EINBLICK Sonderheft „Was heißt schon normal?“ - AGAPLESION ...
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Hintergrund<br />
Was <strong>heißt</strong> <strong>schon</strong> <strong>normal</strong>?<br />
Psychische Erkrankungen sind immer häufiger<br />
Aus einer Studie der Technischen<br />
Universität Dresden aus dem Jahr<br />
2005 geht hervor, dass wir in unserem<br />
Verständnis für psychische<br />
Störungen umlernen müssen. Der<br />
Leiter der Studie, Prof. Hans-Ulrich<br />
Wittchen, hob in seinem Kommentar<br />
hervor, dass psychische Erkrankungen<br />
nicht selten sind, sondern<br />
dass jeder Mensch zu jedem Zeitpunkt<br />
im Laufe seines Lebens davon<br />
betroffen sein kann.<br />
„Psychische Störungen sind Erkrankungen<br />
unseres Gehirns und Nervensystems<br />
– dem komplexesten<br />
Organ des Menschen! Warum sollte<br />
ausgerechnet dieser Teil unseres<br />
Körpers weniger häufig erkranken<br />
als andere Organe unseres Körpers?<strong>“</strong><br />
Eine EU-Studie ermittelte, dass pro<br />
Jahr 27 Prozent (83 Millionen) der<br />
EU-Bürger eine Depression, bipolare<br />
Schizophrenie, Alkohol- oder<br />
Drogenabhängigkeit, Sozialphobie,<br />
Panikstörung, generalisierte Angst,<br />
Zwangsstörungen, somatoforme<br />
Störungen oder Demenz erleiden<br />
und daran dauerhaft erkranken.<br />
Aber nur etwa ein Viertel der Betroffenen<br />
wird auch angemessen<br />
behandelt.<br />
Ausmaß und Folgen sind höchst<br />
variabel: Einige erkranken nur<br />
episodisch kurzzeitig über Wochen<br />
und Monate, andere längerfristiger.<br />
Zirka 40 Prozent sind chronisch<br />
über Jahre oder gar von der Jugend<br />
bis an ihr Lebensende betroffen.<br />
Mit geringen Unterschieden zwischen<br />
den EU-Ländern erhalten nur<br />
26 Prozent aller Betroffenen mit<br />
psychischen Störungen überhaupt<br />
irgendeine und noch weniger eine<br />
adäquate Behandlung. Oft vergehen<br />
viele Jahre, manchmal Jahrzehnte,<br />
bevor eine erste Behandlung<br />
eingeleitet wird. Ausnahmen<br />
sind Psychosen, schwere Depressionen<br />
und komplexe komorbide<br />
(Mehrfacherkrankungen) Muster.<br />
Unbehandelt verlaufen viele psychische<br />
Störungen häufig chronisch<br />
mit zunehmenden Komplikationen.<br />
Die besorgniserregend niedrige<br />
Behandlungsrate von psychischen<br />
Störungen, die in keinem anderen<br />
Bereich der Medizin in diesem Ausmaß<br />
bisher beobachtet wurde, ist<br />
nicht allein mit der psychischen<br />
Störungen immer noch anhaftenden<br />
Stigmatisierung zu erklären.<br />
Ein Schlüsselkriterium der Diagnostik<br />
aller psychischen Störungen ist,<br />
dass sie mit Leiden des Betroffenen<br />
und gravierenden Belastungen und<br />
negativen Folgen im beruflichen,<br />
familiären und sozialen Rahmen<br />
einhergehen. Angesichts der Häufigkeit<br />
und Schwere psychischer<br />
Störungen erscheint es nicht überraschend,<br />
dass die Studie aufzeigt,<br />
dass von allen Arbeitsunfähigkeitstagen<br />
pro Jahr die Mehrzahl auf<br />
psychische Störungen und nicht<br />
etwa auf somatische Erkrankungen<br />
zurückgeführt werden kann.<br />
<strong>Sonderheft</strong> <strong>EINBLICK</strong> | 3