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Primäre ZNS-Lymphome

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M E D I Z I N<br />

ZUR FORTBILDUNG<br />

Überlebenskurve in der RTOG-Studie<br />

korrespondierte mit der in einer<br />

retrospektiven Auswertung von 308<br />

P<strong>ZNS</strong>L-Patienten ermittelten Fünf-<br />

Jahres-Überlebensrate von sieben<br />

Prozent (38) und bestätigte, daß die<br />

Strahlentherapie trotz der Verwendung<br />

maximal tolerabler Dosen in<br />

der Behandlung der P<strong>ZNS</strong>L keinen<br />

kurativen Stellenwert hat. Die Bestrahlung<br />

der Neuroachse verbessert<br />

das Überleben der Patienten nicht<br />

und kann wegen Zerstörung der Knochenmarkreserve<br />

die spätere Durchführung<br />

einer Chemotherapie erschweren<br />

(29, 49).<br />

✑ Chemotherapie mit<br />

Radiotherapie<br />

Der erste erfolgreiche Behandlungsversuch<br />

eines P<strong>ZNS</strong>L mit systemischer<br />

Gabe von hochdosiertem<br />

Methotrexat (MTX) mit Leukovorin-<br />

Rescue wurde 1977 durchgeführt (55).<br />

Seither berichteten mehrere Untersucher<br />

über ihre Erfahrungen mit systemischer<br />

Chemotherapie bei zumeist<br />

kleinen Kollektiven von Patienten<br />

mit primären und sekundären <strong>ZNS</strong>-<br />

<strong>Lymphome</strong>n (Tabelle 2) (3, 6, 8, 10, 13,<br />

14, 19, 22, 28, 31, 40, 52, 58). Die Protokolle<br />

enthielten nahezu alle mittelbis<br />

hochdosiertes MTX als Monosubstanz<br />

oder in Kombination mit anderen<br />

Zytostatika und eine konsolidierende<br />

Schädelbestrahlung. Einige<br />

Arbeitsgruppen konnten mediane<br />

Überlebenszeiten von über 40 Monaten<br />

und Fünf-Jahres-Überlebensraten<br />

von über 30 Prozent erzielen. In der<br />

wohl bekanntesten, prospektiven Studie<br />

mit 31 Patienten, durchgeführt<br />

von DeAngelis (14), konnte mit einer<br />

Kombinationstherapie, bestehend<br />

aus mittelhochdosiertem MTX systemisch<br />

und mehrfach wiederholt intrathekal,<br />

Schädelradiatio und anschließend<br />

hochdosiertem Cytosinarabinosid<br />

(AraC) eine mediane Überlebenszeit<br />

von 42,5 Monaten erreicht<br />

werden. In zwei Zusammenfassungen<br />

der bisher publizierten Studien, die jeweils<br />

über 1 000 Patienten umfaßten,<br />

betrugen die medianen Überlebenszeiten<br />

der nur bestrahlten Patienten<br />

16,6 beziehungsweise 16 Monate und<br />

die der kombiniert behandelten Patienten<br />

29,1 beziehungsweise 27 Monate<br />

(16, 49).<br />

Das Design der meisten Therapieprotokolle<br />

ist bisher an die Behandlung<br />

systemischer <strong>Lymphome</strong><br />

angelehnt ohne Berücksichtigung<br />

pharmakokinetischer Prinzipien der<br />

Medikamentenaufnahme in das <strong>ZNS</strong><br />

(Tabelle 3). Zwar ist bei großen zerebralen<br />

Tumoren initial die Blut-Hirn-<br />

Schranke gestört und der Tumor dadurch<br />

auch nicht hirngängiger Chemotherapie<br />

zugängig. Innerhalb weniger<br />

Wochen nach Beginn der Chemotherapie<br />

kommt es jedoch parallel zur<br />

Rückbildung des Tumors zu einer<br />

vollständigen Restitution der Blut-<br />

Hirn-Schranke, wodurch residuelle<br />

Tabelle 4<br />

BMPD-Protokoll (nach Thiel)<br />

Zytostatikum Dosierung Verabreichung Therapieschema<br />

BCNU 80 mg/m 2 IV Tag 1<br />

Methotrexat 15 mg intrathekal Tag 1 1<br />

Methotrexat 1500 mg/m 2 /24 h IV Tag 2 2<br />

Leukovorin-Rescue 30 mg/m 2 IV 36 h, 42 h, 48 h, 54,<br />

15 mg/m 2 IV 68 und 78 h nach<br />

5 mg/m 2 oral Beginn der<br />

Methotrexat-Infusion<br />

Procarbacin 100 mg/m 2 oral Tag 1–8<br />

Dexamethason 3 x 8 mg oral Tag 1–14 3<br />

1 wiederholt bei positiver Liquorzytologie<br />

2 10% der Dosis über 0,5 h, der Rest über 23,5 h<br />

3 nur im Zyklus 1<br />

BMPD: BCNU, HD Methotrexat, Procarbacin, Dexamethason.<br />

Wiederholung Tag 22<br />

Tumorzellen geschützt werden und<br />

später zu einem Rezidiv führen (46).<br />

Die Bedeutung der Hirngängigkeit<br />

der Zytostatika wird offensichtlich<br />

durch die fehlende Überlebenszeitverlängerung<br />

im Vergleich zur Strahlentherapie<br />

allein in Studien, die ausschließlich<br />

nicht hirngängige Substanzen<br />

verwendeten (9, 35, 54). Eine Verbesserung<br />

der Blut-Hirn-Schranken-<br />

Penetration wurde von Neuwelt<br />

durch die osmotische Disruption mit<br />

Mannitol in einem sehr aufwendigen<br />

Verfahren erreicht (44). Einfacher<br />

und ebenfalls effektiv ist die Verwendung<br />

ausschließlich hirngängiger Zytostatikakombinationen,<br />

wie zum<br />

Beispiel das von uns entwickelte<br />

BMPD-Protokoll (Tabelle 4). Von den<br />

elf auswertbaren Patienten mit primären<br />

und sekundären <strong>ZNS</strong>-<strong>Lymphome</strong>n<br />

konnte mit Chemotherapie allein<br />

eine Remission bei acht Patienten erreicht<br />

werden; die Nebenwirkungsrate<br />

war auch bei über 70jährigen Patienten<br />

erstaunlich gering. Nach einer<br />

konsolidierenden Schädelbestrahlung<br />

betrugen die Überlebenszeiten bis zu<br />

vier und 42 Monate (58). Einen CT-<br />

Verlauf nach BMPD-Therapie demonstriert<br />

die Abbildung.<br />

✑ Chemotherapie allein<br />

Mit Verlängerung der Überlebenszeit<br />

der Patienten mit P<strong>ZNS</strong>L gewinnt<br />

das Problem der späten neurologischen<br />

Toxizität in Form von<br />

Ataxie und Demenz an Bedeutung.<br />

Ihre Häufigkeit beträgt bei über<br />

50jährigen bis 41 Prozent (14). Prädisponierend<br />

sind: fortgeschrittenes Alter,<br />

hohe Strahlendosen und Behandlung<br />

mit Chemotherapie nach bereits<br />

erfolgter Schädelbestrahlung (14, 58).<br />

Zwar ist die Leukenzephalopathie<br />

auch nach hochdosiertem MTX allein<br />

berichtet worden, ihre Häufigkeit<br />

steigt jedoch deutlich bei zusätzlicher<br />

Verwendung von Strahlentherapie. Es<br />

wurde daher von einigen Untersuchern<br />

bewußt auf den Einsatz von<br />

Strahlentherapie zur Konsolidierung<br />

des Chemotherapieeffektes verzichtet<br />

(Tabelle 5) (11, 18, 44). In der bereits<br />

erwähnten Studie behandelte Neuwelt<br />

A-356<br />

(48) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 6, 12. Februar 1999

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