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Europa - Fluter

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fluter Nr. 47 – Thema <strong>Europa</strong><br />

3<br />

Editorial<br />

<strong>Europa</strong> ist mehr als nur ein Kontinent. Es ist ein schillernder Begriff,<br />

für Millionen Menschen alltägliche Erfahrung und ein permanentes<br />

historisches Großvorhaben.<br />

Der Vorgang der sogenannten europäischen Einigung, wie er<br />

mit der Europäischen Union, dem Euro und anderen institutionellen<br />

und informellen Netzwerken betrieben wird, ist ein fragiles<br />

Wunder. Jedenfalls vor dem Hintergrund der jahrhundertelangen<br />

Geschichte kriegerischer Zerstrittenheit dieses Fleckens<br />

Erde. Deshalb ist <strong>Europa</strong> auch für einen Blick von außen gut. Es<br />

zeigt sich dabei, was wir an dem Ganzen eigentlich jetzt schon<br />

haben können.<br />

Die inneren Widersprüche lassen allerdings kaum Zeit für<br />

einen geruhsamen Fortschritt. In den gegenwärtigen Krisenzeiten<br />

stellen sich die grundlegenden Fragen immer wieder neu. Wie<br />

kann das Verhältnis von nationalen Kulturen und Staatlichkeiten<br />

zu europaweiten Regelungen bestimmt werden? Wie kann jenseits<br />

von Nationalstaaten demokratische Kontrolle funktionieren? Wie<br />

wird mit Minderheiten umgegangen? Hört beim Geld <strong>Europa</strong><br />

auf? Und wer kann diese Fragen wo stellen, wer sie beantworten,<br />

wer soll entscheiden? Selbst wenn in Brüssel in den politischen<br />

Apparaten exzellente junge Leute ihre Arbeit tun, <strong>Europa</strong> kann<br />

nicht allein den jetzigen Eliten überlassen bleiben. Blicke auf den<br />

Alltag und Fragen an unseren Alltag sind deshalb schon der Anfang<br />

von Politik.<br />

Oft wird <strong>Europa</strong> als Idee und Konstruktion bezeichnet, es ist aber<br />

auch ein ganz konkreter Ort: Hier leben Menschen, hier werden<br />

politische, gesellschaftliche, persönliche Geschichten erlebt. Zum<br />

Beispiel reisen Tausende Menschen aus den osteuropäischen Ländern<br />

in den Westen, um dort arbeiten zu können – während ihre<br />

Familien weit entfernt auf Heimatbesuche samt Einkommen warten.<br />

An den südlichen Grenzen <strong>Europa</strong>s kommen täglich Menschen<br />

an, die lebensgefährliche Fahrten von Afrika über das Mittelmeer<br />

in Kauf nehmen, um nach <strong>Europa</strong> zu gelangen. Für sie ist<br />

die Spannung der Europäischen Union zwischen Offenheit nach<br />

innen und Abschottung nach außen oft eine Frage des Überlebens.<br />

An anderen Orten <strong>Europa</strong>s kämpfen viele junge, gut ausgebildete<br />

Leute mit Arbeits- und Perspektivlosigkeit und fragen sich, was<br />

der europäische Gedanke ihnen eigentlich nützt. Die prekären<br />

Wirklichkeiten <strong>Europa</strong>s sind widersprüchlich, sie zeigen die Zerrissenheit<br />

des Ganzen an.<br />

Ob dieses entstehende Wunder <strong>Europa</strong> Bestand haben wird<br />

und auch für künftige Generationen gut gelebter Alltag sein kann,<br />

ist nicht sicher. <strong>Europa</strong> ist eine offene Frage, an die jetzigen und<br />

für kommende Generationen. Letztlich geht es darum, zu klären,<br />

in welcher Gesellschaft wir leben wollen. Wer das Wir sein kann.<br />

Und was uns <strong>Europa</strong> dabei wert ist. Thorsten Schilling<br />

Subventionen gibt es<br />

nicht nur bei der EU:<br />

fluter-Abo<br />

gratis!<br />

unter www.fluter.de<br />

Foto: Anne Schönharting/Ostkreuz<br />

Die Mauer ist leider nicht überall gefallen: Immer noch gibt es in <strong>Europa</strong> Grenzen, die mitten<br />

durch Städte gehen. Auf Zypern zwischen dem türkischen und griechischen Teil der Insel, aber auch<br />

im nordirischen Belfast (Foto), wo sich Katholiken und Protestanten bekriegen

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