Festschrift 20 Jahre (2003) - Grüner Kreis
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Die medizinische<br />
Behandlung und Betreuung<br />
im „Grünen <strong>Kreis</strong>“<br />
Am 3.3.<strong>20</strong>03 wurde das neue Therapiezentrum<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ in<br />
Johnsdorf, in der Nähe von Feldbach in<br />
der Steiermark, eröffnet. Im Zuge meiner<br />
Bestrebungen, eine möglichst optimale<br />
medizinische Versorgung für die KlientInnen<br />
dieser Therapieeinrichtung zu organisieren,<br />
wurde mir erneut klar, wie gut<br />
unser medizinisches Betreuungsangebot<br />
für die bereits neun bestehenden Einrichtungen<br />
in der Buckligen Welt ist.<br />
In der Endausbaustufe werden in<br />
Johnsdorf bis zu 80 KlientInnen untergebracht.<br />
Unsere Erfahrungswerte beziehen<br />
sich auf die medizinische Betreuung von<br />
durchschnittlich 180 KlientInnen in den<br />
neun Niederösterreichischen Sozialhilfeeinrichtungen.<br />
Meine Annahme, als<br />
ich mich im <strong>Jahre</strong> <strong>20</strong>00 um die ärztliche<br />
Leitung des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ beworben<br />
hatte, bestand darin, dass bestenfalls eine<br />
punktuelle medizinische Versorgung<br />
möglich wäre – vor allem aufgrund der<br />
räumlichen Entfernung der einzelnen<br />
Therapiestationen vom in der Waldheimat<br />
stationierten medizinischen Zentrum.<br />
Ich stellte aber bald sehr positiv überrascht<br />
fest, dass unser medizinisches Team durch<br />
die Kooperationsbereitschaft der niedergelassenen<br />
ÄrztInnen der Umgebung<br />
bestens unterstützt wird und somit für<br />
die stationär behandelten KlientInnen im<br />
Bedarfsfall eine „Rund um die Uhr-Betreuung“<br />
gewährleistet ist.<br />
Grundvoraussetzung für den Beginn<br />
der stationären Therapie ist, dass die<br />
PatientInnen somatisch entzogen sind.<br />
Zum Aufnahmezeitpunkt muss der/die<br />
Klient/in drogenfrei sein. Das größte Problem<br />
stellen die Benzodiazepine dar, da es<br />
trotz Aufklärung des Öfteren vorkommt,<br />
dass Zuweisende diese Substanzgruppe<br />
nicht als Droge einstufen. Es wird der<br />
Versuch unternommen, die jeweilige Antidepressiva<br />
bzw. Neuroleptika Dosis, wenn<br />
möglich, zu reduzieren, alle PatientInnen<br />
erhalten jedoch je nach Indikation die<br />
notwendige Medikation.<br />
Alle stationär Aufgenommenen werden<br />
allgemeinmedizinisch und psychiatrisch<br />
untersucht. Ein Facharzt für Psychiatrie,<br />
ein Arzt für Allgemeinmedizin, eine<br />
praktische Ärztin mit abgeschlossener<br />
homöopathischer Ausbildung, eine diplomierte<br />
psychiatrische Krankenschwester<br />
sowie eine Krankenpflegehelferin bilden<br />
derzeit unser medizinisches Team. Die<br />
neuropsychiatrischen Begutachtungen in<br />
unseren ambulanten Betreuungszentren<br />
in Wien und Klagenfurt erfolgen durch<br />
FachärztInnen, die uns regelmäßig zur<br />
Verfügung stehen.<br />
Etwa 30 bis 40 PatientInnen brauchen<br />
eine intensivere medizinische und<br />
psychotherapeutische Betreuung. Es sind<br />
die Doppeldiagnose-KlientInnen, die<br />
meistens primär eine psychiatrische und<br />
sekundär eine Suchterkrankung haben.<br />
Die Aufnahme erfolgt ausnahmslos nach<br />
vorheriger psychiatrischer Untersuchung<br />
durch FachärztInnen unseres Vereins.<br />
Ziel ist die Stabilisierung, die Aufrechterhaltung<br />
der Drogenfreiheit sowie im<br />
idealen Fall die berufliche Reintegration.<br />
Besonders vorteilhaft für dieses Klientel<br />
ist unsere hervorragende Kooperation<br />
mit der Sozialpsychiatrischen Abteilung<br />
des Krankenhauses Neunkirchen. Es ist<br />
selten erforderlich, jedoch besonders<br />
beruhigend, zu wissen, dass im Fall einer<br />
in unserem Setting nicht bewältigbaren<br />
psychiatrischen Krise die nächst gelegene<br />
Fachabteilung prompt bereit ist, die<br />
Behandlung zu übernehmen.<br />
Sehr intensiv gestaltet sich auch unsere<br />
Zusammenarbeit mit den hepatologischen<br />
Abteilungen im Krankenhaus<br />
Lainz bzw. an der Universitätsklinik Graz.<br />
PatientInnen mit chronischer Hepatitis C<br />
erhalten während der Langzeittherapie in<br />
unseren Einrichtungen die vorgesehene<br />
Pharmakotherapie, wobei regelmäßige<br />
Kontrollen in den Fachabteilungen erforderlich<br />
sind. Seit kurzem steht uns auch<br />
die Hepatitis Ambulanz des Krankenhauses<br />
Neunkirchen als Kooperationspartner<br />
zur Verfügung – mit dem großen Vorteil<br />
der geografischen Nähe und der damit<br />
verbundenen geringeren Belastung der<br />
Behandlungsbedürftigen.<br />
Besonders wichtig ist der Erfahrungsaustausch<br />
und die Kommunikation mit<br />
den ÄrztInnen der Umgebung. Während<br />
des regelmäßig stattfindenden „<strong>Grüner</strong><br />
<strong>Kreis</strong> Jour Fixe“ werden vor allem Fragen<br />
administrativer Natur gestellt. Abgesehen<br />
davon, dass jede/r in unserem Team<br />
mehrmals im Jahr suchtspezifische Fortbildungen<br />
besucht, werden des Öfteren<br />
FachexpertInnen eingeladen, um unsere<br />
MitarbeiterInnen über die neuesten<br />
Erkenntnisse bezüglich Hepatitis C, HIV<br />
Erkrankungen und Psychiatrische Störungen<br />
zu informieren. Als letztes möchte<br />
ich meine ausgezeichneten Erfahrungen<br />
mit der „Vor Ort-Information“ von KollegInnen<br />
im Zuge von Exkursionen zu Einrichtungen<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ erwähnen.<br />
Wenn die geografische Entfernung<br />
dies jedoch nicht zulässt, habe ich „round<br />
tables“ an den zuweisenden Abteilungen<br />
als sehr kooperationsfördernd erlebt. Je<br />
besser der fachliche Austausch erfolgt,<br />
umso mehr profitieren unsere PatientInnen<br />
davon, die ja im Mittelpunkt all<br />
unserer Bemühungen stehen.<br />
Text: Dr. med. Leonidas K. Lemonis, ärztlicher<br />
Leiter<br />
Foto: Berith Schistek<br />
Seite 23 <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“