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Das österreichische Selbstgefühl - Welcker-online.de

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Porto bezahlt die Zita. Er entschließt sich aber auch noch, auf einem Beiblatt,<br />

zu <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Herausfor<strong>de</strong>rung:<br />

Wann wirst du endlich dieses Land verlassen?<br />

Du Gesinnungsstrolch!<br />

Was da am Einband zwei Gabeln drinnen stecken hat, ist mir weit<br />

sympathischer wenn es auch von <strong>de</strong>r Sprache noch weniger als du<br />

weiß!<br />

Mache dich gefaßt, daß du in <strong>de</strong>inem nächsten Gemauschel von<br />

mir ein paar Zwischenrufe abkriegst.<br />

Oha<br />

<strong>Das</strong> muß nicht von <strong>de</strong>m außeror<strong>de</strong>ntlichen Satiriker sein, <strong>de</strong>r seinerzeit<br />

in <strong>de</strong>n 'Wiener Stimmen' gespru<strong>de</strong>lt hat, son<strong>de</strong>rn es han<strong>de</strong>lt sich wohl um ein<br />

allen arschen Köpfen gemeinsames und gera<strong>de</strong>zu obligates Pseudonym. Auch<br />

an <strong>de</strong>r 'Muskete' hat seinerzeit ein Geißler <strong>de</strong>r Sitten mitgewirkt, welcher<br />

sich hinter diesem Capriccio von einem Namensscherz verbarg, <strong>de</strong>r, wie avanciertere<br />

Leser unschwer merken wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n glücklichen Zufall, daß <strong>de</strong>r Satiriker<br />

O. H. heißt, mit <strong>de</strong>r in Wien üblichen Entschuldigung <strong>de</strong>s An- o<strong>de</strong>r Aufstoßens<br />

zu einem kecken Einfall verknüpft. Es ist aber sicher, daß in<br />

Unkenntnis dieses Umstan<strong>de</strong>s seither alle satirisch bestrebten Katholiken das<br />

Pseudonym bevorzugen, ja es scheint gera<strong>de</strong>zu eine satirische Zwangshandlung<br />

vorzuliegen, und erstaunlich genug bleibt, daß daneben <strong>de</strong>r nom <strong>de</strong><br />

guerre "Bumstinazi" so wenig Zuspruch fin<strong>de</strong>t. Alles in allem sind diese launigen<br />

Seitensprünge Folgeerscheinungen <strong>de</strong>r stabilisierten Krone und <strong>de</strong>s mit<br />

ihr erstarkten <strong>österreichische</strong>n <strong>Selbstgefühl</strong>s, sie erklären sich unschwer aus<br />

<strong>de</strong>r Atmosphäre eines von <strong>de</strong>n Amtsstun<strong>de</strong>n her an allerlei Schabernack mit<br />

<strong>de</strong>n Parteien gewöhnten Typus und aus <strong>de</strong>r kulturellen Ausstrahlung einer Ministerbank,<br />

von <strong>de</strong>ren meisten Insassen ich überzeugt bin, daß sie einen unerwartet<br />

eintreten<strong>de</strong>n Regen als satirisches Motiv empfin<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>mgemäß<br />

mit <strong>de</strong>n Worten "Ah, sie regnet!" begrüßen wer<strong>de</strong>n. Wie <strong>de</strong>m immer sei und<br />

wenn auch die <strong>österreichische</strong>n Minister vielleicht doch nicht so geistreich<br />

sein mögen wie sie aussehen, so ist es gleichwohl eine neckische Gegenwart,<br />

in <strong>de</strong>r wir leben, und <strong>de</strong>r Mann, <strong>de</strong>r mir schreibt und <strong>de</strong>n ich ganz gewiß noch<br />

besser kenne als er mich, wiewohl er eine Maske trägt, scheint ein Vaterland<br />

zu haben und auch Ursache, es zu lieben. Der Ochs dagegen, <strong>de</strong>r "am Einband"<br />

zwei Gabeln drinnen stecken hat, versteht zwar von <strong>de</strong>r Sprache noch<br />

weniger als ich, aber er wür<strong>de</strong> es an<strong>de</strong>rseits auch verschmähen, von ihr in anonymen<br />

Briefen <strong>de</strong>n Gebrauch zu machen, zu <strong>de</strong>m er eben noch befähigt ist,<br />

<strong>de</strong>nn seine Einfalt be<strong>de</strong>utet im Gegensatz zu <strong>de</strong>r menschlichen einen moralischen<br />

Vorzug. Also kündigt <strong>de</strong>r immerhin verborgene Bekenner einer guten<br />

Gesinnung mir, <strong>de</strong>m Gesinnungsstrolch, an, daß er, wenn ich als Sprecher<br />

hervortrete, mir mit Zwischenrufen aufwarten wird, und scheint nicht bedacht<br />

zu haben, daß die Ausführung Mut erfor<strong>de</strong>rn wür<strong>de</strong>, da sie nebst <strong>de</strong>n in meinem<br />

Raum unvermeidlichen Folgen doch wohl zur Agnoszierung eines <strong>de</strong>r<br />

Banditen beitragen könnte, gegen <strong>de</strong>ren Drohungen die Staatsanwaltschaft in<br />

meinem Fall so geringes Animo bekun<strong>de</strong>t.<br />

Selbst wenn darum das Versprechen so wenig zur Erfüllung gelangen<br />

sollte wie die Erwartungen <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>nskuplets und auch <strong>de</strong>r Wunsch unerhört<br />

bliebe, <strong>de</strong>r sich in <strong>de</strong>r Erkenntnis ausdrückt, daß ich aus eben diesem<br />

Grun<strong>de</strong> "weggemacht gehöre", so wird Herr Bartsch doch nicht leugnen können,<br />

daß wenigstens seine Hoffnung auf ein Erstarken <strong>de</strong>s <strong>österreichische</strong>n<br />

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