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PflegeKolleg<br />
Obstipation<br />
ZERTIFIZIERTE<br />
F O R T B<br />
Teil 1<br />
Wenn die Darmentleerung gestört ist<br />
Pflegeproblem Obstipation<br />
3<br />
Punkte<br />
I L D U N G<br />
Teil 2<br />
Chronische Obstipationen gezielt behandeln<br />
Diagnostik und Therapie<br />
Teil 3<br />
Verstopfung frühzeitig entgegensteuern<br />
Obstipationsprophylaxe<br />
Zertifizierte Fortbildung in Zusammenarbeit mit<br />
© Archiv Gettyimages<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (3)<br />
31
PflegeKolleg<br />
Obstipation<br />
Pflegeproblem Obstipation<br />
Wenn die Darmentleerung gestört ist<br />
Die chronische Obstipation ist nach wie vor ein Tabu thema – auch in<br />
Kliniken und Pflegeeinrichtungen. Dabei ist das Beschwerdebild gerade in<br />
der stationären Altenpflege sehr verbreitet und beeinflusst die Lebensqualität<br />
der Bewohner oft beträchtlich. Wie äußert sich das Krankheitsbild<br />
und welche Ursachen liegen ihm zu Grunde?<br />
75% der<br />
älteren Patienten<br />
erhalten<br />
Abführmittel<br />
zur Stuhlregulierung.<br />
Die Häufigkeit der Darmentleerung kann individuell<br />
deutlich schwanken. Als normal<br />
gelten eine Stuhlgangsfrequenz von bis zu<br />
dreimal täglich und mindestens an jedem dritten Tag.<br />
Bei Menschen mit einer Obstipation erfolgt die<br />
Darmentleerung seltener und wird meist von Defäkationsproblemen<br />
begleitet. Zu harter Stuhl, schmerzhafte,<br />
angestrengte oder nicht vollständige Entleerung<br />
sind zusätzliche Symptome. Im Alltag der Betroffenen<br />
spielen diese Faktoren oft eine erhebliche Rolle.<br />
Eine genauere Spezifizierung von Obstipationsbeschwerden<br />
erlauben die Rom-III-Kriterien (Tab. 1).<br />
Sie berücksichtigen neben objektiven Aspekten (Häufigkeit,<br />
Konsistenz des Stuhlgangs etc.) auch subjektive<br />
Kriterien (Gefühl der inkompletten Entleerung<br />
oder Schmerzen beim Stuhlgang). Daher kommt der<br />
pflegerischen Patientenbeobachtung insbesondere<br />
bei der Betreuung von Patienten, die selbst keine differenzierte<br />
Beurteilung abgeben können, eine besondere<br />
Rolle zu.<br />
Ein Problem – zahlreiche Ursachen<br />
Auch wenn Obstipation ein Generationen überspannendes<br />
Problem ist, nimmt die Häufigkeit mit dem<br />
Alter stark zu. Beeinflussende Faktoren sind unter<br />
anderem Ernährung, Mobilität und Multimorbidität.<br />
Je ausgeprägter der Verlust von Selbstständigkeit ist,<br />
desto häufiger wird Obstipation zu einem manifesten<br />
ANZEICHEN FÜR EINE OBSTIPATION<br />
▶▶Harter und unregelmäßiger Stuhlgang – Völlegefühl und Blähungen<br />
▶▶Schmerzhaft gespannter Bauch<br />
▶▶Gemütsschwankungen<br />
▶▶Rückzug<br />
▶▶Ungeduld, Nörgelei<br />
▶▶Häufige und lange Toilettengänge bzw. Fragen nach der Toilette<br />
Problem. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung<br />
schwanken die allgemeinen Prävalenzdaten zwischen<br />
3 und 28%. Von den über 65-Jährigen leiden – laut<br />
einer Hausärztlichen Leitlinie von 2009 – 24 bis 37%<br />
an einer chronischen Obstipation. Außerdem erhalten<br />
75% der älteren Patienten im Krankenhaus oder<br />
aller Heimbewohner Abführmittel zur Stuhlregulierung.<br />
Die Ursachen von Obstipationen sind vielfältig.<br />
Formal werden primäre und sekundäre Formen der<br />
Obstipation unterschieden. Während bei der sekundären<br />
Obstipation die Ursache bekannt ist, lässt sich<br />
bei der primären Form keine eindeutige Organursache<br />
beschreiben.<br />
Primäre Obstipation<br />
Primäre Obstipationen werden in drei symptomatisch<br />
unterschiedliche Gruppen unterteilt:<br />
▶▶Obstipation mit normaler Kolontransit-Zeit<br />
▶▶Obstipation mit verlangsamter Kolontransit-Zeit<br />
▶▶Beckenbodendysfunktion, anorektale Obstipation<br />
Obstipation mit normaler Kolontransit-Zeit (idiopathische<br />
Obstipation) stellen die häufigste Form der<br />
Obstipation dar. Es besteht ein noch normaler Stuhlgang,<br />
der von den Betroffenen jedoch als nicht ausreichend<br />
wahrgenommen wird.<br />
Obstipationen mit verlangsamter Kolontransit-Zeit<br />
sind gekennzeichnet durch eine verlangsamte Dickdarmpassage<br />
und eine zusätzliche Verhärtung des<br />
Stuhls. In der Regel liegt eine Motilitätsstörung des<br />
Colons vor.<br />
Bei der Beckenbodendysfunktion und anorektalen<br />
Obstipation besteht das Kernproblem in einer Störung<br />
der kompletten Rektumentleerung. Das Rektum<br />
dient als abschließende Sammelstelle des Fäzes. Von<br />
hier wird geformter Stuhl portioniert ausgeschieden.<br />
Störungen der geregelten Muskelkontraktion führen<br />
zu einer unvollständigen Entleerung des Rektums.<br />
© ag visuell/fotolia.com<br />
DOI: 10.1007/s00058-012-0362-8<br />
32<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (3)
KEYWORDS<br />
Darmentleerung<br />
Obstipation<br />
Koprostase<br />
paradoxe<br />
Diarrhoe<br />
Darmmotilität<br />
Laxanzien<br />
URSACHEN EINER SEKUNDÄREN OBSTIPATION<br />
Mechanische Hindernisse<br />
▶▶Kolonkarzinom<br />
▶▶Kompression von außen<br />
▶▶Verwachsungen<br />
▶▶Entzündungen<br />
▶▶Analfissur<br />
▶▶Analstenose<br />
Stoffwechsel<br />
▶▶Diabetes mellitus<br />
▶▶Erkrankungen der Schilddrüse<br />
▶▶Erkrankungen der Nebenschilddrüse<br />
▶▶Elektrolytstörungen<br />
▶▶Schwere Niereninsuffizienz<br />
Neurologische Erkrankungen<br />
▶▶Parkinson-Syndrom<br />
▶▶Schlaganfall<br />
▶▶Multiple Sklerose<br />
▶▶Traumatische Rückenmarksverletzung<br />
▶▶Sonstige<br />
▶▶Chronische Herzerkrankungen<br />
▶▶Demenz<br />
▶▶Depression<br />
▶▶Immobilisierung<br />
Medikamenten-Nebenwirkungen<br />
▶▶Analgetika<br />
▶▶Antidepressiva<br />
▶▶Anticholinergika<br />
▶▶Antihistaminika<br />
▶▶Diuretika<br />
▶▶Beta-Blocker<br />
▶▶Opiate<br />
▶▶Sedativa<br />
▶▶Spasmolytika<br />
▶▶Kalziumantagonisten<br />
▶▶Eisentherapie<br />
Sonstige<br />
▶▶Chronische Herzerkrankungen<br />
▶▶Demenz<br />
▶▶Depression<br />
▶▶Immobilisierung<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (3)<br />
33
PflegeKolleg<br />
Obstipation<br />
TAB. 1 WANN LIEGT EINE OBSTIPATION VOR?<br />
Eine Obstipation liegt vor, wenn während mindestens drei Monaten im<br />
vorausgegangenen Halbjahr wenigstens zwei der folgenden Kriterien in<br />
mehr als 25% der Zeit erfüllt waren:<br />
▶▶Starkes Pressen beim Stuhlgang<br />
▶▶Klumpiger oder harter Stuhl<br />
▶▶Gefühl der inkompletten Entleerung<br />
▶▶Gefühl der anorektalen Obstruktion/Blockierung<br />
▶▶Manuelle Manöver zur Erleichterung der Defäkation<br />
▶▶Weniger als drei Entleerungen pro Woche<br />
▶▶Kein weicher Stuhlgang ohne Laxantien<br />
▶▶Kein Reizdarmsyndrom<br />
Einteilung gemäß Rom III-Kriterien (mod. nach Longstreth)<br />
Literatur<br />
1. Belsey, J. Systematic<br />
review: impact of<br />
constipation on<br />
qualitiy of life in adults<br />
and children. Aliment<br />
Pharmacol Ther 2010:<br />
938-949<br />
2. Füsgen, I. Der ältere<br />
Patient: Problemorientierte<br />
Diagnostik und<br />
Therapie. Urban &<br />
Fischer Verlag,<br />
München, 2000<br />
3. Leitliniengruppe<br />
Hessen. Hausärztliche<br />
Leitlinien. Deutscher<br />
Ärzteverlag, Köln, 2009<br />
4. Longstreth, GF.<br />
Functional bowel<br />
disorders. Gastroenterology<br />
2006, 130<br />
(5): 273-279<br />
5. Primrose, WR.<br />
Prescribing patterns<br />
observed in registered<br />
nursing homes and<br />
long-stay geriatric<br />
wards. Age Ageing<br />
16.1.1987: 25-28<br />
6. Whitehead, WE.<br />
Report of an<br />
international<br />
workshop on<br />
management of<br />
constipation.<br />
Int J Gastroenterol<br />
1991; 4: 99-113<br />
Sekundäre Obstipationen<br />
Sekundäre Formen der Obstipation können durch<br />
eine Vielzahl von Krankheitsbildern verursacht werden<br />
(siehe Kasten) oder sie sind – besonders häufig<br />
– durch Nebenwirkungen von Medikamenten bedingt.<br />
Welchen Stellenwert hat Obstipation in der<br />
Praxis?<br />
Für die Betroffenen hat eine chronische Obstipation<br />
einen hohen Einfluss auf die Lebensqualität. Doch<br />
welchen Stellenwert nimmt das Beschwerdebild im<br />
Klinik- und Heimalltag ein? An einer bundesweiten<br />
Umfrage bezüglich der Prävalenz von Obstipationen<br />
und der damit verbundenen Probleme beteiligten<br />
sich 221 Pflegeheime. Nach Aussagen der Pflegedienstleiter<br />
leiden 36% der Bewohner an einer Obstipation.<br />
93% der Betroffenen erhalten Abführmittel<br />
und bei einem Viertel der Bewohner besteht neben<br />
der Obstipation auch eine gelegentliche Stuhlinkontinenz.<br />
Diese Angaben offenbaren deutliche Unterschiede<br />
zwischen den Einschätzungen von Pflegenden<br />
und der Einschätzung von Hausärzten. Knapp ein<br />
Viertel der Befragten sieht in der Koprostase ein vielschichtiges<br />
Problem, ein anderes Drittel sieht hierin<br />
eher die Ausnahme, als die Regel.<br />
Koprostase – mögliche Folge einer<br />
Obstipation<br />
Wird der in die Rektumampulle gelangte normale<br />
Stuhl nicht zeitgerecht entleert, kommt es aufgrund<br />
der längeren Verweildauer zu einer massiven Eindickung<br />
auch des nachfolgenden Stuhles und einer<br />
Größenzunahme des Stuhlbolus. Dieser kann rein<br />
mechanisch nicht mehr spontan entleert werden.<br />
Oberhalb der Passagestörung wird Stuhl verflüssigt<br />
und in geringen Mengen durchfallartig ausgeschieden<br />
(paradoxe Diarrhoe). Begleitende abdominelle Beschwerden<br />
sind oft mehrdeutig und geben Anlass zu<br />
Fehldiagnosen. Die Funktionsstörung lässt sich mittels<br />
digitaler rektaler Untersuchung bestätigen und<br />
kann bei frühzeitiger Diagnose durch moderne Laxanzien<br />
beherrscht werden. Doch eine nicht erkannte<br />
Koprostase führt insbesondere bei älteren Patienten<br />
zu einem bedrohlichen Krankheitsbild.<br />
Wenn die Betroffenen bei einer Koprostase noch<br />
selbst in der Lage sind, zum Beispiel mittels Medikamenten<br />
Abhilfe zu schaffen, finden sich in dieser<br />
Selbstmedikation am häufigsten Bisacodyl und Natriumpicosulfat.<br />
Wenn die Behandlungsmaßnahmen<br />
durch Ärzte verordnet werden, geschieht dies am<br />
häufigsten durch Laktulose oder Macrogol 3350 plus<br />
Elektrolyte. Wichtig sind in diesem Zusammenhang<br />
natürlich auch die nicht-medikamentösen Maßnahmen<br />
zur Vermeidung einer Koprostase.<br />
Letztlich bedeuten alle therapeutischen Maßnahmen,<br />
von Ernährungsumstellung über das Bereiten<br />
spezieller Getränke, Kolonmassagen, Einläufen oder<br />
anderem eine erhebliche zeitliche Belastung für das<br />
Pflegepersonal. Neben den zum Teil starken Beschwerden<br />
der Patienten unterstreicht dies den Bedarf<br />
am frühzeitigen Erkennen des Problems und an der<br />
Umsetzung von prophylaktischen Maßnahmen.<br />
Dr. med. Dag Schütz<br />
FA ZIT FÜR DIE PFLEGE<br />
▶▶Chronische Obstipationen nehmen mit dem Alter<br />
stark zu. Beeinflussende Faktoren sind u.a. Ernährungsgewohnheiten,<br />
Mobilität und Multimorbidität.<br />
Je ausgeprägter der Verlust an Selbstständigkeit<br />
ist, desto häufiger wird das Beschwerdebild.<br />
▶▶Formal unterscheidet man primäre und sekundäre<br />
Obstipationen. Bei der primären Form lassen<br />
sich keine eindeutigen Organursachen finden.<br />
Häufigster Auslöser von sekundären Obstipationen<br />
sind chronische Krankheiten oder Medikamentennebenwirkungen.<br />
▶▶Wird der in die Rektumampulle gelangte Stuhl<br />
nicht zeitgerecht entleert, kann es zur Koprostase<br />
kommen. Diese kann bei alten Menschen zu<br />
einem bedrohlichen Krankheitsbild führen.<br />
34<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (3)
Diagnostik und Therapie<br />
Chronische▶Obstipationen▶<br />
gezielt▶behandeln▶<br />
Die▶chronische▶Obstipation▶ist▶nach▶wie▶vor▶ein▶Tabu▶thema▶–▶auch▶in▶Kliniken▶und▶<br />
Pflegeeinrichtungen.▶Dabei▶ist▶das▶Beschwerdebild▶gerade▶in▶der▶stationären▶Altenpflege▶<br />
sehr▶verbreitet▶und▶beeinflusst▶die▶Lebens▶qualität▶der▶Bewohner▶oft▶beträchtlich.▶<br />
Wie▶äußert▶sich▶das▶Krankheitsbild▶und▶welche▶Ursachen▶liegen▶ihm▶zu▶Grunde?▶<br />
Die hausärztliche Betreuung von Bewohnern<br />
mit chronischen Obstipationen umfasst verschiedene<br />
Basismaßnahmen. Aufgabe der<br />
Pflege ist es, den Arzt frühzeitig zu informieren, damit<br />
den Beschwerden zeitnah nachgegangen werden<br />
kann. Die wichtigste Grundlage für die ärztliche Diagnostik<br />
ist eine gründliche Anamnese, bei der im<br />
ersten Schritt gezielt Kriterien für das Vorhandensein<br />
einer Obstipation erfragt werden. Im nächsten Schritt<br />
werden häufige sekundäre Ursachen für eine Obstipation<br />
ausgeschlossen. Besonders wenn die Beschwerden<br />
im Alter neu auftreten, liegen oft sekundäre<br />
Formen der Obstipation vor.<br />
Diagnostisches Vorgehen<br />
Die klinische Untersuchung umfasst den Bauch und<br />
die Analregion. Narben auf dem Bauch weisen auf<br />
mögliche Verwachsungen oder andere mechanische<br />
KEYWORDS<br />
Laxanzien<br />
Obstipation<br />
Defäkation<br />
manuelle<br />
Ausräumung<br />
©▶foto▶ARts/fotolia.com<br />
DOI:▶10.1007/s00058-012-0363-7<br />
<strong>Heilberufe</strong>▶/▶Das▶Pfl▶egemagazin<br />
2012;▶64▶(3)<br />
37
PflegeKolleg<br />
Obstipation<br />
Grundsätzlich<br />
sollte immer<br />
eine digital<br />
rektale Untersuchung<br />
durchgeführt<br />
werden.<br />
Behinderungen hin. Tastbare oder druckschmerzhafte<br />
Veränderungen sollten Anlass geben, weitere<br />
Untersuchungen durchzuführen. Grundsätzlich sollte<br />
immer eine digital rektale Untersuchung durchgeführt<br />
werden. Hieraus ergeben sich Informationen<br />
über eine Stuhlimpaktierung, aber auch so manches<br />
Rektumkarzinom wird über diesen Weg beiläufig<br />
diagnostiziert. Darüber hinaus ergeben sich Informationen<br />
über den Schließmuskelapparat. Ein Basislabor,<br />
bestehend aus Blutbild, Elektrolyten, CRP,<br />
Blutzucker und basalem TSH, gibt Hinweise auf mögliche<br />
Sekundärformen.<br />
Findet sich im ersten Schritt keine eindeutige Ursache,<br />
sollte zunächst eine Obstipationsbehandlung<br />
durchgeführt werden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt<br />
sollte, sofern dem Patienten zumutbar, eine Koloskopie<br />
zum Ausschluss eines Karzinoms durchgeführt<br />
werden. Eine Dickdarmspiegelung ohne gezielte Gewebeentnahme<br />
hat eher therapeutischen Charakter.<br />
Die diagnostische Bedeutung ist besonders im Alter<br />
eher gering. Dafür gibt es neben Karzinomen, Strikturen<br />
oder einer Analstenose zu viele andere sekundäre<br />
Obstipationsursachen.<br />
Wird nach einer primären Obstipationsursache<br />
gefahndet, muss die Kolontransit-Zeit zur Unterscheidung<br />
einer Obstipation mit normaler oder verlangsamter<br />
Passagedauer herangezogen werden. Diese<br />
wird mit röntgendichten Markern oder mittels Szintigraphie<br />
bestimmt. Die übliche Transitzeit kann bis<br />
zu 72 Stunden betragen. Die Differenzierung von<br />
Beckenbodendysfunktionen erfolgt mittels Proktoskopie.<br />
Zusätzlich kann eine Schließmuskelmanometrie<br />
und eine Defäkographie druchgeführt werden.<br />
Therapie – Möglichkeiten und<br />
Besonderheiten<br />
Die beste Behandlung – insbesondere der sekundären<br />
Obstipationsformen – ist das Abstellen der Ursachen.<br />
Eine kausale Therapie ist aber nicht immer<br />
ALLGEMEINE THERAPIE-MASSNAHMEN<br />
▶▶Aufklärung über „normale“ Stuhlfrequenz<br />
▶▶Regelmäßiger Toilettengang (bevorzugt nach dem<br />
Frühstück)<br />
▶▶Nüchtern ein Glas Wasser trinken<br />
▶▶Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (> 1,5,l)<br />
▶▶Faserreiche Kost (25–30 g)<br />
▶▶Vermeiden von obstipierenden Nahrungsmitteln<br />
▶▶Körperliche Aktivität (mindestens 15–20 min)<br />
empfohlen<br />
ungesichert<br />
ungesichert<br />
ungesichert<br />
empfohlen<br />
empfohlen<br />
ungesichert<br />
Quelle: Krammer H, Schlieger F, Singer MV: Therapieoptionen der chronischen<br />
Obstipation, Springer 2005<br />
möglich. Das gilt insbesondere dann, wenn Medikamente<br />
die Beschwerden hervorrufen, die für den<br />
Patienten nicht ohne weiteres verzichtbar sind. Zur<br />
symptomatischen Behandlung der Obstipation stehen<br />
jedoch eine Vielzahl an Abführmitteln (Laxanzien)<br />
zur Verfügung. Diese Mittel erhöhen in der Regel das<br />
Volumen im Darmlumen. Dadurch steigt der Druck<br />
auf die Darmwände und es werden peristaltische<br />
Wellenbewegungen ausgelöst.<br />
Quellstoffe wirken im Darm<br />
Quellstoffe entfalten ihre Wirkung unmittelbar im<br />
Darm. Ihre Grundsubstanz sind nicht verdaubare<br />
Polysaccharide, die im Verlauf der Darmpassage aufquellen.<br />
Dadurch kommt es zu einer Zunahme des<br />
Stuhlvolumens. Typische Quellmittel sind Inhaltsstoffe<br />
des Indischen Flohsamens, Leinsamens und<br />
von Weizenkleie. Der Einsatz setzt eine intakte Darmmotilität<br />
voraus. Auch wenn ihre Wirksamkeit deutlich<br />
geringer ist als bei stimulierenden Substanzen,<br />
ist ihre Langzeitverträglichkeit dafür sehr gut.<br />
Stimulanzien/Antiresorptiv und<br />
hydragog wirkende Abführmittel<br />
Diese Wirkstoffgruppe ist inhomogen und umfasst<br />
unterschiedliche Wirkmechanismen. Während einige<br />
Substanzen die Flüssigkeitsabsorption im Dickdarm<br />
hemmen, verstärken andere die Flüssigkeitssekretion<br />
in das Darmlumen.<br />
Anthranoide<br />
Zu dieser Gruppe gehört Senna, eines der ältesten<br />
Abführmittel. Der Wirkstoff führt zu einer aktiven<br />
Sekretion von Elektrolyten in das Darmlumen und<br />
hemmt gleichzeitig die Rückresorption, so dass die<br />
Flüssigkeit im Darmlumen zunimmt. Die Wirkung<br />
erfolgt nach etwa acht Stunden. Daher sollte die Einnahme<br />
vor dem Schlafengehen erfolgen. Beachtet<br />
werden müssen die medikamentösen Interaktionen.<br />
Es besteht die Gefahr eines Kaliumverlustes über den<br />
Darm. In Kombination mit der Dauereinnahme von<br />
Diuretika kann es so zu einem Kaliummangel kommen,<br />
der wiederum die Nebenwirkungen von Medikamenten<br />
wie beispielsweise Digitalis verstärkt.<br />
Diphenolische Laxanzien<br />
Zu dieser Gruppe gehört zum einen Bisacodyl, das<br />
einen komplexen Weg durch den Organismus nimmt.<br />
Durch bakteriellen Abbau entsteht im Dickdarm die<br />
eigentliche Wirksubstanz Diphenol. Diese sorgt ebenfalls<br />
dafür, dass sich Wasser und Elektrolyte im Darmlumen<br />
sammeln. Die Wirkung tritt bei oraler Verabreichung<br />
nach etwa sechs bis zwölf Stunden, nach<br />
Zäpfchengabe bereits nach 30–60 Minuten ein. Entscheidend<br />
für eine effektive Funktion ist ein intakter<br />
Leberstoffwechsel, ein intakter Galleabfluss und eine<br />
adäquate bakterielle Dickdarmbesiedlung. Auch bei<br />
38<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (3)
PflegeKolleg<br />
Obstipation<br />
Literatur<br />
1. Lembo, A. Chronic<br />
constipation. NEJM<br />
349 (14). Oct 2 2003:<br />
1360-1368.<br />
2. Locke, GR. AGA<br />
technical review on<br />
constipation.<br />
Gastroenterology,<br />
119 (6). Dec 2000:<br />
1766-1778.<br />
3. Möllenbrink, M.<br />
Behandlung der<br />
chronischen<br />
Obstipation mit<br />
physiologischen<br />
Escherichia<br />
coli-Bakterien. Med<br />
Klin 89 1994: 587-593.<br />
4. Schulze, J.<br />
Obstipation und<br />
Darmflora. Z Ärztl<br />
Fortb Jena 86 1992:<br />
121-126.<br />
5. Ziegenhagen, D.J.,<br />
und W. Kruis.<br />
Obstipation und<br />
Diarrhö. Berlin:<br />
Springer, 2001.<br />
Die Vielzahl der heute<br />
zur Verfügung stehenden<br />
Laxanzien ermöglicht<br />
für jeden Patienten<br />
eine passende Therapie.<br />
den diphenolischen Laxanzien kann ein Kaliummangel<br />
entstehen.<br />
Natriumpicosulfat gehört ebenfalls zu den diphenolischen<br />
Laxanzien. Im Kolon wird die Substanz durch<br />
Bakterien in den aktiven Wirkstoff Diphenol gespalten.<br />
Die Leberpassage ist hier bedeutungslos.<br />
Wirkungseintritt, Wirkung, Nebenwirkung und Interaktionen<br />
sind dem Bisacodyl vergleichbar.<br />
Osmotisch wirkende Laxanzien (Osmotika)<br />
Diese Stoffe bewirken im Darm einen erhöhten osmotischen<br />
Druck. Sie werden während der Darmpassage<br />
nur geringfügig oder gar nicht resorbiert. Aufgrund<br />
ihrer osmotischen Aktivität wird Flüssigkeit<br />
gebunden und kann somit nicht aus dem Darmlumen<br />
resorbiert werden. Dieser Effekt ist dosisabhängig: Je<br />
mehr osmotisch wirksame Substanz eingenommen<br />
wird, umso höher ist der Wasseranteil des Stuhls.<br />
Unterschieden werden salinische Abführmittel und<br />
nichtsalinische Abführmittel.<br />
Zu den salinischen Laxanzien zählen beispielsweise<br />
Glaubersalz, Bittersalz oder Karlsbader Salz. Ihre<br />
Wirkung tritt innerhalb von 24 Stunden ein. Die dauerhafte<br />
Einnahme bei chronischer Obstipation kann<br />
aufgrund der hohen Elektrolytkonzentration (insbesondere<br />
Magnesium) zu Komplikationen führen.<br />
Bluthochdruck, Herzinsuffizienz und Niereninsuffizienz<br />
stellen ebenfalls aktive Kontraindikation dar.<br />
Bei den nichtsalinischen Osmotika handelt es sich<br />
um schlecht resorbierbare Zucker,<br />
Zucker alkohole oder Makrogole<br />
(Poly ethylenglycole)<br />
mit sehr hohem Molekulargewicht.<br />
Der Zucker Lactulose<br />
beispielsweise kann durch<br />
menschliche Enzyme nicht gespalten<br />
werden. Positiver Nebeneffekt<br />
ist, dass auch überschüssiges<br />
Ammoniak im Darm gebunden<br />
wird. Daher wird Lactulose<br />
auch bei schweren Leberfunktionsstörungen<br />
gegeben. Bei bakterieller<br />
Fehlbesiedlung beklagen<br />
Patienten häufig eine verstärkte<br />
Darmgasbildung. Lactulose ist sehr<br />
gut zur Dauerbehandlung bei chronischer<br />
Obstipation geeignet.<br />
Polyethylenglycole, wie Makrogol<br />
3350, halten ebenfalls die Flüssigkeit<br />
im Darm-lumen. Der gesamte Flüssigkeitsanteil ist<br />
abhängig von der Einnahmemenge. Die Wirkung<br />
setzt nach ein bis zwei Tagen ein. Polyethylenglycole<br />
werden weder resorbiert noch verstoffwechselt. Eine<br />
Organbelastung durch erhöhte Elektrolytkonzentrationen<br />
wie bei den salinischen Mitteln kommt nicht<br />
vor. Die nichtsalinischen Osmotika stellen die bestverträglichen<br />
Abführmittel dar.<br />
Andere Substanzgruppen<br />
Des weiteren werden zum Beispiel Abführmittel wie<br />
Natriumhydrogencarbonat eingesetzt. Sie führen zu<br />
einer Gasentwicklung im Darm, bei der im Enddarm<br />
ein Dehnungsreiz auf die Darmwand und als Folge<br />
davon der Reflex zur Darmentleerung entsteht.<br />
Eine gesunde Darmflora ist entscheidend für eine<br />
funktionierende Verdauung. Die Einnahme von Bakterienstämmen<br />
in medikamentöser Form oder als<br />
Nahrungsergänzung kann eine sinnvolle Unterstützungsmaßnahme<br />
darstellen. Nach dauerhafter Einnahme<br />
über acht Wochen oder länger konnte gezeigt<br />
werden, dass sich die Stuhlfrequenz deutlich erhöht.<br />
Natürlich ist eine ausgewogene Ernährung ein<br />
wesentlicher Bestandteil der nichtmedikamentösen<br />
Therapie bei Obstipation. Genauer betrachtet handelt<br />
es sich auch bei den erweiterten Ernährungsaspekten<br />
um den Effekt von Quellstoffen.<br />
Manuelle Ausräumung<br />
Besteht bereits eine ausgedehnte schwere Obstipation<br />
mit Stuhlimpaktierung oder Kotsteinbildung oder ist<br />
der Patient aufgrund seines Allgemeinzustandes nicht<br />
in der Lage, die Bauchpresse verstärkt einzusetzen,<br />
können aktive Maßnahmen in Form von Hebe-Senk-<br />
Einläufen oder Klistieren notwendig werden. Im<br />
Extremfall muss eine manuelle Ausräumung erfolgen.<br />
Diese Maßnahme birgt nicht nur die hohe Gefahr<br />
von Verletzungen des Rektums und der Darmschleimhaut,<br />
sondern ist für die Betroffenen auch<br />
äußerst schmerzhaft. Daher sollte sie immer die letzte<br />
Behandlungsmöglichkeit darstellen.<br />
Dr. med. Dag Schütz<br />
FA ZIT FÜR DIE PFLEGE<br />
▶▶Pflegekräfte sollten frühzeitig einen Arzt hinzuziehen,<br />
wenn ein Patient unter chronischen Verstopfungen<br />
leidet. So kann den Beschwerden zeitnah<br />
nachgegangen werden.<br />
▶▶Die meisten Laxanzien erhöhen das Volumen im<br />
Darmlumen. Der erhöhte Druck auf die Darmwand<br />
löst dann peristaltische Wellenbewegungen<br />
aus.<br />
▶▶Aktive Maßnahmen wie Hebe-Senk-Einläufe oder<br />
Klistiere können bei ausgedehnten schweren Obstipationen<br />
(Kotsteinen) zum Einsatz kommen,<br />
oder wenn Patienten nicht in der Lage sind zu<br />
pressen.<br />
▶▶Die manuelle Ausräumung stellt immer die letzte<br />
Behandlungsmöglichkeit dar.<br />
© Carmen Stiner/fotolia.com<br />
40<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin
PflegeKolleg<br />
Obstipation<br />
Obstipationsprophylaxe<br />
Verstopfung frühzeitig<br />
entgegensteuern<br />
Eine aufmerksame Patientenbeobachtung ist der erste Schritt, um schweren Obstipationen<br />
vorzubeugen. Vor allem bei pflegebedürftigen Senioren gilt es, Warnsignale frühzeitig<br />
zu erkennen und alle pflegerischen Möglichkeiten der Prophylaxe auszuschöpfen.<br />
Der Stuhlgang unterliegt einer Vielzahl von<br />
beeinflussenden Faktoren. Im Rahmen einer<br />
stationären Behandlung, aber auch in Folge<br />
des Umzugs in ein Pflegeheim, verändern sich Umstände.<br />
In solchen Situationen ist der Patient oder<br />
Bewohner auf professionelle Unterstützung angewiesen.<br />
Vor allem bei hilfsbedürftigen Patienten tragen<br />
Pflegekräfte eine besondere Verantwortung bezüglich<br />
der Früherkennung und Behandlung von Darmentleerungsstörungen,<br />
aber auch bei der Durchführung<br />
von Prophylaxen. Der routinierte Umgang mit Obstipationen<br />
erfordert gutes Einfühlungsvermögen:<br />
Wo fängt der Patient an, mit dem Stuhlgang ein Problem<br />
zu haben und was teilt er diesbezüglich mit?<br />
Darüber hinaus sollten Pflegende mehr als nur Basiskenntnisse<br />
bezüglich der Prophylaxe und möglicher<br />
Behandlungsmaßnahmen besitzen. Die Vorbeugung<br />
einer schweren Obstipation wird besonders<br />
dann zur Herausforderung, wenn Patienten nicht in<br />
der Lage sind, entsprechende Prophylaxen selbstständig<br />
durchzuführen oder ihre Beschwerden adäquat<br />
zu äußern.<br />
KEYWORDS<br />
Ernährung<br />
Ballaststoffe<br />
Obstipationsprophylaxe<br />
Wichtig! Gute Patientenbeobachtung<br />
Für ein effektives Obstipationsmanagement ist eine<br />
Basisdokumentation unabdingbar. Hieraus sollte<br />
hervorgehen, wann Stuhlgang erfolgte, wenn möglich<br />
in welcher Konsistenz und ob hierzu besondere Hilfsmaßnahmen<br />
erforderlich waren. Wichtig ist auch, ob<br />
der Stuhlgang mit Beschwerden einherging.<br />
© Thinkstock<br />
DOI: 10.1007/s00058-012-0364-6<br />
AUF DIE FLÜSSIGKEITSZUFUHR ACHTEN<br />
Zur Obstipationsprophylaxe sollte auch bei Senioren eine moderate<br />
Trinkmenge von 1,5 l pro Tag gewährleistet sein. Eine übermäßige Flüssigkeitsaufnahme<br />
kann bei bestehender Multimorbidität im Alter jedoch<br />
auch schaden.<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (3)<br />
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PflegeKolleg<br />
Obstipation<br />
BEDEUTUNG VON<br />
BALLASTSTOFFEN<br />
Bei den Ballaststoffen handelt es sich um weitgehend<br />
unverdauliche Nahrungsbestandteile,<br />
wie Zellulose, die überwiegend in pflanzlichen<br />
Lebensmitteln vorkommen und ihre Wirkung<br />
unmittelbar im Darm entfalten. Dabei unterscheidet<br />
man zwischen so genannten Füllmitteln<br />
und Quellmitteln. Im Rahmen einer ausgewogenen<br />
Ernährung sollte die Zufuhr von 30 g<br />
Ballaststoffen am Tag gewährleistet werden.<br />
Eine ballaststoffreiche Ernährung ist jedoch<br />
keine Garantie gegen das Auftreten von Obstipationsbeschwerden.<br />
Wo fängt der<br />
Patient an,<br />
Probleme mit<br />
dem Stuhlgang<br />
zu haben und<br />
was teilt er<br />
diesbezüglich<br />
mit?<br />
▶▶Neu aufgetretene Obstipation?<br />
Die Patientenbeobachtung kann auch standardisiert<br />
durchgeführt werden. Wenn Hinweise auf eine<br />
Obstipationsproblematik vorliegen, haben sich gerade<br />
bei neuen Patienten Checklisten bewährt (siehe<br />
Kasten).<br />
Prophylaktische Maßnahmen<br />
Es gibt eine Reihe geeigneter Maßnahmen, um der<br />
chronischen Obstipation vorzubeugen. Diese können<br />
jedoch auch Grundlage einer späteren Therapie sein.<br />
Ernährung<br />
Basis aller ernährungsbezogenen Obstipationsprophylaxen<br />
ist eine ausgewogene Ernährung. Sie sollte<br />
CHECKLISTE OBSTIPATION<br />
▶▶Veränderung des Beschwerdebildes bei chronischer Obstipation?<br />
▶▶Paradoxe Diarrhoe?<br />
▶▶Gewichtsabnahme?<br />
▶▶Fieber?<br />
▶▶Starkes nächtliches Schwitzen?<br />
▶▶Blut im Stuhl?<br />
▶▶Bauchschmerzen/Schmerzhaftigkeit/Tastbare abdominelle Resistenz?<br />
▶▶Veränderung der Medikamente<br />
(z.B. Analgetika, Psychopharmaka, Diuretika)?<br />
in einem strukturierten Tagesablauf regelmäßig erfolgen.<br />
Auch hier gilt die allgemeine Empfehlung:<br />
„Kleinere Mahlzeiten und Zwischenmahlzeiten verbessern<br />
die Verdauungssituation“. Im Rahmen einer<br />
ausgewogenen Ernährung sollte die Zufuhr von mindestens<br />
30 g Ballaststoffen am Tag – sowohl bei regulärer<br />
Nahrungsaufnahme als auch bei einer Sondenernährung<br />
– gewährleistet werden. Eine ballaststoffreiche<br />
Ernährung ist jedoch keine Garantie gegen<br />
das Auftreten von Obstipationsbeschwerden. Die im<br />
Pflegealltag verwendeten Sondennahrungen sind<br />
bereits mit ausreichenden Mengen an Ballaststoffen<br />
versetzt. Eine weitergehende Erhöhung der Zufuhr<br />
bringt keine zusätzliche Verbesserung der Symptomatik,<br />
da sie nicht zu einer Flüssigkeitsvermehrung<br />
im Darmlumen führt.<br />
Bei leichtgradigen Obstipationsbeschwerden lassen<br />
sich bereits mit der Ernährungsumstellung auf Vollkornprodukte,<br />
Obst und Gemüse Erfolge verzeichnen.<br />
Die Ernährung kann darüber hinaus durch Leinsamen<br />
oder Kleieprodukte ergänzt werden. Auch Milchprodukte<br />
(Kefir, Joghurt, etc.) und Fruchtsäfte ergänzen<br />
die Möglichkeiten.<br />
Neben der Ernährung ist auch die Flüssigkeitszufuhr<br />
von großer Bedeutung. Allerdings gilt: Auch<br />
wenn eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme eine Obstipation<br />
verstärkt, ist eine übermäßige Flüssigkeitszunahme<br />
kein Garant, zur Vermeidung von Obstipationen.<br />
Insbesondere bei häufig bestehender Multimorbidität<br />
im Alter kann eine übermäßige Flüssigkeitsaufnahme<br />
sogar schädlich sein. Eine moderate<br />
Trinkmenge von 1,5 l pro Tag sollte jedoch immer<br />
gewährleistet sein.<br />
© HLPhoto/fotolia.com<br />
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<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (3)
Tipp: Der gastrokolische Reflex zur kurzfristigen<br />
Verstärkung des Stuhldrangs<br />
kann beispielsweise schon durch ein Glas<br />
warmes Wasser ausgelöst werden.<br />
Bewegung<br />
Obstipation ist nicht ausschließlich auf<br />
den Mangel an körperlicher Betätigung<br />
zurückzuführen (auch Spitzensportler<br />
können obstipiert sein). Zweifelsohne<br />
verbessert allgemeine Bewegung leichtgradig<br />
die Darmperistaltik. Auf der anderen<br />
Seite kann eine medikamentös<br />
bedingte Verlangsamung der Peristaltik,<br />
z.B. durch Opioide, oder eine diabetische<br />
Gastropathie hierdurch nicht wesentlich<br />
beeinflusst werden. Dennoch stellt moderate<br />
Bewegung einen unterstützenden<br />
Aspekt dar und ist daher zu empfehlen.<br />
Bei bettlägerigen Patienten oder Patienten<br />
mit einer Querschnittssymptomatik<br />
bewährt sich auch eine Kolonmassage zur<br />
Anregung der Darmmotilität. Diese wird<br />
in Rückenlage im Sinne eines Kolonausstreichens<br />
durchgeführt. Zeit und Ruhe<br />
spielen eine wichtige Rolle. Die Massage<br />
sollte mindestens zehn Minuten dauern.<br />
nicht in Frage gestellt, sondern bedarfsgerecht<br />
durchgeführt werden. Doch insbesondere<br />
bei Frauen findet sich gelegentlich<br />
das Phänomen einer langjährigen<br />
Laxanzieneinnahme oft über viele Jahrzehnte.<br />
In aller Regel haben diese Patienten<br />
umfangreiche persönliche Erfahrungen<br />
mit nahezu allen frei verkäuflichen<br />
Mitteln. Oft besteht eine psychische<br />
Überlagerung und eine pathologische, fast<br />
zwanghafte Fixierung auf regelmäßigen<br />
Stuhlgang. Aus therapeutischer Sicht ist<br />
hier ein hohes Einfühlvermögen vonnöten.<br />
Ängste und Wünsche der Patienten<br />
sollten besondere Berücksichtigung finden.<br />
Das Patientenvertrauen muss hier<br />
zunächst mühsam gewonnen werden. Um<br />
der Gesamtsituation gerecht zu werden<br />
kann eine umfangreiche Biografiearbeit<br />
notwendig sein. Eine erfolgreiche Prophylaxe<br />
in diesem Zusammenhang stellt bereits<br />
die Verhinderung einer wahllosen<br />
Selbstmedikation dar. Da es sich bei den<br />
meisten Laxanzien jedoch um frei verkäufliche<br />
Präparate handelt, ist dies nur<br />
mit dem Patienten möglich. Eine Bevormundung<br />
führt zum gegenteiligen Effekt.<br />
Langjähriger Laxanziengebrauch<br />
Der regelmäßige Einsatz moderner Laxanzien<br />
bei chronischer Obstipation sollte<br />
FA ZIT FÜR DIE PFLEGE<br />
▶▶Die in Folge des Umzugs in ein Pflegeheim veränderten Lebensumstände beeinflussen<br />
auch den Stuhlgang und können so Verstopfung begünstigen.<br />
▶▶Bei hilfsbedürftigen Patienten tragen Pflegekräfte eine besondere Verantwortung<br />
für die Früherkennung und Behandlung von Darmentleerungsstörungen sowie die<br />
Durchführung von Prophylaxen.<br />
▶▶Eine gute Patientenbeobachtung ist die Basis für die Früherkennung von Obstipationen<br />
bei Patienten, die sich nicht adäquat äußern können.<br />
▶▶Moderate Bewegung unterstützt die Darmperistaltik und wirkt obstipationsvorbeugend.<br />
Bei bettlägerigen Patienten oder bei Querschnittsymptomatik kann eine<br />
Kolonmassage helfen.<br />
Dr. med. Dag Schütz<br />
Klinik für Innere Medizin und Geriatrie<br />
St. Elisabeth-Krankenhaus<br />
Tönisheider Str. 24, 42553 Velbert-Neviges<br />
Dag.Schuetz@cellitinnen.de<br />
Universität Witten/Herdecke<br />
Lehrstuhl für Geriatrie<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (3)<br />
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