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Eric Voegelins Politische Religionen. Kontexte und Kontinuitäten

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46<br />

Wir haben wiederholt auf Spuren des Weberschen Wissenschaftsverständnis<br />

in der Anlage wie in der Argumentationsführung der <strong>Politische</strong>n<br />

<strong>Religionen</strong> hingewiesen. Spätestens hier wird deutlich, dass<br />

sich das <strong>Voegelins</strong>che Wissenschaftsverständnis in einer Reihe<br />

zentraler Punkte wesentlich von dem Max Webers unterscheidet:<br />

Während dieser von einer Vorstellung von Wirklichkeit ausging, die<br />

durch Sinnlosigkeit <strong>und</strong> dem ewigen Kampf antagonistischer Kräfte<br />

gekennzeichnet ist, weist die Wirklichkeit, wie Voegelin sie wahrnimmt,<br />

klar erkennbare Ordnungsstrukturen auf, die in ihren Stufungen<br />

vom anorganischen Sein bis zu Gott führen. Während die von<br />

Weber betriebene „Wirklichkeitswissenschaft“ ihre höchste Leistung<br />

darin findet, dem handelnden Menschen Klarheit über die „letzte<br />

weltanschauliche Gr<strong>und</strong>positionen“ zu verschaffen, denen sein Handeln<br />

verpflichtet ist <strong>und</strong> über jene anderen, gegen die er verstößt – in<br />

Weberscher Metaphorik: welchem Gott der Einzelne dient <strong>und</strong> welche<br />

anderen er kränkt 54 –, lenkt <strong>Voegelins</strong> Wissenschaft den Blick<br />

auf den transzendenten Gott. Damit hat er sich endgültig vom Weberschen<br />

Ansatz gelöst <strong>und</strong> in jene wissenschaftliche Tradition eingeordnet,<br />

zu deren Repräsentanten Platon, Aristoteles <strong>und</strong> Augustinus<br />

gehören, aber eben auch Jean Bodin, über den er kurz zuvor,<br />

während seines Forschungsaufenthaltes in Paris, umfangreiches<br />

Material gesammelt hatte.<br />

V<br />

Irgendwann im Herbst 1938, vermutlich schon bald nach seiner Ankunft<br />

in den USA, hatte Voegelin ein Exemplar der <strong>Politische</strong>n <strong>Religionen</strong><br />

Thomas Mann geschickt. Über das Motiv lassen sich nur<br />

Vermutungen anstellen. Verschiedene Erklärungen bieten sich an.<br />

Belegt ist, dass sich Voegelin <strong>und</strong> Thomas Mann persönlich kannten.<br />

So verzeichnete Mann in seinem Tagebuch am 12. Juli 1937 „Nachmittags<br />

handschr. Korrespondenz. Besuch von Prof. Voegelin aus<br />

54 Max Weber, Wissenschaft als Beruf, in: Max Weber, Schriften zur<br />

Wissenschaftslehre, hrsg. <strong>und</strong> eingeleitet von Michael Sukale, Stuttgart:<br />

Philip Reclam, 1991, S. 267.

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