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Als PDF - Medizin + Kunst

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MEDIZIN+KUNST<br />

4<br />

25. Jahrgang<br />

IV. Quartal 2013<br />

Euro 6.00<br />

B 13288<br />

MEDIZIN<br />

+KUNST<br />

Das <strong>Kunst</strong>magazin<br />

für den Arzt<br />

in Praxis und Klinik


EDITORIAL<br />

Liebe ärztliche Leserinnen<br />

und Leser!<br />

In dieser Ausgabe<br />

von <strong>Medizin</strong>+<strong>Kunst</strong><br />

haben wir gleich drei renommierte<br />

Ärzte auf<br />

der Titelseite, und ich<br />

bin überzeugt, dass Ihnen<br />

diese nicht unbekannt<br />

sind.<br />

Prof. Rainer Weissenbacher, ein lieber<br />

Freund, wollte sich sogar vor 20 Jahren an meinem<br />

Verlag beteiligen, und der heute 69-jährige<br />

Gynäkologe startet nach seiner Universitätslaufbahn<br />

an der LMU noch einmal durch – mit<br />

eigener Praxis im Herzen von München.<br />

Prof. Johannes Ring, Ordinarius für Dermatologie<br />

an der TU in München, wird zum<br />

Jahreswechsel emeritiert und ist ebenfalls noch<br />

voller Tatendrang. Wir werden von ihm auch in<br />

Zukunft noch sehr viel sehen und hören – als<br />

Arzt oder Autor.<br />

Selten erlebt man, dass <strong>Medizin</strong>er sich<br />

unmittelbar nach Promotion und Approbation<br />

allein der <strong>Kunst</strong> verschreiben. Josef Alexander<br />

Henselmann gelang dies sehr erfolgreich, und<br />

der Münchner Bildhauer stellt heute weltweit<br />

seine exzellenten Exponate aus, die nicht nur<br />

zahlreiche Bewunderer finden, sondern auch<br />

gekauft werden.<br />

Wenn wir nicht seit vielen Jahren Prof.<br />

Plewig und Prof. Ehlers zu unseren Autoren<br />

zählen könnten, wäre <strong>Medizin</strong>+<strong>Kunst</strong> um einiges<br />

ärmer. Ihre hochinteressanten Beiträge,<br />

dieses Mal über den Chirurgen und Dermatologen<br />

Sir Jonathan Hutchinson respektive Ehlers’<br />

einwöchigen Aufenthalt im Benediktiner-Kloster<br />

des Vatikans, bereichern die aktuelle Ausgabe<br />

im Besonderen.<br />

Gleiches gilt für meinen lieben Freund<br />

Prof. Hans-Jürgen Möller. Er hält – wie gewohnt<br />

brillant - die Laudatio auf den scheidenden<br />

ärztlichen Direktor des Inn-Salzach-Klinikums,<br />

Prof. Gerd Laux.<br />

Auch wenn man ihn erstlinig als Playboy<br />

aus den Gesellschaftsmedien kennt, war ihm<br />

doch die künstlerische Fotografie außerordentlich<br />

wichtig. Zeige Ihnen deshalb gerne meine<br />

Sammlung herausragender fotografischer Arbeiten,<br />

geschaffen von Gunter Sachs, die in ihrer<br />

Virtuosität für sich selbst sprechen und ihn<br />

als bedeutenden <strong>Kunst</strong>schaffenden präsentieren.<br />

Kann Ihnen hier natürlich nur einen<br />

Querschnitt dieser Ausgabe vorstellen, um Sie<br />

neugierig zu machen auf das, was das aktuelle<br />

Journal beinhaltet.<br />

Wünsche Ihnen deshalb – wie stets an<br />

dieser Stelle – viel Vergnügen und zahlreiche<br />

Anregungen bei der Lektüre von <strong>Medizin</strong>+<strong>Kunst</strong>.<br />

Ihr<br />

Herausgeber:<br />

Prof. Franz Schilke · Friedrich-Herschel-Str. 2 ·<br />

81679 München<br />

Tel.:089/764488·Fax:089/772444·<br />

E-mail: medred@medizin-kunst.de


INHALTSVERZEICHNIS<br />

MEDIZIN+KUNST 25. JAHRGANG 4. QUARTAL 2013<br />

06 Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult. Ernst Rainer Weissenbacher<br />

In einem Alter, in dem sich die meisten seiner ärztlichen Kollegen längst im Ruhestand befinden,<br />

ging der ehemalige Münchner Extraordinarius für Gynäkologie an der LMU noch einmal voll ins<br />

unternehmerische Risiko und eröffnete am 4. März 2013 seine Praxis „Premium <strong>Medizin</strong>“ im Herzen<br />

von München. Dem nicht genug, wurde er einen Tag später Vater einer Tochter und zeigt<br />

damit, dass er durchaus bereit ist, großen Herausforderungen auf allen Ebenen zu begegnen.<br />

10 Arezoo Weissenbacher<br />

Selbstverwirklichung gerade in der <strong>Kunst</strong> verhilft nicht nur zu einer neuen Lebenseinstellung, um<br />

– darauf aufbauend – Zweifel und Ängste zu verarbeiten, sondern zeigt uns auch Wege der Veränderung,<br />

hin zu anderen interessanten Aufgaben, die es in der Folge zu bewältigen gilt. Arezoo<br />

Weissenbacher hat sich der Malerei zugewandt, und ihre eindrucksvollen Bilder offenbaren tiefgreifende<br />

Einschnitte in ihrem Leben, die sie in der <strong>Kunst</strong> zu bewältigen sucht.<br />

14 Prof. Dr. Josef Alexander Henselmann<br />

Der studierte Arzt blieb trotz Promotion und Approbation in der <strong>Medizin</strong> der <strong>Kunst</strong> treu. Anstelle<br />

einer Karriere als Arzt bevorzugte er den wesentlich schwierigeren Weg in der <strong>Kunst</strong>, den er für<br />

sich persönlich als wichtiger erachtete. Heute zählt der 50-jährige Bildhauer Josef Alexander Henselmann<br />

zu den bedeutendsten Vertretern seines Faches - mit internationaler Präsenz in den renommiertesten<br />

Ausstellungen, hält Vorlesungen und Vorträge zur Bildhauerei und kann von seiner<br />

Arbeit mit der 6-köpfigen Familie sehr gut leben. Auch dies ein nicht zu unterschätzendes<br />

Zeugnis dafür, dass er sich damals richtig entschieden hat.<br />

20 Prof. Dr. med. Johannes Ring<br />

Er gehört in der Dermatologie zu den wichtigsten Allergologen, der – weltweit gut vernetzt – als<br />

Ordinarius für Dermatologie an der TU in München die Nachfolge des renommierten Prof. Borelli<br />

antrat und heute selbst vor seiner Emeritierung steht. Die Zeit verging auch für Johannes Ring<br />

im Flug, und seine international beliebten Allergologie-Tage in München waren in der Dermatologie<br />

große Ereignisse, die es sich in vielerlei Hinsicht zu besuchen lohnte. Wir wollen Johannes<br />

Ring in <strong>Medizin</strong>+<strong>Kunst</strong> mit einer Laudatio ehren, weil er nicht nur die <strong>Medizin</strong>, sondern auch die<br />

<strong>Kunst</strong> bereicherte.<br />

25 Dr. phil. Johannes Ring<br />

In einem profunden Artikel schreibt seine Ehefrau, Prof. Dr. Heidrun Behrendt-Ring, über die<br />

künstlerischen Aktivitäten ihres Mannes, der sich mit seinen kreativen Inszenierungen, speziell in<br />

der Dermatologie, einen zusätzlichen Namen machte. Noch heute spricht man über diese<br />

großartigen Veranstaltungen, an denen meist die gesamte Klinik aktiv teilnahm und dafür wochenlang<br />

probte.<br />

30 Gunter Sachs<br />

Auch wenn ihn die meisten Bundesbürger nur als ehemaligen Playboy aus den Medien kennen<br />

und zahlreiche Retrospektiven nach seinem Tod in 2011 ihn speziell als bedeutenden Sammler<br />

zeitgenössischer <strong>Kunst</strong> zeigen, zählt er trotz dieser seine Person überlagernden Erkenntnisse zu<br />

den wichtigsten Fotografen seiner Zeit, der mit perfekt inszenierten Darstellungen sich selbst in<br />

der <strong>Kunst</strong> nachhaltig verwirklichen konnte.


36 Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Gerd Laux<br />

<strong>Als</strong> engagierten Kämpfer für eine hochkarätige moderne Versorgungspsychiatrie und leidenschaftlichen<br />

Lehrer in der psychiatrischen Fort- und Weiterbildung bezeichnet Prof. Dr. Hans-Jürgen<br />

Möller in seiner Laudatio den scheidenden Ärztlichen Direktor des Inn-Salzach-Klinikums,<br />

Gerd Laux, der am 1. Dezember 2013 mit 65 Jahren – viel zu früh – in Pension geht.<br />

42 Sir Jonathan Hutchinson<br />

Prof. Gerd Plewig stellt uns mit dem Chirurgen und Dermatologen Sir Jonathan Hutchinson erneut<br />

einen herausragenden Vertreter epochaler Folio-Format Atlanten vor. Das mit 49 Tafeln bestückte<br />

Werk ist heute in seiner kompletten Gesamtheit nur außerordentlich selten zu finden, weil<br />

die Tafeln einzeln und daher ungebunden erschienen und deshalb im Laufe der Zeit - in alle Winde<br />

verstreut – bedauerlicherweise verloren gingen.<br />

48 Tage, Gespräche und Gedanken im Kloster Sant’ Anselmo in Rom<br />

Wie Prof. Alexander Ehlers das klösterliche Leben im Zentrum der Katholischen Kirche, dem Vatikan,<br />

kennen lernte, erfährt man sehr eindrucksvoll in seinem Bericht über das Kloster Sant’ Anselmo<br />

und den Abtprimas der Benediktiner, Notker Wolf, basierend auf Ehlers’ Erfahrungen in Form<br />

von Exerzitien im Herzen von Rom. Auch zur Nachahmung für interessierte Leser zu empfehlen!<br />

54 Alexander Maria Schilke<br />

In einem unsanierten denkmalgeschützten Gebäudekomplex im sächsischen Oberschöna, nahe<br />

Freiberg, ließ Alexander Maria Schilke die seit vielen Jahren von ihm gestalteten Ausgaben unseres<br />

Ärztemagazins <strong>Medizin</strong>+<strong>Kunst</strong> in Form einer Innenskulptur zu Wort kommen, um Besucher<br />

des ursprünglich geplanten Akademiegebäudes zu einer kreativen Spurensuche einzuladen sowie<br />

den ausgemusterten Exemplaren eine neue Würde zu verleihen. Gleiches gilt für den ruinösen<br />

Gebäudekomplex, für dessen Renovierung die finanziellen Mittel fehlen.<br />

58 Kaspar Damian Hosp<br />

Prof. Dr. Karl Dietrich Hepp schreibt über Bergphotos aus den Alben seines Vaters, die einen<br />

nostalgischen Reiz auf ihn ausüben und die er mit Pinselzeichnungen unter dem oben genannten<br />

Künstlernamen übermalte. Dazu verwendete er verschiedene Tuschen, japanische Pinsel<br />

und handgeschöpftes Papier. Die Ergebnisse können sich sehen lassen!<br />

62 Walter Horst Priebst<br />

Der mexikanischen Kultur stand der aus Sachsen stammende <strong>Kunst</strong>schaffende Walter Horst<br />

Priebst ein Leben lang sehr nahe, und der heute von seiner Witwe Traute Annies-Priebst verwaltete<br />

Nachlass, im Stil des symbolisch-mythologischen Surrealismus auf Papier und Leinwand, Silber<br />

und Emaille, zeigt ihn als großartigen Künstler. Wir stellen ihn erstmals vor.<br />

66 Die Interessantesten Pharmaanzeigen des Jahres 2013<br />

68 Neues und Wichtiges aus der <strong>Medizin</strong><br />

90 Chris Bleicher - Befreite Göttinnen<br />

90 Impressum


PROF. DR.MED. DR. H. C. ERNST RAINER WEISSENBACHER<br />

In der bundesdeutschen Gynäkologie<br />

besitzt Rainer Weissenbacher einen<br />

hervorragenden Ruf, wenn es<br />

um Infektiologie und Geburtshilfe<br />

geht. Der Nachwuchs vieler prominenter<br />

Münchner erblickte unter seiner<br />

Ägide das Licht der Welt. Rund<br />

35.000 Entbindungen, davon die<br />

Hälfte per Kaiserschnitt, verdeutlichen<br />

seine Exzellenz und große Erfahrung<br />

gerade auf diesem Gebiet.<br />

Weissenbachers jährliche Fortbildungsveranstaltungen<br />

während<br />

des Münchner Oktoberfestes, in deren<br />

Mittelpunkt die Frau stand, gehörten<br />

im gynäkologischen Bereich zu<br />

den populärsten Einrichtungen, bei<br />

denen auch die häufig beschriebene<br />

wohltuende bayrische Befindlichkeit<br />

einen gebührenden Platz einnahm<br />

und Weissenbacher als Gastgeber zu<br />

glänzen verstand.<br />

Die bodenständige, zutiefst<br />

bayrisch verwurzelt Nähe im Umgang<br />

mit Patientinnen und Kollegen<br />

zeigt ihn als eine äußerst beliebte Persönlichkeit,<br />

mit der man sich sofort auf<br />

Du und Du befindet, schafft ein besonderes<br />

Vertrauensverhältnis in fürsorglicher<br />

Atmosphäre, in der man<br />

sich äußerst kompetent versorgt fühlt.<br />

Während seiner 43-jährigen<br />

universitären Tätigkeit, zuletzt als Extraordinarius<br />

für Gynäkologie und Leiter<br />

der Geburtshilfe am Klinikum München-Großhadern,<br />

war Weissenbacher<br />

im Präsidium und Vorstand der<br />

wichtigsten gynäkologischen Verbände,<br />

gab mehr als 800 Publikationen<br />

heraus, hielt weltweit etwa 1000<br />

Vorträge, wurde vielfach geehrt und<br />

betreute 120 Doktoranden. Sein Cur-<br />

Prof. Dr.med. Dr. h. c. Ernst Rainer Weissenbacher in seiner Praxis<br />

6


Prof. Dr.Weissenbacher und Prof. Dr. Hepp anlässlich des President´s Table der<br />

Deutschen Eliteakademie<br />

riculum vitae ist demzufolge sehr beeindruckend.<br />

Selbst heute – in der dritten Periode<br />

seines Lebens – gehört noch immer<br />

die Gynäkologie zum Haupttätigkeitsfeld<br />

und – anstatt am Starnberger<br />

See zu segeln oder zu golfen – hat<br />

sich der nunmehr 69-Jährige Anfang<br />

des Jahres entschlossen, im Herzen<br />

von München ein Facharztzentrum<br />

zu eröffnen, das unter der Bezeichnung<br />

„Premium <strong>Medizin</strong>“ Frauen<br />

weltweit zur Verfügung steht und<br />

den Patientinnen eine effiziente, qualitativ<br />

hochwertige und menschliche<br />

Betreuung verspricht. Dafür bürgt<br />

Rainer Weissenbacher mit seinem Namen<br />

und seiner Kompetenz.<br />

Dass er nach einem finanziell<br />

letztlich fast risikolosen Berufsleben als<br />

Universitätsprofessor im Fach <strong>Medizin</strong><br />

an der wohl renommiertesten bundesdeutschen<br />

Hochschule, der Ludwig-Maximilians-Universität<br />

in München,<br />

das wirtschaftliche Risiko einer<br />

Praxisgründung und –etablierung auf<br />

sich nahm, zeigt ihn als mutigen und<br />

unternehmerisch denkenden Arzt,<br />

dem das Alter keineswegs die Hinwendung<br />

zu weiteren, für ihn wichtigen<br />

Aufgaben in der <strong>Medizin</strong> genommen<br />

hat, natürlich auch unter dem<br />

Gesichtspunkt des pekuniären Erfolgs<br />

für ihn und seine neue Familie.<br />

Weissenbacher, dem Gynäkologen<br />

und Infektiologen, der notwendige<br />

operative Eingriffe und Entbindungen<br />

in der bekannten Münchner<br />

Frauenklinik Dr. Geisenhofer, direkt<br />

am Englischen Garten gelegen, vornimmt,<br />

stehen in der sogenannten<br />

Premium <strong>Medizin</strong> auf dem Gebiet<br />

Hormone und Antiaging der Wiener<br />

Gynäkologe Prof. Dr. J. Huber, für Mikrobiologie<br />

und Hygiene Prof. Dr. H.<br />

Blenk, in der onkologischen Risikobe-<br />

Prof. Dr.Weissenbacher in einer Talk-Runde zur Thematik „Wie wichtig sind Eliten?“<br />

8


Premium <strong>Medizin</strong><br />

ratung mit dem Schwerpunkt<br />

Mammakarzinom Prof. Dr. A. Meindl<br />

vom Münchner Universitätsklinikum<br />

rechts der Isar, für Komplementäre<br />

Onkologie und Immunologie der Allgemeinmediziner<br />

Dr. Dr. W. Miller, zu<br />

Fragen der Osteologie und Inneren<br />

<strong>Medizin</strong> Prof. Dr. R. Bartl, für die Paarund<br />

Sexualtherapie Dr. B. Wagner<br />

und auf dem Gebiet der Psychiatrie<br />

Prof. Dr. G. Laakmann, mit Spezialsprechstunden<br />

zur Seite.<br />

Selbst das Private kommt bei<br />

Weissenbacher keineswegs zu kurz,<br />

wie das häufig auch der Boulevardjournalismus<br />

anschaulich zeigt. Wir<br />

wollen dies allerdings mit einem gewissen<br />

Augenzwinkern bei zwei<br />

schönen, ihn im Besonderen betreffenden<br />

Ereignissen in diesem Jahr belassen.<br />

Einen Tag nach der offiziellen<br />

Eröffnung seines Facharztzentrums<br />

„Premium <strong>Medizin</strong>“ kam Weissenbachers<br />

jüngste Tochter aus 2. Ehe mit<br />

seiner Hilfe zur Welt und nur einige<br />

Monate später wurde er erneut<br />

Großvater dank einer seiner Töchter<br />

aus 1. Ehe.<br />

Nichtsdestotrotz war dem<br />

Nachwuchs das berufliche Leben des<br />

Vaters eher Ansporn. So hat sich sein<br />

ältester Sohn bereits in der Gynäkologie<br />

habilitiert, ist eine Tochter zwischenzeitlich<br />

Fachärztin für Dermatologie.<br />

Rainer Weissenbacher kann<br />

auf ein sehr erfolgreiches Leben<br />

zurückblicken – als eine Persönlichkeit<br />

von Rang in der Frauenheilkunde<br />

und als äußerst sympathischer Vertreter<br />

des bayrischen Savoir vivre.<br />

9


AREZOO WEISSENBACHER<br />

Die Hinwendung zur Malerei erfolgte<br />

bei ihr schon in jungen Jahren, auch<br />

wenn es im Iran einer Frau nicht leicht<br />

gemacht wurde, sich künstlerisch zu<br />

entfalten. Arezoo wandte sich deshalb<br />

erstlinig der englischen Literatur<br />

zu, um sich akademisch weiterzubilden<br />

und nicht künstlerisch aufzufallen.<br />

Auch die Ausreise nach München<br />

und die Geburt ihrer ersten<br />

Tochter im Jahr 2001 führten noch<br />

nicht dazu, sich wieder der Malerei zu<br />

widmen. Erst vor vier Jahren mit der<br />

Verbindung zu dem Gynäkologen<br />

Rainer Weissenbacher und der darauf<br />

folgenden Hochzeit begann sie sich<br />

erneut der <strong>Kunst</strong> zuzuwenden.<br />

Die heute 39-jährige Malerin<br />

bevorzugt das mysthische Sujet, in<br />

dem man sicherlich Verbindungen zu<br />

realen Bezügen herstellen kann, deren<br />

Suche und Findung sie allerdings<br />

dem Auge des Betrachters überlässt.<br />

Deshalb betitelt Arezoo Weissenbacher<br />

ihre Werke nicht, lässt sie als geheimnisvolle<br />

Dokumente in dieser abstrahierten<br />

Formgebung auf den Betrachter<br />

wirken.<br />

<strong>Als</strong> Werkstoff verwendet sie<br />

vorzugsweise Acryl, der wetterfest<br />

und leicht spanabhebend auf der<br />

Leinwand zu bearbeiten ist, verbindet<br />

jene Farben mit Sand oder anderen<br />

Materialien, um damit ihre Vorstellungen<br />

noch kompakter zu verwirklichen,<br />

dabei möglichst neue, noch<br />

nicht dagewesene Motive zu schaffen.<br />

Ihre Sujets sind extrem gefühlsbetont,<br />

unterliegen deutlich den jeweiligen<br />

Stimmungsschwankungen,<br />

und die oft als unmittelbare Wirklichkeit<br />

empfundene Wahrnehmung ist<br />

letztlich die Spiegelung ihrer persönlichen<br />

Empfindungen.<br />

Bei Arezoo Weissenbacher<br />

drückt sich dies in einer sekundären<br />

Gegenstandslosigkeit aus, sind An -<br />

klänge, Spuren und Rückbesinnungen<br />

an Dingformen erkennbar, wie<br />

zum Beispiel der tragische Suizid ihres<br />

Arezoo Weissenbacher<br />

noch jugendlichen Bruders, der mit<br />

18 Jahren sein Leben beendete, dessen<br />

Tod sie immer wieder – zumindest<br />

malerisch – zu verarbeiten sucht.<br />

Die in ihrer Bildsprache bisweilen<br />

magisch wirkenden Motive offenbaren<br />

in ihrer ungebundenen Ausdrucksweise<br />

konkave und konvexe<br />

Formen mit positiven und negativen<br />

Volumina – als selbständige Komponenten<br />

ihrer Malerei.<br />

10


Die erste Ausstellung von Arezoo<br />

Weissenbachers Bildern fand<br />

kürzlich in der Münchner Frauenklinik<br />

Dr. Geisenhofer am Englischen Garten<br />

statt. Der Tag der Vernissage fiel –<br />

Spiel des Zufalls – mit der Geburt ihrer<br />

zweiten Tochter zusammen und war<br />

schon aus diesem Grunde bedeutsam.<br />

Das Publikum zeigte sich an den<br />

Exponaten hochinteressiert, auch<br />

Verkäufe kamen zustande. So erwarb<br />

die Ärztin und Moderatorin Antje Katrin<br />

Kühnemann eines der Bilder für<br />

ihre Sammlung, gab es viel Lob für<br />

Arezoos malerische Werke, die noch<br />

mit sehr moderaten Preisen versehen<br />

waren.<br />

Arezoo Weissenbacher in dier<br />

zeitgenössische <strong>Kunst</strong> als Malerin des<br />

21. Jahrhunderts einzuordnen, ihrer<br />

künstlerischen Ausdrucksform und<br />

den damit verbundenen Bildwelten<br />

einen echten Stellenwert zuzuordnen,<br />

fällt trotz der herrschenden Pluralität<br />

in der heutigen Malerei nicht<br />

leicht. Sie befindet sich allerdings auf<br />

einem sehr guten Weg, Zeichen zu<br />

setzen, wenn sie sich konsequent in<br />

dieser ihrer Ausdrucksform weiterentwickelt,<br />

um – wie ihr Ehemann in der<br />

Gynäkologie – eine Malerin von Rang<br />

zu werden.<br />

Arezoo Weissenbacher und ihr Ehemann Rainer Weissenbacher<br />

12


Iberogast®. Zusammensetzung: 100 ml Flüssigkeit enthalten folgende Wirkstoffe: Auszüge aus: Iberis amara (Bittere Schleifenblume – Frische Ganzpflanze) (1 : 1,5-2,5) 15,0 ml, Auszugsmittel: Ethanol 50 % (V/V); Angelikawurzel (1 : 2,5-3,5) 10,0 ml; Kamillenblüten (1 : 2 -4) 20,0 ml; Kümmelfrüchten (1 : 2,5-3,5) 10,0 ml; Mariendistelfrüchten<br />

(1 : 2,5-3,5) 10,0 ml; Melissenblättern (1 : 2,5-3,5) 10,0 ml; Pfefferminzblättern (1 : 2,5-3,5) 5,0 ml; Schöllkraut (1 : 2,5-3,5) 10,0 ml; Süßholzwurzel (1 : 2,5-3,5) 10,0 ml; Auszugsmittel für alle Arzneidrogen: Ethanol 30 % (V/V). Anwendungsgebiete: Zur Behandlung von funktionellen und motilitätsbedingten Magen-Darm-Erkrankungen<br />

wie Reizmagen- und Reizdarmsyndrom sowie zur unterstützenden Behandlung der Beschwerden bei Magenschleimhautentzündungen (Gastritis). Diese Erkrankungen äußern sich vorwiegend in Beschwerden wie Magenschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, Magen-Darm-Krämpfen, Übelkeit und Sodbrennen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit<br />

(Allergie) gegen die Wirkstoffe von Iberogast®. Bei Kindern unter 3 Jahren darf Iberogast® nicht eingenommen werden, da keine ausreichenden Erfahrungen vorliegen. Schwangerschaft und Stillzeit: Aus den vorliegenden Daten lassen sich keine Hinweise für Bedenken hinsichtlich der Anwendung während der Schwangerschaft und Stillzeit ableiten.<br />

Gleichwohl soll Iberogast® während der Schwangerschaft und Stillzeit nur nach Rücksprache mit einem Arzt eingenommen werden. Nebenwirkungen: Sehr selten können Überempfindlichkeitsreaktionen wie z. B. Hautausschlag, Juckreiz, Atembeschwerden auftreten. Bei Auftreten von Nebenwirkungen sollte das Präparat abgesetzt und ein Arzt<br />

aufgesucht werden. Dieser kann über den Schweregrad und gegebenenfalls erforderliche weitere Maßnahmen entscheiden. Warnhinweis: Das Arzneimittel enthält 31 Vol.-% Alkohol. Pharmazeutischer Unternehmer und Hersteller: STEIGERWALD Arzneimittelwerk GmbH, Havelstraße 5, 64295 Darmstadt. Stand der Information: Oktober 2010.<br />

Iberogast ®<br />

Mit der schnellen,<br />

starken und breiten<br />

Wirksamkeit.<br />

www.iberogast.de


WENN SPERRGEPÄCK RÄUME ERÖFFNET…<br />

EINE ERFAHRUNGSSCHILDERUNG<br />

BERICHT ÜBER DEN BILDHAUER PROF. DR. JOSEF ALEXANDER HENSELMANN<br />

Wer sich im riesigen und dieser Tage<br />

eisigen Mac-Forum des Münchner<br />

Flughafens – von Terminal 2 her kommend<br />

– in die Ausstellung von Josef<br />

Henselmann hineinverirrt, dürfte<br />

kaum gefasst sein auf das, was ihn erwartet.<br />

Noch unter dem Eingang tastet<br />

er vielleicht nach dem erläuternden<br />

Flyer, überfliegt ihn rasch und tut<br />

dabei, fast unbewusst, jenen kleinen<br />

Schritt, der ihn in einen Mikrokosmos<br />

innerer Form- und Sinn-Verstrebungen<br />

hineinträgt.<br />

Den Blick von der Lektüre hebend<br />

und zunächst in den Raumbeschriftungen<br />

Orientierung suchend,<br />

erschließt sich ihm als erstes, dass die<br />

vier ‚Destinationen’ im Werdegang<br />

des Künstlers, nach denen die Werke<br />

hier angeordnet sind, tatsächlich vier<br />

Himmelsrichtungen repräsentieren:<br />

München, die Heimat des Künstlers,<br />

steht für den ‚Süden’ (freilich den ideellen,<br />

nicht den real-geographischen<br />

des Flughafens). Linker Hand – im<br />

empfundenen ‚Westen’ – eröffnet sich<br />

Amerika, gen ‚Norden’ Berlin und als<br />

‚Osten’ der Bereich der von Indien inspirierten<br />

Werke.<br />

Der Raum München fungiert<br />

dabei nicht nur aufgrund des biographischen<br />

Primats, sondern auch aufgrund<br />

der Thematik der gezeigten<br />

Werke als fügliches Entrée: Er ist<br />

gleichsam Startbahn und Abflug-Rampe<br />

für eine Erfahrung der Ausstellung.<br />

Er nimmt einerseits unmittelbar Bezug<br />

Prof. Dr. Josef Alexander Henselmann in seinem Atelier<br />

14


NY, Libelle 30 x30 cm<br />

NY 1, 30 x 30 cm<br />

NY Campell 30 x 30 cm<br />

auf die Lokalisierung der Ausstellung –<br />

am Flughafen – und nützt diese Bezugnahme<br />

andererseits sofort, um<br />

den Beschauer aus dem Hier und Jetzt<br />

in andere Sphären zu entführen: in die<br />

Vergangenheit, in die Dimension des<br />

Wunschdenkens und in eine Selbstreflexion.<br />

Wir finden uns hineingesogen<br />

in die Phantasien des alten Menschheitstraums<br />

vom Fliegen. Denn hier<br />

werden Glasbilder Henselmanns gezeigt,<br />

deren Originale anderenorts am<br />

Flughafen München (im Foyer des<br />

Parkhauses von Terminal 2) Stationen<br />

in der Geschichte der Luftfahrt seit<br />

Leonardo da Vinci darstellen. Der faszinierende<br />

Magnetismus dieser Bild-Objekte<br />

besteht nun darin, dass die Flugvehikel<br />

– etwa ein Hubschrauber, ein<br />

Doppeldecker, etc. – oder ein Portrait<br />

Leonardos auf Spiegel aufgebracht<br />

sind. So kann der Beschauer in den<br />

Originalen oftmals nicht umhin, unversehens<br />

auch seine eigene Gestalt<br />

auftauchen zu sehen, wie sie mit den<br />

Flugzeugen verschmilzt (und erkennt<br />

etwa in einer Fotografie das Spiegelbild<br />

Henselmanns). Indem wir uns solcherart<br />

in die Flugzeugbilder hineinversinnen<br />

und sie aus der Zweidimensionalität<br />

zum Flug und zur Plastizität<br />

hervorwachsen fühlen, wird uns dieser<br />

Eindruck zu einer unmittelbaren<br />

Sinneserfahrung: Gemeinsam mit<br />

dem Künstler träumen wir hier aktiv<br />

jene alte Menschheitssehnsucht nach<br />

und mit, aus der all die gezeigten Fluggeräte<br />

hervorgingen.<br />

Wendet man sich dann dem<br />

Raum New York zu, erscheint er auf<br />

abstrakter Ebene vor allem von der<br />

Idee des Kastens oder Käfigs beherrscht.<br />

Etwa in einer exotherm humorvollen<br />

und spielerischen Variante,<br />

wenn der Künstler in kleinen Kästchen<br />

NY 2, 30 x 30 cm<br />

– genüsslich selbstironisch die haptische<br />

Attraktivität dieser objets trouvés<br />

mit-zelebrierend – eine Reihe von farbensatt<br />

in Rot- und Grüntönen lockenden<br />

Naturreproduktionen präsentiert:<br />

einen Frosch, eine Libelle, grazil rankende<br />

floreale Formen.<br />

Zugleich ist diese New Yorker<br />

Dimension die ‚menschennächste’<br />

der Himmelsrichtungen, da zwei Fotografien<br />

den Trompeter Uwe Kleindienst<br />

und den Lyriker Ludwig Steinherr<br />

in Henselmanns in Amerika erbautem<br />

„Dollar Cage“ zeigen. Dass<br />

dieser Käfig aus sog. „Heaven Dollars“<br />

besteht, d.h. auf Papier gedrucktem<br />

NY Frosch 2, 80 x 80 cm<br />

15


16<br />

Scheingeld, das in China Town zu Ehren<br />

der Toten verbrannt wird, verleiht<br />

diesem schwebend leicht wirkenden<br />

Gebilde symbolisches Gewicht: Es<br />

mag für ein Gefangen-Sein in dem<br />

wert-losen kapitalistischen Denken stehen,<br />

das erst durch sein Aufgehen im<br />

Feuer das menschliche Dasein auf<br />

eine Dimension des Jenseits hin öffnet.<br />

Daneben belegen die beiden<br />

genannten Fotografien, welche inspirierende<br />

Wirkung von Henselmanns<br />

Oeuvre auf andere Künste und Künstler<br />

ausgeht. Diese gewinnt eine eigenständige<br />

sinnliche Dimension, wenn<br />

mittels einer Klanginstallation auch die<br />

Werke der beiden abgebildeten Künstler<br />

akustisch vergegenwärtigt werden:<br />

Der makellos gold-leuchtende Jubelton<br />

von Kleindiensts Trompete erhebt<br />

und verwandelt das Kreuz der Ausstellung<br />

– inmitten des immer wieder darüber<br />

hindröhnenden Fluglärms –<br />

hinüber zur Klang-Atmosphäre eines<br />

Sakralraums; und die Gedichte – gerade<br />

weil sie ein noch achtsameres Hinhören<br />

herausfordern – führen und verführen<br />

uns zu einer meditativen Aufmerksamkeit<br />

und Lauschkonzentration,<br />

aus der heraus sich wiederum weitere<br />

geistige Räume – etwa der Gemälde<br />

Vermeers oder einer<br />

Venedig-Erfahrung – erschließen.<br />

In den angrenzenden Berlin-<br />

Raum hinüber begleitet uns, gleichsam<br />

die New York-Erfahrung weitermodulierend,<br />

das Bild einer Hochhaus-<br />

oder Wolkenkratzerfassade, deren<br />

Fenster entweder von innen beleuchtet<br />

sind oder sich im Sonnenlicht<br />

zum Blendgleißen entzünden. Die<br />

letztere Deutung legt das daneben<br />

wartende Bild einer Sonne nahe, zu<br />

der sich zwei menschliche Gestalten,


schmal vor vibrierender Ekstase, hinweisend<br />

emporrecken.<br />

An der gegenüberliegenden<br />

Wand antwortet dieser Licht- und<br />

Sonnen-Evokationen ein sie relativierendes,<br />

spirituelles Pendant: die Fotographie<br />

jenes ‚Kreuzgangs’ (im Wortsinn),<br />

den Henselmann als begehbare<br />

Installation für die bayerischen Landesvertretungen<br />

in Bonn und Berlin konzipiert<br />

hat. Eine von Holzzäunen markierte<br />

und umschränkte, in wechselnden<br />

Farben bestrahlte Gasse in Kreuzform,<br />

die der Beschauer durchschreiten<br />

kann, wobei er – entsprechend<br />

den drei Kreuzen auf Golgotha – dreimal<br />

Balkentore über sich sieht, die<br />

auch an Galgen gemahnen. Diese Installation<br />

versinnlicht buchstäblich ‚unentrinnbar’<br />

(und zwingt zur Reflexion<br />

darüber), was es heißt, den Weg des<br />

Kreuzes zu gehen. Für die Ausstellung<br />

am Flughafen fungieren die Kreuzgang-Fotografien<br />

als eine mise en abyme,<br />

eine Reproduktion ihrer maßgeblichen<br />

Struktur in einem ihrer Details.<br />

Tatsächlich ist jene Ausstellung selbst<br />

ein Angebot und eine Aufforderung,<br />

ihr reflexionsheischendes, zur Kreuzform<br />

geordnetes Sperrgepäck auf sich<br />

zu nehmen und sich davon verändern<br />

zu lassen.<br />

Dass schließlich der Osten –<br />

und die im indischen Bangalore entstandenen<br />

Arbeiten – uns, die wir in<br />

der abendländischen Kultur-Tradition<br />

sozialisiert sind, als die verstörendste<br />

Dimension empfängt, hat seine eigene,<br />

hohe Triftigkeit: Die amorphen<br />

Schlamm- oder Erd-Formationen<br />

oder Wassergischt in weiß-grauer<br />

Aschen-Chromatik widersetzen sich<br />

eklatant allen farb-hübschen, wohlfeil<br />

touristischen Klischees von Indien und<br />

17


werfen uns vielmehr in eine radikale<br />

Verunsicherung, wie sie – möglicherweise<br />

– von einer Überforderung der<br />

Netzhaut durch eben zu viel Licht und<br />

einen zu übermächtigenden Farbenrausch<br />

oder durch den zeitgleichen<br />

Schock naturhafter Armut und Kargheit<br />

hervorgerufen wird. Andererseits<br />

gewinnen aus diesen Bildern mehrfach<br />

fragmentarische weibliche Akte<br />

Kontur; und in dem zentralen Bild<br />

mag man sogar eine Stellung des Kamasutra<br />

erahnen dürfen. Zweifelsohne<br />

quillt hier ursprüngliches Leben –<br />

nur eben eines, dessen Wahrnehmung<br />

uns vor allem aus der Fassung<br />

bringt und überfordert. Wir tasten<br />

hier dankbar nach den Rahmen, die<br />

uns den Halt einer ästhetischen Distanzierung<br />

ermöglichen: Mehr als<br />

solche Aus- oder vielmehr Ein-Blicke in<br />

die Fremdheit, gar ein Eintauchen in<br />

sie mit allen Sinnen, wäre eine zutiefst<br />

beunruhigende Erfahrung, womöglich<br />

ein ästhetisch nicht mehr bewältigbarer<br />

Selbst-Verlust.<br />

Eine letzte, fast unbewusste<br />

Wendung reißt den Beschauer aus<br />

dieser Ahnung zurück und wieder in<br />

den Anfangs-, den Flughafen-Raum<br />

München. Was hat er erlebt? Waren<br />

es wirklich nur vier 2,5 x 2,5 Meter<br />

große Kuben, die er da mit wenigen<br />

Schritten durchmessen hat?<br />

Mechanisch, sein an den flüsternden<br />

Versen festgeklettetes Ohr<br />

mühsam losreißend, stolpert er aus<br />

dem Kreuz heraus – und findet sich<br />

wieder, als er die gesamte Installation<br />

nachdenklich langsam umrundet. Die<br />

vier Skulpturen, die gleichsam als<br />

Wächter das Kreuz umstehen, sind<br />

plötzlich aus ihrem Inneren heraus<br />

verstehbar: Menschengruppen, die<br />

diese Ausstellung ansehen wollen,<br />

angesehen haben bzw. vor allem: ansehen<br />

sollten!<br />

Im letzten Moment, bevor der<br />

Besucher sich abwendet, verhält er<br />

sinnend vor der geheimnisvollsten jener<br />

Wächterfiguren: In ihr scheint ein<br />

Reit-Tier erkennbar – auf dem horizontalen<br />

Leib vielleicht etwas wie ein Engelsflügel?<br />

Eine Flucht nach Ägypten?<br />

Ein Flug? Ohne das Rätsel gelöst zu<br />

haben, fasst er einen sehr tiefen, ihm<br />

die Schultern straffenden Atemzug<br />

und zugleich mit diesem noch einmal<br />

all die gesammelten Eindrücke in sich<br />

hinein, dreht sich um – strebt weg.<br />

Ein sehr seltener und seltsamer<br />

Fall: Sperrgepäck, das uns fremd-ferne<br />

Räume ‚entsperrt’, d.h. zur Er-Fahrung<br />

öffnet – und das uns selbsttätig und<br />

zur Euphorie entschwerend so lange,<br />

lange nachgeht!<br />

18


PROF. DR.MED. DR.PHIL. JOHANNES RING<br />

Er gehört zu den führenden bundesdeutschen<br />

Dermatologen, wenn es<br />

um die Allergologie geht und in der<br />

Nachfolge von Siegfried Borelli übernahm<br />

er 1995 als Ordinarius und Direktor<br />

die Klinik und Poliklinik für Dermatologie<br />

und Allergologie an der<br />

Technischen Universität in München.<br />

Der Abschied von Hamburg<br />

als Leiter der Universitäts-Hautklinik<br />

Eppendorf in der damaligen Nachfolge<br />

von Theodor Nasemann und<br />

Karl-Heinz Schulz fiel ihm trotz seiner<br />

tiefen Verwurzelung in Bayern sehr<br />

schwer. Der fünf Jahre lange Aufenthalt<br />

in der Hansestadt zeigte Johannes<br />

Ring, dass es auch für einen<br />

Bayern außerordentlich attraktiv sein<br />

kann, im Norden Deutschlands zu<br />

leben und zu arbeiten.<br />

Doch das Angebot, nach<br />

München zu kommen, von Siegfried<br />

Borelli persönlich vorgetragen,<br />

klang derartig überzeugend, dass<br />

Ring nicht Nein sagen konnte. Borelli<br />

war immer sehr geschickt darin,<br />

seine Vorstellungen durchzusetzen,<br />

und im stetigen Wettbewerb mit der<br />

Dermatologie der LMU München<br />

bildete Ring die erste Wahl, dem<br />

Konkurrenten medizinisch-wissenschaftlich<br />

Paroli zu bieten. Gerade<br />

auf dem Gebiet der Allergologie ist<br />

der Biederstein in München die allererste<br />

Adresse in Deutschland. Ring<br />

konnte dies 18 Jahre lang unter Beweis<br />

stellen.<br />

Heute steht Johannes Ring<br />

selbst vor der Emeritierung und zum<br />

Jahreswechsel wird sein Nachfolger<br />

das Haus am Biederstein überneh-<br />

Dermatologische Universitätsklinik am Biederstein, München<br />

20


Prof. Ring im Kreis seiner Mitarbeiter bei der Mittagsvisite<br />

men und er in den wohlverdienten<br />

Ruhestand gehen – im schönen<br />

Icking im oberbayerischen Isartal,<br />

um dann seiner zweiten Passion als<br />

Verfasser großartiger volksnaher<br />

Schauspiele nachzugehen.<br />

Seine charismatische Vita<br />

zeigt Ring nicht nur als bedeutenden<br />

<strong>Medizin</strong>er in Dermatologie und<br />

Allergologie, der dort bleibende Zeichen<br />

gesetzt hat, sondern auch als<br />

einen Lehrer von Rang, dessen<br />

Schüler heute überall in der Bundesrepublik<br />

anzutreffen sind.<br />

Ring selbst vertritt hier die Auffassung,<br />

dass ihm das meiste zugeflogen<br />

wäre, ohne dass er sich darum<br />

ernsthaft bemüht hätte.<br />

Nach seinem <strong>Medizin</strong>studium<br />

an der LMU in München promovierte<br />

er 1970 am Institut für Chirurgische<br />

Forschung unter der Leitung<br />

von Walter Brendel mit dem Thema<br />

„Antilymphozytenglobulin“, habilitierte<br />

in der Folge zum Thema „Anaphylaktoide<br />

Reaktionen“, um mit einem<br />

Forschungsaufenthalt an der<br />

Division of Allergy and Clinical Immunology<br />

der Scripps Clinic and Research<br />

Foundation in La Jolla, Kalifornien,<br />

sein internationales Rüstzeug<br />

zu erlangen. Von 1978 bis<br />

1991 war Ring an der Dermatologischen<br />

Klinik der LMU München unter<br />

der Leitung von Otto Braun-Falco<br />

als Klinischer Oberarzt und Leiter<br />

der Allergieambulanz tätig, bis ihn<br />

1991 der Ruf an die Universitäts-<br />

Hautklinik Hamburg-Eppendorf erreichte<br />

und fünf Jahre später die Berufung<br />

als Ordinarius an die Derma-<br />

22


tologie der TU München, deren<br />

Lehrstuhl er bis heute innehat.<br />

Rings Therapien beruhen auf<br />

einer Hypersensibilisierung bei Insektengift-,<br />

Nahrungs- und Arzneimittelallergien,<br />

machten ihn und den Biederstein<br />

zu einer der wichtigsten Institutionen<br />

weltweit, wenn es um die Allergologie<br />

geht. Bis zu 7.000 Besucher<br />

kamen zu seinen Veranstaltungen,<br />

Kongressen und Fortbildungstagungen<br />

nach München, Davos und Garmisch-Partenkirchen,<br />

die dank seiner<br />

medizinisch-wissenschaftlichen Präsenz<br />

und der von ihm inszenierten begleitenden<br />

Theateraufführungen zu<br />

nachhaltigen Ereignissen wurden.<br />

Johannes Rings Forschungsaktivitäten<br />

ließen ihn zum Sprecher des<br />

Exzellenz-Zentrums an der TU München<br />

im sogenannten „Global Allergy<br />

and Asthma European Network“ werden<br />

sowie zum Mitglied im Direktorium<br />

des Forschungsnetzwerkes „Christine-Kühne-Center<br />

for Allergy Research<br />

and Education“ in München, Davos<br />

und Zürich.<br />

Im medizinischen Bereich verfasste<br />

er mehr als 25 Bücher, über 600<br />

Originalarbeiten und hielt 600 wissenschaftliche<br />

Vorträge, wurde vielfach<br />

geehrt und ausgezeichnet, zuletzt<br />

mit der Staatsmedaille „Umwelt<br />

und Gesundheit“ des Freistaats Bayern.<br />

Dass Johannes Ring 1979<br />

noch zum Dr. phil. in Bayerischer Geschichte<br />

bei Karl Bosl in München promovierte,<br />

zeigt ihn auch als engagierten<br />

traditionsbewussten Bajuwaren<br />

und nicht nur als großen Dermatologen<br />

und Allergologen.<br />

23


JOHANNES RING<br />

BERICHT VON PROF. DR. HEIDRUN BEHRENDT-RING<br />

Was soll man als Frau, die selbst Wissenschaftlerin<br />

und Universitätsprofessorin<br />

ist und ein Forschungsinstitut,<br />

das ZAUM – Zentrum Allergie und<br />

Umwelt, aufgebaut hat, über solch einen<br />

so typisch untypischen Professor<br />

sagen?<br />

Auch ich habe immer hart gearbeitet,<br />

aber die unbändige Arbeitsfreude<br />

von Johannes Ring hat mich<br />

oft erstaunt. Dabei kann er – und vielleicht<br />

ist das sein Geheimnis – blitzschnell<br />

abschalten und etwas anderes<br />

tun. Er kann auch in jeder Situation<br />

und Körperhaltung schlafen, wenn<br />

der Körper dies verlangt.<br />

Johann Ring hat eigentlich keine<br />

„Hobbys“ im klassischen Sinne.<br />

Aber neben der <strong>Medizin</strong> interessieren<br />

ihn vor allem zwei Dinge, nämlich Geschichte<br />

und das Phänomen des Humors.<br />

Er lacht selbst häufig, laut und<br />

ansteckend; aber besonders liebt er<br />

es, andere heiter zu stimmen.<br />

Ich weiß von seiner Familie,<br />

dass er schon in der Schule Gedichte<br />

verfasst und mit dem ausdrucksstarken<br />

Vortrag von Balladen ganze Gesellschaften<br />

unterhalten hat.<br />

Anlässlich von Geburtstagsfeiern<br />

begann er dann verschiedene<br />

medizinische Disziplinen in selbst gedichteten<br />

Balladen zu karikieren. Da<br />

er in international gut vernetzte Arbeitsgruppen<br />

eingebunden war - sowohl<br />

in der chirurgischen Forschung,<br />

Immunologie als auch in der Dermatologie<br />

- war das bald sogar auf Englisch<br />

kein Problem. Und immer öfter<br />

wurde er auf Gesellschaftsabenden<br />

verschiedener Tagungen mit fortschreitender<br />

Tageszeit für „noch ein<br />

Gedicht!“ ans Mikrophon gebeten.<br />

Aus den Gedichten wurde<br />

mehr, es gab auch Lieder, kleine „Sketche“,<br />

Theaterszenen, bis schließlich<br />

„Allergo-Musicals“ sein Markenzeichen<br />

wurden: Seit 1985 hat er alle<br />

fünf Jahre anlässlich von internationalen<br />

Tagungen ein neues Musical geschrieben,<br />

das sich mit Themen der<br />

Allergie befasst und mit Schauspiel<br />

und Gesängen im Rahmen einer<br />

durchwegs spannenden Handlung<br />

streiflichtartig Entwicklungen und<br />

Fehlentwicklungen, Haltungen und<br />

Fehlhaltungen im großen Gebiet der<br />

Allergologie beleuchtet. Er ist kein<br />

Komponist; die Musik hat er sich immer<br />

geliehen, da, wo er sie am schönsten<br />

fand, von Volksliedern, Beethoven,<br />

Verdi, Wagner bis hin zu den Rolling<br />

Stones. Der Bayerische Defiliermarsch<br />

durfte nie fehlen. Die Musicals<br />

wurden jeweils im Rahmen des „Bavarian<br />

Evening“ auf einer großen internationalen<br />

Tagung aufgeführt.<br />

Das Markenzeichen bestand<br />

darin, dass alle Schauspieler, Sänger,<br />

Tänzer und Musiker Amateure waren,<br />

die als Mitarbeiter oder gute Freunde<br />

von Mitarbeitern in verschiedenen Bereichen<br />

der jeweiligen Kliniken in<br />

München arbeiteten. Das setzte eine<br />

gewaltige Übungsarbeit voraus, die<br />

auf verschiedene Schultern verteilt<br />

wurde; es gab immer Extraproben für<br />

den Chor, für einzelne Sänger, für<br />

Tanzeinlagen und Choreographie sowie<br />

die Band. Gott sei Dank verfügten<br />

die Kliniken über adäquate Hör- oder<br />

Visitensäle, in denen nach Dienstschluss<br />

bis spät in die Nacht geübt<br />

werden konnte. Die Patienten haben<br />

sich über die musikalischen Einlagen<br />

nie beklagt. Auch die Kostüme wurden<br />

großteils selbst gefertigt.<br />

Johann Ring selbst hat immer<br />

begeistert mitgesungen, sich von anfangs<br />

jugendlicheren Rollen altersadäquat<br />

die Rollen des erfahrenen Baritons<br />

ausgewählt (Amfortas, Poseidon,<br />

Vergil). Jedes dieser Stücke verfügt<br />

über eine eigene Geschichte, die sich<br />

stark an das Vorbild aus der Weltliteratur<br />

oder der realen Geschichte anlehnt.<br />

So sucht im „Dr. Faust and the<br />

mystery of Allergie“ (1990) der ruhelose<br />

Forscher Faust nach der letzten Erkenntnis,<br />

die er natürlich nicht in der<br />

Wissenschaft und im Forschungs-Ehrgeiz<br />

findet, während Gretchen („Allergita“)<br />

durch seine übersteigerten<br />

merkwürdigen Reaktionen fast zu<br />

Tode kommt – nur fast, denn natürlich<br />

bietet Johannes Ring am Ende immer<br />

ein Happy End.<br />

In dem Musical „Parzival and<br />

the grail of allergy“ (1995) sucht der<br />

reine Tor nach Erlösung der in sich zerstrittenen<br />

und völlig falsch reagierenden<br />

Welt und versäumt es, dem am<br />

„Total Allergy Syndrome“ (ähnlich Multiple<br />

Chemical Sensitivity (MCS)) leidenden<br />

König Amfortas die rettende einfache<br />

Frage zu stellen. Erst nach langen<br />

Wirrungen erkennt er die Bedeutung<br />

von Menschlichkeit und trifft auf<br />

den Gral, der in Form eines großen (2<br />

Meter durchmessenden) Eies plötzlich<br />

auf der Bühne steht. Dieses Ei hatte<br />

mein Vater, der ein begeisterter Bastler<br />

25


y Johannes Ring and the Biederstein Allergy Crew, based on<br />

a medieval adventurous travel according to Dante „Allerghieri“,<br />

Munich 2005<br />

Johannes Ring supported by Christine Kühne-Center of Allergy<br />

Research and Education (CK-Care)<br />

war, selbst nach den Wünschen meines<br />

Mannes hergestellt und mit einem<br />

von innen zu öffnenden automatischen<br />

Mechanismus versehen, aus<br />

dem sich das Ei öffnen konnte und unsere<br />

Kinder heraussprangen, indem<br />

sie ein großes Transparent mit der Aufschrift<br />

Toleranz enthüllten. Zum Einzug<br />

der Gralsjungfrauen auf die Melodie<br />

von Vangelis „Kolumbus“? ertönte<br />

die geheimnisvolle Weise „Mysterium<br />

Allergiae resolvitur hodie…. And here is<br />

the grail – let us unveil: Our only chance<br />

– is tolerance!”<br />

<strong>Als</strong> nächstes nahm er sich in<br />

„The Odyssee of Allergy“ (2000 und<br />

2001) des vielgeplagten herumirrenden<br />

Helden an, der, von der Göttin<br />

Pallas behütet, aber von Poseidon<br />

ständig gejagt und bekämpft,<br />

zahlreiche Prüfungen, die an allergische<br />

Erkrankungen erinnern, überwinden<br />

muss, bis es ihm schließlich<br />

gelingt, in seinem Haus die Parasiten<br />

am Herd Penelopes mit scharfen IgEförmigen<br />

Pfeilen zu erlegen. Dies<br />

entspricht der evolutionären Theorie<br />

der Allergie, wonach die Allergie-erzeugenden<br />

IgE-Antikörper ursprünglich<br />

zur Abwehr von großen<br />

Parasiten dienten und heute im Sinne<br />

der „Urwald-Hypothese“ durch<br />

Reaktion gegen harmlose Umweltstoffe,<br />

wie z. B. Pollenkörner, Menschen<br />

krank machen.<br />

Der Höhepunkt seiner Musicals<br />

ist meiner Meinung nach die allergologische<br />

Transformation der Göttlichen<br />

Komödie – ein Lieblingsbuch<br />

meines Mannes – in „L’Allergica Comedia<br />

– The comedy of allergy“, die er<br />

am Welt-Allergie- Kongress 2005 mit<br />

7.000 Teilnehmern vor 1.500 Leuten<br />

im Münchner Löwenbräukeller zur<br />

Aufführung brachte. In diesem Stück<br />

stimmte alles, die Geschichte hatte<br />

nicht nur eine spannende Handlung<br />

mit vielen heiteren Szenen, sondern<br />

26


y Johannes Ring and the Biederstein Allergy Crew, a Melodram<br />

in Nine Scenes, Davos 2000<br />

von Johannes Ring, in der Münchner Neu-Inszenierung anläßlich<br />

der 21. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Allergologie<br />

und klinische Immunologie (DGAI), München ,1999<br />

auch eine philosophische Bedeutung,<br />

die sich dem Zuhörer oft erst<br />

später erschloss. Hier wird der junge<br />

Dante durch den Stress der Zeit ratlos<br />

und von dem Lehrer Vergil zunächst<br />

durch das Inferno geführt, wo er die<br />

häufigsten Allergien als Höllenstrafe<br />

erlebt und Lucifer mit seinen Gesellen<br />

allerlei allergologische Testverfahren<br />

brutal überzeichnet. Im Purgatorio<br />

werden ihm die Zusammenhänge<br />

bewusst und der Chor der armen Seelen<br />

(zur Melodie von Verdis Nabucco)<br />

singen das Lied von der Sehnsucht<br />

nach Toleranz. Die gibt es aber erst im<br />

Paradies, wo nach Überschreiten des<br />

Flusses Lethe (des Vergessens) Beatrice<br />

auf ihn wartet, die eingangs ihn mit<br />

dem Lied lockte „Somewhere over the<br />

rainbow…“.<br />

Ich selbst kann nicht singen; er<br />

wollte mich aber immer dabei haben,<br />

wie er sagte, wegen meiner schöner<br />

Stimme, so dass ich bei den Musicals<br />

meist die Rolle der „Erzählerin“ „Muse“,<br />

oder als die „Engelsstimme“ bei dem<br />

Dante-Musical übernahm, um die<br />

Szenen während Vorhang und Kulissenwechsel<br />

zu überbrücken.<br />

Anfang und Ende des Dante-<br />

Musicals waren die Originalzeilen im<br />

alten Italienisch aus der Divina Comedia<br />

von „Nel mezzo del cammin di nostra<br />

vita …“ bis hin zu „….. L’amor che<br />

nove il sole e l’altre stelle“.<br />

Eigentlich wollte er mit dem<br />

Dante aufhören, weil er spürte, wie er<br />

mir sagte, dass dies der Höhepunkt<br />

war. Aber fünf Jahre später wurde er<br />

noch einmal gedrängt und nahm dieses<br />

Mal nicht ein Werk der Weltliteratur,<br />

sondern das Leben seines Lieblingskönigs<br />

Ludwig II. zum Thema: In<br />

dem Musical „King Ludwig II of Bavaria:<br />

His Life – His Death – His Allergy“,<br />

wiederum aufgeführt im Löwenbräukeller<br />

2010, beginnt das Stück mit einem<br />

Film, in dem an historischer Stät-<br />

27


te am Ufer von Schloss Berg König<br />

Ludwig, verfolgt von Doktor Gudden,<br />

in den See watet – worauf ein Schuss<br />

ertönt und man zwei Leichen auf<br />

dem Wasser treiben sieht. Im Musical<br />

wird der König anlässlich seiner Krönungs-Zeremonie<br />

von Gesandten<br />

vieler Länder mit häufigen Allergenen<br />

beschenkt. Anlässlich einer zart angedeuteten<br />

Liebesszene mit seiner Cousine<br />

Sissy kommt es zum ersten allergischen<br />

Schub akuter Nießanfälle. Er erkennt<br />

seine Unfähigkeit, normal zu lieben<br />

sowie seine Abneigung gegen<br />

Politik und wird fortan von immer stärkeren<br />

allergischen Symptomen bis hin<br />

zu unstillbarem Juckreiz gequält („It’s<br />

itching all over my body“), so dass<br />

schließlich der berühmte Doktor Richard<br />

Wagner zu Hilfe gerufen wird, um<br />

des Königs Allergie zu diagnostizieren<br />

und zu heilen. Die Allergie gegen<br />

Preußen – manifestiert in Gestalt des<br />

Bismarckherings - wird übermächtig<br />

und schließlich tödlich, es bleibt aber<br />

der Traum von der Schönheit. Nach<br />

allerlei Verwirrungen kommt es<br />

schließlich zum schicksalhaften<br />

Abend, den der König mit der Arie „I<br />

gave you the beauty – Let it be!“ beschließt<br />

und so nur noch das Kreuz im<br />

Starnberger See als Geheimnis verbleibt.<br />

Im Gespräch mit Petrus im<br />

Himmel diskutiert er die verschiedenen<br />

Hypothesen zu seinem Tod.<br />

Für den gefilmten Vorspann<br />

stürzte sich mein Mann tatsächlich vor<br />

Schloss Berg nach langem hektischen<br />

Lauf hinter dem vorauseilenden König<br />

in die Fluten. Die Szene musste mehrmals<br />

wiederholt werden, da ein Defekt<br />

an der Kamera aufgetreten war.<br />

In der Summe bedeuten ihm<br />

diese Musicals viel; man kann nie sagen,<br />

wann er konkret mit einer neuen<br />

Idee beginnt, eigentlich ist er die<br />

ganze Zeit „schwanger“; wenn er im<br />

Auto Musik hört, hält er plötzlich an<br />

und schreibt einen Song auf, den<br />

man auf irgendein Thema allergomusikalisch<br />

umdichten könnte.<br />

Johannes Ring<br />

Es ist auch interessant zu sehen,<br />

welche Grundthemen hinter<br />

den verschiedenen Musicals stehen:<br />

Im Doktor Faust ist es der zerrissene<br />

Forscher, der über die intellektuelle Erkenntnis<br />

keine Erfüllung findet. Im Parzival<br />

wird der Gral der Allergie in Form<br />

des Eies, aus dem die Kinder (das ist<br />

die Zukunft) springen, in der Toleranz<br />

erfüllt.<br />

Bei der Odyssee der Allergie<br />

wirkt Allergie auch belebend und am<br />

Ende der Irrfahrt bringen die auch Allergie-vermittelnden<br />

IgE-Antikörper<br />

den Parasiten den Tod.<br />

Bei Dante wird schließlich Allergie<br />

als Höllenstrafe und zugleich<br />

Chance im Purgatorio gesehen. Im<br />

großen Liebeslied für die Allergie singt<br />

er „You are the spectrum of the universe….<br />

Allergy o Allergy, I‘m so sensitive<br />

to you!“.<br />

Humor in der <strong>Medizin</strong> ist etwas<br />

ungeheuer Schwieriges; es muss immer<br />

das Decorum gewahrt bleiben,<br />

nie darf man sich über das Leid von<br />

Patienten lustig machen, wohl aber<br />

über komische Geisteshaltungen von<br />

Ärzten und Patienten oder Forschern.<br />

Das große Vorbild meines Mannes ist<br />

Molière, der dies meisterlich vorgemacht<br />

hat.<br />

Diese Musicals haben neben<br />

dem Spaß und der Freude am Beifall<br />

auch einen ganz anderen Effekt,<br />

nämlich den auf den Zusammenhalt<br />

des Teams. Die vielen Proben für die<br />

einmalige Aufführung – es sind ja immer<br />

„Unikate“ – schweißten die Mitarbeiter<br />

seiner Klinik und auch meines<br />

Forschungsinstitutes am Biederstein<br />

in einmaliger Weise zusammen.<br />

Es gibt dann keine amtlichen Hierarchien<br />

mehr, sondern lediglich sachbezogene:<br />

Wer am besten singt, darf<br />

singen, wer am besten tanzt, darf<br />

tanzen, wer am besten schneidern<br />

kann, macht die Kostüme, wer gute<br />

Ideen hat für die Kulissen, ist willkommen.<br />

Auf den Broschüren, die jeweils<br />

zur Aufführung verteilt werden, sind<br />

es meist über fünfzig aktive Teilnehmer,<br />

die zum Gesamterfolg beitragen.<br />

28


GUNTER SACHS<br />

EINER DER WICHTIGSTEN FOTOGRAFEN SEINER ZEIT<br />

Die Brillanz seiner fotografischen Arbeiten<br />

aufgrund einer perfektionierten<br />

Hinwendung bei der Inszenierung<br />

des jeweiligen Sujets macht<br />

Gunter Sachs in der Tat zu einem der<br />

wichtigsten Fotografen unserer Zeit.<br />

Sachs’ Name kann in einem<br />

Atemzug mit demjenigen von Helmut<br />

Newton oder Annie Leibovitz genannt<br />

werden, gehören doch seine<br />

Werke zum Ästhetischsten auf diesem<br />

Gebiet.<br />

<strong>Als</strong> eine der schillerndsten Persönlichkeiten<br />

der bundesdeutschen<br />

Nachkriegszeit hat Gunter Sachs<br />

längst Boulevardgeschichte geschrieben,<br />

hielt er als sonnengebräunter,<br />

gutaussehender Playboy und extravaganter<br />

Multimillionär Einzug in die<br />

bunten Blätter des Gesellschaftsjournalismus,<br />

ein Genre, das prominente<br />

Affären liebt und deren attraktive Zurschaustellung<br />

zu spektakulären<br />

Schlagzeilen verarbeitet.<br />

Doch die Berichterstattung<br />

über seinen damals aufwendigen<br />

umtriebigen Lebenswandel wird im<br />

Laufe der Zeit immer mehr verblassen<br />

– was bleibt und Bestand haben wird,<br />

sind Gunter Sachs’ hochkünstlerische<br />

Fotografien, als ein wichtiger Beitrag<br />

zur glamourösen Zeitgeschichte, die<br />

nachfolgende Generationen mit<br />

großem Interesse wahrnehmen werden.<br />

Die bekanntesten Vertreter der<br />

zeitgenössischen <strong>Kunst</strong>, angefangen<br />

bei Andy Warhol, über Roy Lichtenstein,<br />

bis hin zu Allen Jones oder Mel<br />

Ramos, zählten zu seinen Freunden,<br />

deren Werke er kollektivierte – als essentiellen<br />

Teil einer herausragenden<br />

Ascot, 1995. C-Print, 71 x 105 cm. Im Frühjahr 2012 erzielte in einer Auktion bei Sotheby’s in London dieser Titel, druckgelegt -<br />

nach dem Tod von Gunter Sachs - im Jahr 2012 einen Verkaufspreis von Euro 247.000.<br />

30<br />

Overpainted Photograph “Claudia Schiffer”/Blau,<br />

1996, C-Print, 105 x 60 cm


Sammlung. Angelehnt an deren Vorgaben<br />

und inspiriert vom eigenen<br />

Ideenreichtum schuf Gunter Sachs als<br />

ein Meister der perfekten Inszenierung<br />

fotografische Werke von unglaublichem<br />

Raffinement, die häufig<br />

sogar diejenigen weltberühmter<br />

Ideengeber übertrafen und zu <strong>Kunst</strong>werken<br />

von Rang mutierten.<br />

Mit Studios in München, New<br />

York, Paris und London bediente<br />

Gunter Sachs die internationale<br />

Nachfrage und ähnlich Andy Warhol’s<br />

Factory kreierte er nach exakten<br />

Vorstellungen seine fotografischen<br />

Meisterwerke.<br />

Trotzdem sieht man Gunter<br />

Sachs gerade in der BRD erstlinig immer<br />

noch als Frauen verführenden<br />

Playboy und sagenhaft reichen Lebemann,<br />

der auch noch danach trachtete,<br />

über fragwürdige Steuerparadiese<br />

seine geerbten Millionen zu vermehren.<br />

Deshalb ist der Durchschnittsbürger<br />

nur begrenzt bereit,<br />

sich mit der anderen Seite von Sachs’<br />

Leben zu befassen, in dessen Mittelpunkt<br />

die <strong>Kunst</strong> stand, auch wenn die<br />

ersten großen Ausstellungen und<br />

Auktionen nach seinem Tod die Feinsinnigkeit<br />

dieses großen Kreativen verdeutlichen.<br />

Den sogenannten Siegeszug<br />

der Pop-Art hat Gunter Sachs geradezu<br />

verinnerlicht und war speziell in<br />

der BRD einer der frühesten und<br />

Conquest of Paradise, 1997, C-Print in Diasec Montierung, 105,5 x 130,5 cm, signiert<br />

32


wichtigsten Vertreter dieser weltumspannenden<br />

<strong>Kunst</strong>richtung – als Galerist,<br />

Sammler und Fotograf. Sein besonderes<br />

Engagement trug dazu<br />

bei, dass in der <strong>Kunst</strong> alte Traditionen<br />

zerbrachen, die Bindungen zu einst<br />

verbindlichen sozialen Konventionen<br />

sich zu lösen begannen und immer<br />

mehr die Überzeugung die<br />

Oberhand gewann, dass die Welt<br />

sich in einem unablässigen Fortschritt<br />

auf den Zustand eines irdischen<br />

Paradieses zubewegen würde.<br />

Speziell Gunter Sachs bediente<br />

diese Vision in seinen fotografischen<br />

Arbeiten beispielhaft, die auch aufgrund<br />

der Schönheit der dargebotenen<br />

Sujets sich zu <strong>Kunst</strong>werken verselbständigten.<br />

Zwar konnte sich bisher noch<br />

kein nachhaltiger Markt für Sachs’ Exponate<br />

entwickeln, selbst wenn in der<br />

letztjährigen Auktion bei Sotheby’s in<br />

London eines seiner wichtigsten Werke<br />

mit dem Titel „Ascot“ für Euro<br />

247.000 versteigert wurde oder „Origine<br />

d’un Cri“ für Euro 150.000 den<br />

Besitzer wechselte.<br />

Wir sind überzeugt, dass Gunter<br />

Sachs’ Werke als brillante fotografische<br />

Erzeugnisse in allen wichtigen<br />

zeitgenössischen Sammlungen und<br />

Museen den Platz finden werden, der<br />

ihnen gebührt – in unmittelbarer<br />

Nähe zu Andy Warhol’s Arbeiten und<br />

anderen sehr wichtigen Exponaten<br />

hochrangiger <strong>Kunst</strong>schaffender dieser<br />

Epoche.<br />

Overpainted Photograph<br />

„Claudia Schiffer“/Gelb, 1996,<br />

C-Print, 105 x 60 cm<br />

33


PROF. DR. GERD LAUX<br />

EIN ENGAGIERTER KÄMPFER FÜR EINE HOCHKARÄTIGE MODERNE<br />

VERSORGUNGSPSYCHIATRIE UND LEIDENSCHAFTLICHER LEHRER IN DER PSYCHIATRISCHEN FORT-<br />

UND WEITERBILDUNG<br />

Zum 30.11.2013 gibt Professor Dr.<br />

med. Dipl.-Psych. Gerd Laux nach 18<br />

Jahren höchst erfolgreichen Wirkens<br />

seine Position als Ärztlicher Direktor<br />

und Chefarzt des kbo-Inn-Salzach-Klinikums,<br />

Fachkrankenhaus für Psychiatrie,<br />

Psychosomatik, Psychotherapie<br />

und Neurologie in Wasserburg/Inn,<br />

aus Altersgründen auf.<br />

Wenn man angesichts eines in<br />

jeder Beziehung vitalen, kraftstrotzenden,<br />

kreativen und unermüdlich Tätigen<br />

wie Gerd Laux „Altersgründe“ für<br />

sein berufliches Ausscheiden zitiert, so<br />

ist diese Paradoxie nur bedingt durch<br />

die starren Festlegungen Deutschlands<br />

hinsichtlich Lebensarbeitszeit<br />

und Berentungsalter, die angesichts<br />

des immer mehr erkennbaren ärztlichen<br />

Nachwuchsmangels im Fach<br />

Psychiatrie besonders absurd erscheinen.<br />

Gern wäre Prof. Laux noch weiter<br />

im Amt geblieben, um seine Visionen<br />

eines modernen großen psychiatrischen<br />

Versorgungskrankenhauses<br />

noch weiter zu verwirklichen. Dabei<br />

hat er so viel erreicht und kann zufrieden<br />

auf seine Leistungen zurückblicken.<br />

Für Prof. Laux war diese berufliche<br />

Aufgabe eine Mission, der er<br />

sich mit extremem Engagement widmete.<br />

In neuerer Zeit übliche Überlegungen<br />

zur „work-life-balance“ spielten<br />

bei ihm, wie bei vielen seiner Generation,<br />

keine Rolle.<br />

Gerd Laux studierte in den Jahren<br />

1967-1975 Psychologie und <strong>Medizin</strong><br />

in Mainz und Heidelberg, eine<br />

beachtliche und für seine spätere Berufsentwicklung<br />

bahnende Doppel-<br />

Leistung. Er schloss beide Studiengänge<br />

1974 mit dem Diplom bzw.<br />

Staatsexamen in Heidelberg ab und<br />

promovierte im gleichen Jahr zum<br />

Dr.med. In den folgenden Jahren absolvierte<br />

er die Weiterbildung zum<br />

Facharzt für Psychiatrie und Neurologie<br />

am Psychiatrischen Landeskrankenhaus<br />

Weinsberg sowie an der<br />

Neurologischen Universitätsklinik<br />

Würzburg und erreichte 1982 die<br />

Anerkennung als Nervenarzt (Neurologe<br />

und Psychiater) und kurz darauf<br />

die Anerkennung für den Zusatztitel<br />

Psychotherapie. 1983 absolvierte er<br />

ein Forschungsstipendium an der Affective<br />

Disorder Unit der University of<br />

Texas in Dallas (John Rush, MD).<br />

Nach der dann folgenden<br />

Tätigkeit als Leiter des Funktionsbereiches<br />

Akutpsychiatrie am Psychiatrischen<br />

Landeskrankenhaus Weinsberg<br />

arbeitet er von 1985-1992 als<br />

Oberarzt an der Psychiatrischen Universitätsklinik<br />

Würzburg (Direktor:<br />

Prof. Dr. H. Beckmann), wo er u.a.<br />

sein wissenschaftliches Forschungsgebiet<br />

Psychophamakotherapie entwickelte<br />

und sich 1989 für das Fach<br />

Psychiatrie habilitierte. Seit 1992 war<br />

er Leitender Oberarzt an der Psychiatrischen<br />

Universitätsklinik Bonn (Direktor:<br />

Prof. Dr. Hans-Jürgen Möller)<br />

und in Personalunion Direktor der<br />

Abteilung für <strong>Medizin</strong>ischen Psychologie<br />

der Universität Bonn. Nach<br />

dem durch Wegberufung bedingten<br />

Ausscheiden des ärztlichen Direktors<br />

übernahm er 1994 die Funktion des<br />

kommissarischen Direktors der Psychiatrischen<br />

Universitätsklinik Bonn.<br />

Obwohl in Forschung und akademischer<br />

Lehre höchst engagiert, entschloss<br />

er sich 1996, die Position des<br />

Ärztlichen Direktors an dem großen<br />

Bezirkskrankenhaus Gabersee in<br />

Wasserburg a. Inn, später kbo-Inn-<br />

Salzach-Klinikum genannt, im landschaftlich<br />

schönen und nah zu München<br />

gelegenen Oberbayern zu<br />

übernehmen. Der immer in ihm angelegte<br />

Wunsch nach hochkarätiger<br />

ärztlicher Versorgungsarbeit gewann<br />

so Vorrang für seine weitere<br />

berufliche Lebensgestaltung. Dass<br />

Gerd Laux gleichzeitig als apl. Professor<br />

an der Psychiatrischen Universitätsklinik<br />

München (Ludwig-Maximilians-Universität)<br />

lehren konnte und<br />

obendrein Forschungsarbeiten auf<br />

dem Gebiet der Psychopharmakotherapie<br />

(u.a. Einfluss von Psychopharmaka<br />

auf die Fahrtauglichkeit<br />

von psychisch Kranken, Therapeutisches<br />

Drug Monitoring, Stichtagserhebungen<br />

zur psychopharmako¬therapeutischen<br />

Behandlung)<br />

durchführen konnte , war für ihn eine<br />

willkommene Ergänzung der verantwortungsvollen<br />

Tätigkeit als ärztlicher<br />

Direktor einer großen Versorgungsklinik<br />

und erfüllte gleichzeitig den<br />

Wunsch, auch weiterhin eng mit der<br />

universitären Psychiatrie verbunden<br />

zu bleiben. Mit ungeheurem Arbeitsund<br />

Zeiteinsatz gelang es Prof. Laux,<br />

diese beiden anspruchsvollen Aufga-<br />

36


enbereiche erfolgreich zu verbinden.<br />

Prof. Laux konnte so u.a. das Inn-<br />

Salzach-Klinikum als Akademisches<br />

Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität<br />

München etablieren.<br />

Sein unermüdliches und kompetentes<br />

Wirken als Ärztlicher Direktor<br />

des Inn-Salzach-Klinikums hat es ermöglicht,<br />

dass dort wichtige strukturelle<br />

Wandlungen vollzogen werden<br />

konnten und dass die psychiatrischen<br />

und psychotherapeutischen, später<br />

auch psychosomatischen Abteilungen,<br />

sich in hervorragender Weise als<br />

Versorgungseinrichtungen im Sinne<br />

einer modernen evidenzbasierten<br />

<strong>Medizin</strong> entwickelten. Dabei lag es<br />

Prof. Laux besonders am Herzen, die<br />

Komplexität psychiatrischen Denkens<br />

und Handelns immer im Auge zu behalten<br />

und ein weit gefächertes therapeutisches<br />

Angebot, wie es vorrangig<br />

nur in einem psychiatrischen Großkrankenhaus<br />

angeboten werden<br />

kann, vorzuhalten. Zur Verbesserung<br />

der Diagnostik baute er die Abteilung<br />

für Neuropsychologie auf, als Therapien<br />

die Musik-, <strong>Kunst</strong>- und Körpertherapien,<br />

als Spezialstationen u.a. eine<br />

Mutter-Kind-Einheit, Geronto-Psychosomatik<br />

und Neuro-Psychosomatik.<br />

Gerade in der Möglichkeit zur Diversifizierung<br />

und Subspezialisierung sah<br />

er den Vorteil des psychiatrischen<br />

Großkrankenhauses im Vergleich zu<br />

kleineren psychiatrischen Abteilungen.<br />

Sein Konzept fand Anerkennung<br />

u.a. dadurch, dass Prof. Laux wiederholt<br />

als „TOP-<strong>Medizin</strong>er“ in die Focus-<br />

Ärzteliste aufgenommen wurde, aber<br />

auch dadurch, dass er über viele Jahre<br />

zum Sprecher der Ärztlichen Direktoren<br />

der Kliniken des Bezirks Oberbayern<br />

ernannt wurde.<br />

Eine umfangreiche, für den<br />

vielbeschäftigten Chefarzt einer<br />

großen psychiatrischen Versorgungsklinik<br />

ungewöhnliche Publikationsliste<br />

(insgesamt über 400 Arbeiten) dokumentiert<br />

die wissenschaftliche und<br />

edukative Leistung von Prof. Laux. Im<br />

Vordergrund stehen Original- und<br />

Übersichtsarbeiten aus dem Gebiet<br />

der Psychopharmakologie, auf das<br />

Prof. Laux in besonderem Maße spezialisiert<br />

ist. Insbesondere in seinen<br />

Lehrbuchkapiteln wird aber deutlich,<br />

dass Prof. Laux hochkompetent das<br />

gesamte Gebiet der Psychiatrie darstellen<br />

kann, und dies nicht nur in der<br />

Vermittlung angelesenen Wissens,<br />

sondern aus der alltäglichen klinischen<br />

Erfahrung. Einen besonderen<br />

Schwerpunkt bilden dabei die affektiven<br />

Erkrankungen (Depressionen,<br />

manisch-depressive Erkrankungen).<br />

Besonders hervorzuheben ist seine<br />

38


Fotografische Werke von Gerd Laux<br />

Leistung als Herausgeber / Mitherausgeber<br />

von Lehrbüchern, darunter u.a.<br />

ein mehrbändiges Handbuch zur Psychopharmakotherapie,<br />

ein Psychiatrie-Lehrbuch<br />

für Studenten, ein<br />

zweibändiges Psychiatrie-Handbuch<br />

für Fachärzte, als Autor von Taschenbüchern<br />

zur Psychopharmakotherapie<br />

und nicht zu vergessen, eines<br />

kleinen, auch in andere Sprachen<br />

übersetzten Kitteltaschen–Kompendiums<br />

mit vielen Tabellen und kurzgefassten<br />

Informationen zur psychiatrischen<br />

Diagnostik und Therapie. Alle<br />

diese Werke sind in mehreren Auflagen<br />

erschienen und können als Standardwerke<br />

der deutschen Psychiatrie<br />

angesehen werden.<br />

Jeder, der mit ihm dbzgl. zusammengearbeitet<br />

hat, weiß, dass<br />

Prof. Laux ein leidenschaftlicher und<br />

detailverliebter Buch-Herausgeber ist.<br />

Jede Revision wurde, obwohl meistens<br />

nur als Aktualisierung geplant,<br />

Toskana<br />

zur Neuauflage. Dass diese Strategie<br />

erfolgreich ist, zeigt sich u.a. daran,<br />

dass das durch seine hochkarätige didaktische<br />

Gestaltung herausragende<br />

Psychiatrie-Lehrbuch in seinen mehreren<br />

Auflagen den Status eines Bestsellers<br />

erreicht hat, was Prof. Laux besonders<br />

freut. In dem Zusammenhang<br />

ist auch zu erwähnen, dass Prof.<br />

Laux Mitbegründer und seit vielen<br />

Jahren Hauptherausgeber der weitverbreiteten<br />

und viel gelesenen Zeitschrift<br />

„Psychopharmakotherapie“ ist,<br />

der einzigen deutschsprachigen wissenschaftlichen<br />

Zeitschrift zu dieser<br />

wichtigen Thematik.<br />

Prof. Laux ist auch vielbeachteter<br />

Vortragender auf deutschen und<br />

internationalen Kongressen. Neben<br />

wissenschaftlichen Themen aus dem<br />

Bereich der Psychopharmakotherapie<br />

und Fortbildungsthemen zu allen<br />

möglichen Bereichen der psychiatrischen<br />

Diagnostik und Therapie, hat<br />

sich Prof. Laux in den letzten Jahren<br />

auch wiederholt und z.T. in kritischer<br />

Distanzierung von den durch die<br />

deutsche Fachgesellschaft DGPPN<br />

39


Psychopharmaka von Gerd Laux und<br />

Otto Dietmaier 2013<br />

vertretenen Positionen mit der derzeitigen<br />

Entwicklung und den Zukunftsperspektiven<br />

der Psychiatrie beschäftigt<br />

und dabei u.a. gefordert, dass,<br />

kontrastierend zum derzeitigen<br />

Trend, das Psychotherapeutische in<br />

der Weiterbildung und im Berufsbild<br />

des Psychiaters in den Vordergrund<br />

zu stellen ist und die für den klinischen<br />

Alltag so wichtige psychopharmakologische<br />

Kompetenz weiterhin einen<br />

ausreichenden Stellenwert behält.<br />

Prof. Laux ist dafür bekannt, bei<br />

Äußerungen zu diesen und anderen<br />

Themen eindeutige öffentliche Stellungnahmen<br />

nicht zu scheuen und<br />

seine Position klar zum Ausdruck zu<br />

bringen. Dies war auch immer wieder<br />

erkennbar, wenn es um die Zukunft<br />

der großen psychiatrischen Versorgungskrankenhäuser<br />

ging. Der von<br />

vielen Kollegen aus einseitig sozialpsychiatrischer<br />

Sicht geforderten Abschaffung<br />

dieser Großkrankenhäuser<br />

setzte Prof. Laux die Auffassung entgegen,<br />

dass allein diese großen Versorgungskliniken<br />

die Möglichkeit bieten,<br />

eine ausreichende Diversifizierung<br />

und Subspezialisierung im diagnostischen<br />

und insbesondere therapeutischen<br />

Angebot zu schaffen. Genau<br />

nach dieser Sichtweise hat er alle<br />

Reformprozesse in der von ihm geleiteten<br />

Klinik, die heute dank seiner prägenden<br />

Leistungen als ein Vorzeigemodell<br />

angesehen werden kann,<br />

kreativ und erfolgreich durchgeführt.<br />

Prof. Laux ist Mitglied in vielen<br />

deutschen und internationalen Fachgesellschaften.<br />

Seit mehreren Jahren<br />

ist er Berater in der „off-label“ Kommission<br />

des Bundesinstituts für Arzneimittel<br />

und <strong>Medizin</strong>produkte (BfArM). Jahrelang<br />

war er Mitglied der Arzneimittelkommission<br />

der deutschen Ärzteschaft<br />

(AkdÄ). Er gehört dem Prüfungsausschuss<br />

der Bayerischen Landesärztekammer<br />

an und ist Reviewer<br />

für verschiedene nationale und internationale<br />

Fachzeitschriften.<br />

Was bleibt an Zeit, wenn man<br />

so intensiv und obendrein lustvoll arbeitet<br />

wie Gerd Laux? Trotz aller beruflichen<br />

Belastung war es ihm immer<br />

ein zentrales Anliegen, Frau und Familie<br />

(3 Kinder, die inzwischen erfolgreich<br />

ihre akademische Ausbildung<br />

zum Abschluss gebracht haben und<br />

ins Berufsleben eingestiegen sind)<br />

genügend Aufmerksamkeit zu schenken.<br />

Für seine eigenen sonstigen Interessen<br />

(u.a. Geige, Klavier, Photographie,<br />

Golf) blieb leider wenig Zeit.<br />

Seine Photographien zieren aber viele<br />

Stationen seines Klinikums, sie tragen,<br />

wie immer wieder berichtet wird, zur<br />

positiven Atmosphäre und zum symbolisch-therapeutischen<br />

Ambiente<br />

nicht unerheblich bei. Beim „Fotowettbewerb<br />

1997“ des Bezirks Oberbayern<br />

erhielt er mit dem Bild „Toskana“<br />

einen der Sonderpreise.<br />

Mit der nun geschaffenen neuen<br />

Lebensperspektive wird sich das<br />

Praktische Psychopharmakotherapie<br />

von Gerd Laux und Otto Dietmaier<br />

2012<br />

hoffentlich ändern. Allerdings kann<br />

man sich kaum vorstellen, dass die Begeisterung<br />

für berufsbezogene Tätigkeiten<br />

ihn nicht doch weiter fesseln<br />

wird.<br />

Am Ende dieses Beitrags darf<br />

ein Interessenskonflikt nicht verschwiegen<br />

werden: Der Verfasser arbeitet<br />

seit mehr als 20 Jahren eng mit<br />

Prof. Laux in vielen Bereichen zusammen<br />

und über diese lange Zeit hat<br />

sich aus der harmonischen und er -<br />

folg reichen Kooperation eine immer<br />

enger werdende freundschaftliche<br />

Beziehung entwickelt. Dieser Beitrag<br />

ist in Dankbarkeit für diese langjährige<br />

kollegiale Zusammenarbeit und<br />

Freundschaft geschrieben.<br />

Prof. Dr. Hans-Jürgen Möller<br />

Direktor em. der Klinik für Psychiatrie<br />

und Psychotherapie der Ludwig-<br />

Maximilians-Universität München.<br />

40


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SIR JONATHAN HUTCHINSON:<br />

PORTRAITS VON HAUTERKRANKUNGEN<br />

PROF. DR. MED. DR. H.C. MULT. GERD PLEWIG, MÜNCHEN<br />

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

erlebte die Dermatologie<br />

eine Blüte, insbesondere durch die<br />

mit hohem künstlerischen und finanziellen<br />

Aufwand entstandenen Atlanten.<br />

Verschiedene Schulen in Europa<br />

und Amerika trugen zu diesem Erfolg<br />

bei. In England waren es William James<br />

Erasmus Wilson 1855, Sir Jonathan<br />

Hutchinson 1869 – 1875, in<br />

Österreich Ferdinand Ritter von Hebra<br />

1856 – 1876, in Spanien José Eugenio<br />

Olavide 1877 – 1882 und in<br />

Amerika Louis Adolphus Duhring<br />

1876, die Atlanten im Folioformat in<br />

den angegebenen Jahren herausbrachten.<br />

Folio bedeutet eine gewisse<br />

(Papier)-Buchgröße von etwa 40-<br />

45 cm Höhe, Großfolio >45 cm. Dieses<br />

Format hat eine Auswirkung auf<br />

den Preis einschließlich der Arbeit für<br />

das gebundene Werk oder als Loseblattsammlung<br />

in einer Kassette. Die<br />

oben genannten, aber auch viele andere<br />

hier nicht erwähnte Atlanten<br />

gehören heute zu den Schätzen historischer<br />

Bibliotheken, nicht nur bedingt<br />

durch den damaligen hohen<br />

Preis oder die heutigen Antiquariatsergebnisse<br />

sondern wegen der Seltenheit<br />

solcher Ausgaben, da es zu<br />

erheblichen Verlusten im Laufe der<br />

Zeit kam.<br />

Hier soll das epochale Werk<br />

von Hutchinson vorgestellt werden.<br />

Jeder <strong>Medizin</strong>er in allen Teilen der<br />

Welt kennt den Namen Hutchinson,<br />

weil mehr als 20 Eponyme in vielen<br />

Fächern der <strong>Medizin</strong> mit ihm verbunden<br />

sind.<br />

Almut Böer-Auer beschreibt im<br />

Pantheon of Dermatology. Outstanding<br />

Historical Figures (C. Löser, G.<br />

Plewig, W. H. C. Burgdorf, editors),<br />

Springer 2013, mit großer Lebendigkeit<br />

den Autor. Hutchinson war ein<br />

multidimensionales medizinisches<br />

Genie in London, mit herausragenden<br />

Leistungen in Chirurgie, Neurologie,<br />

Augenheilkunde, Arbeitsmedizin<br />

und Venerologie (Lehre der Geschlechtskrankheiten,<br />

mit besonderem<br />

Schwerpunkt Syphilis). Auch als<br />

Dermatologe hat er fundamentale<br />

Beobachtungen durch äußerst genaue<br />

Aufzeichnungen gemacht und<br />

neue Entitäten herausgestellt. Neben<br />

seiner ärztlichen Tätigkeit arbeitete er<br />

auch als Herausgeber von Zeitschriften,<br />

beauftragte Künstler für seine Illustrationen<br />

und engagierte sich in Gremien<br />

und Verbänden. Um seine Idee<br />

zu verwirklichen, auch finanziell,<br />

muss te er einen Partner finden, den er<br />

in der Sydenham Society, London,<br />

fand. Diese wurde 1859 aufgelöst,<br />

und Hutchinsons Bemühungen um<br />

eine Neugründung waren 1861 mit<br />

der Errichtung der New Sydenham<br />

Society erfolgreich. Er wurde ihr Sekretär.<br />

Die Gesellschaft publizierte<br />

zahlreiche englische aber auch internationale<br />

Werke. <strong>Als</strong> Autor war er damit<br />

eine Sorge los.<br />

Das Werk<br />

Es besteht aus einem Folio-Bildteil<br />

(55 x 47 cm) und einem Textteil (21<br />

x 14 cm in Oktavformat), beide von<br />

äußerster Seltenheit. Warum so selten?<br />

Es gibt nur diese beiden Auflagen,<br />

Nachdrucke erfolgten nicht. The<br />

New Sydenham Society’s Atlas of Portraits<br />

of Diseases of the Skin, Compiled<br />

at the Request of the Council wurde in<br />

zwei Lieferungen angeboten: Teil I mit<br />

den Tafeln 1 bis 23 erschien 1869, Teil<br />

II mit den Tafeln 24 bis 44 erschien<br />

1875. Wie damals üblich verkaufte<br />

der Verlag die losen Tafeln; die Eigentümer<br />

verwahrten sie entweder<br />

in einer Kassette oder ließen sie binden.<br />

Sowohl eine lose Tafelsammlung<br />

als auch ein gebundenes Exemplar<br />

liegen für die Erstellung dieses Aufsatzes<br />

vor. Nach 1875 erschienen noch<br />

vier weitere Tafeln, die allerdings im<br />

Textteil nicht mehr erläutert wurden.<br />

Man braucht schon Manneskraft<br />

und einen großen leeren<br />

Schreibtisch, um das 7,9 kg wiegende<br />

Opus vor sich auszubreiten.<br />

Warum so selten?<br />

Im Vorwort erwähnt Hutchinson,<br />

dass etwa 4.000 Kopien des Atlas<br />

in alle Teile der Welt ausgeliefert wurden.<br />

Aber Bücher haben ihr Schicksal<br />

(habent sua fata libelli, Terentianus<br />

Maurus). Lose und so eindrucksvolle<br />

Tafeln verschwinden schnell aus Bibliotheken<br />

oder Nachlässen. Der Karls -<br />

ruher Virtuelle Katalog belegt, dass<br />

kaum eine Bibliothek heute noch den<br />

Atlas oder Textteil aufweisen kann.<br />

Der Künstler<br />

Alle Tafeln sind von Edwin Burgess<br />

erstellt, zunächst als Zeichnungen<br />

und dann von ihm chromolitho-<br />

42


Tafel X. Leucoderma (figurata). W. Miles, 12 Jahre alt, mit tiefschwarzem Haar, entwickelte Lungenprobleme, wahrscheinlich im<br />

Rahmen einer atopischen Diathese mit respiratorischen Beschwerden nach heutiger Auffassung. Die Vitiligo zeigt sich in ausgeprägter<br />

und disseminierter Form; der Pelzmützen-artige Haaransatz und die roten Bäckchen sprechen für die Atopie. Vitiligo<br />

ist häufig mit weiteren anderen Autoimmunerkrankungen verbunden.


Tafel VII. Lupus vulgaris et serpiginosus (Hebra), kopiert von Hebra. Die fressende Flechte zerstört Haut, Nase, Oberlippe und<br />

Ohrmuschel. Heute ist die tuberkulöse Erkrankung in Ländern mit gutem hygienisch-medizinischen Standard sehr selten geworden.


Tafel XV. Eczema impetiginoides, heute Impetigo contagiosa, eine Hautinfektion durch Staphylokokken oder Streptokokken.<br />

Bakterien waren damals noch nicht bekannt. Die junge Frau wurde von einem Kind infiziert. Hutchinson notiert: The disease<br />

was of such an easily curable nature that it got almost well during the ten days that the artist was engaged on the portrait.


Tafel XLIX. Syphilitic tubercular lupus. Dies ist eine Manifestation der Syphilis im Tertiärstadium, gekennzeichnet durch gruppierte<br />

braunrote, schmerzlose Papeln und Knoten. Sie breiten sich peripher aus und bilden sich unter hyper- oder depigmentierter<br />

Atrophie zurück, gut zu sehen im Brust- und Oberarmbereich. Heute werden solche Spätverläufe kaum noch beobachtet. Hutchinson<br />

war jedoch als Kenner der Syphilis bestens damit vertraut.


graphiert. Voller Anerkennung<br />

schreibt Hutchinson: As specimens of<br />

untouched chromolithography some<br />

of our portraits are probably unequalled<br />

by anything of like kind either in<br />

this country or on the continent. Er erwähnt,<br />

dass die ersten acht Tafeln aus<br />

dem Atlas von Professor Hebra in<br />

Wien kopiert wurden.<br />

Krankheitsgeschichten und Krankheitsbilder<br />

Hutchinson hinterlässt uns viele<br />

subtile Informationen zum Patienten,<br />

seiner Familie, dem Verlauf und<br />

wertet die Erkrankung im Kontext der<br />

internationalen Dermatologie.<br />

Tafel XVIII. Molluscum simplex, seu fibrosum. Heute nennt man die genetisch bedingte<br />

Erkrankung Neurofibromatose, Typ 1, oder Morbus Recklinghausen (nach<br />

dem deutschen Pathologen und Erstbeschreiber), die mit zahlreichen weiteren Befunden<br />

an Augen, Skelett, Endokrinum, Gefäßen, malignen Tumoren und Leukämie<br />

assoziiert sein kann. James Gray war 27 Jahre alt, als er im Hospital aufgenommen<br />

wurde. Er war von „erträglicher Gesundheit“, Geschwister und andere Verwandte<br />

seien nicht betroffen gewesen. Die Inzidenz ist 1:3000 – 1:5000, bei 50%<br />

liegen Neumutationen vor.<br />

Fazit<br />

Hutchinson unternimmt die<br />

Aufgabe, auf 49 Tafeln, auf schwerem<br />

Karton lithographiert, einprägsam<br />

häufige, aber auch seltene Hauterkrankungen<br />

zu präsentieren. Edwin<br />

Burgess, der ihm zugetane Künstler,<br />

schafft die eindrucksvollen Illustrationen<br />

genau in dem Ausmaß, wie der<br />

Patient das Krankheitsbild aufwies. Es<br />

wurden also keine chronologischen<br />

Verläufe in denselben Patienten hineinprojiziert,<br />

wie andere Autoren es<br />

bevorzugten. Der Leser mag entscheiden,<br />

nach welcher der drei möglichen<br />

Darstellungen Dermatologie<br />

besser zu lernen und zu lehren ist:<br />

Künstlerisch gefertigte Porträts, Moulagen<br />

aus Wachs oder moderne Farbfotografien?<br />

Der Reiz und die Einprägsamkeit<br />

der chromolithographierten<br />

Porträts stehen sicherlich ganz oben<br />

an und sind Zeugnisse unseres bedeutenden<br />

medizinischen Erbes.<br />

Danksagung an Herrn Uli Benz für die Fotografien<br />

47


TAGE, GESPRÄCHE UND GEDANKEN IM<br />

COLLEGIO/KLOSTER SANT'ANSELMO/ROM<br />

26.05. — 31.05.2013<br />

PROF. DR. IUR. DR. MED. ALEXANDER P. F. EHLERS<br />

Für Ende Mai ist es in Rom immer<br />

noch zu kalt. Eigentlich ist es überall<br />

noch zu kalt. Drei Tage im Kloster.<br />

Heute bin ich nach dem Abendgebet<br />

erstmals den Aventin hinunter spaziert;<br />

am Tiber entlang. Ich habe mich<br />

einfach treiben lassen. Und jetzt sitze<br />

ich in Trastevere vor dem kleinen Cafè<br />

„Ombre Rosse", gegenüber dem Museo<br />

di Roma, trinke Wasser und einen<br />

Cappuccino. Auf Alkohol will ich in<br />

dieser für mich so besonderen Woche<br />

verzichten.<br />

Die Kirchenglocke von S. Maria<br />

in Trastevere, der ältesten Marienkirche<br />

Roms - aus dem 3. Jahrhundert -<br />

läutet direkt neben mir halb elf. Ich<br />

versuche, meine ersten Eindrücke,<br />

Gefühle und Gedanken zu sortieren.<br />

Mönchisches Leben wollte ich<br />

schon seit vielen Jahren kennenlernen,<br />

erleben, erfahren. Eine „Reise ins<br />

Innere" meiner selbst war eigentlich<br />

nicht primär das Ziel. Auch zweifelte<br />

ich nicht am Sinn des Lebens, Sinnsuche<br />

war es auch nicht. Doch man<br />

kommt hier automatisch auf einen anderen<br />

Weg. Bisher hatte mir die Zeit —<br />

angeblich — und wohl auch etwas<br />

der Mut gefehlt. Ja, bis zu dem Abend,<br />

an dem ich in München bei einer Festveranstaltung<br />

den Abtprimas der Benediktiner,<br />

Dr. Notker Wolf, kennenlernen<br />

durfte.<br />

Dr. Wolf erzählte ich während<br />

des Abends von meinem langjährigen<br />

Wunsch, für eine bestimmte Zeit<br />

Die Spanische Treppe in Rom (Foto A.<br />

Ehlers)<br />

das Klosterleben zu erfahren. Ohne<br />

Zögern lud er mich in eines der mehr<br />

als 800 Benediktinerklöster weltweit<br />

ein, aber auch gerne zu ihm nach<br />

Rom ins Kloster und Collegio Sant'Anselmo.<br />

Mit großer Freude sagte ich<br />

„JA", und wenige Tage später vereinbarten<br />

wir die zweite Woche nach<br />

Pfingsten für meinen Aufenthalt.<br />

Mich faszinierte der Gedanke,<br />

eine knappe Woche im Kloster zu leben,<br />

das Leben der Mönche vom<br />

morgendlichen Lobgesang um 06:20<br />

Uhr bis zum Abendgebet um 20:30<br />

Uhr mitzumachen.<br />

Der Benediktinerorden mit<br />

mehr als 15.000 Benediktinerinnen<br />

und mehr als 8.000 Benediktinern (in<br />

Deutschland ca. 1.500 Benediktinerinnen<br />

und 1.000 Benediktiner) blickt<br />

auf eine jahrhundertalte Entwicklung<br />

zurück.<br />

Die Benediktiner berufen sich<br />

auf den heiligen Benedikt von Nursia<br />

(ca. 480 — 547 n. Chr.), der selbst aber<br />

nicht der Gründer des Ordens ist. Orden<br />

gab es damals noch nicht. Der<br />

Orden, vielmehr die „Benediktinische<br />

Konföderation", wurde durch Papst<br />

Leo XIII erst 1893 initiiert.<br />

Die wichtigste Grundlage des<br />

Ordens ist die Regel des heiligen Benedikt,<br />

die er im 6. Jahrhundert auf<br />

dem Monte Cassino schuf. Die Regel<br />

beruft sich ihrerseits auf die Bibel als<br />

Grundlage und fasst in 73 Kapiteln die<br />

Rahmenbedingungen für das Leben<br />

in der Mönchsgemeinschaft aus geistlicher<br />

wie organisatorischer Sicht zusammen.<br />

Beschäftigt man sich mit dieser<br />

Regel, erkennt man schnell ihre<br />

Aktualität. So findet diese Regel des<br />

heiligen Benedikt zunehmend Eingang<br />

auch in die moderne Unternehmensführung.<br />

Die Literatur hierzu<br />

spricht für sich — so „Die <strong>Kunst</strong>,<br />

Menschen zu führen" von Abtprimas<br />

Dr. Wolf und Schwester Enrica Rosanna.<br />

Aber auch die Persönlichkeit<br />

von Dr. Notker Wolf war Grund für<br />

meinen Wunsch nach einem Aufenthalt<br />

im Kloster — sein Intellekt, Charme,<br />

seine Weltoffenheit, die Argumentationsstärke,<br />

die richtige Sicht auf die<br />

48


Blick aus dem Kloster Sant´Anselmo auf Rom und den Petersdom(Foto A. Ehlers)<br />

Dinge, die Kritikbereitschaft und das<br />

Vertrauen, das er mir gab.<br />

Passionierter Pfeifenraucher,<br />

begnadeter Musiker, der mit seiner<br />

Rockband öffentlich auftritt und<br />

schon mit Deep Purple „Smoke on the<br />

water" live 2008 in Benediktbeuern<br />

spielte. <strong>Als</strong> neunter Abtprimas oberster<br />

Repräsentant der Benediktiner,<br />

2012 zum dritten Mal vom Äbtekongress<br />

der Benediktinischen Konföderation<br />

wiedergewählt, steht mit ihm<br />

der richtige Mann am richtigen Ort.<br />

Ich freute mich auf unseren Dialog in<br />

Sant'Anselmo.<br />

Am 26.05.2013 stand ich dann<br />

mittags am Flughafen in Rom. Was<br />

würde auf mich zukommen?. Klosterleben,<br />

Schweigegebot, auf sich<br />

zurückgeworfen, allein? Ich genehmigte<br />

mir noch einen Espresso und einen<br />

frischgepressten Orangensaft. Sicher<br />

ist sicher. Eine halbe Stunde später<br />

stand ich an der Klosterpforte von<br />

Sant'Anselmo. Kloster und Hochschule<br />

in einem. Am 04.01.1888 wurde es<br />

zur universitären Ausbildung von<br />

Mönchen gegründet, 1896 zog das<br />

Collegio auf den Aventin, wo 1900<br />

die neue Kirche geweiht wurde.<br />

Ca. 120 Mönche aus vierzig<br />

Nationen arbeiten und leben hier —<br />

zumindest zeitweise. Insofern ist hier<br />

alles etwas lockerer und umgänglicher.<br />

Für mich zu Beginn meiner Klostererfahrungen<br />

sicherlich gut. Aber<br />

das wusste ich vorher nicht. Ich war<br />

angespannt, unsicher, obwohl ich<br />

mich innerlich auf diese Reise vorbereitet,<br />

eine Menge einschlägiger Literatur<br />

besorgt und gelesen hatte.<br />

Dr. Wolf hatte mich schon vorab<br />

darüber informiert, dass die Klosterpforte<br />

um die Mittagszeit geschlossen<br />

sei. Ich solle ihn auf seinem Handy anrufen,<br />

damit er aufschließen und mich<br />

persönlich empfangen könne. Strahlend<br />

trat er mir entgegen und nahm<br />

mir damit gleich meine Scheu.<br />

Wir gehen durch die Klostergänge<br />

zu meiner Zelle im zweiten<br />

Stock. Auf dem Weg nach oben habe<br />

ich durch die großen Fenster im Treppenhaus<br />

einen herrlichen Blick auf<br />

Rom und den Petersdom im Nachmittagslicht.<br />

Unter Zelle hatte ich mir etwas<br />

anderes vorgestellt. Zimmer 49. Ein<br />

großzügiges Zimmer mit einem eigenen<br />

kleinen Badezimmer, Bett,<br />

Schrank, Schreibtisch und einer Sitz -<br />

ecke. Frisch renoviert, Drucke mit religiösem<br />

Inhalt an den Wänden und<br />

über der Sitzecke ein Ölgemälde des<br />

gekreuzigten Jesus. Der Blick geht auf<br />

den Innenhof mit Kreuzgang.<br />

Der Abtprimas verabschiedet<br />

sich, nicht bevor wir uns für ein erstes<br />

Gespräch um 17:00 Uhr verabredet<br />

haben. Und dann bin ich allein mit<br />

mir. Obwohl ich einen Schlüssel für<br />

das Kloster habe, jederzeit ein- und<br />

ausgehen kann, nicht verpflichtet bin,<br />

im Kloster zu bleiben, nicht kontrolliert<br />

werde, kommt ein gewisses Gefühl<br />

der Eingeschlossenheit auf. Nicht unangenehm,<br />

eher ungewohnt — abgeschieden<br />

vom normalen Leben.<br />

Das hatte ich auch gesucht: Ich wollte<br />

lesen, schreiben, denken. Wenn es<br />

dann aber soweit ist, ist es fremd und<br />

ungewohnt.<br />

Pünktlich um 17:00 Uhr finde<br />

ich mich in den Arbeitsräumen des<br />

Abtprimas ein. Mit einem ebenfalls<br />

prachtvollen Blick über Rom strahlen<br />

diese Räume eine angenehme Wärme<br />

und Atmosphäre aus. Auf dem<br />

Balkon erfahre ich erste Hinweise zum<br />

Klosterleben, zur Geschichte des Klosters<br />

und zum Benediktinerorden.<br />

Täglich treffen wir uns für ein<br />

etwa einstündiges Gespräch, manchmal<br />

auch länger. Dabei kreisen unsere<br />

Dialoge um Gott, Jesus, die Gemeinschaft<br />

der Benediktiner und deren<br />

Geschichte, das Klosterleben im<br />

Allgemeinen und Speziellen, vor allen<br />

Dingen aber um spirituelle Dinge, die<br />

Suche nach Gott, unser tägliches<br />

Gott- und Jesusentgegenkommen,<br />

die Benediktinerregel, ihre Bedeutung<br />

und Übertragbarkeit auf unser<br />

heutiges Leben. Aber wir streifen<br />

noch viel mehr Themen. Stets sind es<br />

gute Gespräche, deren Ende ich täglich<br />

bedauere.<br />

Um 19:15 Uhr ist Abendgot -<br />

tesdienst in der Kirche — für ca. 25 Minuten.<br />

Die Gottesdienste sind stets<br />

eher kurz, mit strenger Liturgie und<br />

49


Kreuzgang (Foto A. Ehlers) Momente des Gespräches (Foto A. Ehlers) Refektorium (Foto A. Ehlers)<br />

herrlichen Mönchsgesängen. Feierlich<br />

ziehen die Mönche sonntags gemeinsam<br />

in die Kirche ein.<br />

Tagesablauf, Gottesdienste und<br />

Leben sind für alle klar geregelt, wenn<br />

auch durch die besondere Situation<br />

von Kloster und Hochschule hier in<br />

Sant'Anselmo alles etwas legerer und<br />

freier gesehen wird.<br />

Heute zum Abendessen beispielsweise:<br />

Während in der Regel das<br />

Abendessen im Refektorium, dem<br />

Speisesaal, um 19:40 Uhr schweigend<br />

eingenommen wird und der Tischleser<br />

vorliest, gibt es heute einen Grill -<br />

abend im Garten mit freiem Gespräch.<br />

Ein solches „freieres" Abendessen<br />

und Beisammensein findet einmal<br />

pro Monat statt.<br />

Während meines Aufenthaltes<br />

wurde aus Michelangelos Leben<br />

vorgelesen. Heute aber treffen sich<br />

alle im Garten. Es gibt gegrilltes<br />

Fleisch, Gemüse, Brot, Wasser, Wein<br />

und Bier. Bier ist eine Ausnahme und<br />

wird immer nur bei diesen „freieren"<br />

Abenden serviert. Heitere Gesprächsfetzen<br />

fliegen durch die Lüfte<br />

in den unterschiedlichsten Sprachen,<br />

wobei Italienisch sicherlich überwiegt.<br />

Montag, 27.03.2013<br />

Ich war am Abend zuvor früh<br />

ins Bett gegangen, nicht nur wegen<br />

des kalten Windes. Die Mönche ziehen<br />

sich alle früh in ihre Zellen<br />

zurück. Für mich war jedenfalls das<br />

tägliche frühe Aufstehen Grund genug.<br />

Um 05:30 Uhr klingelt mein<br />

Wecker erstmals. Noch vor der allgemeinen<br />

Glocke kurz vor 06:00 Uhr.<br />

Um 06:20 Uhr treffen sich alle<br />

Mönche in der Kirche zu „Lodi ed Eucaristia"<br />

— Lobgesängen und an -<br />

schließendem Abendmahl.<br />

Das Frühstück von 07:15 Uhr<br />

bis 08:00 Uhr wird schweigend eingenommen.<br />

Man sitzt an den langen<br />

Tischen im Speisesaal, geht seinen<br />

Gedanken nach und ißt. Kaffee oder<br />

Tee, Cornflakes oder Müsli, Brot, Marmelade<br />

und Honig, wechselnd Käse,<br />

Wurst oder Schinken.<br />

Die Mönche essen sehr schnell.<br />

Oft ist nach 15 bis 30 Minuten das Essen<br />

erledigt und jeder geht seiner Beschäftigung<br />

nach.<br />

Ich selbst sehe mich etwas im<br />

Kloster und der Umgebung um. Mein<br />

Weg führt an diesem ersten Tag zu<br />

den naheliegenden Kirchen S. Alessio<br />

und S. Sabina mit ihren sie umgebenden<br />

herrlichen Grünanlagen, die einen<br />

freien Blick über den Aventin, den<br />

Tiber und Trastevere bis zum Petersdom<br />

gewähren.<br />

Nach dem Spaziergang widme<br />

ich mich in meinem Zimmer und<br />

später im Aufenthaltsraum der Studenten<br />

(wegen W-LAN) meiner Literatur<br />

und Arbeit, schreibe Tagebuch<br />

und diktiere.<br />

Vor dem Mittagsgebet und Gesang<br />

um 12:50 Uhr, zu dem sich alle<br />

Mönche in der Sala Capitolo treffen,<br />

habe ich eine weitere spirituelle, philosophische<br />

und religiöse Diskussion<br />

mit Dr. Wolf. Ich genieße diesen Dialog<br />

ungemein, und das von Tag zu<br />

Tag mehr. Dabei steht die Benediktregel<br />

stets im Zentrum. Immer mehr offenbart<br />

sich mir die besondere Bedeutung<br />

des Mönchtums mit allen seinen<br />

für den Laien oft schwer nachvollziehbaren<br />

Elementen. Je mehr man sich<br />

aber darauf einlässt und zu verstehen<br />

50


sucht, umso klarer wird alles. So wird<br />

dies besonders deutlich bei der Aufforderung<br />

in der Regel des heiligen<br />

Benedikt, arm zu sein, kein Eigentum<br />

zu haben, loszulassen, um reich zu<br />

werden, sich ganz auf Gott einlassen<br />

zu können, ihm entgegen zu gehen.<br />

Das Mittagessen wird im Refektorium<br />

eingenommen. Alle sitzen<br />

und essen zusammen, das Gespräch<br />

ist erlaubt. Einige Mönche verrichten<br />

den Tischdienst und servieren, wechselnde<br />

Aufgabe.<br />

Aus medizinischer Sicht wird zu<br />

hastig gegessen. Wein und Wasser<br />

gibt es, wobei ich während des gesamten<br />

Klosteraufenthaltes bei Wasser<br />

bleibe.<br />

Beim Mittagstisch sitze ich oft<br />

dem Sekretär des Abtprimas, Pater<br />

Willibrord Driever OSB, aus Bayern<br />

gegenüber. Er hilft mir, wo mir Informationen<br />

fehlen — im Formalen wie<br />

auch Inhaltlichen. Auch er lässt mich<br />

stets Dazugehörigkeit und Willkommensein<br />

spüren.<br />

Und doch fühlt man sich, zumindest<br />

ich, zunächst allein, nicht<br />

wirklich dazugehörig. Ein wenig wie<br />

ein Wesen vom anderen Stern. Vielleicht<br />

weil man in ziviler Kleidung<br />

steckt, Sitten und Gebräuche — trotz<br />

steten Bemühens — nur ansatzweise<br />

kennt?<br />

Man hat als Gast viel Zeit und<br />

ist nicht eingebunden in die sonstigen<br />

Arbeiten. Das gibt die Gelegenheit,<br />

über viele Dinge nachzudenken,<br />

zu lesen, zu schreiben und dann<br />

Entscheidungen zu treffen.<br />

Auch wenn man wie ich ins<br />

Kloster geht, mit sich im Reinen, ohne<br />

Probleme und offene Fragen, ohne<br />

größere Ängste oder Schwierigkeiten,<br />

so wird man durch Ruhe, Stille,<br />

Gebet und Dialog Schritt für Schritt<br />

zu den Fragen geleitet, die sich für<br />

alle Menschen irgendwann stellen.<br />

Das sind die grundsätzlichen, existentiellen,<br />

die eigene Beziehung zu<br />

Gott und Jesus und die Frage nach<br />

dem, was danach kommt. Nein, das<br />

macht keine Angst. Genau das Gegenteil.<br />

Vermeintlich verschlossene<br />

Türen öffnen sich wieder.<br />

So nutze ich die freien Stunden.<br />

Um 19:15 Uhr wieder Abendgottesdienst<br />

mit herrlichen Gesängen.<br />

Das Abendbrot im Speisesaal,<br />

alle Mönche sind versammelt. Stets<br />

gibt es drei Gänge — mittags wie<br />

abends. Pasta oder Suppe, Fleischoder<br />

Fischgerichte mit Gemüse und<br />

Salat, abends manchmal auch kalte<br />

Platten und Obst. Wie beim Frühstück<br />

wird geschwiegen, nur das<br />

Wort des Tischlesers ist zu hören.<br />

Dienstag, 28.05.2013<br />

Für mich ist heute ein ganz<br />

besonderer Tag. Nach intensivem<br />

Gespräch mit dem Abtprimas von<br />

11:30 bis kurz vor 13:00 Uhr und<br />

dem Mittagsgebet überkommt mich<br />

auf dem Weg durch den Kreuzgang<br />

zum Refektorium ein besonders warmes<br />

Gefühl: Ich fühle mich langsam<br />

angekommen und dazugehörig.<br />

Und dies liegt sicherlich nicht nur<br />

daran, dass ich neben meinen bisherigen<br />

„Tutoren" neue Gesprächs -<br />

partner finde. Ich werde angesprochen,<br />

wir diskutieren, reden, fragen.<br />

Besonders liebe ich nach dem<br />

Abendessen um 20:30 Uhr das<br />

Abendgebet in der nur schwach erleuchteten<br />

Kirche. Das Sonnenlicht<br />

Eingangsbereich des Klosters (Foto A. Ehlers)<br />

Meine Zelle / Zimmer 49 (Foto A. Ehlers)<br />

51


durch die farbigen Kirchenfenster ist<br />

fast verschwunden, die Kerzen brennen,<br />

rote Lichter vor einzelnen Bildern,<br />

der Gesang der Mönche.<br />

Während ich an den anderen<br />

Tagen früh zu Bett gehe und lese, treibt<br />

es mich heute den Aventin hinunter.<br />

Ich lasse mich treiben, komme am alten<br />

ehemaligen jüdischen Friedhof vorbei,<br />

Circus Maximus, am Tiber entlang,<br />

überquere die Tiberinsel, schon in der<br />

Antike dem Halbgott Äskulap geweiht,<br />

über die ältesten und schönsten Tiberbrücken,<br />

Ponte Fabrizio und Ponte Cestio,<br />

und lande in Trastevere.<br />

Trotz der Kälte schlendern Touristen<br />

und Römer in den engen Straßen,<br />

genießen ein Abendessen in den vielen<br />

Restaurants oder wandeln Arm in<br />

Arm und schlecken Eis.<br />

In mir und für mich prallen gerade<br />

zwei Welten aufeinander, die ich<br />

schwer vereinen kann. Noch nie ist mir<br />

Trastevere so schön und fröhlich vorgekommen<br />

und noch nie habe ich<br />

mich hier so fremd gefühlt.<br />

Viel später laufe ich unter dem<br />

Sternenhimmel denselben Weg<br />

zurück. Öffne mit meinem Schlüssel die<br />

verschlossene Klostertür. Still liegt das<br />

Kloster da. In den Gängen leuchten<br />

nur wenige Lämpchen. Ich fühle mich<br />

geborgen.<br />

Mittwoch, 29.05.2013<br />

Heute treffe ich mich mit Abtprimas<br />

Dr. Wolf schon um 09:00 Uhr. Ich<br />

kann es kaum erwarten. Die Lektüre<br />

der Regel des heiligen Benedikt und<br />

der Sekundärliteratur wirft immer weitere<br />

Fragen auf: Wie sind die Gebote<br />

von Gehorsam und Demut auf heute<br />

zu übertragen? Pflichten von Mönch<br />

und Abt. Der heilige Benedikt im zweiten<br />

Buch der „Dialoge" von Papst Gregor<br />

dem Großen († 604), der einzigen<br />

Quelle, das Ziel monastischen Lebens,<br />

Weisheit, Warmherzigkeit und die unermessliche<br />

Liebe Gottes. Heute<br />

schenkt mir Dr. Wolf sein erstes Buch<br />

Fontana di Trevi (Foto A. Ehlers)<br />

„Worauf warten wir? Ketzerische Gedanken<br />

zu Deutschland". Schon die ersten<br />

Zeilen faszinieren und lassen nicht<br />

los.<br />

Am Nachmittag tauche ich erneut<br />

in das trubelige Leben der Urbis<br />

(urbs, urbis = lat. für Stadt), wie der Römer<br />

verkürzt die Stadt Rom nennt, ein.<br />

Der Kontrast zwischen beiden „Welten"<br />

könnte nicht größer sein. Hektik,<br />

wuselnde Menschen, Konsum, Tourismus.<br />

Selbst die Spanische Treppe ist unter<br />

der Menge von Touristen fast nicht<br />

mehr zu sehen. So voll habe ich es hier<br />

noch nie empfunden. Oder täuscht<br />

der Eindruck auf Grund der Stille im<br />

Kloster?<br />

Ein Cappuccino, ein Stück<br />

Waldbeerkuchen und die FAZ gönne<br />

ich mir im alten Cafè Greco. Bei jedem,<br />

wirklich jedem Besuch, so auch diesmal,<br />

führt mich mein Weg hierher. Er-<br />

innerungen an die erste Reise nach<br />

Rom mit meiner Familie werden wach.<br />

Donnerstag, 30.05.2013<br />

Ich fühle mich fast zu Hause. Mit<br />

immer mehr Mönchen komme ich ins<br />

Gespräch. Beim heutigen Gespräch<br />

mit dem Abtprimas ging es um das Demutsgebot,<br />

die zwölf Stufen der Demut<br />

(Kap. 7). Aus unserer Sicht, vor allen<br />

Dingen für mich, nur schwer nachvollziehbar.<br />

Durch Auslegung und Interpretationshilfen<br />

von Dr. Wolf lassen<br />

aber auch sie sich nachvollziehen und<br />

einordnen in die große Regel des heiligen<br />

Benedikt.<br />

Der Abschied naht. Freitag reise<br />

ich zurück, aber nicht ohne das Versprechen<br />

baldigen Wiedersehens.<br />

Nach dem Mittagessen lädt der<br />

indische Pater Sebastian anlässlich des<br />

heutigen Bestehens seiner Doktorprüfung<br />

(intensive Arbeit über neun Jahre,<br />

heute Magna cum Laude abgeschlossen)<br />

zum Kaffe und Digestif ein.<br />

Ich nehme Kaffee und wehre<br />

mich gegen einen Schluck Alkohol. Pater<br />

Willibrord, mit dem ich bereits zu<br />

Mittag gegessen habe, belehrt mich<br />

mit Verweis auf Kapitel 40, dass der<br />

Wein zum Mönch gehöre.<br />

Der Abschied naht. So verbringe<br />

ich die letzten Stunden im Kloster<br />

mit Lesen, Tagebuchschreiben und<br />

Nachdenken.<br />

Ich bin mit großer Vorfreude,<br />

gespannter Erwartung und einer gewissen<br />

Unsicherheit gekommen. Ich<br />

habe, wie es in der Regel des heiligen<br />

Benedikt steht, herzlichste Aufnahme<br />

gefunden, so dass ich mich stets geborgen<br />

fühlte.<br />

„Auf Wiedersehen“, so lauten<br />

die Worte beim Abschied von Abtprimas<br />

Dr. Wolf und Pater Willibrord Driever.<br />

52


ALEXANDER MARIA SCHILKE<br />

<strong>Als</strong> nach dem Abitur in Köln die Studienfächer<br />

zur Auswahl standen und er<br />

sich zwischen <strong>Medizin</strong> und <strong>Kunst</strong> entscheiden<br />

konnte, wählte Alexander<br />

Maria Schilke die <strong>Medizin</strong> in Düsseldorf,<br />

um allerdings vor dem Physikum<br />

andere Alternativen aufzugreifen, die<br />

letztlich dazu führten, dass er sich unterschiedlichen<br />

Aufgabenstellungen<br />

widmete, unter anderem seit vielen<br />

Jahren der kompletten Gestaltung<br />

von <strong>Medizin</strong>+<strong>Kunst</strong>.<br />

Vor diesem Hintergrund begann<br />

er in den letzten Jahren erneut,<br />

die ihm eigene künstlerische Entfaltung<br />

als Ausdrucksmittel zu nutzen<br />

und schuf in dem unsanierten denkmalgeschützten<br />

zukünftigen Akademiegebäude<br />

im sächsischen Oberschöna,<br />

das sich in einem ruinösen<br />

Gesamtzustand befindet, eine begehbare<br />

Innenskulptur aus zahlreichen<br />

ehemaligen Ausgaben des Ärztemagazins<br />

<strong>Medizin</strong>+<strong>Kunst</strong>, die er in der<br />

Vergangenheit persönlich gestaltet<br />

hatte, um – darauf aufbauend – sich<br />

selbst zu verwirklichen.<br />

Dieser kreative Tatendrang<br />

über mehrere Gebäudeetagen verwandelte<br />

Teile des unbewohnten<br />

denkmalgeschützten Komplexes in<br />

ein <strong>Kunst</strong>werk, basierend vorzugsweise<br />

auf den spektakulären Titelbildern<br />

von <strong>Medizin</strong>+<strong>Kunst</strong>, die es in einer Art<br />

Spurensuche zu entdecken gilt.<br />

Alexander Maria Schilke lehnt<br />

sich hier an sein großes Vorbild Joseph<br />

Beuys an, dessen künstlerisches<br />

Denken und Handeln auf die konkrete<br />

Wirklichkeit ausgerichtet war und<br />

dessen Vorliebe für einfache Lösungen,<br />

mit dem Ziel, ausgemusterten<br />

Materialien eine neue Würde zu verschaffen,<br />

beispielhaft war – als un -<br />

miss verständliches Zeugnis gegen<br />

eine Gesellschaft, die das Wegwerfen<br />

kultiviert.<br />

Schilke will mit dieser Spurensuche<br />

an vergessene respektive verschüttete<br />

Lebenszusammenhänge<br />

erinnern, versucht, mit dieser symbolträchtigen<br />

Bildsprache verlorene Erkenntnisse<br />

zurück ins Licht des Be -<br />

54


Wir sehen in jener durchaus interessanten<br />

künstlerischen Hinwendung<br />

eine neue Form des Minimalismus,<br />

der zwischen den auseinander<br />

driftenden Bereichen der zeitgenössischen<br />

<strong>Kunst</strong> und der Massenkultur<br />

eine Art Vermittlerrolle spielt, mit deutlichen<br />

Appellen an die Vernunft, auch<br />

ausrangierten Produkten eine neue<br />

Würde zu verleihen, um – darauf aufbauend<br />

– andere, noch nicht dagewesene<br />

Eindrücke zu schaffen.<br />

wusstseins zu rücken, glaubt, in jenem<br />

folgenreichen Anstoß die Konzeption<br />

für einen erweiterten <strong>Kunst</strong>begriff geschaffen<br />

zu haben, der sich in dieser<br />

Ausdrucksform neu entwickelt, um<br />

Diskussionen anzuregen.<br />

Das ist Alexander Maria Schilke<br />

mit jener begehbaren Skulptur durchaus<br />

gelungen, die sich aufgrund ihrer<br />

Vergänglichkeit in einem stetigen<br />

Wandel befindet – bis hin zur kompletten<br />

Selbstauflösung.<br />

56


KASPAR DAMIAN HOSP<br />

SCHNEE, FELS UND EIS<br />

TUSCHZEICHNUNGEN NACH ALTEN FOTOGRAFIEN<br />

BERICHT VON PROF. DR. KARL DIETRICH HEPP<br />

Alte Bergfotos haben einen nostalgischen<br />

Reiz. Wie die Bilder der deutschen<br />

Romantik zeigen sie oft den einsamen<br />

Menschen vor einer erhabenen<br />

Kulisse. Man sieht den Kletterer,<br />

der sich den Gefahren einer wilden<br />

Natur aussetzt oder den Skiläufer, der<br />

seine Spur durch den unberührten<br />

Schnee zieht. Sie tragen Segeltuch,<br />

Wolle, Filz und Leder, die Ski sind aus<br />

Hickoryholz, die Stöcke aus Bambus,<br />

die Seile aus Hanf. Die jungen Leute<br />

sind schlank und sehnig und gleichen<br />

dem Ideal des sportsman dieser Zeit,<br />

wie ihn etwa damals die ersten Bergfilme<br />

der Fanck und Trenker dargestellt<br />

haben.<br />

Erstbegehungen und schwierige,<br />

gefährliche Routen waren sensationell<br />

und heroisch, aber es gab<br />

Uli Wieland bei einer Tour auf die Zugspitze 1931<br />

An der Fünffingerspitze<br />

Mont Blanc<br />

58


Monolog mit dem VI. Grad<br />

Auf dem Cevedale<br />

Rast in den Zillertalern<br />

Weisshorn


noch nicht die Sucht nach immer<br />

neuen Rekorden – noch schneller,<br />

noch direkter – wie heute bei den<br />

hochtrainierten Profi-Athleten. Die<br />

Gipfel der Achttausender im Himalaya<br />

waren noch nicht bestiegen<br />

und eines der „letzten Probleme der<br />

Alpen“, die Eiger – Nordwand wurde<br />

Ende der dreißiger Jahre nach<br />

vier Biwaks endlich bezwungen.<br />

Kürzlich durchstieg sie ein junger<br />

Schweizer allein in 2 Stunden 47 Minuten.<br />

Die Alpen werden zu Rummelplätzen<br />

mit künstlich beschneiten Pisten,<br />

Schneebars mit Rockmusik, mit<br />

wild gewordenen Bergradlern und<br />

Hosp im Atelier<br />

perfekt präparierten Klettersteigen.<br />

Wie andere Sportarten ist auch das<br />

Bergsteigen kommerzialisiert und der<br />

Abstand zwischen dem leistungsfähigsten<br />

Amateur und dem Profi hat<br />

sich hoffnungslos vergrößert.<br />

Die Schwarz-Weißfotos aus<br />

den Alben meines Vaters wurden in<br />

den frühen dreißiger Jahren aufgenommen.<br />

Sie lassen sich mit ihren verschiedenen<br />

Grautönen in Pinselzeichnungen<br />

übersetzen, die sich bewusst<br />

an fernöstliche Vorbilder anlehnen.<br />

Dazu verwende ich Tusche in den<br />

Farben Schwarz, Weiß und Sepia, japanische<br />

Pinsel und handgeschöpftes<br />

Papier im Format 30 x 50 cm.<br />

Wiedersberger Horn und Sagtaler Spitzen<br />

60


WALTER HORST PRIEBST<br />

(1922-2005)<br />

Gerade ein Künstlerleben ist häufig<br />

überschattet vom Auf und Ab des sogenannten<br />

Erfolgs. Während die<br />

Mehrheit der Bundesbürger in einem<br />

abgesicherten Beruf tätig sind, müssen<br />

Künstler sich ständig neu beweisen.<br />

Einer, der diese wellenartigen<br />

kreativen Schübe und materiellen Bestätigungen,<br />

begleitet von größeren<br />

finanziellen Problematiken, ein ganzes<br />

Leben hindurch erfuhr, war sicherlich<br />

Walter Horst Priebst, der zu einem<br />

Wanderer zwischen vielen Welten<br />

der <strong>Kunst</strong> wurde, wie Johanna Kerschner<br />

in einem Essay über ihn<br />

schrieb.<br />

1922 in der Nähe von Dresden<br />

geboren, verließ er während seines<br />

Studiums an der <strong>Kunst</strong>akademie in<br />

Dresden aus politischen Gründen<br />

Sachsen, um an der Landeskunstschule<br />

Hamburg seine Ausbildung als<br />

Graphiker und Maler abzuschließen.<br />

Bereits 1956 wanderte Priebst<br />

gemeinsam mit seiner Ehefrau, ebenfalls<br />

eine Künstlerin, in die USA aus;<br />

dort wurde auch sein Sohn geboren,<br />

und bereits 10 Jahre später ließ er sich<br />

in Mexiko nieder.<br />

Mit dem von ihm kreierten Stil<br />

eines symbolisch-mythologischen<br />

Surrealismus stand er mexikanischen<br />

Ausdrucksformen sehr nahe, und in<br />

seinen Gemälden verbindet Walter<br />

Horst Priebst alte indianische Kulturen<br />

mit dem Geist der Moderne in der mexikanischen<br />

<strong>Kunst</strong>.<br />

Daneben wurden Keramik<br />

und Porzellanarbeiten zu einem weiteren<br />

Standbein seines künstlerischen<br />

Schaffens, nahm die Gestaltung seiner<br />

Schmuckkreationen in der sogenannten<br />

Cloisonnée-Technik breiten<br />

Raum ein.<br />

1972 schrieb die mexikanische<br />

Zeitschrift Scala Nachfolgendes über<br />

das Schaffen des Künstlers: „Seine Arbeiten<br />

treffen seine Gastgeber ins<br />

Frau auf Kreta,<br />

50 x 40 cm, Akryl auf Hartfaser, 1993<br />

Selbstportrait mit Herz,<br />

64 x 50 cm, Mischtechnik, 1993<br />

62


Liegender Akt,<br />

56 x 43 cm, Öl, 1950<br />

Bauernhof im Teutoburger Wald,<br />

57 x 41 cm, Aquarell, 1951<br />

Schlafendes Kind auf Stuhl,<br />

60 x 40 cm, Öl, 1952<br />

Vollmond am Bodensee<br />

57 x 41 cm, Aquarell auf Papier, 1953<br />

Canyon in Cocohuamilpa,<br />

100 x 70 cm, 1976<br />

Tempeltänzerin mit Hund,<br />

72 x 53 cm, Acryl, 1978<br />

Kurtaliotischlucht,<br />

100 x 70 cm, Akryl, 1992<br />

Abstrakt mit blau,<br />

100 x 70 cm, Acryl auf Papier, 1993<br />

Blick auf Plakias Bucht,<br />

30 x 20 cm, 1995<br />

63


Tetipag,<br />

40 x 30 cm, Aquarell, 2003<br />

Selbstliebe, 38 x 28 cm,<br />

Akryl auf handgesch.Papier, 2000<br />

Herz. Er liebt Mexiko und zeigt das mit<br />

<strong>Kunst</strong>werken aus Silber und Emaille.<br />

Keiner, der seine <strong>Kunst</strong>werke sieht,<br />

würde glauben, dass sie nicht von einem<br />

Mexikaner stammen.“<br />

Trotzdem kehrte Walter Horst<br />

Priebst 1983 nach Deutschland<br />

zurück und wurde - fast mittellos - von<br />

Traute Annies in München aufgenommen,<br />

die ihm den notwendigen<br />

materiellen Halt ermöglichte als seine<br />

spätere Ehefrau und Muse, damit er<br />

weitgehend unbelastet sein nachfolgendes<br />

herausragendes künstlerisches<br />

Werk schaffen konnte, dessen<br />

Nachlass heute Traute Annies-Priebst<br />

in philanthropischer Weise pflegt.<br />

Wir sehen in dem von Priebst<br />

geschaffenen Oeuvre die stetige Suche<br />

des Künstler nach der eigentlichen<br />

Wirklichkeit des Menschen im<br />

Unterbewusstsein, erkennen Traumund<br />

Rauscherlebnisse in gleicher<br />

Walter Horst Priebst in seinem Atelier in München, 1994<br />

Mutter mit Kind, 70 x 50 cm,<br />

Akryl auf handgesch.Papier, 2004<br />

Weise wie somnambule hypnotische<br />

Zustände, glauben Anlehnungen an<br />

die Psychoanalyse von Sigmund<br />

Freud erkennen zu können ebenso<br />

wie die Nähe seines Oeuvres zu<br />

demjenigen eines Salvador Dali oder<br />

Max Ernst.<br />

Inwieweit die Auktionshäuser<br />

Walter Horst Priebsts Werke wahrnehmen,<br />

muss sich allerdings noch<br />

zeigen. Im Internet ist er bereits sehenswert<br />

und nachhaltig vertreten.<br />

64


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Pharmawerbung ist naturgemäß in weit höherem Maße erklärungsbedürftig als jene für andere Produkte, macht deshalb eine besonders<br />

komplexe Kommunikation zwischen Hersteller und Arzt notwendig. Darüber hinaus stellt diese Form der Werbung auch eine ökonomische<br />

Dringlichkeit dar, um von Produzentenseite den <strong>Medizin</strong>er als Verschreiber dauerhaft zu gewinnen.<br />

Die Jury von MEDIZIN + KUNST hat in diesem Jahr wieder cirka hundert Insertionen gesichtet und konnte dabei den erfreulichen Aspekt<br />

feststellen, dass Pharmawerbung – als echte Herausforderung für Produktmanagement, Graphiker und Texter – häufig eine Vielzahl von<br />

beeindruckenden künstlerischen Komponenten beinhaltet, sich optisch wie textlich ausgefeilt und fundiert präsentiert.<br />

Vieles, was wir hier in Augenschein nehmen konnten, weist ein hohes Maß an Können, Kreativität und psychologischem Interpretationsvermögen<br />

auf, zeugt vom Gedanken einer ganzheitlichen Kommunikationsstrategie im Sinne des Produktes. Die meist exzellent gestalteten<br />

Anzeigensujets machten uns die Selektion wirklich nicht leicht – trotzdem bereitete den Jurymitgliedern die Kürung ein echtes Ver-<br />

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gnügen.<br />

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Wir von MEDIZIN + KUNST halten eine derartige Prämierung für außerordentlich wichtig, um einerseits den unterschiedlichen – jedoch<br />

meist exzellenten – Werbestrategien gebührend Raum zu geben, andererseits – Ehre, wem Ehre gebührt – die herausragenden Leistungen<br />

einer besonderen Auszeichnung zuzuführen.<br />

Gratulor den verantwortlichen Produktmanagern und Werbestrategen zu ihren kreativen und durchdachten Initiativen, von denen jede<br />

einzelne dem ihr zugeordneten Kürungsprädikat gerecht wird.<br />

Prof. Franz Schilke, im November 2013<br />

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1. Louie TJ et al. N Engl J Med 2011; 364(5): 422 – 431.<br />

2. Cornely OA et al. Lancet Infect Dis 2012; 12: 281 – 289.<br />

3. Crook DW et al. Clin Infect Dis 2012; 55(Suppl 2): 93 –103.<br />

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Talkum, Macrogol, Lecithin (Soja). Anwendungsgebiete: DIFICLIR ist indiziert bei Erwachsenen zur Behandlung von Clostridium difficile-Infektionen (CDI), auch bekannt<br />

unter der Bezeichnung Clostridium difficile-assoziierte Diarrhö (CDAD). Offizielle Leitlinien zum angemessenen Gebrauch von Antibiotika sollten berücksichtigt werden.<br />

Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: Häufig (1– 10 %): Hautausschlag, Juckreiz, Erbrechen,<br />

Übelkeit, Obstipation. Gelegentlich (0,1– 1 %): Appetitabnahme, Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, Geschmacksstörungen, Völlegefühl, Flatulenz,<br />

Mundtrockenheit, Anstieg der Alanin-Aminotransferase. Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar: Überempfindlichkeitsreaktionen<br />

(Angioödeme, Dyspnoe). Warnhinweise: Siehe Fachinformation. Weitere Einzelheiten und Hinweise: Siehe Fach- und Gebrauchsinformation.<br />

Verschreibungspflichtig. Stand der Information: August 2013. Astellas Pharma GmbH, Postfach 50 01 66, 80971 München.<br />

1. D‘Urzo A et al. 2011. Respir Res 12: 156<br />

2. Beeh KM et al. 2012. Int J Chron Obstruct Pulmon Dis 7: 503 – 513<br />

Seebri® Breezhaler® 44 Mikrogramm, Hartkapseln mit Pulver zur Inhalation. Wirkstoff: Glycopyrroniumbromid. Zus.: 1 Kapsel enthält<br />

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Monohydrat, Magnesiumstearat. Anwend.: Bronchialerweiternde Erhaltungstherapie zur Symptomlinderung bei erwachsenen Patienten mit<br />

chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD). Gegenanz.: Überempfi ndlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile.<br />

Nebenw.: Häufi g: Nasopharyngitis, Insomnie, Kopfschmerzen, Mundtrockenheit, Gastroenteritis, Harnwegsinfektionen. Gelegentlich:<br />

Rhinitis, Zystitis, Hyperglykämie, Hypästhesie, Vorhoffl immern, Palpitationen, verstopfte Nasennebenhöhlen, produktiver Husten, Reizung des<br />

Rachens, Epistaxis, Dyspepsie, Zahnkaries, Ausschlag, Gliederschmerzen, muskuloskelettale Schmerzen im Brustraum, Dysurie, Harnverhalt,<br />

Fatigue, Asthenie. Warnhinw.: Enthält Lactose. Weit. Angaben: Siehe Fachinformation. Verschreibungspfl ichtig. Stand: Juli 2012<br />

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NEUES UND WICHTIGES<br />

AUS DER MEDIZIN<br />

CHRONISCHE HERZINSUFFIZIENZ<br />

BEI ÄLTEREN UND ALTEN PATIENTEN<br />

Die chronische Herzinsuffizienz ge -<br />

hört zu den häufigsten Alterserkrankungen;<br />

dies auch vor dem Hintergrund,<br />

dass kardiovaskuläre Ereignisse<br />

in der Bundesrepublik noch immer<br />

zu den führenden Todesursachen<br />

zählen.<br />

Speziell im Alter nehmen sämtliche<br />

organische Veränderungen zu,<br />

die eine Einbuße der Herzleistung<br />

verursachen. Dabei sind Hypertonie<br />

und KHK häufige Begleiter.<br />

Ziel einer Untersuchung des<br />

behandelnden Arztes bei hilfsbedürftigen<br />

älteren oder alten Patienten,<br />

die auf Grund von zunehmenden<br />

Ödemen medizinische Unterstützung<br />

benötigen oder schon erhebliche<br />

Pleuraergüsse mit begleitenden<br />

Kompressionsatelektasen in den abhängigen<br />

Lungenabschnitten aufweisen,<br />

ist die Beurteilung des<br />

Schweregrades der Herzinsuffizienz<br />

und die damit verbundene Abklärung<br />

von deren Ursachen. Dabei<br />

müssen mögliche Risikofaktoren wie<br />

arterielle Hypertonie, Rauchen, Übergewicht,<br />

Diabetes und Hypercholesterinämie<br />

erkannt und behandelt<br />

werden.<br />

Demzufolge bemühen wir<br />

uns bei den älteren und alten Patienten<br />

im Seniorenheim um eine detaillierte<br />

Anamnese mit Einbindung des<br />

Pflegepersonals und legen auf eine<br />

Verbesserung der Allgemeinmaßnahmen<br />

größten Wert, wie zum Beispiel<br />

die passende Ernährung und<br />

ein leichtes körperliches Training sowie<br />

die notwendigen jährlichen Impfungen.<br />

Je nach Grad der Herzinsuffizienz<br />

sind Diuretika und Medikamente,<br />

die in das Renin-Aldosteron-System<br />

eingreifen, Mittel der ersten<br />

Wahl. Bei pflegebedürftigen Patienten<br />

spielt die Lagerung und die Bilanzierung<br />

der Flüssigkeitszufuhr ebenfalls<br />

eine wichtige Rolle.<br />

Der nachfolgende Artikel über<br />

die „Alterskrankheit“ Chronische Herzinsuffizienz<br />

beschreibt den Nutzen,<br />

die Wirksamkeit und die Verträglichkeit<br />

des Mineralkorticoidrezeptorantagonisten<br />

Eplerenon (Inspra) als<br />

Mittel der ersten Wahl.<br />

K.D.H.<br />

ÄLTERE PATIENTEN PROFITIEREN VON INSPRA ®<br />

EBENSO WIE JÜNGERE<br />

NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

68<br />

„ALTERSKRANKHEIT“ CHRONISCHE HERZINSUFFIZIENZ<br />

Ob alt oder jung – der selektive Aldosteronblocker<br />

Inspra ® (Eplerenon) hat<br />

seinen Nutzen über alle untersuchten<br />

Altersgruppen hinweg unter Beweis<br />

gestellt. Neue Daten aus der großen<br />

Herzinsuffizienz-Studie EMPHASIS-<br />

HF [1] bestätigen: Sowohl die Wirksamkeit<br />

als auch die Verträglichkeit sind<br />

bei „Alt“ und „Jung“ vergleichbar. Die<br />

praktische Bedeutung dieser Ergebnisse<br />

ist groß, denn die chronische<br />

Herzinsuffizienz ist eine „Alterskrankheit“<br />

[2] . Doch trotz solider Datenlage<br />

und expliziter Leitlinienempfehlungen<br />

[3] werden Mineralokortikoidantagonisten<br />

(MRA) wie Eplerenon in<br />

Deutschland noch immer zu selten<br />

eingesetzt, so eine Analyse des RE-<br />

FLECT-HF-Registers [4] . Dabei könnte<br />

das optimale Ausschöpfen der Herzinsuffizienztherapie<br />

mit konsequentem<br />

Einsatz von Eplerenon erheblich dazu<br />

beitragen, die hohe Morbidität und<br />

die im Erkrankungsverlauf immer häufiger<br />

notwendigen Hospitalisierungen<br />

zu senken, wie eine Post-hoc-<br />

Analyse der EMPHASIS-HF-Studie belegte<br />

[5] . So lauteten die Kernbotschaften<br />

des Symposiums „Die tägliche Praxis<br />

– Management von Patienten mit<br />

chronischer Herzinsuffizienz“ anlässlich<br />

des DGIM 2013 [6] .<br />

Mit dem Alter steigt die Inzidenz<br />

der chronischen Herzinsuffizienz<br />

steil an. Sie liegt bei Hochbetagten<br />

im Bereich von 10 Prozent [2] .<br />

„Chronische Herzinsuffizienz ist eine<br />

Alterserkrankung“, so Prof. Dr. Martin<br />

Wehling, Institut für experimentelle


und klinische Pharmakologie und Toxikologie,<br />

Direktor Klinische Pharmakologie<br />

Mannheim (KPM), <strong>Medizin</strong>ische<br />

Fakultät Mannheim, Universität<br />

Heidelberg. Die Behandlung der<br />

chronischen Herzinsuffizienz im Alter<br />

wird durch typische physiologische<br />

Veränderungen wie zum Beispiel<br />

eine eingeschränkte Nierenfunktion<br />

erschwert. Hinzu kommen Multimorbidität<br />

und Polypharmazie mit erhöhter<br />

Gefahr von Arzneimittelinteraktionen.<br />

Darüber hinaus liegen für viele<br />

Herzinsuffizienztherapeutika kaum<br />

publizierte Nachweise ihrer Wirksamkeit<br />

und Verträglichkeit bei älteren Patienten<br />

vor, da höheres Lebensalter<br />

meist ein Ausschlusskriterium bei klinischen<br />

Studien darstellt.<br />

EMPHASIS-HF belegt den Nutzen<br />

von Eplerenon auch für alte Patienten<br />

Der Mineralokortikoidantagonist<br />

(MRA) Eplerenon ist auch im Alter<br />

wirksam und gut verträglich. Dies bestätigten<br />

die „Altersdaten“ aus der<br />

großen randomisierten klinischen Studie<br />

EMPHASIS HF (Eplerenon in Mild<br />

Patients Hospitalization And Survival<br />

Study in Heart Failure) [1] . Die Studie<br />

umfasste insgesamt 2737 Patienten<br />

im Alter von mindestens 55 Jahren<br />

mit chronischer systolischer Herzinsuffizienz<br />

(EF ≤ 30 % oder ≤ 35 % plus<br />

QRS > 130 ms) und leichter Symptomatik<br />

(NYHA-Klasse II), die zusätzlich<br />

zur üblichen Standardmedikation<br />

entweder Eplerenon (25-50 mg/Tag)<br />

oder Placebo erhielten [1] . In diesem<br />

Gesamtkollektiv senkte die Zusatztherapie<br />

mit Eplerenon den primären<br />

Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod<br />

oder einer ersten Herzinsuffizienz-bedingten<br />

Hospitalisierung um relativ<br />

37 Prozent (HR: 0,63; p < 0,001) [1] .<br />

Insgesamt 657 Patienten waren<br />

75 Jahre alt oder älter [1] . Davon erhielten<br />

330 Eplerenon und 327 Placebo.<br />

Auch in dieser Altersgruppe erwies<br />

sich Eplerenon als hochwirksam:<br />

Die relative Risikoreduktion betrug<br />

34 Prozent (Hazard Ratio [HR]: 0,66;<br />

p = 0,0044) [1] und war damit vergleichbar<br />

zum Gesamtkollektiv.<br />

Kalium auch bei Älteren unter Kontrolle<br />

Dabei wurde Eplerenon auch<br />

von den älteren Studienteilnehmern<br />

gut vertragen. Hyperkaliämien (Serumkalium<br />

> 5,5 mmol/l) traten in der<br />

Gruppe der über 75-Jährigen kaum<br />

häufiger auf als im Gesamtkollektiv<br />

(12,4 % versus 11,8 %). Hypokaliämien<br />

(Serumkalium < 3,5 mmol/l) waren<br />

bei den über 75-Jährigen deutlich<br />

seltener unter Eplerenon als unter<br />

Placebo (6,8 % versus 10,7 %;<br />

p=0,09) [1] . Dies war ebenfalls vergleichbar<br />

mit dem Gesamtkollektiv<br />

(7,5 % versus 11,0 %; p = 0,002) [1] . Zur<br />

Vorbeugung von Kaliumproblemen<br />

empfahl Wehling engmaschige Kreatinin-<br />

und Elektrolytkontrollen. Wichtig<br />

sei es, Schwankungen der Nierenfunktion<br />

im Auge zu behalten, wie sie<br />

zum Beispiel bei veränderten<br />

Ernährungsgewohnheiten oder Änderung<br />

der „anderen“ Medikation,<br />

insbesondere ACE-Hemmer, auftreten<br />

können.<br />

MRA werden zu selten verordnet<br />

Die EMPHASIS-HF-Ergebnisse<br />

[1] legten den Grundstein für die<br />

Anpassung der aktuellen Leitlinienempfehlung<br />

der Europäischen Gesellschaft<br />

für Kardiologie (European Society<br />

of Cardiology, ESC) zum Einsatz<br />

von MRA bei Patienten mit chronischer<br />

Herzinsuffizienz, bei denen trotz<br />

Therapie mit einem Diuretikum, RAS-<br />

Hemmer und Betablocker die Symptome<br />

persistieren (NYHA-Klassen II –<br />

IV) und die EF ≤ 35 Prozent liegt [3] .<br />

Doch trotz der expliziten Leitlinienempfehlung<br />

erhalten in<br />

Deutschland viele Patienten mit chronischer<br />

Herzinsuffizienz keinen MRA.<br />

Vor allem Internisten und Allgemeinmediziner<br />

halten sich bei der Verordnung<br />

zurück. Nach den Daten des RE-<br />

FLECT-HF-Registers [4] lag die Verordnungsrate<br />

in dieser Fachgruppe bei<br />

lediglich 31 Prozent. Niedergelassene<br />

Kardiologen behandelten dagegen<br />

54,7 Prozent der dafür geeigneten Patienten<br />

mit einem MRA, im Krankenhaus<br />

tätige Kardiologen 43,8 Prozent<br />

[4] . Ein möglicher Grund für diese<br />

Unterschiede: „Fachgruppenspezifische<br />

Leitlinien geben zum Teil diskrepante<br />

Empfehlungen. Darüber hinaus<br />

werden Therapieentscheidungen<br />

durch die Verfügbarkeit diagnostischer<br />

Methoden und Behandlungsbudgets<br />

beeinflusst“, so Prof. Dr. Carsten<br />

Tschöpe, Klinik für Kardiologie<br />

und Pulmologie, Charité – Campus<br />

Benjamin Franklin, Berlin.<br />

Im REFLECT-HF-Register wurden<br />

die Daten von 384 ambulanten<br />

Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz<br />

in den NYHA-Stadien II – IV und<br />

linksventrikulärer Auswurffraktion<br />

< 50 Prozent ausgewertet, die von Allgemeinmedizinern/Internisten,<br />

niedergelassenen<br />

Kardiologen und klinisch<br />

tätigen Kardiologen in das Register<br />

eingebracht worden waren [4] .<br />

Ziel war es, Aufschluss über die Behandlungsrealität<br />

der chronischen<br />

Herzinsuffizienz in den verschiedenen<br />

Fachgruppen zu erhalten. Allgemeinmediziner/Internisten<br />

betreuten vor<br />

allem ältere Patienten (Median: 75<br />

Jahre) mit stabilerer Symptomatik und<br />

niedrigerer NYHA-Klasse [4] . Über alle<br />

Fachgruppen hinweg zeigte sich eine<br />

gute Versorgung mit der Basistherapie<br />

[4] .<br />

Mit Eplerenon seltener in die Klinik<br />

Die Lücken in der MRA-Verordnung<br />

bei chronischer Herzinsuffizienz<br />

sind von hoher klinischer und<br />

sozioökonomischer Relevanz: „Herzinsuffizienz<br />

ist nach den Angaben<br />

des Statistischen Bundesamts 2010<br />

die häufigste Ursache für Krankenhausaufenthalte<br />

in Deutschland“, erinnerte<br />

Prof. Dr. Johann Bauersachs,<br />

Direktor der Klinik für Kardiologie und<br />

Angiologie, Zentrum Innere <strong>Medizin</strong>,<br />

<strong>Medizin</strong>ische Hochschule Hannover.<br />

Die in immer kürzeren Abständen<br />

notwendigen stationären Behandlungen<br />

sind ein deutliches Indiz<br />

dafür, dass die Erkrankung weiter<br />

fortschreitet: „Mit jeder Herzinsuffizienz-bedingten<br />

Hospitalisierung verschlechtert<br />

sich die Prognose weiter“,<br />

so Bauersachs.<br />

Bei optimalem Ausschöpfen der<br />

medikamentösen Therapie und konse-<br />

NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

69


quentem Einsatz von Eplerenon bei<br />

dafür geeigneten Patienten könnte zumindest<br />

ein Teil der Klinikbehandlungen<br />

vermieden und die Prognose der<br />

Patienten verbessert werden. Dies<br />

zeigte eine Post-hoc-Analyse der EM-<br />

PHASIS-HF-Studie [1,5] : Die kumulative<br />

Hospitalisierungsrate war in der Eplerenon-Gruppe<br />

nach einem Jahr um<br />

11,06 Prozent geringer als in der Placebo-Gruppe,<br />

nach zwei Jahren um<br />

14,84 Prozent und nach drei Jahren<br />

um 18,88 Prozent (Rate Ratio [RR]: 0,53;<br />

95-%-Konfidenzintervall [KI]: 0,43 –<br />

0,66; p < 0,001) [5] . Das heißt, die Differenz<br />

zugunsten der Eplerenon-Gruppe<br />

wird im Zeitverlauf immer größer.<br />

Quellen<br />

1 Zannad F, McMurray JJ, Krum H et al.<br />

N Engl J Med 2011; 364(1): 11–21<br />

2. Cowie MR, Wood DA, Coats AJ et<br />

al. Eur Heart J 1999; 20(6): 421–8<br />

3. McMurray JJ, Adamopoulos S, Anker<br />

SD et al. Eur Heart J 2012;<br />

33(14): 1787–847<br />

4. Lokies J, Tebbe U, Wirtz JH et al.<br />

DGIM 2013, P221<br />

5. Rogers JK, McMurray JJ, Posock SJ<br />

et al. Circulation 2012; 126(19):<br />

2317–23<br />

6. Mittagssymposium der Pfizer<br />

Pharma GmbH „Die tägliche Praxis<br />

– Management von Patienten<br />

mit chronischer Herzinsuffizienz“<br />

im Rahmen des 119. Kongresses<br />

der Deutschen Gesellschaft für Innere<br />

<strong>Medizin</strong> e. V. (DGIM) am 7.<br />

April 2013 in Wiesbaden<br />

ESCITALOPRAM ZUR BEHANDLUNG VON KOMORBIDER<br />

ANGST UND DEPRESSION<br />

ERGEBNISSE EINER ANWENDUNGSBEOBACHTUNGSSTUDIE<br />

NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

70<br />

Der selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer<br />

Escitalopram ist das S-<br />

Enantiomer von Citalopram, zugelassen<br />

zur Behandlung von Episoden einer<br />

Major Depression, zur Behandlung<br />

von Panikstörung mit oder ohne<br />

Agoraphobie, sozialer Phobie, generalisierter<br />

Angststörung und Zwangsstörung.<br />

In einer Anwendungsbeobachtung<br />

(AWB) mit 2911 Patienten wurden<br />

über 16 Wochen die Wirksamkeit<br />

und Verträglichkeit von Escitalopram<br />

bei Patienten mit komorbider Depression<br />

und Angststörung untersucht. Die<br />

Wirksamkeit von Escitalopram wurde<br />

mit Hilfe folgender Fremd- und Selbstbeurteilungsskalen<br />

erfasst:<br />

Eine modifizierte Version der<br />

Montgomery-Äsberg Depression Rating<br />

Scale (svMADRS), die Hamilton<br />

Anxiety Scale (HAMA) und die Hospital<br />

Anxiety Depression Scale (HADS-<br />

D). Schweregrad der Erkrankung und<br />

Verbesserung des klinischen Gesamt -<br />

eindrucks wurden mit der Clinical Global<br />

Impression Scale festgestellt (CGI-S,<br />

CGI-l).<br />

Die Anwendungsbeobachtung<br />

beendeten 2718 Patienten. Im<br />

Verlauf der AWB verringerte sich der<br />

durchschnittliche Schweregrad der<br />

Depression von 33,0 auf 8,9 Punkte<br />

der svMADRS. Die Remissionsrate (sv-<br />

MADRS nach der Behandlung 50%) bei 83,1% (LOCF). Der<br />

durchschnittliche Schweregrad der<br />

Angststörung verringerte sich von 28,8<br />

auf 8,8 Punkte der HAMA-Skala. Hier<br />

lag die Remissionsrate (HAMA nach<br />

der Behandlung 50%) bei<br />

80,2%. Zum Abschluss der AWB wurde<br />

bei 92% der Patienten der Zustand<br />

mit „sehr viel besser“ oder „viel besser“<br />

beschrieben (Skalenpunkte CGI-l


Wirksamkeit von Citalopram ist dabei<br />

das Enantiomer S-Citalopram verantwortlich,<br />

das R-Enantiomer trägt<br />

nicht zur therapeutischen Wirkung<br />

bei, sondern inhibiert das S-Enantiomer.<br />

Mit Escitalopram gelang es, das<br />

reine S-Enantiomer herzustellen. So<br />

zeigte eine Analyse gepoolter Daten,<br />

dass mit 10 bis 20 mg/Tag Escitalopram<br />

eine höhere Wirksamkeit und<br />

schnellere Symptomverbesserung als<br />

mit 20 bis 40 mg/Tag Citalopram erzielt<br />

wird. Die überlegene antidepressive<br />

Wirksamkeit von Escitalopram<br />

(20 mg/Tag) gegenüber Citalopram<br />

(40 mg/Tag) wurde in einer randomisierten<br />

kontrollierten Studie belegt,<br />

ebenso die gute Verträglichkeit von<br />

Escitalopram, die mindestens ebenso<br />

gut ist wie die von Citalopram.<br />

Prof. Dr. med. Dipl.-Psych.<br />

Gerd Laux, Ärztlicher Direktor, lnn-<br />

Salzach-Klinikum gGmbH, Fachkrankenhaus<br />

für Psychiatrie, Psychotherapie,<br />

Psychosomatische <strong>Medizin</strong> und<br />

Neurologie, Gabersee 7, 83512 Wasserburg<br />

BLUTZUCKERSELBSTKONTROLLE – DER KOMPASS FÜR<br />

DIE THERAPIE<br />

VON PROF. DR. MED. HELLMUT MEHNERT<br />

Accu-Chek Aviva, Testsieger gemeinsam<br />

mit 2 weiteren Geräten (Stiftung<br />

Warentest 7/2012)<br />

Verschiedenes lernen die diabetischen<br />

Patienten in der Schulung:<br />

Richtige Ernährung, körperliche Bewegung,<br />

Gewichtskontrolle, rechtzeitige<br />

und verlässliche Einnahme<br />

von Medikamenten, Handhabung<br />

der Insulinspritze und – die Blutzuckerselbstkontrolle.<br />

Letztere ist unabdingbar<br />

für insulinspritzende Diabetiker<br />

und in vorgegebenen Grenzen<br />

auch für anderweitig therapierte<br />

Patienten. Blutzucker-Tagesprofile<br />

können gelegentlich beim Hausarzt<br />

oder beim Diabetologen durchgeführt<br />

werden, die Selbstkontrollen,<br />

die über die ständige aktuelle Stoffwechselsituation<br />

Auskunft geben,<br />

können sie aber nicht ersetzen. Entscheidend<br />

wichtig ist natürlich die<br />

Dokumentation der vom Patienten<br />

erhobenen Befunde, die dem Arzt<br />

vorgelegt und mit diesem besprochen<br />

werden. Trotz teilweise anderer<br />

Bestrebungen (im Sinne einer sogenannten<br />

Kostenersparnis!) sind Harnzuckerkontrollen<br />

obsolet. Die Deutsche<br />

Diabetes-Gesellschaft führte<br />

hierzu in einer Stellungnahme folgendes<br />

aus: „Die Uringlucose-Analyse<br />

ist kein Standard in der Diagnostik<br />

und in der Therapieüberwachung,<br />

denn die Uringlucose wird nur positiv<br />

bei hohen Werten der Plasmaglucose<br />

(Glucosetransportkapazität individuell<br />

sehr unterschiedlich, altersabhängig,<br />

bei verminderter Nierenfunktion<br />

nicht systematisch untersucht,<br />

bei bestimmten Erkrankungen erniedrigt<br />

und nicht verwertbar bei<br />

Schwangerschaft und dem Einfluß<br />

von bestimmten neuen Medikamenten,<br />

den SGLT2-Hemmern)“. Allenfalls<br />

können Harnanalysen im Hinblick auf<br />

eine Ketoazidose (Ketonkörper-Bestimmung<br />

) zur Klärung der aktuellen<br />

Stoffwechselsituation hilfreich sein.<br />

Zurück zur Blutzuckerselbstkontrolle:<br />

Hier sind wir in der komfortablen<br />

Situation, dass verschiedene Firmen<br />

(u.a. Bayer, Roche, Sanofi) ständig verbesserte<br />

Messgeräte anbieten: Immer<br />

kleiner, immer genauer, immer handlicher!<br />

<strong>Als</strong> Pars pro toto sei der Accu-<br />

Chek Aviva vorgestellt; der Sicherheit<br />

und Genauigkeit garantiert. Die Firma<br />

Roche bewirbt das Gerät mit dem Attribut<br />

„ das einfachste Blutzuckermesssystem<br />

aller Zeiten“. In der Tat wird ein<br />

grosser (griffiger) Testdstreifen angeboten,<br />

ferner eine praktische Dauercodierung<br />

und eine Komfortabilität mit<br />

dem schwarzen Aktivierungs-Chip, der<br />

stets im Gerät verbleibt. Die Stiftung<br />

Warentest hat das Gerät mit 1,7 benotet<br />

– ein vorzüglicher Wert, den diese<br />

kritische Institution nur selten vergibt.<br />

Dabei werden besonders Handhabung<br />

und Genauigkeit hervorgehoben<br />

– Kriterien, die für Blutzuckermessgeräte<br />

entscheidend sind.<br />

Wie dem auch sei, welches<br />

Gerät der Patient auch benutzt: Blutzuckerselbstkontrollen<br />

sind unentbehrliche<br />

Hilfen für eine ausgewogene<br />

Therapie und lassen Phasen der<br />

Hypoglykämie und Hyperglykämie<br />

zuverlässig erkennen – sie sind der<br />

Kompass für Patient und Arzt als<br />

Grundlage einer erfolgreichen Behandlung.<br />

NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

71


IBEROGAST ®<br />

INFOMOBIL - INITIATIVE GESUNDER MAGEN<br />

NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

72<br />

Den Schwerpunkt einer Aufklärungskampagne<br />

der Initiative Gesunder<br />

Magen, die von der Steigerwald Arzneimittelwerk<br />

GmbH ins Leben gerufen<br />

wurde und von der Deutschen<br />

Gesundheitshilfe und dem Kompetenzteam<br />

Magen, einem Team namhafter<br />

Spezialisten der Gastroenterologie,<br />

sowie vielen Ärzten und Apothekern<br />

unterstützt wird, bildete auch<br />

dieses Jahr wieder eine Tour des Infomobils<br />

Iberogast durch 31 deutsche<br />

Städte, die am 25. September in<br />

Mannheim endete.<br />

Fast jeder zweite Bundesbürger<br />

kennt die Diagnose Sodbrennen.<br />

Dass allerdings Sodbrennen nicht „zu<br />

viel Säure“ bedeutet, sondern häufig<br />

“Säure am falschen Ort“, wissen die<br />

wenigsten. Diese wichtige Feststellung<br />

den Besuchern näher zu bringen,<br />

war das Ziel der Kampagne. Das<br />

entsprechende Interesse der Bürger<br />

an dieser Kampagne war sehr groß.<br />

Nach neuesten wissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen wird der gesamte<br />

Verdauungsprozess vom so genannten<br />

„Enterischen Nervensystem“ gesteuert,<br />

einem vielschichtigen Geflecht<br />

aus etwa 100 Millionen Nervenzellen.<br />

Das Enterische Nervensystem<br />

reguliert die Muskelbewegungen von<br />

Magen und Darm und steuert somit<br />

die Produktion von Verdauungssäften<br />

sowie die Aufnahme von Nahrung.<br />

Das Enterische Nervensystem ist<br />

ein komplexes und sehr sensibles System,<br />

das wir nicht bemerken, so lange<br />

es wie ein Uhrwerk arbeitet. Treten<br />

Probleme auf, gerät dieser Ablauf<br />

aus dem Gleichgewicht, die Magenfunktion<br />

wird gestört und der Magen<br />

rebelliert.<br />

Die Auslöser von Magenbeschwerden<br />

können – je nach Situation<br />

und Individuum – sehr unterschiedlich<br />

sein. Zu fettige, zu scharfe<br />

oder zu süße Speisen, aber auch<br />

Stress und Emotionen wie Angst<br />

Das Infomobil im Einsatz in Frankfurt am Main<br />

oder Ärger können den Bewegungs -<br />

ablauf der Magen- und Darmmuskeln<br />

aus dem Gleichgewicht bringen.<br />

Meist sind die Magenbeschwerden<br />

motilitätsbedingt. Das heißt, sie gehen<br />

auf eine gestörte Muskelbewegung<br />

des Magens zurück. Die Folgen<br />

können unterschiedliche Magenbeschwerden<br />

sein, die oft gleichzeitig<br />

auftreten.<br />

Sodbrennen: Ein Symptom, zwei<br />

verschiedene Krankheiten<br />

Das Symptom Sodbrennen ist<br />

eine diagnostische Herausforderung,<br />

denn dahinter können, wie bereits erwähnt,<br />

zwei unterschiedliche, komplexe<br />

Erkrankungen stecken, die auch verschiedene<br />

Therapien erfordern: zum<br />

einen die Gastroösophageale Refluxkrankheit<br />

und zum anderen die Funktionelle<br />

Dyspepsie. „<strong>Als</strong> Hauptursache<br />

für Refluxbeschwerden werden heute<br />

so genannte transiente Relaxationen<br />

des unteren Ösophagussphinkters angesehen,<br />

die über einen vago-vagalen<br />

Reflex aus dem Fundus des Magens<br />

über den Hirnstamm an den unteren<br />

Ösophagus vermittelt werden,“ erläuterte<br />

Professor Hans-Dieter Allescher,<br />

Garmisch Partenkirchen, anlässlich eines<br />

Fachsymposiums unter dem Titel<br />

„Dyspepsie und Sodbrennen“, an dem<br />

Gastroenterologen aus ganz Deutschland<br />

teilnahmen.<br />

Eine optimale Therapie dieser<br />

Erkrankung setzt eine möglichst vollständige<br />

Kenntnis der Symptomatik<br />

voraus. Herausforderung für den Arzt<br />

ist, dass viele Patienten nur das prominente<br />

Symptom „Sodbrennen“ nennen.<br />

Ohne Nachfrage werden hier<br />

häufig säuresuppressive Protonenpumpenhemmer<br />

(PPI) verordnet, die<br />

für die Behandlung der Refluxkrankheit<br />

indiziert sind. Der niedergelassene<br />

Gastroenterologe Dr. Martin<br />

Strauch aus Neubiberg bei München<br />

zeigte anhand von Zahlen der KV<br />

Bayern, wie sich die nicht indizierte<br />

Verordnung von Säureblockern vom<br />

Typ der PPI auf die Versorgungssituation<br />

von Patienten mit Oberbauchbeschwerden<br />

auswirkt. Nach Angaben<br />

der KV Bayern nahm innerhalb von<br />

vier Jahren die Zahl der PPI-Verordnungen<br />

von 1,51 Millionen auf 1,83<br />

Millionen zu – ohne Hinweis auf eine


Iberogast ® ist eine Kombination aus den Extrakten neun wertvoller Heilpflanzen,<br />

die unter kontrollierten Bedingungen angebaut, geerntet und weiterverarbeitet<br />

werden.<br />

Zunahme der Erkrankungen, bei denen<br />

eine PPI-Gabe indiziert wäre. Eine<br />

Verordnung von PPI außerhalb der<br />

zugelassenen Indikationen, z.B. bei<br />

diffusen Magenbeschwerden, verschlechtere<br />

die Versorgungssituation<br />

der Patienten, denn in diesen Fällen<br />

sei die Therapie unzureichend und<br />

nicht nebenwirkungsarm.<br />

Sodbrennen, Völlegefühl, Magenschmerzen:<br />

Schneller Wirkeintritt<br />

mit Iberis amara-Kombination<br />

Funktionelle gastrointestinale<br />

Erkrankungen wie die Funktionelle<br />

Einsetzen der Wirkung der pflanzlichen<br />

Mehrfachkombination nach der ersten<br />

Gabe in der Arztpraxis. [Quelle: Modifiziert<br />

Raedsch R. 2013]<br />

Dyspepsie (FD) betreffen große Bevölkerungsgruppen<br />

und beeinträchtigen<br />

wesentlich die Lebensqualität.<br />

Umso wichtiger ist es, die Betroffenen<br />

richtig zu therapieren und zu einem<br />

schnellen Wirkergebnis zu kommen.<br />

Bei einer Symptomatik, die Sodbrennen,<br />

Magenschmerzen oder Völlegefühl<br />

bzw. Blähungen, Übelkeit und<br />

Magen-Darm-Krämpfe umfasst, ist ein<br />

Multi-Target-Therapeutikum wie Iberogast‚<br />

sicherlich hervorragend geeignet.<br />

Wirkeintritt nach wenigen Minuten:<br />

Iberis amara-Kombination<br />

wirkt stark, schnell und umfassend<br />

bei Sodbrennen, Völlegefühl und<br />

Magenschmerzen<br />

Mit einer nicht-interventionellen<br />

Studie wurden nun bestehende<br />

Einzelberichte über einen frühen Beginn<br />

der therapeutischen Wirkung<br />

der Iberis amara-Kombination evaluiert.<br />

In 28 Prüfzentren wurden 272<br />

Patienten mit FD ausgewertet 1 . Die<br />

eingeschlossenen Patienten litten<br />

unter funktionellen gastroduodenalen<br />

bzw. intestinalen Störungen. Sie<br />

nahmen 3 x 20 Tropfen Iberogast ®<br />

mit etwas Flüssigkeit vor oder zu den<br />

Mahlzeiten ein. Die durchschnittliche<br />

Behandlungsdauer betrug<br />

20±7,46 Tage. Der Therapieverlauf<br />

wurde mit Hilfe des Gastrointestinalen<br />

Symptomenprofils (GIS-Score) erhoben.<br />

Vor Behandlung betrug der<br />

GIS-Score 12,4±6,10. Nach der Behandlung<br />

verbesserte sich der Score<br />

auf 9,0±6,15. Dieses Ergebnis spiegelt<br />

sich auch in der Globalbeurteilung<br />

der Wirksamkeit wider: in 76,4<br />

% der Fälle wurde der Behandlungserfolg<br />

durch die Ärzte und in 73,5 %<br />

durch die Patienten als „vollständig“<br />

oder „deutlich gebessert“ beschrieben.<br />

Der Wirkeintritt bzw. die Stärke<br />

der Symptome wurde nach der Erst -<br />

einnahme in der Arztpraxis mit Hilfe einer<br />

visuellen Analogskala (VAS) im<br />

Abstand von 5, 15, 30, 60 und 120 Minuten<br />

dokumentiert. In den acht folgenden<br />

Tagen trugen die Patienten<br />

nach jeder Einnahme die Veränderung<br />

der Beschwerden in ein Tagebuch<br />

ein.<br />

Wahrnehmbare Beschwerdereduktion<br />

bereits nach 5 Minuten<br />

Die Wirkung der Iberis amara-<br />

Kombination setzte sehr schnell ein,<br />

wie die Abbildung zeigt.<br />

Mehr als 30 % der Patienten<br />

spürten innerhalb von 15 Min. eine<br />

Verbesserung der Symptomatik.<br />

Nach einer Stunde fühlten sich mehr<br />

als die Hälfe der Patienten besser.<br />

Damit erweist sich die pflanzliche<br />

Mehrfachkombination unter Praxis-Bedingungen<br />

als ein schnell wirksames<br />

und verträgliches Therapeutikum<br />

für die Behandlung von funktionellen<br />

Magen-Darm-Erkrankungen.<br />

Quelle:<br />

1 Raedsch et al. Nicht-interventionelle<br />

Studie (NIS) zum Wirkungseintritt<br />

von Iberogast ® bei Patienten mit<br />

funktionellen oder motilitätsbedingten<br />

Magen-Darm-Erkrankungen.<br />

2013<br />

NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

73


TARDYFERON ® IN DER GYNÄKOLOGIE<br />

BERICHT VON PROF. DR. MED. DR. H.C. ERNST RAINER WEISSENBACHER<br />

NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

74<br />

Es wird geschätzt, dass etwa 2.000<br />

Millionen Menschen weltweit von einer<br />

Anämie betroffen sind. Sie ist somit<br />

ein ernstes Problem der öffentlichen<br />

Gesundheit mit einer Reihe von<br />

sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen<br />

1,2 . Annähernd 50% der Anämie-Fälle<br />

sind mit Eisenmangel verbunden,<br />

der Anteil variiert etwas zwischen<br />

den Bevölkerungsgruppen<br />

und Regionen. In den Industrienationen<br />

sind etwa 5–20 % der Frauen im<br />

gebärfähigen Alter betroffen, damit ist<br />

der Eisenmangel weltweit die häufigste<br />

Mangelerkrankung 3 .<br />

Eisen ist ein wichtiges Spurenelement<br />

für den menschlichen Organismus.<br />

Es dient zur erythrozytären<br />

Hämoglobinbildung und ist mitverantwortlich<br />

für den Sauerstofftransport<br />

und einen funktionierenden Energiestoffwechsel.<br />

Ein Eisenmangel<br />

äußert sich zunächst in einer Entleerung<br />

der Eisenspeicher mit Absinken<br />

des Ferritin-Wertes. Der Körper versucht<br />

daraufhin vermehrt Eisen aus<br />

der Nahrung zu resorbieren. Jedoch<br />

unterliegt das in Nahrungsmitteln<br />

enthaltene Eisen zahlreichen Wechselwirkungen.<br />

Grundsätzlich lässt sich<br />

Eisen aus tierischen Lebensmitteln<br />

besser resorbieren, da es in der sogenannten<br />

Häm-Form vorliegt. Eisen<br />

aus pflanzlichen Lebensmitteln liegt in<br />

der schwer zu resorbierenden dreiwertigen<br />

Form vor. Nahrungsmittel<br />

enthalten darüber hinaus noch eine<br />

Vielzahl von Stoffen, welche die Eisenresorption<br />

beeinflussen können. Zum<br />

Beispiel konkurrieren Calcium-Ionen<br />

in Milchprodukten mit den Transportmechanismen<br />

für Eisen in der Darmschleimhaut,<br />

oder in Getreideprodukten<br />

bilden Phytate mit Eisen schwerlösliche<br />

Komplexe, die nicht resorbiert<br />

werden können. Bei Auftreten einer<br />

Anämie kommt es zu typischen Symptomen<br />

wie: verminderte Leistungsfähigkeit<br />

und allgemeine Abgeschlagenheit,<br />

eingerissene Mundwinkel,<br />

Blässe, Müdigkeit, erhöhte Infektanfälligkeit<br />

und vermehrter Haarausfall.<br />

Auch beim Phänomen der „Restless<br />

Legs“, das zu Missempfindungen in<br />

den Beinen (überwiegend in der<br />

Nacht) und in Folge daraus zu Schlafstörungen<br />

führen kann, scheint Eisenmangel<br />

eine Rolle zu spielen 4 .<br />

Vom Eisenmangel sind überwiegend<br />

Frauen im gebärfähigen Alter<br />

betroffen 5 . Ein erhöhter Eisenbedarf<br />

wird besonders durch Menstruation,<br />

Schwangerschaft und Stillperiode<br />

hervorgerufen. In der Schwangerschaft<br />

ist der steigende Eisenbedarf<br />

oft nicht mehr durch die<br />

Ernährung zu decken, denn schwangere<br />

Frauen haben in Abhängigkeit<br />

vom Körpergewicht einen stark gesteigerten<br />

Gesamteisenbedarf. Ebenso<br />

eine ungünstige Prognose haben<br />

auch Wöchnerinnen, die bereits an<br />

einem vorher bestehenden Eisenmangel<br />

leiden. Frauen, die während<br />

der Schwangerschaft keine Eisensubstitution<br />

erhalten haben, weisen oft<br />

noch bis zu einem halben Jahr nach<br />

der Entbindung entleerte Eisenspeicher<br />

auf. Zusätzlich kann Eisenmangelanämie<br />

bei Wöchnerinnen mit depressiven<br />

Verstimmungen, Stress und<br />

beeinträchtigter Kognition einhergehen.<br />

Mütter können mit diesen Be -<br />

einträchtigungen ihre Säuglinge<br />

schlechter versorgen und dadurch<br />

kann es zu einer Störung in der Mutter-Kind-Beziehung<br />

kommen.<br />

Zur Diagnostik wird als erstes<br />

der Hämoglobinwert bestimmt. Dieser<br />

gibt jedoch keine Auskunft über<br />

den aktuellen Eisenstatus. Durch die<br />

Tabelle 1<br />

Messung des Serum-Ferritins können<br />

Signale eines Eisenmangels schon<br />

frühzeitig, vor dem Auftreten einer<br />

Anämie, erkannt werden. Vorsicht ist<br />

jedoch bei aktiven Entzündungen geboten,<br />

da Serum-Ferritin ein Akutphaseprotein<br />

ist. In einem solchen Fall<br />

können der lösliche Transferinrezeptor<br />

oder Erythrozytenindizes wie MCV<br />

(mittleres Zellvolumen eines Erythrozyten)<br />

und MCHC (mittlere Hämoglobinkonzentration<br />

eines Erythrozyten)<br />

sowie die Retikulozytenzählung Aufschluss<br />

über einen Eisenmangel geben<br />

(siehe Tabelle 1).<br />

In der Schwangerschaft gilt ein<br />

unterer Grenzwert des Hämoglobinwerts<br />

von Hb < 11 g/dl, im zweiten Trimester<br />

liegt der Grenzwert bei Hb <<br />

10,5 g/dl. Postpartal spricht man ab einem<br />

Hb < 10 g/dl von einer klinisch<br />

signifikanten Anämie. Serum-Ferritinwerte<br />

< 30 μg/ml zeigen insuffiziente<br />

und < 12 μg/ml entleerte Eisenspeicher<br />

an 6 .<br />

Liegt eine manifeste Anämie<br />

mit Eisenmangel vor, so ist die Therapie<br />

der Wahl die Eisensubstitution. In<br />

der Regel lässt sich so eine rasche Besserung<br />

der Symptome erreichen.<br />

Auch im Fall eines sogenannten<br />

IDWA (Iron Deficiency without Anaemia,<br />

Eisenmangel ohne Anämie)<br />

kann eine Eisensubstitution sinnvoll<br />

sein, um das Allgemeinbefinden des<br />

Patienten zu verbessern und ein Abgleiten<br />

in die Anämie zu vermeiden 7,8 .<br />

Die WHO empfiehlt die Substitution<br />

mit 60 – 120 mg zweiwertigem<br />

Eisen bei verzögerter Freisetzung und<br />

guter Verträglichkeit, entsprechend<br />

der Schwere der Anämie 9 . Tardy-


Bei Eisenmangel<br />

Einzigartige Galenik<br />

• Gut resorbierbare<br />

80 mg Fe++<br />

• Gute Verträglichkeit<br />

• Einfache Einnahme:<br />

1 kleine Retardtablette<br />

pro Tag<br />

• Lactosefrei<br />

• Glutenfrei<br />

• Gelatinefrei<br />

Tardyferon ®<br />

Depot-Eisen(II)-sulfat. Wirkstoff: Eisen(II)-sulfat 1,5 H 2 O. Zus.: 1 Retardtablette enthält: Arzneilich wirksamer Bestandteil: Eisen(II)-sulfat 1,5 H 2 O 256,3 mg (entsprechend 80 mg Fe 2+ ).<br />

Sonstige Bestandteile: Mucoproteose, Ascorbinsäure, Methacrylsäure-Methylmethacrylat-Copolymer (1:2) (Ph.Eur.), Triethylcitrat, Povidon K 30, Talkum, Magnesiumstearat (Ph.Eur.),<br />

Magnesiumtrisilicat, Poly[butylmethacrylat-co-(2-dimethylaminoethyl)methacrylat-co-methylmethacrylat] (1:2:1), Carnaubawachs, Erythrosin, Aluminiumsalz, Titandioxid, hydriertes<br />

Rizinusöl, Sucrose, Kartoffelstärke, Reisstärke. Anw.: Therapie von Eisenmangelzuständen. Gegenanz.: Überempfindlichkeit gegen Bestandteile, Hämochromatosen, Eisenverwertungsstörungen<br />

(Bleianämie, sideroachrestische Anämien, Thalassämie). Kinder < 10 Jahren. Nebenwirk.: Häufig: Verstopfung, Durchfall, aufgeblähter Bauch, Oberbauchbeschwerden, verfärbte<br />

Stühle, Übelkeit. Gelegentlich: Kehlkopfentzündungen, abnormale Stühle, Dyspepsie, Erbrechen, Gastritis, Pruritus, erythematöser Ausschlag. Nicht bekannt: Zahnverfärbungen, Ulzerationen<br />

der Mundschleimhaut, Hypersensibilität, Urtikaria. Falsch positive Reaktionen bei Benzidinprobe oder ähnlichen Tests zum Nachweis okkulter Blutungen im Stuhl sind möglich. Tardyferon<br />

drei Tage vor der Untersuchung absetzen. Stand: August 2013<br />

Pierre Fabre Pharma GmbH • 79111 Freiburg • tardyferon@pierre-fabre.de • www.pierre-fabre.de


feron ® ist das weltweit am häufigsten<br />

verordnete Eisenpräparat 10 . Es hat<br />

eine spezielle Galenik, die sich an die<br />

veränderten Resorptionsbedingungen<br />

des Organismus bei Eisenmangel<br />

anpasst. Die Eisenfreisetzung ist so gesteuert,<br />

dass nach sechs Stunden<br />

90 % des Eisens freigesetzt sind, davon<br />

können 70 % im Duodenum und<br />

weitere 15 % im Jejunum resorbiert<br />

werden. Das Eisen steht somit in den<br />

einzelnen Darmabschnitten gemäß<br />

der resorptiven Kapazität zur Verfügung.<br />

Es kommt so zu keinem massiven<br />

Überangebot an Eisen und demzufolge<br />

zu deutlich weniger Irritationen<br />

der Darmschleimhaut. Weitere<br />

Inhaltsstoffe unterstützen zusätzlich<br />

die gute Verträglichkeit von Tardyferon<br />

®11 .<br />

Literatur<br />

1. Zimmermann MB, Hurrell RF. Nutritional<br />

iron deficiency. Lancet<br />

2007;370:511-20<br />

2. WHO Global Database on Anaemia.<br />

Worldwide prevalence of<br />

anaemia 1993-2005. Available at:<br />

http://whqlibdoc.who.int/publi -<br />

cations/2008/9789241596657_<br />

eng.pdf<br />

3. World Health Organization. Iron<br />

Deficiency Anaemia. Assessment,<br />

Prevention, and Control. A guide<br />

for programme managers. Geneva,<br />

World Health Organization,<br />

2001 (WHO/NHD/01.3). Available<br />

at: http://www.who.int/<br />

nutrition/publications/micronutri<br />

ents/anaemia_iron_deficiency/W<br />

HO_NHD_01.3/en/index.html<br />

4. Zeitlhofer J: Sind Restless Legs die<br />

Ursache? MMW 2008, 150(2):77-<br />

9<br />

5. Galan P et al.: Determining Factors<br />

in the Iron Status of Adults in<br />

the SU.VI.MAX. Study. Eur J Clin<br />

Nutr 1998, 52:383-88.<br />

6. EB Bergmann HJ et al., Geburtsh<br />

Frauenheilk 2009; 69: 682–6.<br />

7. Schaub, BS: Therapie bei Eisenmangel<br />

– nicht die Anämie abwarten!<br />

Der Allgemeinarzt 2007,<br />

14:36-41.<br />

8. Nielsen P: Eisenmangel – neue<br />

Aspekt für Stoffwechsel und Diagnostik.<br />

Frauenarzt 2007,<br />

48(12):2-3.<br />

9. DeMaeyer, E.M. et al. (1989): Preventing<br />

And Controlling Iron Deficiency<br />

Anaemia Through Primary<br />

Care: A guide for health administrators<br />

and programme managers,<br />

WHO 1989, 1-58.<br />

10. IMS Midas Quantum - 19 Countries<br />

corresponding to 74% of B3A<br />

market (Deutschland, Argentinien,<br />

Belgien, Brasilien, Kanada, Spanien,<br />

USA, Frankreich, Griechenland,<br />

Italien, Japan, Mexiko, Polen,<br />

Portugal, Tschech. Republik, Slovakische<br />

Republik, GB, Schweiz, Türkei)<br />

11. Udelhoven, P. (1989): Schonend<br />

und effizient: Zur Therapie von Eisenmangelzuständen<br />

– Die Eisensubstitution<br />

mit Tardyferon ® passt<br />

sich physiologischen Bedingungen<br />

an, in: Der Kassenarzt, Sonderdruck<br />

aus Heft 36, 1989, S. 41-<br />

58.<br />

TRANYLCYPROMIN EIN KLASSISCHES<br />

ANTIDEPRESSIVUM MIT LANGJÄHRIG BEWÄHRTER<br />

WIRKSAMKEIT IN DER FACHARZTPRAXIS<br />

NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

76<br />

BERICHT VON PROF. DR. MED. DR. H.C. ERNST RAINER WEISSENBACHER<br />

Unter den psychischen Erkrankungen<br />

ist die Depression die am häufigsten<br />

auftretende. Nach Schätzungen des<br />

Bundesgesundheitsministeriums sind<br />

vier Millionen Deutsche von einer Depression<br />

betroffen. Des Weiteren<br />

wird davon ausgegangen, dass etwa<br />

zehn Millionen Menschen bis zum 65.<br />

Lebensjahr eine Depression erlitten<br />

haben. Aber die Zahlen variieren, da<br />

viele Depressionen nicht als solche erkannt<br />

werden. Bei Frauen werden<br />

Depressionen im Durchschnitt doppelt<br />

so oft wie bei Männern diagnostiziert.<br />

Die Ursachen für die erhöhten<br />

Erkrankungsraten bei Frauen sind<br />

noch unklar. Der Leidensdruck ist vor<br />

allem bei therapieresistenten und<br />

chronifizierten Depressionen für die<br />

Patienten enorm hoch. Depression<br />

und Suizidgedanken sind eng miteinander<br />

verbunden. Etwa 12.000 Menschen<br />

begehen in Deutschland aufgrund<br />

von Depressionen pro Jahr<br />

Selbstmord. Die gesellschaftlichen Kosten<br />

nicht oder unzureichend behandelter<br />

Depressionen sind durch lange<br />

Krankenhausaufenthalte und Arbeitsausfall<br />

bis hin zur Frühberentung signifikant.<br />

Tranylcypromin (Jatrosom ® )<br />

ist seit fast 50 Jahren in Klinik und<br />

Facharztpraxis als potentes Antidepressivum<br />

mit breitem Indikationsspektrum<br />

etabliert. Tranylcypromin<br />

wurde 1959 erstmals in klinischen<br />

Studien bei Depressionen untersucht<br />

und ist in Deutschland seit<br />

1962 als Antidepressivum erhältlich.<br />

Es ist ein anerkannt wirksames Mittel<br />

zur Behandlung von depressiven<br />

Syndromen, unabhängig von ihrer<br />

nosologischen Einordnung. Aufgrund<br />

des Wirkmechanismus nimmt<br />

die Substanz unter den Antidepressi-


va als einziger Vertreter der Gruppe<br />

der irreversiblen und nicht-selektiven<br />

MAO-Hemmer eine Sonderstellung<br />

ein.<br />

MAO-Hemmung ist eine Besonderheit<br />

im heutigen pharmakologischen<br />

Spektrum von etwa 30 Anti -<br />

depressiva-Wirkstoffen. Die Spezifik<br />

der Substanz besteht darüber hinaus<br />

in einer irreversiblen Blockade der<br />

MAO und in einer nicht-selektiven<br />

Blockade der beiden Subtypen MAO-<br />

A und MAO-B. Auf diese Weise wird<br />

zum einen ein sehr nachhaltiger pharmakologischer<br />

Primäreffekt mit Rückbildung<br />

der MAO-Aktivität nach Neubildung<br />

des Enzyms innerhalb von Tagen<br />

erreicht, zum anderen wird das<br />

Spektrum der MAO-Hemmung hinsichtlich<br />

aller wichtigen Amintransmitter<br />

wie Serotonin, Noradrenalin und<br />

Dopamin ausgeschöpft. Im Unterschied<br />

zu den meisten anderen Anti -<br />

depressiva hat Tranylcypromin stimulierende<br />

Effekte, die an eine sehr milde<br />

Amphetamin-Wirkung erinnern und<br />

es fehlen Beiträge im cholinergen Rezeptorsystem.<br />

Tranylcypromin war lange<br />

Zeit das einzige Antidepressivum mit<br />

Nachweis der therapeutischen Wirkung<br />

bei bipolarer Depression. Das<br />

stimulierende Potential macht es zu<br />

einem erstrangigen Kandidaten bei<br />

der Behandlung der atypischen, das<br />

heißt der gehemmten Depression,<br />

wobei sich der Grad der Stimulierung<br />

bei Bedarf durch geeignete Begleitmedikation<br />

gut modulieren<br />

lässt, wie zum Beispiel mit Amitriptylin,<br />

Doxepin, Benzodiazepin oder<br />

niederpotenten Neuroleptika. Die<br />

Inhibition auch der peripheren MAO<br />

durch Tranylcypromin ist mit einer<br />

weiteren Besonderheit verbunden.<br />

Der hepatisch-metabolische Schutz<br />

vor physiologisch aktiven biogenen<br />

Aminen wie zum Beispiel Tyramin,<br />

die in einigen Nahrungsmitteln enthalten<br />

sind, ist weitgehend ausgeschaltet.<br />

Deshalb ist eine tyraminarme<br />

Diät während der Behandlung<br />

mit Jatrosom ® notwendig, was die<br />

Akzeptenz moderat diätetischer Einschränkungen<br />

bei Arzt und Patienten<br />

erfordert.<br />

Resümee<br />

Tranylcypromin hat heute, fast<br />

50 Jahre nach ersten klinischen Studien<br />

und Markteinführung, einen fes -<br />

ten Stellenwert in der Therapie depressiver<br />

Erkrankungen in der Facharztpraxis.<br />

Dies gilt besonders als Medikament<br />

zur Behandlung der therapieresistenten<br />

Depression. Die Wirksamkeit<br />

wurde sowohl in vielen<br />

Studien im Vergleich zu Placebo und<br />

anderen Antidepressiva, als auch in<br />

der täglichen Praxis bestätigt. Allerdings<br />

sollte es wegen den Interaktionen<br />

mit bestimmten Nahrungsmitteln<br />

nur bei Patienten verwendet werden,<br />

die motiviert sind, eine tyraminarme<br />

Ernährung umzusetzen.<br />

SGLT2-REZEPTORENHEMMUNG – EIN NEUES<br />

PRINZIP IN DER DIABETESTHERAPIE<br />

VON PROF. DR. HELLMUT MEHNERT<br />

Mit Dapagliflozin (Forxiga) ist eine<br />

Substanz in die Behandlung des Typ-<br />

2-Diabetes gekommen, die ein völlig<br />

neues Therapieprinzip beinhaltet:<br />

Dapagliflozin ist ein renal wirksamer<br />

SGLT2-Rezeptorenhemmer, der die<br />

normalerweise zu 90% stattfindende<br />

Glucoserückresorption in den proximalen<br />

Tubuli der Niere aufhebt und<br />

auf diese Weise zur – hier gewollten<br />

– Glucosurie führt. Diese massive<br />

Zuckerausscheidung (bis zu 180 g<br />

pro die) bedingt ein konsekutives<br />

Absinken des Blutzuckerspiegels<br />

(und eine Natriurese). Die Hyperglykämie,<br />

die in der Pathogenese des<br />

Diabetes eine Glucosurie hervorruft,<br />

wird hier also gerade durch die<br />

Zuckerausscheidung signifikant gesenkt.<br />

Letzteres würde eigentlich bedeuten,<br />

dass Dapagliflozin auch bei<br />

Typ-1-Diabetes eingesetzt werden<br />

könnte, wofür aber noch keine Zulassung<br />

existiert. Dafür sind aber für<br />

Typ-2-Patienten praktisch alle wichtigen<br />

Kombinations-Indikationen<br />

denkbar. Man wird zwar stets zuerst<br />

einen Therapieversuch mit Bewegungs–<br />

und Ernährungstherapie<br />

sowie mit Metformin starten. Wenn<br />

dieser aber nicht ausreichend wirksam<br />

(oder Metformin kontraindiziert)<br />

ist, kommen Dapagliflozin<br />

(oder DPP4-Hemmer) zum Zuge. <strong>Als</strong><br />

Nebenwirkungen bei den SGLT2-Rezeptoren-Hemmern<br />

sind nach dem<br />

bisherigen Stand des Wissens praktisch<br />

nur gelegentliche reversible<br />

Genitalinfektionen, jedoch keine<br />

bakteriellen oder mykotischen Harnwegsentzündungen<br />

zu vermelden.<br />

Bei einer GFR unter 60 soll zwar Dapagliflozin<br />

nicht gegeben werden,<br />

dies aber nicht wegen möglicher renaler<br />

Schäden, sondern wegen der<br />

Reduzierung oder des Wegfalls<br />

der gewünschten glucosurischen<br />

Haupt wirkung infolge der erhöhten<br />

Nierenschwelle für Glucose.<br />

Was sind die Zusatznutzen für<br />

diese Substanz ( -gruppe)? Vier Vorteile<br />

sind evident: 1. Dapagliflozin bringt<br />

ein völlig neues Therapieprinzip mit<br />

sich und unterscheidet sich damit von<br />

allen anderen bisher bekannten oralen<br />

Antidiabetika. 2. Dapagliflozin ist<br />

wegen dieser Eigenschaft ein idealer<br />

NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

77


Kombinationspartner für andere Substanzen,<br />

da mit der Kombination ein<br />

additiver Effekt auf die Blutzuckersenkung<br />

erzielt wird. 3. Die gleichzeitige<br />

Natriurese bedingt eine durchaus relevante<br />

Blutdrucksenkung. 4. (sehr<br />

wichtig!): Mit der Glucosurie gehen jeweils<br />

ca. 300 Kalorien oder mehr pro<br />

die zu Verlust, was für die zumeist<br />

übergewichtigen oder adipösen Patienten<br />

einen bedeutsamen zusätzlichen<br />

diätetischen Vorteil darstellt.<br />

Fast möchte man es nicht für<br />

möglich halten, dass das IQWIG-Institut<br />

und der gemeinsame Bundesausschuss<br />

(GBA) den SGLT2-Hemmern<br />

einen Zusatznutzen absprechen. Es ist<br />

nur zu hoffen, dass diese Entscheidung<br />

überdacht und unseren Patienten<br />

ein wertvolles Medikament nicht<br />

vorenthalten wird.<br />

ALIUD PHARMA BIETET ÄRZTEN UND<br />

PATIENTEN ZAHLREICHE SERVICES ZU<br />

EREKTILER DYSFUNKTION<br />

INFORMATIV UND AUFMERKSAMKEITSSTARK:<br />

Mit der Einführung generischer Behandlungsalternativen<br />

wie Sildenafil AL<br />

hat sich das Spektrum therapeutischer<br />

Optionen für Männer mit erektiler Dysfunktion<br />

enorm erweitert. Nach wie vor<br />

scheuen sich aber viele, das Thema offen<br />

bei ihrem Arzt anzusprechen.<br />

ALIUD PHARMA möchte mit zahlreichen<br />

Servicematerialien die Kommunikation<br />

erleichtern und die Aufmerksamkeit<br />

für das Thema Erektionsstörungen<br />

steigern: Für medizinische Fachkreise<br />

bietet ALIUD PHARMA CME-zertifizierte<br />

Online-Fortbildungen zu den Ursachen<br />

und Behandlungen erektiler Dysfunktion<br />

an. Diese Aspekte werden<br />

auch auf der Internetpräsenz für Fachkreise<br />

unter https://sildenafil.aliud.de/<br />

erläutert. Dort finden sich zudem alle Informationen<br />

zu Sildenafil AL, der medikamentösen<br />

Therapieoption von<br />

ALIUD PHARMA zur Behandlung von<br />

erektiler Dysfunktion. Ingrid Blumen thal,<br />

Geschäftsführerin ALIUD PHARMA, betont<br />

den Stellenwert von Ärzten für<br />

eine erfolgreiche Behandlung: „Sie<br />

nehmen als Vertrauenspersonen eine<br />

sehr wichtige Position für die Betroffenen<br />

ein. Deshalb möchten wir sie mit<br />

unseren Materialien und Informationen<br />

unterstützen. Wir wissen aber<br />

auch um den Leidensdruck der betroffenen<br />

Männer und ihrer Partner und<br />

wollen ihnen zeigen, wie sie ihre<br />

Sexualität wieder selbstbewusst genießen<br />

können.“<br />

NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

78


NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

80<br />

Zur Abgabe an Patienten und<br />

Unterstützung des Behandlungsverlaufs<br />

stellt ALIUD PHARMA Informationsbroschüren<br />

bereit, die per Telefon<br />

unter 0800-2548300 oder per Fax unter<br />

0800-2548328 angefordert werden<br />

können.<br />

Unter www.aliud.de/maennersache<br />

gibt es außerdem ein Onlineangebot,<br />

das Betroffenen unter anderem Tipps<br />

zum Umgang mit Erektionsstörungen<br />

bietet. Mit zahlreichen weiteren Maßnahmen,<br />

wie zum Beispiel Anzeigen,<br />

wird die öffentliche Aufmerksamkeit für<br />

das Thema Erektionsstörungen zusätzlich<br />

gesteigert. Dabei stellt ALIUD<br />

PHARMA auch die Präsenz in Arztpraxen<br />

sicher. Auf Wunsch können Flyer in<br />

mehreren Sprachen und dezente<br />

Blisterhüllen zur Aufbewahrung der<br />

kleinen Erektionshilfe an Patienten abgegeben<br />

werden. „Neben einer starken<br />

Bildsprache haben wir bei allen<br />

Materialien großen Wert auf eine frische<br />

und dynamische Tonalität gelegt,<br />

um den Betroffenen den Zugang zum<br />

Thema Erektionsstörungen zu erleichtern“,<br />

so Ingrid Blumenthal.<br />

Mit MED DIARY bietet ALIUD<br />

PHARMA übrigens seit kurzem eine<br />

Smartphone-App an, die verschiedene<br />

Patiententagebücher in einer einzigen<br />

Anwendung vereint. Damit können<br />

zum Beispiel der Blutzucker- oder Blutdruckwert<br />

leicht erfasst und beim Arztbesuch<br />

aufgerufen werden. Dies kann<br />

auch für Männer mit Erektionsstörungen<br />

hilfreich sein, da Diabetes und Bluthochdruck<br />

zu den häufigsten Begleiterkrankungen<br />

zählen. MED DIARY steht<br />

kostenlos im iTunes- und Google-Play-<br />

Store zum Download zur Verfügung.<br />

SILDENAFIL AL 25 mg /-50 mg /-100 mg Filmtabletten<br />

Zus.: -25 mg /-50 mg /-100 mg Filmtbl.: 1 Filmtbl. enth.. 25 mg/ 50 mg/ 100 mg Sildenafil als Sildenafilcitrat. Sonst. Bestandt.: Mikrokristall. Cellulose, Croscarmellose-Na, Hyprolose, Lactose-<br />

Monohydrat, Na-stearylfumarat, hochdisp. Siliciumdioxid. Carmellose-Na, Glucose-Monohydrat, Hypromellose, Maltodextrin, Muscovit, Polydextrose, entölte Phosholipide aus Sojabohnen,<br />

Talkum, Mittelkett. Triglycer., Indigocarmin, Al-salz (E132), Ponceau 4R, Al-salz (E124), Titandioxid (E171).<br />

Anw.: Behandl. v. Männern m. erekt. Dysfunkt. Wirkt nur bei sex. Stimulat.<br />

Gegenanz.: Überempf. gg. d. Wirkst., Soja, Erdnuss, Ponceau 4R od. e. d. sonst. Bestandt.; Gleichz. Behandl. mit Nitraten od. NO-Donat. Verlust der Sehkraft auf e. Auge durch nichtarteriit.<br />

anterioren ischäm. Optikusneuropathie (NAION). Pat., d. v. sex. Aktiv. abzuraten ist (z.B. schw. Herz-/Kreislauf-Erkrank. wie instab. Angina pectoris od. schw. Herzinsuff.). Schw. Leberinsuff.<br />

Hypotonie (Blutdruck


INNOVATIVES ANTIBIOTIKUM WIRKT<br />

SPEZIFISCH BAKTERIZID<br />

STEIGENDE INZIDENZ VON CLOSTRIDIUM DIFFICILE-INFEKTIONEN IM KRANKENHAUS<br />

Quelle: Vonberg RP et al. J. Hosp Infect<br />

2008.<br />

Nosokomiale Infektionen mit dem<br />

Darmkeim Clostridium difficile nehmen<br />

deutschlandweit zu. Laut einer<br />

aktuellen Studie kommt es bei jedem<br />

1.000 Krankenhaustag zu einer Clostridium<br />

difficile-Infektion (CDI) 1 , damit<br />

sind sie doppelt so häufig wie solche<br />

mit MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus<br />

aureus). 2 Die Folgen der<br />

Infektion sind eine enorme Belastung<br />

für betroffene Patienten sowie das<br />

Gesundheitssystem. Neben der Entwicklung<br />

zielgerichteter Behandlungsoptionen<br />

ist daher die Vermeidung<br />

von Infektionen eine wichtige<br />

Aufgabe der Zukunft.<br />

Clostridium difficile ist ein grampositives<br />

sporenbildendes Bakterium,<br />

das sowohl in der Umwelt als auch im<br />

Darm gesunder Erwachsener vorkommt.<br />

Insbesondere durch die Einnahme<br />

von Antibiotika kann die bakterielle<br />

Darmflora so beeinträchtigt<br />

werden, dass das Bakterium sich ausbreiten<br />

und Toxine produzieren kann.<br />

Diese wiederum lösen massive Diarrhöen<br />

aus. Teilweise kommt es zu einem<br />

toxischen Megakolon bis hin zur<br />

Darmperforation. 16 Prozent der CDI-<br />

Patienten in Deutschland versterben<br />

innerhalb von 30 Tagen. 3 Die zusätzlichen<br />

Kosten pro Fall liegen im Schnitt<br />

bei 7.000 Euro. 4,5<br />

Seit Anfang 2013 steht mit dem<br />

Makrozyklin Fidaxomicin (Dificlir TM ) ein<br />

neues Antibiotikum zur Behan dlung<br />

von Clostridium difficile-Infektionen<br />

zur Verfügung. Es wirkt spezifisch bakterizid<br />

gegen Clostridium difficile, 6,7 reduziert<br />

die Sporenbildung 8 und<br />

hemmt die Toxinproduktion. 9 Im Vergleich<br />

zur bisherigen Standardtherapie<br />

mit Vancomycin konnte der Wirkstoff<br />

seine Überlegenheit in der Behandlung<br />

schwerkranker Patienten<br />

mit CDI nachweisen – insbesondere<br />

bezogen auf den Endpunkt Gesamtheilung.<br />

In den beiden Zulassungsstudien<br />

verbesserte sich die Gesamtheilungsrate<br />

unter Fidaxomicin im Vergleich<br />

zu Vancomycin um signifikante<br />

18,3% (p


BEACHTUNG VON SUBTYPEN DER DEPRESSION<br />

WICHTIG FÜR EINE ADÄQUATE<br />

PSYCHOPHARMAKOLOGISCHE BEHANDLUNG<br />

BERICHT VON Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Hans-Jürgen Möller, München<br />

NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

82<br />

Die Depression gehört zu den häufigsten<br />

psychischen Erkrankungen. Sie<br />

bringt großes Leid über die Betroffenen<br />

und deren Familien, oft verbunden<br />

mit langer Arbeitsunfähigkeit und<br />

eventuell vorzeitiger Berentung.<br />

Auch die gesundheitsökonomischen<br />

Konsequenzen sind beträchtlich. Alles<br />

gute Gründe, die Behandlung so optimal<br />

wie möglich zu gestalten. Dabei<br />

spielt, neben vielem anderen, die Beachtung<br />

der klinischen Subtypen der<br />

Depression eine wichtige Rolle.<br />

Die Depression ist im klinischen<br />

Erscheinungsbild und auch hinsichtlich<br />

der verursachenden Faktoren<br />

sehr vielgestaltig. Nach traditioneller<br />

Systematik kann man unterscheiden<br />

zwischen psychogenen (reaktive<br />

oder neurotische Depression), endogenen<br />

(anlagebedingte Depression)<br />

und somatogenen (hirnorganische<br />

oder körperlich bedingte Depression)<br />

Formen. Auch wenn diese Terminologie<br />

größtenteils heute im Rahmen der<br />

modernen internationalen Klassifikationssysteme<br />

nicht mehr genutzt wird ,<br />

so tritt das Grundprinzip dieser triadischen<br />

Einteilung unter anderen Namen<br />

für die entsprechenden Krankheitskategorien<br />

doch noch immer<br />

weitgehend hervor. Damit sind<br />

gleichzeitig Behandlungsanleitungen<br />

verbunden, z.B. in dem Sinne, dass bei<br />

der neurotischen Depression, die<br />

heute u.a. in der Kategorie Dysthymie<br />

zu finden ist, psychotherapeutische<br />

Verfahren besonders indiziert sind,<br />

während bei den somatogenen Depressionen<br />

primär die diagnostische<br />

Suche nach der verursachenden Gehirnerkrankung<br />

oder einer sonstigen<br />

körperlichen Erkrankung sowie deren<br />

Therapie im Vordergrund stehen.<br />

Abgesehen davon kann sowohl bei<br />

der Dysthymie als auch bei der somatogenen<br />

Depression eine Behandlung<br />

mit Antidepressiva sinnvoll sein.<br />

In der ICD-10 Diagnostik, die<br />

heute in Deutschland verbindlich ist,<br />

steht im Zentrum der Begriff „depressive<br />

Episode“, der den alten Begriff „endogene<br />

Depression“ ersetzt hat, allerdings<br />

darüber hinaus geht, indem<br />

auch Depressionen, die man früher<br />

dem neurotischen Formenkreis zugerechnet<br />

hätte, wenn sie eine ausgeprägte<br />

depressive Symptomatik zeigen,<br />

hierunter klassifiziert werden.<br />

Die ICD-10 verwendet den Begriff<br />

„depressive Episode“ rein deskriptiv im<br />

Sinne einer Zusammenfassung des klinischen<br />

Erscheinungsbildes, ohne<br />

weitergehende theoretische Annahmen<br />

, wie sie mit den traditionellen Begriffen<br />

„neurotische Depression“ oder<br />

„endogene Depression“ verbunden<br />

waren.<br />

Wenn eine „depressive Episode“<br />

diagnostiziert worden ist, stellt sich<br />

die Frage, ob bei dem Patienten, falls<br />

mehrere Episoden einer affektiven Erkrankung<br />

vorliegen, diese immer depressive<br />

Episoden waren, oder ob<br />

auch manische oder hypomanische<br />

Episoden aufgetreten sind. Im ersteren<br />

Fall spricht man von einer unipolaren<br />

Depression, im letzteren Fall von<br />

eine bipolaren Depression (die<br />

manchmal auch im klinischen Querschnittsbild<br />

symptomatische Besonderheiten<br />

zeigt) bzw. von einer Depression<br />

im Rahmen einer bipolaren<br />

Erkrankung (manisch –depressive Erkrankung).<br />

Diese Differenzierung, zu<br />

der auch noch andere Aspekte beitragen<br />

können, ist für die Psychopharmakotherapie<br />

von Bedeutung.<br />

Während die unipolare Depression<br />

in der akuten depressiven<br />

Episode und auch in der Erhaltungstherapie/Rezidivprophylaxe<br />

mit<br />

Antidepressiva behandelt wird, haben<br />

bei der Behandlung der bipolaren<br />

Depression andere Medikamente<br />

den Vorrang: die „mood stabilizer“.<br />

Darunter versteht man Medikamente<br />

aus der Gruppe der Antiepileptika(z.B.<br />

Valproat, Lamotrigin), aber neuerdings<br />

auch aus der Gruppe Antipsychotika<br />

der 2. Generation (z.B. Quetiapin,<br />

Olanzapin). Allerdings müssen in<br />

vielen Fällen zur ausreichenden Besserung<br />

der depressiven Symptomatik<br />

auch Antidepressiva (vorrangig SSRIs<br />

oder andere moderne Antidepressiva)<br />

eingesetzt werden, allerdings sollte<br />

dies nur unter dem Schutz eines<br />

„mood stabilizers“ erfolgen, um einen<br />

„switch“ in die manische Symptomatik<br />

zu verhindern.<br />

Bei der monopolaren Depression<br />

sind verschiedene Subtypen unter<br />

therapeutischen Aspekten von Bedeutung.<br />

Die schwerste Form der Depression<br />

ist die, bei der gleichzeitig<br />

Wahnideen vorkommen, meistens<br />

synthyme Wahnideen (Wahnideen,<br />

die aus der depressiven Verstimmung<br />

ableitbar sind) wie Verarmungswahn,<br />

Versündigungswahn, hypochondrischer<br />

Wahn, nihilistischer Wahn. Diese<br />

Form der Depression wird „psychotische<br />

Depression“ genannt. Sie lässt<br />

sich meistens nicht allein mit Antidepressiva<br />

ausreichend behandeln, sondern<br />

bedarf zusätzlich der Therapie<br />

mit Antipsychotika (früher war der<br />

Name Neuroleptika für diese Medikamente<br />

gebräuchlicher).<br />

Eine besonders interessante<br />

Form der Depression ist die „saisonale<br />

Depression“, die in den dunklen Jahreszeiten<br />

auftritt und deshalb auch<br />

Lichtmangel–Depression genannt


Wie gesund kann ich alt werden?<br />

Dies ist für kleine, aber auch für große Forscher eine wichtige Frage. Seit über 135 Jahren stellt sich Lilly als pharmazeutisches<br />

Unternehmen den Herausforderungen der <strong>Medizin</strong>: Das weltweit erste für Patienten verfügbare Insulin, Penicillin und die<br />

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DECPR00069a


wird. In der Tat ist der Lichtmangel<br />

der auslösende Faktor und allein<br />

durch Lichttherapie (mit speziellen<br />

Lichttherapie-Lampen, deren Kosten<br />

von den Krankenkassen finanziert<br />

werden) kann man diese Depression<br />

wieder zum Abklingen bringen und<br />

die Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens<br />

reduzieren. Wenn dem Patienten<br />

diese Art der Therapie zu umständlich<br />

ist, ist auch eine Behandlung<br />

mit Antidepressiva (am besten erprobt<br />

sind SSRIs) indiziert.<br />

In diesem Kontext ist es sinnvoll,<br />

die „atypische Depression“ zu<br />

erwähnen, weil die Lichtmangel-Depressionen<br />

häufig phänomenologisch<br />

als atypische Depression in Erscheinung<br />

treten. Bei der atypischen<br />

Depression kommt es prototypischerweise<br />

zu einer umgekehrten<br />

Polung vegetativer Symptome: vermehrter<br />

Schlaf / vermehrtes Schlafbedürfnis<br />

statt Schlafreduktion, vermehrtes<br />

Essen / vermehrter Appetit<br />

statt Appetitreduktion. Diese Patienten,<br />

wenn es sich nicht um eine<br />

Lichtmangel-Depression handelt,<br />

sprechen am besten auf Monoamino-Oxydase-Hemmer<br />

an.<br />

Vegetative und körperliche<br />

Symptome, auch Schmerzen, ge -<br />

hören zum klassischen Erscheinungsbild<br />

der Depression. Diese Symptome<br />

stehen häufig so im Vordergrund des<br />

klinischen Erscheinungsbildes, dass<br />

sie die anderen Kernsymptome der<br />

Depression völlig überdecken. Man<br />

nutzte traditonell den Begriff „larvierte<br />

Depression“, um diesen Subtyp der<br />

Depression zu kennzeichnen , bei<br />

dem die psychischen Kernsymptome<br />

der Depression versteckt sind und die<br />

körperlichen Symptome im Vordergrund<br />

stehen (deshalb auch somatisierte<br />

Depression genannt), was häufig<br />

zu diagnostischen Schwierigkeiten<br />

führt. Unabhängig von diesem besonderen<br />

Subtyp kann man sagen ,<br />

dass körperliche Erscheinungen mit<br />

oder ohne Schmerzen zu den häufigsten<br />

Symptomen der Depression<br />

gehören und wenn sie stark das klinische<br />

Bild prägen, ist im Sinne der ICD-<br />

10 eine depressive Episode mit somatischem<br />

Syndrom zu diagostizieren .<br />

Die körperlich geprägte, zum Teil mit<br />

Schmerzen verbundene Symtomatik<br />

dieser Depressionsform spricht besonders<br />

gut auf die Behandlung mit<br />

selektiven dualen Antidepressiva an<br />

(Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer,<br />

wie u.a. Duloxetin)<br />

an.<br />

Zum klinischen Erscheinungsbild<br />

der Depression , insbesondere jener<br />

Depression, die man früher als<br />

endogene Depression bezeichnet<br />

hat (heute spricht man vom melancholischen<br />

Subtyp der Depression)<br />

gehören Veränderungen der cirkadianen<br />

Rhythmik, u.a. an dem häufig<br />

klinisch zu beobachtenden „Morgentief“<br />

der Patienten erkennbar, bei<br />

genauerer neuroendokrinologischer<br />

Untersuchung sehr gut am veränderten<br />

Tag-Nacht-Rhythmus der Ausschüttung<br />

verschiedener Hormone<br />

(u.a. Cortisol) und am in typischer<br />

Weise gestörten polysomnographischen<br />

(Schlaf-EEG-Untersuchung)<br />

Schlafprofil diagnostizierbar. Diese<br />

Patienten sprechen gut auf adjuvante<br />

Schlafentzugstherapie an. Das einzige<br />

Antidepressivum , das einen Fokus<br />

auf die circadianen Rhythmusstörungen<br />

setzt, zu denen u.a. auch<br />

Schlafstörungen gehören, ist Agomelatin,<br />

ein Melatoninrezeptoren-Agonist<br />

(mit zusätzlichem 5HT2C-Antagonismus)<br />

.Gern werden aber auch andere<br />

Antidepressiva beim melancholischen<br />

Subtyp der Depression eingesetzt.<br />

Zusammenfassend kann gesagt<br />

werden, dass die medikamentöse<br />

Behandlung der Depression durch<br />

Beachtung dieser Subtypen verbessert<br />

werden kann.<br />

NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

84<br />

MIT SEEBRI ® BREEZHALER ® (GLYCOPYRRONI-<br />

UM) AKTIVER DURCH DEN TAG<br />

Indikation<br />

Seebri ® Breezhaler ® ist für die<br />

bronchialerweiternde Erhaltungstherapie<br />

zur Symptomlinderung bei erwachsenen<br />

Patienten mit chronischobstruktiver<br />

Lungenerkrankung<br />

(COPD, Chronic Obstructive Pulmonary<br />

Disease) indiziert. 1<br />

Wirkungsweise<br />

Der Wirkstoff Glycopyrronium<br />

ist ein langwirksamer Muskarin (M)-Rezeptorantagonist<br />

(Anticholinergikum,<br />

LAMA) mit hoher Selektivität für die M3-<br />

Rezeptoren. Die einmal tägliche Inhalation<br />

sorgt für eine klinisch signifikante<br />

Bronchodilatation über 24 Stunden. 2<br />

Wirksamkeit<br />

Die Wirksamkeit des Medikaments<br />

ist in drei Phase-III-Studien des<br />

Studienprogramms GLOW 1-3 (Glycopyrroniumbromide<br />

in COPD Airways<br />

Clinical Studies) mit insgesamt<br />

knapp 2.000 COPD-Patienten vorwiegend<br />

aus der Europäischen Union<br />

über einen Zeitraum von bis zu einem<br />

Jahr dokumentiert worden. Durch Inhalation<br />

von einmal täglich 50 μg Glycopyrronium<br />

wurden im Vergleich zu<br />

Plazebo Lungenfunktion und Lebensqualität<br />

gebessert, COPD-Symptome<br />

gelindert und die Zahl der Exazerbationen<br />

verringert. Die 24-Stunden-<br />

Bronchodilatation wurde durch Messung<br />

des FEV 1 -Wertes (forciertes expiratorisches<br />

Volumen in einer Sekunde)<br />

am Morgen vor der nächsten Inhalation<br />

belegt (Trough-FEV 1 ). 3,4,5


• Kontinuierliche 24-Stunden-Wirksamkeit<br />

In der GLOW 1-Studie betrug der<br />

Durchschnitt des Trough-FEV1<br />

zwischen Glycopyrronium und<br />

Plazebo 105 ml an Tag 1, 108 ml in<br />

Woche 12 und 113 ml in Woche<br />

26 (p


NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

86<br />

kungsfälle die häufigste Form. Sie wird<br />

durch Erkrankungen oder Risikofaktoren<br />

ausgelöst. Typische Ursachen sind:<br />

Diabetes, Schilddrüsenunterfunktion,<br />

Bauchspeicheldrüsenentzündung, ne -<br />

phrotisches Syndrom, gewisse Lebererkrankungen,<br />

Übergewicht, Alkoholismus,<br />

Schwangerschaft, die Einnahme<br />

bestimmter Medikamente (zum Beispiel<br />

Verhütungsmittel, Kortikosteroide und<br />

antiretrovirale Wirkstoffe bei HIV-Therapie)<br />

1 und Essstörungen 2 .<br />

Durch einen erhöhten Cholesterinspiegel<br />

steigt das Risiko einer Arterienverkalkung.<br />

Diese kann zu einer<br />

Koronaren Herzerkrankung (KHK) oder<br />

auch zum Herzinfarkt führen. Sie kann<br />

aber auch das Bein betreffen und dann<br />

eine periphere arterielle Verschluss -<br />

krankheit (pAVK, Schaufensterkrankheit)<br />

zur Folge haben. Ist eine Arterie<br />

betroffen, die das Gehirn mit Blut und<br />

Sauerstoff versorgt, kann ein Schlaganfall<br />

(Hirninfarkt oder Apoplex) die Folge<br />

sein. 3,4 Die anzustrebenden Zielwerte<br />

sind abhängig vom Vorhandensein<br />

weiterer Risikofaktoren und Vorerkrankungen.<br />

Allgemein sollte bei einem Gesamtcholesterinspiegel<br />

im Blut von<br />

über 200 mg/dl eine weitere Aufdifferenzierung<br />

in LDL- (Low Density Lipoprotein)<br />

und HDL- (High Density Lipoprotein)<br />

Cholesterin erfolgen.<br />

Es herrscht ein allgemeiner Konsens,<br />

dass als Sekundärprävention, beispielsweise<br />

nach einem Infarkt, das<br />

LDL-Cholesterin so weit wie möglich<br />

gesenkt werden soll. 5 Aber auch zur<br />

Primärprävention bei weiteren Risikofaktoren<br />

wie Diabetes oder Hypertonie<br />

werden in den Leitlinien niedrige Cholesterinwerte<br />

gefordert. 6<br />

Vorrangige Maßnahmen zur<br />

Senkung des Cholesterinspiegels sind<br />

Gewichtsreduktion und sportliche Aktivität.<br />

Hilfreich kann eine cholesterinarme,<br />

fettreduzierte, kalorienangepasste<br />

und ballaststoffreiche Diät sein. Reduziert<br />

sich der Cholesterinspiegel trotz<br />

dieser Maßnahmen nicht ausreichend,<br />

kann eine zusätzliche medikamentöse<br />

Behandlung notwendig werden. Die<br />

Therapie der Hyperlipidämie mit den<br />

gängigen Lipidsenkern ist nicht immer<br />

unproblematisch. Durch die starke Verbreitung<br />

stieg die Zahl der Patienten,<br />

die diese Medikamente nicht tolerieren<br />

oder durch Nebenwirkungen beeinträchtigt<br />

werden. 7,8,9 Eine mögliche Alternative<br />

bietet der Einsatz von pflanz -<br />

lichem Polyenylphosphatidylcholin<br />

(PPC) aus der Sojabohne, wie Lipo -<br />

pharm ® . Es ist bekannt, dass eine ausgewogene<br />

und sojareiche Ernährung<br />

das Risiko von Fettstoffwechselstörungen<br />

und Leberschädigungen vermindert.<br />

Entölte, angereicherte Phospholipide<br />

aus Sojabohnen sind wirksam sowohl<br />

bei erhöhten Blutfettwerten als<br />

auch bei Lebererkrankungen. In mehreren<br />

randomisierten Doppelblindstudien<br />

wurden bei primären Hyperlipoproteinämien<br />

10 sowie sekundären Formen<br />

bei Diabetikern 11 und Dialysepatienten12<br />

günstige Effekte von PPC auf<br />

verschiedene Lipidfraktionen gezeigt.<br />

Ähnlich günstige Wirkungen von PPC<br />

wurden bei der Hyperlipoproteinämie<br />

Typ II beobachtet. 13 Ein weiterer Vorteil<br />

dieses Naturproduktes ist die weitgehende<br />

Abwesenheit von Nebenwirkungen.<br />

Zusammenfassend kann festgestellt<br />

werden, dass Lipopharm ® eine<br />

gute Option bei leichten Formen von<br />

Hypercholesterinämie ist, sofern Diät<br />

und andere nichtmedikamentöse Maßnahmen<br />

(z.B. körperliches Training und<br />

Gewichtsabnahme) allein eine ungenügende<br />

Wirkung zeigen.<br />

QUELLEN:<br />

1. S1-Leitlinie Empfehlungen zur antiretroviralen<br />

Therapie bei HIV-infizierten Kindern.<br />

AWMF<br />

2. S1-Leitlinie Essstörungen. AWMF<br />

3. European Society of Cardiology (ESC) et<br />

al.: Guidelines for the management of<br />

dyslipidaemias<br />

4. Baenkler H.W. et al.: Innere <strong>Medizin</strong>.<br />

Thieme Verlag. 2. Auflage 2007<br />

5. S1-Leitlinie Primär- und Sekundärprävention<br />

der zerebralen Ischämie.<br />

AWMF<br />

6. Leitlinie Diagnostik und Therapie von<br />

Herzerkrankungen bei Diabetes mellitus.<br />

AWMF<br />

7. Diagnosis, prevention and management<br />

of statin adverse effects and intolerance.<br />

Proceedings of a Canadian working<br />

group consensus conference.<br />

Mancini G.B.J. et al., Can. J. Cardiol. 27<br />

(2011) 635 – 662<br />

8. Treating statin-intolerant patients. Arca<br />

M. and Pigua G. Diabet., Metabol. Syndr.<br />

and obesity, Targets and Therapy 4<br />

(2011) 155-166<br />

9. Statin-induced myopathy: a review and<br />

update. Abd Th. T. and Jacobson T.A.<br />

Expert Opin. Drug Saf. 10 (2011) 373-78<br />

10. Horsch AK, et al. Effect of polyenylphosphatidylcholine<br />

(PPC) on serum lipids in<br />

patients with hyperlipoproteinemia.<br />

VASA 15 (1986) 251-56<br />

11. Kirsten R, et al. Polyenylphosphatidylcholine<br />

improves the lipoprotein profile<br />

in diabetic patients. Int. J. clin. Pharmacol.<br />

Therap. 32 (1994) 53-56<br />

12. Kirsten R, et al. Reduction of hyperlipidemia<br />

with 3-sn-polyenylphosphatidylcholine<br />

in dialysis patients. Int. J. Clin.<br />

Pharmakol. Therap. 27 (1989)129-134<br />

13. Snajderman M, Hyperlipoproteinemia<br />

Type II. Double blind study of the lipid-lowering<br />

preparation Lipostabil forte.<br />

(1985), 2. Allg. Med 61, (1985) 391-393.<br />

Kurztext<br />

Lipopharm ® Pflanzlicher Cholesterinsenker; apothekenpflichtig. Zusammensetzung: 1 Weichkapsel enthält 300 mg entölte, angereicherte<br />

Phospholipide aus Sojabohnen. Sonstige Bestandteile: Gelatine, Glycerol 85%, Glycerolmono/dialkanoat (C14 - C18), Raffiniertes Sojaöl<br />

(Ph.Eur.), Mittelkettige Triglyceride, alpha-Tocopherol (Ph.Eur.). Anwendungsgebiete: Verbesserung des subjektiven Beschwerdebildes wie Appetitlosigkeit,<br />

Druckgefühl im rechten Oberbauch, Vergiftungs- bzw. ernährungsbedingte Leberschäden und Hepatitis. Leichtere Formen von Hypercholesterinämie,<br />

sofern Diät u. andere nicht-medikamentöse Maßnahmen allein eine ungenügende Wirkung zeigen. Gegenanzeigen: Bekannte<br />

Überempfindlichkeit gegenüber Phospholipiden, Erdnuss, Soja oder einem der sonstigen Bestandteile; Antiphospholipidsyndrom; nicht<br />

in der Stillzeit anwenden; nicht empfohlen bei Schwangeren; Kinder unter 12 Jahren. Nebenwirkungen: Gelegentlich gastrointestinale Beschwerden<br />

in Form von Magenbeschwerden, weichem Stuhl und Diarrhoe. Sehr selten allergische Reaktionen, Petechien, Zwischenblutungen bei<br />

Frauen. Sojaöl kann in seltenen Fällen schwere allergische Reaktionen hervorrufen. Wechselwirkungen: Antikoagulantien vom Cumarintyp,<br />

ggf. Dosisanpassung dieser Antikoagulantien. Dosierung: Ab 12 J.: 3mal täglich 2 Weichkapseln unzerkaut vor den Mahlzeiten mit ausreichend<br />

Flüssigkeit einnehmen. Darreichungsformen und Packungsgrößen: Packungen mit 50 (N1), 100 (N2) und 200 (N3) Weichkapseln.


Lipopharm ®<br />

Pflanzlicher<br />

Cholesterinsenker<br />

Arzneimittel aus dem Land Brandenburg<br />

1.<br />

2.<br />

Mit dem -fachen<br />

Wirkprinzip2<br />

Die Senkung des Cholesterinspiegels (LDL Cholesterin)<br />

und der Triglyceridwerte um bis zu 30 Prozent. Die fettabbauenden<br />

Enzyme werden aktiviert.<br />

Die Verbesserung der Leberfunktion und Regeneration<br />

der Leberzellen nach toxischen und nutritiven Leberschäden<br />

sowie chronischer Hepatitis. Gleichzeitig werden<br />

zahlreiche Stoffwechselprozesse reguliert.<br />

medphano<br />

www.medphano.de<br />

Sie können Lipopharm ® Pflanzlicher Cholesterinsenker auf grünem Rezept verordnen.<br />

Lipopharm ® Pflanzlicher Cholesterinsenker ist erhältlich in jeder Apotheke.<br />

Lipopharm ® Pflanzlicher Cholesterinsenker<br />

Wirkstoff: Entölte, angereicherte Phospholipide aus Sojabohnen. Anwendung: Leichtere Formen von Hypercholesterinämie (erhöhte<br />

Cholesterinwerte), sofern Diät und andere nichtmedikamentöse Maßnahmen (z. B. körperliches Training und Gewichtabnahme) allein eine<br />

ungenügende Wirkung zeigen. Zur Verbesserung des subjektiven Beschwerdebildes, wie Appetitlosigkeit, Druckgefühl im rechten Oberbauch<br />

bei Leberschäden durch leberschädliche Stoffe sowie durch falsche Ernährung (toxisch-nutritive Leberschäden) und bei chronischer<br />

Leberentzündung (Hepatitis).<br />

Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.


AGOMELATIN: NEUE GRUNDLAGEN WISSENSCHAFT -<br />

LICHER UND KLINISCHER ERKENNTNISSE BESTÄTIGEN<br />

DEN BESONDEREN STELLENWERT DES INNOVATIVEN<br />

ANTIDEPRESSIVUMS<br />

BERICHT VON PROF. DR. MED. DR. H.C. MULT. HANS-JÜRGEN MÖLLER<br />

NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

88<br />

Agomelatin ist seit vielen Jahrzehnten<br />

das erste Antidepressivum, das einen<br />

anderen prinzipiellen Wirkmechanismus<br />

hat als alle bisher verfügbaren<br />

Antidepressiva. Es wirkt als Agonist<br />

der MT1- und MT2-Melatonin-Rezeptoren<br />

und gleichzeitig als 5HT2C-<br />

Antagonist. Anders als reine<br />

Melatonin-Rezeptor-Agonisten, wie<br />

der natürliche Ligand Melatonin bzw.<br />

synthetisch hergestellte Melatonin-<br />

Agonisten, die lediglich schlafmodulierende<br />

Wirkung haben, hat Agomelatin<br />

antidepressive Wirksamkeit und<br />

wurde deshalb von der europäischen<br />

Zulassungsbehörde EMA als Antidepressivum<br />

zugelassen. <strong>Als</strong> Konsequenz<br />

des u.a. melatonergen Mechanismus<br />

hat es schlafmodulierende<br />

Wirkungen, ohne den schlafanstossenden<br />

Effekt durch sedierende Mechanismen<br />

– wie bei vielen anderen<br />

Antidepressiva und Hypnotika – zu<br />

erreichen. Die im Schlaf-EEG (Polysomnographie)<br />

gemessenen Änderungen<br />

entsprechen einer Normalisierung<br />

des in der Depression gestörten<br />

Schlafprofils. Dies ist anders als bei<br />

den meisten Antidepressiva und Hypnotika,<br />

die das Schlaf-EEG u.a. im<br />

Sinne einer REM-Schlaf-Reduktion<br />

ungünstig beeinflussen. Obendrein<br />

wirkt Agomelatin über den melatonergen<br />

Angriffspunkt auch im Sinne<br />

einer Wiederherstellung der durch<br />

die Depression gestörten circadianen<br />

Rhythmik, ein Aspekt, der gerade aus<br />

Sicht der deutschen Psychiatrie, die<br />

sich über viele Jahrzehnte mit den<br />

Störungen der circadianen Rhythmik<br />

als biologisches Grundphänomen<br />

der Depressionen beschäftigt hat,<br />

von kardinaler Bedeutung ist. Grundlagenwissenschaftliche<br />

Erkenntnisse<br />

u.a. aus der Arbeitsgruppe des Pharmakologen<br />

Prof. Giorgio Racagni<br />

(Mailand) belegen, dass es bei dem<br />

komplexen Wirkmechanismus von<br />

Agomelatin auf die synergistischen<br />

Effekte des Melatonin-Rezeptor-Agonismus<br />

mit dem 5HT2C-Rezeptor-Antagonismus<br />

ankommt. Dies konnte in<br />

einer Reihe tierexperimenteller Untersuchungen,<br />

u.a. verschiedenen Tiermodellen<br />

für antidepressive Wirkungen,<br />

dargestellt werden .Der antidepressive<br />

Effekt war größer, wenn mit<br />

Agomelatin behandelt wurde, als<br />

wenn entweder nur mit Melatonin<br />

oder mit einem selektiven 5HT2C-Rezeptor-Antagonisten<br />

behandelt wurde.<br />

Die antidepressive Wirksamkeit<br />

von Melatonin wurde nicht nur in placebo-kontrollierten<br />

Studien gezeigt,<br />

sondern auch in einer Serie von randomisierten<br />

doppelblinden Vergleichsstudien<br />

zu anderen Antidepressiva<br />

wie z.B.Venlafaxin, Sertralin<br />

und Fluoxetin. Gerade diese Vergleichsstudien<br />

gegen etablierte moderne<br />

Antidepressiva sind noch wichtiger<br />

als die vor allem für die Zulassung<br />

relevanten placebo-kontrollierten<br />

Studien, da sie die Positionierung<br />

von Agomelatin im Kontext anderer<br />

Antidepressiva erkennen lassen. In<br />

keiner dieser bisher publizierten Vergleichsstudien<br />

war Agomelatin unterlegen,<br />

ganz im Gegenteil, bei einigen<br />

Studienresultaten zeigten sich<br />

sogar Vorteile zu Gunsten von Agomelatin.<br />

Insofern ist an der guten antidepressiven<br />

Wirksamkeit auf der Basis<br />

von Studien dieser höchsten Evidenzstufe<br />

nicht zu zweifeln.<br />

Die Ergebnisse einer neueren<br />

Studie an älteren depressiven Patienten<br />

sind besonders bemerkenswert,<br />

da viele Antidepressiva -Studien an älteren<br />

Patienten einen Wirksamkeitsnachweis<br />

nicht erbringen konnten. In<br />

dieser doppelblind durchgeführten,<br />

randomisierten placebo-kontrollierten<br />

Studie wurden im Sinne einer 2 zu<br />

1 Randomisierung 151 Patienten mit<br />

Agomelatin und 71 mit Placebo behandelt.<br />

Es handelte sich um Patienten<br />

im Alter von über 65 Jahren, Mittelwert<br />

ca. 72 Jahre. Die Patienten<br />

wurden mit 25mg Agomelatin behandelt,<br />

die Dosis konnte bei unzureichendem<br />

Ansprechen nach 14 Tagen<br />

auf 50mg erhöht werden. Es<br />

zeigte sich in der Hamilton-Depressions-Skala<br />

eine signifikante und klinisch<br />

relevante stärkere Abnahme<br />

des Mittelwertes um ca. 3 Punkte im<br />

Vergleich zu Placebo. Die Responder-<br />

Quote betrug unter Agomelatin<br />

59,5%, unter Placebo 38,6%. Diese Ergebnisse<br />

zur Wirksamkeit wurden im<br />

Rahmen einer doppelblinden randomisierten,<br />

placebo-kontrollierten Studie<br />

gewonnen und somit den methodischen<br />

Anforderungen nach einem<br />

stringenten Wirksamkeitsnachweis<br />

entsprechend, und das an älteren Patienten,<br />

bei denen es in der Regel<br />

schwer gelingt, die Wirksamkeit von<br />

Antidepressiva zu beweisen .<br />

Interessant ist auch eine erst<br />

kürzlich publizierte post hoc Analyse


von Daten aus zwei bereits früher publizierten<br />

randomisierten kontrollierten<br />

Studien. Diese Zusatzanalyse bezog<br />

sich auf Patienten, die bereits vor<br />

Aufnahme in die Studie mit Antidepressiva<br />

behandelt wurden. Es zeigte<br />

sich, dass bei diesen möglicherweise<br />

z.T. partiell therapierefraktären Patienten<br />

die Wirksamkeit, gemessen als<br />

Mittelwertsveränderung des Hamilton<br />

Depression Scores oder als Anzahl<br />

der Responder, nicht abnahm und<br />

gute Effekte anzeigte. So betrug der<br />

Mittelwertsunterschied zwischen<br />

Agomelatin und Placebo 4,43. In der<br />

Vergleichststudie zu Sertralin ergab<br />

sich ein Vorteil von 1,63 zugunsten<br />

von Agomelatin.<br />

Insgesamt bestätigen auch die<br />

neueren klinischen Studienergebnisse<br />

die Auffassung, dass Agomelatin<br />

ein gut wirksames Antidepressivum<br />

ist, dessen Wirksamkeit nicht nur in<br />

Phase-III-Studien, sondern auch in<br />

nicht-interventiven Studien der Phase-IV<br />

gezeigt wurde. Bemerkenswert<br />

ist insbesondere auch die gute Wirksamkeit<br />

bei älteren depressiven Patienten.<br />

Die Evaluation eines Psychopharmakons<br />

sollte sich nicht auf die<br />

Ergebnisse der doppelblinden randomisierten<br />

Kontrollgruppen-Studien<br />

(meistens Phase-III-Studien), die an<br />

sehr selektiv ausgewählten Patienten<br />

durchgeführt werden, beschränken ,<br />

sondern darüber hinausgehend sollten<br />

weitergehende Erfahrungen, u.a.<br />

auch in großen nicht-interventionellen<br />

Studien (NIS) an möglichst unselektierten<br />

Patienten durchgeführt<br />

werden, um die Bewährung im Therapie-„Alltag“<br />

unter „real world“ Bedingungen,<br />

zu untersuchen. Mehrere<br />

solcher nicht-interventionellen Studien,<br />

früher auch Anwendungsbeobachtungen<br />

genannt, wurden u.a. in<br />

Deutschland und Frankreich durchgeführt.<br />

In Deutschland besonders<br />

bekannt geworden ist die Vivaldi-Studie,<br />

in der mehr als 3000 Patienten<br />

über zwölf Wochen lang mit Agomelatin<br />

behandelt wurden. Der Behandlungserfolg<br />

wurde mit einer Kurzform<br />

der Montgomery-Asberg-Depression-<br />

Scale (MADRS) und mit der Clinical-<br />

Global-Impression-Scale(CGI) beurteilt<br />

.Der durchschnittliche MADRS-<br />

Score sank von 30,6 bei Studienbeginn<br />

auf 12,8 bei Studienende. Bei<br />

den sehr schwer Depressiven<br />

(MADRS-Score über 30) war die Verbesserung<br />

sogar noch eindrucksvoller:<br />

Von 36,7 bei Studienbeginn auf<br />

14,7 bei Studienende. 65,8% aller Patienten<br />

wurden als Responder eingestuft<br />

(d.h. mehr als 50% Abnahme im<br />

MADRS-Score) und 54,8% wurden als<br />

Remitter bewertet (d.h. MADRS-Score<br />

≤12). Die Tagesmüdigkeit als Folge<br />

gestörten Schlafes, die mittels eines<br />

Selbstbeurteilungs-Fragebogens von<br />

den Patienten beurteilt wurde, besserte<br />

sich bei 78,2% der Patienten. Unerwünschte<br />

Begleitwirkungen(UAWs)<br />

wurden von 10% der Patienten berichtet.<br />

Die Art der unerwünschten<br />

Begeitwirkungen entsprach dem,<br />

was aus placebo-kontrollierten Studien<br />

bekannt ist (und größtenteils sowohl<br />

unterAgomelatin als auch unter<br />

Placebo auftrat). Bemerkenswert ist<br />

bei der untersuchten Stichprobe,<br />

dass, ganz anders als bei den hochselektierten<br />

Patienten aus Phase-III-Studien,<br />

die psychische und die somatische<br />

Comorbidität sehr hoch war: bei 38%<br />

der Patienten neuropsychiatrische<br />

Comorbidität (u.a. vorrangig Angststörungen)<br />

und bei 54% der Patienten<br />

somatische Comorbidität (u.a. vorrangig<br />

Hochdruck und Schmerz-Syndrome).<br />

Bei einem Teil der Patienten<br />

(n=605) wurde die Behandlung nach<br />

der zwölfwöchigen Akutstudie noch<br />

über weitere neun Monate fortgesetzt,<br />

wenn der behandelnde Arzt<br />

und der behandelte Patient daran interessiert<br />

waren. In diesem Erhaltungstherapieteil<br />

der Gesamtstudie<br />

konnte gezeigt werden, dass die Wirksamkeit<br />

und die gute Verträglichkeit<br />

von Agomelatin auch über dieses 9-<br />

Monate-Intervall bestätigt wurde.<br />

Agomelatin ist im klinischen<br />

Alltag besonders geschätzt wegen<br />

seiner sehr guten Verträglichkeit. Das<br />

Medikament hat weder die für trizyklische<br />

Antidepressiva typischen Nebenwirkungen,<br />

wie z.B. anticholinerge<br />

Nebenwirkungen (Mundtrockenheit,<br />

Harnverhaltung, Glaukom) und<br />

kardiale Nebenwirkungen (u.a.<br />

Störungen der Reizleitung), noch die<br />

typischen SSRIs Nebenwirkungen<br />

wie Übelkeit, Erbrechen, gastrointestinale<br />

Störungen und sexuelle<br />

Funktionsbeeinträchtigungen. Insofern<br />

ist die subjektive und objektive<br />

Verträglichkeit exzellent wie bei kaum<br />

einem anderen Antidepressivum. Allerdings<br />

hat Agomelatin wie viele andere<br />

traditionelle und moderne Anti -<br />

depressiva ein gewisses Risiko, zu<br />

transienten Transaminase-Anstiegen<br />

zu führen. Das Risiko, diese „Leberwerte“<br />

um mehr als 3 Standardabweichungen<br />

zu erhöhen, wird in einem<br />

Report der europäischen Zulassungsbehörde<br />

EMA von 2008 mit<br />

1.04% unter 25 mg Agomelatin angegeben,<br />

für 50 mg mit 1.39 %, unter<br />

Placebo mit 0.72% (basierend auf<br />

den zur Zulassung eingereichten Daten).<br />

Unter Einbeziehung neuerer<br />

Daten aus kontrollierten Studien<br />

wurden diese Risikoziffern leicht<br />

nach oben korrigiert. Insgesamt bewegen<br />

sie sich in einer Größenordnung,<br />

wie sie auch von vielen anderen<br />

alten und neuen Antidepressiva<br />

berichtet wurde. Insbesondere aus<br />

Daten von Spontanerfassungssystemen<br />

zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen<br />

ist bekannt, dass ein<br />

sehr geringer Prozentsatz dieser Patienten<br />

eine toxische Hepatitis entwickeln<br />

kann. Deshalb sollte das aus<br />

diesen Gründen für Agomelatin und<br />

viele andere Antidepressiva empfohlene<br />

Monitoring der Leberwerte vor<br />

und während der Therapie sorgfältig<br />

eingehalten werden. Patienten mit<br />

bereits bekannten Lebererkrankungen<br />

und deutlich erhöhten Leberwerten<br />

sollten nicht mit Agomelatin<br />

behandelt werden. Bei Patienten,<br />

die während der Behandlung mit<br />

Agomelatin Transaminasen-Anstiege<br />

von mehr als dreifach über den<br />

Normwerten entwickeln, sollte Agomelatin<br />

abgesetzt werden.<br />

NEUES AUS DER MEDIZIN<br />

89


CHRIS BLEICHER – BEFREITE GÖTTIN-<br />

NEN – DEUTSCHLAND 1. BONDAGE<br />

– FRAUENSARG MIT NEON ART IM<br />

FRAUENMUSEUM BONN<br />

Auch wenn in der Bundesrepublik<br />

Deutschland die Unterdrückung von<br />

Frauen längst kein wirkliches Thema<br />

mehr ist, sind Frauen in den unterentwickelten<br />

respektive stark religiös geprägten<br />

Regionen davon noch immer<br />

sehr betroffen.<br />

Unter dem Motto von Chris<br />

Bleicher, einer in München lebenden<br />

<strong>Kunst</strong>schaffenden „Frauen wacht auf<br />

und kämpft friedlich für eure Freiheit“<br />

fand im Bonner Frauenmuseum unter<br />

der Leitung von Marianne Pitzen<br />

diese Ausstellung statt, an der sich<br />

bundesweit 8 Institutionen und 80<br />

Künstlerinnen beteiligten.<br />

Warum keine männlichen<br />

<strong>Kunst</strong>schaffenden teilnahmen, erschließt<br />

sich für mich nicht auf Anhieb;<br />

man wollte wohl unter sich bleiben<br />

und keine Götter neben sich haben.<br />

Chris Bleichers eigener Sarg<br />

symbolisiert – nach Auffassung der<br />

Künstlerin – die Unterdrückung und<br />

die zu Tode gekommenen Frauen in<br />

den Weltreligionen. Sie setzt zur<br />

Transformation in eine positive Zukunft<br />

ihre Neon–Rauminstallation als<br />

Brücke ins Licht, die alles mit Liebe verbindet<br />

unter dem Titel „Love is in the<br />

Air“.<br />

Wir sehen in derartigen Ausstellungen<br />

einen wichtigen Schritt,<br />

sich dem Thema Weltreligionen und<br />

der damit verbundenen Frauendiskriminierung<br />

und -unterdrückung<br />

zu nähern, mit dem Ziel, Frauen von<br />

ihrer religiösen Knechtschaft zu befreien.<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Prof. Franz Schilke<br />

Redaktion:<br />

Institut für <strong>Kunst</strong> und Geschichte<br />

der <strong>Medizin</strong><br />

Friedrich-Herschel-Strasse 2<br />

81679 München<br />

Tel.:<br />

O89 / 76 44 88<br />

Fax:<br />

O89 / 77 24 44<br />

E-mail:<br />

medred@medizin-kunst.de<br />

Chefredaktion:<br />

Prof. Franz Schilke V.i.S.d.P.<br />

Dr.med. Gertrud Schilke<br />

Autoren:<br />

Prof. Dr.Dr. Alexander Ehlers<br />

Prof. Dr. Karl Dietrich Hepp<br />

Günter H. Hober<br />

Prof. Dr. Hellmut Mehnert<br />

Prof. Dr. Hans-Jürgen Möller<br />

Prof. Dr. Gerd Plewig<br />

Elke Strubl-Schilke<br />

Prof. Franz Schilke<br />

Dr. Gertrud Schilke<br />

Alexander Schilke<br />

Rüdiger Schilke<br />

Prof. Dr. Rainer Weissenbacher<br />

Verlag und Anzeigenverwaltung:<br />

Dr. Schilke <strong>Medizin</strong>ischer<br />

Verlag GmbH<br />

Friedrich-Herschel-Strasse 2<br />

81679 München<br />

Anzeigenleitung:<br />

Elke Schilke (verantwortlich)<br />

Gestaltung und Layout:<br />

Alexander Schilke<br />

Lavanya Boesten<br />

Gültig ist die Anzeigenpreisliste<br />

vom Januar 2006.<br />

www.medizin-kunst.de


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