Flyer zum 100jährigen Jubiläum der Urologie
Flyer zum 100jährigen Jubiläum der Urologie
Flyer zum 100jährigen Jubiläum der Urologie
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
100 Jahre <strong>Urologie</strong> KRH Klinikum Siloah<br />
gestern heute morgen<br />
Unserer Chefärzte . . .<br />
Dr. med. Georg Praetorius (geb. 1878, gest. 1944)<br />
Chefarzt von 1913 - 1943<br />
Georg Praetorius studiert ab 1899 Humanmedizin in Halle und Rostock.<br />
Seine Promotion schreibt er 1905 „Über Muskelgummen im<br />
Stadium <strong>der</strong> Syphilis“; seine Facharztprüfung absolviert er in Dermatologie.<br />
Die anschließende Entwicklung <strong>zum</strong> Urologen vollzieht<br />
er im Wesentlichen aus eigener Kraft. 1910 nimmt er seine Tätigkeit<br />
am Krankenhaus Siloah auf und gründet hier 1913 die erste rein urologische<br />
Abteilung in einem städtischen Krankenhaus. Zahlreiche wissenschaftliche<br />
Arbeiten mit Veröffentlichungen sowie sein Auftreten auf Kongressen machen seinen<br />
Namen über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Die Patienten kommen von weit<br />
her, um sich seiner ärztlichen Kunst anzuvertrauen. Nach 33 Dienstjahren scheidet<br />
er am Krankenhaus Siloah aus und baut sich 1943 im Harz (Herzberg/Osterode) eine<br />
Privatpraxis mit Belegbetten auf. Diese wird jedoch 1944 bei einem Bombenangriff<br />
zerstört. Er verstirbt am 7. November 1944 in Bad Harzburg. Dr. Praetorius gilt als Nestor<br />
<strong>der</strong> hannoverschen und norddeutschen <strong>Urologie</strong>. Durch seine richtungsweisende<br />
fachliche Tätigkeit begründet er den weitreichenden Ruf <strong>der</strong> urologischen Abteilung.<br />
Prof. Dr. med. Dietrich Zorn (geb. 1907, gest. 1989)<br />
Chefarzt von 1946-1972<br />
Dietrich Zorn studiert Humanmedizin (in München, Rostock, Königsberg,<br />
Freiburg) und besteht bereits mit 22 Jahren das medizinische<br />
Staatsexamen. Mit 23 Jahren erhält er nebst seiner Approbation auch<br />
die Doktorwürde (1931). Zunächst erfolgt in Königsberg eine chirurgische<br />
Facharztausbildung. 1936 kommt er als Assistenzarzt <strong>zum</strong><br />
renommierten Dr. Praetorius nach Hannover, wo ihm 1939 die Facharztanerkennung<br />
als Urologe zugesprochen wird. Im 2. Weltkrieg ist<br />
er Chefchirurg im Kriegslazarett . . . Nach diversen Kriegsschäden und<br />
<strong>der</strong> Hochwasserkatastrophe von 1946 beginnt er im selben Jahr noch<br />
- gemeinsam mit dem ärztlichen Direktor Dr. Heinrich Rinne - die Urologische Abteilung<br />
unter einfachsten Bedingungen neu aufzubauen. Innerhalb weniger Jahre gehört<br />
sie wie<strong>der</strong> zu den angesehenen <strong>Urologie</strong>n von weitreichend gutem Ruf. Zu seinen<br />
Schülern zählen zahlreiche bekannte Urologen. 1962 ist er Mitbegrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> ´Vereinigung<br />
Nordwestdeutscher Urologen e. V.` (VNU), 1968 erhält er einen Lehrauftrag<br />
an <strong>der</strong> Medizinischen Hochschule Hannover, im Sommersemster 1970 beginnt <strong>der</strong><br />
Studentenunterricht in <strong>der</strong> Urologischen Klinik und 1971 wird er <strong>zum</strong> Honorarprofessor<br />
<strong>der</strong> MHH ernannt. 1972 geht Prof. Zorn in den wohlverdienten Ruhestand.<br />
Prof. Dr. med. Hermann Baumgärtel (geb. 1932)<br />
Chefarzt von 1972-1994<br />
Hermann Baumgärtel promoviert 1958 in Kiel. Nach seiner Facharztausbildung<br />
an <strong>der</strong> chirurgischen Klinik des Auguste-Viktoria-<br />
Krankenhauses Berlin nimmt er eine urologische Facharztausbildung<br />
an <strong>der</strong> Univ.-Klinik Westend (Berlin) bei Prof. W. Brosig auf.<br />
Es folgen: Facharztanerkennung für <strong>Urologie</strong> 1970; Habilitation<br />
sowie Ernennung <strong>zum</strong> APL Professor <strong>der</strong> freien Universität Berlin<br />
1971. An <strong>der</strong> Urologischen Klinik im Krankenhaus Siloah ist<br />
Prof. Baumgärtel ab März 1972 als Oberarzt, ab November als<br />
Chefarzt tätig. Sein beson<strong>der</strong>es Augenmerk erhält die große Tumorchirurgie (alle<br />
Organe des Urogenitalen-Systems). Ab Mitte <strong>der</strong> 70er ist es die Einführung <strong>der</strong><br />
Sonographie, die ihm und seinem Team ganz neue Möglichkeiten in <strong>der</strong> Diagnostik<br />
eröffnet . . . Zu den bahnbrechenden Neuerungen seiner Chefarztzeit zählt sicherlich<br />
auch die Einführung <strong>der</strong> perkutanen Nephrolitholapaxie (1984). Damit waren die<br />
„Siloah-Urologen“ die Ersten in Hannover, die Nierensteine minimal-invasiv mittels<br />
Ultraschallsonde entfernen können. Als Präsident <strong>der</strong> ´Vereinigung Norddeutscher<br />
Urologen e. V.` holt er 1991 die 33. VNU-Tagung (unter intensiver Zusammenarbeit<br />
mit den ehemaligen “DDR-Urologen”) nach Hannover.<br />
Prof. Dr. med. Walter Ferdinand Thon (geb. 1953)<br />
Chefarzt von 1995-2011<br />
Walter Thon promoviert 1979 an <strong>der</strong> Urologischen Univ.-Klinik Freiburg<br />
<strong>zum</strong> Thema Prostatakarzinom. Seine Facharztweiterbildung<br />
erfolgt an <strong>der</strong> Urologischen Abteilung des Bundeswehrkrankenhauses<br />
Ulm unter <strong>der</strong> Leitung von Prof. Dr. J. E. Altwein. Außerdem:<br />
Facharztanerkennung 1984, Habilitation an <strong>der</strong> MHH 1992,<br />
Europäisches Urologenexamen (F.E.B.U.) 1993, Ernennung <strong>zum</strong> APL<br />
Professor <strong>der</strong> MHH 1999. Ab 1995 ist er Chefarzt <strong>der</strong> Urologischen<br />
Klinik am Krankenhaus Siloah. Unter ihm werden diverse minimalinvasive<br />
laparoskopische Operationsverfahren unter beson<strong>der</strong>em<br />
Augenmerk <strong>der</strong> organerhaltenden Nierentumortherapie eingeführt. Auch werden<br />
von ihm früh ein umfassendes Qualitätsmanagement und eine enge Verzahnung von<br />
stationärer und ambulanter Versorgung erfolgreich aufgebaut. Unter seiner Leitung<br />
findet 2007 führungsweisend <strong>der</strong> 1. Nordkongress <strong>Urologie</strong> mit Beteiligung dreier<br />
Regionalgesellschaften statt. Prof. Thon ist DEGUM Ausbil<strong>der</strong> für urologische Sonographie<br />
und EFQM Assessor <strong>der</strong> European Foundation for Quality Management. Er<br />
besitzt diverse führungsberechtigte Zusatzbezeichnungen <strong>der</strong> ÄKN und ist Mitglied<br />
zahlreicher nationaler und internationaler urologischer Vereinigungen.<br />
PD Dr. med. Christoph Wiesner (geb. 1971)<br />
Chefarzt seit 2012<br />
Privatdozent Dr. Wiesner studiert in Aachen Medizin, seine urologische<br />
Facharztausbildung erfolgt an den Univ.-Kliniken in Aachen<br />
(Prof. G. Jakse) und Mainz (Prof. J.W. Thüroff). Seine Facharztprüfung<br />
legt er 2004 in Mainz ab. Als ergänzende Qualifikation besitzt<br />
er die Zusatzbezeichnung ´Medikamentöse Tumortherapie`. Nach<br />
einem Forschungsstipendium an <strong>der</strong> Wayne State University in<br />
Detroit/ USA (2005-2006) kehrt er an die Urologische Univ.-Klinik<br />
nach Mainz zurück und ist dort bis 2010 als Oberarzt klinisch tätig.<br />
Im Jahre 2008 erlangt er die ´Venia legendi` für das Fach <strong>Urologie</strong> an <strong>der</strong> Universität<br />
Mainz. Von Mai 2010 bis Februar 2012 ist er stellvertreten<strong>der</strong> Klinikdirektor und leiten<strong>der</strong><br />
Oberarzt an <strong>der</strong> Goethe-Universität Frankfurt (Prof. A. Haferkamp). Seit 2012<br />
leitet er die Urologische Klinik am KRH Klinikum Siloah. Sein operativer Schwerpunkt<br />
liegt in den minimal-invasiven Behandlungsverfahren, die wann immer möglich<br />
bevorzugt eingesetzt werden. Unter ihm erfolgt die Erweiterung <strong>der</strong> Steintherapie<br />
auf Verfahren mit mo<strong>der</strong>nsten flexiblen Endoskopiegeräten und Chip on the Tip HD<br />
Kameratechnologie und die Einführung <strong>der</strong> Prostataresektion mittels Greenlight<br />
Lasertechnologie als Ergänzung <strong>der</strong> Schlingenresektionsverfahren. Ziel ist auch <strong>der</strong><br />
innovative Ausbau <strong>der</strong> urologischen Krankenversorgung mit Maximalversorgungscharakter.<br />
Die 100-Jahrfeier <strong>der</strong> <strong>Urologie</strong> am KRH Klinikum Siloah findet zu einem<br />
Zeitpunkt statt, wo mit <strong>der</strong> nahenden Eröffnung des Neubaus ein weiteres Kapitel<br />
<strong>der</strong> Klinikgeschichte aufgeschlagen wird . . .<br />
Fotoquellen<br />
© Landeshauptstadt Hannover, HMH: Krankenhaus Siloah 1919 (o.N,<br />
039677), von 1966 (Joachim Giesel; 039684) von 1984 (Karl Heinz<br />
Jung, 056962), Abb. 4: (o.J., o.N. 056960), Abb 5: Rückseite Klassengebäude<br />
1919 (o.N., 055305) // © san<strong>der</strong>.hofer architekten: Entwurf<br />
Klinikneubau 2014 // © Archiv Geschichtswerkstatt Linden: Abb. 1:<br />
Postkarte von 1917 (o.N.) // © KRH-Archiv: Portrait 4: 2010 (S. Przybyla),<br />
Portrait 5: 2012 (Stefan Gallwitz) // © Archiv Klinikum Siloah: Abb.<br />
3: Postkarte von 1913 (o.N.), Abb. 2: Dr. Roesebeck (o.J., o.N.) //<br />
© Privatsammlung Gieselmann Portraits 1 und 2: Praetorius und Zorn<br />
(je o.J., o.N.) © Privat Baumgärtel Portrait 3: 1987, Bernhard Lippert<br />
Literatur<br />
Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Urologie</strong> in Hannover (Dissertation von W. Haase,<br />
1980/81) // Hannover und seine Krankenhäuser 1734-1945 (von Herbert<br />
Mundhenke, S. 20-24 in Hannoversche Geschichtsblätter Band 13,<br />
Heft 1/2, 1959) // 75 Jahre Städtisches Krankenhaus Siloah (Broschüre<br />
von Prof. Dr. Horst Klingemann, 1984) // Streiter 1924 (in Hilde Steppe,<br />
DKZ 5/1985) // Professor Zorn wird 65 Jahre (in HAZ 04.10.1972) //<br />
Kapazität und guter Arzt (in HAZ 26.10.1972) // Jetzt zertrümmert<br />
Ultraschall die Nierensteine (in HAZ 19.01.84 ) // Dr. Georg Praetorius<br />
(Stadtarchiv Hannover, Personalakte Akz 65/1998 [Karton 254]) //<br />
Dr. Curt Roesebeck (Stadtarchiv Hannover, Personalakte Nr. 7733 )<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
KRH Klinikum Siloah<br />
Urologische Klinik<br />
Roesebeckstraße 15<br />
30449 Hannover<br />
Fon: 0511 927-2000<br />
urologie.siloah@krh.eu<br />
www.krh.eu/siloah<br />
Text & Recherche<br />
Claudia Krüger<br />
Gestaltung<br />
gaenshirt grafic design<br />
Stand<br />
10/2013<br />
1913<br />
2013<br />
Dr. Georg Praetorius<br />
Chefarzt (1913 - 1943)<br />
Krankenhaus Siloah 1966<br />
Prof. Walter F. Thon<br />
Chefarzt (1995 - 2011)<br />
KRH Klinikum Siloah<br />
ab 2014<br />
Krankenhaus Siloah 1919<br />
Prof. Dietrich Zorn<br />
Chefarzt (1946 - 1972)<br />
Prof. Hermann Baumgärtel<br />
Chefarzt (1972 - 1994)<br />
Krankenhaus Siloah 1984<br />
PD Dr. Christoph Wiesner<br />
Chefarzt (ab 2012)
Herzlich laden wir mit dieser Festschrift ein, sich auf einen<br />
Streifzug durch die Geschichte <strong>der</strong> Urologischen Klinik am<br />
KRH Siloah zu begeben.<br />
Die Vorgeschichte<br />
Als das „Siloah“ am 01. April 1913 <strong>zum</strong> städtischen Krankenhaus <strong>der</strong> wachsenden<br />
Industriestadt Linden wird, blickt man bereits auf eine 17-jährige Vorgeschichte zurück:<br />
Auf Betreiben von Pastor Crusius in Linden war 1896 eine Poliklinik mit sieben<br />
Fachärzten gegründet worden. Eine Diakonisse des Henriettenstifts kümmerte sich<br />
um die Pflege <strong>der</strong> Kranken und Operierten in ihren Wohnungen. Im Juni 1899 eröffnete<br />
man dann in <strong>der</strong> Jacobsstr. 4 (am Schwarzen Bären) eine erste Krankenstation<br />
mit 10 Betten. Sie erhielt den Namen: „Diakonissenstation Siloah in Linden e. V.“.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> stetig wachsenden Nachfrage und nach zwei Umzügen innerhalb von<br />
15 Monaten kamen Neubau-Gedanken auf. Am 23. Mai 1909 wurde feierlich das<br />
„Krankenhaus Siloah in Linden e. V.“ eröffnet und schnell entstanden Pläne für zwei<br />
Erweiterungsbauten, die am 05. Juni 1913 feierlich eingeweiht wurden.<br />
Dem vorraus ging ein ganz beson<strong>der</strong>es Ereignis. Denn nicht nur, dass am 1. April 1913<br />
das Krankenhaus Siloah in städtische Regie überging, auch wurde am selben Tag<br />
unter Leitung von Dr. Georg Praetorius die erste urologische Abteilung in einem<br />
deutschen städtischen Krankenhaus eröffnet. Man bedenke, dass erst 1906 - also<br />
sieben Jahre zuvor - die ´Deutsche Urologische Gesellschaft` (DGU) gegründet worden<br />
war. Für die <strong>Urologie</strong> als ein Teilgebiet <strong>der</strong> Chirurgie war dies ein bedeuten<strong>der</strong> Meilenstein<br />
auf dem Weg zur Anerkennung eines eigenständigen fachärztlichen Gebiets.<br />
Abb. 1: Krankenhaus Siloah (1917) an <strong>der</strong> Ritter-Brüning-Straße<br />
links Hauptgebäude, rechts Erweiterungsbau<br />
Abb. 2<br />
Krankenhaus Siloah – einst Arbeitsplatz und Wohnstätte<br />
1913 wird Dr. Curt Roesebeck (* 1871 † 1946) <strong>zum</strong> ärztlichen Direktor<br />
ernannt. Er ist Facharzt für Chirurgie und seit 1900 „in Siloah“ tätig<br />
- wie man seinerzeit zu sagen pflegt. In den übrigen Fachbereichen<br />
arbeiten dieselben Ärzte wie bisher als Mitglie<strong>der</strong> des Vereins. Auch<br />
Dr. Praetorius zählt zu ihnen und wohnt als sog. „Vertragsarzt“<br />
außerhalb. Einstellungen neuer Ärzte werden durch die Stadt vorgenommen.<br />
Sicherlich interessant zu erfahren ist, dass nach einer<br />
Grundsatzentscheidung des Lindener Magistrats vom 1. April 1913<br />
ein Assistenzarzt neben Naturalbezügen wie freie Unterhaltung,<br />
Wohnen, Heizung und Licht als Vergütung für seine Tätigkeit im<br />
1. Dienstjahr 1800 M, im 4. Dienstjahr 2400 M erhielt. Er ist verpflichtet,<br />
im Krankenhaus zu wohnen und darf es nur nach vorheriger<br />
Erlaubnis des Leitenden Arztes verlassen. Selbst Sanitätsrat<br />
Dr. Roesebeck wohnt hier während seiner gesamten Arbeitsjahre mit Frau und Kin<strong>der</strong>n<br />
in einer Dienstwohnung (bis 1936). Er verstirbt 1946 als Patient in „seinem“<br />
Krankenhaus.<br />
Was den Pflegeberuf betrifft, so<br />
entwickelt sich dieser aus christlichen<br />
Ordensgemeinschaften heraus.<br />
Hierzu zählt auch das Henriettenstift<br />
Hannover (gegründet 1859). Laut<br />
Vertrag vom Januar 1913 stellt das<br />
Stift dem Krankenhaus Siloah die<br />
nötige Zahl von „Schwestern“. Auf<br />
Kosten <strong>der</strong> Stadt erhalten diese freie<br />
Unterkunft, Licht, Feuerung, Wäsche,<br />
das erfor<strong>der</strong>liche Mobiliar sowie im<br />
Erkrankungsfalle freie ärztliche Behandlung,<br />
Arznei und Verpflegung wie für Kranke <strong>der</strong> damaligen 3. Klasse. Der Magistrat<br />
zahlt 1913 für jede dem Siloah zugewiesene Schwester 75 M monatlich. Die<br />
Leitung <strong>der</strong> Krankenpflege ist wie schon in <strong>der</strong> „Diakonissenstation Siloah“ in den<br />
Händen <strong>der</strong> Henriettenschwester Wilma von Hinüber (* 1862 † 1930). Bis April 1946<br />
leiten die Diakonissen unsere Pflege. Abgelöst werden sie durch „Freie Schwestern“<br />
aus weltlichen Verbänden. Ihre Zahl war bereits um die Jahrhun<strong>der</strong>twende stark gestiegen<br />
und ihnen ist es zu verdanken, dass 1907 eine Ausbildungs- und Prüfungsordnung<br />
in Kraft gesetzt wurde. Die Ausbildung blieb jedoch auf ein Jahr begrenzt.<br />
Vorrangig wurden Kenntnisse zur Krankenbeobachtung vermittelt; das Erlernen ärztlicher<br />
Hilfstätigkeiten war zweitrangig (Unterricht am Siloah ab 1920).<br />
Abb. 3<br />
Zur Krankenpflege<br />
Als Folge <strong>der</strong> Medizinentwicklungen in Mikrobiologie, Hygiene, Pharmakologie und<br />
Narkosetechniken steigen die Pflegeanfor<strong>der</strong>ungen enorm an. Üblich ist im Durchschnitt<br />
eine tägliche Arbeitszeit von 14 Stunden an sieben Tagen <strong>der</strong> Woche. Urlaubsanspruch<br />
gibt es nicht; selten werden zwei Wochen im Jahr gewährt. Die<br />
Bezahlung entspricht etwa dem eines Dienstbotengehalts, doch durch fehlende Tarifverträge<br />
gibt es große Unterschiede. Lange Zeit besteht in vielen deutschen Kliniken<br />
Kost- und Logiszwang. Am 13. Februar 1924 wird mit <strong>der</strong> ersten „Verordnung über<br />
die Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten“ eine maximale Arbeitszeit von bis zu 60<br />
Stunden in <strong>der</strong> Woche festgesetzt. // Diakonisse zu sein war und ist kein Beruf, son<strong>der</strong>n<br />
ein Lebensweg, <strong>der</strong> u. a. mit Ehelosigkeit verbunden<br />
ist. So kommt es auch, dass zur Tracht einer Diakonisse<br />
i.d.R. eine weiße Haube gehört. Immerhin bot sich seinerzeit<br />
durch „Schwesternschaften“ die Möglichkeit, so<br />
auch als ehelose Frau gesellschaftlich anerkannt „unter<br />
die Haube“ zu kommen. Das Heiratsverbot für freie Krankenschwestern<br />
wird 1929 endlich aufgehoben; das Tragen<br />
einer Schwesternhaube gehört bis in die 90er-Jahre<br />
hinein zur Dienstkleidung weiblicher Pflegekräfte. In den<br />
60er-Jahren werden die ersten Pfleger ausgebildet.<br />
Bauentwicklungen<br />
Bevor wir uns den Chefärzte zuwenden und den medizinischen Errungenschaften,<br />
die unter ihnen eingeführt werden, sei hier ein beson<strong>der</strong>er Rückblick unternommen.<br />
Denn mit Umbauten und Neubauten gibt es auch ein nicht-medizinisches<br />
Thema, das sich durch die Dienstzeiten all unserer Chefärzte und ihrer Mitarbeiter<br />
zieht:<br />
In den Jahren nach dem ersten Weltkrieg - also in <strong>der</strong> Zeit von Herrn Dr. Praetorius<br />
- werden immer wie<strong>der</strong> kleine Verän<strong>der</strong>ungen durchgeführt, um Personal-,<br />
Tagesräume und Patientenzimmer zu schaffen. Dann beginnen 1934/35 in <strong>der</strong> Urologischen<br />
Abteilung Erweiterungsarbeiten. Durch einen Anbau an <strong>der</strong> Ostseite im<br />
Keller und Erdgeschoss entstehen unter starker Beeinträchtigung des Arbeitsalltags<br />
Operationsräume; auch eine neue Röntgenanlage wird eingebaut. // Herr Prof.<br />
Zorn muss nach dem Krieg und <strong>der</strong> Ihme-Hochwasserkatastrophe von 1946 beim<br />
Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> Abteilung zunächst die Teeküche einer alten Station als urologisches<br />
Untersuchungs- und Diagnostikzimmer mit Röntgenmöglichkeit heranziehen.<br />
Von 1955 bis 1957 entsteht neben <strong>der</strong> Urologischen Abteilung das T-förmige<br />
Gebäude, das bis 2010 <strong>zum</strong> Siloah gehört. 1958 folgt eine einjährige Herrichtung<br />
Abb.4<br />
und Renovierung des Urologischen Gebäudes. 1969/70 wird <strong>der</strong> neue chirurgische<br />
Gebäudetrakt hochgezogen, <strong>der</strong> bis 2014 den Eingangsbereich des Krankenhauses<br />
Siloah mitbildet. // Als Herr Prof. Baumgärtel 1972 seinen Dienst in <strong>der</strong> Urologischen<br />
Klinik antritt, trifft er insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> OP-Einheit sehr überholungsbedürftige<br />
Bedingungen an . . . 1990 wird nach 18-monatiger Bauzeit <strong>der</strong> neue OP-<br />
Trakt eingeweiht. // Rund 20 Jahre später - zur Zeit von Herr Prof. Thon - beginnen<br />
neben <strong>der</strong> Urologischen Klinik die ersten Arbeiten für den Klinikneubau. Die Bäume<br />
im Klinikpark sind abzuholzen, das Wurzelwerk <strong>der</strong> zwei alten Kastanien (die den<br />
Neubaueingang zieren) aufwändig zu verlegen und auch die Aushebungsarbeiten<br />
beginnen. // Herr Dr. Wiesner ist <strong>der</strong>jenige in unserer Chefarztreihe, für den im Mai<br />
2013 <strong>der</strong> endgültige Auszug <strong>der</strong> Urologischen Klinik aus dem historischen Altbau<br />
Wirklichkeit wird. Zum Zeitpunkt unserer <strong>Jubiläum</strong>sfeier befindet sich die Klinik nun<br />
übergangsweise im Interimskrankenhaus . . . Ein je<strong>der</strong> unserer Chefärzte und seiner<br />
Mitarbeiter kann ein eigenes Lied singen, das von Neubau, Umbau und Provisorien<br />
handelt. Wir sagen an dieser Stelle Dank für alles Engagement. Mit wertschätzendem<br />
Augenzwinkern sei abschließend noch ein Briefauszug von Dr. Praetorius zitiert.<br />
Er schreibt am 03.10.1934 an den ärztlichen Direktor Dr. Roesebeck:<br />
„Der entsetzliche Lärm und<br />
Schmutz, den wir während des<br />
grössten Teiles dieser Zeit über uns<br />
ergehen lassen müssen, ist schon<br />
schwer genug zu ertragen; vollends<br />
aber unerträglich sind auf die<br />
Dauer die Zustände in dem kleinen<br />
provisorisch eingerichteten Untersuchungs-<br />
und Behandlungszimmer.<br />
Wir mussten dazu das kleinste<br />
Abb. 5 Rückansicht vor dem Umbau<br />
Krankenzimmer <strong>der</strong> Station wählen,<br />
weil dies das einzige mit fließendem Wasser ausgestattet war. Es enthält zwar keine<br />
eigentliche Wascheinrichtung, son<strong>der</strong>n nur eine ganz kleine Wasserleitung wie sie<br />
sich gelegentlich noch in alten Küchen vorfindet. An dieser Wasserleitung müssen<br />
sich 2 Ärzte, 1 Schwester und 1 Wärter die Hände „desinfizieren“; ferner müssen<br />
unter <strong>der</strong> gleichen Wasserleitung die Instrumente gereinigt und die Spüllösungen<br />
usw. zubereitet werden. Wenn dazu noch ein Patient auf dem Untersuchungstisch<br />
liegt, ist es so eng, dass alle an<strong>der</strong>en von uns erst beson<strong>der</strong>s beiseite treten müssen,<br />
wenn einer die Wasserleitung benutzen will. Eine brauchbare Gelegenheit <strong>zum</strong><br />
Schreiben haben wir überhaupt nicht. Der Schreibtisch steht z. Zt. auf einem dunklen<br />
Korridor, <strong>der</strong> keine Beleuchtungsmöglichkeit bietet.“ (. . .)