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Kindertagesstätte „Elfriede Westphal“ 25 Jahre Kita „Elfriede Westphal“ Das Leben ausprobieren Linda Gabels integrativer Weg begann in der Kita „Elfriede Westphal“ Der Zettel ist mittlerweile ziemlich zerknittert, aber alles ist noch lesbar. Das ist Linda Gabel wichtig, denn auf dem in die Jahre gekommenen Papier sind die Namen und Adressen ihrer Kindergartengruppe - den Katzen - aufgeführt. Alles was wichtig ist, hebt die junge Frau im Rollstuhl auf - und die Adressenliste ist ihr wichtig, vielleicht auch, weil vor 25 Jahren im Kindergarten die Weichen für ihre weitere positive Entwicklung gestellt wurden. Die inzwischen 30-Jährige gehört zu den ersten Integrationskindern der Misburger Kita. Sie wechselte von der heilpädagogischen Kita Regenbogen zur integrativen Kita „Elfriede Westphal“. Gemeinsam mit der Erzieherin Heike Sawade wechselte sie von der Anderter Sondereinrichtung nach Misburg in die integrative Kita und verbrachte dort das letzte Kita-Jahr vor ihrer Einschulung auf der IGS Roderbruch. Gleichzeitig zog Familie Gabel nach Misburg und versuchte, dort heimisch zu werden. Das stadtteilorientierte Prinzip der Kita half der Familie, nachbarschaftliche Kontakte zu knüpfen und sich nicht „wie ein Exot zu fühlen“, erinnert sich Lindas Mutter. „Wir sind 15 und gehören zusammen“, beschreibt sie das Gefühl der Kita-Gruppe dieser Zeit. Engagiert unterstützten die damaligen Eltern den Integrationsgedanken. Nach dem Kindergarten ging Ein Spiel mit vielen Konsequenzen. Mit einem Rollenspiel forderte Heike Sawade sie immer wieder heraus, damit die damals Fünfjährige lernte, ihre Schüchternheit abzulegen und sich selbst zu behaupten. Gleichzeitig schulte das Spiel Linda Gabels motorische Fähigkeiten und ihr Sprachvermögen. Seite 14 • Ausgabe 2//2013 • August
Kindertagesstätte 25 Jahre Kita „Elfriede Westphal“ „Elfriede Westphal“ das Spiel in den Elternhäusern weiter, reihum besuchten sich die Kinder zu Hause, um dort nachmittags miteinander zu spielen. Auch in Familie Gabels Haushalt gaben sich die Kinder die Klinke in die Hand – ob mit oder ohne Behinderung, alles war normal. „Integration ist, dass Menschen sich darauf einstellen“, betont Renate Gabel. Ihre Tochter hat im Zuge ihrer Entwicklung immer wieder Neues ausprobieren müssen - zunächst in der Kita als Integrationskind und später in der IGS Roderbruch. Dort war sie das erste Kind mit Behinderung, das zieldifferent lernte, begleitet von einer Sonderpädagogin, die später ihre Freundin fürs Leben wurde. „Integration hat etwas mit der Person zu tun“, erklärt Renate Gabel. Hier hatte die junge Frau das Glück, dass am Ende eines Bildungsabschnitts immer jemand da war, der den richtigen Kontakt für ihren weiteren Weg bereitete. Von der IGS Roderbruch wechselte sie für die elfte und zwölfte Klasse auf die Freie Waldorfschule – freiwillig, weil sie gerne malt und lernt. Heute arbeitet Linda Gabel in einer personenverstärkten Gruppe im kunstgewerblichen Bereich der Hannoverschen Werkstätten. Das Talent dazu entdeckten und förderten ihre Lehrer auf der Freien Waldorfschule. „Die Kita war wie eine Riesenfamilie und hier wurden die Grundlagen für ihr weiteres Leben geschaffen“, erklärt Renate Gabel. Die individuelle Förderung tat ihr ebenso gut wie das Gefühl, dass Kinder mit und ohne Behinderung gleichermaßen gefördert wurden, ausgehend von der Frage: Wo kommen die Kinder her und wie können wir sie fördern? Ergo- und Sprachtherapie sowie Krankengymnastik gehörten zu ihrer Tagesstruktur, aber nie wurde sie abseits von den anderen Kindern gefördert, sondern immer mitten in der Gruppe. Spielerisch lernte sie, ihre Schüchternheit zu überwinden, der Umwelt offen gegenüberzutreten und sich auch für die Außenwelt zu öffnen. Sie hat in dieser nur kurzen Kita-Zeit erfahren, dass es sich lohnt, an sich zu arbeiten, nie stehen zu bleiben und Vertrauen zu haben. Linda hat immer wieder das Leben ausprobiert. Nicht nur Linda Gabel hat gelernt: Auch ihre Mutter profitierte von dem Integrationsweg ihrer Tochter Durch Linda lernte sie: man kann viel schaffen und man muss es ausprobieren. Deshalb machte sie auf dem zweiten Bildungsweg ihr Fachabitur und studierte Sozialpädagogik. reu Ein sicherer Ort Inklusion ist Henning Gabels Passion „Es war eine wunderschöne Zeit und die Kita ein Ort, an dem ich mich absolut sichergefühlt habe.“ Sicher hat sich Henning Gabel dort gefühlt, weil dort seine Freunde waren - ganz besonders sein Freund Guiliano. Mit Giuliano ging der heute 25-jährige Student Hand in Hand durch dick und dünn – im Sandkasten ihrer Kindertage entwickelte sich eine unzertrennliche Freundschaft, die noch heute hält. Noch genau erinnert sich der angehende Sozial- und Organisationspädagoge an die Ausflüge zum nahegelegenen Waldspielplatz, an das Gitarrenspiel des Erziehers, an das Basteln einer endlos langen Girlande. „Es war nie langweilig, man hatte einen geschützten Raum zu entdecken, hatte aber gleichzeitig auch Freiraum für sich, um die Welt zu erforschen“, beschreibt er das Besondere seiner Zeit in der Kita „Elfriede Westphal“. Berührungsängste kannte er nicht und Behinderungen waren Henning Gabel nie fremd - durch seine Schwester Linda wurde er damit quasi groß. „Als Kind schaut man nicht auf die Defizite, vielleicht fragt man sich, warum spricht er oder sie anders, oder reagiert anders. Aber das ist für ein Kind kein wirklicher Grund, um nicht mit diesem Kind zu spielen. Heike hat uns dafür sensibilisiert, hat uns altersgerecht erläutert, warum das eine oder andere Kind mehr Unterstützung braucht“, erinnert sich Henning Gabel an die Art und Weise, wie Erzieherin Heike Sawade das Miteinander der Integrations- und Regelkinder gestaltete, sodass am Ende alle Ball spielten und kein Kind außen vor war. Fortsetzung auf Seite 16 August • Ausgabe 2/2013 • Seite 15
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