07.01.2014 Aufrufe

leseprobe - Hase und Igel Verlag

leseprobe - Hase und Igel Verlag

leseprobe - Hase und Igel Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Viel Aufregung für den kleinen Heuler<br />

Als das Schiff anlegt, kommen zwei Männer<br />

an Bord. Sie arbeiten in der Seeh<strong>und</strong>aufzuchtstation.<br />

Einer heißt Fritz. Er ist der<br />

Oberpfleger. Der andere heißt Thomas <strong>und</strong><br />

ist noch ganz jung. So wie Sabine. Vorsichtig<br />

tragen sie den Weidenkorb mit dem<br />

Heuler.<br />

Sabine erzählt, was auf Juist passiert ist.<br />

„Ich konnte nichts machen. Die haben mich<br />

einfach nicht ernst genommen.“<br />

Fritz nickt. „Die Touristen sind leider oft<br />

uneinsichtig.“<br />

Am Hafen steht ein kleiner, blauer Lastwagen<br />

mit weißer Schrift. Der Korb mit dem<br />

Heuler wird eingeladen. Sabine <strong>und</strong> Jonas<br />

dürfen auch mitfahren. Jonas will unbedingt<br />

dabei sein, wenn der kleine Seeh<strong>und</strong> sein<br />

neues Heim bezieht.<br />

Im Untersuchungsraum der Station wird<br />

der kleine Seeh<strong>und</strong> aus dem Korb gehoben.<br />

Sofort heult er wieder. Es hört sich richtig<br />

verzweifelt an.<br />

Eine Tierärztin setzt den Kleinen auf<br />

einen Untersuchungstisch. „Dann wollen wir<br />

mal schauen.“ Sie tastet den Körper nach<br />

Verletzungen ab. Am Bauch hängt etwas<br />

Komisches. „Das ist der Rest seiner Nabelschnur“,<br />

erklärt sie Jonas. „Zum Glück ist<br />

alles gut verheilt. Manchmal kriegen wir<br />

hier Seeh<strong>und</strong>babys, deren Nabel sich entzündet<br />

hat. Die sind dann so krank, dass<br />

28<br />

29


sie nicht mehr mit ihrer Mutter ins Meer<br />

schwimmen können. Manchmal haben die<br />

Babys auch W<strong>und</strong>en am Bauch, weil die<br />

dummen Leute Glasscherben oder Dosen<br />

am Strand liegen lassen. Die Seeh<strong>und</strong>babys<br />

robben darüber <strong>und</strong> schneiden sich<br />

den Bauch auf. Aber dieser kleine Kerl ist<br />

ganz ges<strong>und</strong>. Er ist etwa zwei Tage alt, also<br />

noch ein richtiges Baby.“<br />

Der kleine Seeh<strong>und</strong> wird gewogen <strong>und</strong><br />

gemessen. „Alles in Ordnung“, sagt die<br />

Tierärztin. „Er hat kein Untergewicht.<br />

Manchmal liegen die Heuler tagelang verlassen<br />

am Strand. Dann sind sie schwach<br />

<strong>und</strong> unterernährt. Aber euer Findelkind hat<br />

ja erst vor ein paar St<strong>und</strong>en seine Mama<br />

verloren.“<br />

Jetzt kommt der Oberpfleger Fritz. Er<br />

streichelt den Seeh<strong>und</strong> <strong>und</strong> flüstert ihm<br />

etwas ins Ohr. Er nimmt den Kleinen auf<br />

seinen Schoß, öffnet mit der linken Hand<br />

das Maul <strong>und</strong> schiebt mit der rechten Hand<br />

einen Gummischlauch hinein. In den<br />

Schlauch kommt etwas Weißes.<br />

„Das ist Milch“, erklärt Fritz.<br />

„Für Fische ist dieser<br />

junge Mann noch zu<br />

klein.“ Er zieht den<br />

Schlauch heraus.<br />

„So. Das war nicht<br />

so schön kuschelig<br />

wie bei deiner Mama.<br />

Aber satt bist du trotzdem<br />

geworden.“<br />

Fritz bringt den kleinen<br />

Heuler ins Seeh<strong>und</strong>becken. Dort schwimmen<br />

schon acht andere Heuler. Zuerst ist Jonas’<br />

Findelkind schüchtern. Er schaut nur zu,<br />

wie die anderen im Wasser toben. Aber dann<br />

lässt er sich vorsichtig ins Wasser gleiten.<br />

Und bald schon kann Jonas gar nicht mehr<br />

erkennen, welcher „sein“ Seeh<strong>und</strong> ist.<br />

„Die sehen ja alle gleich aus!“, beschwert<br />

er sich.<br />

30<br />

31


Fritz lacht. „Guck mal ganz genau hin. Die<br />

Seeh<strong>und</strong>e haben dunkle Flecken im Fell.<br />

Und deiner hat drei schwarze Punkte über<br />

der Nase. Daran kann man ihn ganz leicht<br />

erkennen.“<br />

Wie konnte Jonas das übersehen?<br />

„Er hat Sommersprossen, genau wie ich“,<br />

freut er sich.<br />

Jonas möchte gern bei den Seeh<strong>und</strong>en<br />

sitzen bleiben. Aber Sabine sagt, dass das<br />

nicht erlaubt ist. „Sie sollen so wenig<br />

Menschenkontakt wie möglich haben.<br />

Unsere Heuler sind keine Zootiere, Stöpsel.<br />

Sie werden alle im Herbst ausgewildert.“<br />

Und dann erklärt sie, was auswildern<br />

bedeutet, nämlich dass die Seeh<strong>und</strong>e<br />

wieder in die Nordsee zurückgebracht<br />

werden. „Sie müssen ganz alleine für sich<br />

sorgen können. Und sie müssen wissen,<br />

dass Menschen ihre Feinde sind.“<br />

Jonas schluckt. Er ist zwar ein Mensch,<br />

aber ein Seeh<strong>und</strong>feind ist er nicht.<br />

32<br />

33

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!