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PDF 24.208kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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entsprechenden Wirtschaftsgebäuden für eine eigenständige Hofhaltung ausgestattet<br />

wurde. Diese romantische mittelalterliche Scheinwelt wurde durch Wachpersonal in<br />

„historischen“ Kostümen und einen Turnierplatz für Reiterspiele im Außenbereich<br />

ergänzt. 975<br />

Die einzigartige Stellung dieser mittelalterlichen Burganlage beruht nicht nur auf<br />

ihrer zeitlichen Vorreiterrolle 976 , sondern in der Tatsache, dass eine komplette, wenn<br />

auch in Teilen ruinöse Burganlage neben der vorhandenen Sommerresidenz als<br />

zusätzlicher eigenständiger Wohnbereich innerhalb eines Landschaftsparkes<br />

geschaffen wurde. Dabei ist entscheidend, dass sie nicht als übliche Staffage, sondern<br />

mit der ausdrücklichen Absicht der Nutzung als Rückzugsort und Wohnsitz erbaut<br />

wurde. „Der Landgraf zog sich aus dem realen höfischen Leben zurück in eine<br />

idealisierte mittelalterliche Welt.“ 977 Hier wird eine ganze ruinöse Burganlage zu<br />

einer Eremitage innerhalb einer Sommerresidenz. „Daß der Landgraf – seit 1803<br />

Kurfürst Wilhelm I. - in der Löwenburg mehr als nur eine spielerische Eremitage<br />

sah, zeigt sich insbesondere darin, daß er sie zu seiner Grabstätte bestimmte. 1821<br />

wurde der Kurfürst nach einem feierlichen Trauerzug durch den Park dort<br />

beigesetzt.“ 978 Die ruinöse Löwenburg war Wohnschloss, Eremitage und Grabstätte<br />

zugleich. Dieser historisierende Rückgriff auf eine mittelalterliche Burganlage hat<br />

sicherlich eine Ursache in der Ruinenromantik der englischen Landschaftsgärten, die<br />

dem Landgraf durch seine Mutter Maria, der englischen Königstochter, durchaus<br />

vertraut war, und die er ja in Wilhelmsbad mit der „Einsamkeit“ in seinem Turm so<br />

schwärmerisch dokumentiert hat. Sein Architekt Jussow hatte sich zudem auf<br />

Anweisung von Wilhelm in englischen Landschaftsgärten umfassend informiert. Ein<br />

ganz persönliches historisches Interesse – Wilhelm war Gründungsmitglied der<br />

Kasseler „Gesellschaft für Altertümer“ – mag ein weiterer Beweggrund sein.<br />

Gröschel sieht außerdem in einer politisch-restaurativen Einstellung gegen das<br />

aufstrebende Bürgertum einen weiteren Grund für diese rückwärts gewandte Haltung<br />

und isolationistische „eremitische“ Verhaltensweise.<br />

975<br />

976<br />

977<br />

978<br />

Ich übernehme im Wesentlichen die Beschreibung nach Claudia Gröschel, 2002, S. 109-112.<br />

Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden eine ganze Reihe Ruinen wieder aufgebaut oder<br />

neue Burgen errichtet. Zu den bekanntesten gehören der Hohenzollern, der Lichtenstein,<br />

Stolzenfels, Hochkönigsburg, Neuschwanstein, um nur einige zu nennen.<br />

Gröschel, in: Modrow / Gröschel, 2002, S. 111.<br />

Buttlar, 1989, S. 196.<br />

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