Schreiben vom 2. September 2013 - DSAG
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Bundesministerium der Finanzen<br />
Herrn Ministerialdirigent<br />
Dr. Hans-Ulrich Misera<br />
Unterabteilungsleiter IV A<br />
11016 Berlin<br />
vorab per E-Mail:<br />
ulrich.misera@bmf.bund.de<br />
Walldorf, 0<strong>2.</strong>09.<strong>2013</strong><br />
Stellungnahme zum BMF-Entwurf "Grundsätze zur ordnungsmäßigen<br />
Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen<br />
und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff<br />
(GoBD)"<br />
(Stand 26. Juni <strong>2013</strong>)<br />
Sehr geehrter Herr Dr. Misera,<br />
die <strong>DSAG</strong> Deutschsprachige Anwendergruppe e.V. vertreten durch<br />
den AK Steuern/die AG GDPdU begrüßt es sehr, dass der BMF mit<br />
dem o.g. neuen Entwurf einen weiteren Versuch unternimmt auf die<br />
breite Kritik, welche die Wirtschaft, Verbände und Hochschulen gegenüber<br />
dem ersten Entwurf vorgebracht haben, zu reagieren. Aus<br />
unserer Sicht enthält der zweite Entwurf aber überwiegend nur redaktionelle<br />
Änderungen. Unter der Berücksichtigung, dass es im<br />
zweiten Entwurf Verbesserungen gegenüber dem Ersten gibt (z.B.<br />
Stichworte "Wegfall der Definition steuerrelevante Daten (Tz. 1, Rz.<br />
2), Wegfall der Verschärfung beim vollständigen Belegnachweis<br />
(Tz. 3.1, Tz. 33) und Kontierung i.S.d. Erfüllung der Belegfunktion<br />
(Tz. 4, Rz. 65)") sind aber viele grundsätzliche Kritikpunkte, die u.a.
auch in unserer ersten Stellungnahme vorgebracht wurden, nicht<br />
aufgegriffen worden. Faktisch bleiben damit fast alle bisher vorgebrachten<br />
Kritikpunkte in fachlicher Hinsicht weiter bestehen (vgl.<br />
dazu die anhängende Anlage "Zum Entwurf des BMF-<strong>Schreiben</strong>s<br />
im Einzelnen"). Vor diesem Hintergrund sieht der AK Steuern / die<br />
AG GDPdU auf Basis des vorliegenden zweiten Entwurfs weiterhin<br />
und unverändert dringenden Bedarf für eine grundsätzliche Überarbeitung.<br />
Die Zeit sollte sich dafür genommen werden. Wir halten<br />
deshalb an unserem in unserer ersten Stellungnahme vorgetragenen<br />
Vorschlag fest, dass der BMF im Vorfeld des Entwurfes eine<br />
Expertengruppe aus Vertretern der Finanzverwaltung und der Wirtschaft<br />
wie im Fall der E-Bilanz mit Fach AG Taxonomie Steuer ins<br />
Leben rufen sollte. Diese Expertengruppe solle sowohl aus Vertretern<br />
der Finanzverwaltung, Vertretern der Wirtschaftsverbände und<br />
Vertretern namhafter Softwarehäuser, die die Vorgaben technisch<br />
umzusetzen haben, zusammensetzen.<br />
Wir begrüßen in diesem Zusammenhang zwar Ihre Einladung <strong>vom</strong><br />
26. Juni <strong>2013</strong> zu einem Fachgespräch am 1<strong>2.</strong> und 13. <strong>September</strong><br />
<strong>2013</strong> an wohl ausgewählte Verbände, finden es aber schade, dass<br />
Verbände, die einen solchen Vorschlag in ihrer ersten Stellungnahme<br />
formuliert haben, nicht berücksichtigt wurden.<br />
Unabhängig davon steht der AK Steuern / die AG GDPdU der<br />
<strong>DSAG</strong> e.V. auch weiterhin für eine Arbeitsgruppe im o.g. Sinne<br />
bzw. für solche Fachgespräche - nicht zuletzt im Interesse Ihrer<br />
Mitglieder - gerne jederzeit zur Verfügung. Wir würden als Vertreter<br />
Herrn Rolf Andres (stellvertretenden Sprecher der AG GDPdU) und<br />
Herrn Henning Burlein (Sprecher des AK Steuern und der AG<br />
GDPdU) benennen. Über eine Einladung wurden wir uns sehr freuen.<br />
Wir bitten Sie, außerdem unsere in der Anlage dargestellten Hinweise<br />
und Forderungen (angepasst an den zweiten Entwurf) in den<br />
weiteren Beratungsprozess innerhalb der Finanzverwaltung sowie<br />
beim o.g. Fachgespräch am 1<strong>2.</strong> und 13. <strong>September</strong> <strong>2013</strong> mit einzubeziehen<br />
und für eine weitere Überarbeitung des BMF-Entwurfs<br />
GoBD zu berücksichtigen.
Gerne sind wir bereit - wie bereits oben erwähnt - unsere Stellungnahme<br />
detailliert in mündlicher Form zu erläutern.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Henning Burlein<br />
<strong>DSAG</strong> e.V., Sprecher AK Steuern<br />
Albert Kraus<br />
<strong>DSAG</strong> e.V., Stellv. Sprecher AK Steuern<br />
Anlage
Anlage:<br />
Zum Entwurf des BMF-<strong>Schreiben</strong>s im Einzelnen<br />
Allgemeine Anmerkungen<br />
Wir halten auch nach dem zweiten Entwurf daran fest, dass viele<br />
Anforderungen im GoBD-Entwurf auf die kleinen und mittleren Unternehmen<br />
und den Anforderungen an deren IT-Landschaft allein<br />
aus Sicht der deutschen Finanzverwaltung zugeschnitten sind. Leider<br />
sind im zweiten Entwurf weiterhin die Anforderungen an von<br />
KMU eingesetzten Buchführungssytemen auf der einen Seite und<br />
von größeren Mittelstandsunternehmen/Großunternehmen eingesetzten<br />
Buchhaltungssystemen auf der anderen Seite, die meistens<br />
das Herz von sogenannten ERP-Systemen bilden, im entsprechenden<br />
Verhältnis nicht berücksichtigt.<br />
Als Beispiel hierfür ist unter Tz. 4.3., Tz. 77, (Erfassungsgerechte<br />
Aufbereitung der Buchungsbelege) hinsichtlich der Bezeichnung<br />
"Buchungstext" unter Anführung der beiden BFH-Urteile aus den<br />
60-ziger Jahren mit dem Hinweis "Hinreichende Erläuterung des<br />
Geschäftsvorfalls" zu nennen. Hier wäre es begrüßenswert, wenn<br />
anhand eines Beispiels dieser Nachweis in Bezug auf die eingesetzte<br />
IT bei einem kleinen Unternehmen sowie in Bezug auf die<br />
eingesetzte IT bei einem Großunternehmen dargestellt würde. Die<br />
(nahezu) ausschließliche Bezugnahme auf KMU ohne die notwenige<br />
Berücksichtigung der Belange bzw. Gegebenheiten von Mittelstandsunternehmen<br />
und Großunternehmen ist an vielen weiteren<br />
Stellen in den GoBD klar erkennbar.<br />
Die GoBD berücksichtigen - auch nach den dem zweiten Entwurf -<br />
an vielen Stellen selektiv die für die Finanzverwaltung wichtigen<br />
Details, lassen aber an anderen Stellen wichtige Elemente, die für<br />
die deutsche Wirtschaft von erheblicher Bedeutung sind, außen vor<br />
bzw. behandeln diese nur oberflächlich oder an verstreuten Stellen<br />
(z.B. Hinweise und Konkretisierungen zur Verfahrensdokumentation,<br />
Organisation und Sicherheit des IT-gestützten Buchführungssystems).<br />
Von der Wirtschaft erwartete Konkretisierungen für das Verständnis<br />
und die Umsetzung der GoBD bleiben aus. Ergänzende Hilfestellungen<br />
– wie z.B. ein Glossar, das zur Rechtssicherheit bzw. zur
Verständlichkeit der Begrifflichkeiten beitragen könnte – werden<br />
nicht gegeben.<br />
Auch der zweite Entwurf gibt - nach wie vor - Auffassungen der Finanzverwaltung<br />
wieder, die zu einer deutlichen Verschärfung gegenüber<br />
den bisherigen Regelungen führen. In sehr grundsätzlicher<br />
Art erfolgt dies in folgenden Formulierungen:<br />
1) Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung Tz. 1.4, Rz. 19<br />
„Materiell ordnungsmäßig sind Bücher und Aufzeichnungen<br />
nur dann, wenn alle Geschäftsvorfälle nachvollziehbar, vollständig<br />
und richtig in ihrer Auswirkung erfasst und anschließend<br />
verbucht bzw. verarbeitet sind.“<br />
2) Zeitgerechtheit<br />
Tz. 3.<strong>2.</strong>3, Rz. 48 „Jede nicht durch die Verhältnisse des Betriebs<br />
oder des Geschäftsvorfalls zwingend bedingte Zeitspanne<br />
zwischen dem Eintritt des Vorganges und seiner laufenden,<br />
grundbuchmäßigen Erfassung ist bedenklich. Länger<br />
als etwa zehn Tage darf ein Geschäftsvorfall grundsätzlich<br />
grundbuchmäßig nicht unerfasst bleiben.“<br />
3) Verfahrensdokumentation<br />
Tz. 10.1, Rz. 154 „Soweit eine fehlende oder ungenügende<br />
Verfahrensdokumentation die Nachvollziehbarkeit und<br />
Nachprüfbarkeit beeinträchtigt, liegt ein formeller Mangel mit<br />
sachlichem Gewicht vor, der zum Verwerfen der Buchführung<br />
führen kann.“<br />
Anmerkung: Dies steht in Widerspruch zu § 158 AO nach<br />
dem die Buchführung der Besteuerung zugrunde zu legen<br />
ist, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass<br />
besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden.<br />
Diese Verschärfung ist aus Sicht der Mitglieder der <strong>DSAG</strong> e.V. unverhältnismäßig<br />
und geht an der Praxis vorbei.<br />
Zum Begriff "steuerrelevante Daten"<br />
Der Begriff war in den bisherigen Grundsätzen zum Datenzugriff<br />
und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) <strong>vom</strong> 16.07.2001
unter I., 1. deutlich definiert. Dies betrifft auch die Aussagen, welche<br />
Daten in einem DV-System steuerrelevant sind (Finanz- Anlagen<br />
und Lohnbuchhaltung) und dass in anderen Bereichen des DV-<br />
Systems der Steuerpflichtige die steuerrelevanten Daten ggf. zu<br />
verifizieren hat.<br />
Es ist zu begrüßen, dass unter Tz. 1. (Anwendungsbereich), Rz. 2,<br />
der im ersten Entwurf neudefinierte Begriffsversuch wieder zurückgenommen<br />
wurde. Dies ändert aber nichts daran, dass die Deutlichkeit<br />
der Begriffsdefinition aus dem o.g. GDPdU-<strong>Schreiben</strong> -<br />
nach wie vor – verloren gegangen ist. Das Qualifikationsrecht des<br />
Steuerpflichtigen wird zwar in Rz. 5 ansatzweise genannt aber nur<br />
im Bezug auf die außersteuerlichen und steuerlichen aufbewahrungspflichtigen<br />
Unterlagen. Unter 1.5 (Datenverarbeitungssystem,...),<br />
Rz. 20, wird definiert, welche Verfahren aus Sicht der Finanzverwaltung<br />
zu einem DV-System gehören. Unter 11.1 (Umfang<br />
und Ausübung des Rechts auf Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO),<br />
Rz. 157, werden die nach außensteuerlichen und steuerlichen Vorschriften<br />
aufzeichnungspflichtigen und die nach § 147 Abs. 1 AO<br />
aufbewahrungspflichtigen Unterlagen als Gegenstand der Prüfung<br />
benannt, wobei im zweiten Entwurf der Bezug der vor- und nachgelagerten<br />
Systeme auf die zuvor aufgeführten Daten der Finanzbuchhaltung,<br />
der Anlagenbuchhaltung und Lohnbuchhaltung dadurch<br />
ersetzt wird, dass jetzt die Daten aller Vor- und Nebensysteme<br />
für den Datenzugriff bereitzustellen sind. Dies ist führt zu einer<br />
weiteren Verunsicherung hinsichtlich des Begriffes "steuerrelevante<br />
Daten" bei den betroffenen Steuerpflichtigen.<br />
An keiner dieser genannten Stellen im Entwurf wird eingegrenzt,<br />
dass dies nur in der Art und Weise gilt, soweit es sich um steuerrelevante<br />
Daten handelt. Nicht alles, was nach außersteuerlichen<br />
Vorschriften aufbewahrungspflichtig ist, ist steuerrelevant. Nicht alle<br />
Daten z.B. eines Archivsystems und eines Vertriebs-<br />
/Logistiksystems sind steuerrelevant. Nicht alle Daten eines Verfahrens<br />
sind vollumfänglich für den Datenzugriff zur Verfügung zu stellen,<br />
nur weil eine Teilmenge davon steuerrelevant ist.<br />
Petitum: Rückkehr zur deutlichen Formulierung des Begriffs steuerrelevante<br />
Daten aus dem BMF-<strong>Schreiben</strong> <strong>vom</strong> 16.07.2001.
Zu Tz. 3.<strong>2.</strong>1 Vollständigkeit (Grundbuch und Journal), Rz. 42<br />
Die Unterscheidung zwischen Grundbuch und Journal ist nach unserer<br />
Kenntnis in heutigen Buchhaltungssystemen in dieser Form<br />
nicht vorhanden.<br />
Petitum: Anpassung an die heute verwendete Buchhaltungssystematik.<br />
Zu Tz. 4.3 Erfassungsgerechte Aufbereitung der Buchungsbelege,<br />
Rz. 77<br />
Nach Rz. 77 muss jeder Geschäftsvorfall mit einem Buchungstext<br />
versehen werden. Dies halten wir für eine überzogene und nicht<br />
praxistaugliche Forderung. Bei automatisch erzeugten Buchungen<br />
ist in der Regel kein sprechender Buchungstext vorhanden. Aufgrund<br />
der Systemeinstellungen lässt sich die erfolgte Buchung jedoch<br />
nachvollziehen. Gleiches gilt für Buchungen, bei denen im<br />
Wege einer Verknüpfung der zugrunde liegende Beleg angezeigt<br />
werden kann oder wenn durch Verknüpfung auf andere Bereiche<br />
des Datenverarbeitungssystems eine Erläuterung der Buchung erfolgt.<br />
Petitum: Anpassung der Regelung an die heutigen technischen<br />
Gegebenheiten bei Buchhaltungssystemen.<br />
Zu Tz. 4.4 Besonderheiten, Rz. 81<br />
Der zweite GoBD-Entwurf ist bei Dauersachverhalten dahingehend<br />
geändert worden, dass nach Rz. 81 die Aufbewahrungsfrist des<br />
Anschaffungsbeleges erst mit Ablauf der steuerlichen Nutzungsdauer<br />
beginnt. Damit wird die Aufbewahrungsfrist gegenüber dem<br />
ersten Entwurf nochmals verlängert. Hier ist nach wie vor unklar, ob<br />
es sich um den erstmals bei Buchung der Anschaffung zugrunde<br />
gelegten Beleg über den Kauf eines Wirtschaftsgutes handelt oder<br />
ob es die erstmalige Buchung ist. Welcher Beleg soll aufbewahrt<br />
werden? Hier handelt es sich um keine Frage der elektronischen<br />
Buchhaltung. Es besteht auch keine Notwendigkeit für eine solch
lange Aufbewahrungspflicht. Die Anschaffung konnte oder ist in den<br />
Vorjahren geprüft worden.<br />
Petitum: Streichung dieser Verschärfung.<br />
Zu Tz. 5.1/5.2 Differenzierung von Grundbuch und Journal<br />
Der Entwurf unterscheidet in einer eigenen Tz. 5.1 bei der Erfassung<br />
der Geschäftsvorfälle zwischen Grundaufzeichnungen oder<br />
dem Grundbuch einerseits und der Verbuchung im Journal andererseits<br />
(Journalfunktion). Diese Trennung zwischen Grundbuch<br />
und Journal ist zumindest in den heutigen Buchhaltungssystemen<br />
so nicht mehr gegeben.<br />
Petitum: Die Trennung sollte auch an dieser Stelle bei der Überarbeitung<br />
beseitigt werden (vgl. auch Ausführungen zu Tz. 3.<strong>2.</strong>1).<br />
Zu Tz. 9.1 Maschinelle Auswertbarkeit, Rz. 123<br />
Tz. 9.1, Rz. 123, Art und Umfang der maschinellen Auswertbarkeit<br />
sind nach tatsächlichen Informations- und Dokumentationsmöglichkeiten<br />
zu beurteilen.<br />
Die durch den zweiten Entwurf eingeführte Rz. 123 führt u.E. zu<br />
nicht mehr Rechts- und Auslegungssicherheit, auch wenn Rz. 124<br />
zu diesem Beurteilungsmaßstab für die maschinelle Auswertbarkeit<br />
nicht abschließende Beispiele aufführt.<br />
Im Zweifelsfall wirft die Rz. 123 mehr Fragen auf, als dass sie zur<br />
Sicherheit beiträgt, was die Finanzverwaltung unter maschineller<br />
Auswertbarkeit versteht.<br />
Petitum: Streichung der Rz. 123.<br />
Zu Tz. 9.2 Elektronische Aufbewahrung, Rz. 129<br />
Tz. 9.2, Rz. 129, Satz 1 „Eingehende elektronische Handels- oder<br />
Geschäftsbriefe müssen in dem Format aufbewahrt werden, in dem
sie empfangen wurden (z.B. Rechnungen oder Kontoauszüge in<br />
PDF- oder Bildformat).“<br />
Die durch den zweiten Entwurf vorgenommene Einführung des<br />
Klammerzusatzes "z.B. Rechnungen oder Kontoauszüge in PDFoder<br />
Bildformat" ändert nichts an der bisher vorgebrachten Kritik.<br />
Das BMF geht - nach wie vor - davon aus, dass elektronische Dokumente<br />
jeglicher Formate über die Dauer der Aufbewahrungsfristen<br />
jederzeit lesbar bzw. ausgewertet werden können. Aus heutiger<br />
Sicht kann nicht gewährleistet werden, dass diese proprietären Dokumente<br />
bzw. proprietären Formate über einen längeren Aufbewahrungszeitraum<br />
hinweg korrekt reproduziert bzw. maschinell ausgewertet<br />
werden können. Schon heute wandeln die Unternehmen solche<br />
properitären Formate in Bildformate, wie z. B. TIF- oder PDF-<br />
Dateien, um, da nur solche Formate die Unveränderbarkeit und<br />
Reproduzierbarkeit über einen längeren Zeitraum hinweg gewährleisten.<br />
Petitum: Eingehende elektronische Handels- oder Geschäftsbriefe<br />
können in elektronischen Standardformaten (z. B. TIF- oder PDF-<br />
Dateien) umgewandelt und aufbewahrt werden.<br />
Zu Tz. 9.4 Auslagerung von Daten aus dem Produktivsystem<br />
und Systemwechsel, Rz. 140 u. Rz. 141<br />
Tz. 9.4, Rz. 140, Nr.2 „Das neue System, das Archivsystem oder<br />
das andere System muss in quantitativer und qualitativer Hinsicht<br />
die gleichen Auswertungen ermöglichen, als wären die aufzeichnungs-<br />
und aufbewahrungspflichtigen Daten noch im Produktivsystem.“<br />
Bei Unternehmen mit großen Datenaufkommen besteht die Notwendigkeit<br />
zur Aufrechterhaltung eines performanten Tagesbetriebes,<br />
die aktiven Datenbanken des Produktivsystems in kurzen Zeitintervallen<br />
zu entlasten und diese Daten in ein Archivsystem zu<br />
überführen. Für Unternehmen, die z. B. SAP als Buchführungssystem<br />
im Einsatz haben, existieren keine Archivsysteme, die die<br />
quantitativen und qualitativen Auswertungen des zu entlastenden<br />
SAP-Systems beinhalten.
Petitum: Die Finanzverwaltung sollte berücksichtigen, dass bei einer<br />
notwendigen Entlastung der Datenbanken des Buchhaltungssystems<br />
nur eine eingeschränkte Möglichkeit des unmittelbaren<br />
Datenzugriffs sowie des mittelbaren Datenzugriffs zur Verfügung<br />
gestellt werden kann.<br />
Tz. 9.4, Rz. 141 „Andernfalls ist die ursprüngliche Hard- und Software<br />
des Produktivsystems – neben den aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen<br />
Daten – über die Dauer der Aufbewahrungsfrist<br />
vorzuhalten.“<br />
Die durchschnittliche Nutzungsdauer von Buchführungssystemen<br />
nimmt stetig ab. Dieser Umstand beruht auf betriebsbedingte Notwendigkeiten<br />
(z.B. konzernweite Umstellung/Vereinheitlichung von<br />
Hard- und Software, Kauf oder Verkauf von Betrieben bzw. Teilbetrieben<br />
und Verschmelzungen bzw. Abspaltungen), vorgegebene<br />
Lizenz- und Vertragspolitik sowie gesetzliche Erfordernisse. Die<br />
Regelung in Tz. 9.4, Rz. 141 bedeutet für die Unternehmen, dass<br />
die abgelösten Altsysteme für die Dauer der Aufbewahrungsfrist<br />
vorzuhalten sind. Unabhängig den enormen Kosten des Vorhaltens<br />
dieser Altsysteme wird zusätzliches Fachpersonal benötigt, welches<br />
die Altsysteme noch bedienen und warten kann. Des Weiteren<br />
muss bezweifelt werden, ob für die jeweilige Hardware über die<br />
Empfehlungen des Lieferanten bzw. Herstellers hinaus noch eine<br />
entsprechende lauffähige Betriebssystem-Software jederzeit vorgehalten<br />
werden kann.<br />
Petitum: Das Vorhalten und Aufbewahren alter Hard- und Software<br />
führt zu einem enormen Bürokratiekostenaufbau und ist unverhältnismäßig.<br />
Die Möglichkeit der Überlassung der Daten auf maschinell<br />
auswertbaren Datenträgern durch die Unternehmen sollte in<br />
diesen Fällen ausreichend sein. Der Hinweis auf die Bewilligung<br />
von Erleichterungen nach § 148 AO ist in der Praxis weder praktikabel<br />
noch hilfreich und führt auch nicht zu der erforderlichen<br />
Rechtssicherheit.
Zu Tz. 11.1 Umfang und Ausübung des Rechts auf Datenzugriff<br />
nach § 147 Abs. 6 AO, Rz. 159<br />
Tz. 11.1, Rz. 159, Satz 2 „Dazu gehört auch ein Überblick über alle<br />
im DV-System vorhandenen Informationen (z. B. Beschreibungen<br />
zu Tabellen, Feldern, Verknüpfungen und Auswertungen)“<br />
Unternehmen setzen, u. a. auch aufgrund zunehmender gesetzlicher<br />
Anforderungen, hochkomplexe Buchhaltungssysteme ein. Diese<br />
hochkomplexen Buchhaltungssysteme enthalten eine Vielzahl<br />
von Tabellen und Feldern. Beispielsweise umfasst ein SAP ERP--<br />
System im Standard fast 100.000 Tabellen. Je nach Aufbau und<br />
Struktur können es mehr als 150.000 Tabellen sein. Lt. Finanzverwaltung<br />
soll eine Beschreibung dieser Tabellen Bestandteil der Verfahrensdokumentation<br />
sein.<br />
Petitum: Die von der Finanzverwaltung geforderte Verfahrensdokumentation<br />
ist nicht umsetzbar. Der Satz „Dazu gehört auch ein<br />
Überblick über alle im DV-System vorhandenen Informationen (z. B.<br />
Beschreibungen zu Tabellen, Feldern, Verknüpfungen und Auswertungen)“<br />
ist zu streichen.<br />
Tz. 11.1, Rz. 162, Nr. 3, Abs. 2 „Die Datenträgerüberlassung umfasst<br />
die Mitnahme der Daten aus der Sphäre des Steuerpflichtigen.“<br />
Bei der Datenträgerüberlassung werden der Außenprüfung in der<br />
Regel die kompletten steuerrelevanten Daten des Buchhaltungssystems<br />
auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung<br />
gestellt. Diese Daten werden in der Regel zur Analyse auf die<br />
Festplatte der Laptops der Finanzverwaltung importiert. Wenn nach<br />
Import der Daten diese Laptops die Sphäre des Steuerpflichtigen<br />
verlässt, besteht einerseits die Gefahr, dass die Laptops entwendet<br />
werden und die umfangreichen Daten in die Hände eines unbefugten<br />
Dritten gelangen. Solche Computerverluste hat es in der<br />
Vergangenheit nicht selten gegeben (Computerverluste in<br />
Bundesbehörden, Drucksache 16/8673 <strong>vom</strong> 16.04.2008). Andererseits<br />
kann trotz bestehender Sicherungsmaßnahmen nicht gänzlich<br />
ausgeschlossen werden, dass bei einer Kopplung des Laptops<br />
der Finanzverwaltung an ein Netzwerk durch Angriffe von außen (z.
B. Virenbefall, etc.) Zugriffe auf die Daten des Steuerpflichtigen<br />
stattfinden. Dieser Verlust der Daten des Steuerpflichtigen kann zu<br />
einem erheblichen Schaden für das Unternehmen führen.<br />
Lt. § 200 Abs. 2 AO findet die Vorlage und Prüfung von Unterlagen<br />
in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen statt. Nur wenn kein<br />
geeigneter Geschäftsraum vorhanden ist, kann die Prüfung der Daten<br />
im Finanzamt durchgeführt werden.<br />
Petitum: Werden den Außenprüfungen geeignete Geschäftsräume<br />
zur Verfügung gestellt, verbleiben die Daten des Steuerpflichtigen<br />
in den Räumen der Gesellschaft. Zur Analyse und Aufbewahrung<br />
der Daten können beispielsweise USB-Festplatten eingesetzt werden,<br />
die <strong>vom</strong> Steuerpflichtigen für den Außenprüfungszeitraum zur<br />
Verfügung gestellt werden. Die Übernahme der zu prüfenden Daten<br />
auf die Festplatte der Betriebsprüfung ist somit nicht notwendig.<br />
Eine Mitnahme von Daten aus der Sphäre des Steuerpflichtigen<br />
sollte nur mit Zustimmung des Steuerpflichtigen erfolgen.<br />
Zu Tz. 11.2 Umfang der Mitwirkungspflicht nach §§ 147 Abs. 6<br />
und 200 Abs. 1 Satz 2 AO, Rz. 167<br />
Tz. 11.2, Rz. 167, Nr. 1 Abs. 1, Sätze 3 u. 4 „Sie umfasst u. a. auch<br />
die Nutzung der im DV-System vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten<br />
(z. B. Filtern, Sortieren, Konsolidieren). Eine tatsächliche Installation<br />
oder Nutzung der Programmfunktionalitäten im Unternehmen<br />
ist nicht Voraussetzung.“<br />
Das BMF geht mit dieser Formulierung davon aus, dass jegliche<br />
Auswertungsmöglichkeiten eines Buchhaltungssystems auf „Knopfdruck“<br />
bereitgestellt werden können. Tatsächlich müssen viele zusätzliche<br />
Auswertungen, die zwar im System potenziell vorhanden<br />
sind, erst aufwendig (zeit- und kostenintensiv) für das Unternehmen<br />
angepasst (gecustomized) werden, damit diese sinnvoll genutzt<br />
werden können. Hier ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu<br />
berücksichtigen.<br />
Petitum: Mit „vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten“ können nur<br />
die Auswertungsmöglichkeiten gemeint sein, die tatsächlich <strong>vom</strong><br />
Unternehmen genutzt werden. Der Satz „Eine tatsächliche Installa-
tion oder Nutzung der Programmfunktionalitäten im Unternehmen<br />
ist nicht Voraussetzung.“ ist im Entwurf zu streichen.