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TRGS 551

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Ausgabe i9g1<br />

Technische Fiegel'n<br />

FiJR GEFAHRSTOFFE<br />

Pyrolyseprod'ukte<br />

aus organischem Material<br />

<strong>TRGS</strong> <strong>551</strong><br />

,<br />

Die Technischen Regeln fur Gefanrstoffe (<strong>TRGS</strong>) geben den Stand der<br />

sicherheitstechnischen, arbettsmedizinischen, hygienischen sowie arbeitswissenschattlichen<br />

Anforderungen an Gefahrstoffe hinsichtlich Inverkehrbringen und<br />

Umgang wieder . Sie werden vom<br />

Ausschuf3 fur Gefahrstoffe (AGS)<br />

aufgestellt und von ihm, der Entwicklung entsprechend angepafit . Die <strong>TRGS</strong> werden<br />

vom Bundesminister f'u prbeit ind Sozialordnung im Bundesarbeitsblatt<br />

(BArb81) ~ vom Bundesminister fiir Umwelt,Naturschutz<br />

und Reaktorsicherheit im Bundesgesundheitsblatt be--<br />

kanntgegeben .<br />

Dieses Blatt enthalt Hinweise zur Beurteilung von Arbeitsplatzen, an denen Pyrolyseprodukte<br />

aus organischern Material' entstehen oder an denen mit solchen umgegangen<br />

win3 :'),<br />

Im ubrigen wird auf die Vorschriften der GefahrstoHverordnung Anhang II Nr . 1' verwiesen<br />

.<br />

Inhalt<br />

1 . Anwendungsbereich<br />

2 Begriffsbestimmungen<br />

3. BeurteilungsmaBstab<br />

4. Sonderbestimmungen<br />

5. Eriauterungen .<br />

1 . Anwendungsberelch<br />

1 .1 Dieses Blatt gitt fwr Verfahren bzw . Arb'eiten, bei'denen Pyrolyseprodukte aus organischem<br />

Material hergestellt oder verwendet werden . Es gilt femer fur Verfahren<br />

bzw-. Arbeiten, bei denen unter den besonderen Bedingungen des Umgangs aus<br />

anderen Stoffen. Z.B . im Vertauf einer gewollten chemischen Umsetzung . Pyro-<br />

- lyseprodukte aus organischem Material als Neben- oder Zwischenpnodukte unbeabsichtigt<br />

erzeugt werden. _<br />

1 .1 .1 Verfahren, bei denen organisches Material im Sinne der in Nr . 2 .1 aufgefuhrten<br />

Begriffsbestimmung thermisch zersetzt (pyrolysiert) wird, sind u .a.<br />

- die tlbertOhrung von Kohle in Koks, Kokereigas . Rohbenzol und Teer<br />

http://legacy.library.ucsf.edu/tid/utr56e00/pdf<br />

') Der Begriff "Pyrolyseprodukte~aus organischem Material" schlieBt Braunkohlenteer<br />

. Steinkohlenteer, Steinkohlenteerpech . Steinkohlenteer8le<br />

sowie Gemische damit nach <strong>TRGS</strong> 900 sowie Peche, Teere . TeerBle in Bitumen<br />

nach Anhanq V GefStoffv mit ein .


<strong>TRGS</strong> SS t S .ft 2<br />

- die Uberfiihrung von Erddltraktionen in Ethylen, hohere Olefine und Diolefine .<br />

Acetylen und Homologe sowie flussige aromatische Gemische in Crackanlagen<br />

(Ethylencracker)<br />

- die Uber}uhrung von flussigen (nassen) Erdgaskomponenrten in Ethylen, hbhere<br />

Oletine und Diolefine sowie Acetylen und aromatische Gemische in Crackanlagen<br />

- die Uberfuhrung geeigneter petro- und kohlechemischer Rohstoffe in technischen<br />

RuB<br />

die Uberfuhrung von Kohie/Koks und Erdolfraktionen mit Hilte von 1Nasser<br />

dampf in Synthesegas . phenolhaltige Fraktionen und Vergasungsteer<br />

- die Uberfuhrung von Erdoltraktionen in Koks, Gas sowie leichte und schwere<br />

Ole (Coker)<br />

- die Uberfuhrung von Holz in Holzkohle . Holzteer und Holzessig<br />

- die Uberfuhrung von Altreifen und Kunststoffabfalten in aromatische Rohstof#e<br />

(Recyciing)<br />

- Rauchern von l.ebensmitteln<br />

1 .1 .2 Pyrolyseprodukte aus organischem Material sind u .a . :<br />

- Steinkohlenteer (aus der Pyrolyse (Verkokung) von Steinkohle)<br />

- Braunkohlenteer (aus der Pyrolyse (Verkokung) von Braunkohl'e)<br />

- Pyrofysedle aus der Pyrolyse von Erdbtfraktionen zu Olefinen, Diolefinen, Acetylen<br />

und Homologen<br />

- Pyrofyseole aus der Pyrolyse von Methan und erdgasahnlichen Produkten<br />

- Vergasungsteere aus der Pyrolyse von KohJe und Erdolfraktionen zu Synthesegas<br />

- Coker3le aus der Verkokung von Erdoliraktionen<br />

- Holzteer (Hoizkohle) aus der Pyrolyse von Hofz<br />

- Pyrolyse8le aus pyrolydschen Recycling-Prozessen von Altreiten und Kunststoffabfalfen.<br />

1 .1 .3 (1) Pyrolyseprodukte aus organischem Material k8nnen auch unter den besonderen<br />

Bedingungen des Umgangs aus anderen Stoffen, z . B ., im Vertauf einer gewotlten<br />

chemischen Umsetzung als Neben- und Zwischenprodukte unbeabsichtigt<br />

erleugt werden . Hierzu zahlen u . a .<br />

- Gief3en von Essen und StaN bei Anwesenheit organischer Materialien<br />

- Verbnermungsprozesse in allen Verbrennungsmotoren und Heizungsanlagen<br />

mit urnrolistandiger Verbrennung (siehe 5 .1 .2)<br />

(2) Unbeabsichtigt erzeugte Pynotyseprodukte aus organischem Material sind enthalten<br />

z. B . in gebrauchtem Motoren6t' bzw : liegen adsorbiert an RuB aus Hei'-<br />

zungsantagen vor .<br />

1 .1 .4 Einige technisch hergesteltte Pyrolyseproduktp werden destillathr in Destilfate und<br />

Destiltationsruckstende autgetrennt. Die jeweiligen Desnllationsrirckstlltnde sowie<br />

die Destdlate werden (in der Regef nach weiterer physikalischer und/oder chemistter<br />

Nachbehandlung) technisch venaendet :<br />

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TAGs <strong>551</strong> seit. 3<br />

Aus den Destillaten werden beispielsweise reine Verbindungen fur die chemische<br />

Industne hergesteltt (z_8 . Benzol, Xylole . Naphthalin, Anthracen, Phenanthren.<br />

Pyren . Darbazol) ; die Destillate finden auch Venwendung zur Herstellung von technischen<br />

RuBen fur die Automobilreiten- una Druckfarbenherstellung, von Holzschutzmmeln.<br />

Heizolen sowie z . B . von Extraktions- und LBsemitteln .<br />

Die Destillationsruckstande (Peche) finden fast ausschlieBlictt Verwendung in der<br />

metallurgischen Industrie . z . B. zur Herstellung der Kohlenstoffelektroden fur die<br />

Aluminiumerzeugung .<br />

Teere und Peche werden u . a. in der Feuerfestindustrie zum Herstellen hitzebestandiger<br />

Steine, in der Eisen-Huttenind'ustne bei Verwendung besonderer Feuerfestprodukte<br />

sowie in der optischen Industrie ats Kittmittel bei der Linsenherstellung<br />

eingesetzt .<br />

2 Begriffsbestimmungen<br />

2.1 Pyrolyseprodukte aus organischem Material sind Stoffgemische,, die bei der Pyrolyse<br />

des organischen Materials (Erhitzen unter Sauerstoff-AusschluB oder unvollstandige<br />

Verbrennung von organischem Material) entstehen . Diese Stofigemische<br />

enthalten neben niedrig siedenden auch hoher siedende bzw . nicht unzersetzt<br />

destillierbare organische Verbindungen . Pyrolyseprodukte klinnen polycycfische<br />

aromatische Kohlenwasserstoffe und aromatische Heterocyclen enthatten . Zu den<br />

Entstehungsbedingungen von Pyrolyseprodukten aus organischem~Material siehe<br />

auch 5 .1 und 5.2.<br />

2 .1 .1 (1) Polycyclische aromatische Kohfenwasserstoffe, im folgenden PAH (Polycyclic<br />

Aromatic Hydrocarbons) abgekurzt, sind kondensierteorganische Ringverbindungen<br />

. Aufgrund der Bindungsverhaltnisse werden zwei Klassen von PAH unterschieden<br />

:<br />

- ortho-kondensierte (kata•aneilierte) PAH, bei' denen jedes Kohlenstotfatom<br />

nicht mehr als zwei Ringen gemeinsam angehort und sich alle Kohtenstoffatome<br />

in der Penpherie des konjugierten Systems befinden ; -<br />

- peri-kondensierte PAH, bei denen einzelne Kohienstoffatome drei Ringeangeh6ren<br />

und Ringe innere Kohlenstoffatome besitzen, die nicht in der Peripherie<br />

des Molekuls angeordnet sind .<br />

(2) Bezuglich der systematischen Benennung von PAH wird auf die IUPAC-Regeln<br />

verwiesen .+)<br />

2.1 .2 Heterocyclen sind Verbindungen, bei denen in einem Ring e+n oder mehrere<br />

Kohfenstoftatome durch andere Atome, z .B. Stkdcstoff, Sauerstotf . oder Schwefel, .<br />

ersetzt sind .<br />

2 .1 .3 Technische RuBe sind unter kontrollierten Bedingungen hergestellte Produkte mit<br />

jeweils gleichbteibenden physikalischen und chemisChen Eigenschaften (hohe<br />

Adsorptionskapazitat; der mit organischen Li3sungsmitteln extrahierbare Anteil<br />

betrAgt weniger als 0,S°le) .<br />

2.1.4 KaminruBe sowie RuBe aus Verfyrennungsmotoren und Verbrennungsanlagen<br />

entstehen unter nichtdefinierten Bedingungen und haben deshalbvariierende phy-<br />

1) IUPAC-RpNn A-21 . A-22 Wnd e-3.<br />

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<strong>TRGS</strong> <strong>551</strong> Seite 4<br />

sikalische und chemische Eigenschaften (der mit organischen Lasungsmitteln<br />

extrahierbare Antei~l betragt mehr als 10 %, nicht selten bis zu<br />

50 %) .<br />

3 . BeurteillungsmaBstab<br />

3 .1 In der Liste der krebserzeugenden ' -fahrstoffe, Anhang II Nr . 1 .1 (1)<br />

GefStoffV ist Benzo(a)pyren alis Bezugssubstanz fur krebserzeugende<br />

polycyclische aromatilsche Kohlenwasserstoffe in Pyrolyseprodukten aus<br />

organischem Material in die Gruppe II bei Massengehalten im Gefahrstoff<br />

von Z 0,1 % und in die Gruppe III bei Massengehalten zwischen 0,005 und<br />

0,1 % eingeordnet (34) . Diese Festlegung schlieBt andere krebserzeugende<br />

PAH, z . B, die in: der Li :ste eingestufter gefahrlicher Stoffe und<br />

Zubereitungen, Anhang VI GefStoffV, genannten Benz(a)anthracen, Benzo-<br />

(b)fluoranthen, Benzo(j)fluoranthen und Benzo(k)fluoranthen sowie das<br />

in der TA Luft genannte Di,benz(a,h)anthracen mit ein .<br />

3 .2 Beim Umgang mit Pyrolyseprodukten aus organischem Material ist damit zu<br />

rechnen, daB Arbei~tnehmer polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen<br />

ausgesetzt sind . Nach gegenwartigem Kenntnisstand enthalt das<br />

hierbei in der Luft am Arbeitsplatz vorkommende komplexe Stoffgemisch<br />

stets krebserzeugende PAH . Als Anhalt fur die zu treffenden SchutzmaBnahmen<br />

und die meGtechnische Oberwachung am Arbeitsplatz wird der TRK-<br />

Wert f1dr Benzo(a)pyren herangezogen (35) .<br />

4 . Sonderbestimmungen<br />

4 .1 N'.icht unter die Regelung fallen<br />

- Kokse,<br />

- RuBe aus technischen RuBhersteilungsverfahren, Aktivkohlen, Holzkohlen,<br />

Holzteere und Holzpeche, soweit sie Benzo(a)pyren in Konzentrationen<br />

< 50 hg/g enthalten .<br />

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<strong>TRGS</strong> <strong>551</strong> Seite 4 a<br />

4 .2 Bestehen fur Stoffe, die bei der Pyrolyse entstehen, spezielle Regelungen,<br />

sind di'ese vorrangig zu beachten .<br />

5 . Erlauterungen<br />

5 .1 Wenn organisches Material Uber seine Zersetzungstemperatur hinaus unter<br />

Sauerstoffmangel erhitzt wird oder verbrennt, entstehen in Abhangigkeit<br />

vom Ausgangsmaterilal und von den Reaktionsbedingungen u . a . neben<br />

gasformigen niiedermollekularen organischen Verbindungen auch unterschiedlich<br />

zusamnengesetzte komplexe Stoffgemische .<br />

5 .1 .1 Ein Anteil der Pyrolyseprodukte besteht aus polycyciischen aromatischen<br />

Kohlenwasserstoffen und aromatischen Heterocyclen, wenn die Pyrolysen<br />

zwischen ca . 500 °C und 2000 °C d'urchgefuhrrt werden . Mit steigendem<br />

aromatischen Kohlenstoff/Wasserstoff-Verhaltnis des organi'schen Materialis<br />

nimmt der Gehalt an polycyclischen aromatischen Verbindungen in den<br />

Pyrolyseprodukten zu . Bei Pyrolysetemperaturen unterhalb ca . 700 °C<br />

enthalten die Pyrolyseprodukte neben unsubstiltuierten polycyclischen<br />

aromatischen Verbindungen auch deren Alkyl- insbesondere Methyl-Derivate<br />

. Oberhalb ca . 700 °C entstehend'e Pyrolyseprodukte enthalten haufig<br />

Uberwiegend die unsubstituierten aromatischen Verbindungen . PAH' bzw .<br />

PAH-Homologe mit krebserzeugendem Potential befinden si,ch in oberhalb<br />

von 400 °C siedenden Fraktilonen von,Pyrolyseprodukten .<br />

5 .1 .2 Bei der Verbrennung herrschen Temperaturen oberhalb 500 °C . Daher entstehen<br />

bei der unvollstXndigen Verbrennung auch polycyclische aromatische<br />

Kohilenwasserstoffe und aromatische Heterocyclen .<br />

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TtaGS sst s.+te s<br />

5.2 Benzo(alpyren ist in der PAH-Fraktion von Pyrolyseprodukten im Sinne der in<br />

Nr .,2 .1i aufgetuhrten Begnftsbestimmungen regelrnaf3ig vortmarden . Die Mengenverhaltnnsse<br />

der PAH zueinanaer („PAH-Profife") in Emissionen konnen sich z . B .<br />

in Abhangigkeit vom Brennstoff und den Verbrennungsbedingungen wesentl :ch<br />

unterscheiden . So wurden innerhalb eines Verbrennungszyklus (Kaltstart-Warmlauf<br />

beim Kfz . Abbrennphase - Gtutphase beim Kohleofen) wesentliche Unterschiede<br />

gemessen ., Diese Unterschiede verwischen sich jedoch zum Teil uber Iangere<br />

Zeitraume, die biologisch von Bedeutung sind. -<br />

5.3 Krebserzeugende Wirkung<br />

5 .3 .1' Wirkung von PAH und PAH-Fraktionen aus Pyroiyseprodukten aut die Haut im<br />

Tierexpenment<br />

(1) Zahlreiche PAH haben nach haufiger Einwirkung auf die Mausehaut eine unterschiedlich<br />

starke bzw : schwache tumorerzeugende Wirkung, gezeigt, mehrere<br />

PAH erwiesen sich nicht ais krebserzeugend .<br />

(2) Die Wirkungsrelevanz der Profilunterschiede der PAH-Fraktionen scheint sich<br />

nach den vorliegenden tierexperimentellen Ergebnissen an der Mausehaut in relativ<br />

engen Grenzen zu halten . Die tumorerzeugende Wirkung von PAH-Fraktionen<br />

aus Kondensaten der Abgase, die bei der Steinkohleverbrennung entstehen [1 ]<br />

sowie von Otto- [2 .3] und Dieselmotoren (4], erzeugt werden, Iiet3 sich zu 6-17 %<br />

durch ihren Gehalt an Benzo[a)pyren beschreiben : Bei den weniger arbeitsplat2-<br />

relevanten PAH'-Fraktionen die aus Z,garettenrauchkondensat [5] und gebrauchtem.<br />

Motorenol [1) gewonnen worden waren, wurde der Benzo[a]pyren-Anteil an<br />

der tumorerzeugenden Wirkung zu 2 bzw . 25 % berechnet.<br />

(3) Die angegebenen Zahlen liegen in Abhangigkeit von den Tierzahlen . der<br />

Anzahl der Mespunkte sowie ihrer Abweichung : von einer Regressionsgeraden fur<br />

die Dosis-Haufigkeitsbeziehungen . innerhaib eines unterschiedlich gro/3en Ver<br />

trauensbereiches . Wenn man davon ausgeht, daf3 der Anteil von Benzo(alpyren<br />

an den PAH deren krebserzeugende Wirkung mit durchschnittlich 10 % beschreibt,<br />

dann durfte der damit bei Einzelbewertung entstehende Fehler nach der.<br />

bisher vorliegenden Erkenntnissen den Faktor 2 bis 3 nach oben und unten im<br />

allgemeinen nicht uberschreiten . Da bei'den bisher untersuchten PAH-Fraktionen<br />

sowohl die Einsatzstoffe der Pyrolyse als auch die Pyrotysevorgenge selbst sehr<br />

unterschiedlich sind. wird angenommen, daB die Benzo[a]pyren-Wirkung der nicht<br />

untersuchten PAH-Fraktionen aus Pyrofyseprodukten wahrscheinlich innerhalb<br />

dieses Rahmens Iiegt . Infolgedessen wird die Benzo[a]pyren-Kon=entration versuchsweise<br />

als MaBstab fi0r die krebserzeugende Potenz von PAH aus Pyrofyseprodukten<br />

verwendet .<br />

5 .3 .2 Wirkung von Benzo(alpyren auf den Atemtrakt im Tierexperiment<br />

(1) Nach intratrachealer Applikation (Eingabe in die Luftrdhre) zeigt Benzo(alpyren<br />

(bei Ratte (6, 7) und Goldhamster [8, 9, t0]) eine deut6ch sterkere krebserzeugende<br />

Wirkung als nach Inhalation beirrr Goldhamster [111 . Die Tatsache, dal3<br />

nach Inhalation nur Tumoren im oberen Respirationstrakt und im oberen Verdau,<br />

ungstrakt, nicht aber in der Lunge nachgewiesen wurden, deutet auf die bekannte<br />

hohe Effektivitat des Nasenfilters bzw . des entsprechenden C1earince-1Ntechani3-<br />

mus bei Nagern hin . Wegen der in dieser Hinsicht bedeutenden Unterschiede zw+ischen<br />

Nagem und Menschen kann aunAchst davon ausgegangen werden, daB<br />

das oben besprochene Ergebnis nach intratracheafer Applikation von Berzo[a]py-<br />

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TIRG g <strong>551</strong> S.it . 6<br />

ren fur die Verhaltmssse beirn Menschen wahrscheintich relevanter ist als das<br />

Ergebrns nach Inhalation beim Nager [12) :<br />

(2) Zahlreiche Untersuchungen uber die tumorerzeugende Wirkung von Benzo(a)-<br />

pyren nach intratrachealen Instillationen wurden beim Goldhamster durchgefuhrt .<br />

z.T. unter Anwendung hoher Dosen mit geringem EHekt (13)! . Es zeigte sich ledoch,<br />

daf3 mit einer posis von 10 mg Benzo[a)pyren eine Tumorrate von 50 °/, erreicht<br />

werden kann, wenn diese Gesamtdosis auf haufige Instillationen verteift wird (8 .<br />

9 . 10). Bet der Ratte wurden entsprechende Ergebnisse erziett (6. 7) . Aufgrund<br />

weiterer biologischer Expericrmente soilte zu einem spateren Zsitpunkt der gegenwartig<br />

auf die Benzo(a]pyren-Konzentration beschrankte Ma(3stab zur Bestimr<br />

mung der krebserzeugenden Potenz der PAH-Fraktion aus Pyrolyseprodukten<br />

uberprult werden .<br />

5 .3.3 Wirkung auf die Haut beim Menschen<br />

Bereits 1775 erschien die erste Verofientlichung uber das gehaufte Auftreten von<br />

Karzinomen durch Skrotalhaut bei Schomsteinfegem in London . Durch zahlreiche<br />

weitere Beobachtungen an Schornsteinfegern und Teerarbeitern im 19 . Jahrhundert<br />

und zu Beginn des 20 . Jahrhunderts ist gesichert, daB Schomsteinru(3 und<br />

Steinkohienteer beim Menschen Hautkrebs erzeugen konnen [14) : Durch Tierversuche<br />

mit einzelnen Fraktionen des Teeres wurde dessen hauttumorerzeugende<br />

Eigenschaft im wesentlichen auf darin enthaltene PAH zuruckgefuhrt (Schrifttum<br />

in [15J).<br />

5 .3.4 Wirkung auf die Lunge beim Menschen<br />

(1) In mehreren epidemiologischen Untersuchungen wurden bei Kokereiarbeitem<br />

[16,17, 18, 19, 20, 21), und teerverarbeitenden Dachdeckem [22) erhohte Lungenkrebshaufigkeirten<br />

festgestellt . Als Ursache dieser Wirkung kann aufgrund der tierexperimentellen<br />

Edahrungen am ehesten die Inhalation bestimmter PAH' angesehen<br />

werden . Diese Erklan,ng hat bis heute die gro0te Plausibilitat .<br />

(2) Wegen der Vielzahl von Substanzen, die stets gemeinsarn mit tierexperimentell<br />

als krebserzeugend nachgewiesenen Substanzen in Pyrolyseprodukten auftreten,<br />

ist allerdings der Wirkungsanteil' einzelner PAH oder einer Gruppe von PAH aufgrund<br />

sotcher Untersuchungen beim Menschen nicht erfaBbar .,<br />

(3) Aus den voriiegenden epidemiologischen Untersuchungsergebnissen lassen<br />

sich Beziehungen zwischen inhalierter PAH-Oosis und Lungenkrebshaufigkeit<br />

nicht ermitteln . Als Spitzenwerte sind Konzentrationen von mehr als 100 ,uglm3<br />

Benz.o[a]pyren gemessen worden [23) . In einzelnen Arbeitsbereichen wurden<br />

Schichtmittelwerte bis zu etwa 50 ,ug/m; Benzo[a)pyren festgestellt [24, 25) . Bei .<br />

~ der uberwiegenden Anzahl der betreffenden Ihdustriebereiche kann mit Benzo[a)-<br />

pyren-Konzentrationen von etwa 0,01 bis 100Ng/m3 gerechnet werden [24, 25, 26) .<br />

(4) Es ist anzunehmen, dal) mehrere Substanzen, die au(3er den PAH bei der Pyrolyse<br />

organischen Material's am Arbeitsplatz auftreten (z . B . aromatische Amine .<br />

Phenole), als Kanzerogene, ko-kanzerogene Promotoren oder Inhibitoren an den<br />

genannten epirdemiologischen Untersuchungsergebnissert beteiligt sind .<br />

5 .3.5 Wirkung auf die Hamwege beim Menschen<br />

Beobachtungen an BeschAftigten der Gas-Industrie [27, 28,16J~1 srawiie der Kohten-<br />

Teer-Industrie (Literaturangaben in [29]) sprechen dafWr, daB bei der Pyrolyse<br />

organischer Materiafien regelmaBig auch Verbindungen gebildet werden, welche<br />

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<strong>TRGS</strong> <strong>551</strong> Selte 7<br />

Urotheltumoren induzieren konnen . Diese Annahme wird gestutzt durch die Tatsache.<br />

dafi auch bet tigarettenrauchem nicht nur das Bronchialkarzmom-Risiko .<br />

sondem auch das Risiko an Harnwegtumoren zu erkranken . deutlich erhoht ist<br />

[30 . 31) . In diesem Zusammenhang sei aut den Nachweis des Pyrotyseproduktes<br />

2-N'aphthytamin bei Beschaftigten der Gas-Industrie (28) sowie irn Harn des 2igarettenrauchers<br />

(32J hingewiesen . Femer konnen Nitroaromaten, wetche in Pyrolyseprozessen<br />

entstehen, im menschlichen Organrsmus reduktiv in Arylamine<br />

umgewandelt werden [33) und damit zur Induktion bOsartiger Hamwegstumoren<br />

beitragen .<br />

5 .4 Die Begrenzung der PAH-Exposition erscheint bei Bewertung aller Befunde als<br />

ein wirksamer Weg zur Krebsprophylaxe an bestimmtemArbeitsplatzen . Uber die<br />

krebserzeugende Potenz der Gesamtheit des jeweiligen Pyrolyseproduktes . das<br />

au(3er PAH noch andere Substanzen enthalt, kann keine abschlie(iende Aussage<br />

gemacht werden .<br />

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