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PDF 24.208kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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Renaissance mehr als nur eine Modeerscheinung, es war ein existenzielles<br />

Lebensgefühl. Die Einstellung zur Natur verbindet sich mit Sammlerleidenschaft und<br />

wissenschaftlichen Interessen, die sich in der Vorliebe für seltene Pflanzen, Tiere,<br />

Materialien und alchemistischen Versuchen zur Gewinnung von Gold äußert. Das<br />

Material für die Grotten wird häufig von weither besorgt; Grottenbauten sind nicht<br />

selten mineralogische Raritätenkabinette. Grotten werden zu Symbolen für die Weite<br />

und Mannigfaltigkeit des Weltalls und bilden ein Ineinandergreifen von religiösen<br />

und profanen Lebenssphären.<br />

Grotten, Nymphäen, Wasserscherze, Labyrinthe, Ruinen, alle Gartenstaffagen, wie<br />

sie vorwiegend im 17. und insbesondere im 18. Jahrhundert zur Ausstattung<br />

höfischer Anlagen auch in Mitteleuropa übernommen wurden, finden sich also schon<br />

zwei Jahrhunderte früher in zahlreichen italienischen Gärten. „Grotten sind fremdes,<br />

italienisches Kulturgut, deren Übernahme in den deutschen Gärten im 16.<br />

Jahrhundert von der Ausbildung des ‚style rustique‟ begünstigt ist.“ 851 Der Rückzug<br />

in Grotten unter Einbeziehung des Wassers in verschiedenen Formen bot auch<br />

häufig, wieder in Anlehnung an die Antike, die Möglichkeit zur Schaffung von<br />

Badeanlagen. Wesentliche Kennzeichen der Grotten sind Inkrustation mit<br />

Glasschlacken, Glimmer, Perlmutt, Muscheln und Tuffsteinen. Die Inkrustation wird<br />

als eine schimmernde Dekoration behandelt. Wasserspiele kommen als belebendes<br />

Element hinzu. Die Lichtquellen sind gewöhnlich beschränkt, um den Eindruck einer<br />

natürlichen Höhle zu erwecken. Die abgeschiedene Lage, die Nähe zum Wasser,<br />

Baumschatten und unbehauenes Steinmaterial betonen den Höhlencharakter. Grotten<br />

schließen von der Außenwelt ab und haben dadurch natürlichen<br />

Eremitagencharakter, wie er bereits in den religiösen Ursprüngen zu finden ist.<br />

„Grotten in der Zweckbestimmung von Eremitagen waren bei der Wiederaufnahme<br />

des Motivs Refugien für religiöse Übungen in einsiedlerischer Abgeschiedenheit<br />

gewesen, doch allmählich vermischte sich diese Zuordnung mit höfisch-weltlichen<br />

Tendenzen. (…) Grotten waren ‚verzauberte, geheimnisvolle Höhlen, in denen man<br />

aus dem hellen Garten oder aus der Pracht der Schloßräume trat, um den Schauer der<br />

851<br />

Markowitz, 1955, S. 89.<br />

Nach Ernst Kris: ‚Der Stil „rustique“‟, Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen in<br />

Wien, Bd. 1, 1926, S. 207 bildet der „Style Rustique“ in Frankreich ein klar umschriebenes<br />

Programm der damaligen künstlerischen Mode.<br />

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