Magazin 196409
Magazin 196409
Magazin 196409
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Zusätzliche Krankenhausbetten<br />
für Notstandsfälle<br />
Modell »Jugendherberge Bad E<br />
Die neueste Statistik der Krankenanstalten<br />
weist für das Bundesgebiet<br />
(ohne Berlin-West) eine Zahl<br />
von rd. 3500 Krankenhäusern mit<br />
574 000 p1anmäßigen und etwa 38000<br />
"überzähligen", d. h. zusätzlich aufgestellten<br />
Betten aus. Die Bettenausnutzung<br />
je Tag wird durchschnittlich<br />
mit mehr als 90 v. H. angegeben. Diese<br />
Zahl zeigt, in welch hohem Grade die<br />
vorhandene Bettenkapazität bereits in<br />
normalen Zeiten in Anspruch genommen<br />
wird. Es kann daher nicht überraschen,<br />
daß schon beim Eintritt regional<br />
begrenzter Epidemien und Katastrophen<br />
gelegentlich besondere Maßnahmen<br />
ergriffen werden müssen, um<br />
dem verstärkten Patientenanfall die<br />
notwendige ärztliche Betreuung in<br />
Krankenanstalten zuteil werden zu lassen.<br />
Um wieviel kritischer würde aber<br />
die Lage sein, wenn in einem Verteidigungsfall<br />
eine überaus hohe Zahl von<br />
Verletzten und Kranken in allen Teilen<br />
des Bundesgebietes anfällt, die einer<br />
Krankenhausbehandlung dringend bedürfen.<br />
Selbst wenn man in einem solchen<br />
Notstandsfall, bei Anlegen strenger<br />
Maßstäbe, im Durchschnitt wenigstens<br />
jeden dritten Patienten kurzfristig wird<br />
entlassen können, weil es sich z. B. um<br />
Rekonvaleszenten, Nachbehandlungsund<br />
Beobachtungsfälle handelt - Krankenhausinsassen<br />
also, für die eine stationäre<br />
Behandlung nicht mehr erforderlich<br />
und eine ambulante Behandlung<br />
als ausreichend angesehen werden<br />
kann - wird noch ein beträchtlicher<br />
Bedarf an zusätzlichen Betten vorhanden<br />
sein. Es ist hierbei ferner zu berücksichtigen,<br />
daß nicht alle Krankenanstalten<br />
ihrer Zweck bestimmung entsprechend<br />
in eine Entlassungsaktion<br />
einbezogen und im allgemeinen auch<br />
nicht für die Aufnahme zusätzlicher<br />
Patienten in Betracht kommen können.<br />
Es sei hier lediglich auf die Krankenanstalten<br />
und Krankenstationen in Anstalten<br />
des Strafvollzuges, auf Heilund<br />
Pflegeanstalten sowie auf Tbc<br />
Krankenanstalten hingewiesen. Schließlich<br />
ist bei den überlegungen, wie hoch<br />
der zusätzliche Bettenbedarf sein könnte,<br />
zu bedenken, daß etwa 20 v. H. aller<br />
Krankenanstalten mit fast 13 der planmäßigen<br />
Betten in Großstädten liegen,<br />
in Gemeinden also, die Kernstädte der<br />
in einem Verteidigungsfall in hohem<br />
Maße luftgefährdeten Ballungsgebiete<br />
sind. Man wird also bei den Planungen<br />
in Rechnung zu stellen haben, daß ein<br />
Teil dieser Krankenanstalten ausfällt<br />
oder nicht mehr voll genutzt werden<br />
kann.<br />
Da die Zahl der durch Entlassungen<br />
und durch Kapazitätsausweitungen bestehender<br />
Krankenanstalten zu gewinnenden<br />
Bettenplätze bei weitem nicht<br />
ausreichen wird, um alle Patienten, die<br />
in einem Verteidigungsfall einer Krankenhausbehandlung<br />
bedürfen, entsprechend<br />
zu versorgen, sieht der dem Bundestag<br />
vorliegende Entwurf eines "Gesetzes<br />
zur Regelung des Aufenthalts<br />
der Zivilbevölkerung im Verteidigungsfall"<br />
(= "Aufenthaltsregelungsgesetz")<br />
neben der Kapazitätserweiterung bestehender<br />
Krankenhäuser die Herrichwng<br />
von Hilfskrankenhäusern vor. Geeignete<br />
Objekte sollen bereits in Friedenszeiten<br />
von den Ländern im Rahmen<br />
der zivilen Notstandsplanungen<br />
ausgewählt und vorbereitet werden.<br />
Hierbei kommen aus wirtschaftlichen<br />
und personellen Gründen nur solche<br />
Baulichkeiten in Betracht, die eine<br />
Mindestkapazität von annähernd :lOO<br />
Betten erreichen und die Gewähr bieten,<br />
daß sie bei Ausbruch eines Krieges<br />
unverzüglich ihrer Bestimmung zugeführt<br />
werden können. Hilfskrankenhäuser<br />
werden vor allem im Umkreis der<br />
großen Bevölkerungsballungen und in<br />
solchen Gebieten vorzusehen sein, in<br />
denen in einem Verteidigungsfall obdachlos<br />
gewordene Menschen und dorthin<br />
Evakuierte untergebracht werden<br />
sollen.<br />
In einem Verteidigungsfall, in dem das<br />
gesamte Bundesgebiet Kampfraum werden<br />
kann, wird es sicher nicht möglich<br />
sein, die gleichen hohen Maßstäbe an<br />
die Behandlung und Unterbringung der<br />
Patienten anzulegen wie im Frieden.<br />
Dennoch wird man bei der baulichen<br />
Vorbereitung von Hilfskrankenhäusern<br />
davon ausgehen müssen, daß auch in<br />
ihnen eine medizinisch-hygienisch ausreichende<br />
ärztliche Versorgung erreicht<br />
werden soll. Weiterhin wird zu prüfen<br />
sein, in welchem Umfang gg!: die ausgewählten<br />
Objekte einen Schutz gegen<br />
die Wirkungen moderner Waffen bieten<br />
oder in welcher Weise ein derartiger<br />
Schutz geschaffen werden kann. Es<br />
kann sich dabei natürlich niemals um<br />
einen Vollschutz, der nur mit einem<br />
nicht zu realisierenden finanziellen<br />
Aufwand zu erreichen wäre, handeln,<br />
sondern lediglich um Maßnahmen, die<br />
geeignet sind, einen Mindestschutz gegen<br />
radioaktive Niederschläge, vor biologischen<br />
und chemischen Kampfstoffen<br />
sowie vor der Tl'ümmerwirkung einstürzender<br />
Gebäude zu gewähren. Erfahrungsgemäß<br />
wird ein derartiger<br />
Trümmer- und Strahlenschutz im allgemeinen<br />
nur bei Neubauten zu erreichen<br />
sein.<br />
7