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Tag des<br />

offenen Denkmals<br />

Jenseits des Guten und Schönen:<br />

Unbequeme Denkmale?<br />

8. September 2013


Grußwort<br />

Kiel braucht sein Licht nicht<br />

unter den Scheffel zu stellen!<br />

Die Kielerinnen und Kieler<br />

machen zu wenig deutlich, mit<br />

welcher Vielzahl von „bequemen“<br />

baulichen Zeitzeugen schönster<br />

Art ihre Stadt aus der Zeit des<br />

19. und 20. Jahrhunderts gesegnet ist. Vielleicht verliert sich auf<br />

Dauer der Blick und es wird selbstverständlich in gut erhaltenen<br />

historischen Quartieren zwischen Düsternbrooker Weg östlich<br />

der Feldstraße, am Schrevenpark, der Holtenauer Straße bis<br />

hinauf zum Nord-Ostsee-Kanal zu wohnen und jenseits davon<br />

an den herrlichsten Kanalhäusern der Uferstraße in Holtenau<br />

bis zum Tiessenkai und dem Leuchtturn zu flanieren. Auch <strong>die</strong><br />

Rotstein-Ensembles entlang des Westrings oder <strong>die</strong> Quartiere<br />

rechts und links der Kirchhofallee im Bereich des Südfriedhofs<br />

suchen ihresgleichen. Kiel-Gaarden ist Altstadt im besten Sinne.<br />

Stadtschönheit macht sich eben nicht nur an der Förde fest.<br />

Die Kielerinnen und Kieler hadern eher mit den „unbequemen“<br />

Zeitzeugen der Nachkriegsmoderne der Kieler City. Häufig ist von<br />

„Klötzchen-Architektur“ <strong>die</strong> Rede. Nun mag es am schmerzlichen<br />

Verlust der Altstadt durch <strong>die</strong> Kriegseinwirkungen liegen, dass es<br />

Zeit braucht, sich mit den Nachkriegsbauten in der zentralen Lage<br />

von Kiel zu arrangieren. Ehrlich gesagt: Das gelingt auch mir nicht<br />

in jedem Falle. Daher setze ich mich ebenso für den Erhalt des<br />

„jüngeren“ historischen (Nachkriegs-)Erbes ein als auch für eine<br />

pragmatische Weiterentwicklung unserer City jenseits kunsthistorischer<br />

Aspekte. Dass es dabei unterschiedliche Auffassungen<br />

gibt, ist für <strong>die</strong> Identifikation der Kielerinnen und Kieler mit<br />

ihrer Stadt genau richtig. Nutzen <strong>Sie</strong> den Tag des Denkmals<br />

für eine kritische, aber wohlwollende Auseinandersetzung mit<br />

ihrer Stadt. Ich biete Ihnen an <strong>die</strong>sem Tag an, mit mir durch <strong>die</strong><br />

Kieler Innenstadt zu streifen und zu diskutieren, wie wir dort mit<br />

„unbequemen“ Denkmalen umgehen wollen (s. Programm – mit<br />

Anmeldung!)<br />

Ihr<br />

Peter Todeskino<br />

Bürgermeister


Programmübersicht<br />

Ehemalige Festung Friedrichsort<br />

Deichweg 20, Kiel-Friedrichsort<br />

10.00 Uhr<br />

Gottes<strong>die</strong>nst im Kabellager – Pastor Volker Landa<br />

11.00-12.30 Uhr<br />

Eröffnungsveranstaltung mit Frau Ministerin<br />

Anke Spoorendonk<br />

Weitere Redner unter anderem: Dr. Michael Paarmann<br />

(Landeskonservator S-H), Wolfgang Röttgers (Kulturdezernent,<br />

LH Kiel)<br />

anschließend musikalischer Ausklang<br />

12.30-14.00 Uhr<br />

Mittagessen<br />

13.00-18.00 Uhr<br />

Führungen über das Gelände<br />

Hinweise:<br />

Detaillierte Ausführungen zum Programm sind der Einladung des<br />

Landesamtes für Denkmalpflege zu entnehmen<br />

Buslinien bis Friedrichsort 502, 91, Haltestelle „Brauner Berg“, Strandbus<br />

Parkplätze begrenzt vorhanden<br />

Für Mobilitätseingeschränkte bedingt geeignet<br />

www.festung-friedrichsort.org<br />

Bethlehemkirche<br />

Möhrkestraße 9, Kiel-Friedrichsort<br />

14.00-17.00 Uhr<br />

Kirchencafe<br />

und stündlich Führungen zur Kirche und Erläuterungen zur<br />

aktuellen Sanierung<br />

Hinweise:<br />

ÖPNV: Buslinie 502, Haltestelle „An der Schanze“, Fördefähre F1 bis<br />

Anleger „Friedrichsort“<br />

Parkplätze vor der Kirche vorhanden<br />

Für Mobiltitätseingeschränkte kann eine Rampe zum Eintritt in <strong>die</strong> Kirche<br />

ausgelegt werden<br />

www.bethlehem-kirche.de<br />

Ehemaliges Marinelazarett, Kesselhaus im<br />

Anscharpark<br />

Heiligendammer Straße 15, Kiel-Wik<br />

Führungen jeweils<br />

um 11.30 Uhr, 13.30 Uhr und 15.30 Uhr,<br />

Treffpunkt: vor dem Tor des Kesselhauses<br />

Hinweise:<br />

ÖPNV: Buslinien 32/33, 41/42, Haltestelle „Mercatorstraße“<br />

Parkplätze sehr begrenzt in der Adalbert- und Weimarer Straße<br />

vorhanden<br />

Für Mobilitätseingeschränkte durch unebenes Straßenpflaster bedingt<br />

geeignet<br />

www.atelierhaus-im-anscharpark.de<br />

Flandernbunker<br />

Hindenburgufer 249, Kiel-Wik<br />

13.00-17.00 Uhr<br />

Jede halbe Stunde Führung durch den Bunker<br />

Ausstellung Raffael Rheinsberg / Lilli Engel<br />

Videos zum Kilian Bunker<br />

Eintritt frei, Spende erwünscht<br />

Hinweise:<br />

ÖPNV: Buslinien 41/42, 32/33, Haltestelle „Mercatorstraße“<br />

Parkplätze begrenzt in der Umgebung verfügbar<br />

Für Mobilitätseingeschränkte ungeeignet<br />

www.mahnmalkilian.de<br />

Ehemaliger Wasserturm<br />

Niebuhrstraße 5, Kiel-Ravensberg<br />

11.00 Uhr<br />

Kurzvortrag zur Geschichte des Wasserturmes und seiner<br />

ursprünglichen Aufgabe – Herr Hamann<br />

anschließend<br />

Vorstellung des Umbaus zu einer Wohnanlage mit Einzelheiten<br />

aus den Bauplänen sowie Visualisierungen – Iris Verena<br />

Kolbe und Felix Winter (Architekturbüro Schnittger + Partner)


anschließend<br />

Dokumentarfilm über den Wasserturm – Schüler des RBZ<br />

anschließend<br />

Besichtigung der Baustelle<br />

für Personen ab 16 Jahren in geschlossener Gruppe und<br />

in Begleitung des verantwortlichen Bauleiters oder des<br />

Bauherren<br />

14.00 Uhr und 16.00 Uhr<br />

bei Bedarf Wiederholung der oben genannten Programmpunkte<br />

Hinweise:<br />

ÖPNV: Buslinien 11, 501/502, 900/901, Haltestelle „Hardenbergstraße“,<br />

Buslinien 6, 91/92, Haltestelle „Rankestraße“<br />

Parkplätze in der Umgebung nur sehr begrenzt vorhanden<br />

Für Mobilitätseingeschränkte ungeeignet<br />

Alter Botanischer Garten, Topfhaus<br />

Schwanenweg 13/ Düsternbrooker Weg 17, Kiel-Mitte<br />

11.00 Uhr<br />

Vortrag zur Geschichte und Zukunft des Topfhauses durch<br />

Herrn Prof. Dr. Krawczak und Herrn Prof. Dr. Lieb<br />

mit Kaffeeausschank (Dauer ca. 45 Minuten)<br />

ACHTUNG Treffpunkt: Institut für Epidemiologie,<br />

Niemannsweg 11<br />

Von dort aus im Anschluss eine kunst- und architekturhistorische<br />

Führung durch den Alten Botanischen Garten zum<br />

Topfhaus – Frau Wettig-Homm und Herrn Treichel<br />

14.00 Uhr<br />

Bei Bedarf Wiederholung der oben genannten Veranstaltung<br />

Hinweise:<br />

ÖPNV: Buslinien 41/42, Haltestelle „Kunsthalle“ oder „Schwanenweg“<br />

Parkplätze in den gebührenpflichtigen Parkhäusern des UKSH und<br />

begrenzt in der direkten Umgebung<br />

Für Mobilitätseingeschränkte bedingt geeignet<br />

Reste der Alten Langeschen Mühle<br />

An der Holsatiamühle 8, Kiel-Dietrichsdorf<br />

14.00 Uhr<br />

Führung zum Gebäude durch Herrn Weißel und Herrn Eckhoff,<br />

Investor und zukünftiger Betreiber der Wasserkraftanlage<br />

(Dauer ca. 45 Minuten), Treffpunkt vor dem Eingang<br />

Restaurant „Alte Mühle“<br />

Hinweise:<br />

ÖPNV: Buslinie 11, Haltestelle Wellingdorf,<br />

Parkplätze begrenzt vorhanden<br />

Für Mobilitätseingeschränkte ungeeignet<br />

Industriemuseum Howaldt‘sche<br />

Metallgießerei<br />

Grenzstraße 1, Kiel-Neumühlen-Dietrichsdorf<br />

11.00-17.00 Uhr<br />

Tag der offenen Tür<br />

Demonstration der Formherstellung mit anschließendem<br />

Schauguss.<br />

Kinder <strong>können</strong> selber Zinnfiguren gießen und Erwachsene<br />

ihr persönliches Tierkreiszeichen. Auf Wunsch kann auch der<br />

„Kielfisch“ gegossen werden.<br />

12.00 Uhr, 14.00 Uhr und 16.00 Uhr<br />

Kurzführungen zur Architektur und baulichen Sanierung<br />

Eintritt frei, Spenden erwünscht<br />

Hinweise:<br />

ÖPNV: Buslinie 11, Haltestelle „Grenzstraße“<br />

Parkplätze neben dem Gebäude vorhanden<br />

Für Mobilitätseingeschränkte geeignet<br />

www.alte-giesserei-kiel.de<br />

Stadtrundgang: „Neu für alt oder was?“<br />

Kiel-Mitte<br />

16.00-18.00 Uhr (nur mit Anmeldung)<br />

Bürgermeister Todeskino führt durch <strong>die</strong> Kieler Innenstadt<br />

und macht sich auf <strong>die</strong> Suche nach den „unbequemen“ Baudenkmälern<br />

der Kieler City. Es wird anhand aktueller Entwicklungen<br />

der Frage nachgegangen, wie Kiel mit dem baulichen<br />

Nachkriegserbe umgehen soll. Haben <strong>Sie</strong> Antworten? Dann<br />

diskutieren <strong>Sie</strong> mit.<br />

Treffpunkt: Kaisertreppe am Hauptbahnhof Kiel<br />

Anmeldung: bis 05.09.13 unter 0431/901-2626


merholz<br />

Altenholz<br />

Pries<br />

Bethlehemkirche<br />

Friedrichsort<br />

Laboe<br />

reis Rendsburg -<br />

Eckernförde<br />

Stift<br />

Festung<br />

Friedrichsort<br />

d e<br />

Brodersdorf<br />

ö r<br />

Möltenort<br />

Ostsee<br />

-<br />

Kanal<br />

Holtenau<br />

F<br />

Heikendorf<br />

-<br />

Nord<br />

Suchsdorf<br />

Wik<br />

Marinelazarett<br />

“Kesselhaus”<br />

Flandernbunker<br />

e r<br />

e l<br />

Kitzeberg<br />

Mönkeberg<br />

orf<br />

Kronshagen<br />

Wasserturm<br />

Alter<br />

Botanischer<br />

Garten<br />

“Topfhaus”<br />

K i<br />

Industriemuseum<br />

Howaldt´sche Metallgießerei<br />

Neumühlen-<br />

Dietrichsdorf<br />

Alte Langesche Mühle<br />

Schönkirchen<br />

hof<br />

Hassel<strong>die</strong>ksdamm<br />

Stadtrundgang<br />

Ellerbek<br />

Wellingdorf<br />

© LH Kiel, Kartographie 2013<br />

Kreis Plön


Festung Friedrichsort<br />

Deichweg 20, Kiel-Friedrichsort<br />

Die Festung Friedrichsort ist <strong>die</strong> einzige, noch erhaltene Seefestung<br />

Deutschlands aus dem 17. Jahrhundert und spiegelt<br />

wie kaum ein anderes Bauwerk <strong>die</strong> wechselvolle Geschichte<br />

Schleswig-Holsteins der letzten 350 Jahre wider: So wurde der<br />

Ort zunächst von Dänen, Schweden, Schleswig-Holsteinern,<br />

Preußen, später dann als Flüchtlingslager, von der Bundeswehr<br />

und als Industriestandort genutzt.<br />

Angelegt wurde <strong>die</strong> Festung „Christianspries“ 1632 von dem<br />

dänischen König Christian IV. zum Schutz vor schwedischen<br />

Angriffen an der schmalsten Stelle der Kieler Außenförde, dem<br />

strategisch günstig gelegenen Gut Seekamp. 1637 fertig gestellt,<br />

präsentierte sie sich als eine für den skandinavischen Raum typische<br />

Anlage, <strong>die</strong> als unregelmäßiges Fünfeck mit drei seeseitigen<br />

und zwei landseitigen Bastionen, grasbedeckten Wällen und<br />

Gräben gestaltet war.<br />

Während des Dreißigjährigen Krieges war <strong>die</strong> Festung zwischen<br />

Schweden und Dänen schwer umkämpft und fiel 1643 zu Beginn<br />

des Torstenssonkrieges an <strong>die</strong> Schweden, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se bis 1645<br />

als Flottenstützpunkt besetzt hielten. Nach dem Frieden von<br />

Brömsebro wurde Christianspries wieder an Dänemark zurückgegeben.<br />

Aus diplomatischen Gründen ließ Sohn und Nachfolger<br />

Christian IV., Friedrich III., <strong>die</strong> Festung teilweise schleifen, um sie<br />

in den Jahren 1663-1690 durch Baumeister Henrik Ruse größer<br />

und kampfbereiter wieder aufzubauen. Seitdem tragen Festung<br />

und Umgebung den Namen Friedrichsort.<br />

Während der Napoleonischen Kriege unterlag <strong>die</strong> Festung<br />

1813 ein zweites Mal den Schweden. Nach dem Kieler Frieden<br />

1814 folgte eine Zeit der Nichtnutzung und des Verfalls, bis<br />

Friedrichsort unter den Preußen zu einem bedeutenden Marinestützpunkt<br />

ausgebaut wurde: Nahezu vollständig wurden <strong>die</strong> aus<br />

dänischer Zeit stammenden Gebäude abgebrochen und auch <strong>die</strong><br />

Außenanlagen wurden für Kanonengeschütze verstärkt. 1869 und<br />

1876 entstanden <strong>die</strong> mit Erdreich überdeckten Kasematten aus<br />

gelbem Backstein, <strong>die</strong> bis heute als einzige Bauwerke erhalten<br />

sind.<br />

Im Zuge der Entfestigungsmaßnahmen nach dem 1. Weltkrieg<br />

wurde der Nordwall abgetragen und mit dem gewonnenen<br />

Erdreich <strong>die</strong> Wassergräben im Norden verfüllt. Ebenfalls legte<br />

man <strong>die</strong> Kasematten frei. Bis zur Wiederaufrüstung der Stadt<br />

Kiel als Reichskriegshafen 1935 wurde <strong>die</strong> Festung Friedrichsort<br />

als Flüchtlingslager, Kindererholungsheim und Seesportschule<br />

genutzt, wobei ab 1922 auch <strong>die</strong> Marine das Gelände teilweise<br />

beanspruchte. Im Zweiten Weltkrieg <strong>die</strong>nte Friedrichsort als<br />

Flak-Stellung und als Unterkunft der deutschen Arbeitskompanien<br />

und Zwangsarbeiter. In der Nachkriegszeit zunächst als Obdachlosenlager<br />

„Alte Festung“ genutzt, übernahm von 1956–2006<br />

wiederum <strong>die</strong> Bundeswehr das Gelände. In <strong>die</strong>se Zeit fällt sowohl<br />

<strong>die</strong> Eintragung der Bastion als Baudenkmal in das Denkmalbuch<br />

1966 als auch <strong>die</strong> Zerstörung des westlichen Walles 1972. 2006<br />

endete <strong>die</strong> 350 jährige militärische Geschichte Friedrichsorts<br />

durch den Verkauf der Bundeswehr an eine Eigentümergemeinschaft.<br />

Heute lassen <strong>die</strong> dicht bewachsenen Hänge kaum noch den<br />

militärischen Charakter der Anlage erkennen und nur wenige<br />

Kieler sind sich der Existenz der Anlage bewusst. Der 2004<br />

gegründete Verein „Freunde der Festung Friedrichsort“ hat es<br />

sich daher als Ziel gesetzt, <strong>die</strong> Festungsanlage in ihrem jetzigen<br />

Zustand zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.<br />

Bei Führungen, Veranstaltungen und mit Zeitzeugenbegegnungen<br />

sowie mit der Lektüre des vom Verein im Jahr 2012 herausgegebenen<br />

Buches «Die Festung Friedrichsort. Ostseegeschichte an<br />

der Kieler Förde“ von Jann M. Witt kann <strong>die</strong> große landes- und<br />

kulturhistorische Bedeutung der Anlage erlebt werden.<br />

Für eine zukünftige Entwicklung der Anlage besitzt <strong>die</strong> Festung


Kastell Kopenhagen eine große Vorbildfunktion: Die nahezu<br />

gleich alte und baugleiche Anlage, <strong>die</strong> wie Friedrichsort von<br />

Henrik Ruse errichtet wurde, ist mit Stiftungsgeldern in Stand<br />

gesetzt worden und präsentiert sich heute fast wie vor 350<br />

Jahren. Trotz hochrangiger militärischer Nutzung ist sie öffentlich<br />

zugängig und ein beliebtes touristisches Ausflugsziel.<br />

Der Tag des Offenen Denkmals 2013, der unter dem Motto<br />

„Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmale?“<br />

steht, soll das Bewusstsein der Kieler Bürger für <strong>die</strong>ses national<br />

bedeutsame, aber weitgehend unbekannte Denkmal wecken und<br />

Anstoß für seine denkmalgerechte Wiederherstellung geben.<br />

Bethlehem-Kirche<br />

Möhrkestraße 9, Kiel-Friedrichsort<br />

1875 wurde <strong>die</strong>se mit ca. 260 m² recht kleine Kirche zunächst<br />

vermutlich als provisorische Garnisonskirche errichtet. Später<br />

fand neben Militärangehörigen auch <strong>die</strong> Friedrichsorter Zivilbevölkerung<br />

evangelischer und katholischer Konfession hier<br />

dauerhaft Raum für Gottes<strong>die</strong>nste.<br />

Von 1947 bis 1999 wurde <strong>die</strong> Kirche durch <strong>die</strong> evangelisch-lutherische<br />

Gemeinde Friedrichsort genutzt. Seit 1999 ist das Gebäude<br />

Eigentum des gemeinnützigen Vereins „Interessengemeinschaft<br />

Bethlehem-Kirche Kiel-Friedrichsort e. V.“ und <strong>die</strong>nt weiterhin für<br />

Gottes<strong>die</strong>nste, aber auch als Saal für kulturelle Veranstaltungen<br />

wie Konzerte.<br />

Im Dezember 1988 wurde das Gebäude durch das Landesamt<br />

für Denkmalschutz in das Denkmalbuch des Landes Schleswig-<br />

Holstein als besonderes Kulturdenkmal eingetragen.<br />

Seit 1909, insbesondere in den Jahren 1933-1936, wurde<br />

das Gebäude, insbesondere durch Renovierungen im Inneren,<br />

gravierend verändert.<br />

Der schlichte Fachwerkbau erhielt durch seine äußere Verschalung<br />

<strong>die</strong> Bezeichnung „Holzkirche“. Der zweigeschossige Vorbau<br />

<strong>die</strong>ser Saalkirche war ursprünglich nicht holzverschalt, das<br />

Fachwerk ist auf alten Fotos, <strong>die</strong> vor 1909 aufgenommen wurden,<br />

noch sichtbar.<br />

Ein Dachreiter, in dem sich <strong>die</strong> Glocke befindet, bekrönt <strong>die</strong>ses<br />

Eingangsbauwerk. Die 1973 als „Lärmschutz“ angebrachte<br />

Verbretterung des Dachreiters ist im Jahr 2000 entfernt worden,<br />

und eine Uhr, wie sie in der Entstehungszeit zu sehen war, ziert<br />

wieder <strong>die</strong> Giebelseite.<br />

Im Inneren der Kirche zeigt sich das offene Gesprenge des<br />

Dachstuhls als raumgestaltendes Element. Kanzel, Gestühl und<br />

Orgelempore sind Ausstattungsstücke aus der Entstehungszeit.<br />

Noch aus der Vorgänger-Kirche in der Festung-Friedrichsort<br />

stammt das ebenfalls unter Denkmalschutz stehende Abendmahlsgemälde<br />

von 1714.<br />

Ungewöhnlich an <strong>die</strong>sem kleinen Gotteshaus ist seine Ausrichtung:<br />

entgegen kirchlicher Tradition ist der Eingang im Osten und<br />

der Altar im Westen.<br />

2005 nagten Würmer an Kanzel und Bänken, außerdem bildeten<br />

sich auf der äußeren Verbretterung wegen einer ungeeigneten<br />

Farbbeschichtung Blasen. 2006 bis 2009 wurde <strong>die</strong> schadhafte<br />

Holzfassade der Kirche saniert, für 2013 ist <strong>die</strong> Dacherneuerung<br />

geplant. Dank unterschiedlicher Förderer wie dem Landesamt für<br />

Denkmalpflege, dem Denkmalfonds des Landes und der Deutschen<br />

Stiftung Denkmalschutz und anderer konnten <strong>die</strong> notwendigen<br />

Sanierungsarbeiten in Angriff genommen werden, besonders<br />

wichtig ist aber auch eine kontinuierliche Spendenbereitschaft.


In dem Kesselhaus waren drei fest eingemauerte Dampfdoppelkessel<br />

aufgestellt, Platz für eine Erweiterung um einen vierten<br />

Kessel war eingeplant. Über unterirdische Kanäle wurden alle<br />

Krankenhausgebäude des Marinelazaretts von <strong>die</strong>sem Gebäude<br />

aus mit Fernwärme versorgt, nur <strong>die</strong> Wohngebäude an der<br />

Adalbertstraße hatten eigene Heizungssysteme.<br />

Der ursprünglich 35 m hohe Schornstein wurde in der Nachkriegszeit<br />

auf den heutigen Zustand mit ca. 20 m Höhe gekürzt.<br />

Das freitragende Dach mit einer offen liegenden Holzkonstruktion<br />

ist im Mittelteil 9 m hoch, an den Seiten 6,75 m. An der südlichen<br />

Gebäudeseite befand sich, durch eine feste Wand abgetrennt,<br />

<strong>die</strong> Desinfektionsanstalt mit Desinfektionsapparat, Dusche und<br />

Umkleide.<br />

Ehemaliges Marine-Garnisonslazarett,<br />

Kesselhaus<br />

Heiligendammer Straße 15, Kiel-Wik<br />

Das ehemalige Marine-Garnisonslazarett wurde 1903-1907 nach<br />

den Plänen des Berliner Baurates Schwartzkopff in der damals<br />

hochmodernen Pavillonbauweise errichtet. Inmitten einer parkartigen,<br />

baumbestandenen Grünanlage mit einer streng geordneten<br />

Wegeführung wurden <strong>die</strong> Krankenpavillons um Verwaltungs- und<br />

Wirtschaftsgebäude, Gebäude für Beamte und den ärztlichen<br />

Direktor, Operationsgebäude, Leichenhaus, Tierställe, so wie das<br />

Maschinen- und Kesselhaus ergänzt. Am 25. August 1980 wurde<br />

das Gelände mit seinen Gebäuden und prägenden Elementen wie<br />

der Papierbirkenreihe unter Denkmalschutz gestellt.<br />

Einige der Gebäude wurden mit der Zeit abgebrochen, einige sind<br />

als Nachverdichtung für Wohnbebauung hinzugekommen. Ein<br />

Rundgang durch das Gelände zeigt, welche Gebäude dringend<br />

einer neuen Nutzung und Sanierung bedürfen, aber auch, wo<br />

<strong>die</strong>ses bereits vorbildlich gelungen ist.<br />

Heute steht das Kesselhaus als eine von zwei Teileinheiten auf<br />

einem rd. 3.100 qm großen Grundstück, das sich im Eigentum der<br />

Atelierhaus im Anscharpark GmbH und Co. KG befindet.<br />

Das Kesselhaus bildet von seiner Lage und Erkennbarkeit her den<br />

Auftakt für den geplanten Schleusenpark, der sich bis zum Kanal<br />

hin entwickeln soll. Gleichzeitig stellt der gut sichtbare Schornstein<br />

eine Verbindung zwischen dem Tirpitzhafen, dem denkmalgeschützten<br />

Flandernbunker und dem Anschargelände her, wenn<br />

man von Süden bzw. dem Hindenburgufer kommend den Spuren<br />

der Kieler Stadtgeschichte folgt.<br />

Im Kesselhaus sollen zukünftig Brennöfen für Keramik und<br />

eine Druckwerkstatt stehen. Die Maschinenhalle bietet Raum<br />

für Kunstaktionen und Ausstellungen. An der südlichen und<br />

westlichen Gebäudeseite soll ein Cafe/Bistro <strong>die</strong> Besucher des<br />

Anscharparks mit den schon lang ersehnten heißen und kalten<br />

Getränken und kleinen Snacks versorgen. Im Cafebetrieb und im<br />

künstlerischen Raum sollen Menschen mit Handicap Arbeitsbereiche<br />

haben.<br />

An dem südlichen Ende des eingefriedeten Geländes steht ein<br />

markanter Turm, der Schornstein des ehemaligen Kesselhauses.


Flandernbunker<br />

Hindenburgufer 249, Kiel-Wik<br />

Der seit dem Jahr 2005 unter Denkmalschutz stehende<br />

„Flandernbunker“ wurde während des Zweiten Weltkriegs<br />

1943/44 als Truppenmannschaftsbunker „T 750“ (750 Personen)<br />

für <strong>die</strong> Soldaten der 5. U-Boot-Flottille am Rande des Tirpitzhafens<br />

als Hochbunker errichtet. Zudem <strong>die</strong>nte er den Seestreitkräften<br />

als Notfall-Kommandozentrale sowie als Nachrichtenzentrale<br />

der Marine und der Flugmeldeabteilung West (Friedrichsort).<br />

Der Bunker besitzt eine Grundfläche von 550 qm und ist mit<br />

seinen drei Etagen 12,5 m hoch. Seine Wandstärke beträgt 2,5<br />

m, <strong>die</strong> der Decke 3,7 m. Man betrat ihn durch <strong>die</strong> Eingänge an<br />

der West- oder der Ostseite, <strong>die</strong> durch Druckluftschleusen und<br />

Splitterschutzvorbauten geschützt waren. Im Inneren befindet<br />

sich ein doppelläufiges Treppenhaus. Zahlreiche Innenwände sind<br />

herausgebrochen.<br />

Vom „Flandernbunker“ aus wurden Abwehrmaßnahmen bei<br />

Luftangriffen sowie Polizei- und Feuerwehreinsätze im Kieler<br />

Stadtgebiet koordiniert. Zugang zum Bunker besaßen zunächst<br />

nur Marinesoldaten und eingeschränkt auch deren Angehörige.<br />

Gegen Ende des Krieges wurde der Bunker auch für Zivilisten aus<br />

der Umgebung geöffnet. Er wurde unter den Alliierten entfestigt<br />

und wird- nach dem Abriss der denkmalgeschützten Ruine des<br />

U-Bootbunkers „Kilian“- seit 2001 vom Verein Mahnmal Kilian als<br />

Denk- Ort, Mahnmal und Museum betrieben.<br />

Ehemaliger Wasserturm<br />

Niebuhrstraße 5, Kiel-Ravensberg<br />

1898 wurde der Wasserturm am Ravensberg, entworfen von<br />

dem Stadtbaurat Rudolph Schmidt, seiner Nutzung übergeben.<br />

Gedrungen und massig erinnert der Backsteinturm an mittelalterliche<br />

Burg-, Stadt- und Befestigungstürme. Ende des 19. Jahrhunderts<br />

gab es, bedingt durch das rasante Wachstum der Stadt<br />

Kiel, einen kontinuierlich steigenden Bedarf an Trinkwasser. Die<br />

sich täglich wiederholenden Versorgungsschwierigkeiten in den<br />

oberen Stockwerken der Wohnhäuser erforderten zu dem bereits<br />

bestehenden Wasserreservoir im Vieburger Gehölz ein zweites.<br />

So wurde über dem 1886 erbauten Erdbehälter auf dem Ravensberg<br />

der zweite Hochbehälter, der Wasserturm errichtet.<br />

Er wurde nicht nur aus technischen Erfordernissen auf dem<br />

höchsten Punkt im Norden der Stadt erbaut, sondern auch aus<br />

ästhetischen:<br />

„Da der Wasserturm inmitten eines voraussichtlich in einigen<br />

Jahren bebauten Stadtteils auf einem Platze mit freiem Einblick<br />

liegt, so ist derselbe... in einer für ein so monumentales Bauwerk<br />

erforderlichen geschmackvollen Weise ausgebildet worden und<br />

bedeutet einen weithin sichtbaren Schmuck unserer Stadt.“ (Der<br />

Direktor der städtischen Gas- und Stadtwerke R. Rippig, 1898.)<br />

Der bedeutende Stadtplaner Josef Stübben plante Anfang des<br />

20. Jahrhunderts <strong>die</strong> als breiten Boulevard angelegte Esmarchstraße<br />

als optische Verbindungsachse zwischen der 1872/73<br />

gebauten Sternwarte und dem Wasserturm.<br />

Wie <strong>die</strong> meisten der Ende des 19. Jahrhunderts errichteten


Wassertürme hat auch <strong>die</strong>ser einen so genannten Intze-Behälter.<br />

Der Aachener Professor Intze entwickelte eine 1883 patentierte<br />

Konstruktion, <strong>die</strong> bei dem Wasserturm am Ravensberg modifiziert<br />

wurde: Der vorhandene Erdbehälter mit seinem verhältnismäßig<br />

großen Durchmesser <strong>die</strong>nte als Fundament des neuen Gebäudes.<br />

Der neue obere Wasserbehälter musste daher nur als Ring und<br />

nicht als geschlossene Konstruktion ausgebildet werden.<br />

1976 wurde <strong>die</strong> äußere Backsteinfassade mit Helmaufsatz vom<br />

Landesamt für Denkmalpflege in das Denkmalbuch des Landes<br />

als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung eingetragen und<br />

unter Denkmalschutz gestellt.<br />

1990 wurde der Ringbehälter außer Betrieb genommen und eine<br />

neue Nutzung gesucht. Bereits in <strong>die</strong>ser Zeit wurde Wohnen im<br />

Turm diskutiert. Durch den Wegfall der Wasserlast in den Behältern<br />

auf <strong>die</strong> Ringmauern kam es zu statischen Störungen.<br />

2000 wurde der Turm an einen privaten Investor verkauft, der<br />

in <strong>die</strong> Erhaltung des Industriedenkmals investierte. So wurde<br />

der obere Ring saniert und das Dach neu mit Bitumen gedeckt.<br />

Geplant war eine zukünftige Nutzung als internationale Begegnungsstätte,<br />

das „Ostseeforum“, mit Kooperationspartnern des<br />

gesamten Ostseeraums, aus den Bereichen Bildung, Kultur und<br />

Wirtschaft mit Schwerpunkt Designforum und Designbörse. Da<br />

wenig Resonanz aus der Politik erfolgte, gab der Eigentümer das<br />

Projekt auf. Auch andere Nutzungsvarianten wurden projektiert,<br />

aber nie in konkrete Planungen umgesetzt. Als Interimsnutzungen<br />

fanden Theateraufführungen und Feste in dem einzigartigen<br />

Raum statt.<br />

2013 erwirbt <strong>die</strong> BPB Bauentwicklungsgesellschaft das Kulturdenkmal<br />

als neue Eigentümerin und verfolgt <strong>die</strong> Umnutzung als<br />

Wohnturm. Einerseits kann dadurch ein wichtiger, der technische<br />

Aspekt des Wasserturmes als Symbol des technischen Fortschrittes<br />

im neunzehnten Jahrhundert nicht erhalten bleiben: <strong>die</strong> Intze-<br />

Konstruktion. Wasserbehälter, <strong>die</strong> hervorragende Stahldachkonstruktion<br />

und natürlich der atemberaubende große Innenraum<br />

gehen unwiederbringlich verloren. Einzig <strong>die</strong> verzierte, geradezu<br />

romantisch wirkende Innentreppe wird in Einzelteile zerlegt als<br />

Außentreppen wiederzufinden sein. Andererseits bleibt der Turm<br />

auf Dauer als städtebauliche Landmarke, weit über <strong>die</strong> Kieler<br />

Stadtgrenze sichtbar erhalten – und nur auf <strong>die</strong> Hülle erstreckt<br />

sich der Denkmalschutz.<br />

Alter Botanischer Garten, Topfhaus<br />

Schwanenweg /Düsternbrooker Weg, Kiel-Mitte<br />

Das ehemalige Gewächshaus, in seinem backsteinernen Kernbau<br />

zusammen mit dem 1884/85 errichteten Botanischen Institut<br />

entstanden, ist 31 Meter lang und 5 Meter tief. Es liegt südwestlich<br />

des Aussichtspavillons und oberhalb des im Zweiten<br />

Weltkrieg zerstörten Botanischen Instituts. Heute liegt dort das<br />

1950/51 errichtete Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde<br />

und nur noch der nördliche Hörsaalanbau des<br />

Botanischen Instituts ist erhalten.<br />

1929 wurde das Gewächshaus mit seinen südlichen Glashausanbauten<br />

erweitert und nach seiner Wiedereröffnung 1947 sind<br />

weitere neue Glashäuser überliefert: ein Kalthaus, ein Afrika-<br />

Haus und ein Tropen- und ein Orchideenhaus 1 .<br />

Von 1978-1984 wurden <strong>die</strong> Pflanzenbestände in den fünften, den<br />

„Neuen Botanischen Garten“ auf den neuen Campus der<br />

Christian-Albrechts-Universiät nördlich der Olshausenstraße<br />

verlegt. 1984 erfolgte der Abriss der Glashäuser und nur der<br />

backsteinerne Kernbau mit Gärtner- und Heizerwohnung, mit<br />

Umtopfräumen sowie einem vollen Kellergeschoss blieben<br />

1<br />

Die Nachkriegsgeschichte <strong>die</strong>ser Gewächshausanlage wurde bisher<br />

nicht weiter erforscht.


erhalten und wurden seitdem verschiedenen Nutzungen<br />

zugeführt. Heute steht das Erdgeschoss des Topfhauses mit der<br />

Wohnung leer. Durch einen Teil des Kellergeschosses verläuft<br />

eine Fernwärmeleitung, <strong>die</strong> das Gebäude indirekt beheizt.<br />

Außerdem befindet sich hier eine Energiezentrale für umliegende<br />

Uniklinikgebäude.<br />

Die preußischen Universitätsgebäude der Christian-Albrechts-<br />

Universiät sind heute herausragende historische Dokumente der<br />

nationalstaatlichen Entwicklung Preußens zum Deutschen<br />

Kaiserreich in der Provinz Schleswig-Holstein. Alle erhaltenen<br />

Gebäude, wie auch <strong>die</strong> zugehörigen Flächen des Alten Botanischen<br />

Gartens und des Kieler Schlossgartens sind seit Anfang<br />

der 1990er Jahre als besondere historische, künstlerische und<br />

städtebauliche Denkmale in das Denkmalbuch des Landes<br />

Schleswig-Holstein eingetragen.<br />

Darüber hinaus ist das Topfhaus auch ein besonderes Denkmal<br />

der schleswig-holsteinischen Botanikgeschichte: ausgehend von<br />

der berühmten Gottorfer Gartenkultur im 17. Jahrhundert, über<br />

<strong>die</strong> mittlerweile fünf verschiedenen Universitätslehrgärten des<br />

17. bis 20. Jahrhunderts, von denen nur noch der Alte Botanische<br />

Garten am Schwanenweg als Denkmal erhalten ist – stellt das<br />

Topfhaus ein zentrales bauliches Element des Ensembles aus<br />

mittlerweile denkmalpflegerisch gut saniertem Alten Botanischen<br />

Garten mit Belvedere-Pavillon, dem zum Literaturhaus umgenutzten<br />

Inspektorenhaus, sowie des seit drei Jahren instandgesetzten<br />

und weiterentwickelten Kieler Schloßgarten dar. Der backstei -<br />

nerne preußische Kernbau ist das letzte bauliche Zeugnis der<br />

ehemals ausgedehnten Gewächshausanlage des Botanischen<br />

Instituts der Christian-Albrechts-Universität. Dieses Gebäude in<br />

seinem Bestand zu sichern und zu sanieren, stellt eine Aufgabe<br />

dar, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Kieler Universität nicht allein schultern kann. Eine<br />

Förderung aus Denkmalpflegemitteln des Bundes könnte <strong>die</strong><br />

Mitfinanzierung des Landes für eine Grundinstandsetzung des<br />

historischen Topfhauses initiieren. Dadurch würde eine universitäre<br />

Folgenutzung des wertvollen Kulturdenkmals möglich, <strong>die</strong><br />

auch ein Zusammenwirken mit dem alteingesessenen Verein der<br />

„Freunde des Alten Botanischen Gartens e.V.“ für öffentliche<br />

kulturelle Nutzungen nicht ausschließt.<br />

Reste der Langeschen Mühle mit den<br />

Schwentinebrücken<br />

An der Holsatiamühle 8, Kiel-Dietrichsdorf<br />

Die Ursprünge der <strong>Sie</strong>dlungen Wellingdorf und Neumühlen-Dietrichsdorf<br />

sind seit dem 13. Jahrhundert belegt. Bereits 1264 wird<br />

eine neue Wassermühle am nördlichen Schwentineufer erwähnt.<br />

1313 taucht im Kieler Rentebuch erstmals <strong>die</strong> Bezeichnung „Novi<br />

Moledini“ auf und ab 1470 <strong>die</strong> Bezeichnung „tor Nyen molen“<br />

(zur neuen Mühle), ins hochdeutsche übersetzt „Neumühlen“. Auf<br />

der so genannten Varendorfschen Karte von 1789-1797 ist eine<br />

Wegeführung über den Fluss im Bereich der Schwentineinseln<br />

gut zu erkennen. Die Anlage von Wellingdorf als Straßendorf<br />

sowie eine ungewöhnlich hohe Anzahl von <strong>Sie</strong>dlungen auf der<br />

anderen Seite der Schwentine lassen einen stark frequentierten<br />

Handelsweg vermuten.<br />

1800 wird Landesbaumeister Johann Adam Richter vom dänischen<br />

König Christian VII. beauftragt, eine Granitquaderbrücke<br />

als Tonnengewölbe in Segmentbogenform zu bauen. Das Baujahr<br />

ist auf dem Schlussstein an der Ostseite der ersten Brücke ablesbar,<br />

auf dem Schlussstein an der Westseite ist noch schwach ein


verwittertes Königsmonogramm erkennbar. Die erste, südliche<br />

Brücke ist circa 5,20 Meter breit, ihre Spannweite beträgt 7,35<br />

Meter. Die zweite Brücke ist nach einem Aufmaß von 1997 zehn<br />

Zentimeter breiter, sonst aber von gleicher Bauart und Spannweite.<br />

Wie zu Ursprungszeiten ist <strong>die</strong> Fahrbahn mit Großgranit<br />

gepflastert. Seit den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts<br />

ergänzen seitliche Fußwege <strong>die</strong> Brücken und verdecken <strong>die</strong><br />

eigentliche Bogenkonstruktion. Diese Fußgängerbrücken wurden<br />

bei der Grundsanierung 2007-2008 ersetzt, so dass <strong>die</strong> Brücken<br />

wieder erlebbar und das Verweilen dort, wie auch in der nahen<br />

Umgebung, angenehm ist. Aus einem unbequemen, unansehnlichen<br />

Denkmal ist mit Hilfe von öffentlichen Mitteln ein angenehmer<br />

Ort geworden, an dem sich BürgerInnen und BesucherInnen<br />

der Stadt gerne aufhalten. Seit 1993 stehen <strong>die</strong> Brücken unter<br />

Denkmalschutz.<br />

In der unmittelbaren nördlichen Umgebung befinden sich <strong>die</strong><br />

Reste der ehemaligen Langeschen Mühle von 1874. Heute sind<br />

von dem ursprünglich sechsgeschossigen Backsteingebäude,<br />

das in seiner Länge vom Nordufer bis über <strong>die</strong> Schwentineinsel<br />

reichte, nur das Segmentbogentonnengewölbe, das quer im<br />

Schwentinelauf steht, und <strong>die</strong> Nord-West Ecke des Erdgeschosses<br />

erhalten geblieben.<br />

Auf dem südlichen Ufer säumt eine Gruppe von Baudenkmalen<br />

aus verschiedenen Zeitepochen <strong>die</strong> Zufahrt zu den Schwentinebrücken:<br />

Das Gasthaus „Stadt Kiel“, Schönberger Straße 1, wurde vermutlich<br />

um 1810 errichtet. Wegen fehlender Wirtschaftlichkeit wurde<br />

<strong>die</strong> Abbruchgenehmigung durch <strong>die</strong> Stadt Kiel erteilt. Geplant ist<br />

hier ein Neubau für Wohnungen.<br />

Die ehemalige Wassermühle, Schönberger Straße 2, wurde 1799<br />

vollendet. Heute wird das Gebäude zum Wohnen genutzt.<br />

Die ehemalige Sparkasse, Schönberger Straße 3, wurde im Jahr<br />

1927 von dem Kieler Architekten Theede erbaut und <strong>die</strong>nt nach<br />

dem Verkauf 2011 als Bürogebäude.<br />

Industriemuseum Ehemalige Howaldtsche<br />

Metallgießerei<br />

Grenzstraße 1, Neumühlen - Dietrichsdorf<br />

Heute genießt das Denkmal ehemalige Metall-Gießerei als<br />

Museum in der Kieler Museumslandschaft eine hohe Akzeptanz.<br />

Aber das war einst ganz anders. Im Jahre 1985 bestand<br />

<strong>die</strong> Absicht, am Ende der Hörn ein „Museum für Industrie- und<br />

Alltagskultur“ einzurichten. Hierfür sollte <strong>die</strong> ehemalige Metallgießerei<br />

der Howaldtswerke abgetragen und gewissermaßen als<br />

Glanzstück des künftigen Areals dort wieder aufgebaut werden.<br />

Dagegen regte sich im Stadtteil erheblicher Widerstand. Nach<br />

Jahren andauernden Streits stellte das Stadtmuseum 1991 fest,<br />

“von einer Umsetzung [der Gießerei] wird Abstand genommen.“<br />

Mittlerweile waren nämlich <strong>die</strong> Kosten für das Museum<br />

exorbitant gestiegen, wurde der Standort Hörn verworfen und<br />

eine hochgradige Schwermetallbelastung des Innenraumes der<br />

Gießerei festgestellt. Nach <strong>die</strong>ser Entscheidung kündigte der Landeskonservator<br />

an, <strong>die</strong> Gießerei unter Denkmalschutz zu stellen.<br />

In einer ersten Stellungnahme legten <strong>die</strong> damaligen Hafen- und


Verkehrsbetriebe dagegen Widerspruch ein. Das Gelände läge<br />

am Rande des im Bau befindlichen Ostuferhafens. Hier sei hafenorientiertes<br />

Gewerbe vorgesehen. Die Gießerei lag zudem auf der<br />

geplanten Trasse für <strong>die</strong> Einfahrt zum Hafen. In denselben Zeitraum<br />

fällt <strong>die</strong> Entscheidung, <strong>die</strong> Fachhochschule Kiel im östlichen<br />

Randbereich der ehemaligen Howaldtswerke anzusiedeln. Damit<br />

ergab sich eine völlig neue Geschäftsgrundlage.<br />

Die Metallgießerei wird 1884 nach Plänen von Semper-Schüler<br />

Heinrich Moldenschardt (1839-1891) auf dem Gelände der „Kieler<br />

Schiffswerft“ als Teil der eigenständigen Maschinenfabrik Gebrüder<br />

Howaldt erbaut. Bereits zuvor, 1876, gründet und betreibt<br />

Georg Howaldt am Nordufer der Schwentinemündung in der<br />

Gemeinde Dietrichsdorf gelegen, seine Werft. 1889 fusionieren<br />

beide Betriebe zur „Howaldtswerke“. Die Metallgießerei gehört<br />

zur Frühphase der baulichen Entwicklung <strong>die</strong>ses Betriebes und ist<br />

heute zugleich ein bedeutendes Denkmal für <strong>die</strong> Entwicklung der<br />

Werftindustrie Kiels und ein Beispiel für qualitativ hochwertige<br />

Industriearchitektur. Als zeittypischer Gelbklinkerbau mit roten<br />

Ziersteinen und ausgewogener Fassadengliederung steht der Bau<br />

exemplarisch für eine Fülle von Werftbauten gleicher Architektursprache<br />

aus der Gründerzeit, nicht nur der Howaldtswerft,<br />

sondern ehemals aller drei Großwerften auf dem Kieler Ostufer.<br />

Durch Zerstörungen während des zweiten Weltkrieges, Niederlegung<br />

oder Umbauten in der Nachkriegszeit ist, mit Ausnahme<br />

<strong>die</strong>ser Gießerei, keiner der historischen Bauten mehr unverfälscht<br />

erhalten. <strong>Sie</strong> ist damit auch ein Erinnerungszeichen an <strong>die</strong><br />

bewegte Werftvergangenheit.<br />

Eine architektonische Besonderheit <strong>die</strong>ses Gebäudes ist der<br />

nahezu quadratische Grundriss von 16 mal 17 Metern, über dem<br />

sich aus einem flachgeneigten Pyramidendach, mit einem zur<br />

Belüftung <strong>die</strong>nenden Laternenaufsatz, ursprünglich ein zylindrischer<br />

hoher Mittelschornstein erhob. Heute ist <strong>die</strong>ser durch eine<br />

Stahlkonstruktion nachempfunden. Im Hauptgeschoss befindet<br />

sich unter dem offenen Dachstuhl heute wie früher der Gießsaal.<br />

Das ehemalige Materiallager im Sockelgeschoss ist jetzt der<br />

Eingangsbereich zum Museum.<br />

Der professionelle Betrieb der Metallgießerei wird 1980<br />

eingestellt. Seit 1968 war das Werk Dietrichsdorf Teil der HDW<br />

(Howaldtswerke – Deutsche Werft AG). Anfang der 80er-Jahre<br />

wird der Standort Dietrichsdorf aufgegeben, der Werftbetrieb auf<br />

das HDW-Werk Kiel-Gaarden konzentriert. Seit dem 1.1.2013, im<br />

Jahre des 175. Jubiläums, ist der Name Howaldt in Verbindung<br />

mit der Werft nur noch Industriegeschichte. Thyssen Krupp Marine<br />

Systems GmbH (TKMS) heißt <strong>die</strong> traditionsreiche Werft jetzt.<br />

Neben Kiel gehören <strong>die</strong> Werften Emden, Hamburg und Karlskrona<br />

(Schweden) zum Verbund. Lediglich in der Bezeichnung<br />

des Gießerei-Museums wird der Name der Gründerväter künftig<br />

allein der Nachwelt in Erinnerung bleiben. Auf dem früheren<br />

Werftgelände in Kiel-Dietrichsdorf entsteht, wie eingangs bereits<br />

erwähnt, in den Folgejahren der Kieler Ostuferhafen, in den<br />

östlichen Randbereichen <strong>die</strong> Fachhochschule Kiel.<br />

Mit Wirkung vom 30. April 1992 stellt das Landesamt für<br />

Denkmalpflege Schleswig-Holstein <strong>die</strong> ehemalige Metallgießerei<br />

unter Denkmalschutz. Ohne konkrete Nutzung verfällt das<br />

Bauwerk aber zusehends. Um den Verfall zu stoppen, veranlasst<br />

das Landesamt 1995 aus Eigenmitteln Sofort- und Sicherungsmaßnahmen.<br />

Mit dem Ziel, das Kulturdenkmal der Nachwelt zu<br />

erhalten und ein Museum zu betreiben, gründet sich 2003 der<br />

Verein „Industriemuseum Howaldtsche Metallgießerei“. Selbiger<br />

feierte im August sein 10-jähriges Bestehen. Zum 1. Januar<br />

2005 übernimmt der Verein von der Landeshauptstadt Kiel in<br />

einem Erbbauvertrag mit 15-jähriger Laufzeit <strong>die</strong> Immobilie. Mit<br />

Hilfe von Fördermitteln der Deutschen Stiftung Denkmalschutz,<br />

des Landesamtes für Denkmalpflege und des Förderprogramms<br />

URBAN II der EU kann unter der Federführung des Architekturbüros<br />

Krug + Schwinghammer bereits am 15. April 2005 mit der<br />

Restaurierung begonnen werden. Zum 30. Internationalen Museumstag<br />

am 20. Mai 2007 nimmt das Museum im Beisein des<br />

damaligen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen offiziell<br />

seinen Betrieb auf.<br />

Das Museum wird ehrenamtlich geführt und ist in der Saison<br />

(Ende März bis Ende Oktober) jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr<br />

geöffnet. Darüber hinaus finden zahlreiche Sonderveranstaltungen<br />

statt. Gruppenführungen, auch in der Woche, sind nach<br />

Vereinbarung möglich.


Impressum<br />

Herausgeberin<br />

Landeshauptstadt Kiel<br />

Dezernat für Stadtentwicklung und Umwelt<br />

Amt für Bauordnung, Vermessung und Geoinformation<br />

Untere Denkmalschutzbehörde<br />

Fleethörn 9<br />

24103 Kiel<br />

Tel.: (0431) 901-2635/2626<br />

E-Mail: denkmalschutzbehoerde@kiel.de<br />

Redaktion<br />

Untere Denkmalschutzbehörde Kiel<br />

Pressereferat<br />

Kartografie<br />

Amt für Bauordnung, Vermessung und Geoinformation<br />

Titelbild/ Layout<br />

pur.pur GmbH Visuelle Kommunikation<br />

Fotonachweise<br />

Bethlehemkirche: Gerd Schöneich<br />

Alle anderen Fotos: Landeshauptstadt Kiel, Barbara Nachtigall<br />

Titelbilder: Landeshauptstadt Kiel, Jessica Degen-Heuer,<br />

Barbara Nachtigall<br />

Texte<br />

Festung Friedrichsort: Marén Gröschel<br />

Bethlehemkirche: Volker Landa, Barbara Nachtigall<br />

Kesselhaus: Kirstin Rupp, Barbara Nachtigall<br />

Flandernbunker: Jens Rönnau<br />

Wasserturm: Barbara Nachtigall<br />

Topfhaus: Dr. Margita Meyer<br />

Langesche Mühle: Jessica Degen-Heuer, Barbara Nachtigall<br />

Howaldtsche Metallgießerei: Sönke Petersen<br />

Druck<br />

nndruck, Kiel<br />

August 2013, 3000 Exemplare


www.kiel.de

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