newsletter 2013 - förderverein palliative care, krems
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Rückblick<br />
Einblick<br />
Ausblick
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Weil es nötig ist – ein Appell:<br />
2<br />
Plötzlich Obfrau des Palliativ<strong>care</strong> Förderverein.<br />
Es ist eine außergewöhnliche Situation, wenn man<br />
gebeten wird, sich der Hospizbewegung als Obfrau<br />
anzuschließen.<br />
Liebenswürdig und freundlich bin ich in der ersten<br />
Vorstandsitzung von allen Mitgliedern aufgenommen<br />
worden. Nachdem mir die vielen Tagesordnungspunkte<br />
gezeigt haben, wie viel in diesem Verein geleistet wird,<br />
war ich sehr berührt. Ja, eine Zeitungsausgabe ist zu<br />
gestalten und ich soll ein Vorwort schreiben. Nach dem<br />
ersten Freiheitsgefühl kommt schnell der beängstigende<br />
Gedanke: was soll ich schreiben, wenn scheinbar alles<br />
möglich ist? Diese einmalige Gelegenheit muss doch<br />
genützt werden, um in die Welt laut hinauszuschreien,<br />
was einem am Herzen liegt! Auch wenn die Antwort<br />
auf die Folgefrage – nämlich: Ist denn der ganzen<br />
Welt wichtig, was mir am Herzen liegt? – eindeutig<br />
„Nein“ lautet.<br />
Und dennoch geht es heute um mein Thema,<br />
„ambitioniertes Engagement mit Herz“ – das Ehrenamt.<br />
Die begleitenden Ehrenamtlichen verbessern die<br />
Lebens qualität und achten auf die Würde und die<br />
Rechte der Betroffenen und ihrer Angehörigen.<br />
Durch ihre Präsenz mahnen sie den interprofessionellen<br />
Dialog ein. Sie sind ein wichtiger Bestandteil des<br />
Teams und eine kostbare Ressource in der Institution<br />
und Organisation.<br />
Das Wichtigste ist die menschliche Zuwendung.<br />
Ehrenamt ist so etwas wie eine „Lichttherapie der<br />
Gesellschaft“ und ein unschätzbarer Wert.<br />
Der Einsatz der Ehrenamtlichen ist auch deshalb<br />
unschätzbar, weil Zeit zum knappsten und damit<br />
wertvollsten Gut geworden ist, über das Menschen<br />
verfügen. Wir müssen unsere Stimmen für<br />
Schwerkranke und sterbende Menschen und ihre<br />
Angehörigen – noch deutlicher - erheben, damit<br />
Hospiz- und Palliativversorgung für alle, die es<br />
brauchen, erreichbar, zugänglich und leistbar wird.<br />
Die derzeitige Versorgung von unheilbar kranken,<br />
sterbenden und trauernden Menschen ist unzureichend und<br />
lässt Versorgungslücken offen. Diese gilt es zu schließen.<br />
Es braucht mehr mutige Menschen für das Ehrenamt,<br />
nicht nur, um bei Sinnen zu bleiben, sondern auch,<br />
um sie zu schärfen: den Sinn für Anstand zum Beispiel.<br />
Oder für Humor. Den für Gerechtigkeit.<br />
Das ist mein Appell!<br />
Ingeborg Rinke<br />
War 20 Jahre in der Kommunalund<br />
Landespolitik tätig und<br />
hat auch im Gesundheitsbereich<br />
viele Gesetze und Verwaltungsreformen<br />
mitgetragen.<br />
Impressum:<br />
(alle Namen in alphabetischer Reihenfolge)<br />
Herausgeber:<br />
Förderverein Palliative Care LK Krems,<br />
Mitterweg 10, 3500 Krems<br />
Chefredakteurin:<br />
Christine Galler<br />
Redaktionsteam und sämtliche AutorInnen:<br />
Thomas Flatschart, Hans Fichtinger, Christine Galler, Mag. Dr. Ursula<br />
Heck, Mag. Franz Hirsch, Tina Karner, Daniela Klaffel, Angelika Klein,<br />
Gabriele Pachschwöll, Anita Pohl, Elisabeth Posselt, Heinz Posselt,<br />
Angela Wagner, Manuela Wasl<br />
Lektorat: Helma Strizik<br />
Schriftsatz: Silvia Bönisch<br />
Fotos: © Förderverein Palliative Care LK Krems<br />
Druck: Flyeralarm
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Sehr geehrte Damen und<br />
Herren, liebe Mitglieder des<br />
Fördervereins Palliative<br />
Care und Freunde!<br />
Inhalt<br />
Wir freuen uns, Ihnen den Newsletter des Jahres <strong>2013</strong><br />
übermitteln zu können und wünschen Ihnen viel<br />
Freude beim Lesen. Das Redaktionsteam hat sich<br />
bemüht, eine interessante Auswahl an Themen und<br />
Beiträgen, sowie wieder einen gesamten Rückblick<br />
über das Jahr 2012 für Sie zusammenzustellen.<br />
Wir bedanken uns für Ihre Treue und erlauben uns,<br />
den Erlagschein für den Jahresbeitrag in der Höhe<br />
von 20 Euro für ordentliche bzw. 70€Euro für fördernde<br />
Mitglieder beizulegen und nützen diese Gelegenheit,<br />
um uns für die Unterstützung durch Ihre Mitgliedschaft<br />
zu bedanken.<br />
Außerdem erlauben wir uns an dieser Stelle unsere<br />
Kontonummer anzugeben:<br />
HYPO NOE LANDESBANK AG<br />
Konto-Nr. 05855001383<br />
IBAN: AT29 5300 0058 5500 1383<br />
BIC: HYPNATWWXXX<br />
Für Anregungen sind wir ebenso dankbar wie für<br />
Rückmeldungen zu den entsprechenden Themen,<br />
für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.<br />
Wir laden Sie auch ein, unsere Homepage unter<br />
www.fvpc.at zu besuchen.<br />
Unsere Erreichbarkeit:<br />
Tel.: 0676/845 45 42 28<br />
palliativteam@<strong>krems</strong>.lknoe.at<br />
Rückblick:<br />
Nachruf auf unsere verstorbene Obfrau<br />
Frau Dr. Elisabeth Heinzel-Schiel 4<br />
Jahresbericht 2012<br />
Förderverein Palliative Care LK Krems 5<br />
Dreitagesklausur Palliativteam, LK Krems 8<br />
Pflegeprozess 9<br />
Zu Gast bei Landeshauptmann<br />
Dr. Erwin Pröll 10<br />
Spendenübergabe 11<br />
Mein Praktikum im Palliativteam Krems 12<br />
2. Wandertag für die Mitglieder<br />
des Fördervereins 13<br />
Weißwurstparty für guten Zweck 14<br />
10. Gedenkfeier 14<br />
Ehrenamtsteam 2012 16<br />
Ehrenamtsteam bildete sich fort 18<br />
Einblick:<br />
Amour – Der Oscar gekrönte Film 19<br />
Gedanken zum Thema<br />
„Aktive Sterbehilfe“ 20<br />
Tochter und Ärztin 24<br />
Krebs – Ungewissheit – Krankheit –<br />
Zuversicht – Mobilität … Palliativ?<br />
Umgang mit der Krankheit und<br />
dem Tod unseres Vaters 27<br />
Spirituelle Begleitung und Seelsorge 29<br />
Hospizkultur und Palliative Care<br />
in den Pflegeheimen 30<br />
Wir danken … 31<br />
Ausblick:<br />
CUT – Kinder, Jugendliche und Trauer,<br />
Jahreshauptversammlung,<br />
Gedenkfeier 24<br />
3
Rückblick <strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Nachruf auf unsere verstorbene Obfrau<br />
Frau Dr. Elisabeth Heinzel-Schiel (1951– 2012)<br />
4<br />
Ein Großteil des Nachrufes stammt<br />
von meiner Ansprache beim<br />
Requiem, das am 16.06.2012 in der<br />
Pfarrkirche Stein stattgefunden hat<br />
und an dem der Vorstand durch<br />
seine Teilnahme seinen Dank zum<br />
Ausdruck gebracht hat. Der Inhalt<br />
hat nach fast einem Jahr nichts an<br />
Gültigkeit verloren.<br />
In dankbarer Erinnerung gedenken wir in diesem Newsletter<br />
Fr. Dr. Elisabeth Heinzel-Schiel, die am 16.06.2010<br />
das Amt der Obfrau unseres Fördervereines übernommen<br />
und diesen zwei Jahre sehr gewissenhaft geführt hat.<br />
Frau Dr. Elisabeth Heinzel-Schiel ist zu 100% hinter<br />
unserem Verein gestanden, der sich unter anderem zum<br />
Ziel gesetzt hat, die Öffentlichkeit zu informieren und zu<br />
sensibilisieren, dass Lebensbegleitung bis zum Tod und<br />
nicht Euthanasie die Antwort einer humanen<br />
Gesellschaft ist.<br />
Als sie die Obmannschaft übernommen hat, ahnte<br />
jedoch noch niemand, dass sie selbst in absehbarer<br />
Zeit schwer erkranken und die Palliativarbeit von der<br />
anderen Seite kennenlernen würde.<br />
Nach Diagnosestellung und Therapiebeginn habe ich<br />
ihr angeboten, selbst zu bestimmen, wie viel Verein ihr<br />
zumutbar ist. Dieses Angebot hat sie aber immer mit<br />
einer Handbewegung weggewischt. So haben wir auf<br />
der Gynäkologie, auf der sie sich sehr wohlgefühlt hat,<br />
während der Chemotherapie Vorhaben des Vereines<br />
besprochen und Zukunftspläne geschmiedet.<br />
Mich berührt noch immer ein Satz, welchen Elisabeth<br />
mehrfach geäußert hat: „Ich habe mich von allen<br />
politischen Ämtern aus Gesundheitsgründen<br />
zurückgezogen. Dem Verein jedoch möchte ich<br />
solange als möglich treu bleiben.“ Diesen Treueschwur<br />
hat sie auch gehalten. Denn erst wenige Tage vor<br />
ihrem Sterben haben wir vereinbart, nicht mehr<br />
über den Förderverein zu sprechen.<br />
Elisabeth war eine Kämpfernatur durch und durch.<br />
Obwohl sie z.B. beim 3. Kremser Palliativtag im Oktober<br />
2011 von ihrer Krankheit bereits sehr gezeichnet war,<br />
hat sie es sich dennoch nicht nehmen lassen, präsent<br />
zu sein. Zwischendurch ist sie nach Hause gefahren um<br />
sich hinzulegen und auszurasten. Anschließend hat<br />
sie sich wieder unter die Leute gemischt, so, als ob<br />
alles in Ordnung wäre.<br />
Im Februar hat sie uns noch ermöglicht, Herrn LH<br />
Dr. Erwin Pröll und Frau LR Mag. Barbara Schwarz<br />
unser neu erschienenes Buch vorzustellen. „Ich fahr'<br />
nicht mit, lasst die beiden jedoch schön von mir<br />
grüßen“, hat sie gesagt.<br />
Elisabeth war äußerst zuverlässig. Wenn sie nur<br />
irgendwie konnte, war sie bei jeder Sitzung dabei<br />
und hat sich mit den verschiedenen Themen intensiv<br />
auseinandergesetzt. Sogar bei der im Mai<br />
stattfindenden Mitgliederversammlung hatte Elisabeth<br />
vor, zu kommen. Sie hat mir erst eine Stunde vor Beginn<br />
ein SMS geschickt, in der sie sich für das Fernbleiben<br />
entschuldigte. Ich war sprachlos und ergriffen von so<br />
viel Disziplin!<br />
Der Vorstand ist sehr dankbar, dass uns Elisabeth ein<br />
Stück des Weges begleitet und geführt hat.<br />
Und wir, die wir auch im Palliativteam tätig sind, sind<br />
sehr dankbar, dass uns Elisabeth sehr viel Vertrauen<br />
entgegengebracht hat und wir ihrem Wunsch, bei uns<br />
sterben zu dürfen, entgegenkommen konnten.<br />
Elisabeth war nicht nur eine äußerst gute Obfrau,<br />
sondern auch ein äußerst liebenswerter Mensch, der<br />
uns sehr ans Herz gewachsen ist.<br />
Liebe Elisabeth, für dein Mensch-Sein sagen<br />
wir nochmals schlicht und einfach „Danke<br />
und Vergelt's Gott“.<br />
Text von Gabriele Pachschwöll
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Rückblick<br />
Jahresbericht 2012<br />
Förderverein Palliative Care LK Krems<br />
Betrachten Sie nicht nur meinen Bericht, sondern die<br />
detailliert aufbereiteten Beiträge dieses Newsletters<br />
als Jahresrückschau auf 2012.<br />
Das Jahr 2012 haben wir in Bezug auf Aktivitäten des<br />
Vereines etwas ruhiger gehalten, weil wir einerseits<br />
unsere Obfrau, Fr. Dr. Elisabeth Heinzel-Schiel, aufgrund<br />
ihrer Krankheit nicht allzu sehr belasten wollten und<br />
weil wir, die wir auch im Palliativteam tätig sind, ein<br />
Großprojekt im Pflegebereich gestartet und alle uns<br />
zur Verfügung stehenden Ressourcen dafür gebraucht<br />
haben. Dem Vorstand war es aufgrund der eben<br />
beschriebenen Umstände dennoch sehr wichtig,<br />
kontinuierlich zu tagen. So haben wir im Jahr 2012 vier<br />
Sitzungen und eine Mitgliederversammlung abgehalten.<br />
Besonders erfreulich ist die Tatsache, dass wir nicht nur<br />
zahlreiche Spenden erhalten haben, sondern dass wir<br />
bei Spendenübergaben auch immer wieder die<br />
Möglichkeit bekommen, die Grundidee von Palliative<br />
Care der Öffentlichkeit zu präsentieren.<br />
Dass wir Herrn LH Dr. Erwin Pröll und Frau LR<br />
Mag. Barbara Schwarz das von uns verfasste und<br />
2011 erschienene Buch „Palliative Care – Praktisches<br />
Handbuch für Pflegefachkräfte und pflegende<br />
Angehörige“ überreichen durften, war ein besonderes<br />
Highlight. Da österreichweit noch kein ähnliches Buch<br />
erschienen ist, war die Auflage von 400 Büchern sehr<br />
rasch vergriffen, und die Nachfrage ist nach wie vor<br />
hoch. Deshalb hat sich der Vorstand entschlossen, noch<br />
einmal dieselbe Anzahl nachdrucken zu lassen.<br />
Um unseren ehrenamtlich Tätigen für deren<br />
hochqualifizierte Arbeit unseren Dank und unsere<br />
Wertschätzung auszudrücken, war es uns ein großes<br />
Anliegen, im Rahmen der im Mai stattgefundenen<br />
Mitgliederversammlung Zertifikate an die Mitarbeiter<br />
zu übergeben.<br />
Nach dem Tod von Frau Dr. Heinzel-Schiel hat sich der<br />
gesamte Vorstand nach einer bewusst gesetzten Pause<br />
sehr sorgsam um die Nachbesetzung der/des neuen<br />
Vorstandsvorsitzenden bemüht. Die Stelle sollte mit<br />
einem/r NetworkerIn besetzt werden, dem/r die<br />
Thematik von Palliative Care wichtig ist. Wir sind<br />
überaus dankbar, dass wir Ende des Jahres in Frau<br />
Inge Rinke diese Person gewinnen konnten.<br />
Am 14.09. haben wir die Mitglieder unseres Vereines<br />
zu einer Herbstwanderung mit anschließendem<br />
Heurigenbesuch eingeladen. Eine überschaubare<br />
Teilnehmerschar hat den wunderschönen Herbsttag<br />
in Loiben zum Austausch und Kennenlernen genutzt.<br />
Die Gedenkfeier Anfang Dezember ist jedes Jahr<br />
eine wunderbare Gelegenheit, die umfangreichen<br />
Begleitungen gemeinsam mit den Angehörigen<br />
Revue passieren zu lassen. Bei der anschließenden<br />
Agape bietet sich die Möglichkeit<br />
für Trauergespräche<br />
und Gespräche<br />
über die<br />
5
Rückblick <strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Entwicklungen des Lebens, die sich seit der<br />
einschneidenden Verlusterfahrung ergeben haben.<br />
Wir erleben immer wieder, dass Menschen, welche<br />
durch uns begleitet werden, das Angebot, das sie bei uns<br />
erfahren haben, auch anderen Personen in Form einer<br />
Spende an den Förderverein ermöglichen möchten.<br />
Der Förderverein unterstützt uns bei außerplanmäßigem<br />
Bedarf, mischt sich jedoch nicht in Strukturen und<br />
Vorgaben der Landeskliniken-Holding NÖ ein.<br />
Er unterstützt Vorhaben, welche vom Rechtsträger<br />
nicht übernommen werden (können).<br />
Das LK Krems fördert die Umsetzung des Palliativprojektes<br />
nach Möglichkeit, wofür wir sehr dankbar sind.<br />
6<br />
Am Sterbebett<br />
Ein Häuflein Elend. Ein unheilbarer Fall.<br />
Ein aufgegebener Fall. Eine schlimme Sache!<br />
Oder<br />
Ein Mensch - wie du und ich!<br />
Nur ein Stück weiter!<br />
Ein Mensch – wie du und ich.<br />
Nur ohne Anwalt, ohne Sprache,<br />
ohne Widerstandskraft.<br />
Ein Mensch – wie du und ich.<br />
Nur hilflos, ausgeliefert, verlassen,<br />
isoliert, aufgegeben.<br />
Ein Mensch – wie du und ich.<br />
Erfüllt von Sehnsucht, als Mensch<br />
behandelt zu werden,<br />
und mit der Bitte (wenigstens) im Sterben<br />
Würde, Nähe und Geborgenheit zu erleben.<br />
Ein Mensch – wie du und ich!<br />
Nur ein Stück weiter!<br />
Doz.Dr. Franz Schmatz aus seinem Buch<br />
„Geborgenheit und Trost“<br />
Der Förderverein hat im Jahr 2012 dank der zahlreichen<br />
Spenden Folgendes finanzieren können:<br />
• Fortbildungen / Supervisionen für das Palliativbzw.<br />
Ehrenamtsteam<br />
• Km-Geld für das Ehrenamtsteam<br />
• diverse Utensilien für die Patientenbetreuung<br />
• Trauerkarten<br />
• regelmäßige Kursangebote von QiGong<br />
und kreativer Tanz<br />
• Öffentlichkeitsarbeit, usw.<br />
Unsere Spenden setzen sich vorwiegend zusammen aus:<br />
• Begräbnisspenden<br />
• Spenden von Vereinen<br />
• Spenden von Firmen<br />
• Spenden durch Privatpersonen<br />
• Mitgliedsbeiträgen<br />
Die Qualitäten des Ehrenamtsteams dürfen wir auch im<br />
stationären Bereich nutzen: Ehrenamtliche Mitarbeiter<br />
sind nicht nur bereit, regelmäßig auf die Station zu<br />
kommen, um Patienten/Angehörigengespräche zu führen<br />
und organisatorische Tätigkeiten zu übernehmen,<br />
sondern sind auch bereit, uns sehr spontan in außerordentlich<br />
arbeitsintensiven Situationen zu unterstützen,<br />
wenn z.B. ein desorientierter Patient alle Ressourcen an<br />
sich bindet und eine Sitzwache erforderlich ist.<br />
An dieser Stelle sagen wir allen Menschen, die uns in<br />
irgendeiner Weise, sei es finanziell, durch persönlichen<br />
Einsatz oder durch Verbreitung des <strong>palliative</strong>n
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Rückblick<br />
Gedankens, unterstützt haben und unterstützen,<br />
ein herzliches Dankeschön.<br />
Besonders freuen wir uns auch über die Verleihung des<br />
Integri-Preises, den jedes einzelne niederösterreichische<br />
Palliativ- und Hospizteam stellvertretend erhalten hat.<br />
ärztlicher Leiter Langzeitbeatmung im Caritas-<br />
Seniorenwohnhaus Karl Borromäus, Linz<br />
• Kategorie „Gesundheitspolitische Modellfunktion“:<br />
Projekt „Integrierte Hospiz- und Palliativversorgung“,<br />
Roman Gaal, MSc, MAS; Bereichsleiter Kompetenz -<br />
bereich Pflege medizinische und pflegerische<br />
Betriebsunterstützung, NÖ Landeskliniken-Holding,<br />
Niederösterreichischer Gesundheit- und Sozialfonds<br />
(NÖGUS)<br />
Der nachfolgende Text wurde entnommen aus: www.integri.at/<br />
http://www.holding.lknoe.at/presse/aktuelle-meldungen/holding /<br />
pa-integri-preis.html<br />
Der österreichische Preis wurde vom Initiativforum Integrierte<br />
Versorgung ins Leben gerufen und 2012<br />
das erste Mal vergeben.<br />
Der INTEGRI zeichnet jene Organisationen und<br />
Personen aus, die den veränderten Anforderungen<br />
an ein funktionierendes Versorgungssystem mittels<br />
innovativer Modelle der Integrierten Versorgung<br />
begegnen und damit einen positiven Beitrag zur<br />
Verbesserung des Gesundheitswesens in Österreich<br />
leisten. Im Beisein von Gesundheitsminister Alois Stöger<br />
wurden am 2. Mai 2012 die Preisträger prämiert.<br />
Aus insgesamt 36 Einreichungen hat die Fachjury drei<br />
Preise in folgenden Kategorien vergeben:<br />
• Kategorie „Patienten- und Angehörigenorientierung“:<br />
Projekt „Langzeitbeatmung und Entwöhnung“,<br />
Herbert Brindl, Geschäftsführer Caritas für<br />
Betreuung und Pflege und Dr. Walter Bostl,<br />
• Kategorie „Kreative Lösung“:<br />
Projekt „netzwerk aktiv – besser leben mit demenz“,<br />
Mag. Karin Eger, Wiener Gebietskrankenkasse,<br />
Abt. Gesundheitspolitik und Prävention, Competence<br />
Center Integrierte Versorgung, Abteilungsleitung“<br />
2012 wurde das niederösterreichische Reformpoolprojekt<br />
"Integrierte Hospiz- und Palliativversorgung für<br />
Niederösterreich" mit dem INTEGRI-Preis ausgezeichnet,<br />
nachdem es in den letzten 5 Jahren erfolgreich<br />
gelaufen ist. Das Projekt wird vom Niederösterreichischen<br />
Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS) gemeinsam<br />
mit der NÖ Sozialversicherung durchgeführt.<br />
Es ist beispielgebend für ein zukunftsweisendes,<br />
patientenorientiertes Palliativ- und Hospizwesen,<br />
das auch im letzten Lebensabschnitt höchstmögliche<br />
Lebensqualität sichert.<br />
"Die Verleihung des INTEGRI zeigt, dass wir auf unser<br />
Gesundheitssystem in NÖ stolz sein können.<br />
Sie bestärkt uns in unserem Engagement, den<br />
NiederösterreicherInnen eine optimale Betreuung in<br />
allen Lebenslagen zu sichern – und hierzu zählt auch,<br />
ihnen im letzten Lebensabschnitt zur Seite zu stehen"<br />
so Landeshauptmann-Stellvertreter<br />
Mag. Wolfgang Sobotka.<br />
"Die Anforderungen an das Gesundheitswesen ändern<br />
sich. Durch den demographischen Wandel wird die<br />
Hospiz- und Palliativversorgung immer bedeutender,<br />
daher müssen wir gemeinsam und proaktiv Schritte<br />
setzen. Das Projekt, Integrierte Hospiz- und<br />
Palliativversorgung für NÖ ist hierfür ein wichtiger,<br />
innovativer Meilenstein."<br />
Text von Gabriele Pachschwöll<br />
7
Rückblick <strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Dreitagesklausur<br />
Palliativteam, LK Krems<br />
Im Seminarhotel Schreiner in Leimbach<br />
vom 3. Jänner 2012 bis 5. Jänner 2012<br />
Methodik und Didaktik<br />
Brainstorming zu den Erwartungen der Teammitglieder,<br />
Partnerinterview, Fallbeispiele aus der Praxis, Symbolik,<br />
Gruppen und Gemeinschaftsübungen, Raum für<br />
Diskussionen und den Austausch von Erfahrungen,<br />
Rollenspiel<br />
8<br />
Alle sagten: „Das geht nicht.“<br />
Da kam einer, der wusste das nicht<br />
und hat`s gemacht.<br />
Spiritualität<br />
Leitung und Coaching: Gabriele Lederer<br />
1Teilnehmerin hinzugekommen:<br />
Michaela Klinglhuber<br />
Methodik, Didaktik:<br />
Gruppenarbeit, Brainstorming, Diskussionen<br />
Jeder Mensch verbindet mit Spiritualität andere Inhalte:<br />
Themen<br />
• Pflegeprofessionalisierung, Erläuterungen des<br />
Pflegemodells nach Monika Krohwinkel<br />
• Spiritualität in der Krankenpflege<br />
• Meditativer Abschluss<br />
Teilnehmer<br />
Adolf Jutta, Galler Christine, Harrauer Petra,<br />
Klaffel Daniela, Klein Angelika, Koch Birgit,<br />
Pachschwöll Gabriele, Pohl Anita, Posselt Elisabeth,<br />
Rechenmacher Roman, Tschech Martina,<br />
Wagner Angela, Waldau Friedrich, Wasl Manuela<br />
Diskussionsthemen<br />
• Wie gehen wir mit dem Thema Spiritualität auf<br />
der Station um?<br />
• Wie geht es mir als Person mit Spiritualität?<br />
• Begegnung mit Sterben, Leid, Schicksal, Schmerz<br />
• Was brauche ich um zu reagieren, eingehen und<br />
aushalten zu können?<br />
• Was machen wir für uns?<br />
• Was möchten wir ermöglichen, was können<br />
wir zulassen?<br />
• Was wünschen wir für unsere Station,<br />
welche Art von Spiritualität?<br />
Meditativer Abschluss<br />
Manuela Wasl gestaltet mit dem Team eine<br />
„Trauerspirale“ mit bunten Tüchern und Teelichtern.<br />
Nach diesen sehr erfüllten Klausurtagen kehrten wir<br />
mit großen Erwartungen und frischer Motivation in<br />
die Praxisarbeit zurück.<br />
Text von Angelika Klein
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Rückblick<br />
Pflegeprozess<br />
In der Absicht den Pflegeprozess in den Pflegealltag<br />
ihres Teams zu integrieren, hat unsere Stationsleitung,<br />
Frau Gabriele Pachschwöll, ihre wissenschaftliche<br />
Arbeit bei der Weiterbildung „Basales und mittleres<br />
Pflegemanagement“ im Jahr 2011 dem Thema<br />
"Pflegeprozess" gewidmet. Im Jänner 2012 wurden<br />
wir im Rahmen der 3-Tages-Klausur theoretisch von<br />
Herrn Peter Keiblinger angeleitet und in Folge kreierten<br />
wir in den nachfolgenden Nachmittagsklausuren<br />
mit ihm gemeinsam ein auf Palliativpatienten<br />
abgestimmtes Assessmentblatt.<br />
Nach intensiver teaminterner Auseinandersetzung<br />
mit der Thematik ist es ab September 2012 zur<br />
gezielten und vertiefenden Implementierung<br />
von Pflegeplanungen gekommen.<br />
Die Pflegeprozessplanung auf der Palliativeinheit Krems<br />
stützt sich auf das Modell von Monika Krohwinkel.<br />
Sie ist Pflegewissenschafterin an der Fachhochschule<br />
Darmstadt und hat das Modell der Aktivitäten und<br />
existentiellen Erfahrungen des Lebens (AEDL) gegründet.<br />
Später fügte man ein" B" für "Beziehungen" hinzu<br />
(ABEDL). Gestützt auf das Lehrbuchkonzept von Liliane<br />
Juchli wurde das Modell in einer 1991 abgeschlossenen<br />
Studie erprobt und weiterentwickelt. Dies war die erste<br />
von Pflegenden durchgeführte wissenschaftliche Studie<br />
in Deutschland und befasste sich mit der ganzheitlichen,<br />
rehabilitativen Prozesspflege am Beispiel von<br />
Menschen, die an Schlaganfall erkrankt waren.<br />
(vgl. Pflege Wiki, Zugriff am 03.02.<strong>2013</strong>)<br />
Die Sinnhaftigkeit dieses Handelns liegt im<br />
prozesshaften Denken und ist deshalb so wichtig, weil<br />
Pflege normalerweise über einen mehr oder weniger<br />
langen Zeitraum nötig ist. Durch diese Vorgehensweise<br />
sind Erfolg und Misserfolg von pflegerischen<br />
Interventionen beurteilbar und gegebenenfalls<br />
veränderbar. Der Pflegeprozess ist immer das Ergebnis<br />
eines Aushandlungsprozesses zwischen professionell<br />
Pflegenden, Pflegebedürftigen und anderen Beteiligten.<br />
Es stellt eine Vorbehaltsaufgabe von Pflegenden dar.<br />
Dokumentation und schriftliche Planung sind deshalb<br />
notwendig, weil meist eine große Anzahl von<br />
Pflegekräften am selben Prozess mitarbeiten und sich<br />
über die Richtung verständigen müssen.<br />
(vgl. Pflege Wiki, Zugriff am 03.02.<strong>2013</strong>)<br />
Die Dokumentation dient als Leistungsnachweis und<br />
ist gesetzlich verankert.<br />
Die Schritte des Pflegeprozesses gliedern sich in<br />
Informationssammlung im Rahmen des Assessments<br />
mit Patienten und An-/Zugehörigen, Beschreibung<br />
der vorhandenen Ressourcen, Festlegung von<br />
Pflegezielen, Planung und Durchführung von<br />
Maßnahmen und Evaluation.<br />
Praktische Umsetzung<br />
des Pflegeprozesses auf<br />
der Palliativabteilung<br />
Das Assessmentblatt dient zur Erhebung des<br />
gesundheitlichen Aufnahmezustandes des Patienten.<br />
Zentrale Probleme des Kranken werden durch dieses<br />
gezielte Instrument von der diplomierten Pflegekraft<br />
schnell erkannt und schriftlich erfasst.<br />
Im Palliativbereich ist es erforderlich nicht nur<br />
pflegerische Defizite zu erkennen, sondern den<br />
Patienten aus ganzheitlicher Sicht zu betrachten<br />
(medizinisch, pflegerisch, sozial, spirituell, kulturell).<br />
Bevor mit dem Patienten die Pflegediagnose erstellt<br />
wird, wird ihm die Sinnhaftigkeit der Pflegeplanung erklärt.<br />
Im zweiten Schritt werden mit ihm die Ursache(n)<br />
des Problems, die Symptome, die Ressourcen, das Ziel<br />
und die daraus resultierenden Maßnahmen erörtert.<br />
Es werden üblicherweise nicht mehr als 3 Pflegediagnosen<br />
pro Patient geplant, um das Ganze lebbar<br />
gestalten zu können.<br />
9
Rückblick <strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Zu Gast<br />
bei Landeshauptmann<br />
Dr. Erwin Pröll<br />
10<br />
Herr Wolfgang Smolik liest seine Pflegeplanung<br />
Nach etwa sieben Tagen wird die Pflegediagnose von<br />
der diensthabenden Pflegeperson evaluiert und ergänzt<br />
bzw. wird diese bei gutem Erfolg mit den gleichen<br />
Maßnahmen weitergeführt.<br />
Ist ein Ziel erreicht, wird die Pflegeplanung abgesetzt.<br />
Wird jedoch im Laufe der Betreuung klar, dass das<br />
gesteckte Ziel nicht erreicht werden kann, ist die Planung<br />
ebenso abzusetzen und ein eventuell neu aufgetretenes<br />
Problem zu erfassen.<br />
Mittlerweile gelingt die Umsetzung des Pflegeprozesses<br />
mit großer Motivation und eifrigem Zutun aller<br />
Pflegepersonen sehr gut. Durch die gezielte Umsetzung<br />
des gesetzlichen Auftrages ist es möglich geworden,<br />
den Begriff „Lebensqualität“ für den jeweils Betroffenen<br />
konkret zu definieren und gemeinsam mit ihm und<br />
seinen Angehörigen zu gestalten. Dies hinterlässt auch<br />
bei den Pflegenden großes Wohlbefinden.<br />
Literatur:<br />
www:pflegewiki.de/wiki/Monika_Krohwinkel<br />
Text von DGKS Daniela Klaffel und DGKS Anita Pohl<br />
Am 26.1.2012 setzten wir einen krönenden Meilenstein<br />
im Verbreiten unseres Palliativbuches „ Palliative<br />
Care – Praktisches Handbuch für Pflegefachkräfte und<br />
pflegende Angehörige“, indem wir auf Wunsch unserer<br />
damaligen Obfrau des Fördervereins Palliative Care<br />
LK Krems, Frau Dr. Elisabeth Heinzel-Schiel, einen<br />
Termin bei Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll erhielten,<br />
um ihm das Werk der 15 AutorInnen vorzustellen.<br />
Wir – das waren unsere leitende Ärztin Frau Mag.<br />
Dr. Ursula Heck, Stationsleitung DGKS Gabriele<br />
Pachschwöll, DGKS Gudrun Kalchhauser und<br />
DGKS Angela Wagner.<br />
Der Landeshauptmann schenkte uns fast eine Stunde<br />
seiner wertvollen Zeit. Er zeigte großes Interesse an<br />
unserer alltäglichen Arbeit und stellte gezielte Fragen<br />
über Tod, Sterben und den Weg dorthin. Es fand ein<br />
reger Austausch über unsere Werte und Erfahrungen<br />
des Lebens statt, ebenso über die ganzheitliche<br />
Begleitung im Sinne von Palliative Care, wie ausführlich<br />
in unserem Buch beschrieben ist.<br />
Im Rahmen der<br />
Buchübergabe<br />
entstand das<br />
offizielle<br />
Pressefoto.<br />
Mit einem Folgetremin bei LR Mag. Barbara Schwarz,<br />
verließen wir das Landhaus in Richtung Heimat.<br />
Aufgrund der großen Nachfrage konnten bereits die<br />
ersten 400 Stk. verkauft werden und seit Herbst 2012<br />
liegt die 2. überarbeitete Auflage Mai 2012 vor.<br />
ISBN 978-3-85028-532-2<br />
Text von Angela Wagner
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Rückblick<br />
Spendenübergabe<br />
einleitende Worte von<br />
Elisabeth Posselt<br />
Im Palliativteam sind wir immer wieder damit<br />
konfrontiert, dass junge Menschen schwer erkranken<br />
und nach einem kürzeren oder auch etwas längeren<br />
Verlauf ihrer Erkrankungen versterben – oft sind<br />
Kinder /Jugendliche/junge Erwachsene vom Verlust<br />
betroffen, viele bisher erträumte Lebenspläne können<br />
nun nicht mehr umgesetzt werden. Dies ist immer<br />
ein sehr emotionaler Prozess – in erster Linie<br />
natürlich für die Betroffenen selbst und deren Familien/<br />
Bezugspersonen, aber auch für uns als außenstehendes<br />
Betreuungsteam.<br />
Und dennoch oder gerade weil wir uns zur Aufgabe<br />
gemacht haben, Menschen / Familien in derart<br />
schwierigen und intimen Lebensabschnitten zu<br />
begleiten, geschehen hier viele tiefe Begegnungen,<br />
emotionale Gespräche und Berührungen seelischer<br />
Art, die im „normalen Leben“ so nicht passieren<br />
würden. Wir werden vielfach beschenkt in unserer<br />
Arbeit und daraus schöpfen wir Kraft, um weiterhin<br />
Kraft geben zu können.<br />
Eine solche Begleitung erlebten wir mit Familie<br />
Pleichl und wir bedanken uns nicht nur für die<br />
Spendenübergabe und die damit verbundenen<br />
Geldgaben an unseren Verein.<br />
Im August erfüllten Witwe Sabine Pleichl und seine<br />
Kinder Peter und Conny den letzten Wunsch von<br />
Markus Pleichl: Sie übergaben an Dr. Ursula Heck,<br />
Gabriele Pachschwöll, Elisabeth Posselt und Bernhard<br />
Gintenstorfer einen Spendenscheck. Anstelle der<br />
Kranz- und Blumen spenden sind 1300 Euro<br />
zusammengekommen.<br />
angelehnt an einen Beitrag in der<br />
NÖN (Woche 33/2012)<br />
11<br />
Wohltäter über den Tod hinaus<br />
Krems / Er hat es schon zu Lebzeiten so gewollt:<br />
Als am 13. Juni der Mauterner Panzerpionier Markus<br />
Pleichl (er wohnte in Krems) nach langer Krankheit<br />
starb, wollte er an seinem Grab keine Kränze und<br />
Blumen. Stattdessen sollte für die Palliativstation<br />
im Krankenhaus Krems gespendet werden.<br />
Dort hatte er seine letzten Lebenswochen –<br />
liebevoll umsorgt – verbracht.
Rückblick <strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Mein Praktikum<br />
im Palliativteam Krems<br />
Mein Name ist Tina Karner, 35 Jahre alt und Schülerin<br />
der Gesundheits- und Krankenpflegeschule St. Pölten.<br />
Ich freue mich sehr, dass ich eingeladen wurde,<br />
meine Eindrücke im Rahmen des Praktikums<br />
preisgeben zu dürfen.<br />
Es handelt sich oft um eine Vielfalt von Bedürfnissen,<br />
wie körperliche Symptome, Ängste und Wünsche, die<br />
man bemüht ist zu lösen. Dazu ist die interdisziplinäre<br />
Zusammenarbeit der verschiedenen Berufsgruppen<br />
(Pflege, Ärzte, Sozialarbeiter, Psychotherapeutin,<br />
Diätologin, Physiotherapie und Ehrenamtliche<br />
Mitarbeiter) sehr wichtig. Lösungen können nur<br />
durch intensive Zusammenarbeit erzielt werden.<br />
12<br />
In der Pflege finden alternative Anwendungen,<br />
wie z.B. Wickel, Auflagen, Wärmetherapie mit<br />
Kirschkernkissen ihren Platz. Bäder und Waschungen<br />
mit Aromaölen werden abgestimmt auf die<br />
Bedürfnisse der Patienten angeboten.<br />
Leider musste ich feststellen, dass Palliativstationen<br />
noch immer als Sterbestationen, als letzte Stationen,<br />
angesehen werden und deshalb die Scheu hierher zu<br />
kommen sehr groß ist. So manchen Menschen entgeht<br />
viel an Lebensqualität in ihrem letzten Abschnitt,<br />
weil z.B. Schmerztherapie , Psychotherapie,<br />
Entlassungsmanagement, Symptombekämpfung,<br />
Familiengespräche, Regelung existentieller Belange,<br />
usw. erst sehr spät begonnen wird und somit wertvolle<br />
Zeit für die Patienten verlorengeht.<br />
Die ruhige Atmosphäre fiel mir sofort am ersten Tag auf.<br />
Ich wurde hier herzlich aufgenommen und fühlte mich<br />
bald in das Team integriert. Im Laufe meines Praktikums<br />
habe ich gelernt, dass Körper und Seele als ein Ganzes<br />
zu sehen bedeutend ist, um patientenorientiert handeln<br />
zu können. Unbedingt erforderlich ist hierzu die<br />
regelmäßige Selbstreflexion. So kann Pflege auf sehr<br />
hohem Niveau gelingen. Die regelmäßigen Gespräche<br />
im Team sind sehr hilfreich, um so manche Sorgen<br />
nicht mit nach Hause zu nehmen.<br />
Dieses Praktikum hat mir die Gewissheit gegeben,<br />
dass ich meine berufliche Laufbahn in der<br />
Palliativarbeit beginne, da mir der Grundgedanke<br />
der Palliativpflege sehr gut gefällt.<br />
„Nicht dem Leben mehr Tage hinzufügen,<br />
sondern den Tagen mehr Leben!“<br />
Ciceley Saunders<br />
Text von Tina Karner
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Rückblick<br />
2. Wandertag<br />
für die Mitglieder des Fördervereins<br />
Der Förderverein PALLIATIVE CARE LK KREMS lud am<br />
14. September 2012 zum 2. Wandertag für die<br />
Mitglieder des Fördervereins.<br />
Bei schönem spätsommerlichen Wetter traf sich<br />
das Ehrenamtsteam, sowie einige Mitglieder des<br />
Palliativteams in Unterloiben, um eine gemütliche<br />
Rundwanderung in den Weinbergen um Loiben<br />
zu unternehmen.<br />
Das Team startete die Rundwanderung beim<br />
Parkplatz des ehemaligen Dinstlgutes. Zuerst ging<br />
die Wanderung Richtung Franzosendenkmal, vorbei<br />
beim Bildstock und dann die Trockensteinmauern<br />
entlang in Richtung der Weinberge.<br />
13<br />
Vereinzelt konnte man an diesem schönen Nachmittag<br />
einige Weinbauern bei der Lese beobachten.<br />
Immer wieder genoss die Wandergruppe den<br />
wunderbaren Ausblick auf Unterloiben, die Ruine<br />
Dürnstein, die ruhig dahinschlängelnde Donau und<br />
auf das ferne Stift Göttweig. Die gute Stimmung<br />
und die anregenden Gespräche ließen die Zeit<br />
schnell vergehen und so kam die Gruppe doch etwas<br />
ermüdet nach 1 ½ Stunden am Ausgangspunkt an.<br />
Den gelungenen Abschluss nach dieser schönen<br />
herbstlichen Wanderung bildete der Heurigenbetrieb<br />
Leonhartsberger in Oberloiben. Bei einer köstlichen<br />
Jause und einem guten Glas Wachauer Wein<br />
verbrachte das Ehrenamtsteam noch eine schöne<br />
Zeit und einen stimmigen Ausklang des<br />
gelungenen Nachmittags.<br />
Stehend von li. n. re. Hans Fichtinger, Manuela Wasl,<br />
Gabriele Pachschwöll, Magret Rausch, Anneliese<br />
Juriatti, Heinz Posselt, Christa Wolf<br />
Hinten stehend von li.n. re. Franz Hirsch mit Sohn<br />
David, Christine Galler und Gerd Fromwald<br />
Text von Hans Fichtinger
Rückblick <strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Weißwurstparty<br />
für einen guten Zweck<br />
10. Gedenkfeier<br />
in der Pfarrkirche St. Paul<br />
14<br />
Am Rande des Kremser Lions-Flohmarkts steigt<br />
bereits seit vier Jahren in den Österreich-Hallen die<br />
Weißwurstparty. Für Organisator Christoph Dadak<br />
und Präsident Andreas Kompek war der Zweck bei<br />
der Spendenübergabe erfüllt:<br />
Mit den 7.000 Euro Spendengeld konnten zwei<br />
Schmerzpumpen für den Palliative-Care-Bereich im<br />
LK-Krems angekauft werden. Diese Pumpen können<br />
zur gezielten Schmerztherapie bei Tumorpatienten<br />
im häuslichen Bereich eingesetzt werden.<br />
Somit besteht die Möglichkeit in den eigenen<br />
vier Wänden gut versorgt zu sein.<br />
Text von Christine Galler;<br />
angelehnt an einen Beitrag in der NÖN (Woche 42/2012)<br />
Freuten sich über das tolle Ergebnis der Weißwurtparty:<br />
Christoph Dadak, Juliane Lercher, Christine Ettl, Gabriele<br />
Pachschwöll, Ursula Heck und Andreas Kompek.<br />
Am 4. Dezember 2012 um 18 Uhr fand in der<br />
Pfarrkirche St. Paul in Krems die 10. Gedenkfeier<br />
für jene Verstorbenen statt, die vom Palliativteam<br />
des LK Krems begleitet wurden.<br />
Wir verstehen uns als Solidargemeinschaft mit den<br />
Angehörigen, die im Laufe des vergangenen Jahres<br />
von einem geliebten Menschen Abschied genommen<br />
haben. Diese Gedenkfeiern lassen uns näher<br />
zueinander rücken.<br />
Mag. Franz Hirsch formulierte die stimmungsvolle<br />
Einleitung mit folgenden Worten:<br />
„Jeder von Ihnen erlebt seine ureigene Trauer, denn<br />
jeder erlebt Trauer anders und Sie dürfen der Trauer<br />
vertrauen! Sie ist der Heilungsprozess der Seele.“<br />
Als Symbol begleitete uns<br />
die Rose von Jericho<br />
durch diese Gedenkfeier.<br />
Mag. Franz Hirsch<br />
erläuterte die Symbolik:<br />
„Diese Rosen von Jericho<br />
werden auch als<br />
Auferstehungspflanzen<br />
bezeichnet (Anastatica<br />
hierochuntica).<br />
Anstasis. Wir sagen im Deutschen Grabeskirche.<br />
Die Orthodoxen Christen sagen Auferstehungskirche.<br />
Manchmal geht es um unterschiedliche Blickpunkte.<br />
Vielleicht kann uns diese Rose von Jericho ein Symbol<br />
sein, dass das Leben stärker ist als der Tod. Nur wenige<br />
Tropfen Wasser genügen und sei es selbst von Tränen,<br />
lassen das Reis von Jericho erblühen.<br />
Das „Aufblühen“ der Rose wurde mittels Videobeamer<br />
auf eine große Leinwand projiziert und konnte von den<br />
Teilnehmern der Gedenkfeier mitverfolgt werden.
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Rückblick<br />
Das stimmungsvolle Lichtritual:<br />
Die Angehörigen kommen jeweils nach vor, nennen<br />
den Namen ihres verstorbenen Angehörigen<br />
(ins Mikrophon) und entzünden an der Osterkerze<br />
eine Schwimmkerze für diesen und legen sie<br />
anschließend in eine Wasserschale.<br />
Lieben Dank an alle Menschen, die teilgenommen haben<br />
und jenen, die zum Gelingen beigetragen haben.<br />
Text von Angelika Klein<br />
Ein Tropfen Rosenöl auf einen Pad geträufelt wurde<br />
den Angehörigen gereicht. Düfte strahlen Leben aus,<br />
vor allem Rosenduft löst ein Empfinden von Wärme,<br />
Heilung und Trost aus. Während dieses Rituals erklang<br />
ein leises Instrumentalstück mit dem Titel: „Tragt zu<br />
den Menschen ein Licht“, von Karen Naber auf der<br />
Querflöte gespielt.<br />
15<br />
Doz. Dr. Franz Schmatz sprach tröstende Worte und<br />
das Segensgebet.<br />
Die Lieder zur Gedenkfeier waren:<br />
• „Abschied nehmen“ von Xavier Naidoo<br />
• „In deinen Händen steht die Zeit“<br />
• „Gott zeigt mir den Weg“<br />
• „Von guten Mächten“<br />
• „Flying free“<br />
Sie wurden vom Chor „Jubilate Deo“ aus Langenlois<br />
unter der Leitung von Frau Monika Rauscher sehr<br />
einfühlsam vorgetragen.<br />
Es ist auch für uns vom Team immer sehr berührend<br />
den Beiträgen der Angehörigen zu lauschen.<br />
Frau Huberta Heinzel-Schiel, Herr Dr. Franz Brunner<br />
und Frau Andrea Dietz erklärten sich bereit, diese<br />
gewiss nicht leichte Aufgabe zu übernehmen.<br />
Nach dem feierlichen Teil wurden die Angehörigen<br />
noch zu einer kleinen Agape eingeladen, wo sie<br />
Einsicht in die Trauerbücher nehmen konnten und<br />
sich so manches persönliche Gespräch ergab.<br />
oben: Lichtritual, unten: Rose von Jericho
Rückblick <strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Ehrenamtsteam 2012<br />
FÖRDERVEREIN PALLIATIVE CARE<br />
in Verbindung mit dem Landesklinikum Krems a.d. Donau<br />
Ehrenamtliche MitarbeiterInnen<br />
Zahlen, Zahlen, Zahlen<br />
2012 wurden 19 Patienten begleitet, ebenso<br />
8 Angehörige (Trauerbegleitungen). Für diese<br />
Begleitungen wurden insgesamt 568 Stunden<br />
verwendet, sowie 195 Stunden auf der Palliativ -<br />
station in Form von Sitzwachen. Außerdem wurden<br />
484 organisatorische Stunden erbracht.<br />
16<br />
DGKS Manuela Wasl<br />
Ingrid Hasenzagl<br />
Gerd Fromwald<br />
Heinz Peter Posselt Margret Rausch<br />
Angela Wagner<br />
Silvia Bönisch<br />
Margarete Egger<br />
Anneliese Juriatti Christine Korb Elfriede Mannes<br />
Christa Wolf<br />
Helma Strizik<br />
Hans Fichtinger<br />
Fort- u. Weiterbildungen der Ehrenamtlichen<br />
• Ganztägiger Kommunikationsworkshop mit<br />
Hans Wondraczek, MBA – „Systemisches Fragen“<br />
• Hospiztag in Horn<br />
• Hospiz-Enquete des Landesverband NÖ in St. Pölten<br />
• Teamsitzungen<br />
• Supervisionen mit Mag. Franz Hirsch<br />
• Außerdem fand ein „Räuchern“ Workshop mit<br />
Anneliese Juriatti statt, die bereits seit 2010 eine<br />
wertvolle Mitarbeiterin in unserem Team ist.<br />
• Auch die Koordinatorin hat an verschiedenen<br />
Seminaren teilgenommen (z.B. Öffentlichkeitsarbeit,<br />
Kindertrauer).<br />
Das Ehrenamtsteam des Fördervereins besteht zurzeit<br />
aus einer hauptamtlichen Koordinatorin und<br />
13 ehrenamtlichen Mitarbeitern.<br />
Neu ins Team gekommen sind:<br />
Christine Korb und Hans Fichtinger<br />
Christine Korb hat bereits vor einigen Jahren den<br />
Lebens-, Sterbe- u. Trauerbegleitungskurs bei der<br />
Caritas absolviert, war anschließend mehrere Jahre als<br />
Ehrenamtliche tätig (Hospizteam der Caritas St. Pölten –<br />
Krems und auf der Palliativstation in Tulln) und<br />
bereichert nun unser Team sowohl auf der<br />
Palliativstation als auch bei Begleitungen von<br />
Palliativpatienten zuhause.<br />
An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei<br />
Mag. Franz Hirsch für die professionelle Abhaltung<br />
unserer Supervisionen seit 2010 bedanken.<br />
Ab dem kommenden Jahr wird dies Frau<br />
Mag. Gabriele Lederer übernehmen.<br />
Hospiz macht Schule<br />
Silvia Bönisch hat im vergangenen Jahr die Moderatoren -<br />
schulung erfolgreich abgeschlossen. Sie ist nun<br />
gemeinsam mit Angela Wagner und Manuela Wasl<br />
in verschiedenen Schulen des Bezirks unterwegs,<br />
um Hospiz- und Palliativkultur zu vermitteln.<br />
Hans Fichtinger macht seit Oktober den Lebens-,<br />
Sterbe- u. Trauerbegleitungskurs in Wien, in der<br />
Kardinal König Akademie, und wird demnächst<br />
die nötigen Praxisstunden auf der Kremser<br />
Palliativstation verrichten.
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Rückblick<br />
17<br />
Zertifikatsverleihung<br />
Bei der Mitgliederversammlung am 9. Mai wurde<br />
den ehrenamtlichen Mitarbeitern offiziell das<br />
Ehrenamtszertifikat des Fördervereins überreicht.<br />
Nach abgeschlossenem Lebens-, Sterbe- und<br />
Trauerbegleitungskurs, inklusive Praxis an einer<br />
Hospiz- oder Palliativeinrichtung und anschließender<br />
Probezeit sind sie nun „Ehrenamtliche<br />
MitarbeiterInnen des Fördervereins Palliative Care<br />
Landesklinikum Krems“. Der Vorstand des Vereins<br />
lud danach zu einem netten Heurigenabend ein.<br />
Für den Inhalt:Manuela Wasl, Koordinatorin des Ehrenamtsteam
Rückblick <strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Ehrenamtsteam bildete sich fort<br />
Da die Kommunikation bei der Begleitung von<br />
schwerkranken Menschen ein heikles, sensibles aber<br />
sehr wichtiges Thema ist und der Förderverein<br />
Palliative Care um eine gute Qualität des<br />
Ehrenamtsteams bemüht ist, lud der Verein die<br />
Mitglieder des Ehrenamtsteams am Samstag,<br />
den 24. März 2012 zum Seminar ein.<br />
18<br />
Der Förderverein Palliative Care des LK Krems schenkte<br />
dem Ehrenamtsteam ein Kommunikationsseminar<br />
„Systemisches Fragen und Intervention“<br />
„Wer fragt, der führt“ diese Aussage hören wir immer<br />
wieder. Nur, wie kann ich führen, wie kann ich Fragen<br />
entsprechend einsetzen? Was kann wann und wo<br />
gefragt werden? Jede Frage ist bereits eine Intervention<br />
und bringt einen oder mehrere Bälle ins Spiel.<br />
Der erfahrene Unternehmensberater und<br />
Wirtschaftstrainer Hans Wondraczek, MBA, gestaltete<br />
ein äußerst interessantes Seminar in den Räumen<br />
seiner Firma OIT in Krems, wo die Teilnehmer viel über<br />
Gesprächs-, Beratungs- und Verhandlungstechnik<br />
lernten, aktiv mitwirkten, Videoaufnahmen von<br />
Gesprächen erstellten und an den Beispielen das<br />
gelungene „systemische Fragen“ trainieren konnten.<br />
Die Beteiligten erlebten eine erfolgreiche Weiterbildung<br />
und danken auf diesem Weg dem Vorstand des<br />
Fördervereines, der dieses interessante Seminar<br />
ermöglichte.<br />
Text von Helma Strizik
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Einblick<br />
Amour<br />
Der Oscar-gekrönte Film<br />
Angesichts der aktuell aufgegriffenen Themen in<br />
Filmen wie „Die Auslöschung“ mit Klaus Maria<br />
Brandauer oder „Amour“, der mit einem Oscar<br />
ausgezeichnete Film von Michael Haneke, ist es uns<br />
ein Anliegen, die Stellungnahme der Österreichischen<br />
Alzheimer Gesellschaft zur Kenntnisnahme zu bringen.<br />
Daher haben wir uns entschieden, diese Thematik in<br />
Form von persönlichen Erfahrungsberichten<br />
schwerpunktmäßig zu behandeln.<br />
Wir schließen uns der Meinung an, dass weder Tötung<br />
auf Verlangen noch Beihilfe zum Suizid beschönigt<br />
oder gutgeheißen werden können.<br />
Darstellungsweise in "Die Auslöschung"<br />
infrage gestellt<br />
Die Selbsthilfegruppe Alzheimer Austria kritisiert<br />
die Darstellung von unheilbar Kranken und deren<br />
pflegenden Anghörigen im österreichischen Film.<br />
Im Namen der Selbsthilfegruppe Alzheimer Austria<br />
möchten wir die Ausstrahlung des Filmes Die<br />
Auslöschung mit Klaus Maria Brandauer im ORF zum<br />
Anlass nehmen, auf die fragwürdige Darstellung von<br />
unheilbar Kranken und deren pflegenden Angehörigen<br />
im österreichischen Film aufmerksam zu machen.<br />
In Amour von Michael Haneke genauso wie in Anfang<br />
Achtzig von Sabine Hiebler und Gerhard Ertl und eben<br />
jetzt in Die Auslöschung von Nikolaus Leytner, werden<br />
die von einer unheilbaren Erkrankung Betroffenen von<br />
ihren pflegenden Angehörigen „auf Wunsch“ getötet.<br />
Überforderte Angehörige vollziehen dann den<br />
vermeintlichen Willen der Betroffenen, wenn sie an<br />
die Grenzen<br />
der Belastbarkeit stoßen.<br />
Das scheint eine unvermeidbare Entwicklung<br />
zu sein, weil diesen Personen die notwendige<br />
Unterstützung fehlt: Sie greifen zum Polster oder<br />
verabreichen Tabletten.<br />
In diesen Darstellungen deponieren die Betroffenen,<br />
so lange sie noch in der Lage dazu sind, den Wunsch<br />
nach einem schnellen Ende, wenn es unerträglich wird,<br />
bei ihren Angehörigen. Aus unserer Erfahrung macht<br />
es aber einen großen Unterschied, wenn Betroffene<br />
ein Szenario pro futuro bestimmen, infolgedessen sie<br />
vermeintlich nicht mehr leben möchten – es geht nicht<br />
immer um die Unerträglichkeit des eigen Lebens an<br />
sich, sondern, zumeist möchten sie „so“ dann nicht<br />
weiter leben! Dieses „so“ ist aber in der Regel eine<br />
Folge des Zusammentreffens aus Beeinträchtigungen<br />
infolge der Erkrankung selbst (somatische Ebene<br />
und psychische Ebene) und ihrem Wechselspiel mit<br />
interpersonellen, sozialen bzw. umweltbedingten<br />
Faktoren. Ist die Demenzerkrankung auch heute<br />
noch nicht heilbar (wie übrigens auch eine Vielzahl<br />
anderer somatischer Erkrankungen, wie z.B.<br />
ein erhöhter Blutdruck, eine Zuckerkrankheit,<br />
Herzschwäche, Rheuma etc.) so stehen uns<br />
demgegenüber prinzipiell auf jeder Ebene wirksame<br />
Interventionsmöglichkeiten zur Verfügung, die einen<br />
wesentlichen Einfluss auf dieses „so“ haben können.<br />
Dass die Pflege eines Demenzkranken an die<br />
eigenen Grenzen führen kann, erleben wir in unserem<br />
19
Einblick <strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
20<br />
Beratungsalltag immer wieder. Mit Trainingskursen,<br />
Bildungsangeboten, kostenlosen Beratungs- und<br />
Entlastungsgesprächen stehen wir und viele andere<br />
Einrichtungen den Betroffenen und den pflegenden<br />
Angehörigen bei.<br />
Die Angehörigen brauchen Anerkennung,<br />
Wertschätzung und Entlastung für die<br />
Herausforderung, die die Betreuung einer kranken<br />
Partnerin oder eines Partners, eines Vaters oder<br />
einer Mutter bedeutet, nicht aber die Belastung<br />
mit einem „Tod auf Bestellung“.<br />
Von den 130.000 an einer Demenz Erkrankten in<br />
Österreich werden 80% zuhause gepflegt.<br />
Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und<br />
Konsumentenschutz hat eine hervorragende<br />
Broschüre zum Thema „Gewalt erkennen,<br />
Fragen und Antworten zu Demenz und<br />
Gewalt" herausgegeben und damit auf eine<br />
Tatsache reagiert.<br />
Gedanken zum Thema<br />
von DGKS Angelika Klein<br />
In unserem beruflichen Alltag dürfen wir Menschen<br />
begegnen, die schwer krank sind, die über ihre<br />
Diagnose Bescheid wissen und trotzdem gerne leben.<br />
Von Außenstehenden betrachtet erscheint „so ein<br />
Leben“ vielfach nicht mehr lebenswert. Es weckt<br />
unsere eigenen Ängste vor dem Leiden und auch vor<br />
dem Sterben. Und doch lehren uns gerade diese<br />
Menschen „das Leben“. Die Zufriedenheit die entsteht,<br />
wenn körperliche Schmerzen eingedämmt werden,<br />
beeinträchtigende Symptome ausbleiben und kurze<br />
Ausflüge in den Garten wieder möglich werden oder<br />
liebe Angehörige auf Besuch kommen. Freudvolle<br />
Erfahrungen durch die „kleinen Dinge“ des Lebens<br />
bringen Hoffnung und Lebensfreude zurück.<br />
Manch Schwerkranker sagt trotz Leid und Schmerz:<br />
„Das war heute ein schöner Tag!“ Manchen Menschen<br />
gelingt trotz diverser Einschränkungen noch die<br />
Erfüllung eines „Lebenstraumes“.<br />
Immer wieder kommt es zu Diskussionen über das<br />
Thema „aktive Sterbehilfe“ in der Gesellschaft.<br />
Der Satz: „Wenn mich so ein Schicksal trifft, dann<br />
möchte ich nicht mehr leben“, kommt manchen<br />
Menschen als Erstes in den Sinn. Eine zutiefst<br />
menschlich verständliche Ansicht und Aussage.<br />
Leider fehlt in Österreich im Gegensatz zu anderen<br />
europäischen Ländern nach wie vor ein nationaler<br />
Demenzplan, der eine einheitliche und<br />
flächendeckende Betreuung und Entlastung für die<br />
Angehörigen bringt. Aber dennoch gibt es eine<br />
Realität der Hilfe und Unterstützung, die über das<br />
allen drei Filmen gemeinsame Ende hinausgeht,<br />
mehr noch, die dieses Ende verhindert.<br />
Monika Natlacen<br />
Dr. Andreas Winkler, MSc<br />
Monika Natlacen und Dr. Andreas Wink<br />
im Namen von Alzheimer Austria., springermedizin.at<br />
© <strong>2013</strong> Springer-Verlag GmbH, 18.02.<strong>2013</strong><br />
Doch ist diese Einstellung eines gesunden<br />
Menschen Grund genug um für die aktive<br />
Sterbehilfe Partei zu ergreifen?<br />
Der von den Befürwortern hochgehaltene freie<br />
Wille ist nicht so frei wie es den Anschein hat.<br />
Gäbe es die Möglichkeit, aktive Sterbehilfe in<br />
Anspruch zu nehmen, könne aus der Möglichkeit<br />
schnell eine Verpflichtung, ein moralischer Zwang<br />
werden. Betroffene wie etwa Pflegebedürftige<br />
könnten sich genötigt fühlen, die Sterbehilfe in<br />
Anspruch zu nehmen, um der Gesellschaft oder<br />
den Angehörigen nicht zur Last zu fallen.<br />
Die Forderung nach Sterbehilfe ist Teil der Verdrängung<br />
von Leid und der Tabuisierung des Tods in einer
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Rückblick Einblick<br />
„Aktive Sterbehilfe“<br />
leistungszentrierten „Spaßgesellschaft“. Aktive Sterbehilfe<br />
stellt einen Dammbruch für Willkür und Kostendruck<br />
dar. Wenn die absolute Hochachtung vor dem Leben<br />
einmal aufgeweicht ist, könnten auch radikale, dem<br />
Kostendruck im Gesundheitswesen geschuldete<br />
Positionen wie z.B. "Keine Operationen mehr für<br />
Menschen über 80", schleichend Akzeptanz finden.<br />
Zu bedenken gilt es auch, dass der Krankheitsverlauf<br />
zwar statistisch berechnet werden kann, jeder Mensch<br />
aber aufgrund seiner Gene, seines Willens, seines<br />
Umfeldes, seiner Fähigkeit aktiv gegen die Erkrankung<br />
anzugehen, anders reagiert. Ebenso reagiert jeder<br />
Mensch individuell auf diverse schulmedizinische /<br />
komplementäre Behandlungsmethoden,<br />
Chemotherapeutika, Bestrahlungsmöglichkeiten, usw.<br />
Der Freitod durch aktive Sterbehilfe ist aber endgültig<br />
und nicht revidierbar, wenn sich die Faktenlage ändert.<br />
Ein Indikator für den Zivilisationsgrad einer<br />
Gesellschaft ist der Umgang mit den schwächsten<br />
Mitgliedern, also mit unseren kranken Menschen,<br />
den Alten und den Menschen mit Behinderungen<br />
sowie mit den Ungeborenen.<br />
Manche Kritiker sehen in der aktiven Sterbehilfe, die<br />
in manchen Ländern sogar offiziell "Euthanasie"<br />
(Euthanasie (griechisch: von eu- für: „gut, richtig, leicht,<br />
schön“ und thánatos - der Tod) heißt, einen fatalen<br />
Vorstoß in die Richtung der "Vernichtung unwerten<br />
Lebens", wie wir es vom Nationalsozialismus her<br />
kannten: Wenn es erst einmal normal ist, dass<br />
Schwerkranke von Menschenhand den Tod finden,<br />
so könnten, wie manche befürchten, als Nächstes zum<br />
Beispiel Schwerbehinderte an der Reihe sein. Für die<br />
beteiligten Ärzte würden sich Gewissenskonflikte<br />
ergeben. Einerseits sei es ihre per hippokratischen Eid<br />
bestätigte Aufgabe, Leben um jeden Preis zu retten.<br />
Das Töten von Patienten würde, selbst wenn diese es<br />
als ihren Wunsch formulieren, für Ärzte ein schweres<br />
moralisches Problem darstellen. Ferner ist es anmaßend,<br />
wenn Ärzte darüber entscheiden dürfen, welche<br />
Patienten krank genug für Sterbehilfe sind.<br />
Da wir alle einmal an diesen Lebensabschnitt<br />
kommen werden, sollte das Sterben als<br />
natürlicher Prozess angesehen werden, der<br />
zum Leben ganz selbstverständlich dazugehört.<br />
Einige Argumente aus christlicher Sicht:<br />
• Das Leben ist ein Geschenk Gottes (vgl. Gen 2,7),<br />
über das der Mensch nicht eigenmächtig, nach<br />
Gutdünken verfügen darf.<br />
• "Du sollst nicht töten" – umfasst auch Kranke<br />
und Sterbende. (vgl. Ex 20,13)<br />
• Aufgrund der Gottesebenbildlichkeit des Menschen<br />
und seiner besonderen Stellung innerhalb der<br />
Schöpfung verfügt jeder über eine unbedingte<br />
Menschenwürde, die auch für Schwerstkranke gilt.<br />
• Keine der Weltreligionen empfiehlt die<br />
vorzeitige Tötung Schwerkranker oder<br />
Sterbender.<br />
Auszug aus einem Artikel „Die Presse“ vom 24.10.2012,<br />
Anne-Catherine Simon<br />
„Wird Sterben auf Wunsch zum<br />
Massenphänomen, und braucht es Gesetze?<br />
„Die Presse“ befragte einen Lebensende-Forscher<br />
und einen Soziologen.<br />
„Die Pensionsfrage ist absolut harmlos gegenüber der<br />
Frage, wie das Gesundheitssystem finanziert werden<br />
soll“, sagt der Grazer Soziologe Manfred Prisching.<br />
„Neben dem Rationierungsdiskurs – wer kriegt noch<br />
welche Maßnahmen? – wird die Euthanasiediskussion<br />
kommen, von beiden Seiten: Da sind die Leute, die<br />
sagen, ich verfüge über mein eigenes Leben.<br />
Auf der anderen Seite gibt es eine heimtückische<br />
Diskursstrategie, die man sich nie eingestehen würde:<br />
Lohnt sich das finanziell noch, für jemanden, der nur<br />
noch im Bett liegt? Das wird natürlich menschlich und<br />
humanistisch diskutiert werden. Der Mensch ist immer<br />
gut darin, schlechte Motive mit noblen zu überdecken.“<br />
21
Einblick <strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
22<br />
Wie perfide sich finanzielle mit berechtigten ethischen<br />
Interessen mischen und so bemänteln lassen, zeigt<br />
sich derzeit in England. Wie „Die Presse“ am Dienstag<br />
berichtete, werden britische Ärzte ermuntert, Listen<br />
über die ihrer Einschätzung nach bald sterbenden<br />
Personen zu führen. Die verdienstvolle Idee dahinter<br />
ist, einen „Lebensende“-Plan mit den Betroffenen und<br />
den Angehörigen zu entwerfen. Rein zufällig könnte<br />
diese Initiative eine Milliarde Pfund jährlich einbringen.<br />
Denn die Initiatoren nehmen an, dass viele Kranke<br />
lieber zu Hause sterben.<br />
Stimmt es, dass heute die Mehrheit der Menschen für<br />
aktive Sterbehilfe ist? Etliche Umfragen behaupten<br />
das, doch wie wird gefragt? In einer Studie an der<br />
Uni Zürich wurde den Befragten der Fall einer Krebspatientin<br />
vor Augen gestellt, die an „unerträglichen“<br />
Schmerzen leide und nur noch kurz zu leben habe.<br />
Eine Mehrheit sprach sich in diesem Fall für ärztlich<br />
assistierten Suizid aus, woraus die Botschaft wurde:<br />
Die Mehrheit der Schweizer sind für aktive Sterbehilfe.<br />
Dass heute mehr Menschen dafür seien als in der<br />
Vergangenheit, sei ein Mythos, sagt der Lebensende-<br />
Forscher. „Es gab immer wieder Wellen, in den<br />
60er- und 70er-Jahren etwa war die Zustimmung in<br />
der Schweiz und Deutschland ganz hoch. Nur sind<br />
heute aktive Interessen im Spiel.“ Entscheidend sei<br />
auch, wen man frage. „Kerngesunde 18-Jährige sind<br />
viel eher für Suizidhilfe als kranke Alte.“<br />
Zimmermann ist überzeugt, dass der Wunsch, sich<br />
vorzeitig in den Tod befördern zu lassen, eine<br />
Randerscheinung autonomer Persönlichkeiten bleiben<br />
wird, zumal er nicht glaubt, dass die leidvolle Alterszeit<br />
sich stark verlängern wird. „Studien zeigen, sie wird<br />
sich einfach nach hinten verschieben.“ Also warum<br />
Gesetze machen für so wenige, fragt er, bei Gefahr<br />
des Missbrauchs und damit der Gefährdung von<br />
verletzlichem Leben? In Österreich werde aktive<br />
Suizidhilfe vermutlich verdeckt genauso betrieben<br />
wie in der Schweiz, ist er überzeugt. „Aber eine<br />
Suizidhilfe-Praxis gibt es seit der Antike, und wenn sich<br />
eine Praxis nicht durch ein Gesetz<br />
'normalisieren' lässt, dann ist es sicher besser, auf neue<br />
Regelungen zu verzichten.“<br />
Sinnvoll oder nicht, für Prisching wird der „steigende<br />
Problemdruck“ Gesetze für die aktive<br />
Sterbehilfe unausweichlich machen.<br />
„Sie sind bei uns noch nicht gesellschaftsfähig,<br />
aber solche Diskurse entstehen<br />
langsam. Man denkt anders,<br />
wenn man sich zehn Jahre damit<br />
vertraut gemacht hat.“<br />
ZU DEN PERSONEN<br />
Markus Zimmermann ist Theologe<br />
und Medizinethiker an der<br />
Universität Freiburg, seit Oktober<br />
leitet er das nationale Schweizer<br />
Forschungsprogramm „Lebensende“.<br />
Manfred Prisching ist ein Grazer<br />
Soziologe, im Sommer sprach er<br />
in Alpbach über das Thema<br />
„Generationengerechtigkeit und damit<br />
verbundene künftige Krisen“.<br />
Quelle: "Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2012
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Einblick<br />
Laut einer Studie der Universität Graz im Jahre<br />
2010, sind 62 Prozent der Österreicher für<br />
aktive Sterbehilfe:<br />
Im Rahmen der Erhebung des Instituts für Sozialmedizin<br />
und Epidemiologie wurden 1000 Österreicher ab<br />
16 Jahren telefonisch befragt, wobei die Einstellung<br />
sowohl zur aktiven als auch zur passiven Sterbehilfe<br />
erhoben wurde. Dabei zeigte sich ein merklicher<br />
Stimmungswandel innerhalb der vergangenen zehn<br />
Jahre: 62 Prozent der Befragten befürworteten die<br />
aktive Sterbehilfe. Bei vergleichbaren Befragungen des<br />
IMAS-Instituts in den Jahren 2000 und 2006 sprachen<br />
sich erst 49 Prozent dafür aus.<br />
„In Zeiten knapper Ressourcen könnte eine<br />
Legalisierung letztlich dazu führen, dass nur<br />
Wohlhabenden die freie Wahl zwischen<br />
kostenintensiver Palliativmedizin und Sterbehilfe<br />
offensteht“, interpretieren die Studienautoren<br />
Univ.-Prof. Dr. Willibald Stronegger und Univ.-Prof.<br />
Dr. Wolfgang Freidl die Ergebnisse kritisch.<br />
23<br />
Im Gegensatz zur aktiven ist die passive Sterbehilfe<br />
in Österreich erlaubt: Dabei wird bei einer tödlich<br />
verlaufenden Erkrankung oder Verletzung auf<br />
lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet. Wenn<br />
der Kranke also eine Behandlung ablehnt, muss der<br />
Arzt im Regelfall die Autorität des Patienten anerkennen<br />
und nach dessen Wunsch handeln.“<br />
Quelle: Internetseite: med uni graz.at /Archiv 2010<br />
Unter passiver Sterbehilfe versteht man einen vom<br />
Patienten selbst verlangten Abbruch einer medizinisch<br />
noch möglichen lebensverlängernden Behandlung bei<br />
unheilbarer Krankheit oder schwerem Leiden. Aktive<br />
Sterbehilfe bezeichnet die Möglichkeit, dass unheilbar<br />
Kranken und schwer leidenden Menschen der Wunsch<br />
zum Sterben erfüllt wird, indem ein Mittel verabreicht<br />
wird, das ihren Tod herbeiführt.<br />
Dieser hohe Anteil von Befürwortern der aktiven Sterbehilfe<br />
zeigt die große Verunsicherung in der Bevölkerung<br />
und die Angst vor unerträglichem Leid, Entwürdigung,<br />
Schmerzen und anderen belastenden Symptomen.<br />
Von Seiten der Palliativmedizin und<br />
Palliativpflege sind wir dringend gefordert,<br />
unsere Möglichkeiten darzustellen, um diese<br />
Ängste abzubauen.<br />
„Palliative Care“ umfasst ein Konzept zur Wahrung<br />
und Verbesserung der Lebensqualität schwerstkranker<br />
Menschen und deren Angehörigen. Unter Mitwirkung<br />
und enger Zusammenarbeit von Ärzten, diplomierten<br />
Pflegepersonen, Seelsorgern, Psychotherapeuten,<br />
Diätologen, Physiotherapeuten, Sozialarbeitern und<br />
ehrenamtlichen Helfern wird eine individuelle<br />
Behandlung, Begleitung und Betreuung, die über<br />
den Krankenhausaufenthalt hinaus geht, möglich.<br />
Text: Angelika Klein (DGKS)
Rückblick Einblick <strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Tochter und Ärztin<br />
24<br />
Vor zwei Monaten ist meine Mutter auf der Palliativstation<br />
verstorben. Sie hat sich die Nacht des letzten<br />
Tages des vergangenen Jahres ausgesucht.<br />
Ja, ausgesucht: Zu diesem Zeitpunkt hatte sich meine<br />
jüngere Schwester auch zu meinem Mann und mir<br />
gesellt. Meine Schwester hatte natürlich täglich<br />
angerufen und jedes Mal gefragt, ob sie nicht<br />
kommen sollte, doch meine Mutter hat jedes Mal<br />
geantwortet: Bleibe bei deiner Familie (meine<br />
Schwester hat 7 Kinder). Zwei Tage vor ihrem Tod<br />
hat sie dies nicht mehr gesagt und meine Schwester<br />
kam. Zu diesem Zeitpunkt war auch ich bereit sie<br />
gehen zu lassen, so wie auch sie selbst in ihrer<br />
vollkommenen körperlichen Abhängigkeit,<br />
Schwäche und Atemnot, bereit war zu gehen.<br />
Meine Mutter hat 65 Jahre mein Leben begleitet.<br />
Die Erfahrung eine Mutter zu verlieren ist sehr<br />
schmerzhaft, auch wenn dieser Zeitpunkt schon<br />
längere Zeit voraussehbar war.<br />
Bis vor eineinhalb Jahren hat meine Mutter mit<br />
meinem Vater im eigenen Haus ihren Haushalt führen<br />
können. Pünktlich um 12 Uhr hat sie für meinen Vater<br />
und sich selbst das Mittagessen, das abwechslungsreich<br />
mit frischem Gemüse gekocht war, auf den<br />
Tisch gebracht. Ihre Kuchen waren berühmt in der<br />
evangelischen Frauengemeinde. Mein Sohn hat einmal<br />
ausgerechnet, dass sie weit über 10.000 Kuchen<br />
gebacken haben müsste. Kochen zu können war<br />
ihr wichtig und ein Ziel, dass sie nach jedem<br />
Krankenhausaufenthalt wieder erreichen wollte.<br />
Ruth Stautzebach kletterte 2012 noch auf Schränken herum.<br />
Im Juni vergangenen Jahres war das dann nicht<br />
mehr möglich. Es musste Essen auf Rädern bestellt<br />
werden. Dieses wurde pünktlich um 12 Uhr geliefert.<br />
Die Uhrzeit war wohl gleich aber das Essen natürlich<br />
nicht das, was meine Mutter und vor allem mein<br />
Vater seit fast 68 Jahren gewöhnt waren. Durch die<br />
Erkrankung und die vielen Medikamente hatte<br />
meine Mutter im unterschiedlichen Maße einen<br />
bitteren Geschmack, der ihr das Essen manchmal fast
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Einblick<br />
unmöglich machte. Sie nahm einen Löffel voll und<br />
probierte vorsichtig jedes Mal. War erfreut, wenn das<br />
Essen an diesem Tag einmal nicht bitter schmeckte.<br />
Ab Juni brauchte meine Mutter dann auch Hilfe<br />
beim Waschen. Frauen einer Hilfsorganisation kamen<br />
jeden Morgen, um meiner Mutter beim Anziehen, beim<br />
Waschen und im Haushalt zu helfen. Solange meine<br />
Mutter hier relativ selbstständig war und auch noch<br />
am Morgen selber aufs WC gehen konnte (langsam<br />
und später auch mit der Sauerstoffschnur), ging dies<br />
auch relativ gut. Dann kam jedoch die Ferienzeit.<br />
Die Betreuerinnen wechselten ständig – jeden Tag eine<br />
neue Person. Jeder neuen Person musste meine Mutter<br />
alles erklären. Das kostete sie viel Mühe. Alle Dinge,<br />
die nicht an ihren Platz zurückgelegt waren oder an<br />
den Platz auf dem Tisch neben ihrem Stuhl wie<br />
z.B. das Telefon, waren dann für die nächsten Stunden<br />
nur mehr mit Mühe zu erreichen.<br />
Dann kam die Zeit, wo das Waschen von einer<br />
Krankenschwester übernommen werden musste.<br />
Da Krankenschwestern an Zahl in dieser Organisation<br />
weniger zur Verfügung standen, konnten diese erst<br />
frühestens um 10.00 Uhr kommen. Meine Mutter<br />
hätte aber den morgendlichen WC Gang nicht bis<br />
10.00 Uhr aushalten können, auch ein Leibstuhl hätte<br />
hier nicht geholfen, da sie die schweren, ödematösen<br />
Beine nicht mehr selber ins Bett hätte bringen können.<br />
Der Hausarzt wurde zur Absicherung von der Leitung<br />
der Hilfsorganisation geholt, um ihre beginnenden<br />
Hautdefekte zu beurteilen. Deutlich war sein Entsetzen<br />
(meine Mutter hatte ganz dunkelblaue Füße und<br />
Atemnot) und auch die Hilflosigkeit des Arztes zu<br />
spüren. Wenige Tage später bekam ich einen Anruf<br />
von ihm, dass eine 24 Stunden Hilfe erforderlich sei,<br />
da die Hilfsorganisation die Verantwortung nicht<br />
mehr übernehmen könnte.<br />
Den Sommer über hatte unsere Familie ein Radl an<br />
Versorgung gebildet. Alle Kinder und Enkelkinder<br />
hatten sich mittels moderner Kommunikation<br />
„Face-Book“ lautend auf den Namen „Oma to<br />
the rescue“ eingetragen, die Mutter und Oma eine<br />
gewisse Zeit zu versorgen. Dies gelang auch gut. So<br />
hatten alle noch einmal Zeit um Abschied zu nehmen.<br />
Einige Male hatte ich meiner Mutter vorgeschlagen,<br />
dass ich sie stationär aufnehmen könnte, sie hat<br />
jedoch abgelehnt bis zu dem Zeitpunkt, da der<br />
Hausarzt die Verantwortung nicht mehr übernehmen<br />
wollte. Jetzt sagte sie zu. Am Tag vor meiner Ankunft<br />
bei ihr um sie abzuholen, war am Nachmittag der<br />
evangelische Pastor bei ihr. Einige Stunden<br />
verbrachte er mit meiner Mutter.<br />
Am nächsten Morgen packten wir gemeinsam den<br />
Koffer. Mittags verließen wir dann den Ort, an<br />
dem sie die letzten 50 Jahre gelebt hatte. Wir alle<br />
wussten, dass dies ein endgültiger Abschied von<br />
diesem schönen Ort und den Menschen, denen sie<br />
und die ihr geholfen haben, war. Es liefen die<br />
Nachbarn zusammen. Auch der kleine Bub, der bei<br />
einem Spiel mit den anderen kleineren Kindern einmal<br />
den Auftrag bekommen hatte ihr zu sagen, dass er sie<br />
liebe, war dabei. Meine Mutter hatte zu dieser<br />
Aussage nur geantwortet: "Na, wenn du mich so<br />
liebst, dann kannst du mir ja auch helfen den<br />
Mist wegzutragen." Wir verließen S. an einem<br />
strahlendblauen Wintertag.<br />
Im Krankenhaus angekommen, konnte sie sich<br />
wohlbehütet in ein weiches warmes Bett kuscheln.<br />
Die nächsten Tage schien es, als ob sie sich noch<br />
einmal erholen könnte. Wir schauten gemeinsam<br />
alte Fotos an, spielten Canasta und sprachen über<br />
ihre liebsten Erinnerungen im Leben und auch über<br />
schwierige Situationen, die es etliche in ihrem Leben<br />
gegeben hat. Unser Sohn, ihr erster Enkel hat das<br />
in seinem Nachruf folgendermaßen beschrieben:<br />
Sie wurde vor fast 9 Jahrzehnten in Wanne-Eickel<br />
geboren. Von ihrer Kindheit sagte sie: “Wir hatten<br />
25
Einblick <strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
26<br />
damals nicht viele Spielsachen. Ein Alltags- und ein<br />
Sonntagsgewand, ein paar Spielfiguren, eine<br />
Springschnur, einige Murmeln. Aber wir waren<br />
erfinderisch, erzählten Geschichten und lachten."<br />
Sie war nicht das allerhübscheste Mädchen, aber sie<br />
war willensstark. Sie erinnerte sich, wie schwer alles<br />
sauber zu halten war, mitten im großen Kohle und<br />
Stahl Boom des Ruhrgebietes. Die Fensterbänke<br />
mussten täglich vom Ruß befreit werden.<br />
In der Zwischenkriegszeit hatte ihr Vater seine<br />
Konditorstelle aufgegeben und ging in die Zeche,<br />
um die Familie ernähren zu können, und um Oma<br />
in die Schule schicken zu können, was damals nicht<br />
jedem Mädchen ermöglicht wurde.<br />
Während des Krieges wurde sie Krankenschwester –<br />
eine Berufung die sich fast natürlich aus der<br />
Kombination ihrer Abenteurerlust und ihrer tiefen<br />
Menschlichkeit ergab. Es waren die Zeiten noch<br />
vor dem Penicillin, Zeiten, wo zwar direkten<br />
medizinischen Eingriffen Schranken gesetzt waren,<br />
nicht aber dem Heilen.<br />
Ich erinnere mich noch lebhaft an die Geschichte von<br />
Oma, wie sie Patienten in den Luftschutzbunker<br />
brachte und wie sie nur knapp dem Tode entging als<br />
der Luftdruck der ersten Bombe sie mitsamt der<br />
Kellertür in den Luftschutzbunker hinuntersegeln ließ.<br />
Weihnachten feierten wir gemeinsam mit meinem<br />
Vater im Krankenhaus. Meine jüngste Schwester kam<br />
vor ihrer Abreise zu ihrem Lebensgefährten, um sich<br />
zu verabschieden. Christoph, ein Enkel brachte seine<br />
große Liebe aus Japan mit und stellte sie Oma noch<br />
vor. Es kamen viele Anrufe täglich. Große Sorge<br />
hatte sie um ihren Ehemann. Wir versprachen auf ihn<br />
aufzupassen. Mein Vater konnte jedoch nicht bis zum<br />
Tod bei ihr verweilen. Zwischen Hoffnung für meine<br />
Mutter, und auch den eigenen Tod vor Augen, konnte<br />
er es nicht aushalten und wollte einige Tage vor dem<br />
Tod meiner Mutter zurück nach S. Meine Mutter sagte:<br />
„Lass ihn nur gehen.“<br />
Zwei Tage vor ihrem Tod konnte meine Mutter nicht<br />
mehr aus dem Bett. Zusammen mit der Schwester<br />
und dem Pfleger habe ich meine Mutter gewaschen,<br />
Herzwickel gemacht, massiert, eingerieben.<br />
Die Wärme meiner Hände wollte sie am letzten Tag<br />
nicht mehr haben. Ein paar Löffel Grießbrei hat<br />
meine Schwester noch gefüttert. Sie hatte die letzten<br />
beiden Tage die Augen meist geschlossen gehalten,<br />
sie hat jedoch alles verstanden und auch manchmal<br />
witzige Kommentare abgegeben. Telefonate mit<br />
geschwächter Stimme geführt. Eines hat sie nicht mehr<br />
geschafft: Sich mit ihrer Schwester zu versöhnen.<br />
Am Abend ihres Todes hat sie meine Schwester,<br />
meinen Mann und mich heimgeschickt. Um 2 Uhr<br />
kam dann der Anruf, dass sie verstorben sei.<br />
Es war ihr Tod: Bis zum Ende völlig klar, bestimmt wie<br />
weit sie Medikamente haben wollte für ihre Atemnot,<br />
bestimmt wann sie einen Katheter haben wollte,<br />
bestimmt wann es Zeit war zu gehen.<br />
Ich bin froh über alles, was wir gemeinsam<br />
unternommen haben: Sie hat uns in NY besucht und<br />
in Washington D.C., wir waren gemeinsam zur<br />
Graduation von unserem Sohn Stefan in Stanford,<br />
waren bei seiner Hochzeit und haben eine Rundreise<br />
durch Kalifornien gemacht. Wir haben die Festspiele<br />
in Schleswig Holstein besucht, die ein Cousin meines<br />
Mannes geleitet hat, haben Thüringen (meine Mutter<br />
hat hier als Kind ihre Ferien verbracht), Goethe und<br />
Schillers Wohnhaus in Weimar und Luthers Wirkstätten<br />
besucht, haben ihren 80 Geburtstag gefeiert und zu<br />
diesem Zeitpunkt auch ein Rezeptbuch für alle<br />
Enkelkinder erstellt.<br />
Wir haben viele schöne Erinnerungen.<br />
Wir vermissen sie sehr.<br />
Text von Mag. Dr. Ursula Heck
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Einblick<br />
Krebs – Ungewissheit – Krankheit –<br />
Zuversicht – Mobilität … Palliativ?<br />
Umgang mit der Krankheit und dem Tod unseres Vaters<br />
Es läutet das Mobiltelefon,<br />
ich hebe ab und mein<br />
Vater teilt mir mit:<br />
„Ich habe Darmkrebs und<br />
werde Weihnachten nicht<br />
mehr erleben …“.<br />
In dieser Form haben wir<br />
Söhne die Information<br />
über den Beginn seiner<br />
Erkrankung mit allen Höhen<br />
und Tiefen erfahren.<br />
Viele Fragen, denen er sich und wir uns unvorbereitet<br />
stellen müssen. Was ist genau? Wie geht es weiter?<br />
Was heißt dies für ihn? Für mich? Für unsere Familie...?<br />
Seine größte Sorge ist, wie geht es mit der Betreuung<br />
seiner Ehefrau, unserer Mutter, die zu diesem Zeitpunkt<br />
schon an Alzheimer erkrankt war, weiter.<br />
Gemeinsam mit ihm, unseren Ehefrauen und mit<br />
Unterstützung des Kremser Hilfswerkes wird ein<br />
Betreuungsplan auf die Füße gestellt, der ihn in der<br />
Betreuung seiner Ehegattin entlasten soll. Dies gelingt<br />
anfangs sehr gut, mit zunehmender Verschlechterung<br />
des Gesundheitszustandes unserer Mutter, wird ihm<br />
diese Belastung aber trotzdem zuviel. Dies führt zu<br />
teilweise großen Spannungen und die Sorge um<br />
seine Ehefrau ist für seinen Gesundheitszustand<br />
nicht förderlich.<br />
Nach einer weiteren Verschlechterung des Zustandes<br />
unserer Mutter, bleibt schlussendlich nur mehr ihre<br />
Aufnahme im Pflegeheim in Mautern übrig.<br />
Diese Maßnahme bringt eine wesentliche Beruhigung<br />
der Situation und eine merkbare Erleichterung für ihn.<br />
Für uns stellt sich die Frage: „Wie führt er alleine den<br />
Haushalt?“ Kochen, Waschen, Zusammenräumen,<br />
Bügeln … alles Tätigkeiten mit denen er bisweilen<br />
keine Erfahrungen gesammelt hat. Lässt er sich helfen?<br />
Wie viel Unterstützung benötigt er, wie viel<br />
Unterstützung lässt er zu, kann er annehmen? Fragen,<br />
die uns und unseren Gattinnen Gedanken bereiten.<br />
„Brauchst Du etwas?“ Seine Antwort: „Nein, mach’<br />
ich mir selber!“ Er lernt die Waschmaschine zu<br />
bedienen, das Bügeleisen in die Hand zu nehmen<br />
und all die anderen Dinge, die bis jetzt das<br />
„Heinzelmännchen: Ehegattin“ erledigt hat.<br />
Wir staunen! „Was Hänschen nicht lernt – lernt<br />
Hans (Johann) immer noch!“<br />
Osterputz – Weihnachtsputz – Vorhänge waschen –<br />
Fensterputz, … Danke an unsere Ehefrauen,<br />
seinen Schwiegertöchtern!<br />
Da er im Pflegeheim auch als ehrenamtlicher Helfer<br />
tätig ist, ist der tägliche Besuch bei seiner Ehefrau<br />
selbstverständlich.<br />
Viele Behandlungen und Therapien hat er zwischenzeitlich<br />
mit unglaublicher Stärke hinter sich gebracht.<br />
Von Anfang an hat er durch seinen offenen Zugang<br />
zur Krankheit uns – seiner Familie – und auch seinen<br />
Mitmenschen den Umgang mit ihm sehr erleichtert.<br />
Sein Motto: „Aufgeben tut man nur einen Brief!“<br />
Ein Jahr später kommt der nächste Tiefschlag.<br />
Die Hoffnung, dass der „seitliche Ausgang“ wieder<br />
rückoperiert werden könne, hat sich zerschlagen.<br />
Wieder heißt es, seine Lebenserwartung würde nur<br />
mehr 3-4 Monate sein.<br />
Immer wieder kommt es zu Ereignissen, die einen<br />
Aufenthalt im Krankenhaus unumgänglich machen.<br />
Ein rascher Transfer aus der vertrauten Wohnung mit<br />
der Rettung ins Krankenhaus, lässt ihn verzweifeln.<br />
27
Einblick <strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Trotz der schwierigen Lage ist es uns immer ein<br />
Bedürfnis ihm Zuversicht und Hoffnung zu geben.<br />
Er weiß, mit uns kann er 24 Stunden am Tag rechnen.<br />
Die stationären Aufenthalte werden länger und<br />
erfolgen in kürzeren Abständen.<br />
Nach einem dieser Aufenthalte berichtet er uns stolz<br />
über ein ausführliches Gespräch mit „seinem“ Abt<br />
Columban – Vergelt’s Gott!<br />
Darauf hin will er die familiären Angelegenheiten in<br />
seinem Ablebensfall geregelt haben und seine Söhne<br />
zu einem gemeinsamen Gespräch sehen. Bei diesem<br />
Gespräch vermittelt er uns nicht nur wo wir alles<br />
finden und was danach zu machen sei, sondern wir<br />
besprechen auch gemeinsam mit ihm sein Begräbnis<br />
durch und setzen die Parte auf. Die Umsetzung seiner<br />
Wünsche dabei ist ihm sehr wichtig. Dies teilt er uns<br />
mit seinem bekannt trockenem Humor mit. Mitunter<br />
war die Gestaltung seines Begräbnisses und die<br />
Regelung seines Nachlasses – so blöd es klingt –<br />
zeitweise sehr lustig.<br />
Der größte Wunsch für die ihm verbleibende Zeit ist,<br />
dass wir ihm seine Mobilität lassen und<br />
ihm nicht dauernd auf den Geist<br />
gehen und fragen: „Wie geht<br />
es dir …?“. Die täglichen<br />
Besuche im Heim, selbst<br />
einzukaufen, all dies will<br />
er so lange es geht mit<br />
seinem Auto selbst<br />
erledigen.<br />
Für uns bedeutet dies:<br />
Wenn wir das „PapaMobil“<br />
an den uns<br />
bekannten Plätzen in<br />
Mautern stehen sehen, ist<br />
Papa mobil. Wenn nicht, heißt<br />
es unauffällig, mal zufällig in der<br />
Wohnung vorbei zu schauen …<br />
Er will nur, wenn er etwas braucht bzw. es ihm<br />
schlecht geht, dass einer von uns für ihn da ist.<br />
Die Umsetzung dieses Wunsches gemäß unserem<br />
Familienmotto „alle für einen – einer für alle“,<br />
aber auch dank seines großen Netzwerkes,<br />
funktioniert problemlos.<br />
Vermehrte Probleme mit seinem „seitlichen Ausgang“<br />
veranlassen ihn, seinen behandelnden Ärzten, trotz<br />
ungewissem Ausgangs und negativen Prognosen, den<br />
Versuch der Rückoperation, abzuringen. Dass diese<br />
Operation dann auch noch gelingt, ist für ihn eine<br />
Steigerung seiner Lebensqualität – wie Weihnachten,<br />
Ostern und Geburtstag zusammen.<br />
Im Jänner 2012 ist sein Wunsch den 55. Hochzeitstag<br />
gemeinsam mit seiner Ehefrau und der gesamten<br />
Familie und unserem Stadtpfarrer P. Clemens im<br />
Pflegeheim zu feiern. Es ist ein sehr schönes<br />
Zusammensein, wobei wir aber den Eindruck haben,<br />
dass er zu diesem Zeitpunkt bereits weiß, dass dies<br />
seine letzte große Familienfeier ist.<br />
Seine letzte Zeit verbringt er auf der Palliativstation,<br />
wohin er anfangs gar nicht will, dann aber sagt:<br />
„Wenn ich gewusst hätte, wie gut es mir hier geht,<br />
wäre ich schon früher gekommen“. Er hat trotz einer<br />
nochmaligen Operation sogar noch Pläne. Er hat<br />
bereits organisiert und es war vereinbart, dass er für<br />
einige Stunden das Krankenhaus verlassen darf, um<br />
seine Ehefrau besuchen zu können. Dazu soll es jedoch<br />
nicht mehr kommen, er ist dann, obwohl es so<br />
kurzfristig nicht zu erwarten war, am 17. März um<br />
01:15 Uhr früh für immer von uns gegangen.<br />
Wir haben kurz nach seinem Ableben Gelegenheit<br />
uns im Krankenhaus von ihm zu verabschieden. Zeit,<br />
sein Leben, unsere Erlebnisse, gemeinsame Stunden,<br />
unsere Empfindungen ein letztes Mal mit ihm zu teilen.<br />
Dabei können wir auch lächeln.<br />
Die Zeit am Sterbebett sind Stunden, die uns Kraft<br />
gegeben, uns bestärkt haben, dass sein Wunsch:<br />
„Ich will unterwegs sein bis zum Schluss und dann<br />
soll es schnell gehen“, in Erfüllung gegangen ist.<br />
„Wichtig ist der Zusammenhalt der Familie, jedoch<br />
jedem den Respekt entgegen zu bringen, auf seine<br />
Weise mit Krankheit und Tod umzugehen.“<br />
Das haben uns unsere Eltern gelehrt – das hat er<br />
uns vorgelebt!<br />
Im Andenken an unseren Vater Johann Flatschart.<br />
28
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Einblick<br />
Spirituelle Begleitung und Seelsorge<br />
Nach der Mitgründung des mobilen Caritas Hospizdienstes<br />
in Krems durfte ich von Anfang an im<br />
Palliativteam im Krankenhaus als Seelsorger dabei<br />
sein und bin es immer noch mit großer Freude.<br />
Ja ich genieße ich es, Mitglied in einem so<br />
offenherzigem und motivierten Team sein zu dürfen.<br />
Genau das bestätigten auch die SchülerInnen der<br />
Schule für Gesundheits- und Krankenpflege, die auf<br />
der Palliativstation Praktikum machten und die ich<br />
supervisorisch begleitete. (Jetzt ist ja die Schule in Krems<br />
geschlossen.) Sie hätten sich auf der Palliativstation sehr<br />
wohlgefühlt, wurden ernst genommen und schwärmten<br />
von dieser besonderen Atmosphäre, eines behutsamen<br />
und achtsamen Umgangs mit den Menschen.<br />
Sehr dankbar bin ich, dass die spirituelle Begleitung und<br />
die Anliegen der Seelsorge vom ganzen Team aktiv<br />
mitgetragen werden. Die spirituelle Begleitung, die<br />
heute auch als Spiritual Care bezeichnet wird , ist ein<br />
Bestandteil von Palliatve Care und gehört zu den<br />
Qualitätskriterien in den Standards (WHO).<br />
Unter Spiritualität verstehe ich die lebendige Beziehung<br />
des Menschen zu dem, was sein Leben trägt, diesem<br />
Halt gibt und über dieses hinausweist.<br />
Spiritual Care ist vor allem Begegnung auf Augenhöhe<br />
in einer Haltung des Raumgebens und achtsamen<br />
Seinlassens. So kann ein Klima des gegenseitigen<br />
Vertrauens und der Nähe entstehen, in dem Halt<br />
gebende Erfahrungen und Sinnzusammenhänge sich<br />
öffnen und manchmal vielleicht verborgene Ressourcen<br />
sich zeigen können. Spiritual Care gibt auch Raum<br />
für die spirituellen und religiösen Bedürfnisse des<br />
Menschen. In diesem Sinn wird auf der Palliativstation<br />
Spiritual Care interdisziplinär von Haupt- und<br />
Ehrenamtlichen praktiziert.<br />
Es ist klar, dass auch Menschen auf der Palliativstation<br />
betreut werden, die sich weder als spirituell, noch<br />
als religiös bezeichnen möchten und keine Bedürfnisse<br />
in diese Richtung äußern. Niemand braucht<br />
Sorge haben in diese Richtung beeinflusst oder<br />
vereinnahmt zu werden.<br />
Von links nach rechts: Sylvia Ströbitzer, PAss., Mag. Anton Hofmarcher,<br />
Pfarrer in St.Paul/Mitterau; Mag. Roswitha Petz, evang. Pfarrerin;<br />
Mag. Franz Hirsch, PAss; Helga Bauer, PAss.<br />
Meine Aufgabe als Pastoralassistent in der Krankenhausseelsorge<br />
ist das Besuchen und das Begleiten von<br />
Patientinnen und Patienten sowie Angehörigen und<br />
die Angehörigennachbetreuung, wenn sie gewünscht<br />
wird. Auch das Gespräch mit den Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern ist mir sehr wichtig.<br />
Eine weitere Aufgabe ist die Spendung der<br />
Hl. Kommunion am Samstagabend – das mache ich<br />
besonders gern. Zu dieser Zeit ist kaum mehr Besuch<br />
da und es finden keine Therapien statt. Im ganzen Haus<br />
breitet sich eine ruhige, ja fast heilige Stimmung aus.<br />
In so einer Atmosphäre öffnen sich Menschen manchmal<br />
leichter und sind tiefer gehende Gespräche möglich.<br />
Es kann sehr schön und entlastend sein im Horizont<br />
des Glaubens die Lebensgeschichte zu betrachten und<br />
im gemeinsamen Gebet alle Anliegen und Probleme<br />
vertrauensvoll in Gottes Hände zu legen.<br />
Wenn ich verhindert bin, besuchen meine Kolleginnen<br />
PAss Helga Bauer und PAss Sylvia Ströbitzer die<br />
Palliativstation. Die ökumenische Zusammenarbeit mit<br />
der evag. Pfarrerin Mag. Roswitha Petz funktioniert<br />
ausgezeichnet. Auch mit den Altkatholiken, den<br />
Muslimen und den Zeugen Jehovas gibt es gute Kontakte.<br />
Text von Mag. Franz Hirsch<br />
29
Einblick <strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Hospizkultur und Palliative Care<br />
in den Pflegeheimen<br />
30<br />
So lautet ein aktuelles Thema, dem sich seit 2009<br />
bereits 25 Pflegeheime widmen. Der Landesverband<br />
Hospiz NÖ hat dieses Projekt initiiert und konnte<br />
die Pionierin der Palliativen Geriatrie, DDr. Marina<br />
Kojer in Österreich dafür gewinnen, ein Curriculum<br />
zur Schulung aller in einem Pflegeheim tätigen<br />
Berufsgruppen zu erstellen.<br />
Ziel des Projekts ist es, einerseits 80% aller<br />
MitarbeiterInnen in einem 36-stündigen Workshop<br />
zu schulen und andererseits die Umsetzung innerhalb<br />
der bestehenden Heimstrukturen durch einen<br />
Organisationsentwicklungsprozess zu begleiten.<br />
Das heißt, es werden die bestehenden Abläufe und<br />
Arbeitsprozesse und die Strukturen im Projekt so<br />
weiterentwickelt, dass die MitarbeiterInnen ihre<br />
neuen Kompetenzen und ihre <strong>palliative</strong> und hospizliche<br />
Haltung, die sie im Rahmen der Fortbildung bilden<br />
und stärken, auch dauerhaft umsetzen können.<br />
Pflegeheime, die den Prozess bereits abgeschlossen<br />
haben, berichten von mehr Betreuungsqualität für<br />
BewohnerInnen und Angehörige und auch von einer<br />
höheren Motivation der MitarbeiterInnen.<br />
Die Begleitung von Menschen die Abschied nehmen<br />
vom Leben ist eine besondere Herausforderung und<br />
braucht Persönlichkeiten mit viel Herz, Kompetenz<br />
und Lebensfreude! Heime die sich dieser<br />
Verantwortung bewusst sind, sind im Projekt<br />
herzlich willkommen.<br />
Sonja Thalinger MSc<br />
Projektbegleitung für Hospizkultur und<br />
Palliative Care in NÖ Pflegeheimen<br />
Landesverband Hospiz NÖ<br />
www.hospiz-noe.at
<strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
Einblick<br />
DANK an DGKS Regina Kisling –<br />
vor den Vorhang bitte!<br />
Schon in den ersten Stunden der Palliativarbeit im<br />
LK Krems wurde damit begonnen, an die von uns<br />
betreuten Angehörigen von verstorbenen Palliativpatienten,<br />
Trauerkarten zu schreiben. Es ist uns ein<br />
Bedürfnis auf diesem Wege nochmals unsere<br />
Anteilnahme, an die von einem traurigen Verlust<br />
betroffenen Menschen, kundzutun. Schon im Jahre<br />
2003 wurden diese Karten von einem damaligen<br />
Teammitglied gestaltet und sie versorgt uns bis zum<br />
heutigen Tag damit. Rund 120 Stück werden jährlich<br />
von DGKS Regina Kisling selbst hergestellt. Sie ist eine<br />
leidenschaftliche Hobbyfotografin und hat einen<br />
guten Blick für stimmige Bilder. Großteils Landschaftsaufnahmen<br />
und auch Macrobilder von Blumen werden<br />
in farbliche, abgestimmte Passportout gerahmt. Diese<br />
Billets sind anders als die üblichen Kondolenzschreiben<br />
und sind für unsere eigene abschließende Trauerarbeit,<br />
sowie Psychohygiene eine wichtige Tradition geworden.<br />
Aus vielen positiven Rückmeldungen von betroffenen<br />
Angehörigen ist diese Tradition eine sehr gute<br />
geworden, die wir auch gerne beibehalten wollen.<br />
Dank ihrer ausgezeichneten Unterstützung können<br />
wir das in der Zukunft so halten wie schon die letzten<br />
zehn Jahren auch. Danke liebe Regina!<br />
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Text von Christine Galler<br />
Wir danken …<br />
An dieser Stelle sprechen wir weiters all jenen Personen<br />
unseren Dank aus, die durch ihr persönliches<br />
Engagement zur Förderung und Verbreitung des<br />
<strong>palliative</strong>n Gedankens beitragen, sei es in Form von Zeit,<br />
besonderen Aktivitäten und Spenden, wie auch<br />
Spendenaufrufe anstatt Kranz-und Blumenspenden<br />
zugunsten des Fördervereines. Durch diesen Einsatz<br />
kann viel Gutes bewirkt und unterstützt werden.<br />
Viele der stimmungsvollen<br />
Aufnahmen in diesem Newsletter<br />
wurden übrigens den Trauerkarten<br />
von Regina Kisling entnommen.
Ausblick <strong>newsletter</strong> <strong>2013</strong><br />
CUT – Kinder, Jugendliche und Trauer<br />
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ist ein offenes gruppenpädagogisches Angebot für<br />
Kinder und Jugendliche, die mit einer unheilbar kranken<br />
Bezugsperson leben oder die um einen nahestehenden<br />
Menschen nach dessen Tod trauern. In monatlichen<br />
Treffen, die beliebig gewählt werden können, erfolgt<br />
Entlastung im gemeinsamen kreativen Tun, das<br />
gleichzeitig Gesprächsmöglichkeit und Austausch bietet.<br />
„Trauer ist der heilsame Ausdruck eines lebendigen<br />
Herzens auf Abschied und Trennung.”<br />
J. Canacakis<br />
Diese trifft uns nicht erst wenn jemand gestorben ist,<br />
sondern auch bereits dann, wenn nahe<br />
Bezugspersonen erkranken. „Warum<br />
kann Papa nicht mehr Fussball spielen?”,<br />
„Warum schläft Oma beim<br />
Vorlesen immer ein?” oder<br />
„Mein Bruder ist dauernd<br />
im Krankenhaus!”<br />
Alles Gedanken, Aussagen<br />
von Kindern oder Jugendlichen,<br />
die aufgrund einer<br />
Ausnahme situation im<br />
Alltag mit Trauergefühlen<br />
konfronitert sind.<br />
CUT richtet sich an diese<br />
Kinder und Jugendlichen und<br />
bietet ihnen jeden zweiten<br />
Samstag im Monat anhand<br />
eines Jahreszeitenmodells jederzeit Ein- und Ausstieg<br />
in eine offene, nach Alter gestaffelte Gruppe.<br />
Ort: Landesklinikum Krems<br />
Die Kosten der Betreuung trägt der Förderverein<br />
Palliative Care in Verbindung mit dem<br />
Landesklinikum Krems.<br />
Information, Durchführung und Anmeldung:<br />
Elke Kohl, Kinder-Jungend-Familientrauerbegleiterin<br />
E-Mail: elke.kohl@kindertrauer-undmehr.at<br />
Mobil: 0699/17235300<br />
CUT Titel.psd<br />
Jahreshauptversammlung<br />
des Fördervereines<br />
Palliative Care LK Krems<br />
CUT Infotext.psd<br />
Gedenkfeier<br />
für Angehörige<br />
19. Juni <strong>2013</strong>, 18.00 Uhr<br />
im 8.OG des LK Krems, Seminarraum Altstadt<br />
4. Dezember <strong>2013</strong>, 18.00 Uhr<br />
in der St. Paul Kirche in Krems/Mitterau