August 2013 (PDF 2,3 MB) - Mecklenburgisches Staatstheater ...
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SCHAUSPIEL · MUSIKTHEATER · BALLETT · KONZERT · FRITZ-REUTER-BÜHNE · Puppentheater<br />
<strong>August</strong> bis November <strong>2013</strong><br />
impuls96<br />
Magazin des Mecklenburgischen <strong>Staatstheater</strong>s Schwerin<br />
PREMIEREN AUGUST– November <strong>2013</strong><br />
GEIZHALS ∙ SCHAUSPIEL<br />
30. AUGUST <strong>2013</strong> ∙ GROSSES HAUS<br />
SPIELSTÄTTE STADT PAUL PODE – DIE TOUR<br />
30. AUGUST <strong>2013</strong> ∙ AM MARKT<br />
1. SINFONIEKONZERT 2. – 4. September <strong>2013</strong> ∙ GROSSES HAUS<br />
SIGURD DER DRACHENTÖTER ∙ MUSIKTHEATER<br />
20. SEPTE<strong>MB</strong>ER <strong>2013</strong> ∙ E-WERK<br />
SCHLAFES BRUDER ∙ BALLETT<br />
22. SEPTE<strong>MB</strong>ER <strong>2013</strong> ∙ GROSSES HAUS<br />
2. SINFONIEKONZERT<br />
30. September – 2. Oktober <strong>2013</strong> ∙ GROSSES HAUS<br />
MÄNNER FRAUEN ARBEIT ∙ SCHAUSPIEL<br />
18. Oktober <strong>2013</strong> ∙ E-WERK<br />
THE PRODUCERS – Ein mel brooks Musical ∙ SPARTENÜBERGREIFENDE INSZENIERUNG<br />
25. Oktober <strong>2013</strong> ∙ GROSSES HAUS<br />
LA BOHÈME ∙ MUSIKTHEATER<br />
22. November <strong>2013</strong> ∙ GROSSES HAUS<br />
RUND ÜM KAP HORN ∙ FRITZ-REUTER-BÜHNE<br />
1. November <strong>2013</strong> ∙ GROSSES HAUS | E-WERK<br />
DIE GOLDENE GANS ∙ PUPPENTHEATER<br />
16. November <strong>2013</strong> ∙ E-WERK
ANZEIGEN
EDITORIAL 1<br />
INHALT<br />
Editorial<br />
Schauspiel<br />
Geizhals 2<br />
Spielstätte Stadt 4<br />
Männer Frauen Arbeit 7<br />
werk3 9<br />
The Producers –<br />
Ein Mel Brooks Musical 10<br />
Hochverehrtes Publikum,<br />
„Endlich geht es wieder los!“, diesen Satz schreibe ich am letzten Tag der erfolgreich<br />
beendeten Spielzeit 2012/<strong>2013</strong> und ich meine dabei nicht die Ferien, denn<br />
die sind, da Sie diesen Satz lesen werden, schon wieder vorbei und wir befinden<br />
uns bereits in der nächsten, hoffentlich genauso erfolgreichen Spielzeit <strong>2013</strong>/2014.<br />
Die meisten von uns werden in den Ferien versucht haben, mal nicht ans Theater zu<br />
denken, aber ich weiß jetzt schon, wir werden es nicht schaffen. Die Schauspieler,<br />
die am 30. <strong>August</strong> mit Molières GEIZHALS Premiere haben, schauen immer wieder<br />
ins Textbuch, der Regisseur Marc von Henning wird alle Regieeinfälle noch einmal<br />
überdenken, die Sängerinnen und Sänger halten ihre Stimmen fit, die Musikerinnen<br />
und Musiker trainieren ihre Fertigkeiten und unser Intendant wird dafür sorgen,<br />
dass das alles nicht umsonst war und unsere Geldgeber überzeugen, dass unser<br />
Theater das schönste und wichtigste der Welt ist.<br />
Und ich? Ich werde in meinem Garten sitzen und meiner kleinen Tochter Hermine<br />
die ersten Verse des neuen Weihnachtsmärchens vorlesen. Ich werde John R.<br />
Carlson die Texte mailen und er wird mir die ersten musikalischen Entwürfe<br />
schicken. Ich werde mich mit meinen Choreografen, den Bühnen- und Kostümbildnern<br />
treffen und über das Musical PRODUCERS reden... – dann spring ich noch<br />
einmal in den See. Ja, und plötzlich ist es auch schon wieder soweit: Wir treffen<br />
uns zur Vollversammlung und dann heißt es „Endlich geht es wieder los“. Kann es<br />
ein schöneres Leben geben?<br />
Ihr<br />
Peter Dehler<br />
Musiktheater<br />
Sigurd der Drachentöter 12<br />
„Verdi & Wagner“ Operngala 13<br />
La Bohème 14<br />
Konzert 18<br />
Konzertkalender 19<br />
Ballett<br />
Schlafes Bruder 22<br />
Fritz-Reuter-Bühne<br />
Rund üm Kap Horn 24<br />
Wiederaufnahmen 25<br />
Puppentheater 27<br />
Einmalig 28<br />
Junges Theater 30<br />
Ausstellung 32<br />
Freundeskreis 34<br />
AUTOREN:<br />
PD: Peter Dehler; KF: Katja Frick; AL: Andreas Lembcke; NL:<br />
Nadine Lipp; FO: Franziska Oehme; SP: Dr. Steffen Prignitz;<br />
RR: Ralph Reichel; KR: Katharina Riedeberger; US: Ulrike<br />
Stern; NZ: Nils Zapfe; MZ: Manfred Zelt u. a.<br />
t<br />
Impressum<br />
HERAUSGEBER:<br />
<strong>Mecklenburgisches</strong> <strong>Staatstheater</strong> Schwerin gGmbH<br />
Generalintendant und Geschäftsführer:<br />
Joachim Kümmritz<br />
Redaktionsadresse:<br />
Marketing · <strong>Mecklenburgisches</strong> <strong>Staatstheater</strong><br />
Schwerin gGmbH, Alter Garten 2, 19055 Schwerin<br />
www.theater-schwerin.de<br />
Fotos: Silke Winkler, Archiv u.a.<br />
GESTALTUNG: adani Werbeagentur, www.adani.de<br />
ANZEIGEN: Agentur Reiner Prinzler (0172/3114842)<br />
Druck: Digital Design<br />
Spielzeit <strong>2013</strong>/2014<br />
Heft 96 (September–November <strong>2013</strong>)<br />
Änderungen und Druckfehler vorbehalten
2 SCHAuspiel<br />
PREMIERE<br />
GEIZHALS<br />
Der Autor Marc von Henning bearbeitet Molières Geizigen und setzt<br />
ihn als Regisseur in eine heutige, zeitlose Szene – eine Mediation.<br />
Jean-Baptiste Poquelin (1622-<br />
1673) war der Sohn eines reichen<br />
Pariser Händlers. Er studierte Jura und<br />
verpflichtete sich, die Geschäfte seines<br />
Vaters zu übernehmen. Mit ungefähr<br />
20 Jahren verliebte er sich in eine<br />
Schauspielerin, trat aus dem väterlichen<br />
Geschäft aus, gab sich den Namen<br />
Molière und gründete mit dem Erbe<br />
seiner Mutter und der begehrenswerten<br />
Schauspielerin eine eigene Theatertruppe,<br />
die zwei Jahre später Pleite ging.<br />
Daraufhin zog er mit einer anderen<br />
Theatergruppe weiter durchs Land<br />
und wurde während der folgenden 13<br />
Wanderjahre zu deren Direktor. Auch<br />
sammelte er hier im Spannungsfeld zwischen<br />
der starken Commedia dell‘arte<br />
und französischen, zeitgenössischen<br />
Theatertexten grundlegende Erfahrungen<br />
als Autor. Der Bekanntschaft mit<br />
dem jüngeren Bruder des Sonnenkönigs<br />
verdankte er eine Einladung an den Hof<br />
und der Begeisterung des 20-jährigen<br />
Königs die Möglichkeit, nun fest in Paris<br />
zu spielen. Mit seinen Komödien feierte<br />
Molière zunehmend größere Erfolge,<br />
während die Tragödien offenbar nicht<br />
gefielen. Er machte Karriere, wurde<br />
der Vergnügungsdirektor des Königs<br />
und bekam eine feste jährliche Pension.<br />
1664 machte er sich mit dem „Tartuffe“<br />
mächtig Feinde, die durchsetzen konnten,<br />
dass der König dieses Stück verbot.<br />
Trotzdem versechsfachte er die Pension<br />
von Molière und seine Gruppe durfte<br />
sich ab 1865 Troupe du roi nennen.<br />
Molière, der große französische Schauspieler, Prinzipal und Autor hat uns eine<br />
Serie von Komödien hinterlassen, die in der Tradition des Volkstheaters die komischen<br />
Archetypen weiterentwickeln – insbesondere „Der eingebildet Kranke“,<br />
„Der Tartuffe“ und „Der Geizige“ sind unsterbliche Klassiker in der dramatischen<br />
Literatur und auf der Bühne.<br />
Der alte Reeder Harpagon hadert mit seinen arbeitsunwilligen Kindern und plant<br />
also neue zu machen, weshalb er sich auf die Suche nach einer jungen gebärfreudigen<br />
Frau begibt. Er schaltet eine Vermittlerin ein. Doch just an dem Tag, da<br />
die erste junge Kandidatin in sein Haus kommt, wird er bestohlen. Eine enorme<br />
Summe Bargeld verschwindet aus seinem Garten. Der Diebstahl wirft alle Pläne<br />
um und wird zum Anlass für eine Serie von grotesken, komischen, kriminalistischen<br />
Erlebnissen und Erkenntnissen.<br />
Mit dieser Ausgangssituation geht Regisseur und Bearbeiter Marc von Henning, der<br />
in Schwerin schon mit seinen sehr besonderen Theaterfassungen von Shakespeares<br />
„Sturm“ und Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ überzeugen und faszinieren<br />
konnte, auf eine norddeutsche Entdeckungsreise – mit dem Geizhals Harpagon.<br />
Die Verbindung von zeitlosen menschlichen Schwächen einerseits und von überraschender<br />
Aktualität zwischen Geiz und Gier andererseits mit dem feinen Humor<br />
des Regisseurs garantiert einen komödiantisch leichten, aber inhaltlich spannenden<br />
Theaterabend.
Schauspiel 3<br />
Oberflächliches Lesen verführt dazu, den Geizigen als Monster und seine Umgebung<br />
als Opfer zu begreifen. Doch diese Wahrnehmung ist verengt. Wenn<br />
man sich etwas von der schnellen Entrüstung, von der Verachtung für den extrem<br />
geizigen Harpagon frei macht, wird auch der Blick auf die gierig-selbstgerechte<br />
Haltung seiner Umgebung möglich. Alle haben Ansprüche, ohne dafür etwas leisten<br />
zu wollen. Die Verachtung für den Geiz des reichen Reeders lenkt sie davon ab,<br />
die eigene Niedrigkeit beim gierigen Greifen nach dem Vermögen Harpagons<br />
zu bemerken.<br />
Trotz all der großen Worte organisieren die Kinder keine Revolution. Gedreht wird<br />
die Richtung der Handlung erst durch das Geld eines Dritten. Bis zu dessen Eintreffen<br />
bestimmt der reiche Reeder die Regeln und die Verhältnisse. Alle unterwerfen<br />
sich ihm, da alle etwas von seinem Geld haben wollen. Es gibt viele moralische<br />
Worte, viel Geschwätz, keine wirkliche Auflehnung. Die Kinder befreien sich nicht,<br />
sondern werden durch einen anderen reichen Vater freigekauft und verprassen<br />
nach dem Happy End sicher fröhlich und frei von Selbstzweifeln das Vermögen<br />
ihres Retters…<br />
(RR)<br />
t<br />
Inszenierung: Marc von Henning<br />
Bühne und Kostüme: Jörg Kiefel<br />
Mit: Sonja Isemer, Brigitte Peters, Lucie Teisingerova, Caroline Wybranietz; Klaus<br />
Bieligk, Christoph Bornmüller, Jochen Fahr, Christoph Götz, Sebastian Reusse,<br />
Kai Windhövel<br />
Matinee: 25. <strong>August</strong> <strong>2013</strong>, 11.00 Uhr · Konzertfoyer<br />
Premiere: 30. <strong>August</strong> <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr · Großes Haus<br />
Marc von Henning<br />
Geboren 1960 in London, arbeitet er<br />
als Regisseur und Autor in verschiedenen<br />
Ländern Europas. Mit seiner ersten<br />
Theatergruppe „primitive science“,<br />
die er 1992 gründete, wurde er ein<br />
Geheimtipp der Londoner Off-Theaterszene<br />
und zu zahlreichen Theaterfestivals<br />
auf dem Kontinent eingeladen.<br />
Daneben zahlreiche Übersetzungen<br />
und Bearbeitungen deutschsprachiger<br />
Theaterstücke ins Englische, darunter<br />
auch mehrere Werke Heiner Müllers.<br />
In Deutschland schrieb und inszenierte<br />
er ab 2000 zahlreiche Projekte für das<br />
<strong>Staatstheater</strong> Stuttgart und arbeitete<br />
u.a. am Schauspielhaus Graz, Schauspiel<br />
Frankfurt und Nationaltheater<br />
Athen. Am Schauspielhaus Hamburg<br />
inszenierte Marc von Henning bereits<br />
„Die Nacht der guten Nachricht“,<br />
„Shakespeare’s Macbeth“ sowie „Silly<br />
Old Fools“. 2008 gründete er mit<br />
Susanne Reifenrath in Hamburg die<br />
Gruppe Meyer&Kowski, deren Stücke<br />
durch Deutschland und Europa reisen.
4 Spielstätte Stadt<br />
Spielstätte Stadt<br />
Jedes Leben<br />
ist ein Buch!<br />
Mit „Paul Pode - Auf den Spuren eines Schweriner Romans“ eröffnet<br />
Spielstätte Stadt die zweite Spielzeit als Außenspielstätte des Mecklenburgischen<br />
<strong>Staatstheater</strong>s Schwerin. Nachdem die Projekte „Bugarach“<br />
und „T.R.I.P.“ den Schwerinern die Rettung vor der Krise und<br />
den Eintritt in eine virtuelle Stadtwelt angeboten haben, wird „Paul<br />
Pode“ die Zuschauer nun in einen Roman einschleusen. Die Stadt<br />
wird zur Bühne für ein Leben, dem mit den Kategorien „Opfer oder<br />
Täter?“ nicht beizukommen ist.<br />
Schweriner Volkszeitung vom 27.08.<strong>2013</strong>:<br />
TOD IM PARADIES<br />
Schriftsteller hinterlässt der Nachwelt rätselhafte Zeilen<br />
Schwerin. Der früher bekannte Schweriner Schriftsteller Paul Pode ist gestern<br />
tot in seiner Wohnung aufgefunden worden. Die Feuerwehr war von einem<br />
Nachbarn gerufen worden. Nach dem Aufbrechen der Tür stehen die Feuerwehrleute<br />
in einem eigenartigen Paradies: Unzählige Familienfotos hängen<br />
neben exakt geführten Strichlisten, zwischen Bücherregalen steht das Mobiliar<br />
eines Schlosszimmers, tropische Pflanzen wuchern durch den Raum. Auf dem<br />
Küchentisch eine Schreibmaschine, auf dem Papier steht: Jedes Leben ist ein<br />
Buch, meins durfte nicht erscheinen. Die Polizei geht nicht von einem Gewaltdelikt<br />
aus. Paul Pode wurde 78 Jahre alt.<br />
ERÖFFNUNG<br />
„Wohnzimmer des<br />
Schweigens“: 30.8., 19 Uhr<br />
Die Installation wird im Rahmen einer<br />
Filmreihe jeweils 1h vor Filmbeginn<br />
geöffnet sein. Der Eintritt ist frei.<br />
Ort: Ladengeschäft Buschstraße/<br />
Ecke Schmiedestraße<br />
Filmreihe<br />
„Die Legende von Paul und<br />
Paula“, Drama: 31.8., 20 Uhr<br />
„Vaterlandsverräter“,<br />
Dokumentation: 4.9., 20 Uhr<br />
„Flüstern und Schreien“,<br />
Dokumentation: 6.9., 20 Uhr<br />
Spielstätte Stadt erforscht gemeinsam mit den Zuschauern das wechselhafte Leben<br />
von Paul Pode. Paul Pode ist eine Kunstfigur, deren Biographie sich aus zahlreichen<br />
Anekdoten und biographischen Details von Schweriner Bürgern zusammensetzt.<br />
Mehrmals täglich startet ein schwarzer Van und fährt fünf Zuschauer in die Welt von<br />
Paul. Mitten im Stadtraum tauchen Akteneinträge, Zeitzeugen und Abhördokumente<br />
auf. Außerdem wird Pauls Wohnzimmer in der Innenstadt ausgestellt und offen<br />
zugänglich gemacht. Dieses „Wohnzimmer des Schweigens“ wird zum öffentlichen<br />
Diskurs- und Begegnungsort. Wie sprechen wir über die Vergangenheit? Paul Pode<br />
hat nicht immer zurückgezogen gelebt. Ein Leben lang hat er seinen Platz in der<br />
Gesellschaft gesucht, zeitweilig als IM, später in der Distanz zum Staat. Welche<br />
Fragen sind erlaubt, wenn es um das Leben und die Verantwortung eines Menschen<br />
geht? Welche Standpunkte verkraftet unsere Gesellschaft heute? (NZ/FO)<br />
t<br />
Konzeption: Franziska Oehme, Ramona Rauchbach, Ralph Reichel, Robert Schmidt,<br />
Nils Zapfe<br />
Realisation: Marie Albrecht, Jan Cziharz, Brit Claudia Dehler, Franziska Oehme,<br />
Ramona Rauchbach, Robert Schmidt, Klaus Bieligk, Bernhard Meindl, Niklas<br />
Kammertöns, Jens Tramsen, Nils Zapfe<br />
Premiere: 30. <strong>August</strong> <strong>2013</strong>, 14 Uhr · Marktplatz Schwerin
Spielstätte Stadt 5<br />
Die folgenden Texte sind aus bereits geführten Interviews mit Menschen<br />
in Schwerin entstanden:<br />
Schulfreund:<br />
...Mit zwölf habe ich Paul kennengelernt. Die anderen, die hatten alle Eltern gehabt,<br />
die irgendwo ihre Beziehungen hatten, und die hatten sie dann irgendwo untergebracht.<br />
Dass er überhaupt etwas geworden ist, das hat er einem Lehrer zu verdanken.<br />
Der hat dafür gesorgt, dass er seinen Fähigkeiten entsprechend eingesetzt wird. Der<br />
wusste, dass er auch mit den Händen sehr begabt war, und da hat er ihm dann einen<br />
Platz als Mechaniker verpasst. Da war er dann tagsüber Mechaniker und nachts hat<br />
er geschrieben. Da hatten wir nicht mehr viel zu tun miteinander.<br />
Irgendwann wurde mir das alles zu eng hier. Da hab ich einen Ausreiseantrag gestellt<br />
nach dem Westen. Und wie soll ich sagen, von diesem Moment an haben sie mich<br />
terrorisiert hier. Also erstmal bin ich von meinem Arbeitsplatz verschwunden und als<br />
Straßenfeger eingesetzt worden. Für ein Drittel Gehalt. Also dreihundert Mark, davon<br />
hättste nicht leben und nicht sterben können. Da musste ich die Alleen in Zippendorf<br />
harken, den Strand sauber machen, solche Sachen. So und dann habe ich gesagt,<br />
die machen dich hier platt, das hätte ja kein Mensch ausgehalten. Und dann hab ich<br />
eben angefangen drüber nachzudenken, wie ich hier wegkomme. Klar wusste ich,<br />
Paragraph 213, Planung und Versuch sind dasselbe. Aber drüber nachdenken musste<br />
ich. Das ging nicht mehr anders. Das hab ich Paul irgendwann alles erzählt. Hab<br />
nicht eine Sekunde drüber nachgedacht, er hat ja auch immer vom Prager Frühling<br />
gesprochen und viel geschimpft. Eine Woche später haben sie mich vernommen. Das<br />
war schon leichtsinnig von mir, damals. Keine Ahnung, vielleicht auch nicht. Vier Jahre<br />
lang haben sie mich dann einbehalten, dann durfte ich endlich rüber.“<br />
Nachbar:<br />
Ich hab sehr viele russische Bekannte gehabt, in russischen Offizierskreisen. Mit denen<br />
haben wir immer geschachert, Geschäfte gemacht, alles Mögliche. Die haben ja alles<br />
verscheuert, und ich war immer der Mittelsmann. Das war natürlich schon mal nicht so<br />
legal. Aber das ging erstaunlich gut. Bin halt immer mal nach Berlin gefahren. Zu den<br />
Verwandten, offiziell. Und sonst hab ich zugesehen, dass ich eben nicht auffalle. So<br />
nett und freundlich zu allen sein, fiel mir auch gar nicht schwer. Paul war mein Nachbar,<br />
hier direkt die Tür gegenüber. Er hat dann immer meine Blumen gegossen, wenn ich<br />
weg war. Erst hat er da allein gewohnt, später dann mit seiner Frau. Irgendwas ist da<br />
passiert. Er hat ja nie viel geredet, war schon immer sehr höflich. Aber mit seiner Frau<br />
war er dann doch sehr viel entspannter. Ach ja, und die Bücher, es wurden wirklich<br />
immer mehr bei denen. Darüber haben wir dann manchmal gelacht, zusammen. Dass<br />
die da gar kein Platz für Besuch oder so haben, dass die Bücher sie wahrscheinlich<br />
irgendwann selbst aus der Wohnung schieben werden. Vielleicht wollten sie aber<br />
auch gar keinen Besuch haben.<br />
Exfrau:<br />
1954, da habe ich erst ein Jahr im Schloss gewohnt, das war ein Internat zur Ausbildung<br />
von pädagogischem Personal. Dann haben wir da mit sechs oder sieben Mädchen in<br />
einem Zimmer gewohnt. Ganz toll, mit Ledertapete. Wenn man es richtig nimmt, war<br />
das eigentlich eine Verschwendung von Kulturgütern, da waren Klassenräume, wir sind<br />
die Treppen hoch und runtergerannt, wir haben uns in allen Räumen breitgemacht.<br />
Wir haben keine Rücksicht genommen. Haben auch mal auf den großen Balkonen<br />
geschlafen, draußen. Als ich Paul kennengelernt habe, war ich da natürlich längst raus.<br />
Er wollte aber immer davon hören. Auch in unserer gemeinsamen Wohnung haben wir<br />
dann immer noch so getan, als wären wir im Schloss. Obwohl da gar kein Platz war.<br />
Spielstätte Stadt realisiert seit<br />
Sommer 2012 an verschiedenen<br />
Orten in Schwerin Projekte auf<br />
der Grenze zwischen Alltag und<br />
Kunst. Bei allem steht im Zentrum<br />
die Frage nach Zukunft: Welches<br />
utopische Potential steckt in Vergangenem,<br />
in Sehnsüchten und<br />
Überzeugungen? Ein wesentlicher<br />
Ausgangspunkt dafür sind regelmäßige<br />
Interviews in der Stadt.<br />
SPIELSTÄTTE STADT ist eine<br />
Kooperation des Mecklenburgischen<br />
<strong>Staatstheater</strong>s Schwerin<br />
mit Kulturfiliale, gefördert im Fonds<br />
Doppelpass der Kulturstiftung des<br />
Bundes<br />
Mit Unterstützung durch die Landesbeauftragte<br />
für Mecklenburg-<br />
Vorpommern für die Unterlagen<br />
des Staatssicherheitsdienstes der<br />
ehemaligen DDR.
ANZEIGEN<br />
Schlossfestspiele Schwerin 2014<br />
Vorverkaufsstart: 14.10.<br />
SCHLOSSFESTSPIELE SCHWERIN 2014
Schauspiel 7<br />
PREMIERE<br />
Männer<br />
Frauen Arbeit<br />
Oliver Kluck ist 1980 in Bergen geboren,<br />
aufgewachsen in Stralsund, einer<br />
Kreisstadt mit damals 75tsd. Einwohnern,<br />
Gefolgegebiet, keinerlei Anteil an<br />
den Umbrüchen von 1989/1990 und<br />
seitdem Wahlkreis von Angela Merkel<br />
(Physikerin). Seit 2009 Arbeit als freier<br />
Schriftsteller, etwa 700 EUR/Monat<br />
netto, Preisgelder, selten Stipendien.<br />
Gewonnen: u.a. Förderpreis Junge<br />
Dramatik des Berliner Theatertreffens,<br />
Kleist-Förderpreis. Geschrieben: u.a.<br />
„Froschfotzenlederfabrik“ (2010), „Leben<br />
und Erben“ (2012), „Was zu sagen<br />
wäre warum“ (<strong>2013</strong>). Gerne gelesen:<br />
Goetz, Kluge, Brinkmann, Lentz.<br />
Prinzip Gonzo ist ein fünfköpfiges<br />
Regieteam, das in wechselnden Konstellationen<br />
zusammenarbeitet. Gonzo ist<br />
unter den Iren in Boston der Name für<br />
„denjenigen, der nach hartem Saufgelage<br />
noch vertikal am Tresen stehen kann,<br />
ohne sich an diesem festzuhalten“.<br />
Übertragen auf die Theaterarbeit „ist<br />
das zwar Hybris und heute nach Ansicht<br />
einiger vieler nicht mehr möglich, aber<br />
genau darum geht’s. Regeln machen<br />
wütend, aber Ärger ist wiederum die<br />
Grundvoraussetzung sich Luft zum<br />
Atmen zu machen, was ja ein kreativer<br />
Prozess ist. Also gut.“<br />
Regiearbeiten u.a.: „Fabelhafte Familie<br />
Baader“ und „Kasimir und Karoline“<br />
am Neuen Theater Halle oder „Schimmernder<br />
Dunst über Coby County“ am<br />
Maxim Gorki Theater in Berlin.<br />
Nach der Uraufführung von „Männer Frauen Arbeit“ im Schauspielhaus<br />
in Hamburg formulierte die Kritik den Vorwurf, es handle sich<br />
um ‘eine lose, bunte Textcollage‘, ohne Geschichte. Sieht man auf<br />
den Text, entdeckt man u. a. die konkrete Geschichte der gescheiterten<br />
Familiengründung des Ichs…<br />
OK: Zu Ende gedacht, wie man es hierzulande so sehr schätzt, bis nichts mehr<br />
übrig bleibt, sollte von Beginn an nichts sein. Ich wollte eine offene Form; wie<br />
Du sagst, finden sich aber Zusammenhänge und Verknüpfungen. Auch gibt es<br />
Figuren, allerdings leben diese mehr in der Zeit als in einem konkreten Raum. Die<br />
Bezeichnungen der Figuren mit ,Ganzoben‘, ,Mitte‘, ,Unten‘ etc.– deuten an, dass<br />
diese einen eher abstrakten Charakter haben..<br />
Genau, neben dem Scheitern in den Familien- und verschiedenen<br />
Liebesgeschichten, erzählen die Figuren so auch von den Mühen<br />
beim Aufbau eines Staates und vom Kampf wider diesen und vom<br />
Kampf um wieder einen neuen Staat, mit dem man leben kann.<br />
OK: Gesellschaftliche und private Ebenen ergänzen sich, wie bei einem Flickenteppich<br />
entsteht erst nach und nach ein Bild.<br />
Du erzählst nicht konkret vom Scheitern des DDR-Staates, aber den<br />
Mythos des trojanischen Krieges, also das Scheitern im Kampf um<br />
eine Frau bzw. um Staatsgewalt, erzählst du ausführlich nach, in<br />
Kapitel 8. Warum? Wie bist du auf die Griechen gekommen?<br />
OK: Was mich besonders interessiert hat, waren die Begründungen, die Agamemnon,<br />
Menelaos und der Haider selbst den jungen Männern gegeben haben. Warum<br />
also jahrelang ein Haus belagern, für ein Weib, das man selber womöglich niemals<br />
zu Gesicht bekommt. Warum mit den Alten in den Osten ziehen und wochenlang<br />
im Schnee liegen. Warum Vollbeschäftigung als einen erstrebenswerten Zustand<br />
betrachten, warum eine Zeitung lesen, warum nach Goethe, Schiller, Brecht und<br />
Müller noch weiter literarische Texte schreiben.<br />
Wie verhält sich dein Theatertext zum Aufklärungsanspruch des<br />
bildungsbürgerlichen Stadttheaters?<br />
OK: Das frontale Unterrichten, das Berieseln und didaktische Bearbeiten im Auftrag<br />
von Empörung, Anstand und Moral, hat sich hoffentlich auch am Theater bald erledigt.<br />
Mein Theater soll keine Anklage einer gewissen Partei sein, sondern vielmehr<br />
den Akt des Verhandelns darstellen, bis wir nicht mehr unterscheiden können, was<br />
gut ist und was böse.<br />
Erlaubt gerade diese Offenheit des Textes im Osten einen neuen<br />
Zugang zur eigenen Geschichte?<br />
OK: Die Offenheit des Ostens ist vor allem abhängig von der Freundlichkeit des<br />
Westens. Die Entscheidung dafür haben die Ostdeutschen 1990 selber getroffen.<br />
(Fragen: FO)<br />
t<br />
Inszenierung, Bühne und Kostüme: Prinzip Gonzo (Robert Hartmann & David<br />
Czesienski), Dramaturgie: Franziska Oehme<br />
Mit: Brit Claudia Dehler, Lucie Teisingerova, Jochen Fahr, Bernhard Meindl,<br />
Sebastian Reusse<br />
Premiere: 18. Oktober <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr • E-Werk
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werk3 9<br />
Achterbahn!<br />
Acht der einmaligen Thekennacht-Programme von Lemmi Lembcke<br />
im werk3 – die ganze Spielzeit!<br />
In seinem neuen Solo-Abend „Achterbahn“ bringt Lemmi Lembcke unter dem Motto<br />
„Das Geheimnis meines Misserfolgs“ acht seiner unterhaltsamsten Figuren auf die<br />
Bühne zurück, mit denen er auch schon bei der Schweriner TheaterThekenNacht<br />
das Publikum begeistern konnte. Ob als Wikinger, der über den großen Teich,<br />
den Pfaffenteich, daherkommt, um die Petermännchen-Fähre zu kapern, oder als<br />
Torero namens Ole, der sein Schlachterpraktikum von Pampow nach Pamplona<br />
verlegt hat, oder auch als Gartenzwerg aus der Schweriner Gartenstadt. Lembcke<br />
bringt mal wieder Kleinkunst vom Feinsten auf die Bühne. Da wird geschauspielert,<br />
gesungen, gewitzelt und ein Frohsinn unters Volk gebracht, wie man es seit jeher<br />
von ihm gewohnt ist. Und alles in einem spielfreudigen Tempo mit pointierter<br />
Schussfahrt, dass der Name Achterbahn im wahrsten Sinne des Wortes Programm ist. Mit seinem mittlerweile nun schon<br />
4. Programm im werk3 wird Lembcke wieder alles versuchen, um an die Lacher seines Publikums zu kommen. Sei es als<br />
Bayer, Karnevalsprinz, sowjetischer Russe oder Inquisitor. Und wenn er dann noch als Verwandter von Hein Blöd alias Hein<br />
Nochblöder daher kommt, spätestens dann kommen die ersten Loopings dieses abgefahrenen Abends.<br />
(AL)<br />
Bei „Aufgelesen! Geizhals & Co.“<br />
lesen die Schauspieler passend zur<br />
Premiere von „Geizhals“ Texte, die sich<br />
damit beschäftigen wie, Finanzmühlen<br />
unser Zusammenleben zersetzen.<br />
Neben Passagen aus Leo Tolstois<br />
„Macht der Finsternis“ wird mit Albert<br />
Ostermaiers Theatertext „Erreger“<br />
dem Publikum ein, wenngleich schon<br />
preisgekrönter und von namhaften Regisseuren<br />
inszenierter, so doch immer<br />
noch widerständiger, zeitgenössischer<br />
Dramatiker vorgestellt – als Wortverflechter,<br />
der Klänge an der Klinge des<br />
Gefühls bricht.<br />
Donnerstag, 3. Oktober <strong>2013</strong>,<br />
18.00 Uhr · werk3<br />
Bei „Aufgelesen! Männer & Co.“<br />
lesen die Schauspieler passend zur<br />
E-Werk-Premiere von „Männer Frauen<br />
Arbeit“ Texte, die sich damit beschäftigen,<br />
wie – gleich einer Person – ein Staatswesen<br />
sowohl Zugehörigkeit abstreiten<br />
als auch Verrat begehen kann. Neben<br />
Passagen aus Homers „Ilias“ wird mit<br />
Marianna Salzmanns Stück „Muttersprache<br />
Mameloschn“ dem Publikum eine<br />
sehr junge Theaterautorin vorgestellt,<br />
die scharfzüngig, mit zubeißendem Witz<br />
mehrere Generationen gegeneinander<br />
aufreibt, bis der Funke von einer auf die<br />
andere überspringt und hellsichtig macht.<br />
Donnerstag, 7. November <strong>2013</strong>,<br />
20.30 Uhr · werk3
10 Schauspiel<br />
PREMIERE<br />
„Ich bin wahrscheinlich der<br />
erste Jude, der mit Hitler richtig<br />
viel Kohle verdient“, sagt<br />
Mel Brooks (arte kultur vom<br />
29.5.2009)<br />
The<br />
Producers<br />
ein mel brooks Musical<br />
Im Jahr 2001 wurde die Broadway-<br />
Musical-Produktion „The Producers“<br />
mit Begeisterung quer durch alle Fachgruppen<br />
in 15 Kategorien für den Tony<br />
Award nominiert und bekam schließlich<br />
sensationelle 12 Trophäen zugesprochen.<br />
Damit erreichte die Produktion<br />
einen Rekord und löste nach 37 Jahren<br />
„Hello Dolly!“ ab, die sieben Auszeichnungen<br />
bekommen hatte. Bis heute ist<br />
„The Producers“ damit unübertroffen.<br />
Dieses Erfolgsmusical von 2001 hat<br />
eine lange Vorgeschichte und einen<br />
großartigen Schöpfer: Mel Brooks.<br />
Von der Leinwand an den Broadway und<br />
dann nach Schwerin – eine spartenübergreifende<br />
Zusammenarbeit – ein besonderes Musical<br />
Nach Chaplins „Der große Diktator“ (1940) und Lubitschs „Sein oder Nichtsein“<br />
(1942) ist Mel Brooks‘ „The Producers“ (1968) die dritte große Kinokomödie, die<br />
sich über Adolf Hitler lustig macht. Die ersten beiden Filme entstanden in einer<br />
Zeit, da in den USA über den Eintritt in den Krieg diskutiert wurde und dienten<br />
so auch der Entzauberung des Gegners. Für ein Amerika, welches in den Krieg<br />
ziehen wollte, war es psychologisch durchaus sinnvoll, Hitler zu entmystifizieren,<br />
als besiegbaren „Nur-Menschen“ darzustellen. Chaplin wurde deshalb sogar<br />
Kriegshetze vorgeworfen. In Chicago, wo zu der Zeit besonders viele Deutsche<br />
lebten, wagte kein Kino die Aufführung.<br />
Nach dem Krieg wurden die Gräueltaten der Nazis in erschütterndem Ausmaß und<br />
im Detail bekannt und aufgearbeitet. Lange Zeit war dann an einen humoristischen<br />
Umgang mit diesem Krieg und seiner Symbolfigur weder auf offizieller noch auf<br />
kommerzieller Ebene zu denken.<br />
Im deutschsprachigen Theater war es der aus England kommende jüdische Regisseur<br />
Peter Zadek, der ein anderes Tabu brechen und nach dem Krieg erstmals wieder<br />
im „Kaufmann von Venedig“ auch einen unmenschlichen Juden zeigen konnte<br />
– ein kleiner Skandal und doch ein großer Erfolg für eine offenere Aufarbeitung von<br />
Geschichte. Tabus sind eine Zeit lang sicherlich eine ethische Verpflichtung, aber<br />
irgendwann werden sie hinderlich für den wahrhaftigen Umgang mit der Historie.<br />
Der jüdische Regisseur Mel Brooks wagte 1968 mit dem Film „Frühling für Hitler“<br />
als erster, über das übermächtig Böse auch Witze auf der großen Leinwand zu<br />
machen – und in den USA brach ein Sturm befreienden Lachens los. Wie zuvor<br />
Chaplins „Diktator“ wurde auch Brooks „Frühling“ ein großer Publikumserfolg.<br />
Es dauerte über dreißig Jahre, bis Mel Brooks aus dem Film ein Broadway-Musical<br />
schuf. Dieses wurde trotz des heiklen Themas zum meistprämierten Musical der<br />
Broadway-Geschichte. Schnell folgte die Frage, ob man dieses Werk in Deutschland<br />
spielen könne. Ein deutsches Nachrichtenmagazin stellte sie auch Mel Brooks,<br />
der folgendermaßen antwortete:<br />
„(auf Deutsch) Isch weiß es nischt. (weiter in Englisch) Die unter 62-Jährigen werden<br />
es wunderbar finden. Die Älteren erinnert es vielleicht zu sehr an die Tragödie<br />
des Zweiten Weltkriegs.
Schauspiel 11<br />
„Wann hat man je auf einer deutschen Musicalbühne eine derart virtuose, tempo- und pointenreiche Dialogszene erlebt wie<br />
die erste Begegnung zwischen Bialystock und Bloom? Ja, wann wurde zuletzt in Berlin so hinreißend, so geistreich, so brillant<br />
böse Komödie gespielt? Vor 1933 gab es diese eleganten, zynischen, lebensverliebten Scriptautoren, Coupletkomponisten<br />
und Gagschreiber vom Schlage eines Mel Brooks auch in der deutschen Reichshauptstadt. Die Nazis mit ihrer völkischen<br />
Dumpfheit haben sie verfolgt, verfemt, vernichtet – oder vertrieben, ins Exil, nach Amerika. Von dort können wir Deutschen uns<br />
jetzt, 64 Jahre nach dem Ende der Nazizeit, den jüdischen Witz bestenfalls reimportieren.“ Frederike Hansen, Tagesspiegel<br />
[…] Andererseits haben vielleicht viele Juden im KZ überlebt, weil sie ihren Humor<br />
nicht verloren haben. In einer Gruppe Juden ist immer einer, der lustig ist und die<br />
anderen dazu bringt, ihre Sorgen kurzfristig zu vergessen. […] Ach, die Juden<br />
sind smart. Sie verstehen mich und meinen Humor. Es gibt immer ein paar, die<br />
sich moralisch über alle anderen stellen. Sie tragen dieses Deckmäntelchen der<br />
Gutmenschen, dabei sind sie einfach nur Heuchler. Aber 99 Prozent der Juden<br />
lieben mein Stück!“<br />
Nachdem sich zunächst der Unterhaltungskonzern „Stage Entertainment“ die<br />
Rechte für eine deutschsprachige Erstaufführung gesichert hatte, sich dann aber<br />
doch nicht an das schwarzhumorige Stück wagte, kam die erste deutschsprachige<br />
„Producers“-Version im Mai 2008 im „Ronacher“ heraus, dem traditionellen<br />
Musical-Theater Wiens. Hierfür wurde die amerikanische Produktion ins Deutsche<br />
übersetzt und mit Musical-Darstellern besetzt. Diese Aufführung gastierte auch 2009<br />
im Berliner Admiralspalast. Kein deutsches Theater konnte die Rechteinhaber<br />
überzeugen, eine Filmadaption oder das Musical mit eigenem Ensemble aufführen<br />
zu dürfen.<br />
Nach vielen Briefen und Telefonaten ist es dem Mecklenburgischen <strong>Staatstheater</strong><br />
gelungen, als erstes Theater in Deutschland das Musical inszenieren zu können.<br />
Das „enthusiastic Yes“ von Mel Brooks zu unserem Plan ist eine große Ehre und<br />
auch eine große Herausforderung. Erstmals kann sich ein Team aus Deutschland,<br />
mit eigener Kreativität und mit den besonderen Fähigkeiten der beteiligten Künstler<br />
von den Schauspielern bis zu den Orchestermusikern an die Umsetzung der Erfolgsvorlage<br />
wagen. Dafür ist Schwerin deutschlandweite Aufmerksamkeit gewiss.<br />
(RR)<br />
t<br />
The Producers – Ein Mel Brooks Musical<br />
Buch von Mel Brooks und Thomas Meehan<br />
Musik und Gesangstexte von Mel Brooks in Übereinkunft mit StudioCanal<br />
Deutsch von Nina Schneider<br />
Musikalische Leitung: Martin Schelhaas<br />
Inszenierung: Peter Dehler<br />
Bühne: Ulv Jakobsen<br />
Kostüme: Susanne Richter<br />
Choreinstudierung: Ulrich Barthel<br />
Tanzchoreographie: Rüdiger Daas<br />
Steppchoreographie: Beate Rothmann<br />
Dramaturgie: Ralph Reichel<br />
Mit: Katrin Heller, Sonja Isemer, Josefin Ristau, Anja Werner, Caroline Wybranietz;<br />
Dirk Audehm, Klaus Bieligk, Christoph Bornmüller, Rüdiger Daas, Simon Jensen,<br />
Andreas Lembcke, Bernhard Meindl, Özgür Platte, Kai Windhövel;<br />
Mit dem Opernchor und der Mecklenburgischen Staatskapelle;<br />
Statisterie des Mecklenburgischen <strong>Staatstheater</strong>s<br />
Matinee: 20. Oktober <strong>2013</strong>, 11.00 Uhr · Konzertfoyer<br />
Premiere: 25. Oktober <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr · Großes Haus<br />
Mel Brooks (*1926 als Melvyn Kaminsky<br />
in New York) ist Kind jüdischer<br />
Einwanderer. Er stand mit 14 erstmals<br />
als Schauspieler auf der Bühne und verdiente<br />
mit 16 Geld als Musiker. Um nicht<br />
mit dem berühmten Trompeter Max<br />
Kaminsky in Konkurrenz zu geraten,<br />
nannte er sich Mel Brooks. Den zweiten<br />
Weltkrieg erlebte er in Deutschland<br />
und blieb dort nach Kriegsende in der<br />
Abteilung Unterhaltung, wo er Shows<br />
für die GI´s organisierte. Zurück in<br />
Amerika wurde er Sketchschreiber für<br />
den TV-Komiker Sid Caesar. Daneben<br />
begann er selber aufzutreten, nahm<br />
Comedy-Platten auf und schrieb Drehbücher<br />
fürs Fernsehen.<br />
Sein erster Spielfilm, „Frühling für Hitler“,<br />
gewann gleich den Oscar für das<br />
beste Drehbuch. Der Titel kann dabei<br />
auch in die Irre führen: „The Producers“<br />
ist kein Film über Deutschlands<br />
Diktator, sondern ein böser Blick hinter<br />
die Kulissen des Showbusiness.<br />
Brooks gelangen weitere Filme; insbesondere<br />
mit Genreparodien war er sehr<br />
erfolgreich, u.a. mit „Der wilde, wilde<br />
Westen“, „Frankenstein Junior“, „Spaceballs“<br />
und „Robin Hood – Helden in<br />
Strumpfhosen“.<br />
Spaceballs<br />
Mit der Musicalfassung von „The Producers“<br />
erfüllte sich Brooks den alten<br />
Traum, fürs Theater zu schreiben und<br />
zu komponieren. Er gewann 12 Tony<br />
Awards und das Album bekam den<br />
Musical-Grammy.
12 Musiktheater<br />
PREMIERE<br />
Sigurd der<br />
Drachentöter<br />
Das Musiktheater startet in die neue Saison mit einer Oper für junge Leute im E-Werk<br />
SIGURD?<br />
Kann man das essen???<br />
SIGURD ist ein Held aus der nordischen<br />
Mythologie, ähnlich dem keltischen<br />
König Artus oder dem Nibelungen-Held<br />
Siegfried. Er war REGINS Pflegesohn<br />
und Schmied am Hof König HJALPREKS<br />
in Jütland. Dieser König schickte Sigurd<br />
einst aus, um einen wunderbaren Goldschatz<br />
zu erbeuten. Ursprünglich hatte<br />
Regins Vater HREIDMAR diesen Schatz,<br />
der einst dem Zwerg ANDVARI gehörte,<br />
an sich gebracht. Regin und sein Bruder<br />
FAFNIR (oder Fafner) ermordeten jedoch<br />
ihren Vater Hreidmar und raubten<br />
ihm den Schatz. Einer der Brüder, Fafnir,<br />
wollte den Schatz nun ganz für sich<br />
allein besitzen und verwandelte sich in<br />
einen Drachen, um ihn zu bewachen.<br />
Sigurd überlistete jedoch das Monster<br />
und brachte es zur Strecke. Dabei gewann<br />
er nicht nur den Schatz, sondern<br />
auch viel Weisheit, sodass er die Sprache<br />
der Vögel verstehen konnte.<br />
Sigurd wächst in einer abgelegenen Schmiede in ärmlichen Verhältnissen auf. Er<br />
ahnt, dass Schmied Regin nicht sein richtiger Vater ist und beginnt, nach seiner<br />
wahren Herkunft zu forschen. Regin weiß, dass Sigurd in Wirklichkeit einem<br />
Heldengeschlecht entstammt und über große Kräfte verfügt, für die der Schmied<br />
allerdings seine eigenen Pläne hat: Regin braucht den Jungen, um den Drachen<br />
Fafner zu töten, der einen gewaltigen Goldschatz hortet, den er erbeuten will.<br />
Sigurd muss sich nun wehren: gegen den Drachen und gegen Regin... und ganz<br />
nebenbei entdeckt er dabei auch die Kraft der Liebe.<br />
Aus dem packenden mythologischen Stoff der Nibelungen-Sage ist diese einstündige<br />
Oper für Jung und Alt geschmiedet und erzählt eine berührende Geschichte<br />
über den Glauben an die eigene Kraft, der hin und wieder nötig ist, um über sich<br />
hinauszuwachsen. Der Regisseur der Inszenierung, Markus Wünsch, studierte<br />
Schauspiel an der Hochschule der Künste Berlin (HDK). Er war am Mecklenburgischen<br />
<strong>Staatstheater</strong> als Schauspieler und Regisseur 13 Jahre lang tätig, bevor<br />
er an die Hochschule für Musik und Theater Rostock als Professor für Schauspiel<br />
berufen wurde. Die Bühnen- und Kostümbildnerin Franziska Just absolvierte eine<br />
Lehre zur Goldschmiedin, bevor sie an der HDK Berlin Kostümbild studierte. Arbeiten<br />
führten sie u.a. nach Dresden, Bremen, Mannheim, Lyon und Bonn. Dem<br />
Schweriner Theater ist sie durch zahlreiche Schauspielproduktionen eng verbunden,<br />
im Musiktheater gibt sie in dieser Saison gleich zweimal ihr Debüt: Nach dem E-<br />
Werk entwirft sie für Smetanas „Verkaufte Braut“ (Regie: Frank-Bernd Gottschalk)<br />
das Kostümbild.<br />
(KR)<br />
t<br />
Musik von Andy Pape<br />
Musikalische Leitung: Friedemann Braun<br />
Inszenierung: Markus Wünsch<br />
Bühne und Kostüme: Franziska Just<br />
Offene Probe mit Stückeinführung:<br />
12. September <strong>2013</strong>, 17.30 Uhr ∙ E-Werk<br />
Mit Regisseur Markus Wünsch, Bühnen- und Kostümbildnerin Franziska Just<br />
Moderation: Katharina Riedeberger<br />
Premiere: 20. September <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr · E-Werk
Musiktheater 13<br />
PREMIERE<br />
„Verdi &<br />
Wagner“<br />
OPERNGALA<br />
Nach dem erfolgreichen Galaabend der letzten Saison setzen wir in dieser Spielzeit<br />
auf ein Programm aus Werken von Wagner und Verdi. Der 200. Geburtstag beider<br />
Opernkomponisten ist uns ein guter Anlass, diese wunderbare Musik mit unserem<br />
Publikum zu teilen. Freuen Sie sich auf die Solisten des Musiktheater-Ensembles<br />
und den Opernchor des Mecklenburgischen <strong>Staatstheater</strong>s Schwerin unter der<br />
musikalischen Leitung des amt. GMD Daniel Huppert!<br />
t<br />
Musikalische Leitung: amt. GMD Daniel Huppert<br />
Choreinstudierung: Ulrich Barthel<br />
Mit der Mecklenburgische Staatskapelle Schwerin, dem Opernchor und Solisten<br />
des Mecklenbutgischen <strong>Staatstheater</strong>s Schwerin<br />
Sonntag ∙ 3. November, 18.00 Uhr · Großes Haus
14 Musiktheater<br />
PREMIERE<br />
La Bohème<br />
Regisseur Gregor Horres inszeniert Puccinis berühmteste Oper und<br />
gibt in Schwerin sein Debüt<br />
In der Vorrede zu seinen „Les scènes<br />
de la vie de bohème“ schreibt Henri<br />
Murger von einem „entsetzlichen Leben,<br />
das seine Sieger und seine Märtyrer<br />
hat“. Wie der Komponist Giacomo<br />
Puccini, so hatte auch der Schriftsteller<br />
Murger das „fröhliche, schreckliche<br />
Dasein“ der Bohèmiens, das er beschreibt,<br />
am eigenen Leibe erfahren.<br />
Murger war schon in jungen Jahren ein<br />
häufiger Gast des ‚Quartier Latin‘, des<br />
lateinischen Viertels in Paris, in dem sich<br />
die Pariser Studenten und Künstler zu<br />
Hause fühlten. In einem Brief bekannte<br />
er: „Unsere Existenz gleicht einem<br />
mehrstrophigen Tanzliede; bald geht‘s<br />
gut, bald geht‘s schlecht, heute besser,<br />
morgen schlechter - der Refrain aber<br />
bleibt derselbe: Not und Elend! Not und<br />
Elend.“ Die außergewöhnliche Wirkung<br />
der Prosa Murgers entsteht nicht nur aus<br />
seiner unkonventionellen literarischen<br />
Form oder dem geistreich-pointierten<br />
Erzählstil, sondern vor allem durch den<br />
damals neuartigen und unmittelbar aus<br />
dem Lebensraum eines Menschen gegriffenen<br />
Stoff, der bis heute den Leser<br />
zu faszinieren vermag.<br />
Paris. Winter. Eiseskälte. In einer ärmlichen Mansarde: Das Leben der Bohème.<br />
Vier junge Menschen – der Dichter Rodolfo, der Maler Marcello, der Musiker<br />
Schaunard und der Philosoph Colline – leben dort zusammen und in der Regel von<br />
der Hand in den Mund. Am Weihnachstabend treibt es die Freunde nach draußen<br />
– nur Rodolfo bleibt zurück. Als er an diesem Abend Nachbarin Mimì begegnet,<br />
ist es für beide Liebe auf den ersten Blick. Doch ihr Glück ist nicht von Dauer. Mimì<br />
ist krank und Rodolfo nicht in der Lage, Mimìs Leid zu tragen. Erst kurz vor ihrem<br />
Ende kehrt die unheilbar Kranke zu ihm zurück – zu spät.<br />
Kunst, Freiheit von bürgerlicher Konvention, Kompromisslosigkeit und Unabhängigkeit:<br />
All das faszinierte Giacomo Puccini an Henri Murgers Episodenroman „La<br />
vie de bohème“: „Da ist Menschlichkeit, da ist Empfindung, da ist Herz. Und da ist<br />
vor allem – Poesie.“ Die Lektüre inspirierte ihn zu einer Oper, die jede Form idealisierter<br />
Romantik verabschiedet und den Stoff zu einer berührenden Sozialstudie<br />
verdichtet. „La Bohème“, 1896 uraufgeführt, wurde Puccinis erster Welterfolg und<br />
ist bis heute seine beliebteste Oper geblieben. Inszeniert wird Puccinis Meisterwerk<br />
von Gregor Horres, der damit sein Schwerin-Debüt gibt. Der Regisseur studierte<br />
zunächst Kunstgeschichte, wurde 1991 Assistent von Karl Kneidel und Gerd Heinz<br />
am <strong>Staatstheater</strong> Darmstadt, bevor er ab 1993 begann, selbst Regie zu führen.<br />
1998 wurde er Oberspielleiter des Theaters Bielefeld und war Gastregisseur u.a.<br />
an der Oper Ljubljana in Slowenien und bei den Opernfestspielen Savonlinna,<br />
Finnland. Als freier Opernregisseur inszenierte er ab der Spielzeit 2005/06 an<br />
verschiedenen deutschen Bühnen und lehrt seit 2008 szenische Gestaltung an der<br />
Hochschule für Künste in Bremen.<br />
In der Saison <strong>2013</strong>/14 ist unter seiner Regie neben der „Bohème“ in Schwerin<br />
u.a. eine Uraufführung von Hauke Berheides Oper „Das Thier“ an der Deutschen<br />
Oper am Rhein geplant.<br />
(KR)<br />
t<br />
Musik: Giacomo Puccini<br />
Musikalische Leitung: amt. GMD Daniel Huppert<br />
Inszenierung: Gregor Horres<br />
Bühne und Kostüme: Jan Bammes<br />
Choreinstudierung: Ulrich Barthel<br />
Matinee: 17. November <strong>2013</strong>, 11.00 Uhr ∙ Konzertfoyer<br />
Mit dem amt. GMD Daniel Huppert, Regisseur Gregor Horres, Bühnen- und<br />
Kostümbildner Jan Bammes und Solistinnen und Solisten des Mecklenburgischen<br />
<strong>Staatstheater</strong>s Schwerin<br />
Moderation: Katharina Riedeberger<br />
Premiere: 22. November <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr ∙ Großes Haus
Musiktheater 15<br />
Der Komponist Giacomo Puccini (um 1908)<br />
„Die Bohème ist die Vorstufe des Künstlerlebens, sie ist die Vorrede zur Akademie,<br />
zum Hospital oder zum Leichenschauhaus. Sie setzt sich zusammen aus der<br />
großen Familie der armen Künstler, die fatalerweise dem Gesetz des Inkognitos<br />
unterworfen sind, weil sie kein Eckchen der Öffentlichkeit zu finden vermögen<br />
oder zu finden verstehen, um ihr Dasein in der Kunst zu bezeugen und durch<br />
das, was sie bereits sind, nachzuweisen, was sie eines Tages sein könnten. Regen<br />
oder Staub, Schatten oder Sonne, nichts hält diese kühnen Abenteurer auf, deren<br />
Laster sämtlich mit einer Tugend gepaart sind. Ohne Unterlass liegen sie im<br />
Kampf mit der Notwendigkeit. Jeder Tag ihrer Existenz ist ein geniales Kunststück,<br />
ist ein tagtäglich von neuem auftauchendes Problem, das zu lösen ihnen mit Hilfe<br />
verwegener Rechenkünste stets gelingt. Drängt die Not, so sind sie asketische<br />
Einsiedler, aber wenn ihre Hände das kleinste Glück erfassen, so erhitzt sich ihre<br />
lebhafte Phantasie zu ganz verwünschten Tollheiten. Sie jagen vom Morgen bis<br />
zum Abend das wilde Tier, genannt Fünffrancstück. Es ist ein herrliches Leben und<br />
ein entsetzliches Leben, das seine Sieger und seine Märtyrer hat.“ Henri Murger
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18 KONZERT<br />
ORCHESTERNEUIGKEITEN<br />
Neue Gesichter gibt es in dieser Spielzeit auch in der Mecklenburgischen Staatskapelle.<br />
LUDWIG SCHULZE (Konzertmeister 2. Violinen) stammt aus einer<br />
Dresdner Musikerfamilie. Im Alter von 16 Jahren wurde er als Jungstudent an die<br />
Berliner Musikhochschule „Hanns Eisler“ aufgenommen und debütierte bereits im<br />
Alter von 12 Jahren mit dem Orchester der „Landesbühnen Sachsen“, bevor er an<br />
der Musikhochschule „Hanns Eisler“ in Berlin sein Studium aufnahm, das er an der<br />
Universität der Künste in Berlin fortsetzte. Der Stipendiat der „Ad infinitum Foundation“<br />
sammelte Erfahrungen in der Orchester-Akademie der Deutschen Oper Berlin,<br />
als Konzertmeister der „Jungen Sinfonie Berlin“ und beim „International Mahler<br />
Orchestra“. Orchesteraushilfen spielt er bei den Berliner Philharmonikern, an der<br />
Deutschen Oper Berlin und im Deutschen Kammerorchester Berlin.<br />
Nach einem Frühstudium am Musikinternat North Carolina School of the Arts bei<br />
David Jolley entschied sich JESSICA HILL (Stellvertretendes Solohorn) zunächst<br />
für ein Studium der Amerikanistik in Cincinnati. Auf Empfehlung von Randy Gardner<br />
(Philadelphia Orchestra) begann sie danach ein Musikstudium in Freiburg bei Bruno<br />
Schneider, das sie in Hannover bei Markus Maskuniitty fortsetzte. Prägende Lehrer<br />
waren für die junge Hornistin Heinrich Schäfer und Frøydie Ree Wekre. Jessica Hill<br />
setzt sich für alternative Formen der Musikvermittlung und die Verbreitung neuer<br />
Musik ein und ist u.a. in Tonaufnahmen mit dem Cincinnati Symphony Orchestra,<br />
der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und den Bochumer Symphonikern<br />
zu hören. 2009 wurde die Stipendiatin der Rotary Foundation und der Yehudi<br />
Menuhin Stiftung „Live Music Now“ mit dem Deutschen Studentenwerkspreis für<br />
besonderes soziales Engagement ausgezeichnet. Nach Orchesterstationen in<br />
Dessau, Münster und Oldenburg kommt sie nun vom Philharmonischen Orchester<br />
Hagen zur Mecklenburgischen Staatskapelle.<br />
Die Mecklenburgische<br />
Staatskapelle Schwerin spielt:<br />
Queen<br />
Classical<br />
t<br />
Samstag, 31. <strong>August</strong> <strong>2013</strong>, Open Air<br />
19.15 Uhr Vorprogramm<br />
20.00 Uhr Konzert<br />
Wittenberge, Alte Ölmühle<br />
Samstag, 7. September <strong>2013</strong>,<br />
19.30 Uhr · Großes Haus · ausverkauft<br />
Sonntag, 8. September <strong>2013</strong>,<br />
18.00 Uhr · Großes Haus<br />
Sonderkonzert: Queen Classical<br />
Orchester trifft Rock! Die Mecklenburgische Staatskapelle Schwerin<br />
und „MerQury“ spielen Rock-Klassiker von „Queen“ in klassischen<br />
Arrangements.<br />
Solistin: Márta Kosztolányi<br />
Dirigent: Bernd Wefelmeyer<br />
Mecklenburgische Staatskapelle Schwerin<br />
Opernchor des Mecklenburgischen <strong>Staatstheater</strong>s Schwerin<br />
Choreinstudierung: Ulrich Barthel<br />
Aufgrund des großen Erfolgs, von dem das jüngste Crossover-Projekt der Mecklenburgischen<br />
Staatskapelle bereits im vergangenen Sommer gekrönt war, ist das<br />
gigantische rocksinfonische Ereignis zur Eröffnung der Konzertsaison <strong>2013</strong>/14 mit<br />
einem neuen Programm in drei weiteren Vorstellungen zu erleben. Gemeinsam mit<br />
der Dresdener Queen-Tribute-Band „MerQury“ bringen Orchester und Opernchor<br />
des Mecklenburgischen <strong>Staatstheater</strong>s sowie die Sopranistin Márta Kosztolányi<br />
eine Hommage an einen der charismatischsten Sänger der Rockgeschichte<br />
auf die Bühne. Neunzehn Freddy Mercury-Titel, darunter gefühlvolle Balladen<br />
ebenso wie energiegeladener Hardrock, Klassiker wie „We Will Rock You“ oder<br />
„Bohemian Rhapsody“ finden sich an den drei Konzertabenden in Schwerin und<br />
Wittenberge zu einem faszinierenden Konzertereignis vereint und bekommen im<br />
Live-Orchestergewand ganz ungewohnte Farben – unverwechselbar, und doch<br />
ganz frisch, mit neuen Ohren gehört. Achtung – Suchtgefahr!
KONZERT 19<br />
Konzertkalender<br />
Igor Ardašev<br />
n 1. SINFONIEKONZERT<br />
Louis Massonneau: Sinfonie c-Moll op. 5 La tempête et le calme<br />
Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur op. 58<br />
Johannes Brahms: Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 73<br />
Solist: Igor Ardašev, Klavier<br />
Dirigent: amt. GMD Daniel Huppert<br />
Daniel Huppert eröffnet die neue Konzertsaison mit Musik des ehemaligen Ludwigsluster<br />
Konzertmeisters Louis Massonneau, der in seiner c-Moll-Sinfonie, ähnlich<br />
wie sein Zeitgenosse Beethoven in der Pastorale, mit musikalischen Mitteln ein<br />
Unwetter und den folgenden (trügerischen) Frieden schildert. Der tschechische<br />
Pianist Igor Ardašev ist der Solist in Beethovens virtuosem 4. Klavierkonzert, das<br />
durch einen eng verwobenen Dialog zwischen Solo und Orchester fasziniert, vor<br />
allem aber mit lyrischem Zauber gefangen nimmt. Beethovens reifstes Werk der<br />
Gattung! Romantische Liedhaftigkeit prägt auch den Charakter der 2. Brahms-<br />
Sinfonie, in der sich der Komponist nach dem Kraftakt seiner Ersten ungeahnt<br />
entspannt präsentiert. Ein „neues liebliches Ungeheuer“, wie er selbst launig und<br />
vielversprechend verkündete.<br />
Montag, 2. September <strong>2013</strong>, 18.00 Uhr · Großes Haus · PLUS<br />
Dienstag, 3. September <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr · Großes Haus<br />
Mittwoch, 4. September <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr · Großes Haus<br />
Konzerteinführung am Dienstag und Mittwoch jeweils 45 Minuten vor Beginn im<br />
Konzertfoyer. Das Sinfoniekonzert PLUS am Montag wird moderiert.<br />
Felix Mendelssohn Bartholdy<br />
n MUSIK UM VIER – 1. KONZERT<br />
Felix Mendelssohn Bartholdy: Streichersinfonie Nr. 8 D-Dur<br />
Felix Mendelssohn Bartholdy: Konzertstück f-Moll op. 113 Nr. 1<br />
für Klarinette, Bassetthorn und Orchester<br />
Wolfgang Amadeus Mozart: Sinfonie Nr. 31 D-Dur KV 297/300a „Pariser“<br />
Solisten: Hans-Matthias Glaßmann, Klarinette/Hajo Willimczik, Bassetthorn<br />
Dirigent: N.N.<br />
Felix Mendelssohn Bartholdys Konzertstück f-Moll gilt als Teil eines kleinen Handels,<br />
der sich 1832 zwischen dem Komponisten und der befreundeten Berliner Familie<br />
Baermann abspielte: Vater und Sohn sollten für Mendelssohn Dampfnudeln und<br />
Rahmstrudel zubereiten, wofür er im Gegenzug ein Werk für Klarinette und Bassetthorn<br />
kreierte. Ein ungeahnter Erfolg für beide Seiten, weshalb der nahrhafte<br />
Naturalienaustausch wenig später wiederholt wurde. Das Bassetthorn übrigens<br />
ist kein Blechblasinstrument, sondern das Tenorinstrument der Klarinettenfamilie,<br />
dessen dunklen Klangcharakter auch Mozart und Strauss liebten. Mendelssohns<br />
zwölf Streichersinfonien waren schon wesentlich früher entstanden und beweisen<br />
neben erstaunlicher Frühreife des gerade einmal 12- bis 14-jährigen Komponisten<br />
eine charmante Unverkrampftheit auf halbem Wege zum „großen“ Orchesterwerk.<br />
Bereits an der Schwelle zur Meisterschaft steht Mozarts „Pariser“ Sinfonie, die die<br />
Aufbruchsstimmung des 22-jährigen auf der ersten Reise ohne den gestrengen Vater<br />
widerspiegelt. Die erste Sinfonie, in der Mozart Klarinetten verwendet!<br />
Sonntag, 15. September <strong>2013</strong>, 16.00 Uhr · Konzertfoyer
20 KONZERT<br />
Marcus Bosch<br />
n 2. SINFONIEKONZERT<br />
Richard Strauss: Hornkonzert Nr. 1 Es-Dur op. 11<br />
Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 5 B-Dur<br />
Solist: Christoph Eß, Horn<br />
Dirigent: Marcus Bosch<br />
Marcus Bosch, GMD des Bayerischen <strong>Staatstheater</strong>s und der Staatsphilharmonie<br />
Nürnberg, leitet als Gastdirigent das 2. Sinfoniekonzert. Bruckners Musik zählt<br />
zu seinen besonderen Faibles, und die Sinfonien des kantigen Österreichers, der<br />
den wuchtigen Klang der Orgel auf das spätromantische Orchester übertrug,<br />
hat Bosch komplett auf CD eingespielt. Die Fünfte nannte Bruckner selbst seine<br />
„fantastische“ – und meinte damit keineswegs romantisches Geschichtenerzählen<br />
à la Berlioz oder Liszt, sondern vielmehr handwerkliche Meisterschaft und kontrapunktische<br />
Kunstfertigkeit bis ins I-Tüpfelchen. Die Vorliebe für den warmen Klang<br />
des Waldhorns verbindet Bruckner mit dem sonst ganz anders gestrickten Bayern<br />
Richard Strauss. Dessen 1. Hornkonzert widmete das jugendliche Genie 1883<br />
seinem Vater, einem der hervorragendsten Hornisten jener Zeit. In Schwerin wird<br />
es interpretiert von Christoph Eß, der mit der Leichtigkeit und Brillanz seines Spiels<br />
als Ausnahmeerscheinung in der jungen Hornistengeneration gilt.<br />
Montag, 30. September <strong>2013</strong>, 18.00 Uhr · Großes Haus · PLUS<br />
Dienstag, 1. Oktober <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr · Großes Haus<br />
Mittwoch, 2. Oktober <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr · Großes Haus<br />
Konzerteinführung am Dienstag und Mittwoch jeweils 45 Minuten vor Beginn im<br />
Konzertfoyer. / Das Sinfoniekonzert PLUS am Montag wird moderiert.<br />
Paolo Bressan mit dem Jugendsinfonieorchester<br />
Schwerin<br />
n 1. JUGENDKONZERT „ZUKUNFTSMUSIK!“<br />
Gemeinschaftskonzert der Mecklenburgischen<br />
Staatskapelle Schwerin mit dem<br />
Jugendsinfonieorchester Schwerin<br />
Dirigenten: Paolo Bressan, amt. GMD Daniel Huppert,<br />
Solisten aus beiden Orchestern<br />
Werke von Antonio Vivaldi, Bedřich Smetana, Georges Bizet, Antonín Dvořák<br />
und Arturo Marquez<br />
Die Verbindungen sind eng und zahlreich, und schon mehrfach sind sich beide<br />
Orchester auf der Bühne begegnet. „Zukunftsmusik“ der vielversprechendsten<br />
Art erklingt also erneut, wenn die Mecklenburgische Staatskapelle sich mit dem<br />
Jugendsinfonieorchester Schwerin zu einem prachtvollen Klangkörper vereint,<br />
wenn Profis mit Nachwuchsmusikern an einem Notenpult musizieren und wenn<br />
wechselseitig Tipps und Inspirationen ausgetauscht werden. Die Dirigenten beider<br />
Orchester teilen sich dabei Leitung und Verantwortung für das musikalische Geschehen.<br />
In wahrer Teamarbeit präsentieren sie ein ebenso spannendes wie vielfältiges<br />
Programm, das in Werken von Vivaldi Musikern beider Orchester die Chance gibt,<br />
auch solistisch zu brillieren, und das in Kompositionen von Smetana, Dvořák und<br />
Marquez das virtuose Können und die Lust am Tänzerischen bei allen Beteiligten<br />
auf die Probe stellt. Highlight des Programms ist definitiv Bizets Orchestersuite zu<br />
seiner Oper „Carmen“. Musikalisches Feuer und Lebenslust pur!<br />
Sonderkonzert am Samstag: 19. Oktober <strong>2013</strong>,<br />
19.30 Uhr · Großes Haus<br />
1. Jugendkonzert am Donnerstag: 24. Oktober <strong>2013</strong>,<br />
10.00 Uhr · Großes Haus
KONZERT 21<br />
n MUSIK UM VIER – 2. KONZERT<br />
Ein Konzert des Consortium ventorum<br />
Giuseppe Maria Cambini: Bläserquintett F-Dur<br />
György Ligeti: Sechs Bagatellen für Bläserquintett<br />
Franz Danzi: Bläserquintett g-Moll op. 56 Nr. 2<br />
Jacques Ibert: Trois pièces breves<br />
Michael Mehl, Flöte / Wolf-Markus Zschunke, Oboe / Hans-Matthias Glaßmann,<br />
Klarinette / Holger Petzold, Fagott / Christoph Moinian, Horn<br />
Die erstaunliche Bandbreite des Bläserquintett-Repertoires spricht aus dem Programm,<br />
mit dem das Consortium ventorum seinen Primus Michael Mehl, seit<br />
vielen Jahren Soloflötist der Mecklenburgischen Staatskapelle Schwerin, in den<br />
verdienten Ruhestand verabschiedet. Die bunte Handvoll Solisten mit jeweils<br />
ganz unterschiedlichem Tonspektrum und Klangcharakter steht an sich schon für<br />
kommunikativ gestaltete Vielfalt, und so reicht der Radius des „luftigen“ Ensembles<br />
an diesem Nachmittag dann auch von italienischer Klassik über die Tradition der<br />
bläserverliebten Mannheimer Schule und den französischen Neoklassizismus bis in<br />
die ungarisch-folkloristisch gefärbte Moderne. Bagatellen? Von wegen! Miniaturen?<br />
Schon eher! Spielerische Leichtigkeit zeichnet die Werke dieses Nachmittags ebenso<br />
aus wie virtuose Detailverliebtheit, stets gepaart mit gesanglichen Momenten,<br />
ganz vom Atem getragen. Fünf Individualisten in vollendeter Harmonie.<br />
Sonntag, 10. November <strong>2013</strong>, 16.00 Uhr · Konzertfoyer<br />
Tourt regelmäßig mit David Garrett: Thomas<br />
Probst<br />
n STUNDE DER MUSIK – 1. Kammerkonzert<br />
Sonatenprogramm mit Thomas Probst (Violine)<br />
N.N. (Klavier)<br />
Das Schleswig-Holstein-Haus ist ein Ort vielfältigen kulturellen,<br />
politischen und sozialen Austauschs, der aufgrund seiner zentralen Lage ein zahlreiches,<br />
vielfältig interessiertes Publikum anzieht. Für die Musiker der Mecklenburgischen<br />
Staatskapelle bieten die inspirierenden Räumlichkeiten in der Puschkinstraße<br />
insbesondere ein reizvolles Forum für kammermusikalische Aktivitäten – mal in<br />
klassischer Besetzung, mal in bunter Klangfarbenkombination, mal mit berühmten<br />
Lieblingsstücken, oft aber auch mit Ausgrabungen oder Entdeckungen und stets<br />
mit ganz eigenen Perspektiven auf das fast schon grenzenlose Kammermusik-<br />
Repertoire. Die nachmittägliche „Stunde der Musik“ bedeutet für das Publikum neben<br />
angeregtem Lauschen zudem stets auch die Gelegenheit, unsere Musiker ganz<br />
aus der Nähe zu erleben und anschließend mit ihnen ins Gespräch zu kommen.<br />
Eröffnet wird die neue Kammermusik-Saison mit einem Sonatenprogramm des<br />
Geigers Thomas Probst, der sich einst unter anderem als Stipendiat an der Bayerischen<br />
Staatsoper in München seine Sporen verdiente und der als Stellvertretender<br />
Stimmführer der 2. Violinen nun bereits seit mehreren Jahren in der Mecklenburgischen<br />
Staatskapelle spielt. Das Programm wird rechtzeitig im Vorfeld des Konzerts<br />
bekanntgegeben.<br />
Sonntag, 17. November <strong>2013</strong>, 16.00 Uhr · Schleswig-Holstein-Haus
22 BALLETT<br />
PREMIERE<br />
Robert Schneiders Roman „Schlafes<br />
Bruder“ erschien im Herbst 1992 bei<br />
Reclam in Leipzig, nachdem er von<br />
über zwanzig Verlagen abgelehnt worden<br />
war. In wenigen Wochen wurden<br />
von dem „Geheimtipp“ 40.000 Stück<br />
verkauft. „Dieses Buch ist halb Sage,<br />
halb Heiligen- und Märtyrerlegende,<br />
aber auch Künstler- und Dorfroman:<br />
die verschiedensten Muster, die die<br />
Weltliteratur bereithält, werden eingearbeitet.<br />
Tod, Liebe, Kunst erstrahlen<br />
als Apotheosen, vor denen das Alltägliche<br />
verdorrt“, fand die „Neue<br />
Zürcher“.<br />
Letzten Anstoß zum Erfolg gab die kontroverse<br />
Diskussion im damals noch existierenden<br />
„Literarischen Quartett“ unter<br />
Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki. Ein<br />
weiterer Glücksfall dann die Verfilmung<br />
durch Joseph Vilsmaier – „Schlafes<br />
Bruder“ eroberte als Taschenbuch die<br />
Bahnhofskioske. Inzwischen ist der Roman<br />
in mehr als 20 Sprachen übersetzt<br />
worden, hat in Italien und Frankreich<br />
Preise eingeheimst, wurde als Ballett<br />
und als Oper auf der Bühne zu neuem<br />
Leben erweckt. „Dieser Roman wird wie<br />
eine Droge wirken.“ Die Prognose der<br />
Kritiker ist eingetroffen.<br />
Das Schweriner Publikum wird dieser<br />
Droge erliegen, zumal der Ballettdirektor<br />
des Opernhauses Halle, Ralf Rossa,<br />
sich eines musikalischen Tricks bedient<br />
und nicht – was nahe liegen würde –<br />
auf Musik von Bach zurückgreift. Er hat<br />
Musik von Goran Bregović entdeckt und<br />
trifft damit einen Lebensnerv der Sache:<br />
halb naiv und halb kunstvoll, archaisch,<br />
sinnlich bis zum Animalischen – Musik<br />
voller Kraft und Vitalität.<br />
Schlafes<br />
Bruder<br />
Ein Interview mit dem Choreografen Ralf Rossa anlässlich der<br />
Schweriner Erstaufführung seines Balletts<br />
Der Roman „Schlafes Bruder“ ist dick, Ihr Ballett nur einen Abend<br />
lang, Sie mussten eine Auswahl treffen. Wie geht man da vor, worauf<br />
haben Sie verzichtet und: Haben Sie etwas verändert?<br />
Ballett hat durch seine Sprachlosigkeit gewisse Regeln.<br />
Das heißt, ich kann nicht berichten lassen, was<br />
auf irgendwelchen Nebenschauplätzen stattfindet,<br />
so literarisch interessant die auch sein mögen. Ich<br />
habe sie weggelassen, solange sie die Hauptfigur<br />
nicht verändern. Der Schriftsteller kann erzählen,<br />
wie diese oder jene Nebenfiguren an der Handlung<br />
teilhaben, ohne dass sie auftreten. Das kann man im<br />
Ralf Rossa<br />
Tanz nur erzählen, indem man sie wirklich auf der<br />
Bühne in einer Szene agieren lässt. Ich glaube, es ist nicht möglich, durch den Tanz<br />
die Entwicklung dieses genialen Musikers oder Orgelspielers darzustellen. Man<br />
muss im Ballett diese Genialität anders zeigen. Deshalb habe ich die musikalische<br />
Begabung der Hauptfigur auf die eines Tänzers übertragen. Ich habe aus dem<br />
Musiker einen Tänzer gemacht.<br />
Was interessierte Sie am Roman, was wollten Sie im Ballett erzählen,<br />
worauf legten Sie Wert?<br />
Der Roman ist ungemein reich an Personen, Begebenheiten, Anekdoten. Beim<br />
Nachdenken darüber, was ich erzählen will, wurde folgendes immer wichtiger:<br />
Unter den Menschen dieses Dorfes im Vorarlberg ist einer, der völlig anders<br />
ist, Johannes Elias Alder. Ein Hochbegabter, ein Genie auf seinem Gebiet, der<br />
Musik. Und es gibt nicht einen im Dorf, der das erkennt. Niemand begreift etwas<br />
von seinen Möglichkeiten, niemand hilft ihm oder fördert ihn. Sein Talent findet in<br />
der feindlichen Umgebung keinen Nährboden. Was Elias kann, kommt aus ihm<br />
selbst, ist von Anfang an in ihm angelegt. Das wird ihm zum Schicksal, und dieses<br />
Schicksal nimmt er auf sich.<br />
Als sein Onkel entdeckt, dass schon das Kind mehr vom Orgelspiel<br />
als er selbst versteht, versucht dieser, Elias´ Entwicklung zu verhindern<br />
aus Neid und Angst vor seiner Begabung...<br />
Dass aus dieser dumpfen, stupiden und primitiven Dorfgemeinschaft ein Genie<br />
hervorgeht, ist für mich deshalb das Wichtigste, weil darin eine große Hoffnung<br />
liegt. Selbst unter solchen deprimierenden Lebensumständen entwickelt sich einer<br />
– allein aus sich selbst! – zu einem großen Künstler. Außerdem hat mir sehr gefallen,<br />
wie Robert Schneider die beiden parallelen Liebesgeschichten konstruiert,
BALLETT 23<br />
„Es ist das Wesen eines jeden Genies, dass es Dinge mit<br />
groSSer Vollendung zuwege bringt, die es weder geschaut<br />
noch gehört hat.“ Robert Schneider<br />
die beide zum Scheitern verurteilt sind: wie Elias sich der Kunst zuwendet, dann<br />
Gott zuwendet, dann wieder Elsbeth zuwendet – und jedes Mal Entscheidungen<br />
treffen muss, sich entscheiden muss in einem sehr frühen Alter. Das ist, im weitesten<br />
Sinne, wie bei Tänzern, die in jugendlichem Alter bereits Entscheidungen für den<br />
Beruf treffen müssen, zu denen andere noch Mitte zwanzig nicht in der Lage sind.<br />
Weshalb haben Sie nicht die Musik von Johann Sebastian Bach<br />
verwendet, das hätte sich ja angeboten?<br />
Für mich passte klassische Musik zu dieser Geschichte von „Schlafes Bruder“<br />
einfach nicht. Fest stand für mich auch von Anfang an, dass ich nicht Musik von<br />
Bach verwenden wollte, was sich durch die Anspielung auf Bachs Choral „Komm,<br />
o Tod, du Schlafes Bruder“ aus der „Kreuzstab“-Kantate sicherlich angeboten hätte.<br />
Dass es sich bei der Hauptfigur des Romans um einen Musiker und Orgelspieler<br />
handelt, war ebenfalls kein zwingender Grund für mich, ins klassische Repertoire<br />
zu greifen. Zudem improvisiert Elias eine Musik, wie sie bis dahin noch niemand<br />
gehört hat, also auch nicht unbedingt à la Bach. Ich arbeite gern mit Musik, die<br />
nicht jeder kennt, und bin immer auf der Suche danach. Und ich verwende gern<br />
Musik, die auf den ersten Blick indifferent erscheint. Das meine ich nicht negativ,<br />
sondern positiv. Sie lässt mir einen gewissen Freiraum für das, was ich ausdrücken<br />
möchte. Sie legt mich nicht fest. Und das habe ich in der Musik von Goran Bregović<br />
und Aaron Jay Kernis gefunden, weshalb ich sie für mein Ballett verwendet habe.<br />
Die Welt des bis in Einzelheiten beschrieben Bergdorfes und der<br />
umliegenden Natur ist auf der Bühne schwer vorstellbar. Wie sind<br />
Sie da herangegangen?<br />
Den Bühnenraum umgibt grobes Holz, Schalenbretter. Häuser, Zimmer, Kirchenraum,<br />
Orgel oder Felsen, der Bach und Wald sind nicht zu sehen. Mit dem Raum<br />
spielen wir, indem wir ihn verändern, anders beleuchten oder indem wir Dinge<br />
darin erscheinen lassen, die wir brauchen. Er fasst alles optisch zusammen, bildet<br />
einen Rahmen. „Schlafes Bruder“ setzt sich ja zusammen aus den Schicksalen<br />
vieler Menschen.<br />
(Ralf Rossa/KR)<br />
t<br />
Inszenierung und Choreografie (frei nach dem Roman von Robert Schneider):<br />
Ralf Rossa<br />
Musik von Goran Bregović und Aaron Jay Kernis<br />
Bühne und Licht: Matthias Hönig<br />
Kostüme: Götz Lanzelot Fischer<br />
Matinee: 15. September <strong>2013</strong>, 11.00 Uhr ∙ Großes Haus<br />
Mit: Ralf Rossa, Ballettdirektor Sergej Gordienko und Tänzerinnen und Tänzern<br />
des Ballettensembles<br />
Moderation: Katharina Riedeberger<br />
Premiere: 22. September <strong>2013</strong>, 18.00 Uhr ∙ Großes Haus<br />
Wir begrüSSen Anne-Frédé<br />
rique Hoingne, Nadya Prostota,<br />
Agnes SchmeTTerer,<br />
Tuomas Hyvönen, Attila<br />
Kiss und GIuseppe Salomone<br />
zur Spielzeit <strong>2013</strong>/2014 in<br />
unserem Ballettensemble<br />
Anne-<br />
Frédérique<br />
Hoingne<br />
Nadya<br />
Prostota<br />
Agnes<br />
Schmetterer<br />
Tuomas<br />
Hyvönen<br />
Attila Kiss<br />
Giuseppe<br />
Salomone
24 Fritz-Reuter-Bühne<br />
PREMIERE<br />
Rund<br />
üm Kap<br />
Horn<br />
Eine musikalische Komödie von Fritz Wempner<br />
Schweriner Bühnenfassung von Manfred Brümmer u. A.<br />
Bekannte und beliebte Seemannslieder erklingen in dieser turbulenten Verwechslungskomödie<br />
unter der Regie von Jörg Schade: Kapitän Korl Nass und Steuermann<br />
Jonny Tetens sind seit einem Jahr von ihrem Reeder auf‘s Trockne gesetzt und haben<br />
die Hafenkneipe „Kap Horn“ übernommen. So verbringen sie ihre Zeit mehr<br />
schlecht als recht zwischen Seemannsliedern und Seemannsgarn. Plötzlich taucht<br />
Irmgard, die Tochter des Reeders auf und möchte bei ihnen Köchin werden. Sie ist<br />
davongelaufen, weil sie an einen reichen Geschäftsfreund verkuppelt werden soll.<br />
Korl gibt sie als seine Nichte aus und rät ihr, sich wegen Jonny ein wenig hässlich<br />
zu machen, der aufgrund einer unglücklichen Liebe keine schöne Frau mehr in<br />
seiner Nähe dulden will. Während sie diesen Rat befolgt, erscheinen zwei vom<br />
Vater angeheuerte Detektive. Da sie zwar Irmgards Koffer, aber sie selbst nicht<br />
finden, kombinieren sie messerscharf, dass Irmgard an Mädchenhändler geraten<br />
sein muss. Währenddessen bekommt Jonny Mitleid mit Korls hässlicher „Nichte“<br />
und umsorgt sie liebevoll. Damit Irmgard nicht heiraten muss, werfen Korl und<br />
Jonny sogar alle ihre Ersparnisse zusammen, um sich an Reeder Walters Schiffen<br />
beteiligen zu können. Doch bald stochert auch die Presse in der Geschichte herum,<br />
und das Verwechslungsspiel treibt immer wildere Blüten.<br />
(US)<br />
t<br />
Regie: Jörg Schade<br />
Musikalische Leitung: Thomas Möckel<br />
Choreografie: Sergej Gordienko<br />
Bühne: Prof. Michael Goden<br />
Kostüme: Giselher Pilz<br />
Mit: Beate Prahl, Elfie Schrodt, Arja Sharma; Andreas Auer, Reinhard Krökel,<br />
Leif Tennemann, Jens Tramsen, Bernhard A. Wessels u.a.<br />
Premiere: 1. November <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr ∙ Großes Haus
Fritz-Reuter-Bühne 25<br />
Wiederaufnahmen<br />
Das Ensemble bei der Premiere im Freilichtmuseum Mueß<br />
n De Chorprow<br />
Farce von Dietmar Bittrich<br />
Plattdeutsch von Gerd Meier<br />
Der kleine Dorf-Chor wechselt seinen Probenraum: Vom<br />
Bauernhaus des Mueßer Freilichtmuseums, wo die kurzweilige<br />
Farce im Juni Premiere hatte, ziehen Tenor Klaus,<br />
Sopran Gisela, Altistin Barbara und Bass Heinz mit ihrem<br />
Dirigenten und der Klavierbegleiterin um ins E-Werk.<br />
Dort findet die wohl wichtigste Probe seit Bestehen des<br />
Chores statt: Es gilt, ein Lied für die Geburtstagsfeier des<br />
Bürgermeisters vorzubereiten. Klappt der große Auftritt<br />
vor Live-Publikum und Fernsehkameras, winkt eine Reise<br />
in die Karibik.<br />
Wiederaufnahme am 29. <strong>August</strong> <strong>2013</strong>, 19.30<br />
Uhr ∙ E-Werk<br />
Vorstellungen im September auch in Grabow,<br />
Dömitz und Putbus<br />
Christoph Reiche als Bauunternehmer Dieter Dormann<br />
n Morgen kümmt de Timmermann<br />
Komödie von Bob Larbey<br />
Aus dem Englischen übersetzt und bearbeitet von Manfred<br />
Brümmer und Dorthe Groeger<br />
Bob Larbey gilt als einer der wichtigsten Autoren Großbritanniens,<br />
der an den Drehbüchern für einige der erfolgreichsten<br />
britischen TV-Comedy-Serien der 70er und<br />
80er Jahre beteiligt war. Die Komödie „Building Blocks“,<br />
uraufgeführt 1992, erlebte bereits im Januar unter dem<br />
Titel „Morgen kümmt de Timmermann“ ihre plattdeutsche<br />
Erstaufführung. Die Geschichte spielt mit dem einfachen<br />
und doch immer wieder aktuellen Klischee des unzuverlässigen<br />
Bauunternehmers, der das Ehepaar beim Anbau<br />
an ihr Haus in allen denkbaren Varianten vertröstet, über’s<br />
Ohr haut, hinhält und um den Finger wickelt.<br />
Wiederaufnahme am 31. <strong>August</strong> <strong>2013</strong>, 19.30<br />
Uhr ∙ E-Werk
26 Fritz-Reuter-Bühne<br />
Ensemble<br />
Kerstin Westphal als Stefanie, Christoph Reiche als Johannes<br />
Detlef Heydorn als Kasper Brand, Arja Sharma als Katharina und Elfie Schrodt<br />
als Minna<br />
n Barfaut bet an‘ Hals<br />
(Ladies Night)<br />
Komödie von Stephen Sinclair & Anthony McCarten,<br />
Plattdeutsch von Hartmut Cyriacks und Peter<br />
Nissen<br />
„Die oberste Regel beim Strippen besagt: niemals<br />
den Trumpf zu früh ausspielen…“ Was die Ratgeberliteratur<br />
so einfach schreibt, stellt sich für sechs<br />
Arbeitslose als komplizierter heraus, als gedacht.<br />
Überhaupt lief es bisher nicht gut für Willi, Norbert,<br />
Carsten, Gernot, Burkhard und Sören: Job im Eimer,<br />
Schulden bis über die Ohren, Scheidungsklage am<br />
Hals, und die Weiber geben das letzte Geld aus, um<br />
die Männerstrip-Truppe „Chippendales“ zu begaffen.<br />
Also beschließen sie, selbst eine Stripshow auf<br />
die Bühne zu bringen.<br />
Wiederaufnahme am 5. September <strong>2013</strong>,<br />
19.30 Uhr ∙ E-Werk<br />
Weitere Vorstellungen z.B. in Neustrelitz<br />
n Ein Kaktus för denn‘ Dokter<br />
Komödie von Pierre Barillet und Jean-Pierre Grédy,<br />
Bearbeitung und Plattdeutsch von Hartmut Cyriacks<br />
und Peter Nissen<br />
Zahnarzt Johannes von Harten ist attraktiv, erfolgreich<br />
und frei – auch dank einer erfundenen<br />
Familie, mit der sich bisher festere Absichten seiner<br />
Freundinnen im Keim ersticken ließen. Doch nun will<br />
er heiraten und muss feststellen, dass eine erfundene<br />
Familie fast noch mehr Ärger machen kann, als eine<br />
reelle. Er sucht Rat bei seiner stacheligen Sprechstundenhilfe<br />
Stefanie – und findet am Ende sogar<br />
noch mehr.<br />
Wiederaufnahme am 14. September <strong>2013</strong>,<br />
19.30 Uhr ∙ E-Werk<br />
n Kasper Brand un dat ewig Läben<br />
Volksschwank von Manfred Brümmer frei nach Franz<br />
von Kobell<br />
Die niederdeutsche Uraufführung des alten Stoffes<br />
von Kasper Brand, der dem Tod bei Koem und<br />
Kartenspiel fünfzehn weitere Lebensjahre abluchst,<br />
wurde im Mai begeistert aufgenommen. Manfred<br />
Brümmer hat die urbayrische Schnurre von 1871<br />
in einen deftigen Schwank mit Musik umgearbeitet,<br />
in dem sich Himmel und Hölle die Ehre geben, der<br />
Mensch aber schlitzohrig sein Schicksal in der Hand<br />
behält.<br />
Wiederaufnahme am 22. September <strong>2013</strong>,<br />
18 Uhr ∙ E-Werk<br />
Weitere Vorstellungen im Oktober und November<br />
u. a. in Anklam, Rostock, Parchim,<br />
Güstrow und Vielank
Puppentheater 27<br />
PREMIERE<br />
Orchester trifft Rock<br />
DIE GOLDENE<br />
GANS<br />
PUPPENSPIEL FREI NACH DEN GEBRÜDERN GRIMM<br />
„<br />
Skulptur für „Die goldene Gans“ auf dem<br />
Schlossplatz in Winsen<br />
Illustration von<br />
Anne Anderson<br />
Wir haben diesmal unser Publikum darüber abstimmen lassen, welches Märchen im<br />
Herbst auf die Bühne des Puppentheaters kommen soll. Zur Auswahl standen „Das<br />
Feuerzeug“, „Die goldene Gans“, „Der kleine Muck“ und „König Drosselbart“.<br />
Unsere großen und vor allem die kleinen Zuschauer haben sich für „Die goldene<br />
Gans“ entschieden, 39% stimmten für dieses Märchen. Und so wird ab November<br />
also dieser märchenhafte Vogel über unsere Bühne flattern und schnattern.<br />
Es ist die Geschichte des jüngsten Sohnes einer Schusterfamilie, den alle bisher<br />
verspottet und verachtet haben, selbst seine Eltern. Doch der angebliche Dummling<br />
beweist ein gutes Herz und Großzügigkeit, deshalb wird er von einem geheimnisvollen<br />
grauen Männlein mit der goldenen Gans beschenkt. Weil an der alle kleben<br />
bleiben, die sie berühren, kann der jüngste Schustersohn sogar die immertraurige<br />
Prinzessin zum Lachen bringen und wird König.<br />
„Die goldene Gans“ ist die Nr. 64 in der Sammlung der Kinder- und Hausmärchen<br />
der Brüder Grimm; erzählt wurde den Grimms das Märchen in Hessen und im<br />
Raum Paderborn. In letzterer Version ist es ein Vogel, an dem alle Diebe hängen<br />
bleiben, in einem Märchen aus Schwaben eine goldene Ente. Hier ist es auch kein<br />
graues Männlein, von dem der Dummling das goldene Federvieh bekommt, sondern<br />
eine Zauberfrau. Das Märchen „Die goldene Gans“ scheint verwandt zu sein mit<br />
dem im amerikanischen und englischsprachigen Raum sehr verbreiteten Märchen<br />
von „Jack und die Bohnenranke“, in dem ein Junge seine Mutter durch angeblich<br />
mangelnden Verstand zur Verzweiflung treibt, jedoch durch einen Kletterausflug auf<br />
einer riesigen magischen Bohnenranke ins Schloss eines Riesen über den Wolken<br />
reich wird. Dort findet er nämlich eine Gans, die goldene Eier legt. Der Riese will<br />
Hans (engl. Jack) mit dem wertvollen Tier nicht ziehen lassen, doch seine Frau<br />
verhilft ihm schließlich zur Flucht.<br />
Beide Märchengruppen gehen offenbar auf den Sagenkreis der germanischen<br />
Prosa-Edda (1220) zurück; darauf deuten die Ähnlichkeiten zwischen der magischen<br />
Bohnenranke und der Weltenesche hin sowie die zwischen dem Riesen und<br />
dem Gott des Feuers Loki, das Motiv des Hängenbleibens an einem Vogel (Tjasse<br />
muss an Loki in Adlergestalt hängen bleiben) und das Motiv, dass derjenige die<br />
Prinzessin bekommt, der sie zum Lachen bringt (Loki bringt Skadi, die Mutter der<br />
Göttin Frigg, zum Lachen).<br />
(KF)<br />
t<br />
Text, Inszenierung, Puppen, Ausstattung und Spiel: Antje Binder<br />
Künstlerische Mitarbeit: N.N.<br />
Premiere: 16. November <strong>2013</strong> · Puppentheater im E-Werk<br />
Für Kinder ab drei Jahren
28 Einmalig<br />
EINMALIG<br />
n Gastspiel der Festspiele M-V: delian::quartett<br />
Freitag, 6. September <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr ∙ E-Werk · ausverkauft<br />
n Schultheater der Länder<br />
Vom 15. bis 21. September findet in Schwerin das 29. Schultheater der Länder statt.<br />
Das in diesem Jahr unter dem Motto „Theater der Bilder“ stattfindende Festival ist<br />
das größte seiner Art in Europa.<br />
Über 300 SchülerInnen und 150 TheaterlehrerInnen werden in dieser Woche<br />
Aufführungen sehen, in Workshops arbeiten und Fachdiskurse führen.<br />
Von einer Fachjury wurde aus jedem Bundesland eine beispielgebende Produktion<br />
zum Thema ausgewählt und nach Schwerin eingeladen. Täglich werden um<br />
11 und um 17 Uhr einige der Stücke im Großen Haus des Mecklenburgischen<br />
<strong>Staatstheater</strong>s zu sehen sein.<br />
Die Eröffnung am 15. September um 20 Uhr wird vom Tanztheater Lysistrate vom<br />
Goethe-Gymnasium Schwerin bestritten. Die Produktion „Einen Schuh verlieren...“<br />
wird Mecklenburg-Vorpommern auf dem Festival repräsentieren.<br />
15. bis 20. September <strong>2013</strong> ∙ Großes Haus<br />
n SONDERFÜHRUNG HISTORISCHE THEATER EUROPAS<br />
Die historischen Theater Europas sind ein ganz besonderer Teil des gemeinsamen<br />
europäischen Kulturerbes. Für den Erhalt dieses Kulturschatzes sorgt PERSPECTIV –<br />
GESELLSCHAFT DER HISTORISCHEN THEATER EUROPAS, zu deren Mitgliedern<br />
das Mecklenburgische <strong>Staatstheater</strong> Schwerin zählt. Seit 2010 veranstalten die<br />
deutschen Mitglieder jährlich eine gemeinsame „Woche der historischen Theater“.<br />
Vom 14. bis 26. September werden entlang der Route „Europastraße historische<br />
Theater“ von Putbus bis Koblenz Sonderführungen, Aufführungen und Konzerte<br />
in den Mitgliedshäusern angeboten.<br />
Am Mecklenburgischen <strong>Staatstheater</strong> öffnen wir Ihnen die Räume rund um den<br />
Zuschauerraum für einen Einblick hinter die Kulissen, bei dem Sie spannende<br />
Details zur Historie des Hauses und zum Arbeitsalltag am Fünfspartentheater der<br />
Landeshauptstadt erfahren.<br />
Montag, 16. September <strong>2013</strong>, 14.00 Uhr · Treffpunkt Kassenfoyer<br />
n Pferde und Klassik Gadebusch<br />
Zum 9. Konzert der Mecklenburgischen Staatskapelle auf dem Zuchthof Makowei<br />
stehen neben bekannten Klassikern besonders Filmmusik, wie z.B. von John Williams<br />
aus „Star Wars“, und amerikanische Musical-Melodien auf dem Programm. Das<br />
Konzert in der Reithalle beginnt um 17 Uhr. Passend zum Thema Amerika gibt es<br />
schon ab 15 Uhr die Pferde-Show „In den Weiten der Prärie“.<br />
Samstag, 21. September <strong>2013</strong>, 15.00 Uhr · Gadebusch<br />
n Gastspiel Marlene Jaschke – „Auf in den Ring!“<br />
Donnerstag, 26. September, 19.30 Uhr ∙ Großes Haus · ausverkauft
Einmalig 29<br />
Martin Schelhaas<br />
Künstler des Mecklenburgischen<br />
<strong>Staatstheater</strong>s vor dem Start<br />
der TheaterTheken-Nacht<br />
n ALLES WEG‘N DE’ LEUT – DER OTTO-REUTTER-ABEND<br />
Gastspiel mit Walter Plathe<br />
Donnerstag, 3. Oktober <strong>2013</strong>, 18.00 Uhr · Großes Haus · ausverkauft<br />
n TALK IM THEATER – MIT KAPELLMEISTER UND STUDIENLEITER MARTIN<br />
SCHELHAAS<br />
Martin Schelhaas, Jahrgang 1969, studierte Schulmusik und Dirigieren in Köln und Frankfurt,<br />
bevor es ihn 1998 nach Schwerin zog. Seit 15 Jahren, zunächst als Solorepetitor, nun<br />
als Kapellmeister und Studienleiter am Mecklenburgischen <strong>Staatstheater</strong> tätig, dirigiert er<br />
Opern, Operetten, Ballette sowie Musicals. Den besonderen Reiz in seiner Arbeit des Dirigierens<br />
machen für ihn die Genrevermischung bei spartenübergreifenden Inszenierungen<br />
wie „Sommernachtstraum“ und moderne Kammeropern aus.<br />
Mehr über den Beruf des Kapellmeisters und die Arbeit von Martin Schelhaas am Mecklenburgischen<br />
<strong>Staatstheater</strong> erfahren Sie beim „Talk im Theater“ mit Journalistin Karin<br />
Gustmann.<br />
Sonntag, 6. Oktober <strong>2013</strong>, 11.00 Uhr · Konzertfoyer<br />
n KULTURNACHT SCHWERIN<br />
Eine Karte, eine Stadt, eine Nacht voller Kultur – auch in diesem Jahr ist das Mecklenburgische<br />
<strong>Staatstheater</strong> mit seinen Spielstätten bei der KULTURNACHT SCHWERIN<br />
dabei. Schauen Sie hinter die Kulissen des Großen Hauses am Alten Garten, testen die<br />
Bühnentechnik, genießen Kostproben aus dem Programm aller Sparten des Theaters oder<br />
lernen Sie von der Staatskapelle über Instrumentenkunde im werk3. Schon am Nachmittag<br />
können Spiel-, Sing- und Tanzwütige ab 16 Jahren beim Casting für das Februar-Musical<br />
„Sonnenallee“ ihre Talente unter Beweis stellen – vor Publikum und fachkundiger Jury,<br />
u.a. dem Regisseur der Inszenierung nach dem Erfolgsroman von Thomas Brussig, Ralph<br />
Reichel. Details werden zeitnah in der Presse bekanntgegeben.<br />
Samstag, 26. Oktober <strong>2013</strong>, 18.00 Uhr · Im Großen Haus, Konzerfoyer,<br />
E-Werk und werk3<br />
n 14. THEATERTHEKENNACHT<br />
Zweimal im Jahr treten rund 50 Künstlerinnen und Künstler aus allen Sparten des Mecklenburgischen<br />
<strong>Staatstheater</strong>s Schwerin in über 20 verschiedenen Restaurants und Kneipen<br />
der Landeshauptstadt sowie im E-Werk, im werk3 und im Speicher bei der „TheaterTheken-<br />
Nacht“ auf, die 2010 im Rahmen des bundesweiten Wettbewerbs „Land der Ideen“<br />
ausgezeichnet wurde.<br />
Freitag, 1. November <strong>2013</strong>, 19.00 Uhr · in den Kneipen der Schweriner<br />
Innenstadt, im werk3 und im E-Werk<br />
n 15 Jahre Ballettschule Tschapek<br />
Ca. 165 Kinder, Jugendliche und Erwachsene werden in einem vielseitigen Programm<br />
tänzerisch über die Bühne wirbeln. 15 Jahre künstlerische Arbeit, vom kreativen Kindertanz<br />
über modernen Tanz bis zum klassischen Tanz, sind für die ehemaligen Bühnentänzer M.<br />
und U. Tschapek Anlass, kleinen und großen Tänzern die Möglichkeit zu bieten, ihr Können<br />
und das Erlernte auf den Brettern, die die Welt bedeuten, spielerisch, tänzerisch und<br />
unterhaltsam darzustellen.<br />
Sonntag, 10. November <strong>2013</strong>, 11.00 Uhr · Großes Haus<br />
n „Suchtpotential“ in der Reihe „Jugend kulturell“<br />
Bereits zum wiederholten Mal wird die Veranstaltungsreihe „Jugend kulturell“ der HypoVereinsbank<br />
mit einem Konzert im Rahmen des Kulturengagements der Bank zur künstlerischen<br />
Nachwuchsförderung zu Gast sein. Diesmal gibt es Songs, die voller Witz und Charme<br />
von all den Suchtfaktoren erzählen, die das Leben nicht immer nur erschweren, sondern hin<br />
und wieder auch ein Stück lebenswerter machen. Die Lieder der mitreißenden Berlinerin<br />
Julia Gámez Martin und Ariane Müller aus Ulm haben Suchtpotential!<br />
Mittwoch, 20. November <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr · Konzertfoyer
30 Junges Theater<br />
WAS MACHT EIGENTLICH<br />
EINE PÄDAGOGIN<br />
AM THEATER?!<br />
Nadine Lipp, Jahrgang 1980, FSJ<br />
mit Lehrbeauftragung an einer Berufsschule<br />
in Ghana/Westafrika, 2001<br />
zwei Semester Germanistik- und Philosophiestudium<br />
in Stuttgart. 2002<br />
Lehre im keramischen Kunsthandwerk.<br />
2003–2006 Schauspielstudium an der<br />
Theater Werkstatt Charlottenburg in<br />
Berlin, währenddessen erste Engagements<br />
als Schauspielerin, anschließend<br />
bundesweit als Darstellerin, Sprecherin<br />
und Tänzerin. Mitarbeit in sozial-politischen<br />
Kunst- und Theaterprojekten der<br />
Berliner Off-Szene sowie verschiedene<br />
Tätigkeiten für Film und Fernsehen<br />
vor und hinter der Kamera ab 2007<br />
in Köln. 2010 Beginn der theaterpädagogischen<br />
Arbeit mit Schülern und<br />
,verhaltensoriginellen’ Jugendlichen.<br />
2012 Aufbaustudium zur Theaterpädagogin<br />
BuT in Heidelberg, Praktika<br />
in Heilbronn, Mannheim und Heidelberg<br />
sowie eigenständige Projekte im<br />
Jugendheim und der JVA Mannheim.<br />
Seit Frühjahr <strong>2013</strong> Theaterpädagogin<br />
am Mecklenburgischen <strong>Staatstheater</strong><br />
Schwerin.<br />
Egal ob Schauspiel, Musiktheater, Ballett, Puppentheater, Fritz-Reuter-Bühne oder<br />
Konzert – ob vor, hinter, auf, neben oder unter der Bühne – und vor allem im Zuschauerraum,<br />
Theater hat vornehmlich mit Zusammenspiel, Erleben und Erfahren<br />
zu tun. Denn gerade das Publikum gestaltet diese ganz besonderen Momente<br />
und Augenblicke jeder Aufführung mit, indem es sich mit dem Gesehenen auseinandersetzt.<br />
Und genau darin besteht meine Hauptaufgabe als Theaterpädagogin: in der Vermittlung<br />
von Kunst und Kultur zwischen Theater und Schule, Publikum und anderen<br />
Institutionen. Alle können Theater erleben, „begreifen“, probieren, erfahren und<br />
spielen. Den Zuschauern und vor allem Kindern und Jugendlichen werden die laufenden<br />
und kommenden Produktionen vorgestellt, Einblicke am Entstehungsprozess<br />
durch Probenbesuche ermöglicht, Klassenzimmerstücke begleitet und theaterpraktische<br />
Inszenierungsvor- oder nachbereitungen angeboten. Ebenso Workshops<br />
zu Körper, Sprache, Sprechtechnik, Musik, Bewegung und unterschiedliche<br />
Theaterformen. Im Unterschied zur Schule erarbeiten wir uns hierbei den Stoff in<br />
erster Linie praktisch, mit allen Sinnen erfahrbar. So besteht auch die Möglichkeit,<br />
durch die Auseinandersetzung mit dem Theater und das Theaterspielen selbst sich<br />
auf die Spur zu kommen, die eigenen Grenzen zu erfahren, zu erweitern oder<br />
auch zu überwinden. Zudem werden Ausdrucksfähigkeit, Körperbewusstsein und<br />
Bewegungsrepertoire spielerisch erweitert und geschult.<br />
Zur Vermittlungsarbeit gehört zudem der Sinn für die Ästhetik einer Inszenierung<br />
und deren Konzeption. Ein Blick hinter die Kulissen: Wie wird Theater gemacht?<br />
Wer ist alles an einer Produktion beteiligt? Was für Berufe gibt es am Theater?<br />
Welche Instrumente spielen im Orchester? Theaterführungen, Berufs- und Instrumentenkunde<br />
gehören zum festen Bestandteil des Angebotes.<br />
Auch Pädagogen- und Schülerstammtische stehen auf dem monatlichen Programm,<br />
bei denen mit Schauspielern und dem Regie-Team in lockerer Runde Inszenierungen<br />
aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet werden, ebenso Lehrerfortbildungen<br />
mit Anregungen für die methodische und didaktische Einbindung des Repertoires<br />
und von Theater an sich in den Unterricht.<br />
Am Theater lernt man fürs Leben – und das nicht nur durch das Zuschauen.<br />
Mittendrin statt nur dabei – auf eine kreative und produktive Spielzeit! (NL)<br />
Termine und Details zu den Veranstaltungen finden Sie auf der Homepage. Anfragen<br />
gerne auch telefonisch unter 0385/53 00 - 144 oder per E-Mail an:<br />
theaterpaedagogik@theater-schwerin.de
Junges Theater 31<br />
Neues aus<br />
dem Jugendtheaterclub<br />
Am Anfang jeder Spielzeit steht immer eine Frage im Raum: „Was wollt Ihr dieses Mal<br />
machen?“ Dieser Frage folgen oft wochenlange Diskussionen.<br />
Der JugendTheaterClub hat sich in den letzten zwölf Spielzeiten ausschließlich mit Eigenproduktionen<br />
beschäftigt, doch dieses Mal wollten die Darsteller ein ,richtiges‘ Stück<br />
präsentieren.<br />
So war der nächste Schritt die Suche nach einem passenden Stück. Vorschläge wurden<br />
diskutiert, Stücke gemeinsam gelesen. Die Suche war nicht einfach, denn der Leitung (Amadeus<br />
Köhli und Lucie Teisingerova) und den Jugendlichen selbst war es wichtig, dass alle<br />
gleichberechtigt auf der Bühne agieren. Es sollte keine Haupt- oder Nebenrollen geben.<br />
Und auch der Inhalt und die Thematik des Stückes sollten für alle beteiligten Jugendlichen<br />
gleichermaßen von Bedeutung sein. Schließlich entschieden sich die Jugendlichen für das<br />
Stück „Verbrennungen“ von Wajdi Mouawad.<br />
Das zentrale Thema des Stückes ist die Lebensgeschichte einer Frau, Nawal Marwan, die als<br />
junges Mädchen in die Fronten des libanesischen Bürgerkriegs gerät, dem Tod, der Liebe,<br />
Folter, Vergewaltigung, Freundschaft, Unmenschlichkeit und Menschlichkeit, Verzweiflung<br />
und Hoffnung begegnet. Die Geschichte wird in mehreren Ebenen rückblickend erzählt.<br />
Erst nach dem Tod ihrer nicht gerade geliebten Mutter Nawal erfahren die Geschwister<br />
Simon und Jeanne ihre schmerzvolle Lebensgeschichte, indem sie sich in das gemeinsame<br />
Geburtsland begeben. Dort begegnen sie verschiedenen Menschen, die ihnen von ihrer<br />
Mutter erzählen; sie finden einen Bruder und einen Vater.<br />
Die jugendlichen Darsteller entschieden sich für dieses Stück im Bewusstsein, dass es eigentlich<br />
kein Jugendstück ist. Immer wieder stand die Frage nach dem „Warum?“ im Raum.<br />
Hier einige Antworten der Jugendlichen:<br />
• „Ich möchte mich mit mehr auseinander setzen, als nur mit meinem eigenen<br />
Leben.“<br />
• „Viele Themen die uns interessieren sind in diesem Stück enthalten.“<br />
• „Ich möchte einen Teil von mir in den Figuren wiederfinden.“<br />
• „Mich interessiert der politische und religiöse Hintergrund.“<br />
• „Ich finde es interessant, wie die einzelnen Figuren mit den Geschehnissen umgehen.“<br />
• „Ich finde es spannend, sich auf eine ganz andere Welt einzulassen.“<br />
• „Wir haben großen Respekt vor diesem Stück und halten es für eine große<br />
Herausforderung.“<br />
Jeder konnte sich eine oder mehrere Szenen im Stück aussuchen, die ihn/sie inhaltlich interessierten,<br />
und so spielt jeder von ihnen nicht nur eine Figur. Es gibt nicht nur eine Nawal,<br />
eine Jeanne, einen Simon... So bekamen alle die Möglichkeit, den Inhalt aus verschiedenen<br />
Blickwinkeln zu betrachten, die Figuren immer wieder aufs Neue individuell zu gestalten,<br />
sich auf verschiedene Reisen zu begeben.<br />
(LT)<br />
Premiere: 8. September <strong>2013</strong>, 18.00 Uhr · E-Werk
32 Ausstellung<br />
Begegnungen.<br />
Richard<br />
Wagner und<br />
Mecklenburg<br />
Ausstellung vom 26. September bis Ende November <strong>2013</strong><br />
Rostocker Zeitung, 16.3.1848<br />
Anlässlich des 200. Geburtstages von Richard Wagner widmet sich eine Ausstellung<br />
im Parkettfoyer des Mecklenburgischen <strong>Staatstheater</strong>s den Beziehungen zwischen<br />
dem Musikdramatiker und Mecklenburg. Dabei geht es keineswegs nur um<br />
Wagners Aufenthalt in Schwerin 1873, oder um erfolglose Einladungen Wagners,<br />
wie die aus dem Jahre 1862 nach Rostock. Vielmehr werden die Schlaglichter aus<br />
165 Jahren präsentiert, in denen Mecklenburgerinnen und Mecklenburger dem<br />
Menschen Richard Wagner und seinen Werken begegnet sind.<br />
Am 18. März 1848 erklingt zum ersten Mal in Mecklenburg Musik von Richard<br />
Wagner, nämlich in einem populären Konzert in Rostock. Vier Jahre später ist das<br />
Schweriner Hoftheater die dritte Bühne überhaupt, die „Tannhäuser“, die Oper<br />
eines steckbrieflich gesuchten Revolutionärs, aufführt.<br />
Häufig sind es persönliche Kontakte, die die Aufführungen ermöglichen. So ist der<br />
Dirigent der Rostocker „Holländer“-Premiere (1860), Rudolph Schoeneck, Wagner<br />
nicht nur aus Zürich bekannt, der Komponist hat ihn auch einige Male mit Empfehlungsschreiben<br />
bei der Stellensuche unterstützt. Nicht zuletzt der Mitwirkung Carl<br />
Hills an den ersten Festspielen in Bayreuth 1876 und anschließenden Konzerten<br />
Wagners in London verdankt Schwerin seine frühe „Walküre“ (1878).<br />
Für die Verbindung zwischen Bayreuth und Mecklenburg steht auch der Karriereweg<br />
von Willibald Kaehler. Zunächst musikalischer Assistent bei den Bayreuther<br />
Festspielen, dann erster Kapellmeister in Rostock (1897-1899), wird er anschließend<br />
Generalmusikdirektor in Mannheim, bevor er 1906 für 25 Jahre nach<br />
Schwerin zurückkehrt. 1917 dirigiert er den ersten „Parsifal“ in Rostock, 1923 die<br />
Erstaufführung in Schwerin sowie 1924 und 1925 dasselbe Werk in Bayreuth.<br />
1931 verleiht ihm die Philosophische Fakultät der Universität Rostock den Titel<br />
eines Ehrendoktors.<br />
Aber nicht nur mit ausübenden Künstlern, Dirigenten, Darstellern, Regisseuren, macht<br />
die Ausstellung bekannt, sondern auch mit Wissenschaftlern wie dem Wagnerforscher<br />
Wolfgang Golther, mit Rezensenten wie dem Rostocker Sozialdemokraten<br />
Robert Nespital und mit Publizisten wie dem Schweriner Domprediger Paul Bard,<br />
die sich in Zeitungsbeiträgen, Zeitschriftenaufsätzen und Büchern mit Richard
AUSSTELLUNG 33<br />
Wagner auseinandersetzen. Dabei wird<br />
auch der Frage nachgegangen, wie<br />
Ideologen unterschiedlichster Couleur<br />
versuchten, Wagner für ihre Sache zu<br />
vereinnahmen. Oder wie Unternehmer<br />
aus Richard Wagner einen Gegenstand<br />
ihrer Marketingaktivitäten machten.<br />
Kurz und gut: Die Ausstellung präsentiert<br />
einen wichtigen Ausschnitt aus der<br />
Kulturgeschichte Mecklenburgs im 19.<br />
und 20. Jahrhundert.<br />
(SP)<br />
t<br />
Ausstellungseröffnung:<br />
Donnerstag, 26. September<br />
<strong>2013</strong>, 17.30 Uhr · Kassenfoyer Bühnenorgel des Mecklenburgischen <strong>Staatstheater</strong>s Schwerin, gebaut 1883 von Friedrich Friese<br />
(Friese III), für die Schweriner Erstaufführung des „Rheingold“ (1889) mit vier zusätzlichen und<br />
bis heute vorhandenen Effektpfeifen erweitert. Foto: LAKD M-V/LD, A. Bötefür.
34 Freundeskreis<br />
Conrad-Ekhof-Preis<br />
<strong>2013</strong><br />
Laudatio von Manfred Zelt für die<br />
Sopranistin Stamatia Gerothanasi<br />
Der Schmuckvorhang in diesem Hause erinnert uns manchmal daran: Im antiken<br />
Griechenland haben sich die Götter um die Kultur gekümmert. Apollon, ein<br />
Multimanager, war auch zuständig für Musik. Als Apollon Musaget führte er die<br />
Musen, darunter Euterpe, die Patronin der Lyrik, jener poetischen Gattung, die am<br />
unmittelbarsten menschliche Stimmungen ausdrückt; Tschaikowsky muss ihr wohl<br />
verwandt gewesen sein, aber Lyrik ist als Gesang mit Lyra-Begleitung erstmals bei<br />
den Griechen bekundet. Kein Wunder, dass hier von einer griechischen Tatjana<br />
die Rede ist.<br />
In der Antike also gab es glückliche Zeiten für Künstler. Es waren nicht allein platonische<br />
im Glauben an die Götter, das Theater war ein gesellschaftliches Ereignis,<br />
war tatsächlich eine Macht in der Polis. Das ist lange her, heute allenfalls noch<br />
in Wien der Fall. Was würde wohl passieren, wenn dort jemand vorschlüge, das<br />
Burgtheater mit der Staatsoper zu fusionieren?<br />
Statt im Wohlwollen des Olymps liegt hier nun die Kultur, liegen mit ihr die Musik<br />
und das Theater, außer in Sonntagsreden, im Misstrauen von irdischen Mächtigen.<br />
Das mindert für die Künstler wie ihr Publikum den Glauben ans Heil der Welt,<br />
glücklicherweise straft es aber auch das Ansehen hoher Theater-Ignoranten.<br />
Doch Kunst ist immer ein Trotzdem, und deshalb ehren wir heute eingedenk des<br />
griechischen Mythos' eine griechische Jüngerin von Apollon und Euterpe. Das<br />
hat zu tun mit den lyrischen Szenen von Peter Tschaikowskys "Eugen Onegin", in<br />
denen die junge Frau aus Thessaloniki die russische Tatjana so berührend singt<br />
und gestaltet, dass man schon glauben könnte, da habe Phoibos, der Strahlende,<br />
wie Apollon auch heißt, seine Hand im Spiel gehabt.<br />
Tschaikowsky hat geäußert. "Mir scheint, dass ich tatsächlich die Gabe besitze,<br />
Gefühle und Stimmungen und Bilder wahr, richtig und einfach durch Musik auszudrücken.<br />
In diesem Sinne bin ich Realist." Die Tatjana von Stamatia Gerothanasi ist<br />
in diesem Sinne eine psycho-realistische wiewohl romantische Tschaikowsky-Figur.<br />
Nämlich in einem Atemzug von Gesang und Darstellung voller seelischer Kurven.<br />
Wenn der Komponist sein Werk nicht Oper genannt hat, sondern lyrische Szenen,<br />
dann vielleicht, weil Lyrik mehr umfasst als Stimmenglanz. Der schmückt in der Oper<br />
nicht selten eine Figur, die perfekt singt, aber wie ausgestopft agiert. Gerothanasi<br />
hingegen singt die Tatjana, oft Domäne von dramatischen Sopranen, nicht nur so<br />
schwebend leicht wie intensiv, ebenso lebt, liebt, leidet sie mit Herz und Verstand.<br />
Da ist eine scheue, in sich gekehrte junge Frau, die sich mitten im Trubel in ein Buch<br />
vertieft, deren Gefühle in Verwirrung, in Schwärmen geraten, wenn ihr Onegin im<br />
Tagtraum auf dem Sofa vielleicht wie ihr Romanheld erscheint, die ihn aus dem<br />
Hintergrund beobachtet, die ihre Zurückhaltung, getrieben von ihrem Gefühl,<br />
überwindet und - unerhört in jener Gesellschaft, ähnlich Shakespeares Julia - als<br />
Frau den ersten Schritt mit einem Liebesbrief unternimmt. Onegins arrogante Zurückweisung<br />
erschreckt sie natürlich, sie erträgt sie aber gefasst, und ab da scheint in<br />
ihr jenes Selbstbewusstsein zu wachsen, welches sie befähigt, beim Wiedersehen<br />
nach Jahren als Gremins Frau erst distanziert zu sein, und dann nicht schwach<br />
zu werden aus ihrer immer noch glimmenden Neigung zum reuevollen Onegin.
Freundeskreis 35<br />
Sie ist mit vielen Schattierungen eine Frau, die sich zur falschen Zeit offenbart hat.<br />
Nein, eine Effi Briest ist sie nicht, tragisch gehorcht sie der Pflicht; das ist auch, laut<br />
Fontane, „ein weites Feld." Oder eher ein enges?<br />
Jedenfalls: Wie Musik aus der Stille kommt und wieder darin verschwindet, so<br />
auch Gerothanasis Tatjana. Hier liegt die Entwicklung einer musikalischen Figur<br />
berührend offen, eine wehe Schönheit, wie man sie nicht so oft sieht. Und das von<br />
einer Anfängerin im ersten Engagement. Dabei war sie kein Gesangswunderkind,<br />
ihre ersten Versuche kommentiert sie mit dem Wörtchen "ach".<br />
"Tatjana ist extrem emotional, sie sagt stark ja zur Liebe, aber auch stark nein, mit<br />
ihr kann man an die Grenzen kommen, sie schreit innerlich. Ihre Melancholie spürt<br />
alles." So hat mir Stamatia Gerothanasi beim Kaffee ihre Sicht erzählt. Leise, freundlich,<br />
auffallend bescheiden, mit leuchtenden Augen, ohne jede Allüre. Auch das ist<br />
ja nicht allzu häufig im Bühnenbetrieb, wo man eigentlich ein bisschen eitel und laut<br />
sein muss. Wer schon sagt: „Ich bin froh, dass ich hier sein darf und dankbar für das<br />
Vertrauen." Nach ihrer frischen Susanna im „Figaro", deren Koketterie ihr persönlich<br />
ferner lag, wie sie zugibt, ist die Tatjana ihre zweite, erstaunlich profilierte Partie.<br />
Sie gesteht: "Es war nicht schwer für mich, diese Frau zu verstehen, ich habe Ähnlichkeiten<br />
mit ihr." Und - kleine Provokation - wie hätte sie sich an Tatjanas Stelle<br />
privat entschieden? Sie artikuliert ein langes "O", legt eine Generalpause ein und<br />
antwortet dann zögernd: "Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, ob diese Oper<br />
wirklich zu Ende ist. Es könnte weiter gehen."<br />
Mit Stamatia Gerothanasi wird es weitergehen. Wieder mit einer psychisch zarten,<br />
tragischen Figur im Lebensschmerz: Mimi in Puccinis „La Bohème" in der nächsten<br />
Spielzeit, sie ist schon am Studieren. Als Extempore eingefügt: Für vielversprechende<br />
Sänger war dieses Theater schon immer das Sprungbrett in eine höhere Etage;<br />
von Carl Hill bis Hanne-Lore Kuhse und viele mehr, auch für Dirigenten wie Masur,<br />
Tennstedt, Haenchen, Fricke, für viele Schauspieler und Ballett-Mitglieder, dass es<br />
so bleibt, müssen wir wohl Apollon anrufen, der hiesige Minister ist womöglich<br />
kein Garant.<br />
Apropos studieren, unsere Preisträgerin aus einem akademischen Haus hat zuerst<br />
an der Aristoteles Universität mit Musikwissenschaft angefangen, und im Herbst<br />
verteidigt sie dort in ihren Heimatstadt ihre Doktorarbeit über „Parameter der Musikdramaturgie<br />
in griechischen Opern zwischen 1814 und 1932." Es geht um die<br />
Verbindung von literarischer und musikalischer Analyse. Dazu werde ich besser<br />
hochachtungsvoll schweigen. Nur die Anmerkung: Eine promovierte Mimi haben<br />
wir meines Wissens an diesem Hause noch nicht gehört.<br />
Und erzählen sollte ich noch, dass sich Gerothanasi in Deutschland, wo sie an der<br />
Folkwang Universität in Essen Gesang studierte, und nun in Schwerin sehr wohlfühlt.<br />
Im Gespräch mit ihr ist ihr Interesse wie ihre Neugier auf alles zu spüren. Die Heimat<br />
vermisst sie nicht. "Heimat haben wir in uns", lächelt sie. Sie lacht etwas lauter auf<br />
die profane Frage nach deutschem Essen: Am Anfang habe ich sehr viel Schinken<br />
gegessen und Wurst." Sogar das inflationäre Allerweltswort „lecker" ist ihr schon<br />
geläufig. Sie ist also angekommen, echt, wie die Floskelsprache nicht vergessen<br />
würde zu betonen. Echt, Wurst kann sie sich bei ihrer Figur doch leisten.<br />
Bald wird Stamatia Gerothanasi – schönen Gruß an die Sonne! – in den Urlaub<br />
nach Hause fliegen, wo vor Urzeiten der Chor in der „Antigone“ des Sophokles<br />
ein Hohelied vom Menschen kreierte: „Und das Wort und den luftigen Flug der<br />
Gedanken erfand er... " Sophokles hat vermutlich nicht voreilig vom Schweben des<br />
Gesangs gedichtet, weil er ahnte, erst die Italiener werden die Oper erfinden. Umso<br />
heiterer stimmt es, dass unsere griechische Preisträgerin das antike Hohelied von<br />
menschlichen Empfindungen so überzeugend vergegenwärtigt hat. Sincharitiria,<br />
ajapitoi Kiria Tatjana Gerothanasi.<br />
(MZ)<br />
TERMINE<br />
8.9.<strong>2013</strong> Mitgliederversammlung<br />
20.9.<strong>2013</strong> 10.Stiftermahl<br />
13.10.<strong>2013</strong> Herbstlunch<br />
23.11.<strong>2013</strong> Herbstsoiree
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