Griechische Bäder - Griechenland-Net
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<strong>Griechische</strong> <strong>Bäder</strong><br />
Káno bánjo – κάνω μπάνιο entspricht einem schlichten<br />
ich mache Bad, im Sinne von „ich bade“. Das kann<br />
sich als Oberbegriff sowohl auf das káno dus – κάνω<br />
ντους – duschen im hauseigenen Badezimmer beziehen<br />
als auch auf das „Schwimmen“ im sommerlichen Meer.<br />
Nun ist das mit dem Schwimmen so eine Sache. Was<br />
sich so an griechischen Badegästen am Strand und an<br />
der Meeresküste tummelt, ist – vor allem bei Erwachsenen<br />
– eher als Nichtschwimmer zu bezeichnen. Die Einordnung<br />
in Unterwassergymnastik mit Wassertreten<br />
à la Kneipp entspricht wohl auch dem, was der Hausarzt<br />
zu Beginn des Sommers empfohlen hat: 20 oder<br />
30 bánja. Dabei zählen nur die Tage, nicht als Dreierpack<br />
morgens, mittags und abends. Ohnehin ist die Zeit<br />
zwischen 11 und 14 Uhr alt überlieferte Badezeit. Wichtig<br />
ist, die Zahl der absolvierten <strong>Bäder</strong> zu registrieren,<br />
da Sie am Ende des Sommers danach gefragt werden<br />
(póssa bánja ékanes?).<br />
Da bánjo aus dem italienischen bagno entlehnt ist, ergibt<br />
sich die Frage, ob es denn kein griechisches Wort<br />
für diese doch nicht ganz unwichtige Zivilisationserrungenschaft<br />
gibt. Dabei beobachten wir eine interessante<br />
Entwicklung: Die besagte Zivilisationserrungenschaft<br />
wird im Altgriechischen balaneion – βαλανείον genannt,<br />
was im Lateinischen mit balineum und verkürzt<br />
balneum übernommen wurde und sich doch tatsächlich<br />
zum heutigen italienischen bagno entwickelt hat. Das<br />
neugriechische banjo ist also so etwas wie ein Rückwanderer,<br />
obwohl man ihm dies nicht auf Anhieb ansieht.<br />
Diejenigen, die sich im Meer etwas weiter hinaus<br />
wagen, bis sie nicht mehr stehen können, machen folgerichtig<br />
nicht mehr bánjo, sondern kolýmbi. Was wir zwar<br />
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mit Schwimmen übersetzen, im Grunde aber das Wort<br />
für Tauchen ist. Alle altgriechischen Belege und Ableitungen<br />
vom Verb kolymbó bestätigen dies: Kolymbídes<br />
sind „eingetauchte Oliven“, ein kolymbitís ist ein Taucher<br />
und jemand, der vom Felsen ins Meer springt, wobei er<br />
sich der kolymbitikí téchni – der Taucherkunst befleißigt.<br />
Und wenn Sie heute noch in der griechisch-orthodoxen<br />
Kirche einer Taufe beiwohnen, so sehen Sie, wie der<br />
Täufling dreimal in die Kolymvíthra – das Taufbecken,<br />
das eben ein Tauchbecken ist, getaucht wird.<br />
Kulturhistorisch interessant ist die Tatsache, dass<br />
im Gegensatz zu anderen Kulturen, wie etwa der ägyptischen,<br />
weder im alten <strong>Griechenland</strong> noch im mittelalterlichen<br />
Byzanz das gepflegt wurde, was wir unter<br />
Schwimmsport verstehen. Die Byzantiner gelten geradezu<br />
als wasserscheu, und noch heute werden Sie in<br />
<strong>Griechenland</strong> auf viele Berufsfischer treffen, die von<br />
sich sagen, dass sie nicht schwimmen können. Es sind<br />
eher die Gefahren, die im Zusammenhang mit Aussagen<br />
zum Meer betont werden. Mín apomakrýnesse hören<br />
Sie auch heute noch überall an den Meeresstränden die<br />
Mütter ihren Kindern zurufen: geh nicht weiter rein, entfern<br />
dich nicht! Und wer hat schließlich nicht mit Odysseus<br />
gelitten, wie er gegen die Wogen kämpft und als<br />
einzige Hilfe auf eine Schiffsplanke angewiesen war?<br />
Baden als Kulturbegriff drückt sich im Übrigen in der<br />
Warmbadekultur aus, von den altgriechischen Thermá<br />
Lutrá, die es bis heute gibt, wobei die überall ausgegrabenen<br />
– römischen – Thermen als Thermalbadeanlagen<br />
ja ein beredtes Zeugnis ablegen und im türkischen Hamam<br />
ihre Fortsetzung gefunden haben.<br />
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Ja, ja, ja, endlich ist es<br />
Sommer geworden.<br />
Auch Nionios hat mit dem Baden<br />
angefangen!<br />
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