Konflikte und Gewalt 5 - Jugendinformationszentrum
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<strong>Gewalt</strong>prävention im Sport<br />
ihr seltsam vorkommt, das auch ansprechen kann.<br />
Und das erreicht man – um es wieder auf den<br />
Sportverein zu bringen – wenn im Verein eine Kultur<br />
des darüber Sprechens etabliert ist? Das heißt, man<br />
nimmt das Thema überhaupt erst in den M<strong>und</strong>?<br />
Ja! Es geht letztendlich darum, sich dessen bewusst zu<br />
werden, dass sexualisierte <strong>Gewalt</strong> etwas ist, was tatsächlich<br />
<strong>und</strong> alltäglich stattfindet. Das nicht zu verdrängen,<br />
sondern das für möglich zu halten <strong>und</strong> dadurch<br />
eine Offenheit zu haben für die Beobachtung<br />
des Geschehens.<br />
In den Anfängen der Arbeit zum Thema „Sexueller<br />
Missbrauch von Mädchen“ wurde weit verbreitet,<br />
beispielsweise in den Schulen, den Kolleginnen <strong>und</strong><br />
Kollegen, die etwas beobachtet hatten, Hysterie oder<br />
Prüderie vorgeworfen. Das ist natürlich ein Vorwurf,<br />
der dann im Raume steht. Das waren oft einzelne<br />
Lehrerinnen, die wollten, dass das an der Schule thematisiert<br />
wird, die bemerkten, dass alltäglich Grenzüber<br />
schreitungen stattfinden.<br />
Warum entsteht so ein Vorwurf der Prüderie oder der<br />
Hysterie, wo kommt das her?<br />
Der kann nur daher kommen, dass so Gedanken wie:<br />
„Stell dich doch nicht so an“ weit verbreitet sind.<br />
Dass es eben in weiten Kreisen unserer Gesellschaft<br />
kein Verständnis dafür gibt, dass ein achtsamer <strong>und</strong><br />
respektvoller Umgang miteinander <strong>und</strong> untereinander<br />
ein großer Wert ist. Ein nicht achtsamer <strong>und</strong> nicht<br />
respektvoller Umgang miteinander findet ja in weiten<br />
Kreisen ganz alltäglich statt! Und das ist ja akzeptiert!<br />
Da werden ständig Grenzen überschritten. Es finden<br />
ständig Verletzungen statt, gegen die man sich dann<br />
irgendwann im Laufe des Heranwachsens <strong>und</strong> des<br />
Erwachsenwerdens eine dicke Haut anlegt.<br />
Was bewirkt so eine „dicke Haut“?<br />
Die dicke Haut bewirkt, dass man Empathie verliert,<br />
dass letztendlich ein Austausch mit anderen, ein<br />
Miteinander-Sein, überhaupt nicht mehr möglich ist.<br />
Ein respektloser Umgang miteinander hat eine wahnsinnig<br />
hohe Akzeptanz <strong>und</strong> führt zu so einem<br />
Empathie verlust.<br />
Wie kriegt man denn die „dicke Haut“ wieder weg?<br />
Es geht um die eigene Haltung. Die Haltungsentwicklung<br />
muss Selbstreflexion beinhalten, es muss eine<br />
Sensibi lisierung für sich selbst, für das eigene Erleben<br />
<strong>und</strong> auch für Grenzverletzung möglich werden.<br />
Grenzver letzung im Sinne selbst erfahrener<br />
Grenzverletzung. Im besten Fall auch selbst verübter<br />
Grenzverletzung – das ist ja genauso wichtig. Nicht<br />
nur wahrzunehmen, wo ich selbst verletzt wurde,<br />
sondern auch, wie ich andere verletze. Wir nennen<br />
das Haltungs entwicklung. Das ist eigentlich unsere<br />
große Über schrift. Da ist Reflexion ein wichtiger<br />
Aspekt.<br />
Das geht aber nicht „mal eben so“, oder?<br />
Die Präventionsarbeit mit den Mädchen <strong>und</strong> Jungen<br />
muss sowieso kontinuierlich geleistet werden, das<br />
gleiche gilt für die Arbeit mit den Eltern. Aber auch<br />
bei den Haupt- <strong>und</strong> Ehrenamtlichen kann es ja nicht<br />
nur eine Fortbildung geben <strong>und</strong> dann ist das Thema<br />
erledigt.<br />
Alles andere bleibt leicht äußerlich. Wenn man das<br />
auf der instrumentellen Ebene betrachtet, dann ist<br />
alles wichtig. Das muss alles gemacht werden. Verhaltenskodizes<br />
entwickeln, Führungszeugnisse einholen,<br />
Fortbildungen anbieten <strong>und</strong> so weiter. Es gibt aber<br />
immer die Gefahr, dass das auf der äußerlichen Ebene<br />
bleibt, dass es als reines Instrument angewandt wird,<br />
dass man dadurch das eigene Gewissen beruhigt oder<br />
auch nach außen ein Signal setzt.<br />
Die eigentliche Herausforderung ist die tiefer gehende<br />
inhaltliche Auseinandersetzung mit dem<br />
Thema, das Entwickeln einer Haltung.<br />
Vielen Dank für das Gespräch.<br />
Kontakt:<br />
Allerleirauh (siehe Adressen)<br />
E-Mail: info@allerleirauh.de<br />
Ist ja auch bequemer, wenn man sich so einem<br />
Problem nicht stellen muss.<br />
Ja, auch weil es keine wichtige Norm ist. Wir kennen<br />
das, auch aus der Jugendarbeit, mit dem Begriff<br />
„Respekt“ zu arbeiten. Aber das wirklich zu füllen,<br />
das emotional zu füllen ...<br />
Das Wort „Respekt“ auch auf den Bereich der sexuellen<br />
Selbstbestimmung anzuwenden?<br />
Ja. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.<br />
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