Festschrift 20 Jahre (2003) - Grüner Kreis
Festschrift 20 Jahre (2003) - Grüner Kreis
Festschrift 20 Jahre (2003) - Grüner Kreis
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<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong>
Inhalt<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“<br />
2<br />
16 24 37 38 40<br />
Vorwort<br />
2 Bundespräsident<br />
Dr. Thomas<br />
Klestil<br />
3 Vizekanzler<br />
Mag. Herbert<br />
Haupt<br />
4 BM Maria<br />
Rauch-Kallat<br />
5 BM Dr. Dieter<br />
Böhmdorfer<br />
6 LH Dr. Michael<br />
Häupl<br />
7 Stadträtin Dr.<br />
Elisabeth Pittermann-Höcker<br />
8 LH Dr. Erwin<br />
Pröll<br />
9 LH-Stellvertreterin<br />
Liese Prokop<br />
10 LH Waltraud<br />
Klasnic<br />
11 Landesrat Dr.<br />
Kurt Flecker<br />
12 Obfrau Brigitte<br />
Podsedensek<br />
13 Verwaltungsdirektor<br />
Alfred<br />
Rohrhofer<br />
Der Verein<br />
14 Das Leitbild des<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>es“<br />
15 Der Verein<br />
16 Die Einrichtungen<br />
32 Das ambulante<br />
Beratungs- und<br />
Betreuungszentrum<br />
Wien<br />
Behandlung<br />
<strong>20</strong> Das Behandlungssystem<br />
22 Die Entwicklung<br />
der Therapiemodelle<br />
23 Die medizinische<br />
Behandlung<br />
und<br />
Betreuung<br />
24 Die Frauen am<br />
Marienhof<br />
25 Das Eltern-<br />
Kind-Haus<br />
26 Die Behandlung<br />
Jugendlicher<br />
27 Die Behandlung<br />
von Sucht<br />
und seelischer<br />
Erkrankung<br />
28 „Therapie statt<br />
Strafe“<br />
29 Vom Einzelkämpfer<br />
zum<br />
Teil der Gemeinschaft<br />
30 Die Vorbetreuung<br />
31 Die Nachbetreuung<br />
34 Die Rolle der<br />
Tiere<br />
Kreativität<br />
36 <br />
37 „Signale und<br />
Abrakadabra“<br />
46 In einer Zeitmaschin´...<br />
dem<br />
Geier die Vision<br />
erschien<br />
47 Comic: Gestern<br />
– heute – morgen<br />
Sport & Report<br />
38 Sport im<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
44 Mein Leben<br />
danach<br />
Titelbild<br />
Helmut Kand: Von allen Seiten herbeigeeilt<br />
und noch in Bewegung<br />
Rückseite<br />
Helmut Kand: Wege durch die Schattseite<br />
Projekte<br />
33 Frühzeitig<br />
reagieren<br />
35 Flüchtlinge im<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
39 Evaluation:<br />
Mehr als eine<br />
lästige Pflichtübung!<br />
40 An die Arbeit ...<br />
41 service, art,<br />
event – pool 7.at<br />
42 Die internationalen<br />
Kontakte<br />
Impressum<br />
Medieninhaber: „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“, Verein zur<br />
Rehabilitation und Integration<br />
suchtkranker Personen<br />
Herausgeber: Vorstand des Vereins „<strong>Grüner</strong><br />
<strong>Kreis</strong>“<br />
Mitglieder des Vorstandes: Brigitte<br />
Podsedensek, Dr.Erhard Doczekal,<br />
Alfred Rohrhofer, Ernst Steurer<br />
Mitglieder des Aufsichtsrates:<br />
Mag.Dr.Rüdiger Wolf, Dr.Michael Schwarz,<br />
Dr.Ewald Schwarz, Prim.Doz.Dr. Peter Porpaczy<br />
Kaufmännischer Direktor:<br />
Alfred Rohrhofer<br />
Redaktion: Alfred Rohrhofer, Dr.Brigitte<br />
Wimmer (CvD)<br />
Eigenverlag: „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“, Verein zur<br />
Rehabilitation und Integration suchtkranker<br />
Personen<br />
Alle: Hermanngasse 12, A-1070 Wien,<br />
Tel.: (1) 526 94 89, Fax: (1) 526 94 89-4,<br />
redaktion@gruenerkreis.at, www.gruenerkreis.at<br />
Layout: KONTEXT kommunikation.<br />
Kaiser&Partner KEG,<br />
Rahlgasse 1, A-1060 Wien,<br />
Tel.: (1) 319 52 62, Fax: (1) 319 52 62-99,<br />
mail@kontext.at, www.kontext.at<br />
Druck: Printservice gGmbH,<br />
Hardtstraße 1, D-69124 Heidelberg,<br />
Tel. +49 (6221) 71 32 23,<br />
Fax: +49 (6221) 71 32 40,<br />
fkeprintservice@aol.com,<br />
www.fkeprintservice.de<br />
Seite 1<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ hat sich in den<br />
zwei Jahrzehnten seines Bestehens einen<br />
ausgezeichneten Ruf erworben und gilt<br />
als eine der ersten Adressen in Österreich,<br />
wenn es um die erfolgreiche Behandlung<br />
Suchtkranker geht.<br />
Seit vielen <strong>Jahre</strong>n verfolge ich Ihren<br />
wichtigen Einsatz und gratuliere Ihnen sehr<br />
herzlich zum <strong>20</strong>-jährigen Jubiläum. Ich<br />
danke Ihnen im Namen unserer Republik,<br />
aber auch ganz persönlich, für die engagierte<br />
und professionelle Hilfe, die Sie so<br />
vielen Suchtmittelabhängigen angedeihen<br />
lassen.<br />
Die vorliegende <strong>Festschrift</strong> ist nicht<br />
nur ein Tätigkeitsbericht, sie hat auch die<br />
wichtige Funktion, über die Behandlungsmethoden<br />
und die Präventionsarbeit des<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>es“ umfassend zu informieren.<br />
Die Publikation wird daher über den<br />
aktuellen Anlass hinaus sicherlich weite<br />
Verbreitung finden.<br />
Meine guten Wünsche begleiten Sie und<br />
alle Ihre Schutzbefohlenen, die durch das<br />
Wirken des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ wieder neuen<br />
Lebensmut gefunden haben!<br />
Dr. Thomas Klestil<br />
Bundespräsident<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 2
„Wer schnell hilft, hilft doppelt“<br />
Dieses Motto hat sich der „Grüne <strong>Kreis</strong>“<br />
wahrlich zu eigen gemacht und deshalb<br />
freut es mich ganz besonders, anlässlich des<br />
<strong>20</strong>-jährigen Bestehens dieser Einrichtung<br />
gratulieren zu dürfen. Da Menschen, die<br />
in eine Abhängigkeit von Suchtgiften<br />
gelangen, bedauerlicherweise ihren freien<br />
Willen verlieren, ist die Hilfe zur Selbsthilfe<br />
und das Aufzeigen des Weges zurück zur<br />
Selbstbestimmung und Eigenständigkeit<br />
ein edles Unterfangen, dem sich der<br />
„Grüne <strong>Kreis</strong>“ nun schon 2 Jahrzehnte lang<br />
verbunden fühlt.<br />
Mir persönlich gefällt der ganzheitliche<br />
Ansatz des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ außerordentlich<br />
gut. Denn es nützt gar nichts, wenn<br />
man sich zwar den suchtkranken Menschen<br />
widmet, die restlichen Familienmitglieder<br />
dann aber vom Heilungsprozess ausklammert,<br />
wodurch sich die Spirale meist<br />
erneut zu drehen beginnt, weil der nötige<br />
Rückhalt fehlt. Und genau hier leistet der<br />
„Grüne <strong>Kreis</strong>“ ebenfalls Beachtliches.<br />
Diese <strong>Festschrift</strong>, die ja vor allem auch<br />
die wertvolle Arbeit des Gesamtprojektes<br />
darzustellen sucht, sollte für uns alle<br />
Grund und Anlass genug sein, uns wieder<br />
einmal intensiv und tiefgehend mit der<br />
Suchtthematik auseinander zu setzen. Jeder<br />
von uns kennt den einen oder anderen Fall<br />
im persönlichen Umfeld und weiß es dann<br />
umso mehr zu schätzen, selbst davon nicht<br />
betroffen zu sein.<br />
Ich wünsche dem „Grünen <strong>Kreis</strong>“ auch<br />
für die nächsten Jahrzehnte alles Gute und<br />
werde auch weiterhin ein großer Anhänger<br />
dieses Weges sein.<br />
Mag. Herbert Haupt<br />
Vizekanzler und Bundesminister für soziale<br />
Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz<br />
Seite 3<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Die Betreuung und Behandlung von<br />
suchtkranken Menschen in unserem<br />
Lande ist untrennbar mit dem Namen<br />
von Primarius Dr. Günter Pernhaupt<br />
verbunden. Dieser leider schon verstorbene<br />
Pionier in der Betreuung suchtkranker<br />
Menschen war der geistige Gründervater<br />
des Vereines „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“, dessen <strong>20</strong><br />
Jahr-Jubiläum wir heuer feiern. Günter<br />
Pernhaupt hatte sich einem ganz besonderen<br />
Lebensziel verschrieben: suchtkranken<br />
Menschen zu helfen. Hier bedurfte<br />
er aber der Hilfe und Unterstützung<br />
Gleichgesinnter, die sich 1983 im Verein<br />
„<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ organisierten. In diesen zwei<br />
Jahrzehnten hat sich der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ zu<br />
Österreichs bedeutendster gemeinnütziger<br />
Institution in der Betreuung suchtkranker<br />
Menschen entwickelt. Ein breit gefächertes<br />
Angebot von ambulanten und stationären<br />
Therapiemöglichkeiten steht den kranken<br />
Menschen zur Verfügung. Aber nicht nur<br />
die Kranken profitieren, sondern auch<br />
ihre Angehörigen. Diese erhalten in den<br />
Beratungs- und Betreuungszentren des<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>es“ Informationen, fundierte<br />
Ratschläge, Tipps und Unterstützung, mit<br />
denen sie ihre schwierige Familiensituation<br />
meistern können.<br />
Der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ leistet vor allem<br />
auch hervorragende Präventionsarbeit.<br />
Wir alle wissen, dass am Beginn einer<br />
Suchterkrankung, gerade bei jungen<br />
Menschen, oft Unwissenheit oder<br />
Neugierde stehen. Hier gilt es, rechtzeitig<br />
einzugreifen und mit professioneller<br />
Hilfestellung den Einstieg vermeiden zu<br />
helfen. Aus gesundheitspolitischer Sicht<br />
sind gezielte Präventionsmaßnahmen von<br />
größter Bedeutung. Der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ hat<br />
hier einen ganz besonders erfolgreichen<br />
Weg beschritten, indem er Angehörige<br />
von Drogenkranken ganz bewusst in die<br />
Therapie mit ein bezieht. Hier erweist<br />
sich einmal mehr, was den „Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
auszeichnet: medizinische Kompetenz,<br />
Qualität in allen Bereichen. Das verdient<br />
höchsten Respekt und Anerkennung, den<br />
ich anlässlich des <strong>20</strong> Jahr-Jubiläums allen<br />
Mitgliedern und Förderern des „Grünen<br />
<strong>Kreis</strong>es“ gerne ausspreche.<br />
Maria Rauch-Kallat<br />
Bundesministerin für Gesundheit und<br />
Frauen<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 4
Der Verein „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ ist seit<br />
Beginn seines Bestehens ein verlässlicher<br />
und kompetenter Vertragspartner für den<br />
Bereich des Bundesministeriums für Justiz<br />
bei der Betreuung und Behandlung von<br />
drogenabhängigen Rechtsbrechern. Seit<br />
Einführung des Modells „Therapie statt<br />
Strafe“ (§ 39 SMG) konnte durch die<br />
intensive Zusammenarbeit des Vereines<br />
„<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ mit den Staatsanwaltschaften,<br />
Gerichten und Vollzugsanstalten sowie<br />
mit anderen betreuenden Institutionen<br />
und Rechtsanwälten vielen Drogenabhängigen,<br />
die wegen Verstößen gegen<br />
das Suchtmittelgesetz und anderen strafrechtlichen<br />
Verfehlungen eine unbedingte<br />
Freiheitsstrafe zu verbüßen gehabt hätten,<br />
eine alternative Form der Betreuung und<br />
Behandlung in Freiheit – wenn auch unter<br />
kontrollierten Bedingungen – angeboten<br />
werden. Für diese Gruppe von Drogenabhängigen<br />
konnte auf diese Weise – nach<br />
positiver Bewältigung des stationären<br />
Aufenthaltes – eine soziale Ausgliederung<br />
durch die Haft und die damit zwangsläufig<br />
verbundenen gesellschaftlichen und<br />
persönlichen Schäden vermieden werden.<br />
In jenen Fällen, wo diese Maßnahme<br />
„Therapie statt Strafe“ nicht zustande<br />
gekommen ist, stellt der „Grüne <strong>Kreis</strong>“<br />
einen wertvollen Bestandteil in der ambulanten<br />
Betreuung von drogenabhängigen<br />
Häftlingen innerhalb der Justizanstalten<br />
dar. In den meisten Justizanstalten im<br />
Raum Wien und Niederösterreich sind die<br />
MitarbeiterInnen dieser Einrichtung im<br />
Bereich der ambulanten Betreuung von<br />
suchtmittelabhängigen Insassen tätig und<br />
stellen so eine wertvolle Verbindung nach<br />
Außen dar. Dies betrifft vor allem die Zeit<br />
der Vorbereitung für eine Entlassung aus<br />
der Strafhaft.<br />
Mit der Nachbetreuung von drogenkranken<br />
Häftlingen nach ihrer Haftentlassung<br />
– entweder in ambulanter oder stationärer<br />
Form – schließt sich der <strong>Kreis</strong> der „durchgehenden<br />
Betreuung“ für Drogenkranke<br />
innerhalb des Justizbereiches. Auch hier<br />
bietet der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ eine wertvolle<br />
Anlaufstelle für Probleme aller Art, die sich<br />
für Drogensüchtige nach ihrer Haftentlassung<br />
ergeben. In vielen Fällen werden<br />
die Insassen entweder noch vor ihrer<br />
Entlassung oder unmittelbar nach ihrer<br />
Haftentlassung direkt von der Justizanstalt<br />
in eine der Beratungsstellen bzw. Wohnprojekte<br />
des Vereines verwiesen.<br />
Ich wünsche dem „Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
anlässlich seines <strong>20</strong>-jährigen Bestehens<br />
auch weiterhin viel Erfolg und Ausdauer<br />
bei dieser gesellschaftlich leider nur sehr<br />
wenig anerkannten Betreuungsarbeit und<br />
hoffe, dass diese wertvolle Institution von<br />
der Justizverwaltung auch weiterhin in<br />
Anspruch genommen werden kann.<br />
Dr. Dieter Böhmdorfer<br />
Bundesminister für Justiz<br />
Seite 5<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ bedeuten<br />
eine Erfolgsgeschichte, die eng mit der<br />
Entwicklung des Drogenhilfssystems in<br />
Wien verbunden ist.<br />
Durch das Prinzip, drogenkranke<br />
Menschen in einem geschützten Rahmen<br />
zu behandeln, hat der „Grüne <strong>Kreis</strong>“<br />
schon vor <strong>Jahre</strong>n seine Standards gesetzt.<br />
Mit dem selbstgewählten Anspruch der<br />
Abstinenzorientiertheit und dem Angebot<br />
einer stationären Langzeittherapie ist es<br />
den MitarbeiterInnen des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“<br />
möglich, auf individuelle Wünsche und<br />
Probleme ihrer KlientInnen einzugehen.<br />
Dass dabei der Betreuung von Angehörigen<br />
besondere Bedeutung beigemessen<br />
wird, unterstreicht den humanistisch<br />
orientierten Zugang des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“.<br />
Denn auch die Familien von Drogenkranken<br />
haben einen langen Leidensweg<br />
hinter sich, bis es zu einer Therapie kommt.<br />
Die Stadt Wien hat im Umgang mit dem<br />
Drogenproblem – wie es in jeder Großstadt<br />
existiert – immer den sogenannten „Wiener<br />
Weg in der Drogenpolitik“ beschritten:<br />
Dieser Weg richtet sich nicht starr nach nur<br />
einer Ideologie, sondern danach, welche<br />
Hilfe die Betroffenen individuell brauchen.<br />
Genau darauf baut auch der dreistufige<br />
Präventionsansatz auf, der die Hilfe für die<br />
Betroffenen in den Vordergrund stellt.<br />
Es steht außer Frage, dass die erste<br />
Priorität in Sachen Suchtgift immer der<br />
Prävention gelten muss: Wir haben die<br />
Aufgabe, gerade den jungen Menschen jene<br />
Lebenskompetenzen zu vermitteln, die<br />
ihnen ein drogenfreies Leben ermöglichen<br />
und erstrebenswert machen. Ebenso<br />
müssen wir aber auch jenen Menschen<br />
helfen, die von ihrem problematischen<br />
Drogenkonsum wegkommen wollen. Dazu<br />
setzen wir alle Mittel ein, die Medizin und<br />
Wissenschaft zur Verfügung stellen.<br />
Der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ ist mit seinen Angeboten<br />
somit ein wichtiger Teil des großen<br />
Netzwerkes der Suchtkrankenhilfe in Wien.<br />
Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ wünsche ich weiterhin<br />
viel Erfolg bei der Hilfe, Betreuung und<br />
Behandlung von Menschen, die ihren Weg<br />
zurück in ein drogenfreies Leben finden<br />
wollen.<br />
Dr. Michael Häupl<br />
Bürgermeister und Landeshauptmann von<br />
Wien<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 6
In den <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong>n seines Bestehens hat<br />
sich der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ als größte österreichische<br />
gemeinnützige Organisation<br />
zur Behandlung Suchtkranker erfolgreich<br />
etabliert. Für die Stadt Wien ist der Verein<br />
„<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ ein verlässlicher Partner im<br />
Rahmen der Wiener Suchtkrankenhilfe<br />
geworden – gerade wenn es um Therapie,<br />
um entsprechende medizinische und<br />
psychologische Betreuung, aber auch um<br />
Fragen nach den Chancen und Perspektiven<br />
Drogenkranker „im drogenfreien<br />
Leben danach“ geht. Diese Kombination,<br />
neben stationärer Lang- und Kurzzeittherapie,<br />
neben ambulanten Angeboten<br />
auch das breite Umfeld der Mitbetreuung<br />
von Angehörigen zu berücksichtigen und<br />
eine Hilfestellung bei der Integration in<br />
den Arbeitsmarkt zu ermöglichen, ist das<br />
Besondere an der Institution „<strong>Grüner</strong><br />
<strong>Kreis</strong>“.<br />
Einzelnen zugeschnitten und bieten<br />
jedem eine realistische Chance, das Ziel<br />
eines drogenfreien Lebens zu erreichen.<br />
Der Ansatz, dass Sucht eine Krankheit ist<br />
und dass es sich hier um die Behandlung<br />
kranker und nicht krimineller Menschen<br />
handelt, ist mir als Gesundheitspolitikerin<br />
besonders wichtig.<br />
In der Behandlung und Betreuung der<br />
Betroffenen zeigen die MitarbeiterInnen<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ viel Engagement,<br />
Einsatz und Elan – ihnen allen möchte<br />
ich dafür danken. Dem „Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
gratuliere ich zum erfolgreichen Weg und<br />
wünsche für die Zukunft weiterhin viel<br />
Erfolg!<br />
Prim. Dr. Elisabeth Pittermann-Höcker<br />
Amtsführende Stadträtin für Gesundheitsund<br />
Spitalswesen in Wien<br />
Hier werden suchtkranke Menschen<br />
nicht als Kriminelle verfolgt, sondern<br />
als Kranke mit unterschiedlichen Suchtkarrieren,<br />
gesundheitlichen Folgen und<br />
entsprechenden Anforderungen behandelt.<br />
Die Angebote des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“<br />
sind individuell auf die Bedürfnisse des<br />
Seite 7<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Der Kampf gegen die Drogen ist noch<br />
lange nicht gewonnen und zählt zu den<br />
zentralen Anliegen der Gesellschaft.<br />
Trotz aller Aufklärung ist der Trend zu<br />
beobachten, dass immer mehr jüngere<br />
Menschen zum Griff nach der Droge<br />
verführt werden und so ihre Chancen auf<br />
ein sinnvoll gestaltetes Leben zerstören.<br />
Während Bund und Land mit Maßnahmen<br />
der Prävention versuchen, unsere Jugend<br />
zu schützen, das Verbreiten von Dealen mit<br />
Drogen einzudämmen, unterzieht sich der<br />
„Grüne <strong>Kreis</strong>“ seit nunmehr <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong>n der<br />
schwierigen Aufgabe, Suchtkranke wieder<br />
„clean“ zu machen, sie ins normale Leben<br />
zurückzuführen.<br />
Die von Primarius Pernhaupt gegründete<br />
Institution zur Rehabilitation und<br />
Integration suchtkranker Personen ist<br />
aus unserer Gesellschaft nicht mehr<br />
wegzudenken. Sie ist heute mit mehreren<br />
Betreuungseinrichtungen österreichweit<br />
die größte Organisation auf dem Suchtsektor,<br />
die drogenabhängigen Menschen Hilfe<br />
anbietet. Vor allem die stationäre Therapie<br />
in Wohngemeinschaften in Niederösterreich<br />
und in der Steiermark hat sich mit<br />
ihren individuellen Behandlungs- und<br />
Betreuungsmaßnahmen als höchst erfolgreich<br />
erwiesen. Gefolgt von ambulanter<br />
Betreuung finden viele Suchtkranke wieder<br />
ins Alltagsleben und in die Arbeitswelt<br />
zurück.<br />
Zu dieser erfolgreichen Arbeit darf<br />
ich anlässlich des runden Jubiläums sehr<br />
herzlich gratulieren und allen MitarbeiterInnen<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ für ihre<br />
engagierte Arbeit ein herzliches Danke<br />
sagen. Möge es auch in Zukunft gelingen,<br />
vielen Suchtkranken den Weg zurück in ein<br />
drogenfreies Leben zu ermöglichen.<br />
Dipl.Ing. Dr. Erwin Pröll<br />
Landeshauptmann von Niederösterreich<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 8
Als der Verein „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ vor <strong>20</strong><br />
<strong>Jahre</strong>n von Primarius Dr. Günther Pernhaupt<br />
als Institution zur Rehabilitation<br />
und Integration suchtkranker Personen<br />
gegründet wurde, erwartete niemand einen<br />
solch erfolgreichen Weg dieser mittlerweile<br />
österreichweit größten gemeinnützigen<br />
Organisation auf dem Suchtsektor. Dr.<br />
Pernhaupt wird auch heute, mehr als drei<br />
<strong>Jahre</strong> nach seinem Tod, als der Pionier der<br />
medizinischen und sozialen Betreuung<br />
Drogenkranker gesehen. Er war für seine<br />
PatientInnen eine kontaktstarke, greifbare<br />
Hilfe und sein Ableben war nicht nur<br />
für seine Familie und Freunde sondern<br />
auch für seine PatientInnen und das Land<br />
Niederösterreich ein großer Verlust.<br />
„Sein“ Verein wuchs, ich hoffe auch in<br />
seinem Sinn, weiter. Mittlerweile stehen<br />
für die Behandlung der PatientInnen acht<br />
Sozialhilfe- und zwei Jugendwohlfahrtseinrichtungen<br />
mit insgesamt 280 stationären<br />
Langzeittherapiebetten in Niederösterreich<br />
und der Steiermark zur Verfügung!<br />
Der „Grüne <strong>Kreis</strong>“, gemessen am<br />
breiten Spektrum seiner individuellen<br />
Behandlungsmaßnahmen, ist sicherlich die<br />
vielfältigste Suchthilfeeinrichtung Österreichs<br />
und betreut mit viel Engagement<br />
Suchtmittelabhängige jeden Alters.<br />
Ich sehe es als eine Aufgabe der politisch<br />
Verantwortlichen des Landes, den „Grünen<br />
<strong>Kreis</strong>“, so gut es möglich ist, nicht nur<br />
finanziell sondern auch moralisch zu<br />
unterstützen, trägt er doch seit mittlerweile<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong>n viel zur Integration und<br />
Rehabilitation suchtkranker Menschen bei.<br />
Ich möchte mich im Namen aller<br />
NiederösterreicherInnen bei den MitarbeiterInnen<br />
für den großen, selbstlosen<br />
Einsatz bedanken und wünsche dem Verein<br />
„<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ weiterhin viel Erfolg!<br />
Liese Prokop<br />
Landeshauptmannstellvertreterin von<br />
Niederösterreich<br />
Seite 9<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Um der Geisel einer Suchtkrankheit zu<br />
entkommen, ist kompetente Hilfe besonders<br />
wichtig. Der erhobene Zeigefinger<br />
hilft gar nichts – entscheidend ist der<br />
menschliche Beistand und die Zukunftsperspektive.<br />
Der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ hat in zwei Jahrzehnten<br />
verantwortungsvoller und höchst<br />
engagierter Arbeit ein hervorragendes<br />
und beispielhaftes Konzept für Kurz- und<br />
Langzeittherapie entwickelt. In diesem<br />
Konzept nehmen Suchtmittelabstinenz<br />
und Gewaltlosigkeit den höchsten<br />
Stellenwert ein, ein zentraler Schwerpunkt<br />
ist die Übernahme von Verantwortung für<br />
sich und die soziale Gemeinschaft, um eine<br />
Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu<br />
ermöglichen.<br />
In dieser <strong>Festschrift</strong> anlässlich des<br />
<strong>20</strong>-Jahr-Jubiläums wird eingehend beschrieben,<br />
wie alles begonnen hat, was alles<br />
erreicht wurde und wo der Verein heute<br />
steht. Und es freut mich besonders, dass der<br />
„Grüne <strong>Kreis</strong>“ auf Initiative des steirischen<br />
Landtagsabgeordneten Eduard Hamedl<br />
hin, die ich gerne unterstützt habe, <strong>20</strong>03<br />
ein Rehabilitationszentrum in Johnsdorf<br />
einrichten konnte.<br />
Dem Verein selbst gilt mein Dank nicht<br />
nur persönlich, sondern vor allem auch<br />
namens des Landes Steiermark für all die<br />
still und selbstlos geleistete Arbeit für jene<br />
Menschen, die es eigentlich am Nötigsten<br />
haben.<br />
Waltraud Klasnic<br />
Landeshauptfrau der Steiermark<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 10
Abhängigkeit und Sucht können<br />
verschiedenste Ursachen haben, treten in<br />
jeder Gesellschaft auf und können jeden<br />
Einzelnen treffen.<br />
Vor allem Menschen mit Drogenproblemen<br />
brauchen Hilfsangebote in<br />
vielfältiger Form, wofür fast immer Mittel<br />
der öffentlichen Hand nötig sind. Es bedarf<br />
der Unterstützung von Selbsthilfe, der<br />
Förderung von Suchtprävention und der<br />
Beratungsdienste sowie fachspezifischer<br />
Behandlung und Rehabilitation von<br />
Süchtigen. Nur durch sinnvolle Kooperation<br />
und Vernetzung der präventiven,<br />
therapeutischen und rehabilitativen<br />
Leistungen kann eine optimale Betreuung<br />
und Versorgung suchtkranker Menschen<br />
erfolgen. Oberstes Ziel muss es dabei<br />
sein, gleichzeitig effektiv an der Heilung<br />
des Suchterkrankten zu arbeiten und die<br />
Würde des Menschen zu achten.<br />
Neue Entwicklungen und Konsummuster<br />
haben es notwendig gemacht,<br />
bestehende Konzepte den Herausforderungen<br />
entsprechend zu adaptieren und<br />
den geänderten Rahmenbedingungen<br />
anzupassen. Eine immer schnelllebigere<br />
Gesellschaft erfordert es auch, rasch und<br />
flexibel auf geänderte Trends einzugehen<br />
und bereits im Vorfeld aktiv zu agieren.<br />
Der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ leistet seit nunmehr<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong>n großartige Arbeit bei der<br />
Behandlung von suchtkranken Menschen<br />
und ist erfreulicher Weise seit heuer mit<br />
seinem Standort in Johnsdorf auch in der<br />
Steiermark vertreten.<br />
Ich möchte mich bei allen MitarbeiterInnen<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ ganz herzlich<br />
für die engagierte und qualitätsvolle Arbeit<br />
bedanken und gratuliere zum <strong>20</strong>. Geburtstag<br />
des Vereins.<br />
Dr. Kurt Flecker<br />
Soziallandesrat der Steiermark<br />
Seite 11 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Mein „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“<br />
Es ist kaum zu glauben, dass schon <strong>20</strong><br />
<strong>Jahre</strong> vergangen sind, seit Günter Pernhaupt<br />
die geniale Idee hatte, den „Grünen<br />
<strong>Kreis</strong>“ zu gründen. Ich bin sozusagen<br />
bereits ein Fossil, da ich von Anfang an<br />
dabei gewesen bin und eines der ersten Mitglieder<br />
des Vorstandes werden durfte. Als<br />
ich vor ungefähr eineinhalb <strong>Jahre</strong>n gebeten<br />
wurde, die Präsidentschaft zu übernehmen,<br />
sagte ich aus vollstem Herzen „Ja“, da der<br />
Verein mittlerweile wie ein Kind für mich<br />
geworden ist.<br />
Seither hat sich vieles getan und noch<br />
mehr verändert, Positives wie Negatives.<br />
Doch zum Glück überwiegt das Erstere<br />
bei weitem. Zu unseren neun bestehenden<br />
Höfen in der Buckligen Welt ist <strong>20</strong>03 die<br />
Nummer 10 dazu gekommen: das Rehabilitationszentrum<br />
Johnsdorf. Zwischen<br />
Aspang und Graz im Bezirk Feldbach in<br />
der Steiermark liegt es, wo es bis dato<br />
keine speziellen Betreuungseinrichtungen<br />
für Suchtmittelabhängige gegeben hat.<br />
Obendrein führt der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ jetzt<br />
bereits drei ambulante Beratungs- und<br />
Betreuungszentren: Neben der Hermanngasse<br />
in Wien eröffneten wir 1998 Graz<br />
und <strong>20</strong>01 Klagenfurt.<br />
Vieles gäbe es noch zu erwähnen. Am<br />
eindrucksvollsten für mich war jedoch<br />
die feierliche und offizielle Eröffnung<br />
der Waldheimat im Mai <strong>20</strong>02. Mit<br />
Musik, Ansprachen und Buffet feierten die<br />
KünstlerInnen und der Vereinsvorstand die<br />
Fertigstellung des Fassadenkunstwerks und<br />
die Neugestaltung des Betreuungshauses<br />
gemeinsam mit den regionalen BehördenvertreterInnen,<br />
SubventionsgeberInnen,<br />
BetreuerInnen und PatientInnen. Der<br />
eineinhalb <strong>Jahre</strong> dauernde Arbeitsprozess<br />
der künstlerischen Bemalung der über<br />
300 m² großen Fassade nach einem Entwurf<br />
des Künstlers Helmut Kand unter der<br />
Leitung von Kurt Neuhold gemeinsam mit<br />
PatientInnen des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ wurde<br />
damit würdig abgeschlossen.<br />
Großes Engagement der MitarbeiterInnen<br />
steckt hinter all diesen Projekten und<br />
ich bin zuversichtlich, dass der „Grüne<br />
<strong>Kreis</strong>“ auch weiterhin diesen erfolgreichen<br />
Weg beschreitet. Zum Schluss bleibt mir<br />
noch eines – mich bei allen MitarbeiterInnen,<br />
all unseren FörderInnen und auch bei<br />
allen öffentlichen Instanzen für die Hilfe<br />
und Unterstützung herzlich zu bedanken.<br />
Brigitte Podsedensek<br />
Obfrau des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 12
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ –<br />
Ein langer Weg der Entwicklung<br />
Am Anfang war die Idee – dem Geiste Dr.<br />
Pernhaupts entsprungen –, etwas „Neues“<br />
auf die Beine zu stellen und suchtkranken<br />
Menschen zu helfen.<br />
Schnell war der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ geboren<br />
und wuchs unter der tatkräftigen Mitarbeit<br />
vieler EnthusiastInnen zu dem heran, was<br />
er heute ist – Österreichs größte Einrichtung<br />
zur Behandlung von suchtkranken<br />
Menschen.<br />
In neun stationären Einrichtungen<br />
in Niederösterreich mit <strong>20</strong>0 Betten für<br />
polytoxikomane PatientInnen, seit kurzem<br />
in einer stationären Einrichtung in der<br />
Steiermark für 80 Alkoholkranke und in drei<br />
Ambulanzen in Wien, Graz und Klagenfurt<br />
sind 1<strong>20</strong> MitarbeiterInnen damit beschäftigt,<br />
suchtkranken Menschen auf dem Wege<br />
der Rehabilitation und der anschließenden<br />
Reintegration in die Gesellschaft zu helfen.<br />
Die letzten <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> waren kein<br />
Spaziergang, sondern sind eher mit einem<br />
Marathon zu vergleichen – mit allen<br />
Höhen und Tiefen, die man während der<br />
42 km Distanz durchläuft.<br />
Doch wir wollen anlässlich unseres<br />
Jubiläums an die schönen Dinge zurückdenken:<br />
an die Aufbruchsstimmung in<br />
der Pionierzeit, an die Anerkennung des<br />
Vereins nach dem Suchtmittelgesetz, an<br />
die gesetzliche Verankerung im Bundesgesetzblatt,<br />
an die diversen Preise und<br />
Auszeichnungen, die der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ für<br />
seine Arbeit erhalten hat, an die Unterstützung<br />
und Zustimmung vieler in Österreich<br />
politisch Verantwortlicher, an die vielen<br />
ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, die uns<br />
geholfen haben, aber vor allem an die vielen<br />
Menschen, denen wir helfen konnten.<br />
Nachdem es leider die Vision einer<br />
drogenfreien Gesellschaft auch in Zukunft<br />
nicht geben wird, wird sich der „Grüne<br />
<strong>Kreis</strong>“ weiterhin bemühen, gemäß seiner<br />
Statuten und seines Leitbildes in Form von<br />
Prävention aufklärend tätig zu sein und<br />
im Rahmen von ambulanter und stationärer<br />
Therapie suchtkranke Menschen zu<br />
behandeln.<br />
Alfred Rohrhofer<br />
Verwaltungsdirektor des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“<br />
Besonderer Dank gilt dem ehrenamtlichen<br />
Vorstand und Aufsichtsrat des Vereins, allen<br />
MitarbeiterInnen, allen Mitgliedern, allen<br />
SpenderInnen und SponsorInnen, allen<br />
verantwortlichen Kostenträgern und den<br />
politischen EntscheidungsträgerInnen des<br />
Landes Österreich, die die Arbeit des „Grünen<br />
<strong>Kreis</strong>es“ in den letzten <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong>n so erfolgreich<br />
unterstützt haben.<br />
Seite 13 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Das Leitbild des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“<br />
Ein klares Leitbild legt die Wertvorstellungen<br />
und die Verpflichtungen<br />
gegenüber den PatientInnen, den<br />
Sponsoren, der Umwelt und der Gesellschaft,<br />
aber auch den Umgang der<br />
MitarbeiterInnen untereinander fest. Es<br />
soll verbindliche Orientierungshilfe und<br />
Richtlinie bei der Verfolgung der Vereinsziele<br />
in einem sich ständig ändernden,<br />
dynamischen Umfeld und unter<br />
ständig steigenden Anforderungen sein.<br />
Das Ziel aller Bemühungen ist immer<br />
die Patientin und der Patient. Das stetig<br />
wachsende Engagement jedes einzelnen<br />
Mitarbeiters und jeder Mitarbeiterin sowie<br />
aller ehrenamtlich Tätigen gilt dem<br />
Schaffen optimaler Rahmenbedingungen<br />
für PatientInnen und MitarbeiterInnen.<br />
Das Leitbild schafft eine leistungsfördernde<br />
Vereinskultur, jede MitarbeiterIn<br />
versteht sich als anerkannte PartnerIn zur<br />
Erreichung des Vereinserfolges und trägt<br />
somit Verantwortung für das Gesamtergebnis<br />
in gesellschaftlicher, wissenschaftlicher<br />
und auch wirtschaftlicher Hinsicht.<br />
Die strategische Ausrichtung und die<br />
Vereinsziele werden von allen getragen.<br />
Text: Dr. Brigitte Wimmer, Öffentlichkeitsarbeit<br />
§ Der Verein „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ ist konfessionell und politisch<br />
unabhängig.<br />
§ Respekt und gegenseitige Achtung voreinander sowie ein<br />
humanistisches Menschenbild und Wertschätzung des<br />
anderen sind die Grundlage unseres Handelns.<br />
§ Die/der PatientIn stellt den Mittelpunkt unserer Arbeit<br />
dar. Die Unterstützung, zu einem suchtfreien Leben zu<br />
gelangen, steht im Vordergrund.<br />
§ Der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ bietet professionelle Hilfe mit hohem<br />
Qualitätsanspruch für suchtkranke Menschen auf allen<br />
Therapiestufen, sei dies nun ambulant oder stationär.<br />
Die Grundstrukturen der Behandlungskonzepte werden<br />
einer Evaluierung unterzogen, um Qualitätssicherung zu<br />
gewährleisten und klare Zielvorstellungen zu überprüfen.<br />
§ Der therapeutische Prozess kann nur in einem harmonischen<br />
Umfeld stattfinden. Der verantwortungsvolle<br />
Umgang miteinander ist oberstes Gebot.<br />
§ Betreuung und Therapie durch den „Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
beinhalten Abstinenzorientierung und Gewaltlosigkeit.<br />
§ Die PatientInnen tragen in Form von Mitsprache und<br />
Mitentscheidung eigenverantwortlich zum Gelingen ihrer<br />
Therapie bei. Individuelle Bedürfnisse der einzelnen<br />
PatientInnen werden im Rahmen des Therapiekonzeptes<br />
flexibel berücksichtigt, dies bedeutet z.B. eine mögliche<br />
Verschiebung des Zeitfaktors in den Therapiestufen wie<br />
auch ein fließender Übergang zwischen ambulanter,<br />
stationärer und wieder ambulanter (Nach-)Behandlung.<br />
§ Auch die Angehörigen werden in die Behandlung miteinbezogen,<br />
um die Eigenverantwortlichkeit zu stärken.<br />
§ Ein nach individuellen Aspekten der PatientInnen ausgerichtetes<br />
weitnetziges österreichweites Nachbetreuungssystem<br />
lässt den Erfolg des „suchtfreien Lebens danach“<br />
stetig ansteigen.<br />
§ Präventionsarbeit im Sinne von allgemeiner Aufklärung<br />
der Öffentlichkeit über die Suchtproblematik wie auch<br />
im Sinne von Einbindung der Kinder Suchtkranker in<br />
das Behandlungskonzept ist ein wichtiger Teil der Aufgaben<br />
des Vereins.<br />
§ Kooperation und Partnerschaften mit anderen Beratungsstellen<br />
und Einrichtungen, Vor- und Nachbetreuungsmöglichkeiten<br />
sowie die Zusammenarbeit mit den<br />
Kostenträgern und dem AMS steigern die Effizienz des<br />
Vereins und dienen somit der Erreichung der Vereinsziele.<br />
§ Vernetzung, Öffnung, Flexibilisierung, Erweiterung<br />
internationaler Arbeit und Forschungstätigkeit sind<br />
Schwerpunkte in der Arbeit des Vereins zu Gunsten der<br />
PatientInnen.<br />
§ Engagierte Teamarbeit innerhalb der MitarbeiterInnen<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ gehört zur Vereinskultur, den<br />
Wertvorstellungen des Vereins, ebenso wie umfassendes<br />
Entgegenkommen, Informationsaustausch und ausreichende<br />
Weiterentwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten.<br />
Die Psychohygiene der MitarbeiterInnen,<br />
regelmäßige Supervisionen und Weiterbildung zählen als<br />
Wert.<br />
§ Der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ nimmt seine Verantwortung und Verpflichtung<br />
gegenüber PatientInnen, MitarbeiterInnen,<br />
der Umwelt und der Gesellschaft wahr.<br />
D R . M E D . L E O N I D A S K . L E M O N I S<br />
Ärztlicher Leiter<br />
D I R . A L F R E D R O H R H O F E R<br />
Verwaltungsdirektor<br />
D R . R O B E R T M U H R<br />
Psychotherapeutischer Leiter<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 14
Der Verein<br />
„<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“<br />
Der Verein „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ wurde<br />
1983 nach einem Konzept von Prim. Dr.<br />
G. Pernhaupt als Institution zur Rehabilitation<br />
und Integration suchtkranker<br />
Personen mit Sitz in Wien gegründet.<br />
Dir. Alfred Rohrhofer, Gründungsmitglied<br />
des Vereins, fungiert als Geschäftsführer<br />
und Verwaltungsdirektor, Dr.<br />
Robert Muhr als psychotherapeutischer<br />
Leiter und Dr.med. Leonidas K. Lemonis<br />
als ärztlicher Leiter. Gemeinsam bilden<br />
Sie die kollegiale Führung des „Grünen<br />
<strong>Kreis</strong>es“.<br />
Zur österreichweit größten gemeinnützigen<br />
Organisation auf dem Suchtsektor<br />
angewachsen, bietet der „Grüne<br />
<strong>Kreis</strong>“ bei Abhängigkeitsproblematiken<br />
rasche und professionelle Hilfe. Voraussetzung<br />
für jede Aufnahme und Ziel<br />
jeder Behandlung ist die Abstinenzorientierung.<br />
Dies betrifft nicht nur die Zeit<br />
während der Therapie sondern auch die<br />
Dir. Alfred Rohrhofer Dr. Robert Muhr Dr. Leonidas Lemonis<br />
Perspektive auf das Leben danach. Ein<br />
ambulantes Programm, vor allem aber<br />
die stationäre Lang- und Kurzzeittherapie<br />
bieten für die Betroffenen eine realistische<br />
Chance, dieses Ziel zu erreichen.<br />
Mit viel Engagement wird Suchtkranken<br />
der Weg zurück in ein drogenfreies<br />
Leben ermöglicht.<br />
Suchtkranke weibliche und männliche<br />
Jugendliche und Erwachsene, Eltern<br />
bzw. Elternteile mit Kindern, Paare und<br />
Personen mit richterlicher Weisung zur<br />
Therapie aus dem gesamten österreichischen<br />
Bundesgebiet werden vom Verein<br />
betreut. Prinzipiell werden auch PatientInnen<br />
mit nicht substanzabhängigem<br />
Suchtverhalten wie z.B. Spielsucht und<br />
ebenso KlientInnen aus dem gesamten<br />
EU Raum behandelt. Gemessen am breiten<br />
Spektrum der individuellen Behandlungs-<br />
und Betreuungsmaßnahmen ist<br />
der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ somit die vielfältigste<br />
Suchthilfeeinrichtung Österreichs.<br />
Zu wünschen bleibt immer, dass<br />
suchtkranke Menschen ihren – ganz<br />
eigenen, selbstbestimmten – Platz in der<br />
Gesellschaft finden können und neue<br />
Lebensperspektiven erhalten, um den<br />
eingeschlagenen Weg der Abstinenz<br />
beizubehalten.<br />
Die Vereinsstruktur des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“<br />
Text: Dr. Brigitte Wimmer, Öffentlichkeitsarbeit<br />
Fotos: Berith Schistek<br />
Grafik: KONTEXT kommunikation<br />
Seite 15 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Die Einrichtungen des Vereins<br />
„<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“<br />
Die stationäre Therapie findet in zehn therapeutischen Wohngemeinschaften in Niederösterreich und<br />
der Steiermark mit Platz für 280 Personen statt. Je nach individuellem Befinden der suchtkranken<br />
PatientInnen besteht die Möglichkeit einer sechsmonatigen Kurzzeittherapie oder einer mindestens<br />
zwölf Monate dauernden Langzeittherapie. Im stationären Langzeitbereich existieren Spezialprogramme<br />
für Eltern mit Kindern, Jugendliche, Frauen und MultimorbiditätspatientInnen; geschlechtsspezifische<br />
Aspekte werden in den Programmen besonders berücksichtigt.<br />
Waldheimat<br />
Sozialhilfeeinrichtung<br />
A-2872 Mönichkirchen<br />
Unterhöfen 92<br />
Tel.: (2649) 83 12<br />
Fax: (2649) 83 12-4<br />
E-mail: waldheimat@gruenerkreis.at<br />
Zwei neu adaptierte Häuser mit Einzelund<br />
Doppelbettzimmern bieten Platz<br />
für 22 PatientInnen (Zugangshaus für 8<br />
Männer, Kurzzeittherapiestation für 14<br />
PatientInnen).<br />
Hinzu kommen Versorgungs- und<br />
Stallgebäude.<br />
Arbeitsmöglichkeiten: Hausinterne<br />
Versorgungstätigkeiten, Gartenarbeit,<br />
Tierhaltung (Lamas), Kreativwerkstätte,<br />
externe Arbeitseinsätze in den Einrichtungen<br />
der Langzeittherapie, Berufsausbildung.<br />
Infrastruktur: Volleyballplatz, Tischtennis,<br />
Sauna, Fitnessraum, Streetballplatz,<br />
Tischfußball, indianisches<br />
Schwitzzelt.<br />
Schwerpunkt: Stabilisierung, Erhalten<br />
des sozialen und Arbeitsumfeldes.<br />
Binder<br />
Jugendwohlfahrts- und Sozialhilfeeinrichtung<br />
A-2872 Mönichkirchen 99<br />
Tel.: (2649) 235 27<br />
Fax: (2649) 83 07<br />
E-mail: hotel.binder@gruenerkreis.at<br />
Das geräumige und großzügig angelegte<br />
ehemalige Kurhotel im Ortskern<br />
von Mönichkirchen bietet Platz für 24<br />
Frauen, darunter 10 weibliche Jugendliche.<br />
Weiters befinden sich Hotelzimmer<br />
für externe Gäste im Haus. Daneben gibt<br />
es Versorgungs- und Stallgebäude.<br />
Arbeitsmöglichkeiten: Interne Versorgung,<br />
Seminareinrichtung Binder (28<br />
Betten), Bäckerei, Tierhaltung (Lamas),<br />
Berufsausbildung.<br />
Infrastruktur: Tischtennis, Tennis,<br />
Streetballplatz, Gymnastikraum, Tischfußball,<br />
indianisches Schwitzzelt.<br />
Frankenau<br />
Jugendwohlfahrtseinrichtung<br />
A-2870 Aspang<br />
Königsberg 57<br />
Tel./Fax: (2642) 536 04<br />
Das adaptierte und renovierte<br />
ehemalige Landhaus bietet Platz für <strong>20</strong><br />
männliche Jugendliche, die in Einzelund<br />
Doppelbettzimmern untergebracht<br />
sind. Aufenthalts-, Computer-, Dienstund<br />
Therapieräume befinden sich im<br />
Haupthaus, daneben sind Versorgungsund<br />
Stallgebäude angesiedelt.<br />
Arbeitsmöglichkeiten: Interne<br />
Versorgung, Tierhaltung (Schafe, Ziegen,<br />
Hochlandrinder), Landwirtschaft (14ha),<br />
Berufsausbildung (BFI, AMS, EU-Computerführerschein,<br />
Projekt Neue Wege).<br />
Infrastruktur: Verstärkte sportliche<br />
Freizeitgestaltung: Volleyballplatz,<br />
Tischtennis, Streetballplatz, Tischfußball,<br />
indianisches Schwitzzelt.<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 16
Marienhof<br />
Jugendwohlfahrts- und Sozialhilfeeinrichtung,<br />
Sonderkrankenhaus, Eltern-<br />
Kind-Haus<br />
A-2870 Aspang<br />
Ausschlag-Zöbern 3-5<br />
Tel.: (2642) 524 30 oder<br />
(2642) 524 38-4<br />
Fax: (2642) 523 84-10<br />
E-mail: marienhof@gruenerkreis.at<br />
Diese Einrichtung besteht aus mehreren<br />
Häusern und bietet Platz für 31<br />
Männer, 16 Frauen und 16 Kinder; davon<br />
entfallen 15 Plätze auf MultimorbiditätspatientInnen.<br />
Die Unterbringung<br />
erfolgt in Einzel- und Doppelzimmern<br />
bzw. Familienzimmern. Versorgungs-,<br />
Sanitärräume und Stallgebäude vervollständigen<br />
das Anwesen.<br />
Arbeitsmöglichkeiten: Büro, Tierhaltung<br />
(Streichelzoo), interne Versorgung,<br />
externe Gartenprojekte, Flüchtlingsheimbetreuung,<br />
Kreativwerkstätten<br />
(Töpferei, Wollherstellung und -verarbeitung),<br />
Berufsausbildung.<br />
Infrastruktur: Volleyballplatz, Tennis,<br />
Tischtennis, Tischfußball, Streetballplatz,<br />
Sauna, Fitness-, Gymnastik- und Musikraum,<br />
Kinderspielplatz, indianisches<br />
Schwitzzelt.<br />
Schwerpunkte: Integration und<br />
Behandlung von MultimorbiditätspatientInnen,<br />
Eltern-Kind-Betreuung<br />
(heilpädagogisches Eltern-Kind-Haus,<br />
Vereinskindergarten).<br />
Königsberghof<br />
Sozialhilfeeinrichtung<br />
A-2842 Thomasberg<br />
Königsberg 10<br />
Tel./Fax: (2644) 74 01<br />
Der renovierte Bauernhof bietet Platz<br />
für 15 Patienten in Doppel- und Einzelzimmern.<br />
Hinzu kommen Aufenthalts-,<br />
Therapie- und Diensträume.<br />
Arbeitsmöglichkeiten: Landwirtschaft<br />
(10ha), Tischlerei, Viehzucht (Traberstuten,<br />
Ziegen, Schweine), Käserei,<br />
Berufsausbildung.<br />
Infrastruktur: Volleyballplatz, Tischtennis,<br />
Tischfußball, Streetballplatz,<br />
Reiten, indianisches Schwitzzelt.<br />
Meierhof<br />
Sozialhilfeeinrichtung<br />
A-2870 Aspang<br />
Unternberg 38<br />
Tel./Fax: (2641) 25 66<br />
Der renovierte Gutshof bietet Platz<br />
für 17 Patienten. Daneben erstrecken<br />
sich weitläufige Gebäude, in denen<br />
Ställe, Futtermittel und die Schlosserei<br />
untergebracht sind. In den Glashäusern<br />
arbeiten Angestellte der Gärtnerei und<br />
Patienten. Hier handelt es sich ebenso<br />
um eine Zivildienereinrichtung mit vier<br />
Zivildienststellen.<br />
Arbeitsmöglichkeiten: Landwirtschaft<br />
(12 ha), Forstwirtschaft<br />
(Holzarbeit), Gärtnerei (Glashäuser),<br />
Landschaftsgärtnerei Gartenbau Gruber,<br />
Schlosserei, Viehzucht (Schweine,<br />
Pferde), Berufsausbildung.<br />
Infrastruktur: Volleyballplatz, Streetballplatz,<br />
Tischtennis, Fitnessraum, Reiten,<br />
Sauna, Tischfussball, indianisches<br />
Schwitzzelt.<br />
Seite 17 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Ettlhof<br />
Sozialhilfeeinrichtung<br />
A-2812 Lichtenegg<br />
Spratzau 32<br />
Tel./Fax: (2643) 21 14<br />
Die ehemalige Mühle bietet in adaptiertem<br />
und renoviertem Zustand Platz<br />
für 15 Patienten in Einzel- und Doppelbettzimmern.<br />
Aufenthalts-, Gruppen-,<br />
Therapie-, Diensträume, Küche, Sauna<br />
und Fitnessräume sind renoviert bzw.<br />
neu errichtet. Daneben befinden sich<br />
Stall-, Versorgungs- und Schlossereigebäude.<br />
Arbeitsmöglichkeiten: Schlosserei,<br />
Viehzucht (Rinder, Schweine, Hühner),<br />
Landwirtschaft (2 ha), Gartenleistungsprojekte,<br />
Berufsausbildung.<br />
Infrastruktur: Volleyballplatz, Streetballplatz,<br />
Tischtennis, Fitnessraum,<br />
Sauna, Tischfußball, indianisches<br />
Schwitzzelt.<br />
Villa<br />
Sozialhilfeeinrichtung<br />
A-2851 Krumbach<br />
Maierhöfenstraße 18<br />
Tel./Fax: (2647) 428 84<br />
Das großzügig angelegte und renovierte<br />
Landhaus, eine ehemalige<br />
Villa, bietet Platz für 17 Patienten in<br />
Einzel- und Doppelzimmern, davon<br />
sind 4 Plätze für Multimorbiditätspatienten<br />
vorgesehen. Gruppen-, Therapie-,<br />
Aufenthalts- und Freizeiträume, Versorgungsgebäude<br />
bzw. Werkstätten für die<br />
Holz- und Tonverarbeitung vervollständigen<br />
das Anwesen.<br />
Arbeitsmöglichkeiten: Garten, interne<br />
Hausversorgung, Kreativwerkstätten<br />
(Töpferei, Seidenmalerei, Holzarbeiten),<br />
Berufsausbildung.<br />
Infrastruktur: Volleyballplatz, Streetballplatz,<br />
Tischtennis, Sauna, Fitnessraum,<br />
Musikraum, Tischfußball, indianisches<br />
Schwitzzelt.<br />
Schwerpunkte: Kreativarbeit, Integration<br />
und Behandlung von Multimorbiditätspatienten,<br />
vier behindertengerecht<br />
gestaltete Plätze (Rollstuhlfahrer).<br />
Treinthof<br />
Sozialhilfeeinrichtung<br />
Diese 1. stationäre Einrichtung des<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>es“ wurde 1985 eröffnet.<br />
A-2851 Krumbach<br />
Hosien 3<br />
Tel./Fax: (2647) 428 74<br />
Der Gutshof (30 ha) ist vollkommen<br />
adaptiert, mit einem Zubau versehen<br />
und bietet Platz für 15 Patienten in<br />
Einzel- und Doppelzimmern. Gruppen-,<br />
Aufenthalts-, Freizeit- und Therapieräume<br />
sind neu gebaut bzw. eingerichtet.<br />
Daneben befinden sich weitläufige Stallund<br />
Versorgungsgebäude.<br />
Arbeitsmöglichkeiten: Viehzucht<br />
(Hochlandrinder, Pferde, Schweine,<br />
Schafe), Garten, Gemüseanbau, Forstwirtschaft,<br />
Berufsausbildung.<br />
Infrastruktur: Volleyballplatz, Streetballplatz,<br />
Tischtennis, Fitnessraum,<br />
Sauna, Reiten, Tischfußball, indianisches<br />
Schwitzzelt.<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 18
Johnsdorf<br />
Sozialhilfeeinrichtung<br />
Die jüngste Einrichtung des „Grünen<br />
<strong>Kreis</strong>es“ wurde am 3.3.<strong>20</strong>03 eröffnet.<br />
A-8350 Fehring<br />
Johnsdorf 1<br />
Tel.: (3155) 519 79<br />
Fax: (3155) 519 89<br />
E-mail: johnsdorf@gruenerkreis.at<br />
Das ehemalige Bildungshaus der<br />
Salesianer Don Boscos bietet Platz für<br />
80 weibliche und männliche erwachsene<br />
Suchtkranke, davon entfallen 16 Therapieplätze<br />
auf DoppeldiagnosepatientInnen<br />
und 16 auf KurzzeittherapieklientInnen.<br />
Der Behandlungsschwerpunkt liegt<br />
auf Alkoholabhängigkeit.<br />
Arbeitsmöglichkeiten: Landwirtschaft,<br />
Garten, Tischlerei, Kreativwerkstätten,<br />
Büro, Berufsausbildung.<br />
Infrastruktur: Volleyballplatz, Streetballplatz,<br />
Fitnessraum, indianisches<br />
Schwitzzelt.<br />
Die ambulanten Einrichtungen des<br />
Vereins „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“<br />
Die ambulanten Beratungs- und<br />
Betreuungszentren des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“<br />
befinden sich in Wien, Graz und<br />
Klagenfurt. Das Zentrum Wien wurde<br />
1995, das Zentrum Graz 1998 und das<br />
Zentrum Klagenfurt <strong>20</strong>01 eröffnet.<br />
Ambulantes Beratungs- und<br />
Betreuungszentrum<br />
Hermanngasse 12, A-1070 Wien<br />
Tel.: (1) 526 94 89 oder (1) 522 15 10<br />
Fax: (1) 526 94 89-4<br />
ambulanz.wien@gruenerkreis.at<br />
Ambulantes Beratungs- und<br />
Betreuungszentrum<br />
Hans-Resel-Gasse 18, A-80<strong>20</strong> Graz<br />
Tel., Fax: (316) 76 01 96<br />
ambulanz.graz@gruenerkreis.at<br />
Ambulantes Beratungs- und<br />
Betreuungszentrum<br />
Feldmarschall Konrad-Platz 3,<br />
A-90<strong>20</strong> Klagenfurt<br />
Tel.: (463) 59 01 26<br />
Fax: (463) 59 01 27<br />
ambulanz.klagenfurt@gruenerkreis.at<br />
Die ambulanten Beratungs- und Betreuungszentren<br />
bieten bei Abhängigkeitsproblematiken<br />
rasche und professionelle<br />
Hilfe in vielfältigen Bereichen an und<br />
dienen:<br />
als Anlaufstelle für Informationssuchende,<br />
zur ambulanten Beratung,<br />
als Präventionseinrichtung, vor allem<br />
in der Jugendprävention,<br />
zur Kontaktaufnahme mit den<br />
MitarbeiterInnen der Vorbetreuung,<br />
Vermittlung eines Entzugsbettes oder<br />
einer ambulanten Entzugsmöglichkeit,<br />
Vorbereitung zur ambulanten oder stationären<br />
Therapie ohne Wartezeiten,<br />
der ambulanten Psychotherapie für<br />
Suchtkranke, die in stabilen sozialen<br />
Verhältnissen leben, keine psychischen<br />
Auffälligkeiten zeigen und deren<br />
Suchtgeschichte keine Extreme aufweist,<br />
die therapeutische Unterstützung<br />
benötigen, ohne ihre aktuellen<br />
Lebensumstände verlassen zu müssen,<br />
aber auch<br />
der ambulanten Psychotherapie mit<br />
richterlicher Weisung „Therapie statt<br />
Strafe“ (gesundheitsbezogene Maßnahmen),<br />
der Krisenintervention,<br />
der medizinischen Betreuung und der<br />
Abstinenzkontrollen,<br />
der Nachbetreuung und Begleitung<br />
stationärer PatientInnen aus der Langund<br />
Kurzzeittherapie nach abgeschlossener<br />
Therapie,<br />
der Stützung des Alltags- und Arbeitsumfeldes,<br />
der Berufsfindung und -ausbildung<br />
(Wiener Berufsbörse, AMS<br />
Förderung, TransitmitarbeiterInnen-<br />
Programm nach stationärer Therapie)<br />
und<br />
der Beratung und Betreuung von<br />
ratsuchenden Eltern und Angehörigen<br />
im Rahmen von Einzelgesprächen<br />
und offenen Psychotherapiegruppen<br />
in den ambulanten Betreuungszentren<br />
zur Information, Begleitung und<br />
Förderung der bestehenden oder neu<br />
zu schaffenden Beziehungen.<br />
Text: Dr. Brigitte Wimmer, Öffentlichkeitsarbeit<br />
Fotos: Berith Schistek<br />
Seite 19 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Das Behandlungssystem des<br />
Vereins „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“<br />
Suchterkrankungen zählen zu den<br />
schwersten psychischen Erkrankungen,<br />
da sie einerseits die gesamte Person<br />
und in Folge auch die gesamte soziale<br />
Umgebung dieser Person betreffen und<br />
verändern. Andererseits sind die Heilungschancen<br />
faktisch nicht sehr hoch.<br />
Die Behandlungsgeschichte eines/einer<br />
suchtkranken Patienten/in ist daher<br />
meist eine lange, die verschiedenste<br />
Elemente wie stationäre Aufenthalte,<br />
ambulante Behandlungen und Überbrückungshilfen<br />
beinhaltet. Zugleich<br />
werden verschiedene Lebenselemente<br />
des/der Patienten/in in den Vordergrund<br />
der Behandlung gerückt. Die individuelle<br />
Entwicklung der Person steht<br />
in der Psychotherapie im Vordergrund,<br />
das Verhältnis zur sozialen Umgebung<br />
des/der Patienten/in in der Sozialtherapie.<br />
Die Sozialtherapie fokussiert sich<br />
auf verschiedene Lebensbereiche wie<br />
Arbeit, Freizeit und soziales Verhalten im<br />
Austausch mit anderen Personen. Medizinische<br />
Betreuung und Stützung der<br />
PatientInnen bei aktuellem Suchtgeschehen<br />
sind ebenso tragende Elemente einer<br />
individuellen Behandlungsgeschichte.<br />
Jede Behandlungsform ermöglicht<br />
durch ihre Art eine Konzentration auf<br />
bestimmte Elemente. So steht in der<br />
ambulanten Therapie naturgemäß die<br />
individuelle Entwicklung der Person und<br />
deren Reflexion im Vordergrund. Bei einer<br />
Phase der Suchtbegleitung kann nur<br />
die Abwehr von weiteren Schädigungen<br />
(„harm reduction“) der Person zentral<br />
sein. In der Kurzzeittherapie liegt zwar<br />
ein Fokus auf der Entwicklung und Reflexion<br />
der Person des/der Patienten/in,<br />
Schwerpunkt ist aber die rasche Wiedereingliederung<br />
in soziale Zusammenhänge<br />
durch Sozialtherapie.<br />
In der aufwendigsten und intensivsten<br />
Form der Behandlung von Suchterkrankungen,<br />
der stationären Langzeittherapie,<br />
wird versucht, auf allen Ebenen Veränderungsmöglichkeiten<br />
zu schaffen. Im Therapiekonzept<br />
des Vereins „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“<br />
sind diese Bereiche in Therapiesäulen<br />
gegliedert. Psychotherapie, Arbeitstherapie<br />
und Aktive Freizeit sind diese Säulen<br />
der Behandlung. Zusammengehalten<br />
und verbunden werden diese Säulen<br />
durch das Prinzip der Therapeutischen<br />
Gemeinschaft, die als zentrales Element<br />
in Verantwortungsphasen gegliedert ist.<br />
Die Therapeutische Gemeinschaft<br />
Grundidee des Prinzips der Therapeutischen<br />
Gemeinschaft ist die gemeinsame<br />
Übernahme von Verantwortung für die<br />
Behandlung und die gemeinsame Gestaltung<br />
der Behandlung. PatientInnen,<br />
MitarbeiterInnen und therapeutisches<br />
Personal sind gemeinsam für die Behandlungsgestaltung<br />
im vorgegebenen Rahmen<br />
verantwortlich und daran beteiligt.<br />
Ein Phasenmodell ermöglicht den PatientInnen,<br />
je nach Aufenthaltsdauer und<br />
individueller Entwicklung, Verantwortung<br />
in der Therapeutischen Gemeinschaft<br />
zu übernehmen, ohne über- bzw.<br />
unterfordert zu sein. MitarbeiterInnen<br />
und therapeutisches Personal „leben“ in<br />
dieser Therapeutischen Gemeinschaft<br />
mit und nehmen verantwortlich daran<br />
teil, ohne sich auf Einzelbereiche exklusiv<br />
zurückziehen zu können. Dadurch<br />
steht die aktuelle Auseinandersetzung<br />
und das aktuelle Geschehen immer im<br />
Vordergrund. Zugleich wird Beziehung<br />
zur übergreifenden Klammer, die alle<br />
Entwicklungsmöglichkeiten des/der<br />
Patienten/in umschließt. Das heißt, dass<br />
für den/die Patienten/in Personen als Begleitung<br />
in seiner/ihrer Behandlung zur<br />
Verfügung stehen und nicht ausschließlich<br />
Personen in Funktionszuordnungen.<br />
Psychotherapie<br />
Als Grundelement der Behandlung<br />
von psychischen Erkrankungen stellt<br />
die Psychotherapie einen wesentlichen<br />
Teil der Therapie dar. Sie dient inhaltlich<br />
der Reflexion der eigenen Person<br />
des/der Patienten/in und kann dadurch<br />
Veränderung ermöglichen. Basis dieser<br />
Möglichkeit ist die Beziehung zwischen<br />
dem/der Patienten/in und seinem/seiner<br />
Therapeuten/in. Gerade bei suchtkranken<br />
Personen ist sehr häufig die Aufnahme<br />
und Gestaltung von Beziehungen<br />
höchst problematisch, so dass diesem<br />
Element größte Aufmerksamkeit gewidmet<br />
wird. Die Entwicklung einer positiven<br />
und tragfähigen therapeutischen<br />
Beziehung kann aber sehr lange dauern<br />
und daher eigentlich schon Therapie an<br />
sich sein. Gilt dies für Einzelpsychotherapie,<br />
so auch um so mehr für Gruppenpsychotherapie,<br />
wo Beziehungsgestaltung<br />
und Rückmeldung des Wirkens der<br />
eigenen Person für den/die Patienten/in<br />
im Vordergrund steht.<br />
Bei erfolgreichen Behandlungsverläufen<br />
ist oft eine lange einzelpsychotherapeutische<br />
Behandlung, die über<br />
stationäre Aufenthalte hinausführt, zu<br />
beobachten. Eine intensive Auseinandersetzung<br />
mit der eigenen Person in Beziehung<br />
mit einem/einer Therapeuten/in<br />
scheint eine Notwendigkeit für alle<br />
suchtkranken Personen auf dem Weg aus<br />
ihrer Sucht heraus.<br />
Arbeitstherapie<br />
Ziel der Arbeitstherapie ist es, die<br />
Arbeitsfähigkeit des/der Patienten/in zu<br />
erhalten oder zu helfen, diese wiederzuerlangen.<br />
Einerseits wird dies ermöglicht<br />
durch die Eingliederung des/der<br />
Patienten/in in eine vorhandene Tagesund<br />
Arbeitszeitstruktur, andererseits ist<br />
eine individuelle Erhebung des Ausbildungsstandes,<br />
der Arbeitserfahrung und<br />
der Interessenslage des/der Patienten/in<br />
notwendig, um Entwicklung in diesem<br />
Bereich zu ermöglichen. Im Rahmen<br />
der Möglichkeiten steht Weiterqualifizierung<br />
für alle PatientInnen im Vordergrund.<br />
Berufsorientierung, Bewerbungstraining<br />
und eine Vielzahl von Kursen,<br />
die individuell ermöglicht werden, sind<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite <strong>20</strong>
Standard für jeden/jede Patienten/in.<br />
Längere Berufsausbildungen können<br />
begonnen werden. Für SchülerInnen<br />
wird der Schulbesuch ermöglicht und die<br />
Absolvierung des Hauptschulabschlusses<br />
sollte für jeden/jede Patienten/in erreichbar<br />
sein.<br />
Zugleich wird in allen Einrichtungen<br />
versucht, abwechslungsreiche Arbeitsmöglichkeiten<br />
zu bieten, die an Arbeitsrealität<br />
angepasst sind. PatientInnen, die<br />
der Arbeitsbelastung nicht gewachsen<br />
sind, stehen geschützte Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
zur Verfügung. Durch die<br />
Zentrierung auf Arbeitsrehabilitation<br />
kommt der Verein weniger der gesellschaftlichen<br />
Forderung nach, sondern<br />
vor allem den Wünschen der PatientInnen,<br />
die schon bei der Aufnahme als<br />
wichtigstes Ziel einen „guten“ Arbeitsplatz<br />
nach Therapieende angeben.<br />
Aktive Freizeit<br />
Erfahrungen mit PatientInnen, die<br />
anschließend an einen stationären Aufenthalt<br />
in ambulanter Nachbetreuung<br />
sind, zeigen, dass der Bereich Freizeit<br />
oft zum Hauptproblem wird. Arbeit<br />
und soziale Umgebung werden oft als<br />
optimal empfunden, die „freie Zeit“ aber<br />
als unbewältigbar.<br />
Zum einen wird versucht, das Interesse<br />
für verschiedene Freizeitbeschäftigungen<br />
zu wecken, indem Sport, Kultur<br />
und Spaß angeboten werden. Zum<br />
anderen muss dafür gesorgt werden, dass<br />
schon während der Zeit der stationären<br />
Behandlung freie, nicht organisierte Zeit<br />
zur Verfügung steht, die die PatientInnen<br />
selbst gestalten müssen. Ein Gleichgewicht<br />
von organisierter und gestaltbarer<br />
Freizeit wird hergestellt.<br />
Die Erlebnispädagogik stellt einen<br />
Schnittpunkt zwischen Aktiver Freizeit<br />
und Psychotherapie sowie Sozialtherapie<br />
dar, der punktuell und gut vorbereitet<br />
genützt wird. Dazu werden auch Trendsportarten<br />
eingesetzt. Insgesamt steht<br />
der Mannschaftssport in den meisten<br />
Einrichtungen des Vereins „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“<br />
im Vordergrund, wobei die Möglichkeit<br />
der Bewegung und Sportausübung für<br />
alle PatientInnen gegeben ist. Einrichtungsübergreifende<br />
Sportteams wie<br />
Fußball- oder Volleyballmannschaften<br />
ergänzen diese Möglichkeit für besonders<br />
interessierte PatientInnen. Kulturell kreative<br />
Elemente werden durch Kunstprojekte<br />
im Rahmen von „Kunst im Grünen<br />
<strong>Kreis</strong>“ angeboten. Eine Ausweitung der<br />
Auseinandersetzungsmöglichkeit mit<br />
Kunst und Kultur vergrößert den Bereich<br />
„Aktive Freizeit“.<br />
Die Therapiesäulen in der Therapeutischen<br />
Gemeinschaft gelebt bieten<br />
also PatientInnen wie TherapeutInnen<br />
vielfältigste Anknüpfungspunkte, um<br />
Entwicklung in einer therapeutischen<br />
Beziehung zu beginnen und so die Basis<br />
für einen erfolgreichen Behandlungsverlauf<br />
zu legen.<br />
Text: Dr. Robert Muhr, psychotherapeutischer<br />
Leiter<br />
Grafik: KONTEXT kommunikation<br />
Seite 21 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Die Entwicklung der<br />
Therapiemodelle im<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
Ausgangspunkt und auch heute zentrales<br />
Behandlungselement des Vereins<br />
„<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ ist die stationäre Langzeittherapie.<br />
Von diesem Ausgangspunkt aus<br />
bestimmte der Bedarf und die Kapazität<br />
des Vereins die Entwicklung verschiedener<br />
anderer Behandlungsformen.<br />
Eine große Nachfrage nach ambulanter<br />
Therapie für JustizklientInnen führte zu<br />
Überlegungen und letztlich zur Eröffnung<br />
des ambulanten Betreuungszentrums<br />
Hermanngasse. Ebenso zeigte sich<br />
vor wenigen <strong>Jahre</strong>n ein größerer Bedarf<br />
für kürzere stationäre Aufenthalte für<br />
spezielle KlientInnen, die noch stark<br />
sozial integriert sind und maximal eine<br />
moderate Suchtgeschichte vorweisen.<br />
Dies führte zur Eröffnung der Kurzzeittherapiestation<br />
Waldheimat.<br />
Die Entwicklung der Spezialprogramme<br />
des Vereins „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“<br />
erfolgte ähnlich. Von Anbeginn wurden<br />
spezielle PatientInnengruppen wie<br />
Jugendliche, KlientInnen mit psychiatrischer<br />
Multimorbidität oder Mütter<br />
mit Kindern in den Langzeittherapiestationen<br />
aufgenommen und zusammen<br />
mit den anderen PatientInnen behandelt.<br />
Der Anstieg der Bettenzahl des<br />
Vereins und somit auch der Anstieg<br />
dieser „Einzelfälle“ zu einer bemerkbaren<br />
Gruppe führte in den Bereichen dieser<br />
PatientInnengruppen zu konzeptuellen<br />
Überlegungen, ob und welche Form der<br />
speziellen Behandlung für diese KlientInnen<br />
angebracht wäre. Letztlich sind<br />
die Therapiesäulen des Vereins „<strong>Grüner</strong><br />
<strong>Kreis</strong>“, wie auch das Prinzip der Therapeutischen<br />
Gemeinschaft tragende Elemente<br />
aller Spezialprogramme. Adaptionen<br />
und unterschiedliche Gewichtungen<br />
wurden allerdings vorgenommen.<br />
Bei den Jugendprogrammen liegt der<br />
Schwerpunkt neben der Psychotherapie<br />
vor allem in der Aus- und Weiterbildung.<br />
Die Arbeitstherapie ist an Jugendliche<br />
angepasst und wird durch zusätzliche<br />
Sport- und Freizeitaktivitäten ergänzt.<br />
Im Spezialprogramm „Eltern - Kind“<br />
wird der Hauptschwerpunkt auf die Behandlung<br />
der Beziehung zwischen Eltern<br />
und Kindern gelegt und ist gleichwertig<br />
mit der Suchtbehandlung der Eltern. Die<br />
Arbeitstherapie ist eingeschränkt und<br />
Freizeitaktivitäten sind auf Eltern und<br />
Kinder gemeinsam orientiert.<br />
Als höchstes Prinzip im Spezialprogramm<br />
„Multimorbidität“ gilt die<br />
Integration, jedoch ohne die betroffenen<br />
PatientInnen zu überfordern. So haben<br />
multimorbide PatientInnen die Möglichkeit,<br />
an Mal- und Beschäftigungstherapie<br />
oder an der Arbeitstherapie, je nach ihren<br />
Möglichkeiten, teilzunehmen. Sie leben<br />
zusammen mit anderen PatientInnen<br />
in der Therapeutischen Gemeinschaft<br />
und nehmen an den gemeinsamen<br />
Therapiegruppen teil, haben aber auch<br />
speziell auf Persönlichkeitsstörungen<br />
abgestimmte Therapieelemente.<br />
Insgesamt sei darauf hingewiesen, dass<br />
alle Therapieformen und alle Spezialprogramme<br />
als Basis die therapeutische<br />
Beziehung haben, deren positive Entwicklung<br />
immer im Vordergrund steht.<br />
Text: Dr. Robert Muhr, psychotherapeutischer<br />
Leiter<br />
Fotos: Berith Schistek<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 22
Die medizinische<br />
Behandlung und Betreuung<br />
im „Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
Am 3.3.<strong>20</strong>03 wurde das neue Therapiezentrum<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ in<br />
Johnsdorf, in der Nähe von Feldbach in<br />
der Steiermark, eröffnet. Im Zuge meiner<br />
Bestrebungen, eine möglichst optimale<br />
medizinische Versorgung für die KlientInnen<br />
dieser Therapieeinrichtung zu organisieren,<br />
wurde mir erneut klar, wie gut<br />
unser medizinisches Betreuungsangebot<br />
für die bereits neun bestehenden Einrichtungen<br />
in der Buckligen Welt ist.<br />
In der Endausbaustufe werden in<br />
Johnsdorf bis zu 80 KlientInnen untergebracht.<br />
Unsere Erfahrungswerte beziehen<br />
sich auf die medizinische Betreuung von<br />
durchschnittlich 180 KlientInnen in den<br />
neun Niederösterreichischen Sozialhilfeeinrichtungen.<br />
Meine Annahme, als<br />
ich mich im <strong>Jahre</strong> <strong>20</strong>00 um die ärztliche<br />
Leitung des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ beworben<br />
hatte, bestand darin, dass bestenfalls eine<br />
punktuelle medizinische Versorgung<br />
möglich wäre – vor allem aufgrund der<br />
räumlichen Entfernung der einzelnen<br />
Therapiestationen vom in der Waldheimat<br />
stationierten medizinischen Zentrum.<br />
Ich stellte aber bald sehr positiv überrascht<br />
fest, dass unser medizinisches Team durch<br />
die Kooperationsbereitschaft der niedergelassenen<br />
ÄrztInnen der Umgebung<br />
bestens unterstützt wird und somit für<br />
die stationär behandelten KlientInnen im<br />
Bedarfsfall eine „Rund um die Uhr-Betreuung“<br />
gewährleistet ist.<br />
Grundvoraussetzung für den Beginn<br />
der stationären Therapie ist, dass die<br />
PatientInnen somatisch entzogen sind.<br />
Zum Aufnahmezeitpunkt muss der/die<br />
Klient/in drogenfrei sein. Das größte Problem<br />
stellen die Benzodiazepine dar, da es<br />
trotz Aufklärung des Öfteren vorkommt,<br />
dass Zuweisende diese Substanzgruppe<br />
nicht als Droge einstufen. Es wird der<br />
Versuch unternommen, die jeweilige Antidepressiva<br />
bzw. Neuroleptika Dosis, wenn<br />
möglich, zu reduzieren, alle PatientInnen<br />
erhalten jedoch je nach Indikation die<br />
notwendige Medikation.<br />
Alle stationär Aufgenommenen werden<br />
allgemeinmedizinisch und psychiatrisch<br />
untersucht. Ein Facharzt für Psychiatrie,<br />
ein Arzt für Allgemeinmedizin, eine<br />
praktische Ärztin mit abgeschlossener<br />
homöopathischer Ausbildung, eine diplomierte<br />
psychiatrische Krankenschwester<br />
sowie eine Krankenpflegehelferin bilden<br />
derzeit unser medizinisches Team. Die<br />
neuropsychiatrischen Begutachtungen in<br />
unseren ambulanten Betreuungszentren<br />
in Wien und Klagenfurt erfolgen durch<br />
FachärztInnen, die uns regelmäßig zur<br />
Verfügung stehen.<br />
Etwa 30 bis 40 PatientInnen brauchen<br />
eine intensivere medizinische und<br />
psychotherapeutische Betreuung. Es sind<br />
die Doppeldiagnose-KlientInnen, die<br />
meistens primär eine psychiatrische und<br />
sekundär eine Suchterkrankung haben.<br />
Die Aufnahme erfolgt ausnahmslos nach<br />
vorheriger psychiatrischer Untersuchung<br />
durch FachärztInnen unseres Vereins.<br />
Ziel ist die Stabilisierung, die Aufrechterhaltung<br />
der Drogenfreiheit sowie im<br />
idealen Fall die berufliche Reintegration.<br />
Besonders vorteilhaft für dieses Klientel<br />
ist unsere hervorragende Kooperation<br />
mit der Sozialpsychiatrischen Abteilung<br />
des Krankenhauses Neunkirchen. Es ist<br />
selten erforderlich, jedoch besonders<br />
beruhigend, zu wissen, dass im Fall einer<br />
in unserem Setting nicht bewältigbaren<br />
psychiatrischen Krise die nächst gelegene<br />
Fachabteilung prompt bereit ist, die<br />
Behandlung zu übernehmen.<br />
Sehr intensiv gestaltet sich auch unsere<br />
Zusammenarbeit mit den hepatologischen<br />
Abteilungen im Krankenhaus<br />
Lainz bzw. an der Universitätsklinik Graz.<br />
PatientInnen mit chronischer Hepatitis C<br />
erhalten während der Langzeittherapie in<br />
unseren Einrichtungen die vorgesehene<br />
Pharmakotherapie, wobei regelmäßige<br />
Kontrollen in den Fachabteilungen erforderlich<br />
sind. Seit kurzem steht uns auch<br />
die Hepatitis Ambulanz des Krankenhauses<br />
Neunkirchen als Kooperationspartner<br />
zur Verfügung – mit dem großen Vorteil<br />
der geografischen Nähe und der damit<br />
verbundenen geringeren Belastung der<br />
Behandlungsbedürftigen.<br />
Besonders wichtig ist der Erfahrungsaustausch<br />
und die Kommunikation mit<br />
den ÄrztInnen der Umgebung. Während<br />
des regelmäßig stattfindenden „<strong>Grüner</strong><br />
<strong>Kreis</strong> Jour Fixe“ werden vor allem Fragen<br />
administrativer Natur gestellt. Abgesehen<br />
davon, dass jede/r in unserem Team<br />
mehrmals im Jahr suchtspezifische Fortbildungen<br />
besucht, werden des Öfteren<br />
FachexpertInnen eingeladen, um unsere<br />
MitarbeiterInnen über die neuesten<br />
Erkenntnisse bezüglich Hepatitis C, HIV<br />
Erkrankungen und Psychiatrische Störungen<br />
zu informieren. Als letztes möchte<br />
ich meine ausgezeichneten Erfahrungen<br />
mit der „Vor Ort-Information“ von KollegInnen<br />
im Zuge von Exkursionen zu Einrichtungen<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ erwähnen.<br />
Wenn die geografische Entfernung<br />
dies jedoch nicht zulässt, habe ich „round<br />
tables“ an den zuweisenden Abteilungen<br />
als sehr kooperationsfördernd erlebt. Je<br />
besser der fachliche Austausch erfolgt,<br />
umso mehr profitieren unsere PatientInnen<br />
davon, die ja im Mittelpunkt all<br />
unserer Bemühungen stehen.<br />
Text: Dr. med. Leonidas K. Lemonis, ärztlicher<br />
Leiter<br />
Foto: Berith Schistek<br />
Seite 23 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Die Frauen am Marienhof<br />
Frauenspezifische Ansätze in der Therapie<br />
am Beispiel Marienhof<br />
Die Frauen sind anfangs, wenn sie<br />
neu zur Therapie auf den Marienhof<br />
kommen, nicht sehr erfreut über die<br />
Tatsache, dass sie in einer reinen Frauengemeinschaft<br />
leben werden. Sie sind<br />
vorher darüber informiert worden, dass<br />
der Marienhof ein „gemischter“ Hof ist,<br />
und obwohl sie in ihrer Vergangenheit<br />
keine besonders guten Erfahrungen mit<br />
Männern gemacht haben, finden sie es<br />
befremdend, dass der Kontakt zu den<br />
Männern, die in einem eigenen Haus auf<br />
demselben Gelände leben, sehr eingeschränkt<br />
ist.<br />
Gewalt, Ausbeutung und Verrat<br />
standen in der Beziehungsvergangenheit<br />
der meisten Frauen, die zum „Grünen<br />
<strong>Kreis</strong>“ in Behandlung kommen, im<br />
Vordergrund und sind nicht unwesentliche<br />
Faktoren des Suchtprozesses. Diese<br />
Frauen hatten jedoch leider auch keine<br />
guten Erfahrungen mit anderen Frauen.<br />
Konkurrenzverhalten und Intrigen, meistens<br />
um einen Mann zentriert, machten<br />
sie zu – oft erbitterten – Feindinnen. So<br />
ist es verständlich, dass es Zeit braucht,<br />
das Misstrauen abzubauen, in die Gemeinschaft<br />
hineinzuwachsen, erste echte<br />
Frauenfreundschaften zu knüpfen. Jene<br />
Frauen, die schon länger am Marienhof<br />
sind und mehr Therapieerfahrung und<br />
damit auch mehr Selbsterfahrung haben,<br />
können die weniger Erfahrenen und<br />
noch Verunsicherten stützen und beraten<br />
und ihnen Modell sein.<br />
Obwohl Frauen grundsätzlich eine<br />
Lebenswelt teilen, haben sie unterschiedliche<br />
Bedürfnisse und leben in verschiedenen<br />
Situationen. Auch bei den Frauen<br />
am Marienhof handelt es sich nicht um<br />
eine homogene Gruppe, in der alle dieselben<br />
Voraussetzungen mitbringen oder<br />
in der alle unter denselben Bedingungen<br />
leben. Es finden sich Frauen, die neben<br />
ihrem Suchtproblem auch unter einer<br />
psychiatrischen Erkrankung leiden und<br />
daher besonders verletzbar sind; ebenso<br />
Frauen, die Mütter sind und sich neben<br />
der Bewältigung des Therapiealltags<br />
um ihre Kinder kümmern müssen bzw.<br />
dies zu lernen beginnen. Andere Frauen<br />
scheinen im Vergleich dazu weniger belastet<br />
zu sein, weil sie keiner dieser beiden<br />
Gruppen angehören und sich „nur“ mit<br />
ihrem Suchtverhalten auseinandersetzen<br />
müssen. Einfach ist es für keine.<br />
Das Angebot an die Frauen am Marienhof<br />
ist vor allem die Unterstützung<br />
zur Emanzipation, zur Selbstermächtigung<br />
im Gegensatz zur Abhängigkeit.<br />
Süchtige Frauen leiden unter einer<br />
doppelten Abhängigkeit. Zum einen ist<br />
es die vom Suchtmittel, zum anderen<br />
die vom Mann. Diese steht in direktem<br />
Zusammenhang mit den patriarchalen<br />
Strukturen unserer Gesellschaft, in der<br />
die Frau von ihrem Mann wirtschaftlich<br />
und emotional abhängig gemacht wird,<br />
damit sie für die Versorgungsaufgaben<br />
zur Verfügung steht. Kultur- und genderspezifische<br />
Bewertungen vermitteln der<br />
Frau, sie sei nur dann etwas wert, wenn<br />
sie gebraucht wird. Dies hat zur Folge,<br />
dass sie sich „natürlich“ anderen zur<br />
Verfügung stellt.<br />
In einer Frauengemeinschaft zu leben,<br />
kann von diesen Ansprüchen entlasten<br />
und der Frau die Chance geben, sich<br />
ausschließlich auf sich<br />
selbst zu konzentrieren,<br />
sich erfahren zu<br />
können, ohne zuerst<br />
auf „seine“ Bedürfnisse<br />
achten zu müssen. Die<br />
Frauen am Marienhof<br />
freuen sich über<br />
ihr neu entwickeltes<br />
Selbstwertgefühl und<br />
scheuen sich nicht, es<br />
auch auszudrücken, wie die folgenden<br />
Beispiele zeigen.<br />
„Das Wichtigste hier am Hof für mich<br />
ist zu lernen, zu mir selbst zu stehen.“,<br />
sagt eine Patientin, die seit acht Monaten<br />
mit ihrer kleinen Tochter am Marienhof<br />
lebt. „Ich will auch meinem Kind ein anderes<br />
Modell sein als es meine Mutter für<br />
mich war, die nur leidend und zurückgezogen<br />
ihr „Schicksal“ ertragen hat.“<br />
„Ich hab so ein gutes Gefühl, wenn ich<br />
mich wehre, wenn ich mich durchsetze<br />
und mir nichts gefallen lasse.“, erzählt<br />
eine andere Patientin mit einem Leuchten<br />
in den Augen. Sie spricht von einem<br />
„neuen Gefühl des Daheimseins“, das<br />
sie durch das Hineinwachsen in die Gemeinschaft<br />
erfährt. Weibliche Ansprechpartnerinnen<br />
zu haben, die ähnliche<br />
Lebenserfahrungen gemacht haben, die<br />
bei Krisen unterstützend da sind, ist eine<br />
neue und besonders wertvolle Erfahrung<br />
für alle Frauen. „Wenn ich jemanden<br />
zum Reden brauche, ist immer wer da!“,<br />
freut sich eine Klientin. „Das hab ich<br />
noch nie in meinem Leben gehabt.“<br />
Wenn es Frauen gelingt, sich aus ihrer<br />
Abhängigkeit von der Bewertung durch<br />
andere zu befreien, wenn es ihnen gelingt,<br />
ihre eigene Meinung und ihre eigenen<br />
Werte in den Vordergrund zu stellen und<br />
wenn sie es wagen, ihre eigenen Bedürfnisse<br />
über jene oder zumindest gleich<br />
denen des Mannes zu setzen, haben sie<br />
für sich ein Stück Freiheit geschaffen, das<br />
nicht nur Voraussetzung für ein suchtfreies<br />
Leben ist, sondern weit darüber<br />
hinaus ihrem Leben eine neue Dimension<br />
eröffnen wird.<br />
Text: Mag. Marieluise Oberoi, Pädagogin,<br />
therapeutische Mitarbeiterin<br />
Fotos: Berith Schistek<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 24
Das Eltern-Kind-Haus<br />
im „Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
Eine heilpädagogisch-psychotherapeutische<br />
Kinderbetreuungseinrichtung<br />
im Rahmen der gemeinsamen Rehabilitation<br />
von suchtkranken Eltern und<br />
deren Kindern am Marienhof<br />
Das vorliegende Modell einer spezifischen<br />
heilpädagogischen und psychotherapeutischen<br />
stationären Kinderbetreuungseinrichtung<br />
widmet sich einer oft „vergessenen”<br />
Zielgruppe – nämlich den Kindern<br />
von suchtkranken Eltern. Jenen Kindern,<br />
die von ihren Eltern in eine eindeutige Vernachlässigungssituation<br />
gebracht wurden,<br />
soll eine Chance auf Heilung und gesunde<br />
Entwicklung geboten werden. Der Verein<br />
„<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ nimmt sich seit vielen <strong>Jahre</strong>n<br />
dieser Kinder an und hilft ihnen damit, ein<br />
Leben in einem fördernden und heilsamen<br />
Klima führen zu können.<br />
Bei der Konzeptualisierung einer<br />
therapeutischen Einrichtung für Kinder<br />
von Suchtkranken ist es unabdingbar,<br />
sich primär über die Auswirkungen der<br />
elterlichen Suchterkrankung, d.h. der mit<br />
der Suchterkrankung einhergehenden<br />
Beziehungsstörung des Süchtigen, auf die<br />
Entwicklung von Kindern klar zu werden:<br />
– Kinder von Suchtkranken werden<br />
oftmals nicht im notwendigen Ausmaß<br />
von ihren Eltern „angesprochen“, sie<br />
erfahren von ihnen nicht das notwendige<br />
Ausmaß an Sicherheit und sie<br />
werden oftmals nicht in der notwendigen<br />
Weise von ihnen angenommen,<br />
sondern vernachlässigt.<br />
– Das, was den Suchtkranken während<br />
ihrer aktiven Sucht am nächsten ist, ist<br />
die Droge. Nur das kommt ihnen nahe,<br />
ihre eigenen Kinder „kommen nicht<br />
zu ihnen durch“. Sie können mit den<br />
Eltern nicht „in Kontakt treten“, das<br />
notwendige Erlernen gegenseitigen<br />
Wahrnehmens und Spürens kann nicht<br />
stattfinden.<br />
– Sobald die suchtkranke Person keine<br />
Drogen nimmt, fühlt sie sich schuldig<br />
gegenüber dem Kind. Die Folge ist eine<br />
gefährliche Gegenbewegung, die das<br />
Kind erdrückt und verunsichert: die „erdrückende<br />
Umarmung“. In dieser Phase<br />
besteht die Gefahr, dass es erst recht wieder<br />
um die Bedürfnisse des Elternteils<br />
geht (seine Schuldgefühle loszuwerden)<br />
und die wirklichen kindlichen Bedürfnisse<br />
übersehen werden.<br />
Ein weiterer Grund, sich dieser Zielgruppe<br />
besonders anzunehmen, ist das<br />
Wissen darum, dass ein großer Anteil dieser<br />
betroffenen Kinder oftmals einer mehr<br />
oder weniger lang andauernder Misshandlung<br />
oder einem Missbrauch, sei es körperlicher,<br />
sexueller und/oder psychischer Art,<br />
ausgesetzt ist. Demzufolge weisen diese<br />
Kinder im hohen Maße Entwicklungsstörungen<br />
(besonders im Sprachbereich wie<br />
auch Störungen der motorischen Funktionen),<br />
allgemeine Verhaltensauffälligkeiten<br />
(Störungen des Sozialverhaltens) und<br />
Störungen im emotionalen Bereich auf.<br />
Da die Nachfrage nach Aufnahmen von<br />
Müttern bzw. Vätern mit Kindern stetig<br />
steigt, sieht sich der Verein „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“<br />
veranlasst, die Angebote für Kinder immer<br />
mehr zu verbessern, was dazu führte, dass<br />
zusätzlich verschiedene Lern-, Ausbildungsund<br />
Spielmöglichkeiten zur Verfügung<br />
gestellt und das heilpädagogische und<br />
therapeutische Programm ständig erweitert<br />
wurde. Seit April 1999 ist das Eltern-Kind-<br />
Haus am Marienhof anerkannte Jugendwohlfahrtseinrichtung.<br />
Dies stellt österreichweit<br />
einen innovativen Durchbruch<br />
in der Behandlung von Suchtkranken<br />
und deren Kindern dar. Erstmals wurde<br />
akzeptiert, dass Kinder suchtkranker Eltern<br />
einen geschützten Lebensraum benötigen,<br />
ohne dass eine Trennung von den Eltern erfolgen<br />
muss. Der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ hat daher<br />
bei der Durchsetzung des Konzepts für ein<br />
Eltern-Kind-Haus folgende wesentliche<br />
Grundsätze formuliert:<br />
– Behandlungsangebote für Kinder von<br />
suchtkranken Eltern müssen deren emotionale,<br />
kognitive und soziale Defizite<br />
berücksichtigen und dementsprechend<br />
geeignete pädagogische und therapeutische<br />
Maßnahmen zur Verfügung stellen.<br />
– Neben dem regulären therapeutischen<br />
Rehabilitationsprogramm benötigen<br />
süchtige Eltern eine zusätzliche familientherapeutische<br />
und pädagogische<br />
Unterstützung, sodass sie in ihrer Elternkompetenz<br />
unterstützt werden.<br />
– Im Rahmen der stationären Langzeitbehandlung<br />
der Eltern sind deren<br />
mitaufgenommene Kinder ebenfalls<br />
als PatientInnen zu sehen und daher<br />
behandlungswürdig.<br />
Konkret wird vom Verein „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“<br />
zur Umsetzung der oben formulierten<br />
Ziele folgendes (heil)pädagogisches und<br />
therapeutisches Programm angeboten:<br />
– Förderkindergarten als heilpädagogisch<br />
geführte Tagesbetreuungseinrichtung<br />
für Vorschulkinder<br />
– Nachmittagsbetreuungsprogramm für<br />
Schulkinder: Lern- und Hausaufgabenbetreuung,<br />
Freizeitgestaltung<br />
– Spezielle Lernförderung wie Behandlung<br />
von Teilleistungsstörungen etc.<br />
– Spieltherapie: wöchentlich stattfindende<br />
Psychotherapie für Kinder ab dem 4.<br />
Lebensjahr<br />
– Elternsupervision: Reflexion der Eltern-<br />
Kind-Interaktion, fachliche Information<br />
über Erziehung und Aspekte der<br />
Kinderentwicklung<br />
– Erlebnispädagogik und Freizeitprogramm<br />
gemeinsam für Eltern und<br />
Kinder<br />
Dieses Modell mit dem speziell entwickelten<br />
Konzept der heilpädagogischen<br />
und psychotherapeutischen Betreuung im<br />
Rahmen der gemeinsamen Rehabilitation<br />
von suchtkranken Eltern mit ihren Kindern<br />
im Verein „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ stellt zusätzlich<br />
eine sekundärpräventive Maßnahme dar,<br />
da hier die Möglichkeit gegeben ist, eine<br />
gefährdete Gruppe – es besteht ein zigfach<br />
erhöhtes Suchtrisiko bei diesen Kindern<br />
– zu behandeln bzw. zu betreuen.<br />
Text und Foto: Mag. Bettina Eher, Leiterin<br />
Eltern-Kind-Haus<br />
Seite 25 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Die Behandlung Jugendlicher<br />
in der Frankenau<br />
Stationäre Einrichtungen wie die<br />
Frankenau richten sich an den jugendlichen<br />
Suchtkranken, der ohne starke Intervention<br />
keinen Ausweg aus seiner Suchterkrankung<br />
bzw. seinem Suchtsystem findet. Bei der Behandlung<br />
Jugendlicher sei auch besonders<br />
hervorgehoben, dass großes Augenmerk auf<br />
das Nachholen erzieherischer Defizite Wert<br />
zu legen ist. Fast alle jugendlichen Patienten<br />
zeigen großen Nachreifungsbedarf auf<br />
den Gebieten „Verantwortung tragen“,<br />
„Unrechtsbewusstsein“ und „Konfliktverhalten“.<br />
Entwicklungsmöglichkeiten in diesen<br />
Bereichen sind für die meisten Patienten<br />
nur dann gegeben, wenn sie echte und tragfähige<br />
Beziehungen zu ihren Therapeuten<br />
und Betreuern aufbauen können, was aber<br />
oft lange Zeit in Anspruch nimmt.<br />
Der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ legt seiner Tätigkeit<br />
ein ganzheitliches Konzept der Behandlung<br />
in der Therapeutischen Gemeinschaft zu<br />
Grunde. Eines der wichtigsten Ziele der<br />
Therapie ist, im geschützten Rahmen zu<br />
lernen, die destruktive Beziehung zum<br />
Suchtmittel durch befriedigende Beziehungen<br />
zu anderen Menschen, zur eigenen<br />
Kreativität und Leistungsfähigkeit sowie<br />
zum eigenen Körper zu ersetzen. Hervorheben<br />
möchte ich nun die wesentlichen<br />
Eckpunkte Psychotherapie, Arbeitstherapie,<br />
Sport und den Wert der Therapeutischen<br />
Gemeinschaft.<br />
Psychotherapie: Im „Hier und Jetzt“ der<br />
geschützten Therapiesituation werden die<br />
Kontaktfähigkeit zu sich und anderen sowie<br />
die Einsicht in die eigene Lebenssituation<br />
gefördert. Die therapeutische Beziehung<br />
ist von Wertschätzung und einer empathischen<br />
Haltung getragen. Der Mensch – im<br />
gegebenen Fall unsere Jugendlichen – wird<br />
grundsätzlich als fähig angesehen, sein<br />
Leben sinnvoll zu gestalten und Störungen,<br />
sogenannte „Sackgassen“, aus eigener<br />
Kraft zu überwinden. Mit zunehmender<br />
Fähigkeit, sich als Teil einer Gemeinschaft<br />
zu verstehen und aus diesem Verständnis<br />
heraus situationsgemäß zu handeln, wächst<br />
die soziale Kompetenz und die Möglichkeit,<br />
mit sich und der Welt besser zurecht zu<br />
kommen. Die Selbstverantwortung wird<br />
gefördert.<br />
Arbeitstherapie: Arbeit bringt ein Stück<br />
Lebensrealität in die Therapie und bietet<br />
darüber hinaus einen strukturellen Rahmen,<br />
in dem sich therapeutische Entwicklungen<br />
sichtbar manifestieren und so leichter bearbeitbar<br />
werden. Eckpfeiler der Arbeitstherapie<br />
sind oft die in der Therapiegemeinschaft<br />
notwendigen Arbeiten. Darunter fallen<br />
die Arbeiten, die zum persönlichen Leben<br />
notwendig sind, wie Waschen, Putzen,<br />
Hausarbeit, Kochen etc., die Arbeiten, die<br />
für die Gemeinschaft wichtig sind, wie<br />
Erhaltung von Gemeinschaftseinrichtungen,<br />
Verpflegung der anderen etc., sowie die<br />
Arbeiten zur wirtschaftlichen Erhaltung der<br />
Einrichtung, wie Stallarbeit, Gartenarbeit<br />
etc. All diese Arbeiten sind sinnvoll und<br />
begründet. Im weitesten Sinn dienen sie der<br />
therapeutischen Gemeinschaft und jedem<br />
Patienten in seiner Therapie. Insgesamt ist<br />
die Arbeitstherapie ein wesentlicher Bereich,<br />
in dem auch fast jede Entwicklung der<br />
Therapie des Einzelnen für alle, auch für<br />
den Betroffenen, sichtbar wird.<br />
Sport: Sport und Bewegung in der<br />
Frankenau sind Teil der Therapie, das heißt,<br />
der gemeinsame Sport stellt einen Spielraum<br />
dar, in dem Themen der Therapie<br />
umgesetzt und bearbeitet werden können.<br />
Ziele, die im und durch<br />
den Sport verfolgt<br />
werden, sind Aktivitätssteigerung,<br />
Abbau der<br />
Antriebsarmut, Zusammenhalt<br />
in der Gruppe,<br />
Erhöhung der Frustrationstoleranz,<br />
Abbau von<br />
Aggression, Erhöhung<br />
der Widerstandskraft,<br />
Stressreduktion, Entspannung, Umgang<br />
mit den eigenen Energieressourcen und<br />
eine Schulung der motorischen Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten.<br />
Die Therapeutische Gemeinschaft: Von<br />
besonderer Bedeutung ist das Leben in der<br />
Therapeutischen Gemeinschaft, schließlich<br />
bildet die Gruppe den Boden für unsere soziale<br />
Existenz. Menschliches Zusammenleben<br />
und menschliche Entwicklung erfolgen<br />
grundsätzlich nach Gruppengesetzmäßigkeiten.<br />
Individualität, wie sie sich aufgrund<br />
von Überzeugungen und Verhaltensweisen<br />
beschreiben lässt, kann nur im menschlichen<br />
Miteinander entstehen und sich nur<br />
dort manifestieren. Ist sich ein Mensch über<br />
seine soziale Zugehörigkeit im Unklaren,<br />
kann er nur schwer eine Zukunftsperspektive<br />
oder Moral entwickeln, die die<br />
Grundlage für zielgerichtetes Handeln<br />
bilden. Begründet man die soziale Gruppe<br />
als die Quelle von Verhaltensweisen – was<br />
liegt also näher, als die Gruppe zum Boden<br />
für Verhaltensänderungen zu machen?<br />
Gelingt es, die Rahmenbedingungen einer<br />
Gruppe günstig zu gestalten, dann bietet<br />
sie dem Einzelnen die Möglichkeit, sich der<br />
Gruppe mit seiner phänomenalen Sicht der<br />
Welt, seinen Einstellungen und Verhaltensweisen<br />
zu präsentieren und seine Kräfte zu<br />
explorieren. Die Gruppe dient hierbei als<br />
Prüfstein, an der die eigenen Verhaltensund<br />
Sichtweisen gemessen werden. Sie<br />
bietet einen Raum, in dem Zugehörigkeit<br />
erfahrbar wird und Vergangenheits- und<br />
Zukunftsperspektive überprüfbar und für<br />
Veränderungen zugänglich gemacht werden<br />
können, um eine pessimistische Sicht des<br />
Menschen und des eigenen Lebens zu<br />
überwinden.<br />
Text: Heinz Kühlschweiger, Leiter Frankenau<br />
Fotos: Berith Schistek, Andreas Preissinger<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 26
Die Behandlung von Sucht und seelischer<br />
Erkrankung im „Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
Seit Bestehen des Vereins „<strong>Grüner</strong><br />
<strong>Kreis</strong>“ wurden immer auch PatientInnen<br />
behandelt, die neben ihrer Suchterkrankung<br />
behandlungsbedürftige andere<br />
seelische Erkrankungen aufwiesen. PatientInnen<br />
mit dieser Doppelproblematik<br />
(Komorbidität/Doppeldiagnose) haben<br />
zumeist zusätzlich Symptome einer schizophrenen<br />
oder depressiven Erkrankung,<br />
einer Angststörung oder einer schweren<br />
Persönlichkeitsstörung.<br />
Unter dem Druck einer landesweiten<br />
Unterversorgung von PatientInnen mit<br />
Doppeldiagnosen sowie der erfolgreichen,<br />
bereits praktizierten Integration<br />
dieser PatientInnengruppe im Verein<br />
„<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ wurde 1997 begonnen,<br />
ein für diese Behandlungsgruppe<br />
differenziertes Therapieprogramm am<br />
Marienhof zu erarbeiten.<br />
Dieses Programm wurde im Laufe der<br />
letzten <strong>Jahre</strong> modifiziert und immer mehr<br />
den Erfordernissen dieser als schwierig<br />
zu behandeln geltenden PatientInnen<br />
angepasst. Im Laufe der Zeit erfolgte eine<br />
erfolgreiche Integration einzelner DoppeldiagnosepatientInnen<br />
in das bereits<br />
etablierte Behandlungsprogramm.<br />
Nach medizinischen und psychologischen<br />
Voruntersuchungen und<br />
erfolgreicher Entgiftungsbehandlung<br />
können PatientInnen, die kein Risiko der<br />
Selbst- oder Fremdgefährdung aufweisen,<br />
freiwillig in dieses Behandlungsangebot<br />
aufgenommen werden. Aktuell befinden<br />
sich 15 bis 18 PatientInnen mit einer<br />
Doppeldiagnose über einen Zeitraum<br />
von mindestens 18 Monaten in stationärer<br />
Behandlung.<br />
Vier Behandlungsbereiche sind<br />
Schwerpunkt der therapeutischen Arbeit:<br />
Förderung der Motivation zur Behandlung,<br />
Suchtproblematik, Psychische<br />
Störung sowie Doppelproblematik. PatientInnen<br />
der Doppeldiagnose-Einheit<br />
stehen ergänzend zum soziotherapeutischen<br />
Programm einer therapeutischen<br />
Gemeinschaft folgende Behandlungsangebote<br />
zur Verfügung:<br />
- Informationsgruppe über Symptome,<br />
Entstehung, Verlauf, Behandlung und<br />
Prognose bei substanzgebundenem<br />
Suchtverhalten und seelischer Erkrankung<br />
- Psychotherapeutische Kleingruppen<br />
und Einzeltherapien zur speziellen<br />
Krankheitsbewältigung<br />
- Mal- und Kunsttherapie<br />
- Familienarbeit<br />
- Progressive Muskelentspannung nach<br />
Jacobson<br />
- Bewegungstraining<br />
- Psychiatrische und Pharmakotherapeutische<br />
Behandlung<br />
Um PatientInnen mit einer Doppeldiagnose<br />
nach Abschluss der Therapie eine<br />
weiterführende Stabilisierung und Reintegration<br />
außerhalb der therapeutischen<br />
Gemeinschaft zu ermöglichen, stellt<br />
deren Nachbetreuung einen zentralen<br />
Punkt der Therapie dar. Dieser PatientInnengruppe<br />
stehen neben den allgemeinen<br />
Nachbetreuungsmöglichkeiten<br />
innerhalb des Vereins bei einem positiven<br />
Therapieverlauf zusätzlich AMS Förderungsprogramme<br />
mit einer schrittweisen<br />
Loslösung aus dem stationären Setting<br />
zur Verfügung. In Niederösterreich<br />
wurde speziell für diese PatientInnengruppe<br />
die Möglichkeit der Nachbetreuung<br />
durch das „Mobile Betreuungssystem“<br />
entwickelt. Dieses beinhaltet neben<br />
der Integration in eine der Tageswerkstätten<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ sozialpädagogische<br />
Betreuung im eigenen Wohnbereich<br />
außerhalb der Therapieeinrichtung, eine<br />
kontinuierliche fachärztliche Behandlung,<br />
die regelmäßige Abstinenzkontrolle<br />
und Fortsetzung der Psychotherapie.<br />
Der integrative Ansatz in der Behandlung<br />
von suchterkrankten PatientInnen<br />
mit einer zusätzlichen seelischen Erkrankung<br />
in eine therapeutische Gemeinschaft<br />
erwies sich in den letzten fünf<br />
<strong>Jahre</strong>n für die psychische Stabilisierung,<br />
soziale Reintegration und die Rückfallsvermeidung<br />
in die Sucht als äußerst<br />
erfolgreich. Dies zeigt sich insbesondere<br />
darin, dass ehemalige DoppeldiagnosepatientInnen<br />
neben ihrer neu aufgebauten<br />
Autonomie eine intensive Bindung<br />
zum Marienhof erhalten.<br />
Text: Mag. Birgit Kramer, Psychotherapeutin,<br />
Doz. Dr. Kurt Meszaros, Facharzt für<br />
Psychiatrie, Psychotherapeut<br />
Foto: Mag. Birgit Kramer<br />
Seite 27 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
„Therapie<br />
statt<br />
Strafe“<br />
Das Prinzip „Therapie statt Strafe“<br />
gilt in Österreich als Grundsatz für den<br />
Umgang mit straffälligen Suchtkranken.<br />
Auch der Verein „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ hat<br />
durch die Behandlung dieser PatientInnen<br />
seit Anbeginn dazu beigetragen, dass<br />
dieses Prinzip heute unumstritten ist.<br />
Eigentlich müsste das Prinzip „Therapie<br />
statt Haft“ heißen, da außer in Bagatellfällen<br />
auch nach positiver Absolvierung<br />
einer Therapie fast immer eine bedingte<br />
Haftstrafe anhängig bleibt. Die dadurch<br />
vorhandene Vorstrafe behindert natürlich<br />
auch den weiteren Lebensweg<br />
nach erfolgreicher Behandlung. Dennoch<br />
zeigt sich, dass die Chancen von<br />
JustizklientInnen, einen erfolgreichen<br />
Behandlungsweg zu beschreiten, zumindest<br />
gleich gut sind wie von jenen<br />
KlientInnen, die ohne „Justizzwang“ eine<br />
Therapie wählen. Dies liegt vor allem<br />
in zwei Prinzipien begründet, die der<br />
„Grüne <strong>Kreis</strong>“ verfolgt:<br />
– „Für uns sind alle PatientInnen<br />
aufgrund ihrer eigenen Entscheidung<br />
hier.“ Dieses Prinzip besagt, dass wir<br />
als Behandler keinen Einfluss auf die<br />
Vereinbarungen zwischen PatientIn<br />
und RichterIn nehmen. Jeder/jede<br />
Patient/in kann zu uns kommen und<br />
sich auch entscheiden, wieder zu<br />
gehen. Dies führt bei keinem/keiner<br />
Patienten/in, sei er/sie auch ein/eine<br />
Justizklient/in, zu Konsequenzen<br />
unsererseits.<br />
– „Jedes Motiv, sich einer Behandlung<br />
zu unterziehen, ist legitim.“ Dies<br />
besagt, dass jeder Grund, zu uns zu<br />
kommen, akzeptiert wird. Diese Motive<br />
zu hinterfragen und eine Motivation<br />
zur Behandlung zu ermöglichen,<br />
ist Aufgabe der Behandlung und nicht<br />
Vorbedingung zur Behandlung. Ob<br />
nun ein/eine Patient/in wegen der<br />
Eltern kommt, weil er/sie von Gericht<br />
geschickt wurde oder weil er/sie einfach<br />
selbst so nicht weitermachen will,<br />
macht für mich keinen Unterschied<br />
in der Wertung der Person des/der<br />
Patienten/in. Jedes Motiv wird akzeptiert<br />
und dient als Basis der Entwicklung<br />
einer therapeutischen Beziehung.<br />
Trotzdem wird aber der Druck, der<br />
durch eine drohende Haftstrafe auf dem/<br />
der Patienten/in lastet, nicht negiert. Das<br />
Eröffnen neuer Lebensperspektiven, die<br />
wieder Hoffnung ermöglichen, gleicht<br />
diese Last aber mehr als aus.<br />
Jedenfalls ist die Arbeit mit straffälligen<br />
Suchtkranken ein wertvoller Teil der<br />
Arbeit des Vereins „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ und<br />
wird dies noch viele <strong>Jahre</strong> sein.<br />
Text: Dr. Robert Muhr, psychotherapeutischer<br />
Leiter<br />
Foto: Berith Schistek<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 28
Eine erfolgreiche Alkoholikerbehandlung<br />
Vom Einzelkämpfer zum<br />
Teil der Gemeinschaft<br />
Karin: Hans und ich haben uns vor fünf<br />
<strong>Jahre</strong>n im Ambulanten Zentrum Graz<br />
kennen gelernt, wo ich als Therapeutin<br />
im ambulanten Bereich und als Vorbetreuerin<br />
tätig war und noch bin.<br />
Hans: Wegen meiner Alkoholabhängigkeit<br />
zeigte ich Interesse an der Langzeittherapie<br />
beim „Grünen <strong>Kreis</strong>“, äußerte<br />
Wünsche und stellte Bedingungen – und<br />
verschwand für längere Zeit wieder.<br />
Karin: Fast hatte ich Hans schon vergessen,<br />
als er eines Tages mit einem Köfferchen<br />
voller zu erledigender Akten wieder<br />
vor mir stand.<br />
Hans: Die Regelung finanzieller Angelegenheiten<br />
und persönlicher Altlasten war<br />
Voraussetzung für einen möglichen<br />
Therapiebeginn.<br />
Karin: „Das dauert <strong>Jahre</strong> und viele leere<br />
Kilometer – wenn’s überhaupt einmal<br />
klappt – Hans zur Therapie zu begleiten!“,<br />
dachte ich.<br />
Hans: Wenn es mir gut ging, blieb ich<br />
der Ambulanz fern. Ging es mir schlecht,<br />
erschien ich zu einem aufmunternden<br />
Gespräch und signalisierte aufkeimende<br />
Motivation, die wieder verging, und wir<br />
verloren uns für längere Zeit aus den<br />
Augen.<br />
Karin: Monate später liefen wir uns<br />
auf einer Entzugsstation des LSF Graz<br />
zufällig über den Weg. Viel war passiert.<br />
Zu meiner Überraschung fasste Hans<br />
spontan den Entschluss, jetzt mit der<br />
Therapie zu beginnen.<br />
Hans: Verzweiflung und die Einsicht,<br />
Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen,<br />
gaben letztendlich den Ausschlag zum<br />
Therapieantritt. Die Kostenübernahmen<br />
waren rasch erledigt und ich erschien am<br />
3. September <strong>20</strong>01 im Zugangshaus, der<br />
Waldheimat.<br />
Karin: Danach tauchte Hans wider Erwarten<br />
als mein Klient auf dem Treinthof<br />
auf. Dort arbeitete ich schon viele <strong>Jahre</strong><br />
als Therapeutin im stationären Bereich.<br />
Hans: Es war mir ein Anliegen, meine<br />
althergebrachten Verhaltensmuster beizubehalten<br />
und den Treinthof in meinem<br />
Sinne zu perfektionieren.<br />
Karin: Die gesamte Treinthof-Mannschaft,<br />
Therapeuten wie Klienten, traten<br />
dem entgegen und Hans wollte abbrechen.<br />
Hans: Dieses Kräftemessen in Form<br />
des kalten Krieges hielt ich beinahe fünf<br />
Monate aufrecht bis eine langwierige<br />
Entwicklung vom Einzelkämpfer zu<br />
einem Teil der Hofgemeinschaft eintrat.<br />
Karin: Es war total spannend, Hans<br />
durch alle Phasen seiner Entwicklung<br />
zu begleiten und ihn von vorschnellen<br />
Entscheidungen abzubringen.<br />
Hans: Mein Ersteindruck der Entmündigung,<br />
kindlicher Bevormundung und<br />
Freiheitsberaubung machte mir meinen<br />
Aufenthalt schwierig. Wurden meine<br />
Forderungen nicht erfüllt, wurde ich zur<br />
„beleidigten Diva“.<br />
Karin: Die Mannschaftsportarten wie<br />
Volleyball und Fußball sowie gemeinsame<br />
Arbeitseinsätze halfen Hans dabei,<br />
die sozialen Kontakte zu seinen Mitpatienten<br />
auszubauen und belastbar zu<br />
gestalten.<br />
Hans: Ich erkannte, wie sehr ich von<br />
besonderen Leistungen und der damit<br />
verbundenen Anerkennung abhängig<br />
war, andererseits sabotierte ich meine<br />
Entwicklung durch meinen Alkoholkonsum.<br />
Ungefähr zu diesem Zeitpunkt wur-<br />
den mir die Vorzüge gemeinschaftlicher<br />
Aktivitäten bewusst und ich entschloss<br />
mich, in Zukunft mit Menschen arbeiten<br />
zu wollen.<br />
Karin: Parallel dazu erhielt ich den Auftrag,<br />
in der Steiermark eine Therapiestation<br />
aufzubauen, nämlich Johnsdorf.<br />
Erst war ich weniger für Hans da, dann<br />
gar nicht mehr.<br />
Hans: Erwachsen geworden, nahm ich<br />
mein Leben selbst in die Hand. Nach<br />
18 Monaten Therapie nahm ich das<br />
Angebot des Vereins, in Johnsdorf als<br />
Hausassistent zu arbeiten, an.<br />
Karin: Nun sind Hans und ich Arbeitskollegen<br />
in unserer neuen Einrichtung<br />
Johnsdorf.<br />
Text: Karin Petrovic, Leiterin Johnsdorf,<br />
Hans Scherer, Arbeitsanleiter<br />
Fotos: Berith Schistek<br />
Seite 29 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Die Vorbetreuung im<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
Der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ bietet bei Abhängigkeitsproblematiken<br />
rasche und professionelle<br />
Hilfe. Behandlungsziel ist die<br />
Abstinenzorientierung. Das ambulante<br />
Programm, vor allem aber die stationäre<br />
Lang- und Kurzzeittherapie helfen den<br />
Suchtmittelabhängigen, dieses Ziel zu<br />
erreichen.<br />
Die Vorbetreuung stellt die Verbindungsstelle<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ zwischen<br />
den einzelnen Betreuungseinrichtungen<br />
und den Informationssuchenden<br />
dar. Hilfesuchende nehmen Kontakt<br />
zu einer der VorbetreuerInnen auf und<br />
klären in Informationsgesprächen die Art<br />
der Hilfestellung ab:<br />
– Therapiemotivation (Freiwillig oder<br />
„Therapie statt Strafe“),<br />
– Therapienotwendigkeit (Langzeit-,<br />
Kurzzeit- oder ambulante Therapie),<br />
– Vermittlung eines Entzugsplatzes oder<br />
einer ambulanten Entzugsmöglichkeit,<br />
– Hilfestellung bei Amtswegen und<br />
– Ansuchen zur Kostenübernahme beim<br />
jeweilig zuständigen Kostenträger.<br />
Weitere Angebote der Vorbetreuung<br />
umfassen:<br />
– Beratung in Krisensituationen<br />
– Vermittlung und Vernetzung mit<br />
Einrichtungen, wie Spitälern, Ambulanzen,<br />
Ärzten oder geeigneten<br />
Entzugseinrichtungen<br />
– Psychosoziale Betreuung<br />
– Beratung und Betreuung von ratsuchenden<br />
Eltern, Angehörigen oder<br />
sonstigen Betroffenen<br />
– Präventionsveranstaltungen<br />
– Regelmäßiger, persönlicher Kontakt<br />
zu KlientInnen in Entzugsstationen,<br />
Therapieeinrichtungen, psychiatrischen<br />
Krankenhäusern, allgemeinen<br />
Krankenhäusern und Justizanstalten<br />
im Sinne einer mobilen Vorbetreuung<br />
Bei ambulanter und stationärer<br />
Aufnahme erfolgt die Kostenübernahme<br />
durch die zuständigen Sozialämter, die<br />
Jugendwohlfahrt bzw. die Justizanstalten.<br />
Jugendliche benötigen eine Einverständniserklärung<br />
der Erziehungsberechtigten<br />
bzw. eine Einweisung durch das Jugendamt.<br />
Falls PatientInnen Kinder mitbringen,<br />
muss die Kostenübernahme für<br />
diese ebenso geklärt sein.<br />
BewerberInnen für einen ambulanten<br />
oder stationären Therapieplatz mit<br />
richterlicher Weisung nach § 39 SMG/<br />
§ 50 STGB/§180 STPO werden bereits<br />
in den Justizanstalten regelmäßig von<br />
den MitarbeiterInnen der Vorbetreuung<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ besucht, können<br />
jedoch auch bei Bedarf über den Sozialen<br />
Dienst der jeweiligen Haftanstalt Kontakt<br />
mit den VorbetreuerInnen aufnehmen.<br />
Ebenso bestehen regelmäßige Kontakte<br />
der VorbetreuerInnen zu Entzugsstationen,<br />
psychiatrischen Krankenhäusern und<br />
allgemeinen Krankenhäusern.<br />
Im Rahmen einer TherapeutInnenbesprechung<br />
wird über die Aufnahme der<br />
BewerberInnen entschieden. Es muss<br />
ebenso abgeklärt werden, ob andere<br />
schwere Erkrankungen wie z.B. Psychosen,<br />
HIV-Infektion, Hepatitis C oder<br />
B, Zuckerkrankheit, Epilepsie etc. sowie<br />
psychosomatische Erkrankungen wie z.B.<br />
Angst-Panik-Attacken vorliegen. PatientInnen<br />
mit einer zusätzlichen schweren<br />
psychischen Erkrankung („Doppeldiagnose“)<br />
können nach psychiatrischer<br />
Begutachtung im Programm für „Psychogene<br />
Multimorbidität“ aufgenommen<br />
werden.<br />
Ausschließungsgründe für eine Aufnahme<br />
sind akute Suizidalität, schwere<br />
Gewaltbereitschaft und schwere akute<br />
somatische Erkrankungen.<br />
Nach erfolgreich absolviertem körperlichen<br />
Entzug und schriftlicher Zusage<br />
der Kostenübernahme kann der/die<br />
Patient/in aufgenommen werden. Die<br />
Drogenfreiheit muss allerdings durch<br />
mehrere aufeinanderfolgende Harntests<br />
nachgewiesen werden. Danach werden<br />
die PatientInnen für die stationäre<br />
Therapie von den VorbetreuerInnen zur<br />
Aufnahme ins Zentralbüro nach Mönichkirchen<br />
und im Anschluss in die entsprechenden<br />
stationären therapeutischen<br />
Einrichtungen gebracht, wo die Therapie<br />
nach dem Konzept des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“<br />
beginnt. Aufgrund großer Flexibilität<br />
seitens des Vereins bestehen keine Wartezeiten<br />
auf einen Therapieplatz.<br />
Die Erfahrungen der letzten <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong><br />
in der Arbeit mit suchtkranken Personen<br />
im „Grünen <strong>Kreis</strong>“ machen deutlich, wie<br />
wichtig es ist, beim Thema Sucht und<br />
Drogen rasche, unbürokratische, anonyme<br />
und kostenlose Hilfe und Beratung<br />
anzubieten. Das Vorbetreuungsteam des<br />
Vereins ist bemüht, diesen Grundgedanken<br />
in seiner täglichen Arbeit tatkräftig<br />
umzusetzen.<br />
Text: Walter Clementi, Vorbetreuer,<br />
Dr. Brigitte Wimmer, Öffentlichkeitsarbeit<br />
Foto: Walter Clementi<br />
Zuständigkeitsbereiche der<br />
VorbetreuerInnen:<br />
Werner Braun, Leitung der Vorbetreuung.<br />
Wien, NÖ, OÖ, Salzburg,Tirol und Vorarlberg.<br />
(664) 230 53 12, werner.braun@gruenerkreis.at<br />
Emmelite Braun-Dallio. Wien, NÖ, Justizanstalten<br />
Wien, NÖ.<br />
(664) 384 08 25, emmelite.braun-dallio@gruenerkreis.at<br />
Walter Clementi. Wien, NÖ, Burgenland.<br />
(664) 384 08 27, walter.clementi@gruenerkreis.at<br />
Karin Petrovic, Leitung Ambulantes Zentrum<br />
Graz. Steiermark.<br />
(664) 384 08 26, ambulanz.graz@gruenerkreis.at<br />
Johannes Breitegger. Steiermark.<br />
(664) 524 79 91, ambulanz.graz@gruenerkreis.at<br />
Ute Ira Sattmann. Steiermark.<br />
(664) 173 02 65, ambulanz.graz@gruenerkreis.at<br />
MMag a . Magdalena Zuber, Leitung Ambulantes<br />
Zentrum Klagenfurt. Kärnten.<br />
(664) 384 02 80, ambulanz.klagenfurt@gruenerkreis.at<br />
Christian Rath. Tirol, Vorarlberg.<br />
(664) 310 94 37, christian.rath@gruenerkreis.at<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 30
Die Nachbetreuung<br />
im „Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
Die Nachbetreuung im „Grünen<br />
<strong>Kreis</strong>“ hat im Rahmen einer umfassenden<br />
Suchtbehandlung einen bedeutenden<br />
Stellenwert. Auch wenn KlientInnen nach<br />
Abschluss ihrer stationären Therapie „therapiemüde“<br />
sind oder vielleicht meinen,<br />
„ausbehandelt“ zu sein, ist es gerade in<br />
dieser kritischen Phase von großer Wichtigkeit,<br />
eine intensive weiterführende Therapie<br />
in Anspruch zu nehmen. Um einen<br />
langfristigen Erfolg in der Behandlung der<br />
Suchterkrankung zu erreichen, ist sowohl<br />
eine ambulante therapeutische Begleitung<br />
als auch regelmäßige Selbsthilfearbeit<br />
unumgänglich. Diese weiterführende<br />
Therapie verlangt Selbstständigkeit und<br />
Eigenverantwortung von den KlientInnen.<br />
Dazu gehört auch das Prinzip der<br />
Eigenleistung, welches bedeutet, dass die<br />
KlientInnen für die Wohnmöglichkeit,<br />
für das therapeutische Angebot, für die<br />
ärztliche Begleitung und Harntests, wie<br />
auch für die Teilnahme an Sport- und<br />
Freizeitprogrammen einen Beitrag leisten,<br />
um somit den Wert ihrer Therapie zu<br />
erkennen.<br />
Grundsätzlich gibt es die Möglichkeit<br />
einer stationären und einer ambulanten<br />
Nachbetreuung, die in enger Verbindung<br />
und Wechselwirkung miteinander stehen.<br />
Die stationäre Nachbetreuung als<br />
temporäre Weiterbetreuung in den<br />
stationären Einrichtungen im Sinne des<br />
weiterführenden Therapiestufenmodells<br />
ist für TransitmitarbeiterInnen gedacht.<br />
Sie sind zum größten Teil in der Umgebung<br />
der stationären Einrichtungen<br />
angesiedelt bzw. gibt es das Angebot einer<br />
fortgesetzten Wohnmöglichkeit in einer<br />
Therapiestation. Im Mittelpunkt steht<br />
die Leistungsfähigkeit im Arbeitsbereich<br />
und die materielle und soziale Selbstständigkeit<br />
als Zielsetzung. Bedingungen für<br />
die Aufnahme in das TransitmitarbeiterInnenprogramm<br />
sind Psychotherapie,<br />
Abstinenz, die mittels Harnproben<br />
regelmäßig überprüft wird, und die fortgesetzte<br />
Einbindung in die therapeutische<br />
Gemeinschaft. Ziel ist die Fähigkeit zur<br />
eigenständigen Lebensführung außerhalb<br />
eines betreuten Systems. Möglichkeiten<br />
zur Aus- bzw. Fortbildung in dieser Zeit<br />
sollen optimale Reintegrationschancen<br />
am freien Arbeitsmarkt gewährleisten und<br />
ein zu starkes Anhaften am stationären<br />
Schutz vermeiden. Die therapeutischen<br />
Sitzungen finden in der zentralen Nachbetreuungsstelle<br />
in der Waldheimat statt.<br />
Damit wird die Ablösung vom „versorgenden<br />
BetreuerInnenteam“ des stationären<br />
Rahmens gefördert und die Eigenverantwortlichkeit<br />
tritt in den Vordergrund.<br />
Die ambulante Nachbetreuung setzt<br />
sich aus vier Schwerpunkten zusammen.<br />
Die weiterführende Therapie wird in<br />
den ambulanten Beratungs- und Betreuungszentren<br />
des Vereins angeboten und<br />
umfasst Einzelpsychotherapie, Gruppenpsychotherapie,<br />
Selbsthilfegruppe und<br />
Angehörigenarbeit.<br />
– Die Einzeltherapiesitzungen sind dem<br />
Therapiesetting einer psychotherapeutischen<br />
Praxis voll angeglichen,<br />
zwischen KlientIn und TherapeutIn<br />
besteht im Unterschied zum stationären<br />
Bereich der Kontakt ausschließlich<br />
über die psychotherapeutische Sitzung.<br />
Die KlientInnen übernehmen somit<br />
die volle Eigenverantwortung für die<br />
weiterführende Therapie. Idealerweise<br />
ist die Einzelpsychotherapie über einen<br />
längeren Zeitraum angesetzt, wobei<br />
die Sitzungsfrequenz mit Fortdauer<br />
abnimmt.<br />
– Die Gruppenpsychotherapie in der ambulanten<br />
Nachbetreuung erstreckt sich<br />
über einen längeren Zeitrahmen und<br />
bietet die Möglichkeit einer tiefergehenden<br />
Reflexion über die Problematik<br />
der nun realen Individuationsprozesse.<br />
Die Strukturen und Kräfte der Gruppe<br />
sollen die soziale Kompetenz weiter<br />
fördern.<br />
– Selbsthilfegruppen nehmen eine hohen<br />
Stellenwert in der Nachbetreuung ein,<br />
indem sie durch die soziale Struktur<br />
den Betroffenen Halt, Sicherheit und<br />
soziale Anbindung bieten, vor allem<br />
in Krisenzeiten. Es bestehen intensive<br />
Kontakte zu den Gruppen der „Narcotics<br />
Anonymous“ aber auch zu den<br />
„Anonymen Alkoholikern“.<br />
– Die Angehörigenarbeit soll vor allem<br />
co-abhängige Verhaltensmuster<br />
aufdecken und diese den Betreffenden<br />
bewusst machen, um den Rückfall in<br />
etwaige übertriebene Versorgungshandlungen<br />
und -sehnsüchte früh<br />
zu erkennen und zu vermeiden. Die<br />
ambulanten Zentren bieten Angehörigenarbeit<br />
an.<br />
Selbstverständlich gibt es die Möglichkeit<br />
einer allgemeinmedizinischen<br />
und fachärztlichen Konsultation. Die<br />
begleitenden Harnkontrollen dienen<br />
einerseits der Selbstkontrolle andererseits<br />
auch der Rückfallsprophylaxe. Eine rasche<br />
Rückfallsintervention hilft maßgeblich,<br />
ein neuerliches Abgleiten in die Sucht zu<br />
verhindern.<br />
Das Angebot an Nachbetreuung ist<br />
also vielfältig. Wir haben auch in den<br />
vergangenen Monaten einen vermehrten<br />
Zuwachs von NachbetreuungsklientInnen<br />
festgestellt. Dies spricht für ein erweitertes<br />
Interesse und vor allem Bewusstsein<br />
bezüglich Psychotherapie von Seiten der<br />
KlientInnen. Ich denke, diese Menschen<br />
sind im Begriff, die Regie in ihrem Leben<br />
selbst zu übernehmen und eigenverantwortlich<br />
die „Geschehnisse“ auf ihrer<br />
inneren und äußeren Lebensbühne<br />
zu reflektieren. Sie stellen sich somit<br />
der Herausforderung, GestalterInnen<br />
ihres Lebens zu sein. Das bedeutet einen<br />
großen Schritt in Richtung Individuation.<br />
Erst wenn das Bewusstsein integriert ist,<br />
einen aktiven Beitrag zur individuellen<br />
Weiterentwicklung zu leisten, können<br />
SuchtklientInnen aus ihrer „Abhängigenrolle“<br />
selbstbestimmt heraustreten.<br />
Text und Foto: Michael Kallinka, Leiter<br />
Ambulantes Zentrum Wien<br />
Seite 31 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Das ambulante<br />
Beratungs- und<br />
Betreuungszentrum<br />
Wien<br />
... wird oft auch Ambulanz genannt,<br />
obwohl wir das im herkömmlichen Sinn<br />
natürlich nicht sind. Bei uns gibt es keine<br />
Medikamentenausgabe und auch keine<br />
Untersuchungen somatischer Erkrankungen.<br />
Das ist aber schon fast das<br />
Einzige, was es hier nicht gibt.<br />
Ein Team aus Fachkräften versucht<br />
eine möglichst individuelle Betreuung<br />
für unser Klientel anzubieten. Es<br />
kommen Menschen mit unterschiedlichen<br />
Anliegen zu uns, Suchtkranke,<br />
deren Angehörige, SchülerInnen, die<br />
nachweisen sollen oder wollen, dass sie<br />
nicht zu den Suchterkrankten gehören,<br />
(Ex-)KlientInnen, die ihren Führerschein<br />
er- oder wiedererlangen wollen<br />
u.v.m. Wir versuchen mit Hilfe unserer<br />
ÄrztInnen, SuchtberaterInnen und dem<br />
therapeutischen Personal eine möglichst<br />
umfangreiche Beratung anzubieten und<br />
dann, wenn dies sinnvoll erscheint und<br />
auch vom/von der Klienten/Klientin erwünscht<br />
ist, das Erreichen des angestrebten<br />
Zieles unterstützend einzuleiten.<br />
Wir sehen uns als Anlaufstelle für all<br />
diejenigen, die mit ihrer Lebenssituation<br />
im Zusammenhang mit Suchtproblemen<br />
nicht mehr klar kommen bzw. eine<br />
Änderung anstreben und dazu professionelle<br />
Hilfe benötigen. Natürlich fühlen<br />
wir uns für die Angehörigen dieser<br />
Menschen ebenso zuständig und bieten<br />
ihnen sowohl Einzelberatungen als auch<br />
Psychotherapiegruppen zur Unterstützung<br />
an. Im Rahmen einer Vielzahl von<br />
stationären Einrichtungen (Kurz- und<br />
Langzeittherapien) und auch unseres ambulanten<br />
Betreuungszentrums sind wir<br />
in der Lage, unterschiedlichste Behandlungsanforderungen<br />
abzudecken.<br />
Die ambulanten Behandlungen beinhalten<br />
Einzel- und Gruppenpsychotherapien<br />
sowie psychiatrisch-neurologische<br />
Abklärungen und laufende Abstinenzkontrollen.<br />
Die NachbetreuungsklientInnen<br />
haben ebenfalls Einzel- und<br />
Gruppenpsychotherapiestunden sowie<br />
Selbsthilfegruppen als Möglichkeit zur<br />
unterstützenden Stabilisierung nach<br />
einem stationären Aufenthalt. Abstinenzkontrollen<br />
und medizinische Betreuung<br />
sind selbstverständlich Bestandteil der<br />
Nachbetreuung. Bei Bedarf können auch<br />
Paartherapien in Anspruch genommen<br />
werden.<br />
Manche Bereiche unserer Arbeit stehen<br />
in keinem Konzept geschrieben, sondern<br />
verlangen Individualität im Augenblick:<br />
Viele Begegnungen mit Menschen, die<br />
aus unterschiedlichsten Gründen mit<br />
hohem Druck, den ihnen ihr eigenes<br />
Leben verursacht, zum Teil verzweifelt,<br />
zum Teil aggressiv oder auch depressiv,<br />
unglücklich oder unwillig, in jedem Fall<br />
entfernt jeglicher Zufriedenheit bei uns<br />
Rat suchen. Es gibt aber auch sehr viele,<br />
die bei uns eigentlich gar nichts suchen,<br />
weil sie innerlich weit davon entfernt<br />
sind, ihr Leben mit den Drogen aufzugeben,<br />
die keinen echten Leidensdruck<br />
verspüren, die nur Angst haben, dass<br />
ihnen etwas – die Droge – weggenommen<br />
wird, was sie nicht bereit sind herzugeben<br />
und wozu sie auch keine Vorstellungen<br />
haben, wie das überhaupt gehen soll. Und<br />
trotzdem kommen sie, weil sie es den<br />
Eltern versprochen haben oder weil sie<br />
eine Auflage zu erfüllen haben oder weil<br />
sie doch neugierig sind oder ... Diese Betreuungen<br />
sind manchmal sehr langwierig.<br />
Es gibt wenig bis keine Einsicht und wir<br />
bekommen zu spüren, dass wir manchmal<br />
„nerven“. Aber es gibt etwas, glaube<br />
ich, das von allen sehr geschätzt wird. Wir<br />
nehmen alle Menschen mit oder ohne<br />
Anliegen wirklich ernst und ich glaube<br />
auch, dass sich viele von ihnen – vielleicht<br />
nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt, aber<br />
doch später einmal – daran erinnern und<br />
zum für sie passenden Zeitpunkt wiederkehren.<br />
Manchmal können wir diesen<br />
Menschen in einer anderen Form hilfreich<br />
sein, ihnen einfach nur zuhören und ein<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 32
paar kleine Lebenshilfen auf den Weg<br />
mitgeben.<br />
Selbstverständlich sind wir auch<br />
Anlaufstelle für die Menschen, die eine<br />
stationäre Therapie machen wollen (oder<br />
müssen). Verstärkt forcieren wir seit einigen<br />
Monaten auch eine Betreuung für<br />
diejenigen, die aus unterschiedlichsten<br />
Gründen eine stationäre Therapie abgebrochen<br />
haben und nicht wissen, wie es<br />
weitergehen soll. Dieses Klientel ist ein<br />
besonders sensibles, da diese Menschen<br />
bereits für eine Zeit lang Drogenfreiheit<br />
erlebt haben, vielleicht auch gleich nach<br />
ihrem Abgang rückfällig waren, aber<br />
doch sicherlich Orientierungshilfe benötigen.<br />
Hier versuchen wir einen Weg<br />
zurück in eine unserer Einrichtungen zu<br />
ermöglichen oder aber auch Verbindungen<br />
zu anderen Stellen herzustellen, so<br />
dass diese Menschen nicht ohne Unterstützung<br />
bleiben.<br />
Wirklich verzweifelt sind oft die Angehörigen<br />
der Suchtkranken, die überhaupt<br />
nicht verstehen können, was in den Betroffenen<br />
vorgeht und sich immer wieder<br />
fragen, wieso es so weit gekommen ist<br />
und wo ihr persönlicher Anteil an dieser<br />
Situation liegen könnte (Schuldfrage,<br />
Selbstvorwürfe, Hilflosigkeit u.v.m.).<br />
Zu unserer umfangreichen Betreuung<br />
zählt natürlich auch der administrative<br />
Bereich, d.h. den KlientInnen diverse<br />
Amtsschreiben von Gerichten, Amtsärzten,<br />
Behörden usw. inhaltlich zu<br />
erklären, ihnen nahe zu bringen, was<br />
von ihnen verlangt wird, und abzuklären,<br />
in welcher Form die unterschiedlichen<br />
Auflagen für den Einzelnen auch zu<br />
erfüllen sind. Nicht immer gelingt dies,<br />
aber wir legen den KlientInnen auch die<br />
Konsequenzen, die sie zu erwarten haben,<br />
sollten sie den Aufforderungen nicht<br />
nachkommen, dar. Entscheidungen<br />
können letztendlich immer nur von den<br />
Menschen selbst getroffen werden.<br />
Abschließend möchte ich anmerken,<br />
dass wir nach dem Konzept der Wiener<br />
Ambulanz mittlerweile sowohl in Graz<br />
als auch in Klagenfurt ein ambulantes<br />
Betreuungszentrum eingerichtet haben.<br />
Text: Gerit Melcher, Administration Ambulantes<br />
Zentrum Wien<br />
Fotos: Gerit Melcher, Berith Schistek<br />
„Frühzeitig<br />
reagieren“<br />
„Präventionsarbeit im Sinne von<br />
allgemeiner Aufklärung der Öffentlichkeit<br />
über die Suchtproblematik wie auch<br />
im Sinne von Einbindung der Kinder<br />
Suchtkranker in das Behandlungskonzept<br />
sind ein wichtiger Teil der Aufgaben<br />
des Vereins.“, so heißt es im Leitbild<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“. Als österreichweit<br />
größte gemeinnützige Organisation auf<br />
dem Suchtsektor bietet der „Grüne <strong>Kreis</strong>“<br />
nicht nur rasche und professionelle Hilfe,<br />
wenn eine Abhängigkeit bereits besteht,<br />
sondern nimmt auch seine Verantwortung<br />
im Bereich der Suchtvorbeugung<br />
und -aufklärung wahr.<br />
Elemente einer umfassenden Suchtprävention<br />
finden sich bereits seit langem<br />
im Behandlungsansatz des „Grünen<br />
<strong>Kreis</strong>es“: im Rahmen des Betreuungsangebots<br />
für Kinder suchtkranker KlientInnen,<br />
einer aktiven Freizeitgestaltung, der<br />
Sport- und Abenteuerpädagogik sowie<br />
künstlerischer Aktivitäten werden wichtige<br />
Grundsteine für ein erfülltes Leben<br />
ohne Drogen gelegt.<br />
Durch seine vielfachen Umfeld- und<br />
KlientInnenkontakte kommt der „Grüne<br />
<strong>Kreis</strong>“ jedoch auch außerhalb des eigenen<br />
therapeutischen Angebots immer<br />
wieder in Situationen, in denen ein<br />
Bedarf nach Aufklärung und Prävention<br />
formuliert wird. Als bekannter Ansprechpartner<br />
für Suchtfragen wird der Verein<br />
mit präventionsspezifischen Anfragen<br />
von unterschiedlichen öffentlichen und<br />
privaten Einrichtungen konfrontiert<br />
(Schulen, Betriebe, Angehörige, AMS<br />
etc.). Um diesen Anfragen in Zukunft<br />
noch professioneller nachkommen zu<br />
können, beschäftigt sich der „Grüne<br />
<strong>Kreis</strong>“ aktuell mit der Ausarbeitung eines<br />
wissenschaftlich fundierten Suchtpräventionskonzepts.<br />
Im Rahmen der gerade entstehenden<br />
zielgruppenspezifischen Programme<br />
sollen die vorhandenen Erfahrungen des<br />
Vereins zu den Themen Sucht und Drogen<br />
genutzt und in koordinierter Form<br />
verschiedenen Umwelten zur Verfügung<br />
gestellt werden. Inhaltlich steht dabei die<br />
konkrete Suchtaufklärung als die eigentliche<br />
Expertise des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ im<br />
Vordergrund. Wichtige Eckpfeiler der<br />
künftigen Aufklärungsarbeit sind die<br />
Weitergabe von Informationen zu Sucht<br />
und Drogen, die Ermöglichung und<br />
Begleitung einer zielgruppenspezifischen<br />
und altersgerechten Auseinandersetzung<br />
mit dem Thema und eine entsprechende<br />
Unterstützung im Anlassfall. Die<br />
verschiedenen Zielgruppen, wie Eltern,<br />
Betriebsangehörige oder LehrerInnen,<br />
sollen zudem dabei unterstützt werden,<br />
Drogenkonsum frühzeitig zu erkennen<br />
und offen anzusprechen.<br />
Unter dem Motto „frühzeitig reagieren“<br />
wird dem umfassenden Angebot<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ mit der Umsetzung<br />
dieser vorbeugenden und begleitenden<br />
Maßnahmen ein weiterer wichtiger<br />
Mosaikstein hinzugefügt.<br />
Text und Foto: Mag. Gernot Scheucher,<br />
Geschäftsführer diepartner.at<br />
diepartner.at<br />
Sozial- und Gesundheitsmanagement<br />
GmbH<br />
A-10<strong>20</strong> Wien<br />
Praterstern 2/4/9<br />
Tel.: +43 (1) 219 73 33<br />
Fax: +43 (1) 219 73 33-30<br />
office@diepartner.at<br />
www.diepartner.at<br />
Seite 33 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Die<br />
Rolle<br />
der<br />
Tiere<br />
Die historisch bedingte Platzierung der<br />
ersten Therapiestation des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“<br />
auf einem Bauernhof legte natürlich<br />
eigene Tierhaltung nahe. Ställe und Weiden<br />
waren vorhanden, die PatientInnen<br />
brauchten Arbeit und mehr noch heilsam<br />
realistischen Bezug zu den Wurzeln des<br />
Lebens. Dieser war anfangs mit einem<br />
Haufen Schafen durchaus gegeben. Später<br />
kamen aufgrund einer Neigung sowie<br />
einer Meinung meines Vaters (wahrscheinlich<br />
in dieser Reihenfolge) etliche „Exoten“<br />
dazu. Zweiteres bezog sich auf die Idee,<br />
ständig reitüberflutete Persönlichkeiten<br />
eher mit außergewöhnlichen Archetypen<br />
erreichen zu können. Die Bucklige<br />
Welt wurde also zunehmend mit Zwerg-,<br />
Highlander-, Watussirindern, Kamelen,<br />
Hängebauchschweinen, verschiedensten<br />
Pferderassen, besonderen Schafen aber<br />
auch Forellen, Bienen etc. bevölkert. Die<br />
UreinwohnerInnen kamen aus dem Staunen<br />
nicht heraus und das Lama wurde zum<br />
Wappentier des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“.<br />
Dass der Umgang mit Tieren eine<br />
therapeutische Wirkung hat, war schon<br />
damals eine Binsenweisheit. Mittlerweile<br />
ist diese Tatsache sozusagen „amtlich“, da<br />
durch Wissenschaft belegt. Manche PsychiaterInnen<br />
raten zum Verlassen des/der<br />
Partners/Partnerin und zur Anschaffung<br />
einer Katze. Bei unseren PatientInnen ist<br />
es oft irgendwie umgekehrt. So manche<br />
Ziege kann mit sozialer Kompetenz eine<br />
verwirrte Persönlichkeit zurückholen.<br />
Indem sie sich z.B. freiwillig melken lässt<br />
oder mit dem Stoß ihrer Hörner eine<br />
Grenze setzt, die dann nicht so leicht<br />
ein zweites Mal übersehen wird. Beides<br />
Interventionen, welche von menschlichen<br />
TherapeutInnen zwar auch gelegentlich<br />
insgeheim überlegt werden, die dann aber<br />
(meistens) doch dem zahmen Humanismus<br />
zum Opfer fallen.<br />
Ein halbwüchsiger Kaltblütler (selbst<br />
ohne „Rückfall“ auf Kraftfutter) vermag<br />
außerdem nebenbei ganze Lehrpläne<br />
über Physik, Willens- und Körperstärke,<br />
Realitätstraining, Frustrationstoleranz etc.<br />
spielend ersetzen und das, obwohl eigentlich<br />
eh schon „wallach“. Detto bringen<br />
aber auch von ihren Müttern verstoßene<br />
Lämmer, die zweistündlich rund um die<br />
Uhr ein Flascherl brauchen, Gefühle des<br />
Gebrauchtwerdens, der Verantwortlichkeit<br />
und des Selbstbewusstseins hervor.<br />
Wichtig ist nur, ein Schwein nie frei wie<br />
einen Hund herumlaufen zu lassen, ihm<br />
also Beziehungen zu erlauben. Selbst hartgesottenste<br />
Kerle würden es nicht mehr<br />
essen wollen. Alles schon da gewesen und<br />
die Bedeutung des Begriffes „Nutztier“ erhält<br />
im therapeutischen Setting jedenfalls<br />
unerhört neue Dimensionen.<br />
Im Laufe der nun gefeierten beiden<br />
Jahrzehnte sind etliche unserer Tiere<br />
wieder verlustig gegangen. Teils wegen der<br />
üblichen wirtschaftlichen Kürzungen, teils<br />
aber auch wegen allzu schwieriger Haltung<br />
bzw. zu geringer Weideflächen. Legende<br />
sind trotzdem einige tierische Anekdoten,<br />
welche die Wildheit der Pioniertage<br />
rühmen. So half z.B. bei einer tagelangen<br />
Watussirindermassenflucht (sie waren zu<br />
dritt!) und den dadurch notwendig gewordenen,<br />
gruppendynamisch äußerst wert-<br />
vollen Ausschwärmereien sch(l)ussendlich<br />
doch nur mehr ein Narkosegewehr eines<br />
benachbarten Jägers. Daktari live und die<br />
pädagogisch wichtige Erfahrung, dass ein<br />
zu früher Wechsel in „ambulante Therapie“<br />
oft in einer Überdosis endet!<br />
Eine kurios bizarre Verschrobenheit<br />
mag weitere Aspekte zwischen Tier und<br />
Mensch illustrieren. So zeigen sich einige<br />
unserer PatientInnen äußerst fasziniert<br />
von Spinnen, Schlangen, Skorpionen und<br />
anderen exotischen Gifttieren. Je gefürchteter,<br />
desto beliebter. Unsere dann unpopuläre<br />
und wenig überraschende Reaktion:<br />
Je weiter weg, umso besser! Ganz ohne<br />
Kindchenschema fühlt sich kein Säugetier<br />
angezogen. Wohl nur der Mensch ist dazu<br />
fähig. Und psychoanalytisch dürfte die<br />
unbewusste Angstkontrolle mittels mächtiger<br />
Verbündeter dahinterstecken. Keiner<br />
mag mich und das macht mir Angst. Also<br />
werde ich euch alle mit meinem niedlichen<br />
Hobby erschrecken.<br />
Zu guter Letzt seien noch die wohl<br />
größten, kleinsten tierischen Lehrmeister<br />
in tiefer Verbeugung erwähnt. Es handelt<br />
sich um die gemeinen Bauernhoffliegen,<br />
welche gerade in den schönen Sommermonaten,<br />
mit ihrer unbarmherzigen<br />
Lästigkeit nicht nur unbehandelte Egos<br />
zur Weißglut und schier um den Verstand<br />
bringen. Ein Beispiel dafür, dass<br />
auch gestörte Beziehungen eine Menge<br />
Lernpotential bergen. Trainiert wird dabei<br />
Reinlichkeit, Stoizismus und eine schnelle<br />
Hand. Das Vereinsbudget wird durch<br />
diese günstig versorgbaren Insekten kaum<br />
strapaziert. Gitter, Gifte, Klebestreifen, das<br />
ist alles.<br />
Text: Oliver Pernhaupt, Leiter Königsberghof<br />
Fotos: Berith Schistek<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 34
Das Projekt<br />
Flüchtlinge im<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
Im Herbst 1998 trat das Bundesministerium<br />
für Inneres an den „Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
mit der Frage heran, ob dieser Interesse<br />
hätte bzw. bereit wäre, in seinem Objekt<br />
Mönichkirchner Hof in 2870 Aspangberg-St.<br />
Peter, Mitteregg 69, Flüchtlinge<br />
aufzunehmen und zu betreuen.<br />
Einerseits wurde der Mönichkirchner<br />
Hof auch schon unter seiner Vorbesitzerin<br />
als Flüchtlingsheim geführt und<br />
daher war seitens der zuständigen Gemeinde<br />
und der umliegenden Bevölkerung<br />
mit keinen Einwänden zu rechnen,<br />
andererseits konnte dieses Objekt, das<br />
der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ zu dieser Zeit als<br />
Übergangswohnheim für ExpatientInnen<br />
nach erfolgreichem Abschluss ihrer<br />
stationären Therapie führte, aufgrund<br />
der Hausgröße nicht die gewünschte<br />
Auslastung aufweisen. Daher nahm der<br />
„Grüne <strong>Kreis</strong>“ das Angebot des Bundesministeriums<br />
gerne an. Das Projekt<br />
Flüchtlinge im „Grünen <strong>Kreis</strong>“ war somit<br />
geboren und wird seitdem erfolgreich im<br />
Rahmen der „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong> – Gemeinnützige<br />
Aus- und FortbildungsgesmbH“<br />
als gemeinnütziges Arbeitsprojekt<br />
betrieben.<br />
Im Mai 1999 trafen die ersten Flüchtlinge<br />
– eine Gruppe von 30 Familien<br />
mit ihren Kindern, iranische StaatsbürgerInnen<br />
der armenischen Volksgruppe<br />
– im Mönichkirchner Hof ein. Zur Zeit<br />
werden ca. 65 Menschen verschiedenster<br />
Nationalitäten (Nigeria, Somalia,<br />
Afghanistan, Sudan, Tschetschenien,<br />
Irak, Iran sowie Flüchtlinge aus Angola,<br />
Sierra Leone, Bulgarien und Albanien)<br />
beherbergt.<br />
Die Essensversorgung für das Flüchtlingsheim<br />
erfolgt von einer Einrichtung<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ aus, nämlich vom<br />
Marienhof, einem konzessionierten<br />
Gastgewerbebetrieb. Sie stellt für die<br />
Küchenverantwortlichen immer wieder<br />
eine Herausforderung dar, da es nicht<br />
einfach ist, dieses bunte Völkergemisch<br />
von der guten österreichischen Küche zu<br />
überzeugen.<br />
Für Ordnung und Sauberkeit in ihren<br />
Zimmern haben die Flüchtlinge unter<br />
der Anweisung von Frau Darinka Knezevic,<br />
einer langjährigen Mitarbeiterin des<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>es“, selbst zu sorgen.<br />
Einmal pro Woche findet im Flüchtlingsheim<br />
ein Deutschkurs statt, der von<br />
einem Pädagogen des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“<br />
geleitet wird.<br />
Besonders erfreulich ist auch die gute<br />
Zusammenarbeit mit dem zuständigen<br />
Gemeindearzt Dr. Ziegler, der sich regelmäßig<br />
alle zwei Wochen automatisch zur<br />
Visite im Mönichkirchner Hof einfindet.<br />
Ein nicht unwichtiger Teil der<br />
Tätigkeit im Flüchtlingsheim ist es, bei<br />
Streitigkeiten, die durch Auffassungsunterschiede<br />
und durch die verschiedenen<br />
Mentalitäten hervorgerufen werden,<br />
ausgleichend zu wirken bzw. Missverständnisse<br />
auszuräumen und so zu einem<br />
guten Zusammenleben der Menschen<br />
beizutragen.<br />
Da sich unter den Flüchtlingen natürlich<br />
auch Freundschaften entwickeln<br />
und Beziehungen aufgebaut werden, ist<br />
es manchmal schwierig, wenn Asylverfahren<br />
negativ abgeschlossen werden und<br />
diese Menschen dann unverzüglich aus<br />
der Bundesbetreuung entlassen werden<br />
müssen. Das bedeutet, dass sie entweder<br />
sofort in ihr Heimatland abgeschoben<br />
werden oder ihr zukünftiges Leben als<br />
sogenanntes „U-Boot“ fristen müssen.<br />
Obwohl die Betreuung des Flüchtlingsheimes<br />
und deren BewohnerInnen<br />
nicht immer leicht ist, sondern sehr viel<br />
Mühe, Zeit und Nerven kostet, erfülle<br />
ich die Aufgabe der Supervision, die<br />
ich seit Beginn des Projektes innehabe,<br />
gerne. Ich freue mich, diesen Menschen<br />
in der kurzen Zeit, die sie in Österreich<br />
verbringen, mit Rat und Tat beistehen zu<br />
können.<br />
Text: Ernst Steurer, „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Vorstandsmitglied<br />
Fotos: „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Archiv, Berith Schistek<br />
Seite 35 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Die Projektreihe wird seit Herbst 1997 in<br />
den Betreuungshäusern des „Grünen<br />
<strong>Kreis</strong>es“ realisiert. Die von privaten und<br />
öffentlichen Stellen geförderte Projektreihe<br />
wird von Kurt Neuhold konzipiert<br />
und in Kooperation mit professionellen<br />
KünstlerInnen vorbereitet und durchgeführt.<br />
Sie ergänzt das therapeutische,<br />
erlebnispädagogische und medizinische<br />
Behandlungsangebot des Vereins.<br />
Im Rahmen von wurden bisher rund 40 Kunstaktionen<br />
und Workshops in den stationären<br />
Einrichtungen des Vereins realisiert.<br />
Neben künstlerisch anspruchsvollen<br />
und aufwendigen Projekten, wie z.B.<br />
die Produktion von zwei Zeichentrickfilmen,<br />
Schrott- und Holzskulpturen,<br />
Druckgrafiken, Text- und Schriftbildern<br />
in Schreibwerkstätten, einer CD mit<br />
Techno-Musik und die künstlerische<br />
Bemalung der Fassade des Betreuungshauses<br />
Waldheimat, wurden zahlreiche<br />
Mal- und Fotoaktionen, Tanz- und Bewegungsworkshops<br />
und Kreativprojekte<br />
(Gips, Papierherstellung, Maskenbau,<br />
Origami, Keramik, Trommeln ...) gemeinsam<br />
mit den PatientInnen durchgeführt.<br />
basiert<br />
auf einem dynamischen, prozessorientierten<br />
Kunstverständnis, das die<br />
Projektplanung, die Produktion und die<br />
bei der Realisierung von künstlerischen<br />
Handlungen ablaufenden sozialen und<br />
kommunikativen Vorgänge genauso beinhaltet,<br />
wie die öffentliche Präsentation,<br />
Rezeption und Reflexion der Arbeiten.<br />
Die Arbeitsergebnisse von wurden bei internationalen<br />
Konferenzen und UN-DCP-Tagungen<br />
(United Nation Drug Control<br />
Program) öffentlich vorgestellt. Darüber<br />
hinaus wurde die Projektreihe bei Radio<br />
Orange und im Kulturlokal des Aktionsradius<br />
Augarten in Wien präsentiert.<br />
Presse- und Medienberichte – z.B. im<br />
Standard, in der Wiener Zeitung, der<br />
Ärztezeitung, den Lokalzeitungen des<br />
südlichen Niederösterreichs und im<br />
ORF (Kulturtipp der Woche) – dokumentieren<br />
den Erfolg und die Vielfalt der<br />
Aktionen. Die beiden bisher gemeinsam<br />
mit J. Clay und R. Zuniga produzierten<br />
Zeichentrickfilme „Der Weg ins Leben“<br />
und „Maskenfall“ wurden auf mehreren<br />
Animationsfilmfestivals und bei diversen<br />
Ausstellungen (SOHO in Ottakring<br />
<strong>20</strong>00, <strong>20</strong>01, Schloss Wolkersdorf ...)<br />
gezeigt. „Der Weg ins Leben“ lief auf der<br />
Diagonale <strong>20</strong>01 in Graz. Im Mai <strong>20</strong>02<br />
wurde die nach einem Entwurf von Helmut<br />
Kand künstlerisch bemalte Fassade<br />
des Betreuungshauses Waldheimat der<br />
Öffentlichkeit präsentiert.<br />
Alle Projekte von beziehen sich auf die unmittelbare<br />
Lebenssituation der Betroffenen.<br />
Einfach zu bedienende Medien, unkomplizierte<br />
Techniken, die Berücksichtigung<br />
der Interessen der TeilnehmerInnen<br />
und ein flexibler Umgang mit den<br />
Projektzielen sollen den Einstieg ins kreativ-künstlerische<br />
Arbeiten erleichtern.<br />
Die Erfahrungen, die dabei gemacht<br />
werden, können wichtige Anregungen<br />
für die therapeutische Arbeit beinhalten.<br />
Ziel ist es, individuelle Fähigkeiten zu<br />
entdecken und zu entwickeln sowie die<br />
Möglichkeiten und Freiräume der Kunst<br />
für eine konstruktive und lustvolle Auseinandersetzung<br />
mit den Anforderungen<br />
des Lebens zu nutzen.<br />
Text: Kurt Neuhold, Projektleiter <br />
Fotos: Berith Schistek<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 36
„Signale und Abrakadabra“<br />
Das<br />
Lamahaus<br />
in der<br />
Kurve<br />
Text und Fotos: Helmut Kand (www.kand.at)<br />
Es ist der Wunsch vieler Künstler, auf<br />
öffentlichen Plätzen Spuren zu hinterlassen<br />
und Signale abzusetzen, sich im<br />
Großformat ausdrücken zu dürfen, ja<br />
ein Hang zum Gigantismus ist in uns<br />
allen latent vorhanden. Ein paar Mal<br />
ist jener auch schon befriedigt worden,<br />
nämlich als Wandbilder auf Feuermauern,<br />
Säulen und Atrien, Schwebebilder und<br />
Mobile, Windspiele, hölzerne Jubel-Gesten-Zäune,<br />
Fahnen für Flatterproben auf<br />
hohen Masten oder das Skulpturenspalier<br />
der Persönlichkeiten in St. Pölten. Viele<br />
dieser aufwendigen Projekte entstanden<br />
in Zusammenarbeit mit den Werkstätten<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“. Das Lamahaus,<br />
auch bevor es so hieß, in der Kurve kurz<br />
vor der Passhöhe am Wechsel war immer<br />
schon von Weitem sichtbar. Jetzt bleibt<br />
der Blick erst recht hängen. Leuchtend<br />
grelle Farbgesichter, die noch in der Nacht<br />
geheimnisvoll schimmern, verlocken zum<br />
Hinsehen und Verweilen. Das bewohnbare<br />
Bild „Waldheimat“, wie es auch heißt,<br />
ist eigentlich ein Kurzzeittherapiehaus<br />
geworden.<br />
Die Silhouettengesellschaft<br />
und ihr<br />
Farbenglück<br />
Seit bald 10 <strong>Jahre</strong>n schafft der Maler<br />
Helmut Kand in Zusammenarbeit mit<br />
dem „Grünen <strong>Kreis</strong>“ auch Mobile und<br />
Figuren aus Holz: Kleine, mittlere oder<br />
auch überlebensgroße, silhouettenhafte<br />
Flachskulpturen. Es sind bemalte Schwebebilder,<br />
Vogelscheuchen, die er aber Ackerphilosophen<br />
bezeichnet, Symbolidole und<br />
charmante Totems.<br />
Ihre Namen sind: Horoskoppuppen,<br />
Porzelaneminenzen, Anonyme Liebeskäufer,<br />
Linientreue Katzensprecher, Im Traum<br />
den Bodenverlierer, Kondensstreifenkon-<br />
trollore, Potentate, Figurationenbegehrer,<br />
Gedankenmaler, Deponierebellen, Gloriolenhändler,<br />
Appetitapostel, Wechselspieler,<br />
Pseudokunstpäpste, Kopfunterengel,<br />
Motorsägenmänner, Skurrile Hooligans,<br />
Wolkengärtner, Stimulierte Illusionisten,<br />
Exotische Verlocker, Haluzinationenverberger,<br />
Dreivierteltaktwiener, Landregenleute,<br />
Absturzabfederer, Erotische Duftberater,<br />
Mentholidole, Ikarusflieger, Desertdompteure,<br />
Silikonikonen, Torsenwächter, Allerfreieste<br />
Traumerzähler, Labyrinthschaffner,<br />
Kusshelfer, Jasager und Wettersouffleure.<br />
Seite 37 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Sport im<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
Ein Rückblick auf die letzten <strong>Jahre</strong><br />
zeigt die zunehmende Bedeutung des<br />
Sports im „Grünen <strong>Kreis</strong>“. Neben den<br />
allgemeinen Sportarten Fußball und<br />
Laufen wurde das Angebot erweitert um<br />
Trendsportarten wie Mountainbiking,<br />
Beachvolleyball, Rafting, Indoorklettern<br />
und Bergtouren – im Winter und auch<br />
im Sommer.<br />
Die aktive Freizeitgestaltung ist eine<br />
der Säulen des Behandlungsmodells des<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>es“, wo PatientInnen verschiedene<br />
Sportarten wieder intensiv und<br />
abwechslungsreich erleben können. Ziel<br />
ist es, ihnen ein aktives und lustvolles<br />
Erleben des Sports zu ermöglichen und<br />
Einzelne in ihren Bereichen zu fördern.<br />
Sport als nüchterne Bedürfnisbefriedigung<br />
wird hier nicht als Ersatz zum<br />
Konsum gesehen, sondern kann durch<br />
Teilnahme an öffentlichen Sportwettbewerben<br />
zu einer positiven Identitätsfindung<br />
in der Öffentlichkeit führen.<br />
Als bestes Beispiel dazu dient die<br />
jährliche Teilnahme an einem nationalen<br />
bzw. internationalen Marathon, wo der<br />
Kampf mit dem „inneren Schweinehund“<br />
42 km hin und her tobt und als<br />
Belohnung für den Sieg über sich selbst<br />
der Applaus und die Anerkennung durch<br />
das Publikum winken. Dass dadurch<br />
auch der Selbstwert einen beachtlichen<br />
Aufschwung erfährt, soll hier nicht ganz<br />
unerwähnt bleiben.<br />
Etwas anders sieht es in Teamsportarten<br />
wie Fußball bzw. Volleyball aus. Hier<br />
kommt zu den ohnehin schon erwähnten<br />
Faktoren noch der Aspekt der Teamfähigkeit<br />
und des Hintanstellens des Egos zum<br />
Vorschein.<br />
Rafting und Indoorklettern erfreuen<br />
sich bei den PatientInnen ebenfalls<br />
großer Beliebtheit. Dabei spielen die<br />
Überwindung der Angst und die richtige<br />
Selbsteinschätzung eine große Rolle.<br />
Folgende Sportteams bestehen im<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>“:<br />
– Fußballteam: Trainingsumfang in der<br />
Vorbereitung 2x pro Woche, während<br />
der Meisterschaft 1x pro Woche.<br />
Teilnahmen: Niederösterreichische<br />
Hobbyligameisterschaft (Vizemeister<br />
<strong>20</strong>01), <strong>20</strong>03 bisher ungeschlagen auf<br />
Meister-Kurs. Weiters nimmt die<br />
Mannschaft an diversen Hallen- bzw.<br />
Feldturnieren teil. Auch im Ausland<br />
machte sie schon von sich reden, so<br />
<strong>20</strong>02 beim „Fußball ohne Drogen“-<br />
Cup in Venedig, wo sich das „<strong>Grüner</strong><br />
<strong>Kreis</strong>“ Team im Finale von der Mannschaft<br />
des Gastgeberlandes geschlagen<br />
geben musste.<br />
– Volleyball: Hier gibt es vor allem eine<br />
interne „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Hofmeisterschaft,<br />
die zwei Monate dauert.<br />
Weiters nimmt die Mannschaft auch<br />
alljährlich an der „Großen Raika Beach<br />
Series“ teil, die vor zwei <strong>Jahre</strong>n in<br />
sensationeller Weise von zwei jugendlichen<br />
Patienten aus dem Betreuungshaus<br />
Frankenau gewonnen wurde. Seit<br />
heuer wird auch in der Wintersaison<br />
in der Halle trainiert.<br />
– Laufteam: Das Training findet<br />
ganzjährig statt. Die Anzahl der<br />
Veranstaltungsteilnahmen bewegt<br />
sich im Schnitt zwischen vier bis fünf<br />
10 km-Läufen, ein bis zwei Bergläufen,<br />
zwei Halbmarathons und ein bis zwei<br />
Läufen über die volle Marathondistanz.<br />
– Moutainbiketeam: Trainingsumfang<br />
im Frühjahr, Sommer und Herbst 1x<br />
bis 2x pro Woche. Teilnahmen an diversen<br />
Rennen wie Wechselkaiser oder<br />
„Bike the Buggles“ in Niederösterreich.<br />
– Weitere sportliche Aktivitäten sind<br />
Skitourengehen und Paddeln. Tanz,<br />
Gymnastik, Fitness- und Krafttraining<br />
stehen ebenso am Programm.<br />
Text und Fotos: David Kersenbaum, Hausassistent<br />
Treinthof, Mag. Christoph<br />
Kainzmeier, Psychotherapeut Treinthof<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 38
Evaluation:<br />
Mehr als eine lästige<br />
Pflichtübung!<br />
Ist, wie manche „PraktikerInnen“ behaupten,<br />
Evaluation eine modische, lästige<br />
und überflüssige Pflichtübung? Steht sie<br />
vielleicht bei dem beabsichtigten, phantasievollen<br />
Vorstoß ins Neuland, beim Verfolgen<br />
neuer Ideen eher im Wege, als dass sie<br />
förderlich und hilfreich wäre?<br />
Eigentlich ist es das Normalste der Welt:<br />
Wer einen Plan fasst und ihn durchführt,<br />
der bewertet auch, welchen Erfolg er damit<br />
hat, und versucht, aus den Erfahrungen zu<br />
lernen.<br />
Wird dieser Ansatz in systematischer,<br />
datengestützter und nachvollziehbarer<br />
Form überprüft, spricht man von Evaluation.<br />
Unter diesem Gesichtspunkt ist<br />
Evaluation eine methodisch kontrollierte,<br />
verwertungs- und bewertungsorientierte<br />
Form des Sammelns und Auswertens von<br />
Informationen mit dem Ziel, verlässliches<br />
Handlungswissen für die Praxis zu liefern.<br />
Analyse: Um realistische Ziele formulieren zu können,<br />
benötigt es Wissen über die Umstände, unter denen die<br />
Ziele umgesetzt werden sollen.<br />
Ziele setzen: Ziele anschaulich, präzise und klar zu<br />
formulieren, ist wesentlicher Bestandteil einer erfolgreichen<br />
Arbeit und Voraussetzung für Evaluation.<br />
Plan: Dieser beschreibt die Strategie zur Zielerreichung<br />
(z.B.: Konzepte, Strategien ...).<br />
Handlung: Hier erfolgt die Umsetzung des Plans.<br />
Evaluation: Überprüft, ob die Ziele erreicht wurden und<br />
liefert Verbesserungsvorschläge zur Modifizierung der Ziele<br />
bzw. zur Optimierung des Planens und Handelns.<br />
Nutzenorientierte Evaluation liefert<br />
verlässliche Informationen. Diese dienen<br />
sowohl als Basis für grundlegende Lernprozesse<br />
und darauf aufbauende, nachhaltige<br />
Entscheidungen, als auch für die fundierte<br />
Darstellung der eigenen Qualität nach<br />
außen.<br />
Ohne dass zumindest die Frage nach<br />
möglicherweise notwendigen Innovationen<br />
gestellt würde, wäre jede Evaluation<br />
in der Tat überflüssig. Und umgekehrt:<br />
Innovationen in Angriff zu nehmen, ohne<br />
die Situation, in der gehandelt werden<br />
soll, und ohne die Sachverhalte, auf die<br />
Innovationen abzielen sollen, einschätzen<br />
(beurteilen) zu können, würde mit großer<br />
Wahrscheinlichkeit die Verschwendung<br />
von Geld, Arbeitsaufwand und Ressourcen<br />
bedeuten.<br />
Diesen Gedanken folgend hat sich der<br />
„Grüne <strong>Kreis</strong>“ <strong>20</strong>00 entschlossen, eine umfangreiche<br />
Evaluation durchzuführen. Die<br />
Evaluation wurde im Zeitraum von August<br />
<strong>20</strong>00 bis Ende April <strong>20</strong>03 geplant und<br />
durchgeführt. Ziel der Studie war es, die<br />
Leistungen des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ systematisch<br />
zu erfassen, Indikatoren zur Beurteilung<br />
der Qualität aller Leistungsbereiche<br />
darzustellen und die Qualität ausgewählter<br />
Leistungsbereiche zu evaluieren. Verwendet<br />
wurde ein partizipativer Ansatz, der<br />
eine Veränderung in Richtung Optimierung<br />
unterstützt und Schritte in Richtung<br />
nachhaltiger Veränderung setzt. Unter<br />
anderem setzten sich MitarbeiterInnen des<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>es“ in acht thematischen Arbeitsgruppen<br />
ausführlich mit der Qualität<br />
ihrer Arbeit auseinander. Dabei wurden<br />
auch Probleme im Arbeitsablauf und in der<br />
Zusammenarbeit zwischen verschiedenen<br />
Berufsgruppen (Schnittstellen) reflektiert.<br />
Allen Leistungsbereichen des „Grünen<br />
<strong>Kreis</strong>es“ wurden nach ihrer Erfassung Qualitätskriterien<br />
zugeordnet. Anschließend<br />
wurde beschlossen, die Leistungsbereiche<br />
Vorbetreuung, Berufsorientierung und<br />
Nachbetreuung zu evaluieren. Für diese<br />
drei Leistungsbereiche wurden insgesamt<br />
über 160 relevante Qualitätsindikatoren<br />
ausgewählt und einem Soll-Ist-Vergleich<br />
unterzogen. Dabei wurden insgesamt 524<br />
Personen (Personen aus externen Einrichtungen,<br />
KlientInnen und MitarbeiterInnen<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“) befragt (Fragebogen,<br />
Telefoninterviews). Mit durchschnittlich<br />
63% Rücklauf konnte eine hohe Beteiligung<br />
verzeichnet werden. Die vorliegenden<br />
Ergebnisse bieten eine solide Datenbasis<br />
für grundlegende Entscheidungen in<br />
den evaluierten Leistungsbereichen (z.B.:<br />
Veränderungen, um das Leistungsangebot<br />
zu optimieren) und die Möglichkeit, die<br />
Qualität der angebotenen Leistungen<br />
nach außen fundiert darstellen zu können,<br />
schafft gegenüber MitbewerberInnen einen<br />
Wettbewerbsvorteil (z.B.: bei Finanzentscheidungen<br />
von KostenträgerInnen).<br />
Sich als drogentherapeutische Einrichtung<br />
kritisch mit der eigenen Qualität<br />
auseinander zu setzen ist noch nicht<br />
selbstverständlich. Im Rahmen der Evaluation<br />
hat sich der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ offen der<br />
Qualitätsdiskussion und der Beurteilung<br />
durch MitarbeiterInnen, KlientInnen und<br />
externen Einrichtungen gestellt und so<br />
gezeigt, dass er auch auf dem Gebiet der<br />
Qualitätsentwicklung und -sicherung in<br />
Österreich eine Vorreiterrolle einnimmt.<br />
Text, Foto und Grafik: Mag. Ludwig Grillich,<br />
Geschäftsführer diepartner.at<br />
Seite 39 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
An die Arbeit ...<br />
Das vom AMS Niederösterreich geförderte Arbeitsprojekt im „Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
Seit dem Jahr 1986 werden sowohl<br />
MitarbeiterInnen als sogenannte Schlüsselkräfte<br />
wie auch PatientInnen, die das<br />
18-monatige, stationäre Langzeittherapieprogramm<br />
erfolgreich abgeschlossen<br />
haben, in Form von vom AMS geförderten<br />
Arbeitsplätzen auf Zeit unterstützt. Im<br />
Laufe der <strong>Jahre</strong> haben viele PatientInnen<br />
dieses TransitmitarbeiterInnenprogramm<br />
der weiterführenden Therapie und gleichzeitigen<br />
Beschäftigung zur Stabilisierung<br />
der Persönlichkeit und Entwicklung<br />
der Arbeitsmöglichkeiten in Anspruch<br />
genommen. Die Leistungsfähigkeit der<br />
PatientInnen in ihren Arbeitsbereichen<br />
steht hier im Mittelpunkt, ihre materielle<br />
wie auch soziale Selbstständigkeit sind<br />
das Ziel. Die Anforderungen orientieren<br />
sich an den Notwendigkeiten am freien<br />
Arbeitsmarkt. Durch dieses Programm<br />
konnte die Therapieerfolgsquote deutlich<br />
gesteigert und die anschließende<br />
Reintegration in den freien Arbeitsmarkt<br />
entscheidend verbessert werden.<br />
Im Rahmen dieses gemeinnützigen<br />
Beschäftigungsprojektes findet auch die<br />
von erfahrenen TrainerInnen geleitete<br />
Berufsorientierungs- und -bewerbungsmaßnahme<br />
„Neue Wege“ statt. Sie ist<br />
einerseits für jene PatientInnen gedacht,<br />
die kurz vor ihrem regulären Therapieabschluss<br />
stehen und sich in weiterer Folge<br />
nach außen orientieren möchten, und<br />
andererseits für TransitmitarbeiterInnen,<br />
welche nach Ablauf ihres geförderten<br />
Arbeitsplatzes auf Zeit im geschützten<br />
Rahmen des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ wieder den<br />
Sprung in den freien Arbeitsmarkt wagen<br />
wollen.<br />
Das Ziel dieser Berufsorientierungsgruppen<br />
ist die therapiebegleitende<br />
Beschäftigung mit dem Themenbereich<br />
Beruf. Durch regelmäßige Seminartage<br />
soll die Beschäftigung mit der eigenen<br />
Schul- und Berufsgeschichte, mit beruflichen<br />
Interessen, Stärken und Fähigkeiten,<br />
aber auch mit Einschränkungen und<br />
Behinderungen angeregt werden. Dabei<br />
können die TeilnehmerInnen Klarheit<br />
über ihre beruflichen Möglichkeiten<br />
finden und diese durch gezieltes Training<br />
umsetzen lernen. Durch die Erstellung<br />
von professionellen Bewerbungsunterlagen,<br />
Bewerbungstraining und die im<br />
Praktikum stattfindende Überprüfung<br />
ihrer Eignung werden sie auf die spätere<br />
Jobsuche und Berufsrealität vorbereitet.<br />
Zentrales Ziel ist deshalb die Hilfe zur<br />
Selbsthilfe, die alle TeilnehmerInnen von<br />
Anfang an zum aktiven, selbstständigen<br />
und zielorientierten Arbeiten anhält.<br />
Viele ehemalige Transitarbeitskräfte<br />
finden so in ihrem gewünschten Arbeitsbereich<br />
am freien Arbeitsmarkt eine Anstellung.<br />
Andere TransitmitarbeiterInnen befinden<br />
sich aufgrund ihrer Weiterentwicklung<br />
und Berufsausbildung mittlerweile<br />
in einem endgültigen, regulären Beschäftigungsverhältnis<br />
im „Grünen <strong>Kreis</strong>“, wo sie<br />
in verschiedensten Arbeitsbereichen tätig<br />
sind. Einige von ihnen sind bereits mehr<br />
als fünf <strong>Jahre</strong> im Verein beschäftigt, wie z.B.<br />
der Fuhrparkleiter, LagerverwalterInnen,<br />
SuchtberaterInnen, HausassistentInnen<br />
und VorbetreuerInnen.<br />
Die Zusammenarbeit zwischen dem<br />
AMS Niederösterreich und dem „Grünen<br />
<strong>Kreis</strong>“ konnte über die <strong>Jahre</strong> hinweg<br />
sehr intensiviert werden, die regionale<br />
Geschäftsstelle Neunkirchen betreut<br />
den „Grünen <strong>Kreis</strong>“ exklusiv. Zusätzlich<br />
zu den jeweils in einem <strong>Jahre</strong>svertrag<br />
geregelten, geförderten Arbeitsplätzen auf<br />
Zeit werden PatientInnen und ExpatientInnen<br />
in Form von Umschulungen,<br />
Lehrlingsausbildungen und spezifischen<br />
FacharbeiterInnenausbildungen entsprechend<br />
ihrer individuellen Interessen<br />
(TischlerIn, SchlosserIn, ElektromonteurIn,<br />
TierpflegerIn, MaurerIn, GärtnerIn,<br />
KellnerIn, KöchIn etc.) unterstützt. Eine<br />
enge Zusammenarbeit besteht auch mit<br />
der Wiener Berufsbörse und dem Berufsförderungsinstitut,<br />
die weitreichende<br />
Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
bzw. eine kompetente Arbeitsvermittlung<br />
ermöglicht.<br />
Erst eine gelungene Integration in den<br />
Arbeitsmarkt vermag den Langzeiterfolg<br />
der Therapie zu sichern, da ein drogenfreies<br />
Leben ohne Ausbildung und geregelte<br />
Arbeit zu keinem Erfolg führt.<br />
NIEDERÖSTERREICH<br />
Text: Dr. Brigitte Wimmer, Öffentlichkeitsarbeit<br />
Fotos: Kurt Neuhold<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 40
service, art, event<br />
– pool 7.at<br />
Die „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong> – Gemeinnützige<br />
Aus- und FortbildungsgesmbH“ betreibt<br />
seit dem Sommer <strong>20</strong>03 am Rudolfsplatz 9<br />
im 1. Wiener Bezirk das Verkaufsgeschäft<br />
und Ausstellungslokal pool 7.at. Die<br />
Geschäftsidee entwickelte sich aus dem<br />
Bestreben, Wirtschaftsgüter, handwerkliche<br />
Produkte und Kunstobjekte aus den<br />
Werkstätten von Therapieeinrichtungen<br />
auszustellen und zu vermarkten. Das<br />
Projekt wird im Rahmen der vom Europäischen<br />
Sozialfond (ESF), Bundesministerium<br />
für Wirtschaft und Arbeit (BMWA)<br />
und AMS finanzierten Equal-Initiative<br />
als Beschäftigungsmodul realisiert. Es ist<br />
Teil der drug-addicts@work-Partnerschaft,<br />
in der die wichtigsten Einrichtungen der<br />
Suchtkrankenhilfe in Wien, der FSW<br />
(Fonds Soziales Wien) als inhaltlich koordinierender<br />
Partner, waff, Wirtschaftskammer<br />
und Arbeiterkammer kooperieren.<br />
Als Beschäftigungsprojekt bietet<br />
pool 7.at Menschen mit Suchterfahrungen<br />
nach Abschluss stationärer oder teilstationärer<br />
Langzeittherapien die Chance, sich<br />
durch eine zeitlich begrenzte Anstellung<br />
wieder für den ersten Arbeitsmarkt zu<br />
qualifizieren. Die Zugangsmöglichkeiten<br />
und die Betreuung der MitarbeiterInnen<br />
erfolgen in einem Netzwerk von Schulungen,<br />
Qualifizierungs- und Beratungsmaßnahmen,<br />
die von den Partnermodulen von<br />
drug-addicts@work angeboten werden.<br />
pool 7.at ist gedacht als Schnittstelle<br />
zwischen Öffentlichkeit, Arbeits- und Geschäftswelt<br />
und den Produkten der drugaddicts@work-Partnereinrichtungen<br />
und<br />
von sozialökonomischen Betrieben. Durch<br />
das Verkaufslokal soll der Stellenwert von<br />
Arbeit und Beschäftigung aufgewertet und<br />
die Arbeitsorganisation in den Werkstätten<br />
verbessert werden. Der Verkauf soll die<br />
Qualität der Produkte heben und sich<br />
motivierend auf die Arbeitsbereitschaft in<br />
den Betrieben auswirken. Das Interesse<br />
an fachlicher Qualifikation wird gefördert,<br />
dadurch steigen die Chancen für den Wiedereinstieg<br />
in den Arbeitsmarkt. Den KundInnen<br />
und potentiellen ArbeitgeberInnen<br />
beweisen hochwertige, originelle Waren<br />
wie kreativ und arbeitsfähig Menschen mit<br />
Suchtproblemen sind, wenn man ihnen<br />
die notwendigen Chancen dazu gibt.<br />
Das Geschäft am Rudolfsplatz umfasst<br />
drei Arbeitsbereiche auf zwei Etagen:<br />
– Im Verkaufsbereich werden die<br />
Erzeugnisse aus den diversen Werkstätten<br />
präsentiert. Mit Referenzprodukten<br />
und Informationsmaterialien<br />
belegen die MitarbeiterInnen die<br />
spartenspezifischen und technischen<br />
Möglichkeiten der KooperationspartnerInnen.<br />
Die Produktpalette reicht<br />
von Therapiespielzeug, Tischlerobjekten<br />
und Möbeln bis zu alten medizintechnischen<br />
Geräten, die schon von<br />
der Verarbeitung her „Kunstobjekte“<br />
sind.<br />
– Im Ausstellungsteil werden jene Bilder,<br />
Skulpturen, Wandteppiche und<br />
Kunstobjekte gezeigt, die im Rahmen<br />
von Kunstaktionen in den verschiedenen<br />
Betreuungseinrichtungen<br />
entstanden sind.<br />
– Im Büro wird intensiv am Aufbau<br />
eines Informationsnetzwerkes<br />
gearbeitet. Ziel ist ein Infopool, in<br />
dem Aufträge auf Provisionsbasis an<br />
geeignete Arbeitsprojekte in Therapieund<br />
Sozialeinrichtungen vermittelt<br />
werden. Das Angebotsspektrum reicht<br />
vom Catering über die Vermittlung<br />
von Spezialanfertigungen im Bereich<br />
Tischlerei, Schlosserei, Druck bis zur<br />
Beauftragung von Garten- und Grünraumbetreuungsarbeiten.<br />
Um KundInnen und InteressentInnen<br />
zu gewinnen, wird ein Veranstaltungsprogramm<br />
organisiert. Außerdem versteht<br />
sich pool 7.at als offenes Forum und<br />
Plattform für Diskussionen im Bereich<br />
Therapie, Arbeit, Kunst und Soziales. Das<br />
Geschäft, die Produktpalette und das Diskussionsforum<br />
werden im Internet unter<br />
www.pool 7.at präsentiert.<br />
Text und Fotos: Kurt Neuhold, Projektleiter<br />
pool 7.at<br />
pool 7 – EQUAL-Projekt der „<strong>Grüner</strong><br />
<strong>Kreis</strong> – Gemeinnützige Aus- und<br />
FortbildungsgesmbH“ wird gefördert<br />
durch:<br />
A-1010 Wien, Rudolfsplatz 9<br />
Tel.: (1) 523 86 54-0, (664) 384 02 83<br />
Fax: (1) 523 86 54-30<br />
office@pool 7.at, www.pool 7.at<br />
Seite 41 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Die internationalen<br />
Kontakte des<br />
Vereins „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“<br />
Der „Grüne <strong>Kreis</strong>“, zur österreichweit<br />
größten gemeinnützigen Organisation<br />
auf dem Suchtsektor und zur vielfältigsten<br />
Suchthilfeeinrichtung Österreichs gemessen<br />
am Angebot seiner individuellen<br />
Betreuungsmaßnahmen angewachsen,<br />
sieht einen Schwerpunkt seiner Arbeit<br />
auch in der Vernetzung und Öffnung, im<br />
Austausch, in der Forschung und Förderung<br />
der abstinenzorientierten Suchthilfe<br />
im Rahmen seiner internationalen<br />
Zusammenarbeit. Weltoffenheit, wenn<br />
es um den Menschen geht, d.h. nicht<br />
nur national, sondern auch international<br />
zu den Themen der Suchtproblematik<br />
Stellung zu nehmen, ist sein Anliegen.<br />
Sich international zu vernetzen,<br />
bedeutet nicht nur einen Erfahrungsaustausch<br />
über das oft unterschiedliche<br />
Verständnis von Suchthilfe, sondern<br />
ebenso die Auseinandersetzung mit den<br />
kulturellen, gesellschaftlichen und ökonomischen<br />
Gegebenheiten der einzelnen<br />
Länder, so auch mit der Bedeutung von<br />
sozialem Gleichgewicht. Diese Erkenntnisse<br />
fließen immer wieder in die tägliche<br />
Arbeit mit ein, bereichern sie, wie sie<br />
auch die Werte und das Handeln beeinflussen.<br />
Die Mitgliedschaft des „Grünen<br />
<strong>Kreis</strong>es“ in internationalen Organisationen<br />
sowie die Teilnahme der MitarbeiterInnen<br />
an internationalen Kongressen<br />
sind wichtige Erfahrungen, die nicht<br />
nur neue Perspektiven in der Suchtarbeit<br />
öffnen, sondern auch das Verständnis für<br />
das Andere wecken.<br />
Einige Aktivitäten sollen hier u.a.<br />
besonders betont werden:<br />
Der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ ist Mitglied des<br />
ICAA, des International Council on<br />
Alcohol and Addictions. Dabei handelt<br />
es sich um eine Non-Governmental Organisation<br />
in einem Beratungsstatus mit<br />
der Wirtschafts- und Sozialabteilung der<br />
UN, der United Nations, und in engem<br />
Kontakt mit der WHO, der Weltgesundheitsorganisation.<br />
Viele namhafte<br />
karitative Einrichtungen sind Mitglieder<br />
dieser Organisation zur Prophylaxe und<br />
Bekämpfung von Suchtkrankheit, die<br />
1907 in Lausanne in der Schweiz gegründet<br />
wurde. Die Teilnahme am ICAA,<br />
der in Kontakt mit den für Suchtfragen<br />
zuständigen offiziellen Regierungsstellen<br />
der einzelnen Länder steht, ermöglicht<br />
einen Erfahrungsaustausch auf internationaler<br />
Ebene und somit eine Vernetzung<br />
von Fachleuten aus der ganzen Welt.<br />
Weitere Infos: www.icaa.de<br />
Als Mitglied des EURO-TC, der<br />
European Treatment Centers for Drug<br />
Addiction, eines Zusammenschlusses<br />
von therapeutischen Gemeinschaften in<br />
ganz Europa, verfolgt der „Grüne <strong>Kreis</strong>“<br />
auch dessen Ziele, die der Reduktion der<br />
Drogennachfrage oder der Förderung<br />
und Verbesserung von Präventions- und<br />
Behandlungsangeboten dienen. Beratung<br />
und Unterstützung der Arbeit<br />
in ambulanten, teilstationären und<br />
stationären Einrichtungen, Förderung<br />
der Aus- und Fortbildung von pädagogischen<br />
und therapeutischen Fachkräften<br />
und Öffentlichkeitsarbeit im Sinne<br />
der Durchführung wissenschaftlicher<br />
Symposien, der Publikation von Fachinformationen<br />
und der Kooperation mit<br />
Fachkreisen sind weitere Zwecke des<br />
EURO-TC, der 1982 gegründet wurde.<br />
Die regelmäßig veranstalteten Tagungen<br />
und Kongresse ermöglichen den<br />
Erfahrungsaustausch und die Diskussion<br />
verschiedener Arbeitsansätze, was der<br />
Reflexion der eigenen Arbeitssituation<br />
dient.<br />
Weitere Infos: www.euro-tc.org<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 42
Vertreten im Vorstand des Vereins<br />
IREFREA Austria – Institut und<br />
Europäisches Netz für die Erforschung<br />
der Risikofaktoren in Kindheit und<br />
Adoleszenz – engagiert sich der „Grüne<br />
<strong>Kreis</strong>“ auch für Zweck und Ziel dieses<br />
Vereins, nämlich für die Erforschung<br />
und Verbesserung der Lebenssituation<br />
von Kindern und Jugendlichen mit<br />
besonderem Interesse auf Entwicklungsstörungen,<br />
Suchtmittelgefährdung und<br />
Sucht, soziale Abweichung, Marginalisierung<br />
und Kriminalisierung von jungen<br />
Menschen. IREFREA Austria arbeitet<br />
eng mit anderen europäischen IRE-<br />
FREA-Gruppen zusammen. IREFREA<br />
wurde als Forschungsinstitut 1988 in<br />
Lyon, Frankreich, gegründet und hat<br />
sich zu einem internationalen Netzwerk<br />
mit PartnerInnen in 15 europäischen<br />
Ländern entwickelt.<br />
Weitere Infos: www.irefrea.org/austria<br />
Der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ ist Mitbegründer<br />
des internationalen „Fußball ohne<br />
Drogen-Cup“ („Soccer without Drugs-<br />
Cup“), eine Suchtpräventionsaktion<br />
für junge Menschen, die unter der<br />
Schirmherrschaft von EURO-TC und<br />
in Zusammenarbeit mit ICAA erstmals<br />
1998 in Berlin stattfand. Sie dient nicht<br />
nur als Modell zum Erfahrungsaustausch<br />
unter den TeilnehmerInnen, sondern<br />
auch zum Transport gesundheitsbezogener<br />
Botschaften. Junge Menschen, die<br />
bereits ein Suchtproblem überwunden<br />
haben, treffen mit diesbezüglich nicht<br />
Vorbelasteten zum aktiven Austausch zusammen.<br />
Fußball hat für viele Menschen<br />
einen hohen emotionalen Stellenwert<br />
und hilft so, selbstschädigendes Verhalten<br />
wie Sucht zu verhindern oder aus<br />
diesem auszusteigen. Die Begegnungen<br />
am Fußballfeld werden ergänzt durch<br />
Veranstaltungen zur Suchtprävention in<br />
Gestalt des „Jugendforums“.<br />
Weitere Infos:<br />
www.tannenhof.de/fussball<br />
Über ÖBIG Austria (Österreichisches<br />
Bundesinstitut für Gesundheitswesen)<br />
steht der „Grüne <strong>Kreis</strong>“ in direktem<br />
Kontakt mit der EBB (Europäische Beobachtungsstelle<br />
für Drogen und Drogensucht).<br />
Diese befindet sich in Lissabon,<br />
wo alle in Europa erhobenen Daten die<br />
Suchtthematik betreffend analysiert und<br />
verwaltet werden.<br />
Weitere Infos: www.oebig.at<br />
So nimmt auch der „Grüne <strong>Kreis</strong>“<br />
seine Verantwortung und Verpflichtung<br />
gegenüber PatientInnen, MitarbeiterInnen,<br />
der Umwelt und der Gesellschaft<br />
wahr und trägt mit seiner internationalen<br />
Einstellung und Tätigkeit zu einer<br />
kontinuierlichen Weiterentwicklung<br />
einer professionellen Suchthilfe mit<br />
hohem Qualitätsanspruch bei.<br />
Text: Dr. Brigitte Wimmer, Öffentlichkeitsarbeit<br />
Fotos: Archiv „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>, Dr. Brigitte<br />
Wimmer<br />
Seite 43 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Mein<br />
Leben<br />
danach<br />
Hier sitze ich jetzt vor meinem<br />
Computer und schreibe auf die Bitte<br />
eines Freundes und Weggefährten über<br />
mein Leben danach – mein Leben nach<br />
der Sucht. Und dass das alles überhaupt<br />
möglich ist, verdanke ich mehreren Faktoren:<br />
Zu allererst meinem unbedingten<br />
Willen, nicht vorzeitig abzutreten, zum<br />
anderen der Hilfe meiner Familie und<br />
dem „Grünen <strong>Kreis</strong>“. Einfach war’s nicht<br />
und es waren schon gar keine idyllischen<br />
Ferien auf dem Bauernhof, wie<br />
ich anfangs dachte. Es kam ganz anders<br />
und dennoch bin ich jetzt da, wo ich vor<br />
mehr als sieben <strong>Jahre</strong>n träumte zu sein.<br />
Eineinhalb <strong>Jahre</strong> Therapie – ich hatte<br />
keine Ahnung, worauf ich mich da<br />
einließ. Und das war gut so. Ein guter<br />
Teil dessen, was ich fünfzehn <strong>Jahre</strong> lang<br />
mit allerlei Drogen versucht hatte zu<br />
unterdrücken und irgendwie zu umschiffen,<br />
traf mich jetzt nach und nach.<br />
Ich erlebte mich als eine Zwiebel, deren<br />
Schalen klein und schichtweise entfernt<br />
wurden. Der Unterschied war aber, dass<br />
nicht nur Schmerz, Tränen und Wut zum<br />
Vorschein kamen, sondern auch sehr viel<br />
Lachen und Freude am Leben. Etwas, das<br />
ich schon sehr lange vermisst hatte. Ich<br />
verbinde somit mit dem „Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
eine Menge schöner, aber auch weniger<br />
schöner Erlebnisse und Emotionen.<br />
Schlussendlich bin ich jetzt clean und<br />
das zählt.<br />
Aber nun genug von der Vergangenheit.<br />
Ich will Ihnen ja etwas über meine<br />
Zeit danach berichten. Ich nahm den<br />
Weg des sozusagen langsamen Hinüberfließens<br />
in die schöne neue Welt. Hinaus<br />
in das richtige Leben, aber bitte nicht<br />
zu schnell! Nach eineinhalb <strong>Jahre</strong>n in<br />
der geschützten und abgeschirmten<br />
Umgebung des Marienhofs ist selbst ein<br />
Besuch in einem Supermarkt ein kleines<br />
Abenteuer. So suchte ich mir in der<br />
Endphase der Therapie Arbeit in einer<br />
Gärtnerei in Wr. Neustadt, was nicht<br />
ganz so schwer war, wie ich dachte, und<br />
fragte gleichzeitig am Marienhof um eine<br />
Wohnmöglichkeit an. So wohnte ich<br />
ein weiteres halbes Jahr in meinem alten<br />
Zimmer, ging aber gleichzeitig außerhalb<br />
arbeiten. Es erwies sich als eine gute<br />
Mischung. Ich konnte mich auf diesem<br />
Weg langsam von der alten Welt und<br />
ihren Gewohnheiten verabschieden und<br />
in die Neue hineinwachsen. Außerdem<br />
hatte das den Vorteil, auf eigenen Füßen<br />
zu stehen und ein wenig Geld zu sparen,<br />
das ich nach sechs Monaten in eine<br />
Wohnung investieren konnte. Ich tat<br />
dies gemeinsam mit einem Freund, mit<br />
dem ich am Hof Therapie machte und<br />
der schon vor mir im Verein zu arbeiten<br />
begonnen hatte. Es lief alles bestens, bis<br />
ich nach nicht allzu langer Zeit seine<br />
Rückfälligkeit entdeckte. Ich könnte<br />
darüber viel erzählen, aber, um es kurz<br />
zu machen, er starb bald darauf. Ich war<br />
in dieser Zeit nicht so gut drauf, hatte<br />
mit mir und ihm viel zu kämpfen. Ich<br />
be- und überstand diese harte Prüfung<br />
mit einer gehörigen Portion Wut auf<br />
ihn. Aber es war nicht die erste und auch<br />
nicht die letzte Prüfung, die mir auf dem<br />
Weg ins Leben ins Haus stand. Was einen<br />
nicht umbringt, macht einen nur härter<br />
– da ist etwas Wahres dran.<br />
Ich war jetzt soweit, mir einen neuen<br />
Job zu suchen, auch wegen Unstimmigkeiten<br />
in der alten Firma. Außerdem<br />
war es Winter und da wird nun einmal<br />
nicht gepflanzt, weil ... nun wir wissen<br />
ja warum. Eines meiner Hobbys waren<br />
immer schon Mineralien und so suchte<br />
und fand ich eine Stelle in einem Mineraliengroßhandel.<br />
Alles, was ich noch dafür<br />
zu machen hatte, war der LKW-Führerschein.<br />
Das tat ich und begann. Der<br />
Job war gut, der Chef nicht einfach und<br />
das Geld das erste Jahr nicht übermäßig,<br />
aber ausreichend, um gut zu leben. Auch<br />
nahm ich jetzt, wenn nur zaghaft, ein<br />
wenig Unterstützung von meiner Mutter<br />
in Form eines zinsenlosen Kredites an,<br />
um mir mein erstes funkelnagelneues<br />
Auto zu kaufen. Im zweiten Jahr konnte<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 44
ich trotz einiger nicht gehaltener Versprechen<br />
von Seiten meines Chefs mehr<br />
Gehalt herausschlagen. Es ging voran,<br />
sozusagen. Meine alte Vergangenheit<br />
trat immer mehr in den Hintergrund<br />
und, obwohl es immer wieder Phasen der<br />
kurzzeitigen Versuchung gab, verlies ich<br />
meinen eingeschlagenen Weg nicht.<br />
Das zweite Jahr neigte sich dem Ende<br />
zu und ich erinnerte mich an einen<br />
Traum, den ich viele <strong>Jahre</strong> zuvor träumte:<br />
Im Ausland etwas Sinnvolles zu arbeiten,<br />
Hilfe zu leisten. Früher entsprang<br />
dieser Wunsch sicher auch der Idee zu<br />
fliehen, vor mir und den Drogen. Jetzt<br />
war das aber anders. So bewarb ich mich<br />
bei „Ärzte ohne Grenzen“ und wurde<br />
nach jeder Menge Papierkram und vielen<br />
Befragungen, bei denen ich auch über<br />
meine Vergangenheit berichtete – was<br />
ich übrigens bei jedem vorangegangenen<br />
Vorstellungsgespräch tat –, in den<br />
sogenannten Pool aufgenommen. Vorher<br />
hatte ich noch nach einigen weiteren<br />
Vorfällen in der alten Firma gekündigt<br />
und kurz danach einen mehr oder weniger<br />
schweren Kletterunfall, der meinen<br />
ersten Einsatz bei „Ärzte ohne Grenzen“<br />
um ein paar Monate verschob.<br />
meines letzten Einsatzes fast ein. Ich war<br />
aber schneller.<br />
Und jetzt sitze ich, wie anfangs<br />
erwähnt, vor meinem Computer, wohne<br />
in Fischamend und arbeite nach harten<br />
Verhandlungen wieder in meinem alten<br />
Bergwerk (Mineraliengroßhandel). Es<br />
scheint, dass sich nichts geändert hat.<br />
Aber das ist so nicht richtig. Ich habe<br />
mich verändert und habe viel erfahren<br />
über mich und meine Umwelt, seit<br />
meinem ersten Tag am Marienhof und<br />
noch mehr in den <strong>Jahre</strong>n danach. Ich bin<br />
dankbar dafür, dass ich viele Menschen<br />
getroffen habe, die mir ohne Vorurteile<br />
begegnet sind, mir geholfen haben und<br />
denen ich helfen durfte. So wird es auch<br />
in Zukunft sein. Egal, welche Erfahrungen<br />
ich auch machen werde.<br />
Text: Roman Stein<br />
Fotos: Roman Stein, Berith Schistek<br />
Aber dann ging es los. Mit vollen Hosen<br />
hatte ich ein völlig neues und auch<br />
scheinbar unsicheres Leben begonnen.<br />
Es folgten drei Einsätze innerhalb von<br />
drei <strong>Jahre</strong>n. Zweimal Afrika und einmal<br />
Ost Timor. Dazwischen Griechenland<br />
(das war allerdings privater Natur). Auch<br />
über diese Zeit könnte ich Romane<br />
schreiben. Und kaum zu glauben, aber<br />
wahr – selbst nach so langer Zeit holte<br />
mich der kleine Suchtteufel während<br />
Seite 45 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
In einer Zeitmaschin´...<br />
(dem Geier die Vision erschien)<br />
Man fliege jetzt gedankenschnell<br />
(mit möglichst wenig Dezibel).<br />
Entfernt? So <strong>20</strong> Lichtjahre astral.<br />
Zu sehen dann: Das Gestern aus dem All.<br />
Text: Der Geier<br />
(alias Oliver Pernhaupt)<br />
Den Blick auf den Verein gerichtet<br />
und fluchs – die Pioniere schon gesichtet:<br />
So aufgeregt, so abenteuerlustig.<br />
(Die Stimmung noch so richtig knusprig!)<br />
Fast alles, was es heute gibt,<br />
(Komfort z.B., sehr beliebt)<br />
war kaum schon materialisiert,<br />
nicht´ mal im Kopf noch kultiviert.<br />
Es fehlte oft an allen Enden,<br />
nur nicht an Hürden, den horrenden.<br />
Das Morgen war ein Schwarzes Loch.<br />
(Wir hatten nicht ´mal einen Koch.)<br />
Der alte Pernhaupt zog den Karren,<br />
wollt´ nicht um eine Burg verharren.<br />
So mancher Schritt war radikal<br />
(plus rein formal auch illegal).<br />
Das Ziel war immer der Patient<br />
(die Heilung, also abstinent).<br />
Der Pseudolösung galt der Kampf<br />
und das mit jeder Menge Dampf.<br />
Die Qualität anscheinend wuchs bis heute<br />
(da grübeln aber manche Leute).<br />
Der Aufbruch ist ja fast vorbei<br />
und Fortschritt killt so allerlei.<br />
Was wird die Zukunft bringen?<br />
(Wird uns Erfolg noch weiterhin bespringen?)<br />
Kommt wohl auf nächsten Spirit an.<br />
Da hat ganz sicher einer einen Plan.<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 46
Seite 47 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“
Herzlichen Dank an alle<br />
MitarbeiterInnen des<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>es“, die diese<br />
Festbroschüre durch ihre<br />
Beiträge mitgestalteten und ihre<br />
Ideen und Überzeugung zum<br />
Ausdruck brachten.<br />
Kontakt<br />
Zentralbüro<br />
A-2872 Mönichkirchen 25<br />
Tel.: (2649) 83 06 · Fax: (2649) 83 07<br />
eMail: office@gruenerkreis.at<br />
Web: www.gruenerkreis.at<br />
Ambulantes Betreuungszentrum<br />
A-1070 Wien,<br />
Hermanngasse 12<br />
Tel.: (1) 526 94 89 oder (1) 522 15 10<br />
Fax: (1) 526 94 89-4<br />
eMail: ambulanz.wien@gruenerkreis.at<br />
Ambulantes Betreuungszentrum<br />
A-80<strong>20</strong> Graz,<br />
Hans-Resel-Gasse 18<br />
Tel., Fax: (316) 76 01 96<br />
eMail: ambulanz.graz@gruenerkreis.at<br />
Ambulantes Betreuungszentrum<br />
A-90<strong>20</strong> Klagenfurt,<br />
Feldmarschall Konrad-Platz 3<br />
Tel.: (463) 59 01 26 · Fax: (463) 59 01 27<br />
eMail: ambulanz.klagenfurt@gruenerkreis.at<br />
Vorbetreuung durch Walter Clementi<br />
Wien, NÖ und Burgenland<br />
AKH Drogenambulanz:<br />
Mo., Mi.12.00—14.00 Uhr<br />
Tel.: (1) 40 400-34 98<br />
Psych.KH Baumgartner Höhe:<br />
Di., Do. 9.00—13.00 Uhr (Steinhof)<br />
Tel.: (1) 910 60-213 41<br />
Mobiltel.: (664) 384 08 27<br />
eMail: walter.clementi@gruenerkreis.at<br />
Vorbetreuung durch Werner Braun<br />
Wien, NÖ, OÖ, Salzburg, Tirol und Vorarlberg<br />
Mobiltel.: (664) 230 53 12<br />
eMail: werner.braun@gruenerkreis.at<br />
Vorbetreuung durch Emmelite Braun-Dallio<br />
Wien und NÖ, Justizanstalten Wien und NÖ<br />
Mobiltel.: (664) 384 08 25<br />
eMail: emmelite.braun-dallio@gruenerkreis.at<br />
Vorbetreuung durch Johannes Breitegger<br />
Steiermark<br />
Mobiltel.: (664) 524 79 91<br />
eMail: ambulanz.graz@gruenerkreis.at<br />
Vorbetreuung durch Ute Ira Sattmann<br />
Steiermark<br />
Mobiltel.: (664) 173 02 65<br />
eMail: ambulanz.graz@gruenerkreis.at<br />
Vorbetreuung durch<br />
MMag a . Magdalena Zuber<br />
Kärnten<br />
Mobiltel.: (664) 384 02 80<br />
eMail: ambulanz.klagenfurt@gruenerkreis.at<br />
Vorbetreuung durch Christian Rath<br />
Vorarlberg und Tirol<br />
Mobiltel.: (664) 310 94 37<br />
eMail: christian.rath@gruenerkreis.at<br />
Öffentlichkeitsarbeit durch<br />
Dr. Brigitte Wimmer<br />
Mobiltel.: (664) 210 33 69<br />
eMail: brigitte.wimmer@gruenerkreis.at<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ Seite 48
Verein zur Rehabilitation und Integration suchtkranker Personen<br />
Vereinsvorstand: Brigitte Podsedensek, Dr. Erhard Doczekal, Dir. Alfred Rohrhofer, Ernst Steurer<br />
Vereinssitz: A-1070 Wien, Hermanngasse 12, Tel.: (1) 526 94 89, Fax: (1) 526 94 89-4, ambulanz.wien@gruenerkreis.at<br />
Zentralbüro (Zustelladresse): A-2872 Mönichkirchen 25, Tel.: (2649) 83 06, Fax: (2649) 83 07, office@gruenerkreis.at<br />
Bankverb.: Raiffeisenbank Aspang-Krumbach, KtoNr.: 27-078, BLZ 32195, Bank Austria, KtoNr.: 697.363.505, BLZ 1<strong>20</strong>00<br />
www.gruenerkreis.at