen Leben, wo die K<strong>in</strong>der<br />

Gottes ke<strong>in</strong>en Mangel leiden werden.«<br />

Gerrit Jan Beuker, Laar<br />

<strong>Die</strong><br />

Titelseite vom<br />

ersten Druck<br />

von 1551<br />

Seite 48


»Christlich-jüdisches Verhältnis ist belastbar«<br />

Fragen an den EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider<br />

Der Ratsvorsitzende der <strong>Evangelisch</strong>en<br />

<strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Deutschland (EKD),<br />

Nikolaus Schneider, hat die Beziehung<br />

zwischen Christentum und<br />

Judentum als belastbar bezeichnet.<br />

Nach der NS-Zeit hätten die evangelischen<br />

Christen das christlich-jüdische<br />

Verhältnis neu bestimmt.<br />

<strong>Die</strong>sen neuen theologischen Ansatz,<br />

der auch e<strong>in</strong>e Absage an Judenmission<br />

e<strong>in</strong>schließt, habe die<br />

jüdische Seite mit ihrer Gesprächsbereitschaft<br />

ermöglicht, er<strong>in</strong>nerte<br />

Schneider: »Heute ist das Wissen<br />

um unsere bleibenden Wurzeln im<br />

Judentum fester Bestandteil evangelischer<br />

Theologie.«<br />

Verb<strong>in</strong>dende Geme<strong>in</strong>samkeiten könnten<br />

betont werden, ohne Trennendes<br />

zu ignorieren, sagte Schneider. <strong>Die</strong>ses<br />

christlich-jüdische Grundvertrauen<br />

müs se allerd<strong>in</strong>gs gepflegt und gefestigt<br />

werden. Der evangelische Theologe<br />

wurde zum Auftakt der diesjährigen<br />

»Woche der Brüderlichkeit« am<br />

12. <strong>März</strong> <strong>2012</strong> <strong>in</strong> Leipzig mit der »Buber-Rosenzweig-Medaille«<br />

der Gesellschaften<br />

für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit<br />

ausgezeichnet.<br />

?epd: <strong>Die</strong> rhe<strong>in</strong>ische <strong>Kirche</strong> gehört<br />

mit dem Synodalbeschluss von<br />

1980 zum Verhältnis von Christen<br />

und Juden zu den Vorreitern unter<br />

den evangelischen Landeskirchen.<br />

Was ist das Wegweisende an dieser<br />

Erklärung?<br />

Nikolaus Schneider: Im Grunde g<strong>in</strong>g es<br />

um zwei D<strong>in</strong>ge: Erstens um die E<strong>in</strong>sicht,<br />

dass die Bibel von der bleibenden<br />

Erwählung des Volkes Israel<br />

spricht. Und daraus folgt zweitens die<br />

Frage nach unserem Verhältnis zu<br />

diesem Volk Israel und zu den Verheißungen,<br />

die Gott se<strong>in</strong>em Volk gegeben<br />

hat. Darüber sagt der Synodenbeschluss,<br />

dass wir durch Jesus Christus<br />

<strong>in</strong> den Bund Gottes mit se<strong>in</strong>em Volk<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>genommen s<strong>in</strong>d.<br />

Im Mittelpunkt des Synodalbeschlusses<br />

steht daher das Bekenntnis:<br />

»Wir glauben die bleibende Erwählung<br />

des jüdischen Volkes als Volk<br />

Gottes und erkennen, dass die <strong>Kirche</strong><br />

durch Jesus Christus <strong>in</strong> den Bund mit<br />

se<strong>in</strong>em Volk h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>genommen ist.«<br />

Chana Safrai, e<strong>in</strong>e der jüdischen Dialogpartner<br />

hat damals drei Punkte genannt,<br />

die aus ihrer Sicht wegweisend<br />

an diesem Wendepunkt christlicher<br />

Theologie waren: Judese<strong>in</strong> ist aus<br />

Sicht der <strong>Kirche</strong> nicht länger als defi-<br />

Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider<br />

Quelle: ekd.de<br />

zitär abzuqualifizieren. Juden müssen<br />

daher aus Sicht der <strong>Kirche</strong> ke<strong>in</strong>e<br />

Christen mehr werden. Auf dieser Basis<br />

beg<strong>in</strong>nt e<strong>in</strong> neues Vertrauensverhältnis<br />

zu wachsen.<br />

?<br />

epd: Auch unter evangelischen<br />

Christen gibt es Stimmen, die <strong>in</strong>frage<br />

stellen, dass die Gründung des<br />

Staates Israel als jüdischer Staat e<strong>in</strong><br />

Zeichen der Treue Gottes ist. S<strong>in</strong>d<br />

die Beziehungen der evangelischen<br />

<strong>Kirche</strong> zur jüdischen Geme<strong>in</strong>schaft<br />

belastbar?<br />

Schneider: Der Staat Israel ist für uns<br />

e<strong>in</strong> säkularer Staat. <strong>Die</strong> rhe<strong>in</strong>ische<br />

<strong>Kirche</strong> verwendet vor diesem H<strong>in</strong>tergrund<br />

die Bezeichnung »Zeichen der<br />

Treue Gottes« auch kritisch: Wenn<br />

wir die Staatsgründung Israels als e<strong>in</strong><br />

Zeichen <strong>in</strong>terpretieren, widersprechen<br />

wir damit den sogenannten<br />

christlichen Zionisten, die die Staatsgründung<br />

als Anbruch der neuen<br />

Welt Gottes empf<strong>in</strong>den. Geschichte<br />

ist für uns ke<strong>in</strong>e Offenbarung. Dennoch<br />

können wir Geschichte theologisch<br />

<strong>in</strong>terpretieren und dar<strong>in</strong> Gottes<br />

Handeln wahrnehmen. Auch <strong>in</strong>nerhalb<br />

der evangelischen <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong><br />

Deutschland gibt es vielfältige und<br />

durchaus une<strong>in</strong>heitliche Haltungen<br />

zum Staat Israel.<br />

Von der Beziehung zum Staat Israel<br />

ist die zum Judentum noch e<strong>in</strong>mal zu<br />

unterscheiden. <strong>Die</strong> Beziehung zwischen<br />

Christentum und Judentum <strong>in</strong><br />

Deutschland ist belastbar, weil die<br />

evangelischen <strong>Kirche</strong>n nach der NS-<br />

Zeit dieses Verhältnis neu durchdacht<br />

und bestimmt haben. Dabei s<strong>in</strong>d wir<br />

dankbar und froh, dass die jüdische<br />

Seite mit ihrer Gesprächsbereitschaft<br />

uns diesen theologischen Neuansatz<br />

ermöglicht hat.<br />

!<br />

Heute ist das Wissen um unsere<br />

bleibenden Wurzeln im Judentum<br />

fester Bestandteil evangelischer Theologie.<br />

In theologischer Nachbarschaft<br />

gilt es verb<strong>in</strong>dende Geme<strong>in</strong>samkeiten<br />

zu betonen, ohne Trennendes zu<br />

!<br />

ignorieren. E<strong>in</strong> christlich-jüdisches<br />

Grundvertrauen existiert, es muss<br />

aber immer wieder gepflegt und gefestigt<br />

werden.<br />

?<br />

epd: Kritik an der israelischen Politik<br />

ist nach Ihren Worten möglich<br />

und notwendig. Was s<strong>in</strong>d Ihre Kritikpunkte?<br />

Und wo sehen Sie Grenzen<br />

für die Kritik?<br />

Schneider: <strong>Die</strong> Geschichte hat zu e<strong>in</strong>em<br />

säkularen Staat Israel geführt,<br />

und für se<strong>in</strong>e Existenz gibt es e<strong>in</strong>e<br />

völkerrechtlich verb<strong>in</strong>dliche Grundlage.<br />

Ke<strong>in</strong>em säkularen Staat sollte<br />

man kritiklos begegnen – auch Israel<br />

nicht. <strong>Die</strong> Grenzen der Kritik s<strong>in</strong>d erreicht,<br />

wenn das Existenzrecht e<strong>in</strong>es<br />

Staates grundsätzlich <strong>in</strong> Frage gestellt<br />

wird oder im Falle Israels die Kritik<br />

gar <strong>in</strong> antisemitischer Weise erfolgt.<br />

Aber Anlass zur Kritik gibt es durchaus.<br />

Ich denke beispielsweise an den<br />

völkerrechtlich illegalen Siedlungsbau<br />

oder an die Beschneidung von<br />

Menschen- und Bürgerrechten – dies<br />

ist deutlich zu kritisieren, ebenso wie<br />

Terror und Gewalt von paläst<strong>in</strong>ensischer<br />

Seite. Natürlich sehen wir zurzeit<br />

mit großer Sorge die drohende<br />

Kriegsgefahr, die unter anderem von<br />

der Politik des Iran ausgeht. Aber<br />

auch die Haltung der israelischen<br />

!<br />

Regierung<br />

ist nicht unproblematisch.<br />

Ich appelliere an alle Beteiligten, alle<br />

Mittel auszuschöpfen, um e<strong>in</strong>e militärische<br />

Eskalation zu verh<strong>in</strong>dern.<br />

Quelle: ekd.de<br />

Seite 49


vGKN –<br />

oder auch: fröhlich reformiert<br />

Am heutigen Sonntag, <strong>25.</strong> <strong>März</strong> <strong>2012</strong>, werde ich als Pastor der »voortgezette<br />

Gereformeerde Kerk Frieschepalen-Siegerswoude« e<strong>in</strong>geführt. <strong>Die</strong>ses<br />

Ereignis war schon seit Längerem vorhersehbar und darum wurde ich gebeten,<br />

zu erläutern, was für e<strong>in</strong> <strong>Kirche</strong>nverband die voortgezette Gereformeerde<br />

Kerken <strong>in</strong> Nederland (vGKN) ist.<br />

<strong>Die</strong> Ev.-altref. <strong>Kirche</strong> (EAK)<br />

und die niederländischen<br />

<strong>Kirche</strong>n<br />

<strong>Die</strong> EAK gehörte zwischen 1923 und<br />

2004 mit bestimmten Sonderrechten<br />

zu den Gereformeerde Kerken <strong>in</strong> Nederland<br />

(GKN). <strong>Die</strong> GKN beschlossen<br />

im Jahr 2003, mit der Nederlands-Hervormde<br />

Kerk (NHK) und der Ev.-lutherischen<br />

<strong>Kirche</strong> der Niederlande zur<br />

Protestantischen <strong>Kirche</strong> der Nie der -<br />

lande (PKN) zu fusionieren. <strong>Die</strong> EAK<br />

fasste damals den Beschluss, um mit<br />

der PKN e<strong>in</strong>e assoziierte Verb<strong>in</strong>dung<br />

anzugehen und nicht Teil der PKN zu<br />

werden. Aber nicht nur die EAK wollte<br />

nicht <strong>in</strong> der PKN aufgehen.<br />

<strong>Die</strong> Entstehung der vGKN<br />

Auch e<strong>in</strong>ige Ortsgeme<strong>in</strong>den der GKN,<br />

zu der die EAK bis 2003 gehörte,<br />

schlossen sich nicht der PKN an, sondern<br />

beschlossen, die GKN fortzusetzen:<br />

von daher der Name vGKN (»v«<br />

für »fortgesetzte«). <strong>Die</strong> Gründe hierfür<br />

s<strong>in</strong>d vielfältig. E<strong>in</strong> gewichtiger Grund<br />

ist, dass Ortsgeme<strong>in</strong>den <strong>in</strong>nerhalb der<br />

PKN weniger Selbstständigkeit haben<br />

als im <strong>Kirche</strong>nverband der GKN. <strong>Die</strong>s<br />

äußert sich zum Beispiel dar<strong>in</strong>, dass<br />

bei Une<strong>in</strong>igkeit ohne Zustimmung e<strong>in</strong>es<br />

<strong>Kirche</strong>nrates <strong>in</strong> das Leben e<strong>in</strong>er<br />

Ortsgeme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>gegriffen werden<br />

kann h<strong>in</strong>sichtlich der Berufung e<strong>in</strong>es<br />

Pastors, der Güter e<strong>in</strong>er Ortsgeme<strong>in</strong>de<br />

oder der Verpflichtung zur Zusammenarbeit<br />

mit anderen Geme<strong>in</strong>den. E<strong>in</strong><br />

weiterer Grund ist, dass das Ablegen<br />

des öffentlichen Glaubensbekenntnisses<br />

<strong>in</strong> der PKN nicht mehr Voraussetzung<br />

ist, um Stimmrecht <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>deversammlung<br />

zu bekommen<br />

und K<strong>in</strong>der taufen lassen zu können.<br />

<strong>Die</strong> vGKN h<strong>in</strong>gegen möchten, dass die<br />

Mitglieder e<strong>in</strong>er <strong>Kirche</strong> ihren Glauben<br />

öffentlich bekennen. Schließlich wurde<br />

als Grund für e<strong>in</strong>e Fortsetzung der<br />

GKN angegeben, dass Pastoren <strong>in</strong> der<br />

PKN <strong>in</strong> der Praxis leichter von den Bekenntnisschriften<br />

(zum Beispiel das<br />

Apostolikum) abweichen können als<br />

<strong>in</strong> den GKN, da e<strong>in</strong> direktes E<strong>in</strong>greifen<br />

<strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>den durch die <strong>Kirche</strong>nordnung<br />

der PKN erschwert wird. Dadurch<br />

können radikale Ansichten viel<br />

ungeh<strong>in</strong>derter ausgetragen werden,<br />

was auch geschieht, wie weiter unten<br />

deutlich werden wird.<br />

Zahlen zur vGKN<br />

und Vergleich mit der EAK<br />

Heute gehören acht Ortskirchen mit<br />

<strong>in</strong>sgesamt knapp 3000 Mitgliedern zur<br />

vGKN. <strong>Die</strong> Hälfte der Geme<strong>in</strong>den hat<br />

weniger als 150 Mitglieder, drei Geme<strong>in</strong>den<br />

haben zwischen 450 und<br />

600 Mitglieder, und die größte Ortskirche<br />

im friesischen Harkema hat 1100<br />

Mitglieder. Fünf dieser Ortskirchen<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der nördlichen niederländischen<br />

Prov<strong>in</strong>z Friesland zu f<strong>in</strong>den (bekannt<br />

durch die Elfstedentocht), e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong> Drenthe (Assen), e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Gelderland<br />

(Garderen) und e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z<br />

Nord-Holland (Noordwijk). <strong>Die</strong> EAK<br />

ist mit 14 Geme<strong>in</strong>den und knapp<br />

7000 Mitgliedern zwar auch kle<strong>in</strong>,<br />

aber doppelt so groß wie die vGKN.<br />

Theologische Ansichten<br />

der vGKN im Vergleich<br />

mit der EAK<br />

Me<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schätzung nach liegen die<br />

vGKN als <strong>Kirche</strong>nverband im Vergleich<br />

mit anderen niederländischen<br />

<strong>Kirche</strong>n(verbänden) theologisch am<br />

dichtesten bei der EAK. In beiden <strong>Kirche</strong>nverbänden<br />

gibt es – soweit ich<br />

<strong>Die</strong> vGKN <strong>in</strong> Frischepalen-Siegerswoude<br />

weiß – ke<strong>in</strong>e äußerst liturgische oder<br />

evangelikale Geme<strong>in</strong>den und <strong>in</strong> beiden<br />

<strong>Kirche</strong>nverbänden stehen den<br />

Frauen alle Ämter offen. Allerd<strong>in</strong>gs ist<br />

der Evangelikalismus me<strong>in</strong>er Wahrnehmung<br />

nach stärker <strong>in</strong> der vGKN<br />

anwesend als <strong>in</strong> der EAK. <strong>Die</strong>s ist der<br />

Grund, dass sich die vGKN »fröhlich<br />

reformiert« nennen. Zudem ist die<br />

vGKN strenger h<strong>in</strong>sichtlich von Beziehungen<br />

zwischen Mann und Frau: unverheiratetes<br />

Zusammenwohnen wird<br />

abgelehnt und ist Anlass, um zum Beispiel<br />

das Ablegen des öffentlichen<br />

Glaubensbekenntnisses abzuweisen.<br />

Persönliche Beweggründe für<br />

den Kontakt mit den vGKN<br />

Im Jahr 2009 erschien e<strong>in</strong> Buch e<strong>in</strong>es<br />

Pastors der PKN (Klaas Hendrikse), <strong>in</strong><br />

dem dieser ausführt, dass man an<br />

Gott glauben kann ohne an Jesus zu<br />

glauben (Pastor Oldenhuis hat zu<br />

Hendrikse im Grenzboten berichtet).<br />

<strong>Die</strong> Tatsache, dass die PKN diesen<br />

Pastor nicht abgesetzt hat, obwohl er<br />

den Kern des christlichen Glaubens<br />

leugnet, brachte mich damals zu der<br />

Auffassung, dass Geme<strong>in</strong>den, die<br />

Hendrikse predigen lassen, nicht den<br />

Namen »<strong>Kirche</strong>« tragen können. Ich<br />

hätte für me<strong>in</strong> Gefühl lügen müssen,<br />

wenn der Tag kommen würde, an<br />

dem ich geloben müsste, um mich<br />

unter die Aufsicht »der <strong>Kirche</strong>« (womit<br />

me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach die PKN<br />

geme<strong>in</strong>t ist) zu stellen. Darum habe<br />

ich mich 2009 nach anderen <strong>Kirche</strong>n<br />

umgesehen und Kontakt aufgenommen<br />

zu den vGKN, da die EAK vormals<br />

mit den Mitgliedskirchen der<br />

vGKN Teil der GKN war. Anfang 2010<br />

trat dann die Berufungskommission<br />

der vGKN Frieschepalen-Siegerswou-<br />

Foto: B. Bloemendal<br />

Seite 50


de an mich heran; mit Erfolg. Obwohl<br />

ich immer noch der Me<strong>in</strong>ung<br />

b<strong>in</strong>, dass Hendrikse abgesetzt werden<br />

müsste, war ich durch erneutes Bibelstudium<br />

Anfang 2010 zu e<strong>in</strong>er anderen<br />

Überzeugung gelangt. Geme<strong>in</strong>den,<br />

<strong>in</strong> denen Hendrikse predigt,<br />

können m.E. den Namen »<strong>Kirche</strong>«<br />

tragen, <strong>in</strong>sofern es <strong>in</strong> diesen Geme<strong>in</strong>den<br />

Mitglieder gibt, die an Jesus glauben.<br />

<strong>Die</strong>s macht es für mich pr<strong>in</strong>zipiell<br />

möglich, um <strong>in</strong> Zukunft auch <strong>in</strong><br />

bestimmten Geme<strong>in</strong>den der PKN zu<br />

arbeiten. Den Kontakt zur EAK habe<br />

ich dagegen nie abbrechen wollen –<br />

ich b<strong>in</strong> erst Dezember letzten Jahres<br />

Mitglied der vGKN geworden – und<br />

ich würde auch <strong>in</strong> Zukunft gerne den<br />

Kontakt zu »me<strong>in</strong>er«, »eurer« <strong>Kirche</strong><br />

(die Gottes <strong>Kirche</strong> ist) halten.<br />

Berthold Bloemendal,<br />

Tolheksleane 39, 9249 NP Frieschepalen<br />

bertholdbloemendal@gmail.com<br />

0031 (0) 610511876<br />

Nachfolge Jesu<br />

verlangt den ganzen Menschen<br />

E<strong>in</strong> Gottesdienstprojekt<br />

<strong>Die</strong> Gottesdienst-AG der <strong>altreformierte</strong>n <strong>Kirche</strong>ngeme<strong>in</strong>de Bad Bentheim<br />

bereitet drei bis vier Mal im Jahr e<strong>in</strong>en besonderen Gottesdienst vor. Für<br />

Sonntag, den 11. <strong>März</strong> <strong>2012</strong> wurde e<strong>in</strong>er der für diesen Tag vorgeschlagenen<br />

Predigttexte ausgesucht. Mit Lukas 9, 57–62 stieß man auf e<strong>in</strong>en<br />

»harten Brocken.« Das zeigte sich auch bei der Aufarbeitung des Textes im<br />

Rahmen der Vorbereitungstreffen.<br />

Wie sollte man mit e<strong>in</strong>em Text umgehen, der auf den ersten Blick mehr<br />

als provoziert? Nach dem ersten Erschrecken musste überlegt werden, was<br />

der Text <strong>in</strong> unserer heutigen Situation, d.h. <strong>in</strong> der Bewältigung des Alltags<br />

mit all se<strong>in</strong>en Zwängen und Herausforderungen bedeutet. Es waren drei<br />

verschiedene Situationen zu klären, die uns <strong>in</strong> dem Text vorgestellt werden.<br />

Welche Fragen würden sich die drei Menschen, die von Jesus angesprochen<br />

werden oder die ihn ansprechen, heute stellen. E<strong>in</strong> Versuch:<br />

1. Situation:<br />

»Ich will dir folgen, woh<strong>in</strong> du<br />

gehst!«<br />

Jesus sagt: »<strong>Die</strong> Füchse haben<br />

Gru ben und die Vögel unter dem<br />

Himmel haben Nester; aber der<br />

Menschensohn hat nicht, wo er<br />

se<strong>in</strong> Haupt h<strong>in</strong>lege.«<br />

»Da biete ich Jesus an, mitzumachen,<br />

nicht nur so als Mitläufer und bekomme<br />

e<strong>in</strong>e ausweichende Antwort. Ich möchte<br />

ihm überall h<strong>in</strong> folgen. Er spricht mir<br />

aus der Seele und vollbr<strong>in</strong>gt Wunder.<br />

Das ist e<strong>in</strong>e tolle Truppe; zusammen mit<br />

Jesus werden wir vieles schaffen.<br />

Aber, wenn ich mir das so recht überlege,<br />

es könnten echt Schwierigkeiten kommen.<br />

Da steckt mehr dah<strong>in</strong>ter. Sollten<br />

wir denn tatsächlich ke<strong>in</strong>e Zuflucht<br />

mehr haben? Was ist, wenn man uns<br />

nicht erträgt, uns aus jedem Ort verscheucht?<br />

Mach ich den Mund auf,<br />

wenn ich Ungerechtigkeiten spüre, auch<br />

wenn es Ärger gibt? Letztens hat e<strong>in</strong>er<br />

im Büro über religiöse Menschen Witze<br />

gemacht; ich hab geschwiegen, wollte<br />

mich nicht outen. Da muss ich fester im<br />

Glauben an ihn werden. Würde ich z.B.<br />

die Sicherheit me<strong>in</strong>es Arbeitsplatzes oder<br />

e<strong>in</strong>e Beförderung <strong>in</strong>frage stellen, wenn<br />

ich merke, dass ich dort nicht nach dem<br />

Willen Jesu handeln kann? Bei der<br />

Nachfolge Jesu geht es nicht darum, dass<br />

ich mich wohlfühle, sondern dass ich alles<br />

unter den Willen Gottes stelle, also<br />

mit Selbstverwirklichung hat das absolut<br />

nichts zu tun.«<br />

2. Situation:<br />

Jesus sagt: »Folge mir nach«<br />

Antwort: »Herr, erlaube mir, dass<br />

ich zuvor h<strong>in</strong>gehe und me<strong>in</strong>en Vater<br />

begrabe.«<br />

Jesus sagt: »Lass die Toten ihre Toten<br />

begraben; du aber geh h<strong>in</strong> und<br />

verkündige das Reich Gottes!«<br />

»Ich b<strong>in</strong> ganz fasz<strong>in</strong>iert davon, was Jesus<br />

gesagt und getan hat. Ich wollte<br />

auch zur Rede im nächsten Ort kommen.<br />

Da spricht er mich an, fragt, ob<br />

ich mich nicht für immer <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />

<strong>Die</strong>nst stellen wolle. Ich war ganz verdattert.<br />

Aber hallo, da ist gestern me<strong>in</strong><br />

Vater gestorben, der muss beerdigt werden<br />

und dann ist ja auch noch das Erbe<br />

zu regeln. So e<strong>in</strong>fach ist das nun mal<br />

nicht. Sachzwänge kann man doch<br />

nicht ignorieren. Wenn alles erledigt ist,<br />

kann ich ja nachkommen.<br />

Tja, aber was ist, wenn dann <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er<br />

Firma plötzlich ‘was zu regeln ist<br />

oder me<strong>in</strong>e Bank mir sagt, ich müsse<br />

noch heute me<strong>in</strong>e Aktien verkaufen, bevor<br />

die nichts mehr wert s<strong>in</strong>d; was mach<br />

ich dann?<br />

Ich glaub, ich hab mich erwischt.<br />

Wenn ich jetzt nicht »Ja« sage, kommt<br />

immer wieder was dazwischen, bis ich<br />

me<strong>in</strong> Leben im S<strong>in</strong>ne von Jesus ausgerichtet<br />

habe. E<strong>in</strong> vollkommen anderer<br />

Mensch muss ich ja nicht werden, aber<br />

ich muss heute damit anfangen, alles<br />

was ich tue, unter das Gebot Gottes zu<br />

stellen. Es gibt da e<strong>in</strong> gutes altes Wort,<br />

ich muss überlegen, ob all me<strong>in</strong> Tun oder<br />

Lassen ›gottgefällig‹ ist.«<br />

3. Situation:<br />

»Herr, ich will dir nachfolgen; aber<br />

erlaube mir zuvor, dass ich Abschied<br />

nehme von denen, die <strong>in</strong><br />

me<strong>in</strong>em Haus s<strong>in</strong>d.«<br />

Jesus sagt: »Wer se<strong>in</strong>e Hand an<br />

den Pflug legt und sieht zurück, der<br />

ist nicht geschickt für das Reich<br />

Gottes.«<br />

»Tja, ich wollte ja auch Jesus nachfolgen,<br />

aber es wird ja noch gestattet se<strong>in</strong>, mich<br />

von me<strong>in</strong>en Lieben zu verabschieden;<br />

immerh<strong>in</strong> habe ich zwanzig Jahre lang<br />

für sie gesorgt. Andererseits kann ich mir<br />

nicht vorstellen, dass Jesus das so wörtlich<br />

geme<strong>in</strong>t hat; er möchte doch nicht,<br />

dass me<strong>in</strong>e Familie leidet. Trotzdem<br />

kann ich ja schon damit anfangen, mich<br />

von lieb gewordenen Gewohnheiten zu lösen;<br />

sehen, was <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Leben wichtig<br />

ist und was nicht. Zurückzuschauen, um<br />

zu sehen, was ich schon alles geschafft<br />

hab, nützt mir nichts. Ich muss gestehen,<br />

manchmal benutze ich auch me<strong>in</strong>e Lieben,<br />

um mich selbst zu präsentieren;<br />

schaut her, welch tolle Familie ich hab;<br />

<strong>in</strong> welch wunderschönem Haus wir wohnen.<br />

Aber ist das me<strong>in</strong> Verdienst? Zum<strong>in</strong>dest<br />

haben me<strong>in</strong>e Frau und die K<strong>in</strong>der genauso<br />

viel Verdienst daran; aber vielleicht<br />

ist es ja nur die Gnade Gottes, dass<br />

alles so gut ist. Me<strong>in</strong>e Familie ist mir das<br />

Liebste, was ich hab, aber wenn ich sie<br />

und mich nicht unter Gottes Liebe und<br />

Gebote stelle, verliere ich alles.<br />

Dann werd ich wohl anfangen mit der<br />

Nachfolge Jesu; jeder Weg beg<strong>in</strong>nt mit<br />

dem ersten Schritt, auch wenn er kle<strong>in</strong><br />

ist.«<br />

<strong>Die</strong>se drei Aussagen wurden im<br />

Gottesdienst vorgetragen, zwischendurch<br />

mit Musik untermalt. Jeder<br />

Gottesdienstbesucher hatte die Möglichkeit,<br />

zu überdenken, was die<br />

Nachfolge Jesu für ihn persönlich bedeutet.<br />

Wie gesagt, e<strong>in</strong> Versuch, mit e<strong>in</strong>em<br />

schwierigen Text umzugehen – mehr<br />

nicht; berührt hat er auf jeden Fall.<br />

Alfons Wenker, Bad Bentheim<br />

Seite 51


Leitlieder für April/Mai <strong>2012</strong> im<br />

Rahmen der Aktion »366+1«<br />

In der Grenzbotenausgabe vom 12. Februar <strong>2012</strong> wurde die Aktion<br />

»366+1« vorgestellt. Nun folgen die Leitlieder für die Monate April und<br />

Mai <strong>2012</strong>.<br />

1.–4. April <strong>2012</strong><br />

Ehre sei dir Christe… EG 75<br />

6. April <strong>2012</strong> (Karfreitag)<br />

Herzliebster Jesu, was hast du… EG 81<br />

8. April <strong>2012</strong> (Ostersonntag)<br />

Auf, auf, me<strong>in</strong> Herz… EG 112<br />

9.–14. April <strong>2012</strong> (Ostermontag)<br />

Gelobt sei Gott… EG 103<br />

15.–21. April <strong>2012</strong><br />

Wir stehn im Morgen…<br />

(nicht im EG enthalten)<br />

22.–28. April <strong>2012</strong><br />

Ich will dich lieben, me<strong>in</strong>e Stärke…<br />

EG 400<br />

29. April – 5. Mai <strong>2012</strong><br />

Der schöne Ostertag… EG 117<br />

6.–12. Mai <strong>2012</strong><br />

S<strong>in</strong>gt, s<strong>in</strong>gt dem Herren… EG 286<br />

Annette Kurschus als erste Präses der<br />

westfälischen Landeskirche e<strong>in</strong>geführt<br />

Annette Kurschus (49) ist am 4. <strong>März</strong><br />

<strong>2012</strong> <strong>in</strong> ihr Amt als Präses der <strong>Evangelisch</strong>en<br />

<strong>Kirche</strong> von Westfalen e<strong>in</strong>geführt<br />

worden. Damit steht erstmals<br />

e<strong>in</strong>e Frau an der Spitze der viertgrößten<br />

Landeskirche. <strong>Die</strong> E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong><br />

dem festlichen Gottesdienst <strong>in</strong> Bielefeld-Bethel<br />

nahm ihr Vorgänger Dr.<br />

h.c. Alfred Buß (64) vor. Er wurde <strong>in</strong><br />

den Ruhestand verabschiedet.<br />

Der Grenzbote<br />

Ersche<strong>in</strong>t vierzehntägig,<br />

<strong>in</strong> den Sommerferien e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> drei Wochen.<br />

Herausgeber: <strong>Evangelisch</strong>-<strong>altreformierte</strong> <strong>Kirche</strong><br />

<strong>in</strong> Niedersachsen<br />

Redaktion: Pastor Hermann Teunis, Ihrener Straße 12,<br />

26810 Westoverled<strong>in</strong>gen<br />

Schriftleitung: <strong>März</strong> und April <strong>2012</strong>: Pastor Gerold<br />

Klompmaker, Grüner Weg 19, 48455 Bad Bentheim,<br />

Tel.: 05922 / 23 20, E-Mail: gerold.klompmaker@gmx.de<br />

oder grenzbote@altreformiert.de<br />

Redaktionsschluss: Am <strong>Die</strong>nstag nach dem Ersche<strong>in</strong>en<br />

der vorigen Ausgabe; namentlich gekennzeichnete Artikel<br />

werden von den Autoren selbst verantwortet.<br />

Druck und Verlag: A. Hellendoorn KG, Stett<strong>in</strong>er Straße 1,<br />

48455 Bad Bentheim<br />

Bestellmöglichkeiten: Bei den <strong>Kirche</strong>nräten für den Bezug<br />

über die <strong>Kirche</strong>ngeme<strong>in</strong>de; für den Postbe zug bei<br />

Ges<strong>in</strong>e Wortelen, Buchenstraße 32, 48465 Schüttorf,<br />

E-Mail: Ges<strong>in</strong>e.Wortelen@gmx.de<br />

Bezugsgebühren: EURO 25,– bei Bezug über<br />

<strong>Kirche</strong>ngeme<strong>in</strong>den, EURO 40,– bei Postzustellung<br />

Anzeigen: EURO 0,50 je Millimeterzeile<br />

bei halbseitiger Breite<br />

13.–16. Mai <strong>2012</strong><br />

Wie lieblich ist der Maien… EG 501<br />

17.–19. Mai <strong>2012</strong> (Himmelfahrt)<br />

Jesus Christus herrscht… EG 123<br />

20.–26. Mai <strong>2012</strong><br />

Nun bitten wir den heiligen Geist…<br />

EG 124<br />

27. Mai <strong>2012</strong> (Pf<strong>in</strong>gstsonntag)<br />

O komm, du Geist der Wahrheit…<br />

EG 136<br />

28. Mai <strong>2012</strong> (Pf<strong>in</strong>gstmontag)<br />

Komm, Gott Schöpfer… EG 126<br />

Psalmvorschläge für diese Monate:<br />

April – Psalm 3 <strong>in</strong> der »B-Fassung«<br />

Mai – Psalm 149<br />

Gerrit Dams<br />

Annette Kurschus, bisher Super<strong>in</strong>tendent<strong>in</strong><br />

des <strong>Kirche</strong>nkreises Siegen,<br />

wurde im November 2011 mit großer<br />

Mehrheit von der Landessynode gewählt.<br />

E<strong>in</strong>e Amtszeit dauert acht Jahre.<br />

Derzeit gibt es außer ihr noch e<strong>in</strong>e<br />

Frau an der Spitze e<strong>in</strong>er evangelischen<br />

Landeskirche (Bischöf<strong>in</strong> Ilse<br />

Junkermann, Magdeburg).<br />

Aus: www.evangelisch-<strong>in</strong>-westfalen.de<br />

Synode<br />

<strong>Die</strong> nächste Synode der <strong>Evangelisch</strong><strong>altreformierte</strong>n<br />

<strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Nie der sach -<br />

sen f<strong>in</strong>det am Mittwoch, dem 20. Juni<br />

<strong>2012</strong>, um 9.30 Uhr im Geme<strong>in</strong>dehaus<br />

der <strong>Evangelisch</strong>-<strong>altreformierte</strong>n Geme<strong>in</strong>de<br />

Ihrhove statt.<br />

Anträge und E<strong>in</strong>gaben können dem<br />

Sy nodesekretär Pastor Dr. Gerrit Jan<br />

Beu ker, Hauptstraße 33, 49824 Laar,<br />

bis zum 7. Mai gemeldet werden.<br />

I.A. des <strong>Kirche</strong>nrates der e<strong>in</strong>berufenden<br />

Geme<strong>in</strong>de Nordhorn<br />

Jan Alberts, Vorsitzender<br />

Hildegard Klompmaker, Schriftführer<strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>ladung<br />

Jugendleiter-<br />

Card-Lehrgang<br />

<strong>2012</strong><br />

Der diesjährige JuLeiCa(Jugendleiter-<br />

Card)-Grundkurs f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> der zweiten<br />

Woche der Osterferien <strong>in</strong> der Zeit<br />

vom 2. bis 5. April <strong>2012</strong> jeweils von<br />

9 bis 18 Uhr <strong>in</strong> Veldhausen und<br />

im Rahmen e<strong>in</strong>er Wochenendfreizeit<br />

vom 4. bis 6. Mai <strong>2012</strong> statt. (Ort für<br />

die Freizeit ist noch nicht bekannt.)<br />

Auf diese Weise werden die erforderlichen<br />

50 Kursstunden abgedeckt.<br />

In e<strong>in</strong>em JuLeiCa-Grundkurs werden<br />

die für die Leitung von K<strong>in</strong>derund<br />

Jugendgruppen erforderlichen<br />

Kenntnisse <strong>in</strong> zumeist spielerisch-erlebnispädagogischer<br />

Weise vermittelt.<br />

Neben rechtlichen und pädagogischen<br />

Grundlagen werden viele Bau -<br />

ste<strong>in</strong>e für die Arbeit <strong>in</strong> K<strong>in</strong>der- und<br />

Jugendgruppen vermittelt. E<strong>in</strong>geübt<br />

werden die Leitung von Gruppenstunden<br />

und der Umgang mit verschiedenen<br />

Gruppensituationen und<br />

Herausforderungen.<br />

Der Besitz e<strong>in</strong>er JuLeiCa berechtigt<br />

zum Leiten von Gruppen und weist<br />

e<strong>in</strong>en Gruppenleiter vor verschiedenen<br />

Institutionen aus. Neben den<br />

Rechten und Vorteilen für die Leitung<br />

der Gruppen bietet der Besitz e<strong>in</strong>er<br />

JuLeiCa auch viele Vorteile für<br />

den JuLeiCa-Inhaber.<br />

JuLeiCa-Grundkurse können ab<br />

dem Alter von 15 Jahren besucht werden<br />

– die JuLeiCa gibt´s dann aber<br />

erst ab 16 Jahren. Neben dem 50-<br />

stündigen Grundkurs muss auch e<strong>in</strong><br />

Erste-Hilfe-Kurs absolviert werden,<br />

der u.a. von verschiedenen Ortsgruppen<br />

des DRK angeboten wird.<br />

Langjährige Erfahrung hat gelehrt,<br />

dass e<strong>in</strong> JuLeiCa-Kurs für alle Altersgruppen<br />

(ab 15 Jahren) s<strong>in</strong>nvoll und<br />

gut ist – und je besser der Altersmix,<br />

desto <strong>in</strong>teressanter wird der Kurs.<br />

<strong>Die</strong> Erfahrung zeigt aber auch, dass<br />

es immer schwieriger wird, Zeit für<br />

diesen Kurs freizubekommen. Daher<br />

empfehlen wir <strong>in</strong>sbesondere Jugendlichen<br />

der 9. bis 11. Klassen, sich e<strong>in</strong>e<br />

Teilnahme zu überlegen, weil e<strong>in</strong> späterer<br />

Zeitpunkt fast immer ungünstiger<br />

liegt.<br />

Anmeldung und weitere Informationen<br />

bei<br />

<strong>Die</strong>ter Wiggers<br />

Tel. 05941 / 98 94 00;<br />

dieter.wiggers@ewetel.net<br />

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