Katalog - Antiquariat Franz Siegle
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Wertvolle und seltene<br />
Werke<br />
aus 5 Jahrhunderten<br />
30 Jahre<br />
<strong>Antiquariat</strong><br />
<strong>Franz</strong> <strong>Siegle</strong><br />
<strong>Antiquariat</strong> <strong>Siegle</strong> · <strong>Katalog</strong> 55 · Wertvolle und seltene Werke aus 5 Jahrhunderten<br />
1983<br />
2013<br />
30 Jahre<br />
<strong>Antiquariat</strong> <strong>Franz</strong> <strong>Siegle</strong>
Nr. 48 Nr. 93 Nr. 57 Nr. 39 Nr. 42 Nr. 98 Nr. 80 Nr. 51 Nr. 27 Nr. 16<br />
Nr. 76 Nr. 73 Nr. 14 Nr. 58 Nr. 59 Nr. 52
Wertvolle und seltene<br />
Werke<br />
aus 5 Jahrhunderten<br />
Mit einem Beitrag<br />
von Prof. Dr. Reinhard Düchting<br />
1983<br />
2013<br />
30 Jahre<br />
<strong>Antiquariat</strong> <strong>Franz</strong> <strong>Siegle</strong>
Nr. 32
Petrus Janowka, Via lactea. Candidus ad felicitatem trames seu<br />
Nova in terris galaxia ethica per stationes XV divisa. [Milchstraße.<br />
Der lautere Weg zur Glückseligkeit oder Neue ethische Galaxie<br />
auf Erden in 15 Stationen] (Prag 1740). – Ein Beitrag zu <strong>Katalog</strong>nummer<br />
37<br />
von<br />
Reinhard Düchting<br />
3<br />
Das literarische Genre des Emblem-Buchs hat, nach Vorstufen, von 1531 bis nach 1750<br />
eine erstaunliche Karriere gemacht, immer gleichbleibend: Bildchen (figura), darüber<br />
Devise (oft verkürztes Zitat), darunter Subscriptio (meist einige Verspaare) und gegenüber<br />
oder vorweg in Prosa ein das Thema dokumentierender oder darstellender Text.<br />
Die Gesamtform konnte abgewandelt werden, die Themen wurden immer preziöser<br />
und scharfsinniger (argutia) und auf Staat und Politik, Medizin und Botanik, Erotik<br />
usf. ausgerichtet, auf die Ausbildung eines ethisch-politisch orientier ten Studiosus das<br />
hier angebotene spätbarocke Emblembuch im Geist der jesuitischen Gegenreformation<br />
in Böhmen (wie ethisch-politisch auch die kurpfälzischen Em ble ma ta des J. W. Zincgref,<br />
zuerst 1619).<br />
Vorgebunden ist die Drucklizenz des (oftmaligen) Rektors der Karls-Ferdinand-Universität<br />
Prag, des Kanonisten W. X. Neumann, sowie die Liste der unter dem Ver fasser<br />
des Buchs, dem Theologie- und Philosophieprofessor P. Janowka (1704–1784) zum<br />
Magister promovierten Studenten (rund 80). Die Widmung gilt seiner Heimatstadt<br />
Kuttenberg (Kutná Hora) östlich von Prag, der Freien (Silber)Bergstadt, dem Magistrat<br />
und den Mitglieder des Königl. Gerichts (darunter auch Theophil Janowka als wohl<br />
Verwandter des Autors); das kupferne Stadtwappen von Kuttenberg zeigt die hl. Barbara<br />
mit Turm als Patronin des Bergbaus, einige montanistische Instrumente, das hochfliegende<br />
Ingenium des schwarzen Adlers (aquila) und die Stärke des weißen Löwen<br />
(leo), worauf in der Dedicatio angespielt wird, sowie im Wappenkissen Kaiser „F(erdinand).<br />
III“ (1608/1637–1657), unter dem die gegen reformatorischen Kräfte forciert<br />
wurden. Die äußerst fein ziselierten kleinen Kupfer der Stationen wie des Widmungsblatts<br />
stoch Johann Christian Püschel in Prag.<br />
Im Fundamentum „einer ethischen Milchstraße“ (1–9) wird dargelegt, dass Anfang<br />
und Ende aller „Prinzipien“ und Lebenskunst und -aufgabe Gott ist; fünfzehn Stationen<br />
weisen den rechten Weg, jeweils mit einer prosaischen Erklärung (declaratio) und Anwendung<br />
(applicatio). Die Überschriften der Stationen sind ausnahmslos intellektuelle<br />
Paradoxien (oxymora), die mit den ebenso gnomischen Devisen der Kupfer spannend<br />
korrespondieren: I prudens imprudentia / kluge Unklugkeit, II scien tia sine scientia /<br />
Wis s en ohne zu wissen, III fides visa / geschautes Vertrauen, IV amicitia inimica / feindliche<br />
Freundschaft, V regula non regulata / regellose Regel, VI mansuetudo iracunda /<br />
zornige Sanftmut, VII urbanitas inurbana / unfeine Fein heit, VIII prospera adversitas /<br />
günstiges Mißgeschick, IX infelix felicitas / unselige Seligkeit, X par impar / gleich-ungleich,<br />
XI facunda taciturnitas / beredtes Schweigen, XII solitudo conversativa / umgängliche<br />
Einsamkeit, XIII tarda celeritas / langsame Schnelligkeit, XIV caeca visio /<br />
blindes Sehen, XV quies inquies / unruhige Ruhe. Die jeweilige Erklärung beschreibt
4<br />
dem zu belehrenden Homo ethico-politicus das Problem und Situationen, die jeweilige<br />
Anwendung ermahnt und ermuntert ihn zu rechter Aktion und Reaktion im menschlichen<br />
Zusammenleben; zahlreiche Beispiele, Klugheiten und Anekdoten sind aus der<br />
antiken Historie und Literatur, auch aus der böhmischen Geschichte genommen; XI<br />
spricht eigens Sekretäre und Räte an, IX thematisiert z. B. auch Geldvermehrung und<br />
verantwortliches Teilen mit einem lateinischen Wortspiel des Kirchenvaters Ambrosius,<br />
wonach Geldwucher den Tod der Seele bedeute (fenus pecuniae funus animae).<br />
Das abgebildete Kupfer zur Statio VI zeigt das Innere einer Apotheke mit Schubläden<br />
und Regalen, Töpfen und Fläschchen, den Apotheker (Pharmazeut) hinter der Theke<br />
mit Instrumenten zum Anrichten der Arznei (Devise: dat miscendo medelam): nicht<br />
nur die Dosis auch die Mischung macht`s. Die zwei Distichen der Subscriptio (nur in<br />
IX und XV besteht das Epigramm aus drei Distichen) vergleichen die rechte Mischung<br />
mit der rechten streng-laxen Dressur eines Pferdes. So kommt es in allem auf das<br />
Gleichgewicht, die Mischung von Sanftmut und „Salz und Säure billigen Zorns“ (sal<br />
aut acor iustae irae) an mit Bildern des (Tier)Friedens zwischen un gleichen Tieren<br />
(hierher gehört wohl auch das Gegenüber des raubenden Adlers und des selbstlosen<br />
Pelikans oben auf dem Kupfer) oder des Wettkampfs (certamen) zwischen ungleich<br />
wirkendem West- und Nordostwind; es gilt etwa (und Janowka zitiert hier Bauhusius<br />
gest. 1619): schlecht der Lehrer, unter dem nichts, ganz schlecht, unter dem alles erlaubt<br />
ist.<br />
So nützlich und bedenkenswert, in der Selbstkritik und dem lauernden Beobachten des<br />
Anderen wohl auch in typisch jesuitischer Argumentation, wird hier für examinierte<br />
und zukünftige Studenten der politischen Ethik und kirchlichen Führungselite eine<br />
Milchstraße zur Glückseligkeit gewiesen; Galilei hatte die Galaxien vor mehr als hundert<br />
Jahren erforschen können, das böhmische Emblembuch gibt literarisch die Milch<br />
jesuitisch-frommer Denkart zu trinken.<br />
Nr. 38
5<br />
Überzeugende Arbeit des Holzschnittkünstlers Jost Amman<br />
1 Amman, Jost, und F. Modius, Cleri totius Romanae ecclesiae subiecti, seu, pontificorum<br />
ordinum omnium omnino utriusqe sexus, habitus, artificiosissimis figuris.<br />
2 Teile in 1 Band. Mit 3 wiederholten Druckermarken, Titelholzschnitt und 103 Textholzschnitten<br />
von Jost Amman. 98, 16 Bll. 4°. Halblederband des 19. Jhdts. mit Schuber.<br />
Frankfurt/Main, S. Feyerabend, 1585. € 1.800.–<br />
Erste Ausgabe. – Bekanntes Trachtenbuch mit geistlichen Würdenträgern in ihren Ordenstrachten,<br />
eingefasst von Gräsern und Blumen. Mit Beschreibungen in lateinischen Versen. – „The dates of the<br />
foundation of the various orders are sometimes given with the cuts, a few of which may be mentioned.<br />
E1, Jesuit; E2, Spanish flagellant; F3 Templar; G4, knight of the Holy Sepulchre; H4, do. of<br />
Rhodes; I1, do. of Malta; I3, Pilgrim from Compostella. Books with leather extensions for carrying<br />
are depicted on K3, T2, V4. The colours of the various habits are described in text“ (Fairfax Murray<br />
33). – Titel mit winzigem hinterlegtem Ausriss im Innensteg, leicht gebräunt, wenige Bll. etw.<br />
fleckig. – VD16, M 5736. Brit. Museum, STC German Books, 621. Adams M 1535. Becker, Amman,<br />
40 b. Lipperheide Oe 3. – Schönes Exemplar aus der Bibliothek Oettingen-Wallerstein.<br />
2 Arnold, Friedrich, und Johann Wilhelm, Die Erscheinungen und Ge setze des<br />
menschlichen Körpers im gesunden und kranken Zustande. 2 in 5 Bänden. Mit 27 teils<br />
lithogr., teils gestoch. Tafeln. Ca. 3250 Seiten. Pappbände der Zeit mit Rückenschildchen<br />
und Rückenvergoldung. Zürich, Orell, Füssli und Comp., 1836–1842. € 650.–
6<br />
Völlig komplettes Exemplar dieses frühen und bedeutenden physiologischen Lehrbuches zweier<br />
Heidelberger Physiologen, dem Brüderpaar Arnold. – Nach ihrer Lehrtätigkeit in Heidelberg folgten<br />
beide 1835 einem Ruf an die Züricher Universität. Friedrich Arnold kehrte 1852, nach weiteren<br />
Stationen in Tübingen und Freiburg, nach Heidelberg zurück, Johann Wilhelm Arnold beendete<br />
bereits 1841 seine akadem. Laufbahn und ließ sich als prakt. Arzt in Heidelberg nieder.<br />
Während der Züricher Zeit entstand zum großen Teil ihr hier vorliegendes, großes Lehrbuch der<br />
Physiologie. In diesem „sind namentlich die Ergebnisse von A.’s histologischen Arbeiten niedergelegt,<br />
die er bereits 1832 begonnen hatte. Diesselben haben, abgesehen von mannigfaltigen Einzelforschungen,<br />
insbesondere wegen der daraus abgeleiteten Theorie über den Bau und die Ent wickelung<br />
des von ihm angenommenen histologischen Elements im thierischen Körper eine hervorragende<br />
Bedeutung“ (Hirsch-H. I, 210 f., dat. fälschlich 1836–40). – Max Fürbringer berichtet in<br />
Friedrich, Heidelberger Professoren, S. 40–50, ausführl. über dieses groß und umfassend angelegten<br />
Werkes). – Komplette Ex. sind in deutschen Bibliotheken relativ selten, da das Werk in einem<br />
Zeitraum von 6 Jahren in Zürich erschienen ist. Wahrscheinlich aus diesem Grunde ist dieses Werk<br />
ind er sonst so hervorragenden ‚Geschichte der Physio<br />
logie‘ von K. E. Rothschuh nicht einmal erwähnt.<br />
– Papierbedingt etw. stockfl., Einbände etw. bestoßen,<br />
2 Rückenschildchen etwas abge blättert, 5 Tafeln<br />
sind in einen falschen Teilband eingebunden; sehr<br />
guter Gesamtzustand. – Nicht in den <strong>Katalog</strong>en von<br />
Waller, Wellcome und der Josephin. Bibl. Wien verzeichnet.<br />
3 Baader, <strong>Franz</strong> (von), Fermenta Cog ni <br />
tio nis. Hefte 1–6 (alles Erschienene) und Zusatz<br />
band, gebunden in 1 Band. Späterer Halbleder<br />
band mit Rückenschild. Berlin (Heft 6:<br />
Leip zig), Reimer (Heft 6: J. C. Hinrichs), 1822–<br />
1825. € 850.–<br />
Erste Ausgabe. – Diese Artikel, die philosophische<br />
Fragen verschiedenster Herkunft behandeln, verbindet<br />
einzig die allen gemeinsame Auflehnung gegen mechanistisch-rationalistische<br />
Deutungen menschlicher,<br />
besonders religiöser Probleme. – Mit dem später und<br />
in einem anderen Verlag erschienenen 6. Heft „Proben<br />
religiöser Philosopheme älterer Zeit“. So komplett sehr<br />
selten! – Geringe Gebrauchsspuren. – Jost/Saltzwedel<br />
41–45,47.<br />
Beigebunden: Baader, <strong>Franz</strong> von, Bemerkungen über<br />
einige antireligiöse Philosopheme unsrer Zeit. 66 Seiten.<br />
Leipzig, Tauchnitz, 1824. – Jost/Saltzwedel 46.<br />
Nr. 3<br />
4 Bergasse, Nicolas, Considérations sur le magnétisme animal, ou sur la théorie du<br />
monde et des êtres organisés. d’après les principes de M. Mesmer. 149 Seiten. Mod.<br />
Pappband mit Rückenschild. Den Haag, 1784. € 650.-<br />
Erste Ausgabe der berühmten Schrift. – Der Advokat Bergasse rührte seit 1781 offiziell die Werbetrommel<br />
für Mesmer und verfasste die Mehrzahl der Schriften zur Verteidigung des Mesmerismus.<br />
B. weist darauf hin, daß die offizielle Wissenschaft von jeher sich innerhalb der Schranken altbackenen<br />
Wissens bewege und bahnbrechende Genies immer verfolgt habe (Schürer-Waldheim). –<br />
„Bergasse and Mesmer had their disagreements and although in ‚Considérations‘ Bergasse<br />
vigorously defends Mesmer against all attacks, divergences of doctrine do nevertheless appear.“<br />
(Crabtree 36). – Titel mit kleiner Beschädigung (ausgebessert), zu Beginn etw. fleckig und leicht<br />
wasserrandig; unbeschn. Ex., dadurch in den Rändern teils angestaubt und etw. fleckig. – Caillet<br />
979. Nicht in der Norman Library.
7<br />
Theodor Billroth, Mannheim und der Deutsch-<strong>Franz</strong>ösische Krieg<br />
5 Billroth, Theodor, berühmter Wiener Chirurg. 1829–1894. Eigenhändiger Brief<br />
mit Unterschrift. Wien, 23. X. 1871. 3 3/4 Seiten. € 850.–<br />
An (den Mediziner <strong>Franz</strong> Stephani in Mannheim) wegen einer Auszeichnung durch Großherzog<br />
Friedrich I. von Baden für seine Arbeit in badischen Lazaretten während des Deutsch-<strong>Franz</strong>ösischen<br />
Krieges. Die Presse habe sich darüber erregt, dass Kaiser <strong>Franz</strong> Joseph I. von Österreich „die Aerzte<br />
decorirt hat, welche im französischen Lager thätig waren, während er denen, die im deutschen<br />
Lager waren, Nichts anhing. Dieser Ausdruck von antideutscher Stimmung in unseren höheren<br />
Regionen hat mich nicht verwundert, doch war es eine Demonstration, die aufgefallen ist. – Ihr<br />
Souverain war äußerst liebenswürdig gegen mich; doch habe ich noch nicht die Erlaubniß die<br />
Badische Decoration annehmen zu dürfen, und habe mich daher in Carlsruhe noch nicht bedanken<br />
können…“ – Ferner mit der Bitte, ihm „Genaueres über die Arterienclausur“ mitzuteilen. „… ich<br />
hoffe Ihnen bald auch darüber Einiges schicken zu können. Gerson arbeitet experimentell darüber…“<br />
– <strong>Franz</strong> Stephani (1827–1883) war seit 1858 chir. Ordinarius am allgem. Krankenhaus in<br />
Mannheim und war hier während des Deutschen-<strong>Franz</strong>ösischen Krieges in den Reservelazaretten<br />
in aufopfernder Weise, wie eben auch Theodor Billroth, tätig. – Mit Sammlernotizen am Kopf und<br />
im Text (mit Schreibmaschine). – Schöner Brief des wohl bedeutendsten Chirurgen in der zweiten<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts.<br />
Aus dem Kloster Admont<br />
6 Binet, Etienne, Consolatio aegrorum schola et recreatio. Mit gestoch. Druckermarke<br />
a. d. Titel. 18 Bll., 512 Seiten. 12°. Pergamentband der Zeit. Köln, Henning,<br />
1619. € 400.–<br />
Der Jesuit Etienne Binet (1569–1639) übte mit seinen über 200 Schriften erheblichen Einfluss<br />
auf die französ. Erbauungsliteratur aus. – Durchgehend etw. stockfl. und leicht gebräunt, Titel mit<br />
kl. Stempel (Domus Bonnensis); Einband etw. fleckig; mit handschriftl. Besitzverm. a. d. Titel<br />
„Monastery Admontensis“.<br />
7 Birnstiel, <strong>Franz</strong> Heinrich, Gesammelte Acten-Stücke zu Aufdeckung des Geheimnisses<br />
des sogenannten thierischen Magnetismus in einigen freundschaftlichen<br />
Briefen dem Herrn Ernst Gottfried Baldinger mitgetheilet. 96 Seiten. Pappband der<br />
Zeit. Marburg, Neue Academ. Buchhandlung, 1787. € 780.–<br />
Einzige Ausgabe dieser sehr seltenen Schrift. – In den vorliegenden Sendschreiben an den berühmten<br />
Marburger Prof. der Medizin setzt sich der Bruchsaler Stadtarzt kritisch mit dem tierischen<br />
Magnetismus auseinander. – „This collection of letters is one of the earliest German works that<br />
critically examines the nature of animal magnetism“ (Crabtree 163). – Meist etw. stockfl., Einband<br />
berieben. – Siehe Abbildung Seite 57.<br />
Mit eigenhändiger Widmung von Johann Bollinger d. J.<br />
8 Bollinger, Ulrich (Hrsg.), Gratulatines factae in publici testimonii renunciatione:<br />
cum philosophiae et liberalium doctrinarum Magistri nomen atq. honor., in celeberrima<br />
Tubingenssium Academia, tribueretur, Johanni Bollingero… Mit schmaler typogr.<br />
Holz schn.-Bordüre und kl. Holzschn.-Titelvign. 4 Bll. 4°. Halbpergamentband. Tübingen,<br />
Hock, 1588. € 300.–<br />
Gratulationsschrift für Johann Bollinger d. J. aus Anlass der Erlangung der Magisterwürde am<br />
14. August 1588 in Tübingen. Den Band hat sein Bruder Ulrich Bollinger veranlasst. Der Vater der<br />
Brüder war Johann Bollinger d. Ä., Pfarrer in Wangen im Allgäu. – Titelblatt mit eigenh. Widmung<br />
von Johann Bollinger d. J. an den späteren Pfarrer Lorenz Frisaeus (1568–1635), der aus Rothenburg<br />
ob der Tauber stammte. – Der Herausgeber Ulrich Bollinger (1569–1612) war später Klosterpräzeptor<br />
in Bebenhausen. – Etw. stockfl., leichte Gebrauchssp. – VD16, ZV 2232.
8<br />
9 Bräuner, Johann Jacob, Thesaurus sanitatis, oder Neueröffneter Schatz Menschlicher<br />
Gesundheit, in welchem nach der Grund-Regul heylsamer Artzney-Kunst, auf<br />
bewährt- und sicherste Methode, kürtzlichsten gezeiget wird, wie man alle und jede<br />
menschliche Kranckheiten, von zartester Kindheit an, biß auf das von Gott verliehene<br />
Alter…curiren kan. Mit gestoch. Porträt und doppelblattgr. Titel in Rot und Schwarz.<br />
12 Bll., 1022, 50 Seiten, 17 Bll. Pergamentband der Zeit mit gestrichenen Kanten.<br />
Frankfurt am Main, S. T. Hocker, 1712. € 850.–<br />
Erste Ausgabe. – Groß angelegtes medizinisches Werk, nicht nur für den „gemeinen Mann“; wurde<br />
zwischen 1713 und 1725 um 3 weitere Teile vermehrt. – Enthält nicht nur Beschreibungen verschiedener<br />
Krankheiten, sondern auch genaue Rezepturen (z. B. gegen Pest, Cholera, Brustkrebs,<br />
Herzens ohnmachten, Arthritis, Diabetes,<br />
Kinderkrankheiten, Nierenent zün <br />
dung, purgierende Arzneien, Gifte- und<br />
Gegengifte u. a.). Vorgestellt wurden<br />
auch die Behandlungen von Augen <br />
krankheiten und Zahnschmerzen. Auch<br />
mit einem Unterricht für Hebammen<br />
und Kapitel über Zauberei. – Der aus<br />
Torgau stammende Bräuner (geb. 1647,<br />
Todesdatum unbekannt) praktizierte in<br />
Frankfurt am Main.<br />
„Die Bedenken ‚der gelehrten Leute‘,<br />
‚Teutsche bücher‘ prostituierten die<br />
Medizin, reichten Kindern das Messer<br />
und machten nur ‚viel stümpler und<br />
hümpler‘, erwiesen sich als nur begrenzt<br />
wirksam und vermochten sozialethische<br />
Impulse, die manchen sonst lateinisch<br />
schreibenden Arztautor wie J. Dryander<br />
bewogen, ein ‚buchlein in teutscher<br />
Sprache‘ abzufassen, nicht zu ersticken.<br />
Zwar meinten Theodor Zwinger, Johann<br />
Jakob Bräuner und viele andere Mediziner,<br />
man dürfe ‚die Perle der Edlen<br />
Artz ney-Kunst mittelst Teutscher Dollmetschung<br />
den ungelehrten umlauffenden<br />
Leuth-Betriegern nicht untern<br />
Fuß geben‘, gleichwohl bedienten sie<br />
sich zu ‚mehrerm Behuff des gemeinen<br />
Manns‘ der deutschen Sprache (Bräuner,<br />
The saurus sanitatis). Sie schufen im<br />
16. und 17. Jahrhundert eine umfängliche<br />
Litera tur, der das ärztliche Streben,<br />
menschliche Not durch Stärkung des<br />
Selbst hilfe gedankens zu lindern, gesundheitserzieherisch<br />
zu wirken und das<br />
Gesundheit sbewußtsein zu heben, eine<br />
besondere Würde verleiht, und haben mit ihrem Wagnis, humanmedizinisches Wissen des wissenschaftlich-lateinischen<br />
Kommunikationskreises in deutschgebundenen Laienkreisen bekanntzumachen<br />
und immer schärfer gezogene Grenzlinien zwischen Schulmedizin und Öffentlichkeit<br />
zu überschreiten, maßgeblich dazu beigetragen, daß aus dem Schoße einer latinisierten Gelehrtenkultur<br />
die deutsche Landessprache zur allgemein anerkannten Sprache der Medizin und Naturwissenschaften<br />
aufstieg“ (Joachim Telle in: Pharmazie und der gemeine Mann. Ausst.-Kat. der Herzog<br />
August Bibliothek Nr. 36, S. 47 f.).<br />
Etwas gebräunt, Porträt verso mit Leimspuren; Einband leicht fleckig, ohne Bindebänder. Im Ganzen<br />
sehr gut erhaltenes Exemplar. – Blake 63.
9<br />
10 Brenz – Bibembach, Wilhelm, Ein Christliche Leichpredig, Bey der Begrebnuß<br />
weilundt des Ehrwürdigen und Hochgelehrten Herrn, Johann Brentzen, Probsts zu<br />
Stutgarten, gehalten in der Stifftskirchen allda, den zwölfften Septembris, Anno 1570.<br />
Item, Das erste Theil, sein D. Brentij Testaments oder letsten Willens, sein Predigampt,<br />
Glauben, Lehr und Bekanntnuß betreffendt. 3 Bll., 26 num. Bll. 4°. Pappband. Tübingen,<br />
U. Morharts Witwe, 1570. € 320.–<br />
Predigt auf dem am Tag zuvor verstorbenen großen luth. Theologen und Reformator (1499 in Weil<br />
der Stadt geboren). – Enthält am Ende das latein. Epitaph und die Übersetzung von Bibembach<br />
„auß den Lateinischen Versen in Teutsche Reimen gebracht“. – Johannes Brenz „gilt zu Recht als<br />
einer der bei aller theologischen Eigenständigkeit treuesten ‚Schüler‘ Luthers, der dank seiner weit<br />
bis in die Epoche der sich formierenden luth. Frühorthodoxie hineinreichenden Lebensspanne genuine<br />
Anliegen des Wittenberger Reformators vor allem in theologisch zentralen Zusammenhängen<br />
der Christologie und der Abendmahlstheologie präsent hielt und Einfluß auf den Aufbau des konfessionellen<br />
Territorialkirchentums hatte“ (Th. Kaufmann in Killy, DBE 2, 118). – Der auf dem<br />
Titel erwähnte erste Teil von Brenz‘ Testament (7 Bll.) hier nicht beigebunden. – VD16, B 5359.<br />
Heyd II, 8023.<br />
Das erste umfassende Wörterbuch der Medizin<br />
11 Brunfels, Otto, Onomastikon (graece) seu lexicon medicinae simplicis… Amicorum<br />
post se recognitione & studio… repurgatum, auctumq(ue); Addita vocum<br />
quarundam Germanica expositione… 202 Bll. (das letzte weiß). Folio. Mod. Pergament<br />
band mit Goldprägung in Schuber. Straßburg, Schott, 1543 (am Schluß: 21. III.,<br />
1544). € 6.000.–<br />
Neue Ausgabe „eines der ersten Fach- und Synonymenlexika“ (Ferchl) über alle seiner Zeit bekannten<br />
Zweige der Naturwissenschaften und Medizin (erstmals 1534 erschienen); mit genauen<br />
griech.-latein., und in dieser Ausgabe teils auch deutschen Erklärungen in einer für die damalige<br />
Zeit erstaunlichen Vollständigkeit. Nach Michael Stolberg (zit. aus der Einführung zur Neuausgabe<br />
1994): „das erste umfassende und vollständig überlieferte Wörterbuch der Medizin. Brunfels stand<br />
damit am Anfang einer der erfolgreichsten medizinischen Literaturgattungen, die insbesondere mit<br />
den Wörterbüchern von de Gorris (1564), Estienne (1564) und Castelli (1598) innerhalb weniger<br />
Jahrzehnte weitere Werke hervorbringen sollte, die teilweise bis ins 18. Jahrhundert immer wieder<br />
neu überarbeitet und neu aufgelegt wurden“.<br />
Der Humanist und Mediziner Brunfels (Mainz 1488 – 1534 Bern), zunächst Karthäusermönch in<br />
Mainz und Straßburg, führte nach dem Übertritt zum Protestantismus ein bewegtes Leben. 1530<br />
erwarb er den Grad eines Doktors der Medizin in Basel. 1532 wurde er Stadtarzt in Bern. Berühmt<br />
ist er vor allem durch seine Kräuterbücher, in denen er sich erstmals nicht nur auf die botanischen<br />
Schriften des Altertums stützte, sondern die Pflanzen selbst beobachtete und aus eigener Anschauung<br />
beschrieb.<br />
Titel in Rot und Schwarz gedruckt. Mit montierten Blattweisern. Schönes Exemplar, lediglich im<br />
weißen Unterrand stellenweise schwach wasserrandig. Supralibros und Exlibris der Bibliothek von<br />
J. H. Anderhub.<br />
12 Dictionary of National Biography (The), founded in 1882 by George Smith, edited<br />
by Leslie Stephen and Sidney Lee. From the Earliest Times to 1900. 21 Bände und<br />
Supplement, geb. in 22 Bänden. Orig.-Leinen. Oxford, University Press, 1973. € 500.–<br />
Gutes Exemplar des berühmten und wertvollen biographischen Lexikons.<br />
Seltenes Kuriosum über die Podagristen<br />
13 Dissertationes de laudibus et effectibus Podagrae quas sub auspiciis… Claudii experiti<br />
domini de – & in Hincken-Hauß, Schmertzen & Auwe Thal Anonymus… pro
10<br />
posuit… symbolis illustravit. Mit 25 Kupfertafeln von J. G. Gutwein und 1 gefalt. Blatt<br />
in der Art eines Einblattdruckes. 2 Bll., 184 Seiten, 1 Bl. Errata. 4°. Lederband der Zeit<br />
mit Rückenschild. Ohne Ort (Brünn) und Drucker, 1715 (Chronogramm). € 1.800.–<br />
Sehr seltenes, höchst amüsantes und kurioses Buch über die Podagristen, in deutscher und lateinischer<br />
Sprache; weder bei Holzmann/Bohatta noch bei Hayn/Gotendorf verzeichnet.<br />
„Unter den menschlichen Gebrechen, die mit einem gewissen Humor, namentlich von der gesunden<br />
Umgebung, getragen werden, steht obenan das Zipperlein, die Gicht. Jedenfalls ist dies peinvolle<br />
Leiden die Krankheit der Witzblätter. Nicht nur in den Fliegenden Blättern muß sie beinahe<br />
in jeder Nummer herhalten, schon seit alters ist der Pfotengram das Steckenpferd leichtfüßiger<br />
Spötter. Da im Laienmund die Gicht aus unausbleibliche Geschick aller Verehrer des Bacchus ist,<br />
so ist sie die Heldenkrankheit par excellence geworden. Es kommt hinzu, daß viele Ritter von Geist<br />
von ihr heimgesucht wurden, so vor allen Goethe, Franklin, Friedrich der Große, der Chemiker<br />
Berzelius, Bismarck, um nur einige zu nennen“ (Holländer, Die Karikatur und Satire in der Medizin²,<br />
S. 157 ff.).<br />
Der bombastische Titel geht über die ersten vier Seiten, der deutsche Text ist teilweise in barocke<br />
Verse gefasst. Die satirischen, oft drastischen Abbildungen in barocken Kartuschen stammen von<br />
dem um 1715 in Brünn lebenden fürstl. Liechtensteinschen Kammermaler Gutwein (gestorben<br />
1718). – Am Ende ein gefaltetes Dekret („kan nach Belieben abgeschnitten und herumb geschickt<br />
werden“), gezeichnet „Bernhard Auwehe, Graff von Krippeldorff“. – Einband teilw. restauriert,<br />
Rücken erneuert. Abgesehen von leichten Bräunungen und Stockfl. gutes Exemplar. – Wellcome II,<br />
474. Praz 317. Hollstein XII, 241, 10. – Siehe Abbildung auf der Vorderseite des Umschlags.<br />
14 Doederlein, Ludwig (von), Lateinische Synonyme und Etymologieen. 6 Teile in<br />
3 Bänden. Gr.–8°. Dekorative Halblederbände der Zeit mit 2 Rückenschildchen, reicher<br />
Rückenvergoldung und marmor. Deckeln. Leipzig, Vogel, 1826–1838. € 750.–<br />
Erste Ausgabe. – Eines der Hauptwerke des Erlanger Philologen (1791–1863, 1861 in den bayer.<br />
Personaladel erhoben). – Döderleins „philologische Arbeiten erstreckten sich einmal auf das Gebiet<br />
der Synonymik und Etymologie und zum andern auf Editionen und Übersetzungen griech. und lat.<br />
Autoren“ (NDB). – Gering fleckig, ein Rückenschildchen mit kleiner Bereibung, sonst schönes,<br />
dekorativ gebundenes Exemplar. – Siehe Einbandabbildung 3. Umschlagseite.<br />
15 Drexel, Christof, Tod zu Pferde. Kohlezeichnung auf chamoisfarbenem Velin.<br />
48,8 x 47,6 cm. Signiert, sowie verso wohl von fremder Hand betitelt und datiert. 1942.<br />
€ 950.–<br />
Christof Drexel (1886–1979) begann 1905 in München Architektur zu studieren, fertigte aber<br />
nebenher Grafiken für die in München erscheinende Zeitschrift „Jugend“. Einer der damals maßgebenden<br />
Kunstprofessoren in München war Fritz von Uhde. Dieser sah die künstlerischen<br />
Arbeiten Drexels. Uhde riet ihm wohl, das Architekturstudium abzubrechen und mit dem nächsten<br />
Zug nach Paris, das damalige Mekka der Künstler, zu fahren. Drexel aber machte zunächst sein<br />
Examen und fuhr dann nach Paris. 1906/07, insgesamt eineinhalb Jahre, hielt sich Drexel dort<br />
unter Künstlern auf, lernte Matisse kennen und studierte an der Akademie Julian, die so viele nachmals<br />
berühmte Künstler herangebildet hat. In den Jahren darauf machte er längere Studienaufenthalte<br />
in Rom, England und wiederum Frankreich. Ab den zwanziger Jahren lebte er in Berlin, zeitweise<br />
in einer Wohngemeinschaft mit den Malern Klee und Feininger. 1932 erhielt er den begehrten Villa-<br />
Romana-Preis, der einen einjährigen Aufenthalt in Florenz bedeutete. 1937 folgte das Ausstellungsverbot.<br />
Nach dem Krieg findet sich erst in seinem Todesjahr 1979 eine Gesamtschau im Munch-<br />
Museum in Oslo. 1987 zeigte die Galerie Leu in Rottach/Egern das Frühwerk des Künstlers. Zu<br />
dem <strong>Katalog</strong> verfasste der damalige Bayerische Kultusminister Hans Maier ein Geleitwort. Darin<br />
stellt er die Frage, wie es geschehen konnte, dass ein in jungen Jahren schon so berühmter Maler wie<br />
Drexel, Weggefährte von Nolde, Rohlfs und Schmidt-Rottluff… so in Vergessenheit geraten konnte<br />
und fand die Antwort, dass Drexel das typische Schicksal so vieler durch den Nationalsozialismus<br />
verhinderter Künstler erlitten hat. Er fügt hinzu, es lohne sich, diesen großen deutschen Künstler<br />
des 20. Jahrhunderts wieder zu entdecken. Dies ist inzwischen auch geschehen. Bilder von Drexel<br />
hängen weltweit in zahlreichen großen Museen. – Siehe Abbildung Seite 11.
11<br />
Nr. 15<br />
16 Duhamel du Monceau, (Henri Louis), Natur-Geschichte der Bäume, darin von<br />
der Zergliederung der Pflanzen und der Einrichtung ihres Wachsens gehandelt wird,<br />
als einer Einleitung zur vollständigen Abhandlung von Wäldern und Hölzern… übersetzt<br />
von Carl Christoph Oelhafen von Schöllenbach. 3 Teile in 2 Bänden. Mit 1 gestoch.<br />
Vignette und 50 gefalt. Kupfertafeln von A. W. Winterschmidt. 16 Bll., 276 Seiten;<br />
1 Bl., 291 Seiten, 1 Bl.; 3 Bll., 98 Seiten. 4°. Halblederbände der Zeit mit 2 Rückenschildchen<br />
und reicher Rückenvergoldung; schöne zeitgen. Buntpapiervorsätze. Nürnberg,<br />
De Launoy Erben für Winterschmidt, 1764–65. € 950.–<br />
Erste deutsche Ausgabe des berühmten und einflussreichen Werkes über die Baumzucht. – Henri<br />
Louis Duhamel du Monceau (1700–1782) war ein französischer Jurist, Botaniker und Ingenieur. Er<br />
gilt als Begründer der Forstbotanik, insbesondere der Forstbenutzung und der biologischen<br />
Holzforschung. Der 3. Teil mit eigenem Titelblatt enthält ausschließlich die „Erklärung von Kunst-<br />
Wörtern aus der Botanic und von dem Landbau; besonders auch dererjenigen, welche bey<br />
Niederschlagung der Wälder vorkommen“ und ist somit für die Geschichte dieser Fächer unentbehrlich.<br />
– Stempel a. d. Vorsatz, Deckel etw. berieb., Rückenschildchen mit kl. Schabspuren; insgesamt<br />
sehr sauberes, dekorativ gebundenes Exemplar. – Nissen, Botan. Buchillustr., 543. – Siehe<br />
Einbandabbildung 3. Umschlagseite.
12<br />
17 Engelhart, Leonhard, Ein Gespräch zweier gute Freund von warer unnd falscher<br />
Religion, kurtz, grundtlich, und lieblich gestellet, zu nutz und besserung aller, die es<br />
lesen werden in Truck verfertiget. 28 Bll. (das letzte weiß). 4°. Halbpergamentband mit<br />
Rückentitel. Tübingen, (Morhart Erben), 1570. € 380.–<br />
Engelhart (1526–1602), Prof der Humaniora in Tübingen, leitete die erstmals 1421 erwähnte Lateinschule<br />
in Eppingen, die unter seinem Rektorat (1550–1562) einen guten Ruf weit über die Grenzen<br />
Eppingens hinaus hatte. E. folgte anschließend einem Ruf der Tübinger Universität und übernahm<br />
1574 das Stuttgarter Pädagogium (1559 gegründet, die Mutter der württembergischen Lateinschulen,<br />
heute Eberhard-Ludwig-Gymnasium). Auch gingen aus der Eppinger Schule im 16. Jahrhundert<br />
mehrere Professoren und Rektoren der Universität Heidelberg hervor. – Holzmann/Bohatta II,<br />
7297. VD16, E 1236. – Vgl. Keller, Aus dem Leben und den Werken des Magisters Leonhard Engelhart,<br />
Rektors der ehemaligen Lateinschule in Eppingen: Ein Beitrag zur Geschichte dieser Anstalt<br />
(1874). – Etw. gebräunt, Exlibris.<br />
18 Ennemoser, Joseph, Der Magnetismus nach der allseitigen Beziehung seines<br />
Wesens, seiner Erscheinungen, Anwendung und Enträthselung in einer geschichtlichen<br />
Entwickelung von allen Zeiten und bei aller Völkern wissenschaftlich dargestellt.<br />
XXIV, 781 Seiten, 1 Bl. Pappband der Zeit mit Rückenschild. Leipzig, Brockhaus, 1819.<br />
€ 450.–<br />
Seltene erste Ausgabe von Ennemosers erstem größerem Werk über den Heilmagnetismus. –<br />
Vortitel: „Ennemoser’s Geschichte des Magnetismus“. – „Ennemoser war einer der extremsten Vertreter<br />
jener aus der Naturphilosophie erwachsenen mystischen Richtung in den Natur wissenschaften“<br />
(ADB VI, 151); „…(er) ist der Heros für den Magnetismus, der ihn in seiner geistigen<br />
Seite besser zu erklären versteht als die französischen Charlatane, die ihn mit Hilfe der Lügengeister<br />
zuletzt zur Schwarzkunst benützen“ (Eschenmayer in einem Brief an Justinus Kerner vom 13.1.<br />
1852; Kerner, Briefwechsel mit seinen Freunden II, 363 SS f.). – Hs. Besitzvermerk a. d. Innendeckel,<br />
Einband berieb. und etw. fleckig, kleine Ausbesserungen, Kopfkapital mit kl. Randdefekten. –<br />
Crabtree 293.<br />
Klassiker der Toxikologie<br />
19 Fontana, Felice, Abhandlungen über das Viperngift, die Amerikanischen Gifte,<br />
das Kirschlorbeergift und einige andere Pflanzengifte nebst einigen Beobachtungen<br />
über den ursprünglichen Bau des thierischen Körpers, über die Wiedererzeugung der<br />
Nerven und der Beschreibung eines neuen Augenkanals. 2 in 1 Bd. Mit 10 Kupfertafeln.<br />
XIV, 500 Seiten, 1 Bl. Halblederband mit Rückenschild. Berlin, Himberg, 1787. € 1.400.–<br />
Erste deutsche Ausgabe, übersetzt nach der französ. Ausgabe von 1781, die gegenüber dem italien.<br />
Original von 1767 wesentlich erweitert wurde. – „The starting point of modern investigations of<br />
serpent venoms.“ (Garrison/Morton 2103 zur italien. Ausg.). Unter den amerikanischen Giften<br />
wird hauptsächlich das „Ticunasgift“ untersucht.<br />
Felice Fontana (1730–1805) war einer der bedeutendsten und vielseitigsten Anatomen und<br />
Physiologen des 18. Jahrhunderts. – Fontana beschrieb einen neuen Kanal im Auge. Die Entdeckung<br />
wurde nach ihm benannt und als ‚Fontanasche Räume‘ (Spatia anguli iridocornealis) bezeichnet. Es<br />
sind dies die Zwischenräume zwischen den Fasern des Reticulum trabeculare. Er untersuchte auch<br />
die Lichtreflexe der Pupillen. Fontana erforschte die roten Blutkörperchen, beschrieb die Giftzähne<br />
der Schlangen und machte Versuche mit Schlangengift. Fontana befasste sich auch mit der Luft und<br />
der Atmung und fand, dass Pflanzenblätter im Sonnenlicht Sauerstoff abgeben. 1781 beschrieb der<br />
Forscher die mikroskopischen Befunde der Nervenfasern. Er experimentierte mit dem Pfeilgift<br />
Curare und beobachtete, dass die Injektion in den Ischiasnerv ohne toxische Wirkung blieb, diese<br />
sich aber nach intravenöser Verabreichung einstellte. Er verwendete elektrische Funken als Reiz im<br />
Tierversuch und entdeckte, dass die Drehkrankheit der Schafe durch den Blasenwurm im Gehirn<br />
erzeugt wird. Zudem wird sein Name in der Medizingeschichte fest verankert sein durch die unter<br />
seiner Leitung hergestellten naturgetreuen Wachsmodelle des menschlichen Körpers: lebensgroße<br />
Figuren mit Darstellung der Muskeln, Bänder und Nerven. Einer seiner Mitarbeiter war Paolo
13<br />
Mascagni. Als Kaiser Joseph II 1780 die Wachspräparate-Sammlung im Reale Museo di Fisica e<br />
Storia Naturale in Florenz sah, ließ er von Fontana eine zweite Sammlung für das Josephinum in<br />
Wien herstellen. – Stellenw. leicht fleckig, Einband etw. bestoßen und beschabt; insgesamt sehr<br />
gutes Exemplar dieses klassischen Werkes in der Geschichte der Toxikologie. – Blake 150. Waller<br />
3111. Wellcome III, 37.<br />
20 Franckenberg, Abraham von, Gem ma<br />
magica oder Magisches Edel gestein, das ist,<br />
Eine kurtze Erklärung des Buchs der Natur<br />
und dessen sieben größten Blättern. 159<br />
Seiten. Kl.–8°. Halb schweins lederband der<br />
Zeit auf Holz deckeln. Ams terdam, o. Dr.<br />
1688. € 2.000.–<br />
Erste Ausgabe; sehr selten. – Der schlesische Freigeist<br />
Franckenberg (1593–1652) „wrote several<br />
books of mystical import. He had no respect for<br />
confession or for the communion… and would<br />
accept no offices because he thought hey would<br />
lead him into many sins. He returned to Lud wigsdorff<br />
and died there” (Ferguson). – Franckenberg<br />
gehörte dem schlesischen Mystikerkreis an, zu dem<br />
auch Angelus Silesius zählt. – Das Werk hatte F. bereits<br />
1644 geschrieben, es wurde jedoch erst lange<br />
nach seinem Tode gedruckt. “Of special alchemical<br />
interest is the seventh (last) part, entitled ‘von der<br />
lebendigen Zerlegung des Feuers, oder der Spagy r<br />
schen Facultät und Wissenschaft des Scheidens’<br />
(Seiten 154–159)” (Duveen). – Einband abgenutzt,<br />
Vorsatz gestemp., Bl. 2 mit kl. Eckabriss, etw.<br />
fleckig und gegen Ende leicht wasserrandig. –<br />
Fer guson I, 289 ff. Duveen 227. Caillet 4185. Dünnhaupt<br />
III, 1575, F 6 (“Obschon im Titel Franckenberg<br />
zugeschrieben, ist seine Autorschaft keineswegs<br />
gesichert”).<br />
„Magnifique ouvrage du célèbre mystique et kabbaliste allemand“ (Caillet)<br />
21 Gichtel, Joahnn Georg, Theosophia practica. Halten und Kämpfen ob dem H.<br />
Glauben bis ans Ende, Durch die Drey Alter des Lebens JEsu Christi, nach den dreyen<br />
Prinzipien Göttlichen Wesens… Durch Sophiam in der Menschheit… welche Gott<br />
vermählet hat… Dritte Edition, vermehret und verbessert. (Hrsg. von J. W. Überfeldt).<br />
7 Bände. Etwas abweichende Halblederbände der Zeit mit Rückenschild und Rückenvergoldung.<br />
Leyden (d. i. Berlin), ohne Drucker, 1722. € 2.000.–<br />
Vollständigste Ausgabe dieser umfangreichen Briefsammlung, als Zusammenfassung seiner Lehre<br />
von Gichtels Freund J. W. Überfeldt besorgt. Enthält zus. 840 Briefe aus der Zeit von 1668–1710.<br />
Komplett sehr selten. – „In diesen Briefen Gichtels ist wohl die ausführlichste Darlegung und<br />
Systematisierung der Boehmschen Spekulation über den androgynen Mythus enthalten. Bei der<br />
großen Bedeutung, die dieses Werk im späteren Pietismus wie auch in den verschiedenen theosophischen<br />
Sekten und religiösen Freimaurerlogen erhalten hat, verdient es eine besondere Beachtung“<br />
(Benz, Adam, der Mythus vom Urmenschen, S. 103 ff.). – „Von Anlage her Mystiker und Spiritualist,<br />
kam er durch Jakob Böhme, dessen Werke er 1682 als erster herausgab zur Erkenntnis seiner Position,<br />
die über Böhme hinausgeht und starke mystische Züge aufweist… G.s religiöse Einstellung…<br />
ist ein Protest gegen die erstarrte orthodoxe Kirchlichkeit, deren äußeren Gottesdienst einschließlich<br />
Abendmahl er als den persönlichen Verkehr mit Gott hemmend ablehnte…“ (NDB). –
14<br />
„Magnifique ouvrage du célèbre mystique et kabbaliste allemand… Cette oeuvre est aussi savante que<br />
celles de Jac. Böhme” (vgl. Caillet 4521, nur spätere französ. Ausgabe). – Nur der erste Band enthält<br />
ein eigenes Titelblatt, für die Folgebände wurden nur Zwischentitel gedruckt. die Bände 1–6<br />
mit fortlaufender Paginierung, wobei der Druck von Bd. 6 vorgezogen wurde, so daß er in der<br />
Paginierung auf Teil 2 folgt. Bd. 7/1 enthält die Biographie Gichtels, möglicherweise von seinem<br />
Freund und Herausgeber Überfeldt, die Nachrede ist unterzeichnet “J.Mm.”. Bd. 7/2 mit den<br />
Registern und Druckfehlern. Bd. 7 sep. pag.: 470 Seiten, 168 Bll. (3 Register und Druckfehler). Die<br />
Register (140 Bll.) doppelt vorhanden und an Bd. 6 nochmals angebunden. – Etw. gebräunt, stellenw.<br />
fleckig, Bd. 7 mit Buntstiftanstreichungen, wenige Wurmsp.; Einbände teils stärker berieb.<br />
und leicht fleckig; insgesamt gutes Exemplar. – Holzmann/Bohatta II, 7460. Weller, Druckorte I, 71.<br />
22 Gichtel, J. G., und J. G. Graber, Eine kurtze Eröfnung und Anweisung Der<br />
dreyen Principien Und Welten Im Menschen. In unterschiedlichen Figuren vorgestellet:<br />
Wie und wo eigentlich ihre Centra im innern Menschen stehen… Samt einer<br />
Beschreibung der dreyerley Menschen nach Art des in ihme herrschenden Principii<br />
oder Geistes. Worinnen sich ein jeder als in einem Spiegel besehen kan, unter welchem<br />
Regiment er in seiner Lebens-Gestalt stehe und leb. Nebst einer Anweisung, Was der<br />
Streit Michaels und des Drachens, auch was das wahre Bäten im Geist und Wahrheit<br />
sey. Mit 5 (1 gefalt.) Kupfertafeln. 175 Seiten. Lederband der Zeit mit Rückenschild<br />
und Rückenvergoldung. Zum Druck befördert [zu Leiden], [ohne Drucker], im Jahr<br />
1723. € 2.200.–
15<br />
„Sehr seltene, von Johann Wilhelm Ueberfeld, dem Leiter der Engels brüder und Herausgeber<br />
Jakob Böhmes edierte erste Ausgabe dieser mystischen Anthropologie. In s. Vorwort heisst es: ‚Es<br />
sind die Figuren vom inwendigen Menschen, welche unser Autor 15. Jahre lang bey sich verborgen<br />
gehalten, bis an sein Lebens-Ende: Und wir noch 10. Jahren lang nach demselben‘. Beschrieben und<br />
abgebildet werden der ‚Inwendige, Vorkommene (!) Mensch Durchaus Geheiliget und Erleuchtet<br />
nach allen IIIen Principien Göttliches Wesens…‘, der ‚gantze Irdische, Natürliche, Finstere Mensch;<br />
in Sternen und Elementen‘ und der ‚Wiedergeborene Mensch: In seiner instehenden Geburt in<br />
Christo…‘. Das Buch erschien als eine selbständige Ergänzung zu Gichtels Theologia practica.“<br />
(Kistner/Seebass, Deutsche Literatur der Barockzeit N. F. 383). – Vier der bemerkenswerten Kupfer<br />
zeigen den „inwendigen Menschen“ mit symbolischen Dar stellungen der „inneren Zentren“, in den<br />
verschiedenen Wandlungsphasen auf dem Wege zu seiner „Wiedergeburt“. Die gefalt. Tafel „Das<br />
Rad der Geburt der Bildniß Gottes im Menschen, Durch die drey Principia Göttliches Wesens“<br />
zeigt ein Diagramm mit den 12 Tierkreiszeichen und den 7 Planeten, wie es auch schon in Böhmes<br />
Werk „Hohe und tieffe Gründe Von dem Dreyfachen Leben des Menschen nach dem Geheimnüß<br />
der dreyen Principien Göttlicher Offenbarung auftaucht (dort manchmal als „Rad der Natur“<br />
bezeichnet). – Der englische Theosoph „Charles Webster Leadbeater (1847–1934) war der erste,<br />
der auf die erstaunliche Ähnlichkeit der Gichtelschen Ideen mit den aus dem Hinduismus<br />
be kannten psychischen Energiezentren, den Chakras, hingewiesen hat“ (Ausst.-Kat. Zürich: Wissende,<br />
Eingeweihte und Verschwiegene. Esoterik im Abend land., N. 148). – Wohlerhaltenes<br />
Exemplar.<br />
Aus dem Kloster Weingarten<br />
23 Gockel, (Ernst), Basiligraphia Europaea: sive de Europaeis regibus ad novissimos<br />
nostros mores methodica et repetita tractatio. Mit gestoch. Titel von S. Mayer nach J.<br />
Arnold. 11 Bll., 206 Seiten. 4°. Pergamentband der Zeit mit 2 Schließen. Nürnberg,<br />
Knorz für Kühn, 1688. € 600.–<br />
Erste Ausgabe. – Offenbar in 3 verschiedenen Varianten gedrucktes Verzeichnung der europäischen<br />
Herrscher und Besprechung der jeweiligen Wahlkapitulationen. – Die beiden Exemplare im VD17<br />
(12:152394Q und 23:302267A) abweichend: bei vorliegender Variante erscheint der ursprüngliche<br />
Druckort ‚Ulm‘ nicht bzw. ist auch nicht überklebt und durch ‚Nürnberg‘ ersetzt. – Sehr schönes<br />
Exemplar aus dem Kloster Weingarten. Ferner mit Stempel a. d. Titel der „Königlichen Hand<br />
Bibliothek“ in Stuttgart.
16<br />
Exemplar aus der Kartause Buxheim<br />
24 Guevara, Antonio de, Speculum religiosorum & exercitium virtuosorum Oder:<br />
Der Geistliche Spiegel. An jetzo aber durch der Fürstl: Durchl: Hertzog Maximiliani in<br />
Bayern & c. Secretarium (d. i. Aegidius Albertinus) verteuscht. 8 Bll., 783 Seiten, 4 Bll.<br />
Blindgeprägter Schweinslederband der Zeit auf Holzdeckeln mit 2 Schließen. München,<br />
A. Berg, 1599. € 650.–<br />
Erste deutsche Ausgabe. – Schildert das Klosterleben, die Aufgaben und Pflichten der Mönche und<br />
Brüder etc.; auch für Laien gedacht, die in ein Kloster eintreten wollen. – Das Werk von Guevara<br />
(um 1480–1545), <strong>Franz</strong>iskaner und Hofprediger Karls V., hatte in Europa großen Erfolg und übte<br />
z. B. Einfluss auf Michel de Montaigne und Grimmelshausen aus. – Ohne den vorderen fliegenden<br />
Vorsatz, etw. fleckig; Einband berieben. – Titel mit handschriftl. Besitzvermerk der Kartause<br />
Buxheim. – VD 16, G 4022. Goed. II, 580, 8. Dünnhaupt 7. 1.<br />
Das Bläsibad bei Tübingen<br />
25 Hafenreffer, Samuel, Unda Bethhesdae Repullulans. Das ist: Gründliche Be schreibung<br />
der vortrefflichen unnd heilsamen Tugenden deß Wassers, im Steinacher Thal,<br />
nahend bey Tübingen herfür quellendt, ins gemein das Bläsi Bad genandt. 80 Seiten.<br />
Kl.–8°. Pappband um 1800. Tübingen, D. Werlin, 1629. € 950.–<br />
Seltene Beschreibung des Bläsibades<br />
bei Tübingen, das erstmals 1470 erwähnt<br />
wird, auch später von Leonhard<br />
Fuchs in seinen Institutiones (libr. 2,<br />
sect. 5). Das Bad erhielt seinen Namen<br />
nach der naheliegenden Kapelle St.<br />
Blasius, der der Heiligenlegende nach<br />
kranke Tier heilte. – Hafenreffer beschreibt<br />
sowohl Kalt- wie auch Warmwasser-Kuren,<br />
Trinkkuren, Kräuterbäder,<br />
etc. Ausführlich berichtet er über<br />
den vielfältigen Nutzen des Heilwassers.<br />
Cap. VI befasst sich mit den „nöthigen<br />
Reguln“ des Badens, nicht ohne diejenigen<br />
zu erwähnen, die „in die Bäder<br />
umb Wollusts willen“ ziehen, um „darinnen<br />
desto freyer dem Bacho und der<br />
Göttin Veneri zu dienen“. Cap. VII gibt<br />
Anleitungen, wie man sich während der<br />
Badekur mit dem Essen und Trinken<br />
verhalten soll mit detailreichen An gaben,<br />
auch zu einer ausgewogenen Diät.<br />
– Samuel Hafenreffer, der berühmte<br />
Dermatologe und Prof. der Medizin in<br />
Tübingen, wurde 1587 in Herrenberg/<br />
Württ. geboren und verstarb in Tübingen<br />
am 26. Sept. 1660. Berühmt wurde<br />
er durch sein Lehrbuch der Hautkrankheiten<br />
aus dem Jahr 1630, das 1660<br />
noch eine 2. Aufl. erlebte. – Gering fleckig<br />
und gebräunt, wenige Unter streichun<br />
gen von alter Hand. – VD17, H<br />
23:296252A. – Nicht in der Balneolog.<br />
Bibl. Dr. von Renz verzeichnet.
17<br />
Nr. 26<br />
26 Heidelberg – Gesamtansicht über das Schloß auf die Stadt. Braun lavierte Federzeichnung.<br />
14,2 x 21,6 cm. Um 1850. € 350.–<br />
Reizvolle Ansicht in frischer Erhaltung. – Siehe Abbildung oben.<br />
“One of the greatest books on physiological optics” (Garrison/Morton)<br />
27 Helmholtz, Hermann (von), Handbuch der physiologischen Optik. Mit 5 gestoch.,<br />
6 lithogr. Tafeln und 213 Textholzstichen. XIV, 874 Seiten, 1 Bl. Halbleinen um<br />
1900 mit Rückentitel. Leipzig, Voss, 1867. € 1.600.–<br />
Erste Ausgabe des berühmten Werkes mit den bahnbrechenden Entdeckungen zur Farbempfindung.<br />
– Mit dem nicht immer vorhandenen Reihentitel: Allgemeine Encyklopädie der Physik, Bd. IX. –<br />
“Originally issued in parts between 1856 and 1866, the work provided the first real description of<br />
optical physiology including the mechanism of accommodation, the phenomenon of color vision,<br />
and the measurement of lens curvature” (Heirs of Hippocrates³ 1887). – “Considered the most important<br />
book on the physiology of physics and vision” (Horblit 49b). – Rückseite des Reihentitels<br />
mit hs. Besitzvermerk (durchschlagend), nur gering fleckig und wenig gebräunt. – Cushing, H 231.<br />
Garrison/Morton 1513. Waller 4299. – Siehe Einbandabbildung 3. Umschlagseite.<br />
28 Helmont, Johann Baptist van, Aufgang der Artzney-Kunst. Das ist: Noch nie<br />
erhörte Grund-Lehren von der Natur, zu einer neuen Beförderung der Artzney-<br />
Sachen, sowol die Kranckheiten zu vertreiben, als ein langes Leben zu erlangen. Übers.<br />
und hrsg. von F. M. van Helmont. Mit gestoch. Frontispiz von Sandrart und gestoch.<br />
Porträt. 16 Bll, 1270 Seiten, 1 weißes Bl., 30 Bll. Folio. Pergamentband der Zeit mit gestrichenen<br />
Kanten. Sulzbach, J. Holst für J. A. Endter, 1683. € 2.000.–<br />
Erste deutsche Ausgabe. – Der Arzt, Naturforscher und Naturphilosoph Johann Baptist van<br />
Helmont (1579–1644) hatte sich durch die Veröffentlichung seiner Schrift „Über die magnetische
18<br />
Heilung von Wunden“ die Feindschaft der akademischen Ärzteschaft und des Jesuitenordens zugezogen.<br />
Er wurde von der Inquisition zu Hausarrest und Publikationsverbot verurteilt. – Erst<br />
nach seinem Tod gab sein Sohn Franciscus Mercurius – selbst ein bedeutender chemiatrischer und<br />
mystisch-philosophischer Schriftsteller – seine Werke heraus. Der „Aufgang der Artzney-Kunst“<br />
(1648 unter dem Titel „Ortus medicinae“ erschienen) stellt die Sammlung der sämtlichen Schriften<br />
van Helmonts dar; hier in der deutschen Übersetzung durch den Kabbalisten und Sulzbacher<br />
Kanzler Christian Knorr von Rosenroth (1639–1689), die beste, lesbarste und übersichtlichste<br />
Ausgabe“ (KLL). „…von beiden in dem Bewusstsein publiziert, dass die Zeit endlich für die hier<br />
gebotene, ‚noch nie erklärten Grundlehren von der Natur…‘ reif geworden sei. Wir haben wieder<br />
eine Gemeinschaftsarbeit der beiden Freunde vor uns, ein Werk, in dem die Verschmelzung paracelsischer<br />
Lehren mit einer christlich-theosophisch ausgelegten Kabbala aufs innigste gedieh…<br />
Neuerdings wurde eigens darauf hingewiesen, dass die Übersetzung dem Original sehr nahe kam,<br />
‚gehört doch ihr Verfasser dem Kreise von Adepten an, für die der spagyrische Sprachschatz nicht<br />
nur das Wort, sondern den lebendigen Begriff birgt‘ (Pagel). In den umfangreichen Anmerkungen<br />
zum Texte nannte sich Knorr einen ‚alten Laboranten‘, der ‚in dieser Materie nichts unversucht<br />
gelassen‘“ (Grassl, Aufbruch zur Romantik, 1968, S. 7).<br />
Johann Baptist van Helmont stand mit berühmten zeitgenössischen Gelehrten wie W. Harvey,<br />
F. Bacon und Galilei in Verbindung. Er gilt wohl als der bedeutendste Nachfolger des Paracelsus,<br />
unterscheidet „sich aber sehr wesentlich von seinem Vorbilde durch den wissenschaftlichen Geist“<br />
(Hirsch, Gesch. d. medizin. Wiss., 128). – Ungeachtet seiner mystischen und alchemistischen<br />
Neigungen (er rühmte sich den Stein der Weisen und das Elixir zu besitzen) führte er zahlreiche<br />
wichtige experimentelle Untersuchungen durch. Er verwendete als erster die Bezeichnung „Gas“ –<br />
abgeleitet vom griechischen Wort „Chaos“. Er erkannte, dass „Gas“ etwas anderes war als Luft und<br />
Wasserdampf, und unterschied die verschiedenen Quellen entstammenden Gase, darunter jenes,<br />
welches wir heute Kohlendioxyd nennen. Er gilt heute als der erste Gaschemiker!<br />
„Auf medizinischem Gebiet führte er die Untersuchung des spezifischen Gewichts des Urins zu<br />
diagnostischen Zwecken ein. Er untersuchte die Flüssigkeiten im menschlichen Körper und förderte<br />
mit der Entdeckung der Säureverdauung im Magen das Studium der Verdauung und anderer physiologischer<br />
Veränderungen und war damit nicht mehr weit von der Identifikation der Magensäure<br />
mit der Salzsäure (Chlorwasserstoff) entfernt – zweihundert Jahre vor der tatsächlichen Entdeckung<br />
dieser Tatsache“ (Carter/Muir, Bücher die die Welt verändern, 135).<br />
Das Frontispiz zeigt eine Berggruft, in der die Ärzte Avicenna, Galen etc. die verschütteten ärztlichen<br />
Kenntnisse ausgraben müssen. Das schöne Porträt im Oval ist von Joh. Alex. Boener gestochen;<br />
darunter ein Vierzeiler, beginnend: „Diß ist der Helle Mond, zur Lehre von Artzneyen…“. –<br />
Einband fleckig. 1 Kante mit kl. Beschädigung. Titel mit zeitgen. Namenseintrag „J. G. Seidel“, von<br />
dessen Hand wohl auch zahlr. Marginalien. Insgesamt sehr sauberes Exemplar mit dem Exlibris der<br />
gräflich Solmsschen Bibliothek. – VD17 12:169658U. Garrison/Morton 665. Waller 4302. Wellcome<br />
III, 242. Ferguson I, 380. Ferchl 224. DSB VI, 257. – Siehe Abbildung Seite 19.<br />
29 Herlitz (Herlicius), David, De curationibus gravidarum, puerperarum, et Infantum.<br />
New Frawenzimmer, und gründliche Unterrichtung, von den schwangern Frawen,<br />
und Kindeletterinnen, was ihnen vor, in, und nach der Geburt, zu wissen, nötig sey.<br />
Dabey auch von vielen Kranckheiten der jungen Kinder meldung gethan, Jetzo auffs<br />
newe wiederumb zum vierdten mahl fleissig ubersehen, und an vielen örtern verbessert.<br />
16 Bll. (Bl. 8 weiß), 484 Seiten, 1 weißes Bl. Pergamentband der Zeit mit Deckelrandfileten,<br />
kleinem Mittelstück und Eckfleurons. Stettin, D. Rhete, 1628. € 1.200.–<br />
Volkstümliches Kompendium für Geburtshilfe und Kinderheilkunde; mehrfach aufgelegt, jedoch<br />
in allen Auflagen selten. – Herlitz (1557–1636), Astrolog und Arzt, Stadtarzt von Prenzlau, Anklam,<br />
Stargard und Lübeck, auch Prof. in Greifswald, stand im Bann der Astrologie. – Titel in Rot und<br />
Schwarz, umgeben von breiter figürlicher Bordüre. – Papierbedingt teils stärker gebräunt,<br />
Innendeckel mit stärkeren Wurmsp., erste Bll. ebenfalls mit Wurmsp.; Seiten 203/04 am Rand ausgebessert,<br />
Seiten 423/24 mit hinterlegtem Brandloch (wenige Buchstaben betroffen); S. 85, 157 und<br />
174 doppelt paginiert, S. 112 in der Pag. ausgelassen. Der Einband fleckig und stärker gewellt. –<br />
Krivatsy 5518 (ohne das weiße Bl.). – Vgl. Waller 4374 (Ausg. 1610). – Vorliegende Ausgabe nicht<br />
im VD17. – Keine Ausgabe dieses Werkes in den <strong>Katalog</strong>en der Wellcome Library und der Josephin.<br />
Bibl. in Wien. – Siehe Abbildung Seite 20.
Nr. 28<br />
19
20<br />
Nr. 29<br />
30 Hirsch, Joh. J., Der homöopathische Arzt in der Kinderstube. Eine Belehrungsschrift<br />
für Eltern und jüngere Fachgenossen. XII, 268 Seiten. Halbleinen der Zeit mit<br />
Rückentitel. Leipzig, F. Fleischer, 1865. € 580.–<br />
Einzige Ausgabe; sehr selten! – Der Verf., Doktor der Medizin und Chirurgie, war Mitglied der<br />
medizin. Fakultät zu Prag und des homöopathischen Centralvereins zu Leipzig. – 2 Stemp. a. d.<br />
Titel, ohne das hintere Vorsatzbl.; Einband berieben, Deckelbezügen beschabt. – Nicht bei Tischner.<br />
Kein Ex. im Catalog of the Clifford G. Grulee Collection on Pediatrics.
Nr. 31<br />
21
22<br />
“Leipziger Totentanz” – Komplett<br />
31 Hirsch, Karl-Georg, Totentänze. (6 Gedichte verschiedener Autoren). Komplette<br />
Folge von 6 Bänden. Hrsg. von Herbert Kästner. Gestalterische Konzeption Gert<br />
Wunderlich. Mit insgesamt 42 (6 signierten) Orig.-Holzstichen von Karl-Georg Hirsch.<br />
4°. Orig.-Pappbände in typogr. gestalteter Orig.-Papp-Kassette. Leipzig, Leipziger<br />
Bibliophilen-Abend, 1998–2002. € 1.800.–<br />
Eins von 100 Exemplaren (Gesamtaufl.: 125); Druckvermerk von Hirsch, Wunderlich und dem jeweiligen<br />
Autor signiert. – Die 6 Gedichte stammen von Kerstin Hensel, Hubert Schirneck, Peter<br />
Gosse, Volker Braun, Kathrin Schmidt und Richard Pietraß. – „Die Autoren interpretierten das<br />
Thema auf sehr verschiedenartige Weise. Als untauglich erwies sich das Defilee von Ständen oder<br />
auch nur von Prototypen als Spiegel der Gesellschaft, die nicht mehr hierarchisch geordnet,<br />
sondern in Milieufelder zergliedert ist. Und wenn Tod und Sterben aus dem Alltag weitgehend<br />
verdrängt sind und assoziiert werden als Schicksal und Erfahrung des Individuums, treten auch die<br />
‚Moribundi‘ als Einzelne dem Tod gegenüber… In Karl Georg Hirschs dynamischer Handschrift<br />
sind Tod und Sterben kein leises und stilles Abschiednehmen, die Konfrontation mit dem unabwendbaren<br />
Schicksal des ‚omnia mihi subdita‘ schafft gesteigerten Ausdruck und intensivere<br />
Empfindung der Zeitlichkeit, in ekstatischen Tänzen und bizarren Konstellationen verdeutlicht<br />
Hirsch das Miteinander von Tod und Vitalität, Schrecken und Lust, Werden und Vergehen. Mensch<br />
und Tod – einander seltsam ähnelnd – erscheinen als Figuren eines auf ewig verbundenen Paares.<br />
Die satirisch überhöhten Physiognomien und grotesken Verrenkungen der Akteure erinnern an die<br />
Gestalten mit kunstvoll verzerrten Gliedern und in höchst ungewöhnlichen Stellungen, die an<br />
romanischen Kapitellen und Portalen dämonische Kräfte bannen sollten. Ein weit zurückgeneigter<br />
Kopf deutet in der Ikonographie mittelalterlicher Kunst an, dass der Geist den Tod des Fleisches<br />
überleben wird. Aus vorchristlicher Überlieferung stammen die Symbolik des Spiegels als Todesorakel<br />
– noch heute pflegt man bei einem Todesfall die Spiegel zu verhängen – und das Sinnbild des<br />
ausgestreckten Fingers, von Hirsch häufig benutzt. Mit dem Finger auf jemanden zu zeigen, gilt als<br />
unanständig, wie uns aus den Ermahnungen in Kindheitstagen noch geläufig ist…“ (Ingrid und<br />
Herbert Kästner, Der Leipziger Totentanzzyklus des Karl-Georg Hirsch, S. 113–122 in: L’Art<br />
Macabre. 4. Jahrbuch der europäischen Totentanz-Vereinigung).<br />
Der Bleisatz in von Band zu Band wechselnden Schriften sowie den Buchdruck führte die Leipziger<br />
Offizin Haag-Drugulin aus. Die Gesamtgestaltung und Herstellung lag in den Händen von Gert<br />
Wunderlich, Professor an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Die Handeinbände<br />
fertigte Lothar Säuberlich, Leipzig. – Siehe Abbildung Seite 21.<br />
32 Höchstfürtreflichstes Chiromantisch- und Physiognomisches Klee-Blat, bestehend<br />
aus drey herrlichen Tractaten und zwar erstlich des Kunst-berühmtesten Ronphyle<br />
Hand-Wahrsagung; zum andern Niclas Spadons Schauplatz der Curiositäten; und dann<br />
drittens Johann Sigmund Eltzholtzens Anthropometrie oder Meß-Kunst des Menschlichen<br />
Cörpers. Alles aus dem Frantzösischen, Italiänischen, Lateinischen und Griechischen<br />
übers. durch I. G. D. T. 3 Werke in 1 Bd. Mit gestoch. Frontispiz und 20 Kupfertafeln.<br />
15 Bll., 112; 208; 550 Seiten. Halbpergamentband der Zeit mit hs. Rückentitel.<br />
Nürnberg, J. Zieger, 1695. € 1.950.–<br />
Einzige Ausgabe dieses Zusammendrucks dreier okkulter Schriften in deutschen Übersetzungen. –<br />
Spadons Schrift (Tl. 2), italienisch als „Studio di curiosità“ schon 1662 erschienen, behandelt<br />
Physiognomie, Chiromantie und Metoposkopie, während Elsholtz‘ „Anthropometria“ (lateinisch<br />
1654) einen interessanten Versuch darstellt, aus Körperproportionen und besonderen Körperbildungen<br />
den menschlichen Charakter sowie besondere Fähigkeiten und Gaben zu erschließen. –<br />
Die Kupfer, chiromant. und physiognomische Darstellungen, verteilen sich auf alle 3 Werke, doch<br />
sind diejenigen zu Teil 2 fälschlich in Teil 1 gebunden worden. – Schönes Exemplar! – VD17<br />
3:606181M. Krivatsy 5755. Paisey (Brit. Libr.) H 1240 (inkomplett). Graesse, Bibl. mag., 101 und<br />
107. – Siehe Abbildung Seite 2.
23<br />
Erste Versübersetzung der beiden klassischen Werke<br />
33 Homer, Ilias. Deßgleichen die 12 Bücher Aeneidos deß P. Virgilii Maronis. In artliche<br />
Teutsche Reimen gebracht von Johann Sprengen. 2 Tle in 1 Bd. 4 Bll., 354 Seiten,<br />
1 weißes Bl., 2 Bll., 267 Seiten. Folio. Blindgepr. Schweinslederband der Zeit mit 2 intakten<br />
Schließen. Augsburg, Ch. Mang für E. Willer, 1610. € 1.800.–<br />
Erste Ausgabe. – Erste Versübersetzung der beiden klassischen Werke ins Deutsche durch Johann<br />
Spreng (1521–1601), Lehrer der alten Sprachen in Augsburg und Verfasser von mehr als 200<br />
Meisterliedern. Vorangegangen waren lediglich Prosaübersetzungen von Schaidenreisser (Ilias<br />
1537) und Murner (Aeneis 1515 u.ö.). Der Augsburger Johannes Spreng (1524 – 1601) hatte in<br />
Wittenberg bei Melanchthon studiert und wirkte dann als Lehrer der alten Sprachen, später als<br />
Notar in seiner Vaterstadt. Verfasser von mehr als 200 Meisterliedern. – Ohne das auf dem Titel<br />
verso vorgesehene Porträt Sprengs, das nur angekündigt wird („Viva effigies Ioannis Sprengii“), der<br />
freie Raum ist unbedruckt. – Mehrfach gestempelt, erste und letzte Lagen mit Wurmspuren (etw.<br />
Textverlust); gebräunt, gering fleckig. Einband wurmlöchrig, beschabt und etw. fleckig. – VD17<br />
3:607926H. Paisey, German Books in the Brit. Libr., 17th century, H 1532. Goed. II, 571,3.<br />
Hoffmann II, 339.<br />
Eines der populärsten Emblembücher<br />
34 Hugo, Hermann, Pia desideria. Emblematis, elegiis & affectibus SS. patrum illustrata.<br />
Mit Titelholzschnitt, Wappenholzschnitt-Tafel und 46 nahezu ganzseit. Textholzschnitten<br />
von Christopher van Sichem nach B. A. Bolswert und 3 Zwischentiteln<br />
mit Holzschnitt-Rahmen. 15 Bll., 456 Seiten,<br />
2 Bll. Kl.–8°. Lederband der Zeit. Antwerpen,<br />
Verdussen, 1628. € 500.–<br />
Berühmtes Emblembuch mit den schönen Holzschnit<br />
ten Christopher van Sichems nach den für die<br />
erste Auflage von 1624 geschaffenen Kupferstichen<br />
Bolswerts. – “Each emblem with a Bible quotation<br />
en graved in the plate… perhaps the most influential<br />
religious emblem book” (Landwehr). – “The religious<br />
application of emblems was a great discovery in<br />
its way, as can be seen from the immense success of<br />
a collection of emblems… by the Jesuit Herman<br />
Hugo” (Praz).<br />
“Here, we find the two children, Anima, the soul, and<br />
Divine Love who accompanies and instructs Anima.<br />
The popularity of these emblems goes hand in hand<br />
with the growth of the cult for the Infant Jesus. –<br />
The texts are from the Song of Songs of Solo mon and<br />
the Psalms. We see Anima rising from her bed at night<br />
to look for her beloved; anima sitting under the tree<br />
‘In the shadow of him whom my soul loveth’; the<br />
two infants among the lilies in the garden, etc.”<br />
(Salloch, Cat. 270: Emblem Books, No. 101). – Vorsatz<br />
mit Besitzeintrag von 1881, gering fleckig; der<br />
hübsche Einband mitRollwerkornamenten auf beiden<br />
Deckeln mit Schabstellen, Rücken unterlegt. –<br />
Praz 376. Landwehr 345.<br />
Das einzige bekannte Exemplar?<br />
35 [Indagine, Johannes de], Proposition astrologicque, & pronosticatio(n) naturelle<br />
de L’inco(m)parable Docteur Astrologue Ioan. Indagine Alema(n): traduicte nouvelle
24<br />
me(n)t en Francois [par Antoine Des Gois). Dont un chascu(n) scavoir des sa nativite,<br />
ce que necessaireme(n)t par la versation du Soleil, ou degre de son heure natalitie luy est<br />
inioinct: sans aucune superstition. Mit Titelholzschnitt und 6 wiederholten kleinen<br />
Holzschnitten. 15 Seiten. Kl.–8°. Roter Maroquinband mit goldgepr. Rückentitel, Stehund<br />
reicher Innenkantenvergoldung (sign: Chambolle-Duru). Paris, Nicolas Buffet,<br />
1545. € 3.000.–<br />
Kostbare astrologische Kleinschrift; von größter Seltenheit – wohl einziges bekanntes Exemplar! –<br />
Bibliographisch lediglich von Brunet III, 434, verzeichnet, jedoch ohne Exemplar-Nachweis. Das<br />
einzige im NUC (NI0050086) verzeichnete Exemplar (National Libr. of Medicine, Bethesda =<br />
Durling 2538) mit abweichendem Druckervermerk (Paris, Wechel, 1545). Die Bibl. Nationale in<br />
Paris besitzt nach dem KvK nur eine Kopie des Wechel-Druckes. – Das einzige Ex. auf einer deutschen<br />
Nachkriegsauktion (1962, Hauswedell, Auktion 112, 473) ist das vorliegende. – Der Übersetzer<br />
Antoine Des Gois (Goinus) war Buchhändler und Drucker in Antwerpen und hat sich nach<br />
1543 in Paris niedergelassen, wo er mehrere astrologische Werke übersetzte (vgl. dazu auch Cat.<br />
Rothschild III, No. 2722 Anm.). – Sehr schönes Exemplar aus der Bibliothek Lindeboom (farb.<br />
ovales Wappenexlibris a. d. Innendeckel). – Siehe Abbildung unten.<br />
Nr. 35 Nr. 36<br />
Handlesekunst<br />
36 Ingeber, Johann, Chiromantia, metoposcopia physiognomia curioso-practica,<br />
oder kurtze Anweisung, wie man aus den vier Haupt-Linien in der Hand… urtheilen<br />
kan… Mit Fleiß aufs neue zum andernmal übersehen, mit etlichen Capiteln vermehret…<br />
und bey jedem Paragrapho um ein merckliches vermehret. Mit gestoch. Porträt,
25<br />
gestoch. Titel und 24 Kupfertafeln. 6 Bll., 208 Seiten. Halbpergamentband der Zeit.<br />
Frankfurt/Main, G. H. Oehrling, 1698. € 480.–<br />
Frühe Ausgabe des klassischen Werkes. – Behandelt in drei Teilen zunächst die Chiromantie, zu der<br />
alle Kupfertafeln gehören, dann die Metoposkopie und am Schluss die Physiognomie, die auch eine<br />
allgemeine Interpretation körperlicher Eigenschaften enthält. – Der umfangreiche Teil der<br />
Handlesekunst führt aus „wie man aus der vier Haupt-Linien in der Hand, wie auch aus den Adern<br />
auf der Hand, von deß Menschen Gesundheit, Glück und Unglück, muthmaßlich judiciren oder<br />
urtheilen kan“ – Mehrf. gestemp., Porträt, gestoch. Titel und 2 Tafeln aufgezogen. Gleichmäßige<br />
leichte Bräunung. – Caillet 5403 (EA 1692). Graesse, Bibl. magica, 102 (Ausg. 1692 und 1701).<br />
Ackermann, Geheime Wiss. IV, 555 (Ausg. 1701).<br />
Angebunden: Curiosa miscellanea ex physica, astronomia, geometria, & optica, excerpta & conformata<br />
à J. K. S. Mit einigen Holzschnitten. 118 (recte 116) Seiten, 4 Bll. Schlaiza, W. A. Werther,<br />
1683. – Nicht im VD17. – Siehe Abbildung Seite 24.<br />
donum autorij<br />
37 Jägerschmid, Gustav Friedrich, Unterricht für die Hebammen in den badischen<br />
Landen. 2 Bände. 14 Bll., 175 Seiten, 1 Bl.; 10 Bll., 118 Seiten. Karton der Zeit. Karlsruhe,<br />
Macklot, 1775–76. € 500.–<br />
Erste Ausgabe; Geschenkexemplar des Verfassers. – Band I enthält die „Geburtshülfe“, Band 2 die<br />
„Verpflegung der Schwangern, Kindbetterinnen und Kinder“, nach dem Tod Jägerschmids fortgesetzt<br />
von seinem Nachfolger als Medicus und Landphysicus des Oberamts Karlsruhe Christian<br />
Ludwig Schweighard. – Mit einer Vorrede „an die Hebammenmeister und Geburtshelfer Badischer<br />
Landen“. – Innendeckel von Bd. I mit Vermerk „Donum autorij“. – Engelmann 276. Jöcher/<br />
Adelung II, 1787. – Siebold, Fasbender und Hirsch unbekannt geblieben.<br />
Auf der Milchstraße zum Glück / Ein jesuitisches Emblembuch aus Böhmen von 1740<br />
38 Janowka, Peter, Via lactea Candidus ad felicitatem trames, seu Nova in terris<br />
galaxia ethica per stationes XV. divisa. Mit Wappenkupfertafel und 15 emblemat.<br />
Kupfertafeln, gestoch. von Püschel, Prag. 11 Bll., 157 (recte 166) Seiten. Lederband der<br />
Zeit. Prag, Slansky, (1740). € 1.200.–<br />
Erste Ausgabe des seltenen Emblembuches. – Innendeckel mit zeitgen. Besitzvermerk des „Conventus<br />
Teuto-Brodensis“ (der Augustinerorden in der ostböhmischen Stadt Havlíckuv Brod, bis<br />
1945 Nemecký Brod, deutsch Deutschbrod); Vortitel und Titel mit Stempel des „Convent Siloe“<br />
(das Prämonstratenserkloster im südmährischen Zeliv /Selau, berühmt durch seine barocken Musik <br />
schätze). – Seiten 35–44 doppelt paginiert. Leichte Gebrauchssp.; Einband mit kl. Defekten, 1 Tafel<br />
mit Plattenschmutz, sonst sauberes Exemplar. – Praz 382. De Backer-S. IV, 741. Fechtnerova, Anna,<br />
Rectores Collegiorum Societatis Iesu in Bohemia, Moravia ac Silesia usque ad annum MDCCLXXIII<br />
iacentum. Pars I. – Bohemia. (Prag 1993), No. 63.<br />
Ein ausführliches Exposé (mit Abbildung) von Prof. Dr. Reinhard Düchting über dieses außergewöhnliche<br />
Emblem-Buch direkt nach dem Titel.<br />
39 Kellner, David, Erneuert- verbessert- und vermehrte, sehr nütz- und erbauliche<br />
Scheide-Kunst, worinnen enthalten die rechte Art und Weise, wie man die vermischte<br />
Metalla, sonderlich Gold und Silber, künstlich von einander scheiden und bringen soll,<br />
daß iedes absonderlich pur und rein erhalten, und recht genutzet werden könne. 4 Bll.,<br />
164 Seiten, 2 Bll. Orangefarb. Karton der Zeit mit handschriftl. Rückenschild. Chemnitz,<br />
Stößel, 1727. € 650.–<br />
Seltenes, interessantes Werk des Nordhauser Arztes über die Scheidekunst mit besonderer Berücksichtigung<br />
der Gold- und Silbergewinnung. – „Einer der interessantesten und schreib freudigsten<br />
bergmännischen Schriftsteller an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert war David Kellner…<br />
Obwohl noch mit dem ‚chymisch-alchymistischen‘ Gedankengut des 17. Jahrhunderts durch
26<br />
woben, enthielten Kellners Schriften doch hier und da neuere Erkenntnisse über die Erzscheidung,<br />
die für den damaligen Aufbereiter sehr aufschlußreich und von Bedeutung waren“ (Koch). – Etwas<br />
gebräunt, Vorsatz mit zeitgen. Besitzeintrag. Kartondeckel etw. fleckig. – Ferguson I, 455. Ferchl<br />
269. Koch, Bergmännisches Schrifttum S. 78. – Siehe Einbandabbildung 2. Umschlagseite.<br />
40 Kerckring, Theodor, Spicilegium anatomicum, continens observationum anatomicarum<br />
rariorum centuriam unam; nec non osteogeniam foetuum. Mit gestoch. Titel,<br />
2 gestoch. Titelvignetten und 39 Kupfern im Text und auf 9 Falttafeln. 11 Bll.,<br />
280 Seiten. 4°. Lederband der Zeit. Amsterdam, A. Frisius, 1670. € 1.800.–<br />
Erste Ausgabe. – Ein für die Entwicklungsgeschichte klassisches Werk. – „K. hat sich um die<br />
Anatomie, durch die Entdeckung oder wie Andere meinen, erste genaue Beschreibung der nach<br />
ihm genannten Valvulae conniventes im Dünndarm und durch den Nachweis der Valvulae venarum<br />
wirklich verdient gemacht. Nicht weniger ist dies der Fall mit der Entwicklung der menschlichen<br />
Frucht und der dabei stattfindenden Osteogenese, welche beide durch K. genau studirt, beschrieben<br />
und abgebildet sind“ (Hirsch).<br />
„In Kerckring’s studies of fetal bone development, contained in the second part of this work, he<br />
stated correctly that only a little of the skeleton can be found during the second month, and that the<br />
skeleton develops through a transformation of membrane into cartilage into bone. He was also the<br />
first to describe ‚Kerckring’s ossicle‘, an occasional center of ossification in the occipital bone. The<br />
first part of the ‚Spicilegium anatomicum‘ contains Kerckring’s description of the ‚valvulae conniventes‘<br />
(‚valves of Kerckring‘) in the small intestine, which had previously been described by<br />
Falloppio“ (Norman Library 1209). – „Der Druck des Textes ist ebenso gepflegt wie die Tafeln“<br />
(Goldschmid, Patholog.-anatom. Abb., S. 45). – Der zweite Teil (Osteogenia foetuum) mit separatem<br />
Titel. – Der schöne Kupfertitel zeigt eine ideale, mythologisierende Sektionsszene (ausführl.<br />
beschrieben und abgebildet in Wolf-Heidegger und Cetto, Die anatom. Sektion in bildl. Darstellung,<br />
No. 168). – Einband vor allem am Rücken und an den Ecken restauriert; hin und wieder etwas<br />
fleckig, einige Tafeln an den Faltstellen rückseitig mit Klebestreifen verstärkt. – Garrison/Morton<br />
383. Cushing, K 53. Waller 5270. Eales, Cole Libr., 759.
27<br />
41 Kerner, Justinus, eigenhändiges Gedicht. 1 Seite. 5 Zeilen. Ca. 8 x 17 cm. Ohne<br />
Ort und Jahr (ca. 1850). Im Unterrand zeitgen. bezeichnet: Justinus Kerner (eventuell<br />
die Hand von Kerners Tochter Marie Niethammer). – Obere rechte Ecke mit etw.<br />
Papierverlust. € 650.–<br />
Alle Schlösser, alle Schließen<br />
An der Menschen Händ’ und Füßen<br />
Können herzlich mich verdrießen.<br />
Ein Schloß nur aus Herzensgrund<br />
Lob’ ich – das am Menschenmund<br />
Abgedruckt in Kerner, Werke. Bd. 1, Berlin 1914, S. 76.<br />
42 Kerner, Justinus, Eine Erscheinung aus dem Nachtgebiete der Natur, durch eine<br />
Reihe von Zeugen gerichtlich bestätigt und den Naturforschern zum Bedenken mitgetheilt.<br />
XLVI, 309 Seiten. Marmor. Pappband mit goldgepr. Rückenfileten und Rückenschild<br />
im Stil der Zeit (Orig.-Umschlag eingebunden). Stuttgart und Tübingen, J. G.<br />
Cotta, 1836. € 500.–<br />
Seltene erste Ausgabe; „den drei Forschern im Buche der Natur und im Buche göttlicher Offenbarung<br />
v. Eschenmayer, Friedrich v. Meyer und v. Schubert… zugeeignet“. – Berichtet hauptsächlich<br />
über den sogenannten Stallspuk in Weinsberg (1835/36) mit dem Kerner als Oberamtsgerichtsarzt<br />
aufs engste verknüpft war. „Wir sind hier im Besitz eines einzigartigen, unter günstigen Bedingungen<br />
längere Zeit gerichtlichen untersuchten Falles, mit zahlreichen, auch eidlichen Aussagen“ (Fanny<br />
Moser). – Meist etw. stockfl. – Slg. Borst 1797. Goed. VIII, 209, 67. Ackermann, Geheime Wissenschaften<br />
II, 224. – Siehe Einbandabbildung 2. Umschlagseite.<br />
Nürnberger Pestordnung<br />
43 Kurtzer Bericht wie man sich bey denen anderwerts starck einreissenden, gefährlichen<br />
Seuchen zur Vorsorg verhalten solle. 4°. 12 Bll. Pappband. Nürnberg, Endter,<br />
1679. € 350.–<br />
Erste Ausgabe. – Seuchenprophylaktische Empfehlungen der „verordneten Medicinae Doctores“<br />
der Stadt Nürnberg für das gemeine Volk, insbesondere auf die damals grassierende Pest bezogen.<br />
Auf den letzten 4 Seiten Rezepturen („Gifft-Balsam“, „Rauch-Kertzlein“, „Hertz-Sälblein“ und<br />
dergleichen mehr). – Einer von zwei Drucken aus dem gleichen Jahr (VD17 75:705980V bzw.<br />
23:635280V). – Sehr gut erhalten.<br />
Klassiker der Kardiologie – Der Harvey des 18. Jahrhunderts<br />
44 Lancisi, Giovanni Maria, De motu cordis et aneurysmatibus. Opus posthumum.<br />
Mit gestoch. Titelvignette, gestoch. Porträt, 7 Kupfertafeln und 1 Textkupfer. VIII,<br />
160 Seiten, 1 Bl. Folio. Halblederband der Zeit mit Rückentitel und Rückenvergoldung.<br />
Rom, J. M. Salvioni, 1728. € 4.000.–<br />
Seltene erste Ausgabe dieses berühmten Werkes über die Krankheiten des Herzens und der Aneurysmen.<br />
– “Lancisi noted the frequency of cardiac aneurysm and showed the importance of syphilis,<br />
asthma, palpitation, violent emotions and excess as causes of aneurysm. He was the first to describe<br />
cardiac syphilis” (Garrison/Morton 2973).<br />
In diesem “epochemachenden” Werk, “das erst sieben Jahre nach seinem Tode erschien, (finden)<br />
sich die Grundzüge der pathologischen Anatomie der Herzkrankheiten in classischer Weise dargestellt,<br />
unter Anderem auch zum ersten Mal die Unterscheidung zwischen wahrem und falschem<br />
Aneurysma, sowie eine Andeutung über Percussion des Sternum… L. war es auch, der sehr wesentlich<br />
Morgagni zur Veröffentlichung seines berühmten Werkes: ‘De sedibus et causis morborum’<br />
veranlasst hat” (Hirsch-H. III, 659). – Exemplar mit dem oft fehlenden prachtvollen Porträt des
28<br />
Nr. 44
29<br />
Verfassers, nach einer Zeichnung von S. Conca gestochen von J. Frey. – Einband an den Kanten etw.<br />
bestoßen, Deckelbezüge tls. beschabt; 2 Stemp. auf dem Titel gelöscht, hin und wieder etw. gebräunt<br />
bzw. braunfl., wenige Wasserränder. Insgesamt ein sehr gutes Exemplar.<br />
Osler 3152. Cushing, L 32. Blake 254. Wellcome III, 441. – Waller und Bedford Libr. verz. nur die<br />
spätere Quartausgabe von 1738. – Siehe Abbildung Seite 28.<br />
„… wohl die älteste protestantische Schrift aus Kurpfalz“ (ADB)<br />
45 Landschad zu (Neckar-) Steinach, Hans, Ain Missiue… an den Durchleutigisten…<br />
Ludwygen… Pflatzgrauff bey Reyn… Von wegen der götliche leer, zu beschirmen…<br />
Im jar 1522. 10 Bll. 4°. Rückenbroschur in Papp-Kassette. O. O., Dr. und J. (Augsburg,<br />
M. Ramminger, 1522). € 3.500.–<br />
Einzige Ausgabe; sehr selten. – „Eine Wendung in Landschad’s Leben trat ein mit der Reformation.<br />
Seine Voreltern waren kirchlich gesinnte Leute… Hans L. selbst hatte viele Fahrten zu den Heiligen<br />
gethan, viel Gut gestiftet in Kirchen und Klöster… Aber schon meldete sich auch in Neckarsteinach<br />
die neue Zeit an… In diesem Jahre (1518) kam bekanntlich Luther nach Heidelberg und disputirte<br />
daselbst unter großem Zulauf und lautem Beifall, und es ist um so wahrscheinlicher, daß auch<br />
Landschad dieser Disputation beigewohnt habe, als damals drei seiner Söhne… in Heidelberg studierten“<br />
(ADB). – In der vorliegenden Schrift sagt Landschad, er habe alle Schriften Luthers gelesen<br />
und mit der Bibel verglichen, aber es sei ihm kein Gelehrter bekannt, der in einem einzigen<br />
Punkte die Lehre Luthers widerlegen könne. Anschließend „ain hüpscher Spruch“, der, verziert<br />
mit einigen Holzschnitt-Zierleisten, auch ein gereimtes Vaterunser enthält. – „Es ist zu bemerken,<br />
daß in dasselbe Jahr die Schrift Sickingen’s an Diether von Handschuchsheim fällt; aber Landschad’s<br />
Schrift ist wohl die älteste protestantische Schrift aus Kurpfalz“ (ADB XXXV, 671 f.). – 3 kl.<br />
Wurmlöchlein, sonst sehr gutes Exemplar. – VD 16, L 225. BMC, German Books, 482. Schottenloher<br />
32227a. Kuczynski 1234. Jackson 2025 (inkomplett).<br />
46 Latreille, Pierre André, Histoire naturelle<br />
générale et particulière des crustacés et<br />
des insectes. Ouvrage faisant suite aux<br />
Oeuvres de Leclerc de Buffon, et partie du<br />
Cours complet d’Histoire naturelle rédi gée<br />
par C. S. Sonnini. 14 Bände, gebunden in<br />
7. Mit 113 Kupfertafeln und 8 teils mehrfach<br />
gefalteten Tabellen. Schwarze Halblederbände<br />
auf 5 Bünden mit goldgepräg <br />
ten Rückentiteln, Lederecken, Deckel mit<br />
Mar morpapier bezogen. Paris, F. Dufart,<br />
An X (1801/1802) – An XIII (1804/1805).<br />
€ 1.400.–<br />
Vollständiges und tadellos erhaltenes Exemplar in<br />
erster Ausgabe, reich und sehr filigran illustriert. –<br />
Latreille (1762–1833), französischer Insekten kundler<br />
und Begründer der modernen Entomologie,<br />
erhielt 1798 den Auftrag, die Insektensammlungen<br />
des kurz zuvor eingerichteten Muséum national<br />
d’Histoire naturelle zu sortieren. 1814 wird er als<br />
Nachfolger von Guillaume Antoine Olivier Mitglied<br />
in der Académie des Sciences und 1821 Ritter<br />
der Ehrenlegion. Am Museum für Natur ge schich te<br />
übernahm er später eine Professur für Krustenund<br />
Spinnentiere sowie Insekten. Am 31. Januar<br />
1832 gründete Latreille in Paris die Société Ento
30<br />
mologique de France, die Entomologische Gesellschaft Frankreichs, deren Präsidentschaft er bis<br />
zu seinem Lebensende innehatte. Latreille beschrieb nicht nur eine große Anzahl neuer Arten,<br />
sondern gruppierte sie auch in neu eingeführte Gattungen und Familien und leistete damit einen<br />
wichtigen Beitrag zur Biologischen Systematik (wikipedia). Unser Exemplar vollständig mit<br />
113 Tafeln, nummeriert 1–97, 97 bis, 98–112. – Tadellos erhalten und sehr sauber. – Nissen, Zoologische<br />
Buchillustration 2388; Horn/Schenkling 12825 (nur 112 Tafeln); Engel mann, Bibliotheca<br />
Zoologica 538; Junk, Rara 30; DSB VIII, 48/49. – Siehe Abbildung Seite 29.<br />
Sprichwörtersammlung<br />
47 Lehmann, Christoph, Florilegium<br />
politicum auctum. Das ist: Ernewerter<br />
politischer Blumengarten. Jetzo vermehrt<br />
und gebessert. Mit gestoch. Titel. 954<br />
Seit en (incl. Kupfertitel), 2 Bll. 12°. Per <br />
gament band der Zeit. Frankfurt/Main,<br />
Humme für Schön wetter, 1640. € 600.–<br />
Gutes Exemplar dieser „durch Reichhaltigkeit<br />
ausgezeichneten Sprichwörtersammlung, die<br />
un ter Hauptschlagwörtern das früher Gesammelte<br />
ordnete und ältere Schwänke zum Witzwort<br />
zusammendrängte“ (Goedeke II, 16, 23).<br />
Im Jahr zuvor erstmals erschienen. „In über<br />
280 Stichwortkapiteln finden sich Tausende von<br />
Sprichwörtern und meist lustigen Redewendungen,<br />
zum größten Teil in deutscher – zum<br />
kleineren Teil in lateinischer Sprache. Diese<br />
Samm lung blieb für lange Zeit die beste und<br />
wurde u. a. von J. B. Schupp und Lessing sehr<br />
hoch geschätzt“ (Haus der Bücher, Deutsche<br />
Literatur der Barockzeit N. F., 603). – Der Sammler<br />
und Herausgeber Chr. Lehmann (1568–1639)<br />
war Stadtschreiber von und Chronist der Stadt<br />
Speyer; er starb als Syndikus in Heilbronn. –<br />
Das Werk erlebte in den Folgejahren noch zwei<br />
Fortsetzungen, deren Sammler und Herausgeber<br />
nicht bekannt ist. – VD17 3:604991C und<br />
3:604992L. Faber du Faur 60. Jantz 1598.<br />
48 Lenhossék, Michael von, Darstellung des menschlichen Gemüths in seinen Beziehungen<br />
zum geistigen und leiblichen Leben. 2 Bände. XX, 524; X, 576 Seiten. Dekorative<br />
rote Halblederbände der Zeit mit Rückenschild und Rückenvergoldung. Wien,<br />
Gerold, 1824–25. € 450.–<br />
Erste Ausgabe dieses bedeutenden Handbuches der empirischen Psychologie. – Lenhossek (1773–<br />
1840) war seit 1809 Professor für Physiologie und Anatomie in Pest und seit 1818 in Wien.<br />
– Deckelkanten gering bestoßen, sonst sehr schönes Exemplar! – Hirsch/H. I, 738; Kreuter II, 842.<br />
– Siehe Einbandabbildung 2. Umschlagseite.<br />
49 Leonardo da Vinci, Atlas der anatomischen Studien in der Sammlung ihrer Majestät<br />
Queen Elisabeth II. in Windsor Castle. Hrsg. von Kenneth D. Keele und Carlo<br />
Pedretti. Mit 400 Textabbildungen und 200 Tafeln mit 400 Faksimiles. XXXVI, 469;<br />
(11), 472–1018 Seiten. Imperial-Folio (48 x 35 cm). 2 blaue Orig.-Halb-Maroquinbände<br />
mit Rückenvergoldung, 5 Bünden und Goldschnitt sowie Schatulle mit Orig.-Maroquinrücken.<br />
(Gütersloh), Prisma-Verlag, 1980–81. € 1.800.–
31<br />
Eins von nur 400 num. Exemplaren. – Die beste und aufwendigste von allen Leonardo da Vinci-<br />
Publikationen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Kein Atlas oder Tafelwerk mit Wiedergaben<br />
seiner anatomischen Zeichnungen wurde so sorgfältig ediert wie das hier vorliegende. Sämtliche<br />
Ab bildungen sind in den Farben der Originale wiedergegeben. – Folker Fichtel merkt in seinem<br />
Buch über die anatomische Illustration der frühen Neuzeit an: „Einen eigenen Kosmos an<br />
Zeichnungen, Skizzen, Entwürfen, Notizen und Manuskripten zu fast allen Fragen seiner Zeit hat<br />
Leonardo da Vinci (1452–1519) der Nachwelt hinterlassen. Darin nehmen die etwa 200 erhaltenen<br />
anatomischen Zeichnungen eine herausragende Stellung ein, bieten sie doch nicht nur einen hohen<br />
ästhetischen Genuß, sondern sind auch voll von einmaligen Beobachtungen und Entdeckungen, die<br />
in damals revolutionärer Weise anatomisches Neuland erkunden“ (S. 100). – Roberts/Tomlinson,<br />
The Fabric of the Body 122–124. – Schönes Exemplar.<br />
Nr. 50<br />
„The first scientific work on teratology“ (Gabka/Vaubel)<br />
50 Licetus, Fortunius, De monstris. Ex recensione G. Blasii, qui monstra quaedam<br />
nova et rariora ex recentiorum scriptis addidit. Ed. novissima. Iconibus illustrata. Mit<br />
gestoch. Frontispiz, gestoch. Titelvign., 3 Kupfertafeln und 70 Textkupfern. 6 Bll.,<br />
316 Seiten, 13 Bll. 4°. Lederband der Zeit mit Rückenvergoldung. Padua, P. Frambottis<br />
Erben, 1668. € 2.500.–
32<br />
Berühmtes Werk über Abnormitäten mit eindrucksvollem, reichhaltigem Abbildungsmaterial. –<br />
„In diesem Sammelwerk der Mißbildungen, welches zu den bekanntesten und berühmtesten seiner<br />
Art gehört, und in dem sich auf sauberen, zum Teil ungewöhnlich schönen Kupferstichen die meisten<br />
der uns aus früheren Zeit bekannten Mißbildungen finden, sind auch die meisten der Abbildungen<br />
vorhanden, welche wir z. B. auch bei Aldrovandi, Paré und vielen anderen nachweisen<br />
können… Das Titelblatt zeigt eine jahrmarktmäßige Schaustellung einer Versammlung von Mißgeburten<br />
in einem mit Vorhängen geschmückten Säulentempel, bez. H. Bary sculp.“ (E. Gold schmid,<br />
Entwicklung und Bibliogr. der patholog.-anatom. Abb., S. 42).<br />
„Fortunio Liceti, who studied at Bologna from 1595 to 1599, is also known to have seen Tagliacozzi<br />
operate. He mentioned this in two passages in the ‚De monstris‘ in connection with his supposition<br />
that monsters are formed in the womb if the mother who is bearing twins receives a physical shock<br />
which causes the twins to be violently thrown together, rubbing off the skin so that their blood is<br />
fused, thus causing them to stick together at first and later to grow together“ (Gnudi/Webster,<br />
Tagliacozzi, 273 f.). – Paginierung fehlerhaft, nur hin und wieder leicht fleckig. Gelenke gering<br />
schadhaft und teilw. restauriert. Insgesamt sehr gutes Ex.; die Kupfer in ausgezeichneten Abdrucken.<br />
– Garrison/Morton 534.52 (Ausg. 1616, erste illustr. Ausg. 1634: „One of the earliest classifications<br />
of deformities“). Waller 5779 (Ausg. 1665). Wellcome III, 514. – Siehe Abbildung Seite 31.<br />
Grundstein der modernen Luftfahrt<br />
51 Lilienthal, Otto, Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur<br />
Systematik der Flugtechnik. Auf Grund zahlreicher von O. und G. Lilienthal ausgeführter<br />
Versuche bearbeitet. Mit farb. Frontispiz (kreisende Storchenfamilie), 8 gefalt.<br />
lithogr. Tafeln und 80 Textabb. VIII, 187 Seiten. Gr.–8°. Orig.-Leinen. Berlin, R.<br />
Gaertner, 1889. € 2.200.–<br />
Erste Ausgabe. – „Lilienthals Buch zählt heute zu den Klassikern der Luftfahrtliteratur. Es breitet<br />
seine jahrelangen, präzisen Beobachtungen des Fluges der Vögel, die Ergebnisse der Messungen an<br />
gewölbten Flügelflächen und seine detaillierten Berechnungen zum Schlagflügelflug in 40 Kapitel<br />
gegliedert aus… Trotz des Versuches, populär zu schreiben, tat sich Lilienthal schwer, einen Verleger<br />
für das Buch zu finden… Lilienthal finanzierte die Druckkosten selbst und verschenkte einen großen<br />
Teil der Auflage an Fluginteressierte. Bis zu seinem Tod wurden nicht einmal 300 Exemplare<br />
verkauft“ (Ausst.-Kat. Lilienthal. Deutsches Museum 1991/92, Nrn. 148/149). Die Auflage betrug<br />
nach Schwipps 1000 Exemplare. – 1891 baute Lilienthal nach seinen Erkenntnissen, das erste<br />
brauchbare Gleitflugzeug, dem eine Reihe weiterer versch. Typen folgten. Auf Lilienthals Arbeiten<br />
basieren die Konstruktionen von Chanute, Herring, der Brüder Wright, Pilcher und Ferber. –<br />
Kaum sichtbar restaurierter Einband, 1 Textblatt mit kl. Randeinriss, etwas stockfl. und gebräunt.<br />
Insgesamt sehr gutes Exemplar aus der Unternehmerfamilie Schmetz in Herzogenrath. Ferdinand<br />
Sch. (1868–1938) und Ferdinand Bernhard Sch. (1897–1968) waren neben der Knopffabrikation vor<br />
allem der Fliegerei verfallen. Vorliegendes Ex. enthält Skizzen a. d. Vorsatz, Anmerkungen zu den<br />
Tafeln 5 und 8 (hier auch auf der Tafel) und unterhalb des Frontisp. mit Bleistift. – Brockett 7557.<br />
Liebmann/Wahl 1324. Slg. Neufforge 540. Slg. Borst 3808. Schwipps, Lilienthal, 292 f. – Siehe<br />
Einbandabbildung 3. Umschlagseite.<br />
52 Livingstone, David, Letzte Reise in Centralafrika von 1865 bis zu seinem Tode<br />
1873. Vervollständigt durch einen Bericht über seine Leiden und letzten Augenblicke<br />
nach den Erzählungen seiner treuen Diener Chuma und Susi von Horace Waller.<br />
Rechtmäßige deutsche Ausgabe besorgt von J. M. Boyes. 2 in 1 Band. Mit Holzstich-<br />
Porträt, 18 Holzstich-Tafeln, 2 Faksimiles (1 farb., 1 doppelblattgr.) sowie 2 farb.<br />
Karten (1 gefalt., 1 mehrfach gefalt.) in einer Lasche auf dem hinteren Innendeckel. Roter<br />
Halblederband der Zeit mit goldgepr. Rückentitel und überaus reicher Rückenvergoldung;<br />
Buntpapiervorsätze. Hamburg, Hoffmann & Campe, 1875. € 650.–<br />
Erste deutsche Ausgabe. – Veröffentlichung der umfangreichen Reisetagebücher der letzten Expedition<br />
des schottischen Afrikaforschers David Livingstone (1813–1873), herausgegeben von dem<br />
Missionar Horace Waller (1833–1896). – Livingstones „letzte große Reise … hatte als Hauptanliegen<br />
die Lösung der Nil-Quellenfrage. Sie brachte zu erstmaliger genauerer Kenntnis den Mweru- und
33<br />
Bangweolo-See, den Lualaba (Oberlauf des Kongo), auf den L. bei Nyangwe stieß“ (Henze III,<br />
248–271). – Die beiden Karten auf Leinen aufgezogen; die große Karte (86 x 76 cm) zeigt den von<br />
Livingstone bereisten Teil von Zentralafrika mit genauer Markierung seiner Route. – Kainbacher³<br />
248, 5. – Außergewöhnlich schönes, dekorativ gebundenes Exemplar. – Siehe Einbandabbildung<br />
3. Umschlagseite.<br />
Klassiker der neuzeitlichen Erziehungswissenschaft<br />
53 Locke, John, Unterricht von Erziehung der Kinder, aus dem Englischen; Nebst<br />
herrn von Fenelon Ertz-Bischoffs von Cammerich Gedancken von Erziehung der<br />
Töchter, aus dem <strong>Franz</strong>ös. übersetzet [von Gottfried Olearius?]. Mit einigen anmerckungen<br />
und einer vorrede. Mit Holzschn.-Druckermarke a. d. Titel. 68 Seiten, 2 Bll.,<br />
612 Seiten, 6 Bll. Mod. Halbpergamentband. Leipzig, Fritsch, 1708. € 1.800.–<br />
Erste deutsche Ausgabe. – John Lockes „Some Thoughts Concerning the Education of Children“<br />
(1693) „galten dem gesamten 18. Jahrhundert als die Bibel der Erziehung“ (HdKJL III, 21). Sie sind<br />
eine Übertragung seines erkenntnistheoretischen Empirismus auf Fragen der Erziehung, vor allem<br />
auf die Tugend- und Charaktererziehung. Ziel der Lockeschen Tugenderziehung ist die möglichst<br />
frühzeitige Herausbildung der Vernunft – nicht als Selbstzweck, sondern im Sinne von moralischer<br />
Urteilskraft. Die deutsche Aufklärungspädagogik in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts (Wolff,<br />
Gottsched, Sulzer u. a.) war bereits teilweise von Locke beeinflusst. In der zweiten Jahrhunderthälfte<br />
wurde sein Einfluss noch stärker, als er und der selbst wiederum von Locke beeinflusste Rousseau<br />
zu den maßgeblichen Anregern für J. H. Campe und die deutschen Philanthropisten wurden. –<br />
Gebräunt, durchgehend etw. stockfl. – Fromm 8980.<br />
Luthers Begründung des Widerstandsrechtes gegenüber dem Kaiser<br />
54 Luther, Martin, Warnunge an seine lieben Deudschen. Mit einer Vorrede Philippi<br />
Melanthon (!). 42 Bll. 4°. Mod. Leinen. Wittenberg, H. Lufft, 1546. € 800.–<br />
Neuausgabe der bedeutenden Schrift, hier mit der 10-seitigen Vorrede Melanchthons, dat. 10. Juli<br />
1546. – Eine der schärfsten Schriften Luthers gegen den Katholizismus. Nachdem der Augsburger<br />
Reichstag 1530 keine Einigung gebracht hatte, erklärte Luther hier, daß Widerstand gegen den<br />
Kaiser zwar nicht allgemein erlaubt, aber in dem besonderen Fall zulässig, ja notwendig sei, wenn<br />
dieser die Fürsten zwingen wolle, selbst ihre Untertanen um des Evangeliums willen anzugreifen,<br />
gefangenzunehmen, zu töten oder zu verjagen. „hier taucht zum erstenmal der Gedanke einer<br />
kriegerischen Auseinandersetzung auf. Wer um seines Glaubens willen angegriffen wird und sich<br />
zur Wehr setzt, ist kein Aufrührer, sondern handelt in Notwehr“ („Von der Freiheit eines Christenmensche“.<br />
Ausst.-Kat. Berlin 1967, Nr. 74). – Erstmals 1531 erschienen und unter dem Eindruck<br />
des Schmalkaldischen Kriegs von Melanchthon neu herausgebracht und in zahlreichen Varianten<br />
bei verschiedenen Verlegern gedruckt. – Titel mit zeitgen. Besitzvermerk (teilw. etw. angeschnitten)<br />
und zwei hinterlegten Bugeinrissen; stellenw. zeitgenössische Marginalien, etw. gebräunt und<br />
fleckig. – Benzing 2915. VD 16 L 735.<br />
55 Mailáth, J. Graf, Der animalische Magnetismus als Heilkraft. Mit 3 gefalt. lithogr.<br />
Tafeln. VIII, 299 Seiten. Leinen der Zeit. Regensburg, Manz, 1852. € 380.–<br />
Außerordentlich seltenes Werk! Der Verfasser hat diese interessante Arbeit „Allen Nervenleidenden,<br />
besonders allen Krampfbehafteten“ gewidmet. – Die schönen Tafeln zeigen jeweils eine Patientin<br />
auf einer Liege mit Einzeichnung der Striche, die der Magnetiseur mit der Hand am Patienten führt.<br />
– Teils etw. fleckig, Einband etw. berieb. – Du Prel 723. – Nicht bei Crabtree!<br />
56 Mattioli, Petro Andrea, Neu Vollkommenes Kräuter-Buch, von allerhand Gewächsen<br />
der Bäumen, Stauden und Kräutern, die in Teutschland, Italien, Franckreich,<br />
und in andern Orten der Welt herfür kommen. In welchem ohnzahlbare treffliche<br />
Artzneyen wider alle Kranckheiten, so wol der Menschen als deß Viehs, neben ihrem
34<br />
ordenlichen Gebrauch, beschrieben werden. Erstlich an das Tagliecht gegeben von P.<br />
A. Matthiolo. Darauff… zum Vierten mal… durch J. Camerarium. Jetzund aber als ein<br />
neues Werck…mit den besten Hauss-Artzney-Mitteln… von Bernhard Verzascha,<br />
Statt-Artzt zu Basel. Mit gestoch. Porträt Verzachas von B. Killian, Kupfertitel und ca.<br />
1000 Textholzschnitten. 5 Bll., 792 Seiten, 36 Bll. Folio. Blindgepr. Schweinslederband<br />
der Zeit auf Holzdeckeln. Basel, J.-J. Decker, 1678. € 3.200.–<br />
Eines der am reichhaltigsten illustrierten und erfolgreichsten Kräuterbücher; das Werk erlebte in<br />
verschiedenen Übersetzungen insgesamt ca. 60 Auflagen. – Vorliegende späte Ausgabe in der einzigen<br />
Bearbeitung durch den Basler Stadtarzt B. Verzascha. – „Camerarius verwandte die von ihm<br />
angekauften Figuren Conrad Gessners; die übrigen sind den kleinen Figuren der Valgrisi-Ausgaben<br />
nachgeschnitten“ (Nissen). – Einige Bll. in der oberen Ecke mit Wasserrand, Seiten 145/46 mit<br />
Randausriss (wenige Buchstaben berührend), hin und wieder etw. fleckig; Porträt im Außenrand<br />
mit Wurmsp., im Bug teilw. vom Buchbl. gelöst; Kupfertitel mit Eckausriss, letztes Registerbl. mit<br />
kl. Randschäden (tls. ausgebessert). Ohne Schliessen. – VD17 23:294577K. Nissen 1311. – Siehe<br />
Abbildung Seite 35.<br />
Aus bedeutender Provenienz<br />
57 Maurice de Toulon, Le Capucin charitable. Einseignant la methode pour reme dier<br />
aux grandes miseres que la peste a coûtume de causer parmi les peuples. 2 Bände. 2 Bll.,<br />
372 Seiten, 2 Bll.; 1 Bl., 280 Seiten, 16 Bll. Geflammte (!) Lederbände der Zeit mit<br />
Rückenschild, Rückenvergoldung und goldgepr. Wappensupralibros auf beiden Deckeln.<br />
Lyon, Bruyset, 1722. € 1.200.–<br />
Späte Ausgabe der bereits im 17. Jahrhundert veröffentlichten Pestschrift des Kapuziners Maurice<br />
de Toulon, ergänzt um Beobachtungen von J. J. Manget. – Vorsätze im Innensteg etw. wurmstichig,<br />
sonst sehr sauber. In schönen Wappeneinbänden aus der Bibliothek des österreichischen Staatsmannes<br />
Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg (1711–1794). – Vgl. Blake 293 und Wellcome IV, 84<br />
(beide mit einer Ausgabe von 1721 mit abweichender Kollation). Frari verzeichnet nur eine italien.<br />
Ausgabe. – Siehe Einbandabbildung 2. Umschlagseite.<br />
„Schöngeist mit Fernweh“<br />
58 (Maximilian I., Kaiser von Mexiko), Aus meinem Leben. Reiseskizzen, Aphorismen,<br />
Gedichte. 7 in 4 Bänden. Rote Halblederbände der Zeit mit goldgepr. Rückentitel<br />
und Rückenvergoldung. Leipzig, Duncker & Humblot, 1867. € 950.–<br />
Erste Ausgabe. – „Das Ende eines Habsburgers in Mexiko schockierte und rührte 1867 die ganze<br />
Welt. Maximilian war der kleine Bruder von Kaiser <strong>Franz</strong> Joseph. Vom eifersüchtigen Bruder nach<br />
Triest verschickt, wurde Maximilian schließlich zum Kaiser von Mexiko. Der Traum vom Herrschen<br />
endete tödlich. Die Ausstellung „Der Traum vom Herrschen“ im Wiener Hofmobiliendepot zeigt<br />
derzeit [Anm. bis 18. 8. 2013] den gescheiterten Kaiser als Sammler und Naturliebhaber und thematisiert<br />
sein Interesse für Baukunst und Seefahrt. Sechs Schüsse beendeten am 19. Juni 1867 das<br />
Leben von Kaiser Maximilian von Mexiko. Der Habsburger war noch keine 35 Jahre alt. Niemand<br />
hat den Augenblick der Geschichte so ergreifend festgehalten wie der französische Maler Edouard<br />
Manet. Die Exekution bedeutete eine Katastrophe für die skrupellose Kolonialpolitik von Kaiser<br />
Napoleon III. Maximilian war die Marionette der <strong>Franz</strong>osen. Die Pariser Zensur untersagte die<br />
öffentliche Ausstellung des politisch motivierten Bildes. Mit zeitlicher Verzögerung erschütterte<br />
die Sensationsnachricht Europa“ (http://www.3sat.de).<br />
Alle 4 Bände mit handschriftl. Besitzvermerk der letzten bayerischen Königin, Marie Therese, und<br />
dem Vermerk „hatte Mama gehört“ (gemeint: Erzherzogin Elisabeth <strong>Franz</strong>iska Maria von Österreich<br />
(1831–1903)! – Marie Therese Henriette Dorothea, auch Maria Theresia (* 2. Juli 1849 in Brünn, verst.<br />
3. Februar 1919 auf Schloss Wildenwart/Chiemgau) war Erzherzogin von Österreich-Este, Prinzessin<br />
von Modena und von 1913 bis 1918 die letzte Königin von Bayern an der Seite von Ludwig III. –<br />
Bd. VI mit dem Reisebericht über Bahia. – Vereinzelt etw. stockfl., sonst sehr gutes, dekorativ gebundenes<br />
Exemplar. – Sabin 47027. Borba de Moraes II, 43. – Siehe Einbandabbildung 3. Umschlagseite.
Nr. 56<br />
35
36<br />
59 (Maximilian I., Kaiser von Mexiko) – Basch, Samuel (von), Erinnerungen aus<br />
Mexico. Geschichte der letzten zehn Monate des Kaiserreichs. 2 in 1 Band. Mit gefalt.<br />
Fak simile. XI, 196; VI, 261 Seiten, 1 Bl. Roter Halblederband der Zeit mit goldgepr.<br />
Rückentitel, Rückenvergoldung und dreiseit. Goldschnitt. Leipzig, Duncker & Humblot,<br />
1868. € 500.–<br />
Erste Ausgabe. – Samuel von Basch (1837–1905) promovierte 1862 in Wien „Begabt, ehrgeizig und<br />
von Forscherdrang besessen, strebte er auch eine akademische Laufbahn an. Pathologischer Anatom<br />
wollte Basch werden, wenn nicht in Wien, dann in Mexiko, wohin er dem ebenso ehrgeizigen, jungen<br />
Habsburger, Maximilian, 1865 in sein Abenteuer folgte. 1867 geleitete er die Leiche des unglücklichen<br />
Kaisers nach Hause, dessen Leibarzt er in den letzten Monaten vor seiner Erschießung<br />
gewesen war. Seine ‚Erinnerungen aus Mexiko‘ (Leipzig 1868) sind für die Historiker ein wert volles<br />
Quellenwerk geblieben“ (Lesky, Die Wiener Medizin. Schule im 19. Jhdt., S. 558). – Wegen seiner<br />
Verdienste um den unglücklichen Kaiser wurde er in den Adelsstand erhoben. – Mit Basch, Schüler<br />
von Ernst von Brücke und Carl Ludwig, hat die moderne Kreislaufpathologie in Wien ihren Anfang<br />
genommen. – Etw. gebräunt, sonst sehr schönes Exemplar aus der Bibliothek der letzten bayerischen<br />
Königin, Marie Therese, mit deren handschriftl. Namenszug a. d. Titel. – Siehe Einbandabbildung<br />
3. Umschlagseite.<br />
60 Mednyansky, Alois von, Malerische Reise auf dem Waagflusse in Ungern. 2. vermehrte<br />
und verbesserte Ausgabe. Mit 16 getönten lithogr. Tafeln und 1 Falttabelle. X,<br />
241 Seiten. Halblederband der Zeit. Pesth, Hartleben, 1844. € 490.–<br />
Zweite und letzte Ausgabe, gegenüber der ersten (1826) um 4 Ansichten erweitert. Unter den hübschen,<br />
malerischen Ansichten Hradek, Rosenberg, Sillein, Ilawa (Eulau), Sered sowie einige kleinere<br />
Orte und Burgen. – Meist etw. stockfleckig; Einband berieb., Deckel etw. fleckig. – Nebehay-<br />
Wagner 398.<br />
61 Meek’ren, Job van, Rare und wunderbare<br />
Chyrurgisch- und Geneeßkünstige An merckun<br />
gen, wie solche vor fünff Jahren,…auf<br />
viel fältiges Anhalten und Begehren…ans Liecht<br />
gegeben, nunmehro…getreulich übersetzt und<br />
zum Druck befördert Mit gestoch. Frontispiz<br />
und 60 Textkupfern. 7 Bll., 537 Seiten, 11 Bll.<br />
Pergament der Zeit mit hs. Rückentitel. Nürnberg,<br />
Christoph Gerhard für P. Fürsts Witwe<br />
und Erben, 1675. € 4.000.–<br />
Erste deutsche Ausgabe; sehr selten. – Erstbeschreibung<br />
einer Knochentransplantation! – „Van Meekeren was<br />
first to record a bone graft. He states that he read a report<br />
of it in a letter received by the Rev. Engebert Sloot<br />
of Slooterdijk from John Kraanwinkel, a missionary<br />
in Russia, where the operation had been performed. It<br />
consisted of the transplantation of a piece of bone<br />
from a dog’s skull into a cranial defect in a soldier. Although<br />
healing was perfect, the Church ordered the<br />
removal of the graft. German translation of the book,<br />
1675; Latin translation 1682“ (Garrison/Morton 5735,<br />
zur holländ. EA 1668).<br />
Meek’ren war Schüler von Tulp, wurde 1635 zum<br />
Chirur gen befördert und praktizierte hauptsächlich in<br />
Amsterdam. Tulp nennt ihn “chirurgus industrius”<br />
und Haller “celebris et candidus chirurgus”. – Be <br />
deutendes Kompendium aller chirurg. Eingriffe mit
37<br />
detaillierten anatomischen Kennt nissen. Mit einem Anhang über Missgeburten. – Die Kupfer mit<br />
pathologisch-anatomischen Ab bildungen, Missgeburten sowie einigen Instrumenten, teilw. von<br />
van Meek’ren in die Chirurgie eingeführt. – VD17 12:194316Z. Krivatsy 7675. Paisey, Brit. Libr.-<br />
Cat., German Books from 1601–1700, M 614. Zeis, Plast. Chirurgie, 270. Wallace, Progress of<br />
Plastic Surgery, p. 149. Gabka/Vaubel, Plastic Surgery. Past and Present, 75f., 79, 106, 119f., 147. –<br />
Siehe Abbildung Seite 36.<br />
Aus dem <strong>Franz</strong>iskanerkloster München<br />
62 Mermann von Schönberg (und Aufhofen), Thomas, Consultationes ac responsiones<br />
medicae…nunc tandem opera et studio F. I. Thiermairij. Mit gestoch. Titel und<br />
gestoch. Porträt des Autors von Michael Wening. 16 Bll. (incl. Kupfertitel), 559 Seiten,<br />
6 Bll. Folio. Blindgeprägter Schweinslederband auf Holzdeckeln. Ingolstadt, Zinck,<br />
1675. € 1.200.–<br />
Einzige Ausgabe, posthum erschienen. – Seltene medizinische Schrift mit Gutachten und Rezepten<br />
zur Beratung prominenter Kranker. Dabei Beiträge über Nerven- und Geisteskrankheiten,<br />
Zahnerkrankungen etc. – Mermann (1547–1622) war Leibarzt des Fürstbischofs von Eichstätt und<br />
der Herzöge von Bayern. – Der schöne gestoch. Titel zeigt u. a. eine kleine Ansicht von Eichstätt.<br />
– Teilw. etw. stockfl., Innendeckel mit Besitzerstempel und Exlibris. Einband etw. berieb. und<br />
fleckig. – Exemplar aus dem ehemaligen <strong>Franz</strong>iskaner-Kloster in München (am heutigen Max-<br />
Joseph-Platz), dat. 1675. – VD17 23:294591B. Krivatsy 7827. Paisey, German Books in the Brit.<br />
Libr., 17th cent., M 920. – Siehe Abbildung Seite 39.<br />
63 Mesmer, <strong>Franz</strong> Anton, Allgemeine Erläuterungen über den Magnetismus und<br />
den Somnambulismus. Als vorläufige Einleitung in das Natursystem. Aus dem Askläpieion<br />
abgedruckt. 78 Seiten. Halbpergamentband im Stil der Zeit mit Rückenschild.<br />
Karlsruhe, o. Dr., 1815. € 480.–<br />
“This pamphlet on hypnosis, sleepwalking, and posthypnotic suggestion first appeared in 1812,<br />
three years before Mesmer’s death and long after his medical practice had been put to an end”<br />
(Heirs of Hippocrates 638). – Karlsruher Nachdruck dieser Zusammenfassung von Mesmers Ansichten,<br />
die erst drei Jahre später in der von Wolfart hrsg. Schrift “Mesmerismus oder System der<br />
Wechselwirkungen” ausführlich dargestellt wurden. – “Here Mesmer makes his second attempt to<br />
tackle the issue of the nature of somnambulism and its relationship to animal magnetism, which he<br />
had first developed in the ‘Mémoire’ of 1799. Again, his intension is to remove any superstitious or<br />
religious elements in the explanation of somnambulism and to explain it in terms of his mechanistic<br />
theory of animal-magnetic fluid…” (Crabtree 238, ausführlich). – Gering stockfl., leichte<br />
Bräunung. – Vgl. Waller 6504 und Ackermann, Geheime Wiss II, 282 (Ausg. 1812).<br />
64 Mezger, Georg Caspar, Augsburgs älteste Druckdenkmale und Formschneiderarbeiten,<br />
welche in der vereinigten königl. Kreis- und Stadtbibliothek daselbst aufbewahrt<br />
werden. Nebst einer kurzen Geschichte des Bücherdruckes und Buchhandels in<br />
Augsburg. Mit 36 (1 gefalt.) Tafeln. 4 Bll., 80 Seiten. 4°. Bedruckter Orig.-Pappband.<br />
Augsburg, J. P. Himmer, 1840. € 200.–<br />
Schöne Publikation, die 90 Augsburger Frühdrucke mit diplomatischer Genauigkeit beschreibt<br />
und u. a. ein vollständiges Alphabet mit Heiligenfiguren abbildet. – Einband berieb., Ecken stärker<br />
bestoßen. Innen sehr gut erhalten. Exlibris. – Bigmore & Wyman II, 40 (nennt 37 Tafeln).<br />
Geschichte ohne Mythos<br />
65 Mommsen, Theodor, Römische Geschichte. 3 Bände. VII, 644; VI, 439; VI,<br />
582 Sei ten. Halblederbände der Zeit mit goldgepr. Rückentitel und Rückenvergoldung.<br />
Berlin, Weidmann, 1854–56. € 150.–
38<br />
Erste Ausgabe. – „Nicht nur das genialste Werk deutscher Geschichtsschreibung, sondern auch als<br />
wissenschaftliche Leistung in vielen Punkten nicht übertroffen“ (Carter/Muir, Bücher die die Welt<br />
verändern, 337). – 1885 erschien noch ein Band über die römischen Provinzen, der schmerzlich vermisste<br />
Band über die Römische Kaiserzeit wurde erst kürzlich aus Vorlesungsnachschriften ediert.<br />
– Stellenw. etw. braunfl., Titel mit priv. Sammlungsstempel, Bd. I auch etw. gebräunt, stellenw. auch<br />
stärker, Reg.-Beginn (S. V) mit zeitgen. hs. Eintragungen (etw. durchschlagend).<br />
Eine „skandalöse Geschichte“<br />
66 [Moscherosch, J. M.], Hagenauische Geschicht und Wahrhafftiger Bericht dessen,<br />
so sich den 9. Octobris 29. Septembris 1653 Nachts mit zweyen Minnenbrüdern daselbsten<br />
zugetragen. 6 Bll. 4°. Alter Umschlag. Ohne Ort und Drucker [Straßburg?,<br />
1653]. € 480.–<br />
Erste Ausgabe (?). – „Konfessionspolemische Schrift über ein damals viel Aufsehen erregendes<br />
Lokalereignis: einige <strong>Franz</strong>iskaner hatten die katholische Kirche mit Kot beschmiert, um so die<br />
Wut der Bevölkerung gegen die Protestanten zu richten“ (Dünnhaupt 59, I). – Die Schrift erschien<br />
1653 in mehreren Ausgaben, vorliegende wurde im November gedruckt („Gegeben den 11. und<br />
1. Winter monats“). Wahrscheinlich handelt es sich um die erste Ausgabe, für die Dünnhaupt den<br />
Er scheinungstermin 1. November angibt. – Die Autorschaft Moscheroschs ist nicht gesichert,<br />
dieser veröffentlichte im selben Jahr anonym eine Alexandrinerdichtung über das Ereignis (mehrfach<br />
abgedruckt, u. a. unter dem Titel „Wunderseltzsame neue Malerei“). Nach Dünnhaupt existiert<br />
auch Evidenz für seine Verfasserschaft dieses Prosatextes. Eine alte Notiz auf der zweiten<br />
Umschlagseite des vorliegenden Exemplars setzt beide Texte miteinander in Verbindung: „Diese<br />
skandalöse Geschichte ist auch unter dem Titel gedruckt: Wunderseltzame Mahlerei, erfunden<br />
durch 3 Fran ziscaner Mönche zu Hagenau. 4. 1653. Beide Ausgaben sind aber von den Katholischen<br />
sorgfältig aufgekauft worden“. – Das zweite Blatt oben angerändert, insgesamt etwas gebräunt. –<br />
Hohenemser 513.<br />
Nr. 67
Nr. 62<br />
39
40<br />
Die Kunst das Leben zu verlängern<br />
67 Nagius, Stephanus Waletitsius, Brunn des Heyls, Das ist: Ein gründtlicher<br />
Bericht, was gestallt der Mensch biß auff sein äusserstes Alter gesundt leben, die gemeine<br />
Krankheiten und Anligen des leibs und Gemüts vertreiben, bey guetem Verstandt,<br />
Gedächtnuß und allen Sinnen unverletzt verbleiben, und endtlich den unvermeidenlichen<br />
Beschluß seines Lebens sanfft erreichen möge… Mit 4 Holzschnitten. 14 Bll.,<br />
340 (falsch 240) Seiten, 4 Bll.; 40 Seiten. 4°. Pergamentband der Zeit mit Rücken- und<br />
Deckelprägung; dreiseit. Goldschnitt. Innsbruck, Daniel Paur, 1617. € 1.200.–<br />
Einzige Ausgabe; sehr selten! – Der Verfasser, Kaplan des Erzherzogs Maximilian von Österreich,<br />
behandelt in vorliegendem Werk sehr ausführlich die verschiedenen Mittel und Wege, ein langes<br />
und gesundes Leben zu erlangen. – Als zweiter Teil eine „Valete Predig Von der Füßwäschung“. –<br />
Hübscher Druck, jede Seite von einer typographischen Bordüre eingefasst. Die Holzschnitte zeigen<br />
3 Wappen und die Fußwaschung. – Einband fleckig und gering wurmstichig; innen schönes,<br />
überwiegend sauberes Exemplar. – Paisey, German Books in the Brit. Libr., 17th cent., N 19. VD17<br />
12:106009D. Wellcome I, 4504. – Siehe Abbildung Seite 38.<br />
Nr. 68<br />
68 Nicolai, Ernst Anton – Sammelband mit 5 sehr seltenen Schriften des Mediziners<br />
E. A. Nicolai. Halbpergamentband der Zeit. Halle, Hemmerde, 1746–1751. € 1.500.–<br />
Äußerst seltene Abhandlungen von E. A. Nicolai (1722–1802), einer „der bedeutendsten Schüler<br />
Hoffmann’s“ (Hirsch/Hübotter IV, 359). – N. war „ein eifriger Vertreter der iatromathematischen<br />
Richtung in der Medizin und als solcher vorzugsweise bestrebt, medizinische Probleme vom<br />
Standpunkte der Leibniz-Wolffschen philosophischen Anschauungen zu lösen“ (ADB XXII, 578).
41<br />
I. Abhandlung von der Schönheit des menschlichen Körpers. Mit gestoch. Titelvignette. 1 Bl.,<br />
77 Seiten. 1746. – Blake 324.<br />
II. Theoretische und practische Betrachtung des Pulsschlages. 8 Bll., 80 Seiten. 1746.<br />
III. Gedanken von den Würckungen der Einbildungskraft. Zweite verm. Aufl. Mit gestoch. Titelvignette.<br />
8 Bll., 224 Seiten. 1751.<br />
IV. Abhandlung von dem Lachen. Mit gestoch. Titelvignette. 62 Seiten, 1 Bl. Anz. 1746.<br />
V. Gedanken von Thränen und Weinen. Mit gestoch. Titelvignette. 8 Bll., 232 Seiten. 1748. – Siehe<br />
Abbildungen Seite 40.<br />
69 Nicolai, Johann August Heinrich, Beschreibung der Knochen des menschlichen<br />
Foetus. Ein Beitrag zur Anatomie des Foetus und zur Bestimmung des Alters der<br />
Embryonen und des Foetus aus der Beschaffenheit der Knochen. Mit 4 gefalt. Tabellen.<br />
V Seiten, 1 Bl., 70 Seiten, 1 Bl. 4°. Pappband der Zeit. Münster, F. Regensberg, 1829.<br />
€ 650.–<br />
Wohl einzige Ausgabe dieses sehr seltenen Werkes. – Ein sowohl für die Pädiatrie wie auch für<br />
die Forensik bedeutsames Werk. – „Zur Aufzählung der in der vorliegenden Schrift zusammengestellten<br />
Merkmale des Embryo’s in den verschiedenen Monaten der Schwangerschaft und zur<br />
Auf suchung bestimmter Kennzeichen am Knochen-Systeme des Embryo’s und Foetus zur<br />
Bestimmung des Alters derselben aus der Beschaffenheit der einzelnen Knochen, bin ich durch<br />
Senffs Buch (Nonnulla de incremento ossium etc.) veranlasst und demselben auch darin gefolgt,<br />
daß ich eine tabellarische Uebersicht der Hauptmerkmale der Knochen in den einzelnen Monaten<br />
zu geben versucht habe“ (Vorrede). – Gutes Exemplar. – Hirsch-H. IV, 360. Grulee Collection<br />
1286.<br />
70 Norman-Bibliothek – The Haskell F. Norman Library of Science and Medicine.<br />
3 Bände. Ca. 1100 Seiten mit zahlr. teils farb. Abbildungen. 4°. Farbig illustr. Orig.-<br />
Pappbände. New York, Christie’s, 1998. € 200.–<br />
Die Versteigerung der berühmten Medizinbibliothek des Psychiaters und Bibliophilen Haskell<br />
F. Norman aus San Francisco (1915–1996) gilt als Meilenstein. Die Sammlung Norman ist die bedeutendste<br />
medizinische und wissenschaftliche Privatbibliothek, die in den letzten Jahrzehnten<br />
an geboten wurde. – Der <strong>Katalog</strong> ist aufwendig gestaltet, die Beschreibungen sehr detailliert. –<br />
Er geb nislisten liegen bei. – Für die Handbibliothek des Medizinsammlers unentbehrlich.<br />
71 Odenbach, Johann, Trostbüchlin, Für die sterbenden, auß heiliger göttlicher<br />
Schrifft, den Schwachen und Krancken sehr tröstlich für zulesen. Mit Titelholzschnitt.<br />
32 Bll. Kl.–8°. Mod. Pappband mit Rückenschild. (Tübingen, Alexander Hock), 1587.<br />
€ 750.–<br />
Diese bereits 1528 erstmals erschienene Trostbüchlein – in den frühen Ausgaben der Pfalzgräfin<br />
Elisabeth gewidmet – ist trotz zahlreicher Auflagen sehr selten. – Als Grundlage dieser Schrift haben<br />
wahrscheinlich die „Ars-Moriendi-Ausgaben“ gedient; die Zusammenstellung ist jedoch eine<br />
an dere. – Odenbach war Pastor in Moscheln (heute Obermoschel), gelegen zwischen Bad Kreuznach<br />
und Kaiserslautern. – „He was a tolerant soul, extraordinarily rare at the time. This is shown in the<br />
letter he wrote in 1528 to the judges of Alzey, when they were deciding on the life or death of several<br />
Anabaptists imprisoned there. The letter is titled, ‘Ein Sendbrief und Ratschlag an verordnete<br />
Richter über die armen Gefangenen in Alzey, so man nennet Wiedertäufer.’” (Global Anabaptist<br />
Mennonite Encyclopedia Online – GAMEO –). – Sehr gut erhalten. – Diese Ausgabe nicht im<br />
VD16. – Siehe Abbildung Seite 44.<br />
72 Palm, Johann Jakob, Versuch einer medicinischen Handbibliothek oder Sammlung<br />
aller Bücher so von der Arzneygelahrheit, Anatomie, Chirurgie, Botanik, Chemie,
42<br />
Apo thekerkunst, Hebammenkunst… handeln. 4 Bll., 488 Seiten. Pappband der Zeit<br />
mit Buntpapierbezug, Rückenschild, Bibl.-Sign. auf einem Papierschildchen am Fuß,<br />
und goldgepr. Supralibros a. d. Vorderdeckel. Erlangen, J. J. Palm, 1788. € 1.500.–<br />
Einzige Ausgabe dieses sehr seltenen und frühen Versuchs, eine vollständige medizinische Handbibliothek<br />
vorzustellen. – „Ich habe den von meinem Lager schon zum Druck verfertigt gewesenen<br />
Catalogum über die medicinischen Schriften, nicht nur durch Vandenhöks und Monats Universal-<br />
Catalogos erweitert, sondern ihn auch durch andere dergleichen aus Holland, mit ausländischen<br />
Produkten bereichert, und hoffe also dieses Fach, ziemlich vollständig gesammelt zu haben.“<br />
(Palm). – An den Gelenken und Kanten ist der Bezug etw. abgerieben; innen sehr sauber. – Waller<br />
18855. Blake, p. 337. – Nicht bei Wellcome.<br />
Das Geschlechtsleben des klassischen Altertums<br />
73 Panormitanus, Antonius (d. i. Antonio Beccadelli), Hermaphroditus. Primus in<br />
Germania editit et Apophoreta adjecit. XVI, 406 Seiten, 1 Bl. Maroquinband um 1840<br />
(sign. F. Bedford) mit feiner floraler Rückenvergoldung, goldgeprägtem Rückentitel,<br />
umlaufenden vergoldeten Deckelfileten, Steh- und Innenkantenvergoldung, marmorierte<br />
Vorsätze, Goldschnitt. Coburg, Meuschel, 1824. € 2.000.–<br />
Erste in Deutschland erschienene Ausgabe. – „Sammlung von lateinischen Epigrammen und Elegien,<br />
welche Gelegenheitsgedichte, lyrische Ergüsse, Impromptus, viele galante und eine große<br />
Anzahl derb obszöner Gedichte enthält.“ (Englisch 584). – Verfasst von dem humanistischen Gelehrten<br />
Antonio Beccadelli (1394–1471) aus Palermo (daher oft, wie auch auf dem Titel hier, Antonius<br />
Panormita genannt). Friedrich Carl Forberg (1770–1848), Philosoph und Philologe, hat den<br />
lateinischen Text mit kritischen und erklärenden Anmerkungen versehen und „apophoreta“<br />
(Gastgeschenke zum Mitnehmen nach Hause) beigefügt, die die ganze zweite Hälfte des Buches<br />
füllen und viel mehr sind als ein Nachtrag, nämlich „ein vollständiges Handbuch alles dessen, was<br />
wir von dem Geschlechtsleben des klassischen Altertums wissen“, wodurch „die Forbergsche Ausgabe<br />
zu einem Buche von bleibender Bedeutung und unleugbarem wissenschaftlichem Werte“<br />
(Englisch 586) geworden ist. – Von größter Seltenheit. Sehr schönes Exemplar von tadelloser<br />
Gesamterhaltung mit einigen wenigen zeitgenössischen Marginalien in feiner Tintenschrift. –<br />
Gay-L. II, 465; Hayn-G. VI, 20. – Siehe Einbandabbildung 2. Umschlagseite.<br />
Begründung der modernen Endokrinologie – Die Pawlow-Reflexe<br />
74 Pawlow, Iwan Petrowitsch, Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Autorisierte Übersetzung<br />
aus dem Russischen von A. Walther. Mit einigen Textholzschnitten. XII, 199<br />
Seiten. Gr.–8°. Halbleinen der Zeit mit Rückentitel. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1898.<br />
€ 500.–<br />
Erste deutsche Ausgabe, vom Verf. um Vorwort und Zusätze ergänzt; zugleich erste Übersetzung<br />
überhaupt. Die russische Originalausgabe ist im Handel nahezu unauffindbar.<br />
Pawlow hat mit diesem Werk einen großen Beitrag zur Physiologie der Verdauung geleistet, indem<br />
er die chemisch-histologischen Vorgänge des Verdauungsapparates klarlegte und den Vagus als<br />
sekretorischen Nerv des Pankreas erkannte. Die in diesen Vorlesungen niedergelegten Untersuchungen<br />
bildeten die direkte Grundlage und Vorarbeit für die Entdeckung der „Enterokinase“. –<br />
„Durch Erweiterung dieser Experimente und die Anwendung auch auf Kinder erhielt man den<br />
Beweis, daß ein Großteil menschlichen Verhaltens als eine Reihe bedingter Reflexe erklärt werden<br />
kann. Einige Psychologen scheinen heute sogar zu glauben, daß solch Reflex-Verhalten alles erkläre.<br />
Pawlows Ergebnisse bilden eine Ergänzung zu denen Freuds, und viele schreiben ihnen eine<br />
wesentlichere Bedeutung zu. Wie bei Freud, so haben wir es auch hier mit dem Werk eines einzigen<br />
Mannes und mit einem völlig neuen Weg zu tun. Pawlow erhielt den Nobelpreis für Medizin im<br />
Jahre 1904.“ (Printing and the Mind of Man). – Sehr gutes Exemplar. – Garrison/Morton 1022.<br />
Waller 7257. Dibner, Heralds of Science, 135. Horblit, 100 Books famous in Science, 83 (russ.<br />
Ausg.). Carter/Muir, Bücher die die Welt verändern, 385.
43<br />
75 Persoz, Jean(-François), Introduction a l’étude de la chimie moléculaire. Mit 1 lithogr.<br />
Tafel und 9 Falttabellen. XV, 893 Seiten. Mod. Pappband mit Rückenschild. Paris<br />
und Straßburg, Mathias u.a., Derivaux, 1839. € 400.–<br />
Erste Ausgabe; “an influential book on the chemistry of molecular combinations” (DSB 10, 532). –<br />
“Persoz (1805–1868) was at first préparateur to Thenard at the Collège de France (1826–32), then<br />
professor of chemistry in Strasburg (1833) and of dyeing and calico-printing at the Conservatoire<br />
des Arts et Métiers, Paris (1852). He published a memoir on the molecular state of compound<br />
bodies, and a large book on this subject, emphasising the importance of the comparison of the<br />
weights of equal volumes of vapour as giving the ratios of the molecular weights” (Partington IV,<br />
429). – Stellenw. stockfl., einige Wasserrändchen. – Ferchl 404.<br />
Prachtvoll gebunden<br />
76 Plutarch, Biographien. Mit Anmerkungen von G. B. von Schirach. Mit 8 gestoch.<br />
Frontispizen und 8 gestoch. Titeln. Halblederbände der Zeit mit 2 Rückenschildchen<br />
und reicher ornamentaler Rückenvergoldung. Wien und Prag, Haas, 1796. € 1.200.–<br />
„Biographisches Werk des Plutarch, das den Namen seines Verfassers über die Jahrhunderte trug<br />
und ihn zuzeiten – etwa im 17. und vor allem im 18. Jh. – zu einem der meistgelesenen antiken<br />
Autoren machte“ (KNLL 13, 460). – „Für die vorliegende Übersetzung der ‚Parallelen Lebensbeschrei<br />
bungen‘ – ganz im Sinne des damaligen Kosmopolitismus hatte Plutarch immer je einen<br />
Römer und einen Griechen geschildert und die beiden ähnlichen Charaktere miteinander verglichen<br />
– berief sich auch Schirach… auf das französische Vorbild von André Dacier und auf seinen<br />
deutschen Vorgänger Johann Christoph Kind, dessen Plutarch-Ausgabe in Leipzig 1745–54 erschienen<br />
war. Mit Recht betonte er, daß Plutarch ein enges Verhältnis zu den schönen Künsten hatte,<br />
daß er philosophisch-moralisch wirken und Vorbilder geben wollte“ (Marbacher <strong>Katalog</strong>e 37:<br />
Weltliteratur. Die Lust am Übersetzen im Jahrhundert Goethes, S. 470, 11). – Einbände gering bestoßen,<br />
innen nur stellenw. gering fleckig. – Hoffmann, Lex. d. Lit. der Griechen III, 209. – Siehe<br />
Einbandabbildung 2. Umschlagseite.<br />
77 Porta, G. B. della, Menschliche Physiognomy, das ist, Ein gewisse Weiß und Regel,<br />
wie man auß der eusserlichen Gestalt, Statur, unnd Form deß Menschlichen Leibs, und<br />
dessen Gliedmassen abnehmen, urtheilen und schliessen könne, wie derselbige auch innerlich<br />
von Gemüt geschaffen, gesinnet und geartet sey, In vier unterschiedene Bücher<br />
abgetheilet… in Lateinischer Sprach beschrieben. Nun aber in unsere hochteutsche<br />
Sprach verbracht. Mit kl. Holzschn.-Titelvign., Holzschn.-Porträt und 83 Text holzschnitten.<br />
9 Bll., 608 Seiten, 8 Bll. Mod. Pergamentband mit hs. Rückentitel. Frankfurt<br />
am Main, R. Beatus, 1601. € 1.900.–<br />
Die berühmte „Physiognomia“ des großen Universalgelehrten der Renaissance, in der seltenen<br />
ersten deutschen Ausgabe!<br />
„Während seiner Tätigkeit als Arzt hatte Porta häufig Gelegenheit, seine Patienten zu beobachten<br />
und ihren Charakter und Gesichtsausdruck zu studieren. Die Ergebnisse seiner Studien sind in seiner<br />
‚Physiognomik‘ niedergelegt, die ein eindrucksvolles und überzeugendes System darbietet, das<br />
man nicht ohne weiteres ablehnen sollte. Portas frühe Versuche auf dem Gebiete der Physiognomik<br />
beeinflußten Joh. K. Lavater (1741–1801) sehr stark. L. bringt Auszüge aus Portas Schriften und<br />
gibt auch Illustrationen aus dessen Werk wieder“ (Seligmann, Weltreich der Magie, 264). – „He was<br />
the founder of physiognomy“ (Garrison/Morton 150, zur Erstausgabe von 1586). „…he clearly established<br />
the doctrine of the correspondence between the external form of the body and the internal<br />
character of the person… Porta was examined by the Inquisition some time prior to 1580, and in<br />
1592 all further publication of the his work was prohibited… A proposed Italian edition of his treatise<br />
on human physiognomy was prohibited in 1593“ (DSB XI, 95 ff.). – 1 Blatt (597/98) durch<br />
Papierfehler mit Buchstabenverlust, Titel am Rand teilw. hinterlegt. Durchgehend etw. gebräunt<br />
und braunfl., stellenw. etw. wasserrandig. Guter Gesamtzustand. Am Ende 10 Bll. eingebunden, davon<br />
7 Bll. mit hs. Notizen, eine Art von Grimoire des 18. Jhdts. – VD17 23:293011T/Variante B.<br />
Graesse, Bibl. mag., S. 101. Kein Ex. bei Krivatsy, Paisey (Brit. Libr.), Waller, Wellcome, Caillet, etc.<br />
verzeichnet. – Siehe Abbildung Seite 44.
44<br />
Nr. 71 Nr. 77<br />
78 Porta, G. B. della, Phytognomonica. Octo libris contenta: in quibus nova, facillimaque<br />
affertur methodus, qua plantarum, animalium, metallorum… Mit Holzschn.-<br />
Druckermarke a. d. Titel, blattgr. Holzschnitt-Porträt a. d. Titelrückseite und 32 großen<br />
Textholzschnitten. 8 Bll., 552 Seiten. Pergamentband der Zeit. Frankfurt/Main, J.<br />
Wechel und P. Fischer, 1591. € 1.800.–<br />
Seltene zweite Ausgabe des zuerst 1588 in Neapel erschienenen kuriosen Kräuterbuchs, verfasst<br />
von dem berühmten italienischen Occultisten della Porta. – Caillet, der nur eine Ausgabe von 1650<br />
angibt, schreibt hierzu: „Un des ouvrages les plus curieux qu‘ait écrits le fameux occultiste napolitain.<br />
Il traite de la ressemblance, des correspondances, des sympathies et antipathies aqui existent<br />
entre les plantes et les minéraux, les animaux et l’homme“. – „It is sometimes held that della Porta<br />
was the real originator of the botanical Doctrine of Signatures in any approximation to a scientific<br />
form. The theory was that Divine Providence had formed plants in such a way as to indicate the<br />
ailments they would cure (e.g. a walnut looked like the human brain, so would cure head ailments).<br />
Protagonists of this theory quarrelled violently with those who believed in astrological medicine<br />
…“ (Hunt). – Stellenw. fleckig, wenige Bll. im weißen Rand ausgebessert. Titel mit Spuren von<br />
altem hs. Besitzverm., zahlr. hs. Nummerierungen am Rand; Exlibris von Fritz Werle. – Adams,<br />
P 1939. Nissen 463. Arber, Herbals, p. 209. Stiftung für Botanik Liechtenstein 616. – Siehe Abbildung<br />
Seite 45.<br />
79 Quellinus, Hubertus (1619? – Antwerpen – 1687), Justitia zwischen Tod und<br />
Neid. Kupferstich von Hubertus Quellinus nach Artur Quellinus (1609–1668). Größe:<br />
33 x 41 cm. 1665. € 850.–
45<br />
Prächtiger Kupferstich nach einem Relief als Giebelschmuck des Amsterdamer Rathauses (heutigen<br />
kgl. Palastes) von Artur Quellinus. – „Artur Quellinus (1609–1668) gilt als Hauptmeister der<br />
flämischen Barockskulptur und bringt den sogenannten ‚Rubensstil“ in die flämische Barockskulptur,<br />
seine italienische Ausbildung in Rom erhielt er von François Duquesnoy“ (Lechner, Graphische<br />
Sammlung Stift Göttweig). – Mit den Namenszügen der Künstler und Datum in der Platte. – Mit<br />
geglätteter vertikaler Buchfalte. – Vgl. Thieme/Becker XXVII, S. 509. – Siehe Abbildung Seite 46.<br />
Nr. 78<br />
80 Réaumur, (R. A. Ferchault de), Physicalisch-oeconomische Geschichte der Bienen,<br />
worinnen von derselben Erzeugung, Vermehrung, rechten Warte und Pflege,<br />
Zucht und daher entstehenden vortreflichen Nuzen in der Haußhaltung… gehandelt<br />
wird. Aus der neuesten <strong>Franz</strong>ös. Ausgabe übers. und vermehret von C. C. O(elhafen)<br />
v(on) S(chöllenbach). Mit 18 mehrf. gefalt. Kupfertafeln. 4 Bll., 406 Seiten. 4°. Etwas<br />
späterer Halblederband mit goldgepr. Rückentitel und reicher Rückenvergoldung.<br />
Frank furt und Leipzig, A. J. Felßeckers seel. Erben, 1759. € 3.000.–<br />
Erste deutsche Ausgabe. – Berühmtes und das wohl wichtigste, wissenschaftlich fundierteste Werk<br />
des 18. Jahrhunderts über Bienen. – In dem mit 18 großen gefalteten Kupfertafeln reich illustrierten<br />
Band sind Réaumurs Forschungsergebnisse über die Lebensweise und Entwicklung der Bienen<br />
veröffentlicht. Insbesondere beschäftigte er sich mit dem Bienenstaat und entdeckte die Gliederung<br />
in „Königin“, „Drohnen“ und „Arbeitsbienen“. Von Réaumur stammen die ersten Untersuchungen<br />
zur Kommunikation der Bienen untereinander.<br />
„The most widely read portion of Réaumur’s natural history of insects is probably the nine<br />
memoirs of vol. V on the history of the bees. Réaumur lavished an enormous amount of time and
46<br />
observational an experimental skill on these productive social insects. His descriptions were minute<br />
and exacting in every detail and his experiments were among the most ingenious he ever contrived…<br />
With regard to the position and function of the queen in bee society, Réaumur’s researches<br />
were extensive and original. He discovered that all hives, even those very close to swarming, have<br />
only one queen; if others are introduced, they will be rejected or even killed. He found that if a colony<br />
is deprived of its queen, it must make a new one (by feeding a special substance called royal<br />
jelly to a developing larva) or it will die. He discovered that a hive without a queen will (under certain<br />
conditions) accept an exogenous ruler.<br />
Réaumur kept track of individual bees by tinting them with various dyes. He dissected bees and<br />
their larvae and had detailed plates made to accompany his treatise. He made some of the first tentative<br />
studies of communication among the bees. In short, there was no aspect of the life cycle or behavior<br />
of bees too minute or too unimportant to escape his attention“ (DSB XI, 332). – Vorder gelenk<br />
am unteren Kapital mit kl. Wurmspur, sonst fleckenfreies, dekorativ gebundenes Exemplar! –<br />
Fromm V, 21477. Horn/Schenkling III, 16510: “Selten”. – Siehe Einbandabbildung 3. Umschlagseite.<br />
Nr. 79<br />
81 Reiffenstuell, Ignaz (Praes.), Cosmus in micro-cosmo. Hoc est: Mundus opere<br />
sex dierum creatus, in homine velut parvo in magno micro-cosmos consummatus…<br />
Theses ex universa philosophia publicè propugnaret. Praenobilis ac eruditus Franciscus<br />
Sebastianus de Schott. Mit gestoch. Frontispiz und 7 fast blattgroßen Kupfern von C.<br />
Engelbrecht und Pfeffel nach <strong>Franz</strong> Moser. 4 Bll., 150 Seiten, 1 Bl. 4°. Halbpergamentband.<br />
Wien, A. Heyinger, 1701. € 850.–<br />
Sehr seltenes Emblembuch. – “An unrecorded emblem book with highly decorative illustrations…<br />
an elaborate development of the concept of man the microcosm being an epitome of the macrocosm,<br />
of the six days of the creation; the end of the preface makes it clear that the author was Schott
47<br />
and not Ignatius Reiffenstuell, who presided at the exercises” (Jantz, German baroque literature II,<br />
466). – Meist etw. stockfl., stellenw. gebräunt, gegen Ende im oberen weißen Rand Tintenfleck;<br />
erste und letzte Bll. im Bug unten mit schwachem Wasserrand. – Siehe Abbildung unten.<br />
Nr. 81<br />
Philosophisch-kabbalistisches Hauptwerk Reuchlins<br />
82 Reuchlin, Johannes, De arte cabalistica libri tres, Leoni X. dicati. Mit großer<br />
Holzschnittdruckermarke a. d. Titel. 4 nn., 79 num. Bll., 1 nn. Bl. Folio. Mod. flexibler<br />
Pergamentband im Stil der Zeit unter Verwendung eines gewaschenen Manuskriptblattes.<br />
Hagenau, Th. Anshelm, 1517. € 15.000.–<br />
Erste Ausgabe. – Eines der seltensten Werke Reuchlins und eines der grundlegenden Werke zur<br />
Geschichte der Kabbala während der Renaissance, in der wiederholt christliche Gelehrte wie Pico<br />
della Mirandola, Postel, Agrippa von Nettesheim und Reuchlin versuchten, die Lehren der Kabbala
48<br />
dem Abendland zu vermitteln. Das Werk<br />
ist wie Reuchlins „De verbo mirifico“ in<br />
Form eines Dialogs geschrieben. An der<br />
zu Frankfurt/Main stattfindenden Unterredung<br />
nehmen der Jude Simon, der<br />
Moslem (Benzing: „Mohammedaner“!)<br />
Marranus und Pythogoräer Philolaus teil.<br />
Das erste und das dritte Buch enthalten<br />
Auseinandersetzungen über Lehren der<br />
Kabbala (im Einzelnen bei Caillet), das<br />
dritte Buch behandelt die pythogoreische<br />
Philosophie, bzw. die Übereinstimmung<br />
zwischen Kabbala und den ersten griechischen<br />
Philosophen („Pythagoras war<br />
Kabbalsist“). Reuchlin ging es um eine<br />
Harmonisierung der Kabbala mit dem<br />
Christentum (daher auch die Widmung<br />
an Papst Leo X.). Vgl. ausführl.: Max<br />
Brod, J. Reuchlin und sein Kampf (1965),<br />
S. 271–311.<br />
In diesem typographisch meisterhaften<br />
Druck Anshelms, der zu den bedeutendsten<br />
Humanisten-Druckern zählt, sind<br />
viele Stellen in hebräischen und griechischen<br />
Typen gedruckt. Auf der Titelrück<br />
seite ein Privileg Kaiser Maximilians<br />
für die hebräischen, griechischen und lateinischen<br />
Erst drucke unter besonderer<br />
Beachtung seiner editorischen Verdienste. Dieses Privileg gehört zu den frühesten seiner Art und<br />
ist ein buchhandelsgeschichtliches Dokument von hohem Wert (Schotten loher, Die Druckprivilegien<br />
des 16. Jahrhunderts, Nr. 15: in Gutenberg-Jahrbuch 1933).<br />
Einband etw. wellig; im Titelblatt kleiner, geschickt restaurierter Einriss in der Druckermarke,<br />
wenige Bll. anfangs etw. wasserrandig. Im ersten Buch zahlr. hs. Marginalien von alter Hand auf<br />
den weißen Rändern. – Im Ganzen sehr schönes, breitrandiges Exemplar.<br />
Benzing, Reuchlin, 99. Adams, R 381. Brit. Mus., German Books STC, 732 (inkplt.). Panzer VII,<br />
83, 126. Caillet 93333. Goed. I, 416, 20. – Siehe Abbildung oben und Titelabbildung.<br />
“First book on the subject to be printed in English” (Garrision/Morton)<br />
83 Roesslin, Eucharius, The Birth of Mankind, Otherwise called, THE WOMANS<br />
BOOK. Or, A Guide for Women, In their Conception. Bearing, and Suckling their<br />
Children. Translated into English by Thomas Reynald, Doctor of Physick. The Fourth<br />
Edition Corrrected and Augmented. Mit 27 (davon 3 blattgr.) Textholzschnitten. 4 Bll.,<br />
193 (recte 203) Seiten. 4°. Lederband der Zeit mit blindgepr. Randfileten. London, J.<br />
L.(egat) für Luke Fawn, 1654. € 3.000.–<br />
Letzte (?) englische Ausgabe von Roesslins berühmtem ‚Rosengarten‘, dem ersten gedruckten<br />
Hebammenlehrbuch (erstmals 1513, erste englische Ausgabe 1540). – Eucharius Roesslin, „der<br />
Hebammenlehrer Europas“, lebte in den neunziger Jahren des 15. Jahrhunderts als Apotheker in<br />
Freiburg i. Br. Von 1506 als Stadtarzt in Frankfurt und Worms, 1508 als Leibarzt der Herzogin<br />
Katharina von Braunschweig in Lüneburg, dann wieder in Frankfurt, wo er 1526 starb. Sein gleichnamiger<br />
Sohn war als Stadtarzt sein Nachfolger, er übersetzte den Rosengarten ins Lateinische.<br />
„An English translation of the ‚Rosengarten‘ first appeared in 1540. Based on the Latin version,<br />
‚De partu hominis‘, it was translated and published by Richard Jonas (fl. 1540). The next English<br />
edition to appear was published by Thomas Raynalde (fl. 1546) in 1545. Unlike Jonas who had produced<br />
a literal translation, Raynalde gave a free translation with many original additions. Raynalde<br />
borrowed freely from other authors and included several anatomical plates and descriptive text
49<br />
from Vesalius‘ ‚Fabrica‘. Extremely popular, there were over ten subsequent editions of Raynalde’s<br />
translation. English midwives and physicians were largely dependent on this book for guidance in<br />
the practice of obstetrics until the eighteenth century when Smellie and Hunter published their<br />
scien tific treatises“ (Heirs of Hippocrates 201). – Die Holzschnitte zeigen die Entwicklung des<br />
Embryo, fehlerhafte und richtige Kindslagen, einen Gebärstuhl, etc. – Durchgehend etw. gebräunt<br />
und fleckig, 2 Bll. mit kl. Brandloch, mehrere Bll. mit Quetschfalte im Bug unten. Vorderer Innenspiegel<br />
mit zeitgen. hs. Rezepte in engl. Sprache. Innenspiegel des hinteren Deckels fehlt. Einband<br />
mit Schabstellen und einigen Wurmgängen. Insgesamt für ein Gebrauchsbuch in sehr guter<br />
Erhaltung und im zeitgen. Einband. – Krivatsy 9810. Waller 8117. – Vgl. Gar rison/ Morton 6138. –<br />
Diese Ausgabe nicht bei Hellman, Cushing, Wellcome und Parkinson/Lumb. – Sehr selten! – Siehe<br />
Abbildung unten.<br />
Nr. 83<br />
84 Rokitansky, Karl, Lehrbuch der pathologischen Anatomie. 3 Bände. 4 Bll., 572;<br />
XIV, 882; XIV, 1 Bl., 628 Seiten, 1 Bl. Errata. Halblederbände der Zeit mit goldgepr.<br />
Rückentitel und reicher Rückenvergoldung. Wien, Braumüller & Seidel, 1842–46. € 750.–<br />
Erste Ausgabe dieses klassischen Werkes, von dem Virchow am Jahrhundertende schreiben sollte,<br />
„daß es sich als das eigentliche Fundament der praktischen Medizin“ erwies. – 1842 und 1844 er
50<br />
schienen zunächst der 3. und der 2. Band, die die spezielle pathologische Anatomie der verschiedenen<br />
Organsysteme behandelten. 1846 erschien der erste Band mit der allg. patholog. Anatomie. –<br />
„Rokitansky ranks with Morgagni as among the greatest of all writers on gross pathology. He is<br />
said to have performed over 30.000 autopsies himself. His ‚Handbuch‘ was for many years pre-eminent<br />
among its contemporaries“ (Garrison/Morton 2293). „Vol. 3 (1842), p. 313: Rokitansky’s<br />
classic description of the pathological picture of acute yellow atrophy of the liver. Rokitansky<br />
named the disease; it has also been called ‚Rokitansky’s disease‘“ (G/M 3618). – Bd. III liegt hier<br />
im zweiten unveränderten Abdruck aus dem Jahr des Erstdrucks vor. – Schönes, einheitlich gebundenes<br />
Exemplar, kaum fleckig. – Norman Libr. 1845. Heirs of Hippocrates 1658.<br />
85 „Rosenberg, Johann Anton, Sittliches Gebett-Kamerlein Oder Bequemes Hand-<br />
Büchlein“. Deutsche Handschrift auf Papier, dat. 1776. 14 Bll., 285 hs. pag. Seiten. Kl.–8°.<br />
Halblederband der Zeit. € 500.–<br />
Reizvolles handschriftliches Gebetbüchlein, fast durchgehend in Rot und Schwarz geschrieben, mit<br />
Satzspiegeleinfassung und verzierter Seitenzahl am Oberrand. – Innendeckel mit hs. Besitzvermerk<br />
einer Katharina Rosenberg aus Murgdorf, dat. 1835, mit dem Zusatz: „Dieses Büchel ist mir lieb,<br />
Wers mir ab nimmt der ist ein Dieb“. – Hinterer Innendeckel mit Exlibris von Simon Macha,<br />
Beuthen O/S (1864–1944, Mitbegründer des Beuthener Geschichts- und Museumsvereins).<br />
Widmungsexemplar an Karl von Voit<br />
86 Rubner, Max, Die Gesetze des Energieverbrauchs bei der Ernährung. IV, 1 Bl.,<br />
426 Seiten. Gr.–8°. Leinen der Zeit mit Rückentitel. Leipzig und Wien, F. Deuticke,<br />
1902. € 380.–<br />
Erste Ausgabe. – Mit eigenh. Widmung des Verfassers an Geheimrath Karl von Voit! – sozusagen<br />
einer der Vorläufer Rubners und Begründer der „Voit’schen Schule“. – Zudem mit eigenh. Besitzverm.<br />
und Exlibris des bedeutenden Londoner Physiologen C. A. Lovatt Evans (1884–1968) und<br />
Exlibris des Ernährungswissenschaftlers John Yudkin (1910–1995). – Max Rubner (1854–1932),<br />
1891 Nachfolger Robert Kochs als Direktor des Hygien. Instituts in Berlin, „schuf grundlegende<br />
Arbeiten über Wärmehaushalt, Wärmeabgabe, Wärmeschutz und insbes. zu allen Fragen der<br />
Ernährungs- und Arbeitsphysiologie“ (Fischer II, 1338). – Garrison/Morton 1025.<br />
Abtei Lambach<br />
87 Sala, Angelo, Opera medico-chymica quae extant omnia. Frustulatim hactenus,<br />
diversisque linguis excusa, nunc in unum collecta latinoque idiomate edita. Addito indice<br />
rerum & verborum locupletissimo. Mit gestoch. Titel und 9 Textholzschnitten.<br />
3 Bll., 856 (recte 860) Seiten, 8 Bll. 4°. Pergamentband der Zeit mit goldgepr. Supralibros<br />
von Maximilian Abt von Lambach. Frankfurt am Main, Johann Beyer, 1647. € 1.200.–<br />
Erste Gesamtausgabe des von Boerhaave und Haller („Primus chemicorum qui desiit ineptire“)<br />
hochgelobten und von Ferchl zu den besten Chemikern aller Zeiten gerechneten Angelo Sala (1576–<br />
1637). – Der aus Vincenza stammende Arzt lebte ab 1610 in Deutschland und der Schweiz; 1625<br />
wurde er Leibarzt des Herzogs von Mecklenburg. 1628 wurde er Mitglied der „Fruchtbringenden<br />
Gesellschaft“. Er gilt als einer der Begründer der modernen pharmazeutischen Chemie, dem angeblich<br />
als erstem die synthetische Herstellung von Salmiak gelang. – „Sala’s chemical ideas proved to<br />
be historically influential. He performed the earliest known experiment in which a synthesis was<br />
confirmed by analysis“ (DSB XII, 79). Enthält u. a. seine Anatome essentiarum vegetabilium,<br />
Tartarologia (Weinstein), Saccharologia (Zucker), Chrysologia, Anatomia vitrioli (mit dem im DSB<br />
beschriebenen Experiment), Ternarius triplex Hermeticorum Bezoardicorum, & Laudanorum etc.<br />
– Unter den Textillustr. Abb. von Laborgeräten und der köstlichen Darstellung eines Schwitzkastens.<br />
– Gestoch. Titel und Drucktitel mit alten Besitzvermerken, schwach gebräunt. Einband etw.<br />
fleckig. – Waller 8411. Krivatsy 10128. Ferguson II, 314 ff. Schelenz 480 f. Ferchl 465 f. Deutsches<br />
Museum, Libri rari, 24. – Siehe Abbildung Seite 51.
51<br />
Nr. 87<br />
Anfänger der Anästhesie<br />
88 Schedel, Hartmann, Liber chronicarum. – Daraus Blatt 6 mit großem Holzschnitt<br />
(Erschaffung Evas aus der Rippe des im Tiefschlaf befindlichen Adam). Größe des<br />
Holzschnittes: 25,5 x 22,5 cm. Blattgr: 41,5 x 28,5 cm. Nürnberg, A. Koberger, 1493.<br />
€ 750.–
52<br />
Ein für die Geschichte der Anästhesiologie bedeutendes Blatt aus der Schedelschen Weltchronik,<br />
die als das größte illustrierte Werk der Inkunabelzeit gilt. – Von Thomas E. Keys wurde der<br />
Holzschnitt in seinem Standardwerk „The history of surgical anesthesia“ auf dem Umschlag wie<br />
auch als Frontispiz dargestellt, mit der Unterschrift: „And the Lord God caused a deep sleep to fall<br />
upon Adam, and he slept“. – Oben etw. knapper beschnitten mit geringen Einrissen, sonst sehr gutes,<br />
rubriziertes Blatt. – Siehe Abbildung unten.<br />
Nr. 88<br />
89 Schedel, Hartmann, Buch der Chroniken. Mit ca. 1800 teils doppelblattgr. Holzschnitt-Illustrationen.<br />
10 nn. Bll., CCLXXXVI num. Bll., 2 nn. Bll. Gr.-Folio. Orig.-<br />
Pergamentband mit 2 Schließen. Leipzig, Hendel, 1933. € 600.–<br />
Nr. 63 einer kleinen Auflage, hier in der seltenen Ganzpergamentausgabe. – Faksimile-Druck der<br />
deutschen Ausgabe Nürnberg 1493. – „Gedruckt wurde das Werk in der Offizin Max Breslauer auf<br />
Hadernbütten, das von der Firma Ferdinand Flinsch eigens für dieses Buch angefertigt wurde. Die<br />
Bindearbeiten besorgte die Buchbinderei H. Sperling in Leipzig“.- Schönes Exemplar.<br />
90 Schellenberg, Johann Rudolf, Freund Heins Erscheinungen in Holbeins Manier.<br />
(Text von J. K. Musäus). Mit gestoch. Frontispiz und 24 Kupfertafeln. 165 Seiten. Mod.<br />
Halblederband mit Rückenschild. Winterthur, Steiner und Comp., 1785. € 1.200.–<br />
Erste Ausgabe von Schellenbergs reizvoller Totentanzfolge, die mit den Versen Musäus‘ die<br />
Einstellung der Zeit zum Tode widerspiegeln. – „In der Komposition sind die Szenen vollständig<br />
neu und frei erfunden, besitzen eine große Originalität und entsprechen dem Zeitgeschmack. Von<br />
alten Totentanz-Folgen oder gar Holbein ist kein Einfluss mehr zu spüren. Die Kupfer sind in der
53<br />
Technik überaus fein gehalten, und doch ist die<br />
Zeichnung kräftig und frei. Von allen Totentanz-<br />
Folgen, die nach Holbein erschienen sind, geben<br />
nach Rowlandsons großen Karikaturen<br />
und Chodowieckis Almanachblättern die Schellen<br />
berg’schen Kupfer am besten die jeweilige<br />
Zeitepoche wieder… Sehr seltene Tote ntanzfolge,<br />
als eines der typischsten Zeitdokumente<br />
dürfte es in keiner Totentanz-Sammlung fehlen“<br />
(Slg. Oppermann 1200). – „Dass der Tod<br />
im Titel kameradschaftlich ‚Freund Hein‘ genannt<br />
wird, ist begründet in der aufklärerischen<br />
Debatte über die Darstellung des Todes<br />
im 18. Jahrhundert. Diese Debatte wurde ausgelöst<br />
durch Lessings Abhandlung ‚Wie die<br />
Alten den Tod gebildet‘ von 1769, in der er fordert,<br />
dass der Tod nicht länger hässlich und<br />
Schrecken erregend dargestellt werden soll.<br />
Lessing plädiert für den antiken Todesgenius<br />
Thanatos. Schellenberg reiht sich in den durch<br />
Lessings Abhandlung entfachten Todesdiskurs<br />
ein, denn auch er erstrebt eine veränderte<br />
Todes darstellung. Er zeigt den Tod jedoch als<br />
Skelett, das im Gegensatz zu Thanatos in der<br />
christlichen Ikonographie tief verwurzelt ist.<br />
Dieses Skelett bezeichnet er als ‚Freund Hein‘,<br />
eine Worterfindung, die er Matthias Claudius‘<br />
‚Wandsbecker Boten‘ entlehnt. Dieser neue<br />
Name soll es den Menschen erleichtern über<br />
den Tod zu reden… Die traditionellen Totentänze von Holbein bis Rentz verweisen durch zusätzliche<br />
Szenen der Genesis (Sündenfall, Vertreibung aus dem Paradies, u. a.) und des Jüngsten Gerichts<br />
auf ein jenseitiges Leben. Schellenbergs Werk verzichtet als erster Totentanz auf diese rahmenden<br />
Szenen, in denen die christliche Todesanschauung dargelegt wird. Zudem werden in diesem modernen<br />
Totentanz aktuelle Themen wie eine Ballonfahrt, die Aufhebung eines Klosters oder die Freimaurerloge<br />
dargestellt“ (Zum Sterben schön. Ausst.-Kat. Museum Schnütgen Köln, No. 105). –<br />
Meist fleckig, Tafeln an den Rändern auch stockfl. und vereinzelt wasserrrandig; auf dem Titel zeitgen.<br />
hs. Vermerk „25 Blätter“.<br />
Erste Biographie des Heilbronner Reformators<br />
91 Schnepff – Rosa, Johannes, Oratio de vita …Doctoris Erharti Schnepfii. , recitata<br />
Ienae… 39 Seiten, 1 Bl. Kl.–8°. Pappband mit marmor. Bezug. Leipzig, Officina Voegeliana,<br />
1562. € 480.–<br />
Erste Ausgabe der ersten Biographie des schwäbischen Reformators (lat. Snepfius, bei Melanchthon<br />
bisweilen scherzweise Sunipes). – Über den 1495 in Heilbronn geborenen Erhard Schnepff, der<br />
1525 in Schwäbisch Hall das von Brenz verfasste sog. ‚Syngramma Suevicum‘ unterschrieb, und<br />
seitdem zusammen mit Brenz an der Spitze des süddeutschen Luthertums im Kampf gegen die<br />
Abendmahlslehre der Schweizer stand, vgl. ausführl. Herzog/Hauck 17, 670 ff. – Schon früh war er<br />
als evangel. Prediger in Weinsberg (1520), Neckarmühlbach im Kraichgau (1522) und in Wimpfen<br />
(1523) tätig. – VD16, R 3087.<br />
Die umfassendste Darstellung medizinischer Instrumente der Zeit<br />
92 Scultetus (Schultes), Johannes, Wund-Artzneyisches Zeug-Haus / In Zween<br />
Theil abgetheilt: Welches auss dem Lateinischen / von dess Authoris Brudern Sohn /<br />
Johann Schultes … reformirtem / verbessert- und an vielen Orten vermehrtem / auch
54<br />
mit 56 neuen / sehr nutzlichen<br />
Kupfferstücken geziertem Exemplar,<br />
in die Teutsche Sprach übersetzet hat<br />
… Amadeus Megerlin. Mit drey vollkommenen<br />
Registern aller denckwürdigen<br />
Sachen. Mit 56 Kupfertafeln.<br />
4 Bll., 263; 238 Seiten, 28 Bll. 4°. Pergamentband<br />
der Zeit mit handschriftl.<br />
Rückentitel. Frankfurt/Main, D. Gerlin,<br />
1679.<br />
€ 3.000.–<br />
Schönes Exemplar der vierten deutschen<br />
Aus gabe. – Die umfangreichste Ikonographie<br />
der Chirurgie des 17. Jahrhunderts. Der<br />
ganze Umfang des damaligen Instrumentariums<br />
ist detailliert abgebildet. Ideen reich <br />
tum und Wagemut sprechen aus den operativen<br />
Darstellungen. Besonders her vor zuheben<br />
sind die Beiträge zur Neuro chirurgie<br />
(Trepanation), Augenheilkunde (Starstich),<br />
Zahnheil kunde, Traumatologie (Frakturen<br />
und Luxationen), Gynäkologie (Mammaamputationen,<br />
Kaiser schnitt), Uro logie und<br />
Proktologie.<br />
Scultetus (1595–1645) aus Ulm war Schüler<br />
von Hier. Fabricius ab Aquapendente und Adriaan van de Spiegel in Padua, wo er Doktor der<br />
Medizin, Chirurgie und Philosophie wurde und auch praktizierte. 1625 wurde er Stadtphysicus in<br />
Ulm. – Papierbedingt unterschiedlich gebräunt; insgesamt sehr gutes Exemplar aus dem Vorbesitz<br />
des Berner Prof. der Medizin Joh. F. Albrecht Tribolet (1794–1871). – VD17 3:625204Q. Krivatsy<br />
10759. Vgl. Garrison/Morton 5571 (latein. Ausg. 1655).<br />
93 Siebold, (Adam) Elias von, Lehrbuch der theoretisch-praktischen Entbindungskunde<br />
zu seinen Vorlesungen für Aerzte, Wundärzte und Geburtshelfer. 2 Bände.<br />
XXXI, 432; XX, 379 Seiten. Halblederbände der Zeit mit Rückenschild und Rückenvergoldung,<br />
in mod. Papp-Schuber. Nürnberg, Schrag, 1810–1812. € 500.–<br />
Sehr schönes, dekorativ gebundenes Exemplar des bedeutenden Lehrbuches, das zahlreiche Auflagen<br />
erlebte. – E. v. Siebold (1775–1828), Prof. der Medizin, leitete u. a. die Frauenklinik in Würzburg<br />
und ab 1817 die von ihm gegründete geburtshilfl. Poliklinik in Berlin. – Hirsch-H. V, 261.<br />
– Siehe Einbandabbildung 2. Umschlagseite.<br />
94 Silvestre, Louis Catherine, La grant danse macabre des ho(m)mes et des fe(m)<br />
mes. Nouvellement imprimé. Mit 87 (2 ganzseit.) Holzschnitten. 69 Bll. Kl.–4°. Brauner<br />
Maroquinband der Zeit mit goldgepr. Rückentitel, Stehkantenvergoldung und dreiseitigem<br />
Goldschnitt. Paris, Portier, 1858. € 1.200.–<br />
Seltene Bearbeitung des Totentanzes von Guy Marchant, erstmals 1485 in Paris gedruckt. „Man<br />
nimmt an, daß die damals an der Mauer des Pariser Friedhofs ‚des innocents‘ befindlichen Frescomalereien<br />
als Vorbild gedient haben“ (Taepper). – Der vorliegende Druck „enthält sämtl. Holzschnitte<br />
des Männer- und Frauentotentanzes, jedoch nicht facsimiliert, sondern in Nachschnitten<br />
in Holz, und zwar nicht im geschlossenen Reigen, sondern in Einzelpaaren. Die Säulengangumrahmung<br />
ist fortgelassen“ (Massmann, Literatur der Totentänze, Nachtrag von R. Taepper,<br />
S. 205, 31). – „Cette jolie edition a été faite aux frais et par les soins de M. Silvestre, qui y a joint une<br />
notice en 4 pp. sur les premières éditions de la Danse de morts: celle-ci reproduit le texte et donne<br />
les planches réduites de l’edit. de 1486 pour le danse des hommes, et de celle de 1491 pour la danse<br />
de femmes“ (Brunet II, 495). – Schönes Exemplar. – Siehe Abbildung Seite 55.
55<br />
Nr. 94 Nr. 96<br />
95 Sporschil, Johann, Die Freiheitskriege der Deutschen in den Jahren 1813, 1814,<br />
1815. 6. veränderte Auflage. 9 Bände. Mit 12 Stahlstich-Porträts und 22 teilkolor.<br />
Schlachtplänen auf 19 lithogr. Tafeln. Halblederbände der Zeit mit Rückenvergoldung<br />
und goldgepr. Rückentitel. Braunschweig, G. Westermann, 1845–1846. € 120.–<br />
Populärwissenschaftliche Darstellung, verfasst von dem österreichischen Schriftsteller Johann<br />
Sporschil (1800–1863). – Mit Porträts von Napoleon, Schwarzenberg, Kutusow, Scharnhorst,<br />
Kleist, Wellington, Bülow, York u. a. – Meist etw. stockfl., 2 Gelenke schadhaft, etw. beschabt.<br />
96 Stengel, Georg, De monstris et monstrosis, quam mirabilis, bonus, et iustus, in<br />
mundo administrando, sit Deus monstrantibus. Mit gestoch. Titelvignette. 636 Seiten,<br />
26 Bll. Pergamentband der Zeit. Ingolstadt, G. Haenlin für J. Wagner, 1647. € 850.–<br />
„1847 produziert Gregor Haenlin gemeinsam mit dem Ingolstädter Johann Wagner ‚De monstris et<br />
monstrosis‘ des Apologeten Georg Stengel SJ; Haenlin druckte das verschiedene Monstra, wie<br />
Kentauer, Pygmäen oder das Einhorn beschreibende und deren Entstehung versuchsweise er klärende<br />
Werk, das sein Ingolstädter Kollege verlegt“ (Boge, Die Drucke der Offizin Haenlin in<br />
Dillin gen und Ingolstadt, S. 21). – Die Titelvignette von W. Kilian zeigt ein Monster in Menschengestalt<br />
vor einer fein gestochenen Landschaftsszenerie. – Georg Stengel (1585–1651) lehrte zeitweise<br />
in Ingolstadt Theologie, wo er auch Rektor war. – Erste Bll. mit leichtem Wasserrand, Deckel<br />
etw. aufgebogen, ohne Bindebänder. – De Backer/Sommervogel VII, 1556, 73. – Selten! – Siehe<br />
Abbildung oben.<br />
97 T.(ardy) D.(e) M.(ontravel, A. A.), Essai sur la théorie du somnambulisme magnétique.<br />
108 Seiten. Mod. Pergamentband. London (= Straßburg ?), ohne Drucker, 1785.<br />
€ 850.–
56<br />
Erste Ausgabe; sehr selten. – “The first treatise to attempt to present a comprehensive theory of<br />
magnetic somnambulism… This work is one of the most important and influential early writings<br />
on magnetic somnambulism, being cited in nearly all treatises on the subject written before 1800”<br />
(Crabtree 152, sehr ausführlich). – Tardy de Montraval war ein berühmter Mesmerist, der sich u. a.<br />
in vorliegender Schrift gegen die Ansicht wendet, “daß die Seele im Mesmerischen Schlaf, von den<br />
fleischlichen Fesseln befreit, in der Welt der Geister umherschwebt” (Tischner/Bittel, Mesmer und<br />
sein Problem, S. 271). – Titel und letztes Bl. im Innensteg verstärkt, Titel mit gelöschtem Stemp.,<br />
sonst sauber.<br />
Der erste Geologe an der polytechnischen Schule Karlsruhe<br />
98 Walchner, Friedrich August, Handbuch der gesammten Mineralogie in technischer<br />
Beziehung zum Gebrauche bei seinen Vorlesungen und zum Selbststudium mit<br />
besonderer Berücksichtigung der mineralogischen Verhältnisse des Grossherzogthums<br />
Baden. 2 Bände. Mit 15 (4 kolor.) lithogr. Tafeln. 1 Bl., XVI, 631 Seiten; 1 Bl., XIV,<br />
1104 Seiten, 1 Bl. Halblederbände der Zeit mit Rückentitel und Rückenvergoldung.<br />
Karlsruhe, Ch. Th. Groos, 1829–32. € 750.–<br />
Erste Ausgabe; Walchners Hauptwerk. – „F. A. Walchner, geb. 1799 in Meersburg am Bodensee,<br />
war von 1823–1825 Prof. extr. an der Univ. Freiburg/Br., von 1825–1855 an der Polytechnischen<br />
Schule Karlsruhe, und zwar von 1851 an ausschließlich für Mineralogie und Geognosie. Neben<br />
einem Lehrbuch für Chemie verfasste er ein Handbuch der Mineralogie und Geognosie und<br />
be schrieb vor allem Mineralien aus dem Kaiserstuhl und aus Hochofenschlacken“ (TH Fridericiana<br />
Karlsruhe, Festschrift 1950, S. 157). – Die Bedeutung dieses Werkes (Bd. I: Oryktognosie, Bd. II:<br />
Geognosie) wird u. a. dadurch unterstrichen, dass es 1840, mit einigen Änderungen, die erste<br />
Abteilung von Okens Naturgeschichte bildete. – Alter Stempel der ‚Großherz. Bad. Muenzverwaltung‘<br />
a. d. Titeln, teils etw. stockfl.; 1 Gelenk ausgebessert; gutes Exemplar. – Vgl. Poggendorff<br />
II, 1244, und Ferchl 564 (dat. beide 1831–32). Roller-Goodman II, 551. – Siehe Einbandabbildung<br />
2. Umschlagseite.<br />
Einer der „Evangelisten des Mesmerismus“ (A. Hirsch)<br />
99 Wienholt, Arnold, Beytrag zu den Erfahrungen über den thierischen Magnetismus.<br />
2 Teile in 1 Band. 80; 120 Seiten. Broschur der Zeit. Hamburg, B. G. Hoffmann, 1787.<br />
€ 950.–<br />
Erste Ausgabe; sehr selten. – Erste Veröffentlichung Wienholts über seine Erfahrungen über den<br />
tierischen Magnetismus, sowohl aus Sicht der praktischen Ausübung wie auch aus der Sicht des<br />
durch Angriffe, u. a. in der Berliner Monatsschrift, Betroffenen. Wienholt gibt dazu eine ausführliche<br />
Erklärung. Der zweite Teil mit dem „Antwortschreiben auf den in einer Broschüre, betitelt:<br />
Briefe von und an Lavater von einem Ungenannten an ihn gerichteten Brief“. – Wienholt war Arzt<br />
und Stadtphysikus in Bremen. Durch Lavater, der 1786 in Bremen war, wurde er zu Versuchen mit<br />
dem sogen. „tierischen Magnetismus“ veranlasst und später, wie ihn A. Hirsch in seinem Artikel<br />
über Mesmer (ADB XXI, 490) bezeichnet, einer der „Evangelisten des Mesmerismus“. Etw. stockfl.,<br />
papierbedingt etw. gebräunt. – Crabtree 176 (nur Teil I, ohne Kommentar). Vgl. Schroeder,<br />
Gesch. d. Lebensmagnetismus, S. 341 ff., und Schürer-Waldheim, Mesmer, S. 142,160. – Wertvolles<br />
Dokument aus der Frühzeit des Mesmerismus! – Siehe Abbildung Seite 57.<br />
100 Wilmanns, Karl, Zur Psychopathologie des Landstreichers. Eine klinische Studie.<br />
Mit 16 farb. Tafeln. XI, 418 Seiten. Leinen der Zeit mit Gold- und Blindprägung.<br />
Leipzig, J. A. Barth, 1906. € 650.–<br />
Einzige Ausgabe; selten. – „Vorzügliche, geradezu modellhafte epidemiologische Studie“ (Garcia in<br />
Nervenarzt 57, 1986) des Autors, der mit dieser Monographie habilitierte und seit 1906 Professor<br />
für Psychiatrie in Heidelberg war. Wilmanns (1873–1945) kam 1902 nach Heidelberg und wurde<br />
Assistent von Kraepelin. 1918 wurde er als Nachfolger Nissls Direktor der Heidelberger Klinik, die<br />
er bis zu seiner Amtsenthebung durch die Nationalsozialisten 1933 leitete. In einer Vorlesung soll<br />
er festgestellt haben: „Hitler hat im Anschluß an seine im Feld erlittene Verschüttung eine hysterische<br />
Reaktion gehabt“. Über Göring äußerte er, dieser sei ein „chronischer Morphinist“. – In der
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Heidelberger Klinik gab er die Anregung sowohl für Jaspers‘ „Allgemeine Psychopathologie“ als<br />
auch für Prinzhorns „Bildnerei der Geisteskranken“. – W. verbrachte im Laufe dieser Untersuchung<br />
selbst mehrere Monate incognito unter Landstreichern, und mit seinen Ergebnissen stand er in starkem<br />
Gegensatz zu den damaligen Anschauungen vom „erblichen Landstreichertum“. – Vorsätze<br />
mit priv. Besitzerstempel. Ferner Exlibris von Renato de Rosa (Schüler und späterer Freund von<br />
Jaspers, Herausgeber des Briefwechsels von K. H. Bauer und Jaspers); von seiner Hand Namenszug<br />
und 2 hs. Zitate von Jaspers und Wilmanns. – Einband leicht fleckig und berieben.<br />
Nr. 7 Nr. 99<br />
Medizin für den „gemeinen Mann“<br />
101 Wirsung, Christoph, Ein Neues Artzney Buch, Darinnen fast alle Glieder menschliches<br />
Leibs, sampt ihren Krankheiten und Gebrechen… und wie man dieselben curiren<br />
soll. Verbessert durch P. Uffenbach. 112 nn., 236 num. Bll., 134 Seiten, 1 weißes Bl.<br />
Folio. Holzdeckelband der Zeit mit blindgepr. Schweinslederbezug. Frank furt am Main,<br />
Endter, 1661. € 2.000.–<br />
Späte Ausgabe eines der führenden Arzneibücher ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts (erstmals<br />
1568 erschienen), hier in der erstmals 1605 erschienenen Bearbeitung des Frankfurter Arztes<br />
Peter Uffenbach. – „Zum noch kleinen Kreis von Autoren, die im 16. Jahrhundert jene schulmedizinischen<br />
Bedenken, deutschsprachige Arzneibücher prostituierten die Arzneikunst und reichten<br />
Kindern das Messer, hintanstellten, gehört Christoph Wirsung (geb. 1500 in Augsburg, gest. 1571<br />
in Heidelberg). Wirsungs Vorrede an Kurfürst Friedrich III. kann man entnehmen, dass das ‚ Artzney<br />
Buch‘ auf einer lateinischen Textsammlung beruht, die von Wirsung im Laufe von ‚XLVI<br />
Jahren, darunter zum wenigsten XXV. in Apothecken, bey grossen Reichßtägen, da frembde und<br />
hochgelehrte Artzete aller Nationen zusamen kommend‘ angelegt worden ist… Wache Rücksichtnahme<br />
auf die Adressaten: der ‚gemaine Mann‘ bzw. ‚alle Haußvatter, sonderlich so auff dem<br />
Land sitzen, weder Artzet noch Apotecken bey sich habend‘ – , verrät überdeutlich Wirsungs
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Bemühen, nicht nur über eine kostspielige ‚Reichenarznei‘ zu informieren, sondern auch über ‚geringe‘<br />
Arzneien für den ‚armen gemainen Mann‘. Vornehmlich bekannt gemacht wird eine akademische<br />
Medicina practica, wie sie während Wirsungs apothekarischer Tätigkeit von Augsburger<br />
Ärzten gepflegt worden ist“ (J. Telle, in: Ausst.-Kat. Bibliotheca Palatina, E 5.6).<br />
„Von 1565–1568 arbeitete Wirsung an seinem wohl bedeutendsten Werk ‚Ein new Artzney‘. Dieses<br />
umfangreiche Werk hatte Wirsung vor seinem Erscheinen im Jahre 1568 zunächst dem Pfälzer<br />
Hofarzt Tabernaemontanus zur Korrektur und Durchsicht überlassen. In diesem Werk führte W.<br />
unter anderem eine enorme Zahl von Rezepten aus dem Pflanzen-, Tier- und Mineralreich auf, die<br />
sich nicht auf antike Vorbilder gründeten, sondern von ihm und von seinen Zeitgenossen gesammelt<br />
wurden. Viele seiner Vorschriften zeigen, daß W. praktische pharmaz. Erfahrung besessen hat.<br />
Die Bearbeitung des Werkes durch Tabernaemontanus war besonders vorteilhaft“ (Hein/Schwarz,<br />
Dt. Apotheker-Biogr. II, 759). – Vorsatz, Titel und Bl. 2 in der oberen rechten Ecke und unteren<br />
Rand mit Wurmsp., Titel mit einigen Löchern durch teilw. gelöschten Besitzeintrag. Mehr oder<br />
weniger gebräunt. Ohne Schließen. Insgesamt ansprechendes Exemplar. – VD17 75:672603G.<br />
102 Wirth, Joh. Ulrich, Theorie des Somnambulismus oder des thierischen Magne tismus.<br />
Ein Versuch, die Mysterien des magnetischen Lebens, den Rapport der Som nambülen<br />
mit dem Magnetiseur, ihre Ferngesichte und Ahnungen, und ihreren Verkehr mit<br />
der Geisterwelt vom Standpunkt vorurtheilsfreier Kritik aus zu erhellen und zu erklären.<br />
X, 334 Seiten. Halblederband der Zeit. Leipzig und Stuttgart, Scheible, 1836. € 360.–<br />
Einzige Ausgabe. – „Wirth was a philosopher and theologian who became interested in investigating<br />
the nature of animal magnetism. He begins his treatise with an examination of the connections<br />
between magnetic phenomena and incidents described in the Bible. he then undertakes a philosophical<br />
analysis of the experience of the somnambulist. Wirth was particularly concerned with<br />
subjective elements that might affect what the somnambulist feels or perceives. In this connection,<br />
he investigated the trustworthiness of the evidence of paranormal magnetic phenomena. He states<br />
his acceptance of the reality of mental communication between magnetizer and somnambulist,<br />
attributing it to the rapport that connects them. But he also notes that he uncovered what he considered<br />
to be deliberate fraud on the part of some somnambulists, and states that magnetizers should<br />
be more careful and critical in their experiments“ (Crabtree 379). – Exlibris, Titel mit Stemp. L.-P.<br />
Frhr. von Pölnitz; etw. stockfl., leichte Gebrauchssp.; Rückenschild teilw. abgeblättert. – Ackermann<br />
II, 448. Slg. du Prel 846.<br />
103 Wundt, Wilhelm, Hypnotismus und Suggestion. 110 Seiten. Mod. Pappband mit<br />
Rückenschild. Leipzig, W. Engelmann, 1892. € 120.–<br />
Erste Buchausgabe; revidierter Abdruck aus: Philosophische Studien, Bd. VIII, Heft 1. – Interessante<br />
Arbeit des Gründungsvaters der experimentellen Psychologie.<br />
104 Zeidler, Sebastian Christian von, Somatotomia andropologica, seu corporis humani<br />
fabrica… Mit Kupfertitel und 28 Kupfertafeln. 4 Bll., 118 Seiten, 1 Bl. Folio. Pergament<br />
der Zeit. Prag, Gerzabek, 1686. € 1.800.–<br />
Erste Ausgabe. – “A rare and interesting anatomy, not mentioned by Choulant-Frank and undescribed<br />
by other medical historians…” (Dawson Cat. 91, 7289). – Die sehr seltene Anatomie ist<br />
kurz nach dem Tode des Verfassers, der Prof. der Medizin an der Karl-Ferdinand-Universität in<br />
Prag war, von seinem Sohne herausgegeben worden. – Das schöne Titelkupfer zeigt “eine öffentliche<br />
Sektion vor der studierenden Jugend im Kloster der Barmherzigen Brüder von SS. Simon und<br />
Juda zu Prag. Der Autor sitzt neben dem Sektionstisch und demonstriert mit einem Stock, als<br />
Präparator amtet sein Sohn Bernhard Norbert von Zeidlern, wie wir aus der Legende wissen… Im<br />
Jahre 1620 hatte Kaiser Ferdinand II. seinem Leibarzt, dem Barmherzigen Bruder Gabriel, Graf<br />
von Ferrara, die Kirche SS. Simon und Juda geschenkt und die Erbauung des ersten Klosters der<br />
Barmherzigen Brüder ermöglicht. Sebastian Christian von Zeidlern war es der darin auf eigene<br />
Kosten das anatomische Theater errichtete. Die medizinische Fakultät kaufte es 1788 (recte 1688!)<br />
an, um es im Carolinum aufzustellen…”(Wolf-Heidegger/Cetto, Die anatomische Sektion in bildlicher<br />
Darstellung, No. 179). – Die Kupfertafeln sind nach Werken von Vesling und Casserio ko
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piert. – 1 Bl. der Vorstücke verbunden. Teils leicht gebräunt<br />
und fleckig, einzelne Bll. mit zeitgen. hs. Anmer<br />
kun gen. Es fehlt 1 Porträt-Kupfer. Die Seiten 82/83<br />
sind unbedruckt geblieben. – VD17 14:019429C (1 Ex.<br />
in Dresden). Krivatsy 13244 (ohne Kupfertitel). Waller<br />
10462 (ohne Porträt). – Nicht bei Paisey (Brit. Libr.).<br />
– Siehe Abbildung rechts.<br />
105 Zimara, Marco Antonio, Magische Artzney-Kunst,<br />
Darinnen enthalten ein gantz<br />
neuer überaus reicher Schatz verschiedener<br />
Ma gisch naturgemäßer Geheimnisse… Mit<br />
dreiteiligem Kupfertitel. 3 Bll., 636 (recte 640)<br />
Seiten, 8 Bll. Pergamentband der Zeit mit handschriftl.<br />
Rückentitel. Frankfurt am Main, J.<br />
Zieg ler, 1685. € 3.000.–<br />
Sehr seltene, einzige deutsche Ausgabe. – Das Werk<br />
erschien zuerst 1625 unter dem Titel „Antrum magico-medicum“,<br />
1626 erschien dazu ein 2. Teil, von dem<br />
jedoch keine deutsche Übersetzung nachweisbar ist<br />
(vgl. Ferguson). – Ausführlich beschrieben werden<br />
allerlei Mittel, die die Gebrechen des menschlichen<br />
Nr. 104<br />
Körpers heilen können (Mittel gegen ‚Frantzosen-<br />
Kranckheit‘, Geburts-Glieder-Schmertzen‘, Gelb sucht,<br />
Seitenstechen, Zahnschmerzen, etc.). Außerdem enth.<br />
die umfassende Schrift eine Anleitung, chemische<br />
Arzneimittel aus Mineralien und Gewächsen zu gewinnen,<br />
einen Tractat ‚von vielen schönen Schmincken,<br />
Anstrichen und dergleichen‘, ferner ‚Eine Anweisung,<br />
die Metallen und Mineralien zu bereiten. Samt einer<br />
besonderen Handkunst, ein Perpetuum Mobile oder<br />
sich immer bewegendes Ding… zu machen‘. – Zimara<br />
„hinterließ einige Schriften, deren Inhalt ein seltsames<br />
Gemisch aristotelischer und arabischer Lehrer darstellt“<br />
(Hirsch-H. V, 1041). – Der Kupfertitel mit angerändertem<br />
Außensteg, Titel wie bei Caillet im Fußsteg<br />
beschn. und mit angeschnittener Jahreszahl. Titel<br />
oben rechts mit Eckausschnitt. – VD17 23:639145P.<br />
Fer guson II, 567. Derselbe, Books of secrets VI, 8 ff.<br />
Caillet 11591. – Nicht bei Krivatsy und Paisey (Brit.<br />
Libr.).<br />
Angebunden: Gockel, Eberhard, Tractatus Polyhistoricus<br />
Magico-Medicus Curiosus, Oder Ein kurtzer,<br />
mit vielen verwunderlichen Historien untermengter<br />
Bericht von dem Beschreyen und Verzaubern,<br />
Auch denen darauß entspringenden Kranckheiten und<br />
zauberischen Schäden. 4 Bll., 182 Seiten. Frankfurt<br />
am Main, Leipzig und Augsburg, L. Kroniger und G.<br />
Göbels Erben, 1699. – Erste, sehr seltene Ausgabe. –<br />
Enthält außer zahlr. Hexen- und Zaubergeschichten,<br />
‚Zauberische Liebes-Trüncke‘, eine Anzahl Rezepte<br />
gegen ‚zauberische Schäden‘, etc. – Gockel war praktischer<br />
Arzt zu Geislingen und Giengen, Arzt des<br />
Nr. 105<br />
Herzogs von Württemberg und Mitglied der kaiserl.<br />
Leo poldinischen Akademie der Natur forscher. –<br />
VD17 3:313503E. Graesse, Bibl. mag., S. 42. – Nicht bei Krivatsy, Paisey (Brit. Libr.), Wellcome,<br />
Waller, etc. – Schöne Gesamterhaltung dieser seltenen Schriften. – Siehe Abbildung oben.
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Nr. 13 Dissertationes<br />
Nr. 33 Homer – Nr. 101 Wirsung<br />
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