Berufsbild und Berufsleitbild Schulleitungen - Bildungsdirektion
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Forum Generalversammlung VSLZH, „<strong>Berufsbild</strong> <strong>und</strong> <strong>Berufsleitbild</strong> <strong>Schulleitungen</strong>“<br />
Von Regine Aeppli, Bildungsdirektorin Kanton Zürich<br />
Sehr geehrter Herr Präsident<br />
Liebe Schulleiterinnen <strong>und</strong> Schulleiter<br />
Liebe Gäste<br />
Herzlichen Dank für Ihre Einladung. Ich freue mich sehr, heute bei Ihnen zu sein. Das vorliegende <strong>Berufsleitbild</strong><br />
markiert eine wichtige Etappe in der Geschichte der Schulleiterinnen <strong>und</strong> Schulleiter im Kanton Zürich. Obwohl<br />
Zürich eher spät <strong>Schulleitungen</strong> einführte, ist der Kanton meines Wissens der erste, in welchem sich der<br />
Berufsverband selber ein <strong>Berufsleitbild</strong> gibt. Ich bin sicher, dass dieses auch in andern Kantonen <strong>und</strong> beim<br />
Schweizer Verband der auf Interesse stossen wird.<br />
Meine Damen <strong>und</strong> Herren, in den letzten Jahren haben mich die Schulleitenden des Kantons Zürich manchmal<br />
an Old Shatterhand erinnert, der als Landvermesser neue Gebiete erschliessen wollte. Die Schulleitenden<br />
wurden in ihrer neuen Funktion zwar nicht gerade in den Wilden Westen geschickt, doch Neuland betreten<br />
haben sie allemal. Sie mussten sich, ähnlich wie Tramper <strong>und</strong> Pioniere, einen Platz erkämpfen <strong>und</strong> neues Land<br />
bestellen. Und wie in Karl Mays Geschichten, sassen manchmal auch Indianer auf den Hügeln <strong>und</strong> hinter den<br />
Felsen, die das Geschehen sehr kritisch beäugten. Aber anders als den Deutschen fehlte Ihnen, meine Damen<br />
<strong>und</strong> Herren, eine Kavallerie. Sie mussten jeden Wigwam mit Überzeugungskraft <strong>und</strong> Charme erobern <strong>und</strong> für sich<br />
gewinnen.<br />
Kurz: Die letzten Jahre haben von den Schulleitenden viel Pioniergeist verlangt. Sie mussten etwas wagen,<br />
manchmal auch gegen den Widerstand ihres eigenen Lehrerteams. Einige von Ihnen blühten in der Rolle von Old<br />
Shatterhand richtig auf <strong>und</strong> hätten ab <strong>und</strong> zu auch gerne einmal wild um sich geschossen, wenn die Feuerstelle<br />
einfach nicht freigegeben werden wollte. Andere versuchten, die bisherigen Hüter der Feuerstelle mit neuen<br />
Rezepten anzufeuern <strong>und</strong> so zu verdrängen.<br />
Gute zehn Jahre nach der Landnahme, so bin ich überzeugt, ist die Ära von Old Shatterhand abgeschlossen <strong>und</strong><br />
die Zeit der rauchenden Colts gehört der Vergangenheit an. Die Schulleitenden haben sich wie in jeder<br />
zivilisierten Umgebung mit einem eigenen <strong>Berufsleitbild</strong> Regeln gegeben <strong>und</strong> damit einen wichtigen Schritt zur<br />
Professionalisierung gemacht. Dieser Schritt muss auch in den Köpfen greifen. Wenn das erfolgt ist, haben die<br />
Schulleiterinnen <strong>und</strong> Schulleiter im Kanton Zürich ihren Platz definitiv gef<strong>und</strong>en. Ich persönlich erwarte vom<br />
Verband, dass er als wichtiger Partner im Schulfeld auch in Zukunft verlässlich <strong>und</strong> verbindlich mit dem Schulfeld<br />
<strong>und</strong> der <strong>Bildungsdirektion</strong> zusammenarbeitet.<br />
Wie Sie wissen, hat der Kantonsrat vor wenigen Wochen den Berufsauftrag von Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrern neu<br />
definiert. Da ist es nichts als folgerichtig, dass auch die <strong>Schulleitungen</strong> ihren Auftrag klar umreissen <strong>und</strong><br />
definieren. Im Projekt „Belastung/Entlastung“ wurde ausdrücklich festgehalten, dass man die <strong>Schulleitungen</strong><br />
stärken will. Es war eine wichtige Erkenntnis in dieser Diskussion, dass die junge Profession eine zentrale<br />
Aufgabe hat, auch um die Lehrpersonen zu entlasten. Denn die Abgrenzung zwischen dem Berufsauftrag der<br />
Lehrpersonen <strong>und</strong> dem der <strong>Schulleitungen</strong> ist nicht immer ganz schlüssig. Diese Abgrenzungslinie muss in erster<br />
Linie vom Gesetzgeber gezogen werden.<br />
Nach der Neudefinition des Berufsauftrags der Lehrpersonen ist die Frage, ob es auch am Berufsauftrag der<br />
<strong>Schulleitungen</strong> Änderungsbedarf gibt, noch nicht abschliessend beantwortet. Die Rede ist von zusätzlichen<br />
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Kompetenzen der <strong>Schulleitungen</strong>.- Zur Umsetzung des neuen „Geistes“ des Berufsauftrags der Lehrpersonen,<br />
insbesondere einer individueller ausgerichteten Arbeitsteilung im Schulbetrieb, braucht es mehr Führung <strong>und</strong><br />
Organisation. Es geht ja letztlich darum, die Schulkultur mit ihrer langen <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich schönen Tradition,<br />
nämlich, dass alle gleich sind <strong>und</strong> alle alles machen, mit dem Element einer überschaubaren Arbeitsteilung zu<br />
ergänzen <strong>und</strong> damit auch der Gefahr der Überlastung entgegenzuwirken. Sie haben der Zukunft mit der<br />
Schaffung Ihres <strong>Berufsleitbild</strong>es sozusagen vorgegriffen.<br />
Dabei wurden sowohl das Schulfeld als auch Vertreter des Volksschulamtes in den Prozess der Erarbeitung<br />
einbezogen. Es wurden auch kritische Fragen gestellt – gerade von Seiten der Bildungsverwaltung, das war<br />
vielleicht nicht immer so angenehm. Es freut mich darum umso mehr, dass Sie diese konstruktiven Anregungen<br />
entgegengenommen haben <strong>und</strong> diese Eingang ins Leitbild fanden.<br />
In den Verhandlungen hat der VSLZH stets Hartnäckigkeit bewiesen.<br />
Ein <strong>Berufsleitbild</strong> zu formulieren ist eine Gratwanderung: einerseits ist man dem Himmel näher, in dem man eine<br />
Vision hat, anderseits gilt es, die Bodenhaftung nicht zu verlieren, gerade weil auf beiden Seiten der Abgr<strong>und</strong><br />
droht. Fehlt eine Vorstellung für die Zukunft, droht die Festschreibung des Status quo. Wenn ich heute Ihr<br />
<strong>Berufsleitbild</strong> lese, anerkenne ich gerne: Der Spagat zwischen Himmel <strong>und</strong> Erde ist Ihnen gelungen. Das<br />
Verständnis der Profession "Schulleitung" hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Bei der Einführung des<br />
Volksschulgesetzes gingen zum Beispiel viele noch davon aus, dass eine Lehrperson aus dem Team die<br />
Schulleitung übernehmen müsse. Und wenn möglich wollte man für diese Funktion die kühnsten Lehrpersonen<br />
gewinnen. In den letzten Jahren ist die Erkenntnis gewachsen, dass die besten Pädagogen nicht ohne weiteres<br />
die besten Schulleiter abgeben – <strong>und</strong> umgekehrt. Für andere Betriebe eine Binsenwahrheit – in der Schulkultur<br />
eine Erfahrung, die es erst einmal zu machen galt.<br />
Deshalb wäre es vor wenigen Jahren auch noch unvorstellbar gewesen, dass eine Schulleiterin oder Schulleiter<br />
keinen Unterricht erteilt, geschweige denn nicht über ein Lehrdiplom verfügt. In kurzer Zeit hat hier ein<br />
offensichtlicher Wandel stattgef<strong>und</strong>en. Am 3. März 2013 wurde die entsprechende Änderung des<br />
Lehrpersonalgesetzes klar <strong>und</strong> deutlich angenommen. Nach nicht einmal zehn Jahren wurde die Rolle des<br />
Schulleiters damit faktisch nochmals neu definiert. Meine Damen <strong>und</strong> Herren, für einen politischen Prozess ist<br />
das ein fast schon atemberaubendes Tempo.<br />
Trotzdem bleibt es dabei, dass Sie als Schulleiterinnen <strong>und</strong> Schulleiter unabhängig von gesetzlich<br />
vorgeschriebenen Kompetenzen weiterhin eine besondere Position haben werden: Schulen sind<br />
Expertenorganisationen <strong>und</strong> solche lassen sich nicht top down führen. In diesen Organisationen muss die<br />
Führung dafür sorgen dass den Expertinnen <strong>und</strong> Experten möglichst viel Raum zum Einsatz ihrer Expertise<br />
gewährt wird.<br />
Meine Damen <strong>und</strong> Herren, im Schulfeld tummeln sich die unterschiedlichsten Rollenträger: Lehrpersonen,<br />
Schulbehörden, Schulverwaltungen, Eltern, Gewerkschaften <strong>und</strong> diverse politische Instanzen. Die Schulleitenden<br />
müssen mit allen von ihnen zusammenarbeiten. Damit das gelingt, braucht es vorab eine gute Zusammenarbeit<br />
mit der Schulverwaltung. Nähe <strong>und</strong> Sachkenntnis sind eine zentrale Voraussetzung zur erfolgreichen Führung<br />
eines Schulbetriebs. Viele Gemeinden sind hier auf gutem Weg!<br />
Wir dürfen trotzdem nicht vergessen: Mit den <strong>Schulleitungen</strong> ist im Schulfeld eine neue Berufsgruppe<br />
aufgetaucht, die Deutungsmacht für sich beansprucht. Das verursacht zwangsläufig Unruhe. Wenn Unruhe<br />
kreativ genutzt wird, ist sie eine produktive Kraft. Ihr <strong>Berufsleitbild</strong> zeigt, dass das Ihr Ziel ist.<br />
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Mit der Stärkung der Schulleitung geht auch die Frage einher, welche Rolle künftig den Schulpflegen zukommt.<br />
Auch da ist Bewegung erkennbar, aber noch wenig kanalisiert <strong>und</strong> definiert. Veränderungen brauchen Zeit. Nach<br />
meiner Meinung können sie am besten bewältigt werden, indem man seine eigene Arbeit mit Sachverstand <strong>und</strong><br />
Herzblut ausübt. Das verschafft Anerkennung <strong>und</strong> Legitimation gegenüber allen Beteiligten. Ihr <strong>Berufsleitbild</strong> kann<br />
Sie darin vorzüglich unterstützen.<br />
In Ihren Unterlagen ist zu lesen, dass das <strong>Berufsleitbild</strong> für <strong>Schulleitungen</strong> „work in progress“ bleiben wird. Ich<br />
teile diese Meinung. Genau wie sich die gesellschaftlichen Ansprüche an die Schule <strong>und</strong> die Eigenheiten <strong>und</strong><br />
Interessen der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler verändern, wandelt sich die Aufgabe der Lehrpersonen <strong>und</strong> der<br />
Schulleiterinnen <strong>und</strong> -leiter.<br />
Ich komme zum Schluss. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem neuen <strong>Berufsleitbild</strong>. Und ich danke allen, die dazu einen<br />
Beitrag geleistet haben. Ich danke auch Herrn Professor Wehner, der die Gr<strong>und</strong>lagen dafür zusammengetragen,<br />
analysiert <strong>und</strong> aufbereitet hat.<br />
Ich bin mir bewusst, dass viel Arbeit hinter diesen Papieren steht. Die Rolle, die Ihnen die Öffentlichkeit mit dem<br />
Volksschulgesetz übertragen hat, ist im Leitbild gut abgebildet. Ich bin überzeugt, dass seine Umsetzung für die<br />
Schulen produktiv sein wird. Ich wünsche Ihnen, liebe Schulleiterinnen <strong>und</strong> Schulleiter, bei der weiteren<br />
Bestellung <strong>und</strong> Pflege des neu gewonnenen Bodens eine gute Hand <strong>und</strong> viel Befriedigung.<br />
Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit!<br />
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