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Evaluationsbericht Bürgerhaushalt Jena (PDF, 3.0 MB)

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<strong>Evaluationsbericht</strong><br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong> <strong>Jena</strong><br />

Endversion<br />

Prof. Dr. Norbert Kersting<br />

Dipl.-Pol. Stefan Busse<br />

Dipl.-Sozialwiss. Sebastian H. Schneider<br />

Münster und Halle (Saale), im April 2013


Kontaktdaten<br />

Prof. Dr. Norbert Kersting<br />

Lehrstuhl für Kommunal- und Regionalpolitik<br />

Institut für Politikwissenschaft<br />

Westfälische Wilhelms-Universität Münster<br />

Scharnhorststr. 100, 48151 Münster<br />

Tel.: +49 251 83-25399<br />

Mail: norbert.kersting@uni-muenster.de


Inhaltsverzeichnis<br />

Kurz-Zusammenfassung ............................................................................................................................ 1<br />

Einleitung: <strong>Bürgerhaushalt</strong>e in Deutschland ........................................................................................... 3<br />

1. Evaluation des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s <strong>Jena</strong> .................................................................................................. 5<br />

1.1 Evaluationskriterien ............................................................................................................................. 5<br />

1.2 Erhebungsmethoden und Form der Auswertung ................................................................................ 7<br />

1.3 Verfahrensdarstellung ......................................................................................................................... 9<br />

1.4 Rechtlicher Rahmen .......................................................................................................................... 10<br />

1.5 Ziele des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s <strong>Jena</strong> ....................................................................................................... 12<br />

1.6 Leitfragen der Evaluation .................................................................................................................. 13<br />

1.7 Themen ............................................................................................................................................. 14<br />

1.8 Themenbezogenes Beteiligungsinteresse und Beteiligungsbedarf .................................................. 15<br />

1.9 Mobilisierung und Öffentlichkeitsarbeit ............................................................................................. 20<br />

2. Beteiligungsangebote und Nutzung ................................................................................................... 22<br />

2.1 Postalische Befragung und Internetbefragung ................................................................................. 22<br />

2.2 Vor-Ort-Veranstaltungen ................................................................................................................... 30<br />

2.3 Zusätzliche digitale Kommunikations- und Beteiligungsangebote .................................................... 32<br />

2.4 Bekanntheit, (Nicht-)Beteiligung und Beteiligungsabsicht ................................................................ 34<br />

3. Beteiligungsergebnisse, Wirkungen und Rechenschaft .................................................................. 36<br />

3.1 Beteiligungsergebnisse ..................................................................................................................... 36<br />

3.2 Wirkung des Verfahrens auf die kommunale Haushaltspolitik .......................................................... 38<br />

3.3 Rechenschaftslegung ........................................................................................................................ 39<br />

4. Allgemeine Einschätzung des Verfahrens und möglicher Optionen der Weiterentwicklung ....... 40<br />

4.1 Allgemeine Einschätzung .................................................................................................................. 40<br />

4.2 Bewertung möglicher Veränderungen am Verfahren ....................................................................... 47<br />

5. Fazit ........................................................................................................................................................ 49<br />

6. Perspektiven und Handlungsempfehlungen ...................................................................................... 51<br />

6.1 Allgemeine Handlungsempfehlungen ............................................................................................... 51<br />

6.2 Weiterentwicklungsoptionen für das aktuelle Verfahren ................................................................... 52<br />

6.3 Mögliche Verfahrensänderungen ...................................................................................................... 53<br />

6.4 Festigung einer kommunalen Beteiligungskultur .............................................................................. 55<br />

Literatur ...................................................................................................................................................... 57<br />

Anhang ....................................................................................................................................................... 59


Kurz-Zusammenfassung<br />

Neue Beteiligungsinstrumente werden derzeit in vielen deutschen Kommunen eingerichtet.<br />

Besonders populär sind <strong>Bürgerhaushalt</strong>e, die in mehr als 100 Städten und Gemeinden genutzt<br />

werden und überwiegend als elektronisches Vorschlagswesen mit Priorisierungsfunktion<br />

eingesetzt werden. <strong>Jena</strong> greift dagegen in seinem <strong>Bürgerhaushalt</strong> auf den Typ „Bürgerumfrage“<br />

zurück. Dabei kann dem Verfahren eine hohe Qualität und Transparenz attestiert werden.<br />

Die Evaluation hat das Bürgerbeteiligungsverfahren im Hinblick auf seine Qualität anhand von<br />

drei Leitfragen untersucht:<br />

1. Wie intensiv werden die Bürger im Bürgerbeteiligungsverfahren an der lokalen<br />

Haushaltspolitik beteiligt? (Beteiligung als Konsultation)<br />

Die Beteiligungshöhe und -struktur ist für deutsche <strong>Bürgerhaushalt</strong>e typisch, allerdings fließen<br />

die Präferenzen der <strong>Jena</strong>er Bürger, die über die konsultative Beteiligung gewonnen wurden,<br />

kaum in die Haushaltspolitik ein:<br />

● Positiv hervorzuheben ist die Verwendung einer Zufallsstichprobe, die die üblichen<br />

Probleme der sozialen Selektivität bei der Beteiligung an <strong>Bürgerhaushalt</strong>en eindämmt<br />

● Aufgrund der Fokussierung auf eine Umfrage mit wenigen Fragen können die<br />

teilnehmenden Bürger ihre eigenen Präferenzen nur in eingeschränktem Maße äußern<br />

● Die Teilnehmer können kaum eigene Ideen und Vorschläge einfließen lassen<br />

● Seit 2010 zeigen die Beteiligungsergebnisse eher Tendenzen anstatt klare<br />

Handlungsempfehlungen auf und führen nicht zwingend zu Entscheidungen des<br />

Stadtrats<br />

2. Werden die Bürger angemessen über die städtische Haushaltspolitik sowie über das<br />

Verfahren und seine Wirkung informiert? (Information und Rechenschaftslegung)<br />

Das Verfahren gewährleistet eine zugleich umfangreiche und angemessene Information der<br />

Bürger. Während das Verfahren an sich besonders transparent ist, bestehen Probleme mit der<br />

Rechenschaftslegung über die Wirkung der Ergebnisse:<br />

● Durch die recht große Zufallsstichprobe wurden die meisten Bürger <strong>Jena</strong>s über die<br />

Beteiligungsmöglichkeit informiert<br />

● Die Broschüre ist überwiegend klar strukturiert und die Präsentation der Inhalte besitzt<br />

ein ausgewogenes Verhältnis zwischen notwendiger Information und überschaubarer<br />

Aufbereitung<br />

● Das Verfahren, seine Ergebnisse und das Handeln der Beteiligten werden äußerst<br />

transparent aufbereitet<br />

● Ohne eine Übertragung der Ergebnisse in Vorlagen der Verwaltung oder der Fraktionen<br />

kann nur schwer eine Rechenschaftslegung erfolgen<br />

1


Das Verfahren ist insbesondere im Hinblick auf die Qualität der politischen Information und trotz<br />

einer eher begrenzten Beteiligung der Bürger am politischen Geschehen als effektiv und<br />

effizient zu bezeichnen. Mit seiner finanziellen Ausstattung ist es im Vergleich zu anderen<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>en nicht als überfinanziert zu betrachten. Der <strong>Bürgerhaushalt</strong> der Stadt <strong>Jena</strong><br />

stellt ein gelungenes Instrument dar, um der Bürgerschaft themenbezogen Informationen<br />

bereitzustellen und Stimmungsbilder zu erheben.<br />

3. Wie kann das Bürgerbeteiligungsverfahren verbessert werden?<br />

In <strong>Jena</strong> sollte ein öffentlicher Diskurs über Bürgerbeteiligung im Allgemeinen und den<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong> im Speziellen eröffnet werden. Dies könnte durch einen extern moderierten<br />

Prozess wie z.B. eine “Zukunftswerkstatt” unterstützt werden. Dabei ergeben sich aus Sicht der<br />

Autoren zwei grundsätzliche Möglichkeiten der weiteren Entwicklung:<br />

Beibehaltung und Verbesserung des Verfahrens „Bürgerumfrage“<br />

● Die Limitationen der Verfahrens sollten akzeptiert und der Informationscharakter des<br />

Verfahrens und seiner Ergebnisse betont werden<br />

● Das Verfahren sollte prominent auf der Internetseite der Stadt <strong>Jena</strong> beworben und<br />

leichter aufzufinden sein<br />

● Um eine stärkere Mobilisierung für die Bürgerversammlung und das Verfahren zu<br />

erreichen, sollte über Anreize wie Gutscheine oder gemeinnützige Preise<br />

(“Soziallotterie”) nachgedacht werden<br />

● Eine Erhöhung der Anzahl von Broschüren könnte den Mobilisierungseffekt verstärken,<br />

würde aber das Ergebnis der Beteiligung kaum beeinflussen, so dass der<br />

Kostenzuwachs abgewogen werden muss<br />

● Die Abstimmungsergebnisse aus unterschiedlichen Erhebungsformen (postalisch,<br />

online) sollten weiterhin separat ausgewertet werden<br />

● Durch eine Straffung des Verfahrens könnten die Ergebnisse der Beteiligung früher<br />

vorliegen und dadurch länger in der kommunalen Politik diskutiert werden<br />

● Der Umgang mit den Beteiligungsergebnissen sollte gemeinsam überfraktionell geregelt<br />

werden<br />

● Es sollte komplementär versucht werden, den Haushalt auch für Laien verständlich<br />

darzustellen, z. B. durch Informationen zum Haushaltsplan oder in Form eines “Offenen<br />

Haushalts”<br />

Weiterentwicklung in ein detailliertes Vorschlagswesen<br />

Vorschläge sollten klar zuordenbare Sachfragen anstatt grober Tendenzaussagen<br />

ermöglichen. Dies kann das bisherige Problem der Rechenschaft abschwächen, würde<br />

aber nicht zwangsläufig zu mehr Beteiligung führen<br />

Die Vorschläge sollten von den Teilnehmern bewertet werden, sei es durch eine Skala<br />

(pro, contra, neutral) oder durch die Vergabe von Stimmen (bspw. drei oder fünf)<br />

Bei der Sammlung von Vorschlägen und der Bewertung könnten Stadtteile einbezogen<br />

werden, ggf. auch mit einem eigenen Budget für den <strong>Bürgerhaushalt</strong><br />

Die Umfrage kann als repräsentatives Element beibehalten werden, während der<br />

Online-Dialog gestärkt werden sollte<br />

2


Einleitung: <strong>Bürgerhaushalt</strong>e in Deutschland<br />

Die Zahl der deutschen Kommunen mit <strong>Bürgerhaushalt</strong>en hat in den letzten zwei Jahren rasant<br />

zugenommen. Dabei werden <strong>Bürgerhaushalt</strong>e oft zu Unrecht als „Wünsch Dir was-Listen“<br />

verunglimpft. <strong>Bürgerhaushalt</strong>e in Deutschland sind in der Mehrzahl ein elektronisches<br />

Vorschlagswesen. 1 Diese werden sich in der kommenden Dekade neben elektronischen<br />

Kummerkästen in allen Kommunen etablieren. Kommunale Bürgerumfragen werden in den<br />

größeren Kommunen hinzukommen. Alle drei Beteiligungsformen sind nicht nur wichtige<br />

Instrumente privater sondern auch öffentlicher Unternehmen. 2 Alle drei Elemente haben noch<br />

deutliches Verbesserungspotential.<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>e haben in den letzten Jahren in Deutschland einen enormen Aufschwung<br />

erhalten. Sie waren bereits in den 1980er Jahren zum einen in Lateinamerika, insbesondere in<br />

Brasilien und Peru, und zum anderem in Christchurch in Neuseeland initiiert worden. In<br />

Lateinamerika haben sie insbesondere die Funktion der Umverteilung und des Aufbaus sozialen<br />

Kapitals über die Entwicklung sozialer Projekte in den Armensiedlungen. 3 In Neuseeland waren<br />

die <strong>Bürgerhaushalt</strong>e ein Instrumente der Bürgerorientierung im Rahmen der Verwaltungsreform.<br />

Den Instrumenten aus dem globalen Süden gelang der Transfer nach Europa. In Europa<br />

setzten insbesondere Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien diese <strong>Bürgerhaushalt</strong>e<br />

um. Diese Länder folgen eher der lateinamerikanischen Variante und bildeten<br />

Planungsinstrumente und Nachbarschaftsorganisationen mit eigenem Haushalt. 4 Seit 2005 ist<br />

der Trend auch in Deutschland angekommen. Deutsche Kommunen folgen eher der Variante<br />

aus Neuseeland. Hier wird die New Public Management-Variante installiert.<br />

Nachdem mit den lokalen Agendaprozessen seit den 1990er Jahren lokale politische<br />

Beteiligung unter vielfältigen Labels revitalisiert wurde, setzte sich der Begriff „<strong>Bürgerhaushalt</strong>“<br />

für unterschiedliche Beteiligungsinstrumente durch, die budgetrelevant waren. 2006 wurden<br />

etwa ein Dutzend <strong>Bürgerhaushalt</strong>e registriert. Bis 2010 fanden nur etwa 30 <strong>Bürgerhaushalt</strong>e<br />

statt. 2011 werden bereits über 50 Kommunen gezählt und Ende 2012 geht man von etwa 100<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>en aus. Weitere Kommunen planen die Implementation.<br />

Allen <strong>Bürgerhaushalt</strong>en ist gleich, dass sie Ideen sammeln, die in Haushaltberatungen<br />

hineinfließen. Sie beziehen sich auf den Gesamthaushalt oder Haushaltsbereiche. Dabei<br />

unterscheiden sie sich in die vier Typen Haushaltsrechner (z.B. in Hamburg, Leipzig), Budget-<br />

Umfragen (<strong>Jena</strong>), Stadtteilfonds (Lichtenberg) und haushaltsbezogenes Vorschlagswesen (z.B.<br />

Münster). Letzterer wird in der Mehrzahl der Kommunen eingesetzt. Über 4/5 aller deutscher<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>e sind ein elektronisches Vorschlagswesen.<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>e als haushaltsbezogenes Vorschlagswesen besitzen eine Informations- und<br />

Konsultationsphase (Sammelphase), eine Bewertungsphase und eine Rechenschaftsphase.<br />

Dieser <strong>Bürgerhaushalt</strong>stypus ist ein modernes elektronisches Vorschlagswesen, das<br />

postalische schriftliche Befragungen einsetzt, sporadisch Bürgerforen organisiert, aber vor allem<br />

Vorschläge über das Internet sammelt. In der Bewertungs- bzw. Priorisierungsphase erlauben<br />

1 Vgl. Kersting 2012<br />

2 Vgl. Kersting 2008<br />

3 Vgl. Kersting et al. 2009<br />

4 Vgl. Kersting & Woyke 2012<br />

3


diese <strong>Bürgerhaushalt</strong>e, dass die Haushaltsvorschläge über online- oder offline-Abstimmungen<br />

grob priorisiert werden, um so das Meinungsbild in der Bevölkerung zu erfassen und eine<br />

selektive Auswahl durch die Politik und Verwaltung zu verhindern. Eine Manipulation durch<br />

bestimmte Interessengruppen insbesondere in der Bewertungsphase wird schnell offensichtlich<br />

und wird im späteren Diskurs durch Rat oder Verwaltung korrigiert. Dennoch sollte eine hohe<br />

Verfahrenstransparenz im Vordergrund stehen und eine externe Evaluation erfolgen. Bislang<br />

erfolgt in der Regel keine Evaluation der Instrumente. So werden zum einen die<br />

Beteiligungsinstrumente weitergeführt ohne aus Fehlern oder von anderen Kommunen zu<br />

lernen. Zum anderen werden Instrumente eingestellt. Die externe Evaluation ermöglicht die<br />

Fehleranalyse, generiert aber auch Verbesserungsvorschläge und sorgt so für die erfolgreiche<br />

Umsetzung der Beteiligungsprojekte.<br />

Zumeist zeigt sich eine eher positive Resonanz in der Verwaltung gegenüber den oft sehr<br />

pragmatischen, detaillierten Vorschlägen der Bürger. Letztendlich bleibt das letztendliche<br />

Budgetrecht beim Rat. Dennoch ist die Kritik am Instrument in den Reihen der Ratsmitglieder oft<br />

am stärksten. Bei der Mehrzahl der deutschen <strong>Bürgerhaushalt</strong>e handelt es sich vornehmlich um<br />

ein elektronisches Vorschlagswesen. In vielen Städten wird das Instrument aufgrund der<br />

Haushaltskrise nur noch als Sparhaushalt installiert. D.h., es werden häufig nur noch<br />

Sparvorschläge berücksichtigt. Deliberation, also die Diskussion einzelner Vorschläge zwischen<br />

den Bürgern, aber auch mit Vertretern aus Politik und Verwaltung, ist dabei unterschiedlich<br />

ausgeprägt. Während Oldenburg erst bei der dritten Durchführung eines <strong>Bürgerhaushalt</strong>s<br />

Möglichkeiten zur Diskussion der Vorschläge anbot, haben Solingen, Essen und Köln dies<br />

schon wesentlich früher realisiert. In einigen Kommunen wird versucht auf Stadtteilebene<br />

Präsenzveranstaltungen zu organisieren (Münster, Potsdam). Die Gesamtbeteiligung ist<br />

unterschiedlich. Lünen konnte im Januar 2012 beispielsweise lediglich 125 von 87.500<br />

Einwohnern (0,1 Prozent) mobilisieren, während Potsdam 8.750 von 156.900 (5,6 Prozent) und<br />

Berlin-Lichtenberg 10.490 von 263.400 Einwohnern (4,0 Prozent) zur Beteiligung bewegen<br />

5<br />

konnten. Als besonders schwierig werden Präsenzveranstaltungen (Bürgerforen,<br />

Auftaktveranstaltungen) angesehen, zu denen meist nur wenige Bürger erscheinen. Allerdings<br />

stießen Präsenzveranstaltungen beispielsweise in Berlin-Lichtenberg auf die größte Resonanz,<br />

während Internet- und postalische Befragung nur eine Nebenrolle spielen. Grundsätzlich zeigt<br />

sich eine deutliche Verzerrung hinsichtlich der hochgebildeten Beteiligten und Älteren. Jüngere<br />

engagieren sich eher im Internet.<br />

Unsere Städte sind zunehmend durch demographischen Wandel (graue Gesellschaft,<br />

multikulturelle Gesellschaft) und sozialen Wandel (Individualisierung, Mangel sozialen Kapital)<br />

und soziale Ungleichheit (Armut) geprägt. Lokale Politik ist mit sinkender Wahlbeteiligung und<br />

Protest konfrontiert und reagiert mit neuen politischen Beteiligungschancen. In Zukunft wird für<br />

die Kommunen die Wiederbelebung von lokalen Gemeinschaften im Vordergrund stehen. Nur<br />

hierüber werden negative Effekte sozialer, kultureller und ökonomischer Ungleichheiten<br />

abgemildert werden. Nur hierüber können zentrale Zukunftsaufgaben wie z.B. die<br />

Altenversorgung, Integration im Rahmen eines Diversity Management nachhaltig gelöst werden.<br />

Deshalb sind - neben der Online-Partizipation - auch Präsenzveranstaltungen zur Etablierung<br />

von Gemeinschaften in Stadtteilen und in den Nachbarschaften nötig. Neben dem<br />

5 Daten entnommen aus Schneider 2012<br />

4


elektronischen Vorschlagswesen mit wichtiger Agenda Setting-Funktion müssen<br />

Beteiligungsinstrumente zur Stadtteilorganisation wiederbelebt, entwickelt und in den<br />

Gemeindeordnungen verankert werden. Die Zukunft der Kommunikation zwischen Bürger,<br />

Politiker und Verwaltung liegt zum Teil im Internet, aber nicht nur dort. Online Partizipation ist<br />

auf die lange Sicht kostengünstig und zeigt schnelle Erfolge. Offline Beteiligung ist schwerer zu<br />

realisieren, aber erfolgreicher beim Aufbau von Sozialkapital. Die Kunst liegt in der Kombination<br />

beider Strategien. Viele Kommunen haben die Potentiale der Online- wie Offline-Beteiligung<br />

noch nicht entdeckt.<br />

1. Evaluation des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s <strong>Jena</strong><br />

Durch den Beschluss des Stadtrats vom 17.01.2012 soll der <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong> einer<br />

intensiven Evaluation unterzogen und entsprechende Handlungsempfehlungen gegeben<br />

werden. 6<br />

“Das spezifische Verfahren, die Methode und die ausgewählten Themen sollen durch externe<br />

fachliche Evaluierung überprüft und fortentwickelt werden.” 7<br />

Dabei stehen sowohl technisch-praktische als auch demokratische bzw. politikwissenschaftliche<br />

Aspekte des Beteiligungsverfahrens und seiner verschiedenen Bestandteile im Fokus. Anhand<br />

einschlägiger Kriterien aus der politikwissenschaftlichen Forschung zu demokratischen<br />

Innovationen und mittels Methoden der qualitativen und quantitativen empirischen<br />

Sozialforschung werden diese Aspekte analysiert. Nachdem einleitend Kriterien der Evaluation<br />

vorgestellt werden, führen diese in Verbindung zu den Fragestellungen der Evaluation.<br />

1.1 Evaluationskriterien<br />

Welche Kriterien sollten nun herangezogen werden, um ein solches Verfahren zu bewerten?<br />

Zunächst muss sich die Evaluation eines Prozesses an dessen Zielen orientieren. Hier treffen<br />

zwei verschiedene Zieldimensionen aufeinander. Zum einen die Ziele, die der <strong>Jena</strong>er<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong> für sich definiert hat. Zum anderen die Ziele und Möglichkeiten, die im<br />

Allgemeinen mit einem solchen Verfahren verknüpft werden. Letztere resultieren primär aus den<br />

drei Elementen des “deutschen” Modells des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s, wie es im Verlauf des letzten<br />

Jahrzehnts in Deutschland Verbreitung gefunden hat: Information, Konsultation und<br />

Rechenschaft. 8 Der Rückgriff auf diese Kategorien sichert auch die Vergleichbarkeit mit<br />

weiteren deutschen <strong>Bürgerhaushalt</strong>en ab. Auch bieten sie einen Anknüpfungspunkt zu der<br />

etablierten Typologie von Sintomer et al., die <strong>Bürgerhaushalt</strong>e u.a. über das Vorhandensein<br />

einer eigenständigen öffentlichen Diskussion zu finanziellen Angelegenheiten versteht, über<br />

6 Aus Gründen der Lesbarkeit werden nachfolgend männliche Personenbezeichnungen verwendet, wobei<br />

weibliche jeweils einbegriffen sind.<br />

7 Beschlussvorlage Nr. 11/1387-BV, S. 1<br />

8 Vgl. Holtkamp 2008<br />

5


deren Ergebnisse eine Rechenschaftslegung erfolgt. 9 Diese Kriterien erscheinen im ersten<br />

Konzeptpapier zum <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong> ebenfalls. 10<br />

An die genannten Eigenschaften und Zieldimensionen können wiederum demokratietheoretische<br />

Kriterien angelegt werden, an welchen sich neue Beteiligungsverfahren wie<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>e messen lassen müssen. In Anlehnung an Kersting 11 kann man hier<br />

unterscheiden:<br />

● Offenheit und Repräsentativität<br />

● Rationalität und Transparenz<br />

● Machtkontrolle<br />

● Effektivität / Effizienz<br />

Die erste Kategorie zielt dabei auf den Zugang zum konsultativen Prozess des<br />

Beteiligungsverfahrens ab. Komplette Offenheit führt häufig dazu, dass sich nur eine bestimmte,<br />

politisch sehr aktive Gruppe von Bürgern beteiligt. Kommen hingegen repräsentative Zufallsoder<br />

Quotenstichproben zum Einsatz, kann dieses Problem zwar gelöst werden, anderseits<br />

könnten sich die Nichtbeteiligten (auch in Form von Organisationen und Interessengruppen)<br />

ausgeschlossen fühlen. Dieses Dilemma lässt sich nicht gänzlich lösen. Für die Evaluation des<br />

<strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong>s bedeutet dies, dass vor allem zu prüfen ist, inwieweit die Beteiligung an<br />

den Abstimmungen soziodemographisch repräsentativ ist.<br />

Die zweite Kategorie beinhaltet kompetente, ausgewogene Argumentation zwischen den<br />

beteiligten Bürgern und die Durchschaubarkeit des Verfahrensablaufs auf Basis ausreichender<br />

Information. Für die Bewertung des <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong> dürfte letzteres von größerer<br />

Relevanz sein, da das Verfahren kaum deliberativ gestaltet ist, d. h., es legt seinen<br />

Schwerpunkt nicht auf das Diskutieren von Haushaltsvorschlägen, sondern zielt eher auf eine<br />

quantitative Abfrage von Präferenzen der Bürger ab. Zu prüfen ist, wie gut es dem aktuellen<br />

Instrument gelingt, dies zu bewerkstelligen.<br />

Die dritte Kategorie bezieht sich darauf, inwieweit die Politik die Vorschläge bzw. die<br />

Beteiligungsergebnisse aus dem Verfahren aufgreift. In dieser Hinsicht wird zu klären sein,<br />

welchen Einfluss die bisherigen Beteiligungsverfahren und -ergebnisse auf die Haushaltspolitik<br />

hatten und inwieweit der Aspekt der Rechenschaftslegung im Verfahren des <strong>Jena</strong>er<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>s verwirklicht wird.<br />

Mit den Kriterien der vierten Kategorie wird schließlich danach gefragt, inwieweit die bisher<br />

genannten Ziele erreicht werden und ob der Aufwand der dafür aufgebrachten Ressourcen den<br />

erzielten Nutzen rechtfertigt.<br />

Der Untersuchungszeitraum bezieht sich insbesondere auf die Beteiligungsverfahren der Jahre<br />

2008 bis 2011, da im Jahr 2007 noch keine inhaltliche Befragung im eigentlichen Sinn stattfand<br />

und das Verfahren des Jahres 2012 bei Erhebungsbeginn noch nicht vollständig abgeschlossen<br />

war, wodurch eine Bewertung der Wirkung hier unvollständig bleiben muss.<br />

9 Vgl. Sintomer et al. 2010, S. 42f.<br />

10 Vgl. Konzeptpapier <strong>Bürgerhaushalt</strong> <strong>Jena</strong> 2006, S. 2<br />

11 Vgl. Kersting 2008, S.283-286<br />

6


Insgesamt muss jedoch festgestellt werden, dass die “Messung” der zuvor benannten Kriterien<br />

keineswegs einfach ist. Häufig müssen deshalb mehrere “weiche”, qualitative Indikatoren<br />

herangezogen werden. Diese bieten einen größeren Spielraum für Interpretation als scheinbar<br />

“harte” quantitative Indikatoren. Zudem muss an dieser Stelle bereits festgestellt werden, dass<br />

diese Evaluation keine mechanischen Stellschrauben zur Anregung von Bürgerbeteiligung in<br />

Haushaltsfragen aufdecken kann. 12 Das primäre Ziel dieser Evaluation soll daher darin liegen,<br />

die Diskussion um die Zukunft des <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong>s durch eine externe Bewertung des<br />

Verfahrens anzureichern. Diese wird durch Handlungsempfehlungen ergänzt, die weniger den<br />

definitiven Charakter unvermeidbarer Notwendigkeit als vielmehr den inspirierenden Charakter<br />

einer ergebnisoffenen Politikberatung besitzen sollen.<br />

1.2 Erhebungsmethoden und Form der Auswertung<br />

Für die Datenerhebung, Auswertung und Interpretation im Rahmen der Evaluation wurden<br />

sowohl qualitative als auch quantitative Methoden der empirischen Sozialforschung eingesetzt.<br />

Qualitative Methoden kamen in Form von Dokumentenanalysen sowie leitfadengestützten<br />

Experteninterviews und deren Auswertung zum Tragen. Als Dokumente wurden u.a.<br />

Publikationen des <strong>Bürgerhaushalt</strong>sverfahrens selbst und Protokolle kommunaler Gremien<br />

herangezogen die unter Gesichtspunkten der oben genannten Evaluationsziele Rückschlüsse<br />

auf das Verfahren und seine Wirkung ermöglichen.<br />

Die leitfadengestützten Experteninterviews dienten zum einen dazu, vorhandene Daten zu<br />

ergänzen und zum anderen anschauliche Einschätzungen beteiligter Akteure zu gewinnen. Zum<br />

anderen dienten sie dazu, die quantitative Datenerhebung vorzubereiten. Als Interviewpartner<br />

wurden Akteure der Verwaltung, der Politik, der AG <strong>Bürgerhaushalt</strong> sowie der FH <strong>Jena</strong> befragt.<br />

Deren Einschätzungen wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet und flossen in<br />

der Folge anonymisiert in den Bericht ein. Die Auswahl der befragten Experten 13 erfolgte<br />

aufgrund ihrer Rolle im Prozess des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s. Die Interviews wurden größtenteils im<br />

November und Dezember des Jahres 2012 durchgeführt. Grundlegend bezogen sich die Inhalte<br />

der halboffenen Befragung auf drei verbundene Grundthemen: die Ziele des Verfahrens,<br />

Eigenheiten des Beteiligungsverfahrens und seine Wirkung sowie die Zukunft des Verfahrens<br />

inklusive möglicher Entwicklungsszenarien.<br />

Der quantitative Teil der Erhebung richtete sich darauf, die Einschätzung des Verfahrens durch<br />

die beiden wichtigsten beteiligten Gruppen zu erheben. Dies sind auf der einen Seite die<br />

Bürger, an die sich der <strong>Bürgerhaushalt</strong> als Beteiligungsmöglichkeit richtet und auf der anderen<br />

Seite die Stadträte, denen das Votum der Bürger als Entscheidungsgrundlage dienen soll. Nur<br />

wenn der <strong>Bürgerhaushalt</strong> von diesen beiden Gruppen angenommen wird, kann er auch<br />

gelingen. 14<br />

12 Vgl. Streeck 2009<br />

13 Als “Experten” werden hier alle Personen verstanden, die über spezielles Wissen über den<br />

untersuchten Gegenstand verfügen. Dies können auch Personen sein, die man im alltäglichen<br />

Sprachgebrauch nicht als “Experten” bezeichnen würde.<br />

14<br />

Sämtliche Fragebögen sind im Anhang dieses Berichts dokumentiert. Dort können<br />

Frageformulierungen und Antwortskalierungen entnommen werden.<br />

7


Mit Blick auf die Bürger waren nicht nur die Einschätzung des Verfahrens, sondern darüber<br />

hinaus auch ihre Bewertung der Politik in <strong>Jena</strong>, der Informationsstand und –bedarf der Bürger<br />

sowie ihre Beteiligungsmotivation von Interesse. Aus diesem Grund wurden vom 14. Januar bis<br />

14. Februar 2013 drei separate Befragungen mit identischem Fragewortlaut durchgeführt: Eine<br />

Befragung der im Onlineforum zum <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong> registrierten Personen (online), eine<br />

Befragung der Bürger über die Webseite der Stadtverwaltung <strong>Jena</strong> (online) und eine Befragung<br />

der Besucher des <strong>Jena</strong>er Bürgeramts (Papierfragebogen). Der Rücklauf bei der Befragung im<br />

Bürgeramt war allerdings zu gering, weshalb die Daten für weitere Analysen nicht<br />

herangezogen werden können. 15<br />

Hier muss jedoch auf die methodischen Einschränkungen der Onlineerhebung eingegangen<br />

werden. Bei der Befragung war es mangels einer Liste mit Mailadressen aller Bürger nicht<br />

möglich, den Befragten Zugangscodes oder individualisierte Weblinks zur Befragung<br />

zukommen zu lassen. Die Speicherung von IP Adressen ist aufgrund rechtlicher Regelungen<br />

nicht zulässig, Cookies (Informationen über den erfolgten Besuch einer Webseite) lassen sich<br />

im Web-Browser deaktivieren bzw. löschen. Aus diesem Grund kann nicht ausgeschlossen<br />

werden, dass die Befragung durch Mehrfachteilnahmen manipuliert wurde. Die Ergebnisse sind<br />

deshalb mit Vorsicht zu interpretieren. Die Analysestrategie liegt auf uni- und bivariaten<br />

Auswertungen. Auf komplexe multivariate Analysen wird aus Gründen der Verständlichkeit und<br />

Lesbarkeit hingegen verzichtet. Es werden nur vollständig ausgefüllte Fragebögen ausgewertet.<br />

Für die offene Befragung liegen 179 gültige Fälle vor, für die Befragung im Onlineforum 16. Da<br />

im Onlineforum 46 Personen registriert sind (Stand 1. April 2013) kann in diesem Fall eine<br />

Ausschöpfungsquote errechnet werden, die bei rund 35 Prozent und in einem üblichen Rahmen<br />

für Onlinebefragungen liegt.<br />

Zur Erfassung der Einstellung der Ratsmitglieder der Stadt <strong>Jena</strong> zum <strong>Bürgerhaushalt</strong> wurden im<br />

Januar 2013 alle Ratsmitglieder per auf der Webseite der Stadt <strong>Jena</strong> angegebenen E-Mail-<br />

Adresse zu einer Onlinebefragung eingeladen. Nach zwei Wochen wurde eine<br />

Erinnerungsnachricht verschickt. Die E-Mails enthielten einen Zugangscode, sodass die<br />

Teilnahme nur der angeschriebenen Person möglich war und Mehrfachteilnahmen<br />

ausgeschlossen werden können. Von 46 angeschriebenen Ratsmitgliedern beteiligten sich 19,<br />

was eine Beteiligungsquote von etwa 41 Prozent ergibt. Dies kann im Vergleich mit ähnlich<br />

angelegten Befragungen als ein guter Wert angesehen werden. 16<br />

15 Mit Blick auf die Aussagekraft der Ergebnisse wäre es wünschenswert gewesen, eine repräsentativere<br />

Form der Befragung durchzuführen. Hier wären zwei Optionen denkbar, die für den Fall einer<br />

zukünftigen Evaluation in Betracht zu ziehen sind:<br />

1) Die Befragung einer repräsentativen, aus dem Melderegister gezogenen Stichprobe von Bürgern.<br />

Eine solche Befragung könnte u.a. detaillierter darüber Aufschluss geben, wie bekannt der<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong> in der Stadt <strong>Jena</strong> ist.<br />

2) Eine verfahrensbegleitende Befragung, bei der den verschickten Broschüren des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s<br />

ein Fragebogen beigelegt wird, der ggf. separat zurückgesendet werden kann. Hier kann man, bei<br />

signifikanter Kostenreduktiongegenüber Variante 1, u.a. Feedback darüber erhalten, wie Teilnehmer<br />

des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s das Verfahren bewerten.<br />

16 Vgl. z. B. Egner et al. 2013, S. 176-177<br />

8


1.3 Verfahrensdarstellung<br />

Der <strong>Bürgerhaushalt</strong> der Stadt <strong>Jena</strong> soll „<strong>Jena</strong>er Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, bei der<br />

Erstellung des städtischen Haushaltes und damit bei der Verteilung der öffentlichen Mittel<br />

stärker als bisher mitzuwirken. Überdies soll der <strong>Bürgerhaushalt</strong> den Politikern bei ihren<br />

Entscheidungen über die städtischen Finanzen eine deutliche Orientierung geben“. Dies<br />

beinhaltet auch verstärkte Informationsarbeit zur kommunalen Haushaltslage und –politik und<br />

ein verbesserte Kommunikation zwischen Politik, Verwaltung und Bürgerschaft. Das<br />

Beteiligungsverfahren gestaltet sich dabei recht einfach. Jedes Jahr wird ein bestimmtes Thema<br />

(z. B. Investitionen oder Kultur) vorgegeben, zu dem im Anschluss die Bürgerinnen und Bürger<br />

befragt werden. Dabei wird ein Methodenmix eingesetzt, der im Jahr 2012 aus einer<br />

postalischen Befragung (Zufallsstichprobe n = 15.000; rund ein Monat Beantwortungszeit),<br />

Ausgabe von Fragebögen zum Selbstausfüllen in öffentlichen Einrichtungen und Institutionen<br />

(z. B. Tourismus-Information, Bürgerbüro) sowie der Möglichkeit zur Abstimmung per Internet<br />

bestand. Die Ergebnisse der Befragung werden dem Stadtrat im Anschluss vorgelegt. Das<br />

Budget für den <strong>Bürgerhaushalt</strong> sieht rund 25.000 € Sachmittel sowie eine ganze Personalstelle<br />

vor.<br />

Darüber hinaus existiert ein Onlinediskussionsforum, in dem über den <strong>Bürgerhaushalt</strong> und die<br />

kommunale Haushaltspolitik diskutiert werden kann. Zudem werden in diesem Forum aktuelle<br />

Informationen und Dokumente (z. B. Protokolle aus Stadtrat und Fachausschüssen, Ergebnisse<br />

der Abstimmungen usw.) aus den städtischen Gremien und zum <strong>Bürgerhaushalt</strong> veröffentlicht.<br />

Die Organisation obliegt in <strong>Jena</strong> einer Gruppe engagierter Bürgerinnen und Bürger<br />

(Arbeitsgruppe <strong>Bürgerhaushalt</strong> – AG BHH), die sich in Koordination mit der Verwaltung, vor<br />

allem über den bei der Stadt eingestellten Koordinator des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s, u.a. mit der<br />

Auswahl des jährlichen Themas (hier in Abstimmung mit dem Finanzausschuss), der<br />

Gestaltung der Broschüre, der Öffentlichkeitsarbeit und der Zusammenfassung der Ergebnisse<br />

befassen. Die AG BHH tagt in der Regel einmal pro Monat, wobei die Beteiligung an dieser<br />

Arbeitsgruppe allen Bürgerinnen und Bürger möglich ist bzw. auch explizit dazu aufgefordert<br />

wird.<br />

Um Missbrauch und Manipulation der Abstimmung vorzubeugen, sind im Verfahren<br />

Sicherheitsmechanismen vorhanden. So ist jeder Abstimmungsbogen mit einer fortlaufenden<br />

Nummer versehen. Bei der Onlineabstimmung ist eine gültige E-Mail-Adresse anzugeben,<br />

wobei Doppelanmeldungen u. ä. überprüft werden. Es erfolgt eine separate externe Auswertung<br />

nach Erhebungsmodus durch die Fachhochschule <strong>Jena</strong>. Zusätzlich wird bei der Auswertung der<br />

Abstimmungsfragebögen eine Analyse auf Unterschiede in Subgruppen (Altersgruppen,<br />

Geschlecht, Postleitzahlbezirke) durchgeführt.<br />

9


1.4 Rechtlicher Rahmen<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>e zielen im Allgemeinen darauf ab, die Bürger an der Aufstellung des<br />

kommunalen Haushalts bzw. an der Gestaltung haushaltsrelevanter Leistungen der Kommune<br />

zu beteiligen. 17 Im Gegensatz zu Beteiligungsverfahren wie Einwohneranträgen 18 oder<br />

Bürgerbegehren und Bürgerentscheid 19 sind sie nicht formal geregelt. <strong>Bürgerhaushalt</strong>e<br />

ersetzen weder den kommunalen Haushaltsplan, noch verändern sie grundlegend das<br />

Verfahren der Haushaltsaufstellung in den Kommunen. Solange dem Gemeinderat sein<br />

Letztentscheidungsrecht nicht entzogen wird, und die Beteiligung rein konsultativen Charakter<br />

besitzt, wird eine erweiterte Beteiligung allerdings auch nicht ausgeschlossen. Damit sind<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>e in ihrer derzeit in Deutschland praktizierten Form (Information, Konsultation,<br />

Rechenschaft) auch für Thüringer Kommunen rechtlich nicht zu beanstanden. Inwieweit die<br />

Ratsmitglieder der Stadt <strong>Jena</strong> ihren Entscheidungen die im Kontext des <strong>Bürgerhaushalt</strong>es<br />

entstandenen Vorschläge der Bürger zugrunde legen, bleibt ihnen überlassen. Sie sind nicht an<br />

Weisungen gebunden und lediglich dem Gesetz und ihren gemeinwohlbezogenen<br />

Überzeugungen verpflichtet. 20 Der konsultative Charakter des Verfahrens bietet jedoch die<br />

Gelegenheit, die Ratsmitglieder in Ihrer Entscheidungsfindung zu unterstützen und somit die<br />

repräsentative Demokratie zu stärken - gerade im elementaren Bereich der Finanzen.<br />

Ein konsultatives Beteiligungsinstrument wie der <strong>Bürgerhaushalt</strong> lebt also davon, dass die<br />

Unterstützung durch die gewählten Repräsentanten in einem ausreichenden Maß gegeben ist.<br />

Unabhängig von der Bewertung des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s gilt es daher zu klären, welche Einstellung<br />

die Ratsmitglieder zum Thema Bürgerbeteiligung allgemein haben.<br />

17 Vgl. zur Einführung z. B. Holtkamp 2008<br />

18 Vgl. § 16 ThürKO<br />

19 Vgl. § 17 ThürKO<br />

20 Vgl. § 24 Abs. 1 ThürKO<br />

10


Grafik 1: Einstellung der Ratsmitglieder zu Bürgerbeteiligung. Skalenwerte 4 und 5 „stimme voll<br />

und ganz zu“ in Prozent (n = 19).<br />

Einwohnerinnen und Einwohner sollten die Möglichkeit haben,<br />

ihre Sichtweisen darzulegen, bevor wichtige kommunale<br />

Entscheidungen von den gewählten Repräsentantinnen und…<br />

90<br />

Einwohnerinnen und Einwohner sollten aktiv und direkt an<br />

wichtigen kommunalen Entscheidungen teilhaben können<br />

69<br />

Es fehlt an Kommunikationssystemen zur Bürgerbeteiligung<br />

63<br />

Lokale Referenden führen zu einer höheren Qualität<br />

öffentlicher Debatten<br />

53<br />

Politische Entscheidungen sollten nicht nur durch gewählte<br />

Gremien, sondern nach Verhandlungen mit Betroffenen<br />

getroffen werden<br />

47<br />

Die Ergebnisse von Kommunalwahlen sollten für die<br />

kommunale Politik entscheidend sein<br />

42<br />

Die Bürgerinnen und Bürger verfolgen nur Einzelinteressen<br />

37<br />

Die Bürgerinnen und Bürger engagieren sich kaum<br />

26<br />

Die Bürgerinteressen werden ausreichend berücksichtigt<br />

26<br />

Eine Erweiterung von Bürgerbeteiligung ist nicht möglich<br />

11<br />

Den Bürgerinnen und Bürgern fehlt die Sachkenntnis zur<br />

Beteiligung<br />

Politische Repräsentantinnen und Repräsentanten sollten<br />

entscheiden, wie sie es für richtig halten ‐ unabhängig von der<br />

Meinung der örtlichen Bevölkerung<br />

11<br />

11<br />

Abgesehen vom Wählen sollten die Bürgerinnen und Bürger<br />

nicht die Möglichkeit erhalten, lokale Politik zu beeinflussen<br />

5<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Es ergibt sich ein recht eindeutiges Muster: Die Einstellung zu Bürgerbeteiligung ist insgesamt<br />

positiv. Aussagen, die ein eher elitäres Politikverständnis ausdrücken, sind am unteren Ende<br />

des Rankings positioniert. Auch „Schumpetersche“ Skepsis gegenüber den Fähigkeiten und der<br />

Motivation der Bürger findet kaum Zustimmung. Die Prozentwerte fallen bei diesen Fragen recht<br />

niedrig aus. Auch eine separate Frage nach der Wichtigkeit von Bürgerbeteiligung innerhalb der<br />

eigenen Partei (nicht tabelliert) ergibt, dass diesem Thema eine hohe Wichtigkeit zugeschrieben<br />

wird. Dies deckt sich mit den Ergebnissen einer deutschlandweiten Studie, in der sich<br />

11


herausstellte, dass gerade Ratsmitglieder aus Thüringen ein beteiligungsorientiertes<br />

Demokratieverständnis vertreten. 21 Dabei ist jedoch in beiden Fällen eine gewisse Vorsicht<br />

angebracht, denn Bürgerbeteiligung ist derzeit en vogue, eventuelle Vorbehalte werden<br />

möglicherweise aus Gründen sozialer Erwünschtheit in Befragungen kaschiert. 22<br />

1.5 Ziele des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s <strong>Jena</strong><br />

Auf Basis der Beschlussvorlage Nr. 06/0105-BV wurde die Verwaltung der Stadt <strong>Jena</strong> am<br />

30.08.2006 durch den Rat beauftragt, ein Konzept für einen <strong>Bürgerhaushalt</strong> zu entwickeln. Am<br />

11.10.2006 wurde das Konzept leicht abgeändert von einer Mehrheit des <strong>Jena</strong>er Rates<br />

beschlossen 23 und dieser Beschluss durch die Entscheidungen der Jahre 2008 24 und 2009 25<br />

erneuert. Ergänzt werden diese Beschlüsse durch ein 2012 aktualisiertes Regelwerk, das die<br />

Ziele, den Ablauf, die Details und die Eckpunkte des Verfahrens (Umfrage, Online-Beteiligung,<br />

Rechenschaft) beschreibt und vom Finanzausschuss am 17.01.2012 beschlossen wurde. 26<br />

Schon bei der Einführung und vor der Erarbeitung eines genauen Konzeptes wurde das<br />

grundlegende Ziel durch eine Vertreterin der Grünen wie folgt formuliert:<br />

“Ziel der Einführung eines <strong>Bürgerhaushalt</strong>es ist die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an<br />

der Haushaltsaufstellung und -verabschiedung.” 27<br />

Als weitere Ziele wurden benannt:<br />

● “Erhöhung der Akzeptanz der finanziellen Möglichkeiten der Stadt”<br />

● “Verbesserung des Dialogs mit den Bürgern”<br />

● “Erhöhung der Transparenz der Haushaltsaufstellung”<br />

● “Abbau von Politikverdrossenheit” 28<br />

Diese Ziele sind für deutsche <strong>Bürgerhaushalt</strong>e als typisch einzuschätzen. Grundlegend finden<br />

sich diese Ziele auch im aktuellen Regelwerk des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s wieder, das folgende Ziele<br />

beschreibt: 29<br />

● “die Bürgerbeteiligung bei politischen Entscheidungsprozessen der Stadt zu verstärken”,<br />

● eine “bessere Information der Bürger über den städtischen Haushalt zu gewährleisten”,<br />

● “ die Akzeptanz politischen Entscheidungen” erhöhen,<br />

● “Mehr Transparenz”,<br />

● “Intensivierung des Dialogs der Bürger mit Verwaltung und Politik” 30<br />

21 Vgl. Heinelt 2013, S. 116<br />

22 Befragt wurden ein Ratsmitglied von der CDU, fünf von der SPD, sechs von Die Linke, eines von<br />

Bündnis 90/ Die Grünen, zwei von der FDP, drei von den freien Wählergruppen. Eine Person wollte<br />

schließlich keine Angabe machen. Fast zwei Drittel der Befragten waren Männer, im Schnitt waren sie<br />

rund 47 Jahre alt. Es muss daher angenommen werden, dass die Meinung der Christdemokraten und<br />

Grünen in den Ergebnissen unterrepräsentiert ist.<br />

23 Vgl. Niederschrift 27. Sitzung des <strong>Jena</strong>er Stadtrats 11.10.2006, S. 26-28<br />

24 Vgl. Beschlussvorlage Nr. 08/1217-BV<br />

25 Vgl. Beschlussvorlage Nr. 09/1797-BV<br />

26 Vgl. Regelwerk in der von der AG <strong>Bürgerhaushalt</strong> beschlossenen Fassung vom 17.01.2012<br />

27 Niederschrift 27. Sitzung des <strong>Jena</strong>er Stadtrats 11.10.2006, S. 27<br />

28 Ebd.<br />

29 nachfolgend Regelwerk in der von der AG <strong>Bürgerhaushalt</strong> beschlossenen Fassung vom 17.01.2012<br />

30 Ebd.<br />

12


Zusätzlich werden noch Erwartungen an die Berücksichtigung der Beteiligungsergebnisse durch<br />

den Stadtrat sowie eine entsprechende Rechenschaft benannt, so dass sich die Ziele des<br />

Verfahrens sich auch hier an den typischen Zielen deutscher <strong>Bürgerhaushalt</strong>e orientieren: ein<br />

Mehr an Information und Konsultation, über die im Anschluss eine Rechenschaftslegung erfolgt.<br />

Neben diesen offiziell dokumentierten bzw. kommunizierten Zielen, können aber auch andere<br />

Ziele von Relevanz sein, die inoffiziell oder gar unbewusst (z. B. Qualifizierung der Verwaltung,<br />

Bildung von Sozialkapital und sozialen Netzwerken) mit einem Verfahren verfolgt werden.<br />

Zudem sind selten alle Ziele eines Kataloges als gleichrangig anzusehen. So können sich im<br />

Zeitverlauf einige Ziele als besonders relevant erweisen, eventuell in Reaktion auf gescheiterte<br />

Ambitionen, aber auch auf unverhoffte Erfolge in bestimmten Bereichen, während andere an<br />

Bedeutung verlieren.<br />

In den Interviews wurden die oben dargestellten Zielsetzungen weitgehend bestätigt. Auf Seiten<br />

der Verwaltung wird dabei insbesondere die Möglichkeit einer Akzeptanzsteigerung durch<br />

Bürgerbeteiligung betont:<br />

„Das Hauptziel ist schon am Ende eine größere Akzeptanz zu finden für die Entscheidungen der<br />

Stadt und des Stadtrates zu den Schwerpunkten der Politik.“<br />

Dieser Anspruch an Akzeptanz kann in Beteiligungsverfahren nur durch umfassende<br />

Information hergestellt werden. Dass dieses Ziel neben der eigentlichen Beteiligung immer<br />

relevanter wurde, äußerte auch ein Vertreter der AG:<br />

“Was für mich aber auch ein wesentlicher Punkt ist, ist dieser Informationsteil, im Prinzip diesen<br />

Haushalt den Leuten näherzubringen, verständlich rüberzubringen und ich denke mal, das<br />

haben wir in den letzten Jahren eigentlich ganz gut hingekriegt. Neben dem eigentlichen<br />

Verfahren.“<br />

1.6 Leitfragen der Evaluation<br />

In Verbindung der oben genannten allgemeinen Evaluationskriterien und den Kriterien, die sich<br />

aus der Zielsetzung des Verfahrens selbst ergeben, stellen sich für die Evaluation daher<br />

folgende leitenden Fragen:<br />

1. Wie intensiv werden die Bürger im Bürgerbeteiligungsverfahren an der lokalen<br />

Haushaltspolitik beteiligt? (Beteiligung als Konsultation)<br />

2. Werden die Bürger angemessen über die städtische Haushaltspolitik sowie über das<br />

Verfahren und seine Wirkung informiert? (Information und Rechenschaftslegung)<br />

3. Wie kann das Bürgerbeteiligungsverfahren verbessert werden?<br />

13


1.7 Themen<br />

Die ausgewählten Themenbereiche des <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong>s umfassten bisher:<br />

● Meinungen und Vorschläge zum Thema <strong>Bürgerhaushalt</strong> (2007)<br />

● Verwendung von Mehreinahmen aus dem Jahr 2007 (2008/I)<br />

● Abstimmung über Investitionsprojekte der Fraktionen (2008/II)<br />

● Abstimmung über Investitionsvorhaben 2009 – 2012 (2009)<br />

● Freiwillige Leistungen des Verwaltungshaushalts (2010)<br />

● Freiwillige Leistungen Bereich Kultur (2011)<br />

● Finanzierung der Kindertagesstätten (2012)<br />

Während Verfahren des Vorschlagswesens oft kleinteilige Investitionen behandeln, wird in <strong>Jena</strong><br />

versucht, die Ausstattung ganzer Bereiche bzw. Haushaltsteile (z. B. Verwaltungshaushalt) in<br />

den Blick zu nehmen. Wie in anderen Städten kann nur ein kleinerer Teil des Haushalts,<br />

insbesondere der der freiwilligen Leistungen Inhalt des Beteiligungsverfahrens werden.<br />

Bestimmte Bereiche müssen per se außen vor bleiben, wie es ein Mitarbeiter der Verwaltung<br />

erläuterte:<br />

„Nehmen Sie allein die Höhe der Gehälter der Beschäftigten der Stadtverwaltung. Die können<br />

Sie nicht einer allgemeinen Bürgerbefragung unterwerfen, da gibt es Tarifpartner, die den<br />

Tarifvertrag im öffentlichen Dienst verhandeln. Da können jetzt nicht die Bürger der Stadt <strong>Jena</strong><br />

sagen, dass die Beschäftigten der Stadtverwaltung mehr oder weniger verdienen“<br />

Nach dem ersten Durchgang 2007, bei dem grundsätzliche Informationen abgefragt wurden,<br />

standen in den Jahren 2008 und 2009 Investitionsausgaben im Mittelpunkt. Ein Überschuss von<br />

14 Millionen Euro aus dem Jahr 2007 brachte die Stadt <strong>Jena</strong> in die komfortable Position, die<br />

Bürger zu ihrer Verwendung zu befragen.<br />

Nachdem auf diese Weise Investitionen im Fokus standen, folgte für die darauffolgenden Jahre<br />

ein Wechsel in den Verwaltungshaushalt. Ein Mitglied der AG begründet dies so:<br />

„[..] wenn wir weiter bei Investitionen bleiben, dann wird das eine Wunschliste, ich weiß nicht<br />

wie lang, und keiner hat mehr einen Überblick. Weil das sind ja alles Sachen, die nicht innerhalb<br />

von einem Jahr realisierbar sind.“ Die hier bereits angedeutete Problematik einer<br />

Nachvollziehbarkeit wird später noch einmal in Bezug auf die Wirkungen des Verfahrens und<br />

die Rechenschaftslegung thematisiert werden. Auch in der Politik wird dieser Schritt als<br />

notwendig angesehen:<br />

„Das konnte natürlich nicht ewig so weiter gehen, weil irgendwann hat sich der Bereich auch<br />

erschöpft, insofern fand ich es auch richtig, den Versuch zu starten, sich mit komplexeren<br />

Themenstellungen auseinander zu setzen.“<br />

Die Wahl der Themen kann nicht einzeln bewertet werden. Grundsätzlich wirkt sich vor allem<br />

aus, auf welchen spezifischen Gegenstand die Beteiligung mit welcher Fragestellung zielt. Hier<br />

sind besonders die Unterschiede zwischen einer Beteiligung an Investitionsentscheidungen und<br />

der zuletzt mehrfach erfolgten Bewertung von Leistungen und Gebühren zu nennen, wie später<br />

zu zeigen sein wird.<br />

14


Seit dem Jahr 2011 wurde über ein Freifeld mit der Aufforderung „Hier können Sie weitere<br />

Vorschläge für Investitionen, Sparmaßnahmen oder sonstige Haushaltsänderungen in <strong>Jena</strong><br />

unterbreiten“ erstmals ein thematisches Interesse bei den Teilnehmern abgefragt. In der<br />

quantitativen Auswertung der FH <strong>Jena</strong> wurden aus diesen Antworten Themenfelder konstruiert.<br />

Mit der Broschüre des Jahres 2012 wurde dann spezifischer gefragt: „Mit welchen Themen des<br />

städtischen Haushaltes sollte sich nach ihrer Meinung der <strong>Bürgerhaushalt</strong> in den nächsten<br />

Jahren befassen?“<br />

Es bietet sich zukünftig an, in dieser oder anderer Form, mit den potentiell beteiligten Bürgern<br />

stärker in Kontakt zu treten, um sie schon bei der Themenwahl stärker einzubinden. Denn auch<br />

beim Verwaltungshaushalt sind die möglichen Themen endlich.<br />

1.8 Themenbezogenes Beteiligungsinteresse und Beteiligungsbedarf<br />

In der Folge gibt unsere quantitative Bürgerbefragung trotz möglicher Verzerrung durch die<br />

Fallzahl und die Selbstselektion der Befragten einen Eindruck davon, wie die <strong>Jena</strong>er Bürger und<br />

von ihnen insbesondere die, die sich für den <strong>Bürgerhaushalt</strong> interessieren, relevante<br />

Fragestellungen rund um den <strong>Bürgerhaushalt</strong> und seine Themen bewerten. Dazu gehört die<br />

Bewertung der <strong>Jena</strong>er Politik, ihres Wissens sowie ihres Beteiligungs- und Mitsprachebedarfs in<br />

Bezug auf verschiedene Politikfelder und Themenbereiche, die in verschiedener Form auch<br />

schon Thema des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s waren. Diese Daten sollten als Anregungen für die<br />

themenbezogenen Weiterentwicklung des Verfahrens gesehen werden.<br />

Bewertung der Politik in <strong>Jena</strong><br />

Wie bewerten die Bürger die Politik in der Stadt in verschiedenen Bereichen? Abgefragt wurden<br />

dabei vor allem Bereiche, die bereits Thema des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s waren. Die nachstehende<br />

Tabelle gibt einen Überblick.<br />

Tabelle 1: Bewertung Zufriedenheit Politikbereiche. Bürgerbefragung (Zeilenprozente, n = 179).<br />

Sehr gut Gut Befriedigend Ausreichend Mangelhaft Weiß nicht<br />

Bildung 12 40 30 7 11 1<br />

Jugend 2 32 35 13 14 3<br />

Kultur 15 40 24 11 10 2<br />

Soziales 4 37 31 11 12 5<br />

Sport 9 30 32 9 14 6<br />

Investitionen<br />

und<br />

Großprojekte<br />

Haushalt und<br />

Finanzen<br />

Kindertagesstätten<br />

6 27 25 14 24 4<br />

12 29 29 17 11 3<br />

9 32 24 10 19 7<br />

15


Tabelle 2: Bewertung Zufriedenheit Politikbereiche. Befragung Onlineforum (Zeilenprozente, n = 16).<br />

Sehr gut Gut Befriedigen<br />

d<br />

Ausreichend Mangelhaft Weiß nicht<br />

Bildung - 63 38 - - -<br />

Jugend - 50 31 6 13 -<br />

Kultur 19 63 13 6 - -<br />

Soziales - 63 25 - 6 6<br />

Sport - 44 19 6 25 6<br />

Investitionen und<br />

Großprojekte<br />

Haushalt und<br />

Finanzen<br />

Kindertagesstätten<br />

6 31 25 - 38 -<br />

13 50 - 31 6 -<br />

13 56 19 - 13 -<br />

Grafik 2: Ranking Zufriedenheit Politikbereiche (Antwortkategorien „gut“ und „sehr gut“ in Prozent).<br />

Kultur<br />

54<br />

81<br />

Bildung<br />

51<br />

63<br />

Kindertagesstätten<br />

41<br />

69<br />

Soziales<br />

Sport<br />

41<br />

44<br />

39<br />

63<br />

Befragung Onlineforum<br />

Bürgerbefragung<br />

Jugend<br />

Investitionen und Großprojekte<br />

34<br />

38<br />

33<br />

50<br />

Haushalt und Finanzen<br />

41<br />

63<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Anmerkung: Bürgerbefragung n = 179, Befragung Onlineforum n = 16. Aufgrund unterschiedlicher<br />

Rundung der Prozentwerte kann es zu Abweichungen gegenüber den Tabellen kommen.<br />

16


Fasst man die Antwortkategorien „gut“ und „sehr gut“ zusammen und überführt sie in ein<br />

Ranking, so ergibt sich das obenstehende Balkendiagramm. Maßgebend für die Reihung sind<br />

dabei die Ergebnisse der offenen Bürgerbefragung. Es ergibt sich dabei, dass die Zufriedenheit<br />

in spezifischen Politikbereichen (z. B. Kultur, Bildung) besser ausfällt. Am unteren Ende des<br />

Rankings stehen die Bereiche „Investitionen und Großprojekte“ und „Haushalt und Finanzen“,<br />

das heißt, gerade im Bereich, auf den der <strong>Bürgerhaushalt</strong> fokussiert, wird von den Befragten am<br />

schlechtesten bewertet. Die Befragten im Onlineforum sind jedoch in einigen Bereichen deutlich<br />

zufriedener.<br />

Wunsch nach Mitsprache<br />

Grafik 3: Wunsch nach Mitsprache in verschiedenen Politikbereichen (in Prozent).<br />

Investitionen und Großprojekte<br />

67<br />

88<br />

Bildung<br />

44<br />

54<br />

Haushalt und Finanzen<br />

Kultur<br />

44<br />

44<br />

39<br />

63<br />

Jugend<br />

Kindertagesstätten<br />

19<br />

38<br />

31<br />

34<br />

Befragung Onlineforum<br />

Bürgerbefragung<br />

Soziales<br />

25<br />

33<br />

Sport<br />

26<br />

38<br />

In keinem der Bereiche<br />

0<br />

6<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Anmerkung: Mehrfachnennungen möglich. Bürgerbefragung n = 179, Befragung Onlineforum n = 16.<br />

Auch bei der Frage nach mehr Mitsprache in verschiedenen Politikbereichen stechen<br />

Investitionen und Großprojekte hervor, die von beiden Befragtengruppen am häufigsten erwähnt<br />

wurden. Auf den weiteren Rängen folgen Bildung sowie Haushalt und Finanzen. Daraus kann<br />

man ableiten, dass Bürgerbeteiligung besonders bei Großprojekten und Investitionen<br />

gewünscht wird. Dass die Mitglieder des Onlineforums den Bereich Haushalt und Finanzen um<br />

fast 20 Prozentpunkte häufiger angeben, darf abschließend keiner weiteren Erklärung.<br />

17


Einschätzung Kenntnisstand in Politikbereichen<br />

Tabelle 3: Einschätzung Kenntnisstand Politikbereiche. Zeilenprozente (Bürgerbefragung, n = 179).<br />

Sehr gut Gut Befriedigend Ausreichend Mangelhaft Weiß nicht<br />

Bildung 13 52 26 6 2 1<br />

Jugend 5 40 34 10 10 2<br />

Kultur 10 42 31 11 5 2<br />

Soziales 6 39 31 14 6 3<br />

Sport 8 32 31 14 10 5<br />

Investitionen<br />

und<br />

Großprojekte<br />

Haushalt und<br />

Finanzen<br />

12 33 30 13 10 2<br />

8 34 29 18 8 3<br />

12 43 20 13 9 3<br />

Tabelle 4: Einschätzung Kenntnisstand Politikbereiche. Zeilenprozente (Onlineforum, n = 16)).<br />

Sehr gut Gut Befriedigend Ausreichend Mangelhaft Weiß nicht<br />

Bildung 13 63 25 - - -<br />

Jugend - 38 38 13 13 -<br />

Kultur 19 56 25 - - -<br />

Soziales 6 38 38 13 6 -<br />

Sport - 25 38 19 19 -<br />

Investitionen und<br />

Großprojekte<br />

Haushalt und<br />

Finanzen<br />

Kindertagesstätten<br />

Kindertagesstätten<br />

- 44 38 6 13 -<br />

13 38 38 6 6 -<br />

25 31 31 6 6 -<br />

18


Grafik 4: Ranking Kenntnisstand (Antwortkategorien „gut“ und „sehr gut“ in Prozent).<br />

Bildung<br />

65<br />

75<br />

Kindertagesstätten<br />

Kultur<br />

56<br />

55<br />

52<br />

75<br />

Investitionen und Großprojekte<br />

Jugend<br />

44<br />

45<br />

38<br />

45<br />

Befragung Onlineforum<br />

Bürgerbefragung<br />

Haushalt und Finanzen<br />

43<br />

50<br />

Sport<br />

Soziales<br />

25<br />

40<br />

44<br />

45<br />

Anmerkung: Bürgerbefragung n = 179, Befragung Onlineforum n = 16. Aufgrund unterschiedlicher<br />

Rundung der Prozentwerte kann es zu Abweichungen gegenüber den Tabellen kommen.<br />

Bei der subjektiven Einschätzung des Kenntnisstandes in verschiedenen Politikbereichen<br />

lassen sich keine sonderlichen Auffälligkeiten feststellen. Dass die Befragten im Onlineforum<br />

ihren Kenntnisstand in vielen Bereichen besser einstufen, verwundert kaum, da sie mit großer<br />

Wahrscheinlichkeit stärker politisch interessiert und involviert sind. Erwähnenswert scheint,<br />

dass die Bereiche „Kultur“ und „Kindertagesstätten“, die Bestandteil der letzten <strong>Bürgerhaushalt</strong>e<br />

waren, recht weit oben im Ranking verortet sind. Dies kann auf einen positiven<br />

Informationseffekt des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s hinweisen, wobei erneut auf die Einschränkungen in<br />

den Daten hinzuweisen ist. Womöglich haben sich nur die ohnehin gut Informierten an der<br />

Befragung beteiligt. Zudem kann angenommen werden, dass Befragte ihren Kenntnisstand<br />

ungern als mangelhaft einstufen möchten.<br />

Informationsbedarf<br />

0 20 40 60 80<br />

In welchen Politikbereichen wünschen die Befragten mehr Informationen? Die Ergebnisse sind<br />

relativ eindeutig. Die häufigste Nennung erfahren die Kategorien „Investitionen und<br />

Großprojekte“ sowie „Haushalt und Finanzen“, dies in beiden Befragtengruppen. Lediglich<br />

Bildungspolitik wird von den im Onlineforum registrierten Nutzern etwas häufiger genannt.<br />

19


Grafik 5: Wunsch nach mehr Informationen in verschiedenen Politikbereichen (in Prozent).<br />

Investitionen und Großprojekte<br />

70<br />

88<br />

Haushalt und Finanzen<br />

63<br />

63<br />

Bildung<br />

47<br />

69<br />

Soziales<br />

Jugend<br />

Kindertagesstätten<br />

Kultur<br />

38<br />

39<br />

31<br />

36<br />

25<br />

31<br />

25<br />

31<br />

Befragung Onlineforum<br />

Bürgerbefragung<br />

Sport<br />

25<br />

44<br />

Zu keinem der Bereiche<br />

6<br />

8<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Anmerkung: Mehrfachnennungen möglich. Bürgerbefragung n = 179, Befragung Onlineforum n = 16.<br />

Daraus lässt sich interpretieren, dass die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung besonders<br />

in den beiden erstgenannten Bereichen ihre Kommunikationsarbeit intensivieren können. Denkt<br />

man an Fallbeispiele wie das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21, den Flughafen Berlin-Brandenburg<br />

oder auch als ein etwas länger zurückliegendes Beispiel der Protest gegen die Startbahn West<br />

am Frankfurter Flughafen, so sind es besonders Großprojekte, die zu politischen und letztlich<br />

gesellschaftlichen Konflikten führen. Daher bietet sich eine frühzeitige und vor allem<br />

transparente Kommunikationspolitik im Vorfeld größerer Projekte an. 31 .<br />

1.9 Mobilisierung und Öffentlichkeitsarbeit<br />

Für die <strong>Bürgerhaushalt</strong>sverfahren wurde über die Jahre ein als äußerst moderat, aber auch<br />

ausreichend zu bezeichnender Aufwand in der Bewerbung betrieben, für den verschiedenste<br />

Kanäle genutzt wurden.<br />

Zu den eigenen Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit auf Basis der Pressearbeit der<br />

Stadtverwaltung und der AG kommt eine flankierende Berichterstattung in lokalen Medien<br />

hinzu, so in der Lokalpresse, im städtischen Privatfernsehsender “<strong>Jena</strong>TV” und auf dem<br />

Informationsportal “jenapolis.de”.<br />

31 Vgl. Brettschneider 2011.<br />

20


Seit 2011 wurden diese Maßnahmen etwas intensiviert und es wurden zusätzlich folgende<br />

Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit mit Gesamtkosten von 1.747 € finanziert:<br />

● Facebook-Auftritt (Einrichtung Fanpage, Programmierung, Design etc.) - 1.500 €<br />

● Druck 5.000 Flyer zur BBV-Bewerbung - 131 €<br />

● Druck 100 Plakate zum Aushang in der Stadt zur BBV-Bewerbung - 116 €<br />

Im Jahr 2012 wurden zusätzlich zur Pressearbeit folgende Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit<br />

durchgeführt und mit Gesamtkosten von 2.280 € finanziert:<br />

● Gestaltung Flyer und Plakate sowie Druck+Verteilung 5.000 Flyer und Druck 100<br />

Plakate zur BBV-Bewerbung - 930 €<br />

● Plakatwerbung in Straßenbahnen und Bussen auf allen städtischen Strecken vom 01.-<br />

30.09.12 (Zeitraum der Abstimmungsphase) - 1.350 €<br />

Im Hinblick auf die Möglichkeiten einer stärkeren Mobilisierung herrscht bei den Befragten zum<br />

einen die Überzeugung vor, dass man die möglichen und vor allem angemessenen Optionen<br />

schon probiert hat. Zum anderen herrscht im Hinblick auf die bisher erreichte Aktivierung eine<br />

gewisse Enttäuschung vor, da die Beteiligung trotz intensivierter Bemühungen zuletzt eher<br />

sank, wie im Abschnitt über die Verfahrensnutzung noch zu sehen sein wird.<br />

Während die etablierten Kanäle der Pressearbeit scheinbar nicht ausreichen und großflächige<br />

Werbemaßnahmen auf Basis der Erfahrung von anderen Beispielen, wie dem <strong>Bürgerhaushalt</strong><br />

der Stadt Frankfurt, nicht als effizient anzusehen sind, bietet sich die Suche nach anderen<br />

Kanälen der Mobilisierung an, wie es ein Stadtrat vorschlägt:<br />

„Da ist natürlich immer müßig darüber zu diskutieren, woran das liegt. Ob man mehr Werbung<br />

machen müsste, ob vielleicht auch die politische Klasse dieser Stadt hier die Werbetrommel<br />

rühren müsste. Von der Verwaltungsspitze und dem OB angefangen. Ob man sozusagen auch<br />

mit anderen Multiplikatoren in dieser Stadt besser zusammenarbeiten müsste, die eben das<br />

Thema auch mit in ihre Kreise streuen.“<br />

Für die Mobilisierung ist nicht nur die kurzzeitige Bewerbung des Verfahrens während der<br />

Beteiligungsphase wichtig, sondern insbesondere eine möglichst ganzjährige Präsenz. Diese<br />

kann nur erreicht werden, wenn auf einfach zu nutzende Präsenzmöglichkeiten, wie z.B. ein<br />

Logo oder Banner auf der Homepage der Stadt <strong>Jena</strong> zurückgegriffen werden kann, das im<br />

Rahmen der Umstrukturierung des Homepagedesigns entfernt wurde. Ein mögliches neues<br />

Logo könnte wiederum partizipativ erstellt und ausgewählt werden, um die Identifikation mit dem<br />

Verfahren sowie seine Bekanntheit zu steigern.<br />

Das stärkere Engagement politischer Parteien könnte nicht nur der direkten Mobilisierung<br />

zuträglich sein, sondern den <strong>Bürgerhaushalt</strong> generell stärker zu einem Thema der politischen<br />

Öffentlichkeit in <strong>Jena</strong> machen. Zudem wird auch deutlich, dass abseits umfassender<br />

Werbemaßnahmen auch kleine Änderungen hilfreich sein können, wie sie ein Mitglied der AG<br />

beschreibt: „Also ein ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung war damals auf jeden Fall,<br />

das persönliche Anschreiben zu machen bei den Broschüren. Das hat einen richtigen Ruck<br />

gegeben.“<br />

Dies zeigt das Potential kleinteiliger und teils kostenneutraler Änderungen, die jederzeit möglich<br />

sind, deren Wirkung aber überschaubar ist. Eine wesentliche Mobilisierungfunktion könnte, wie<br />

21


von vielen Befragten angesprochen, von einer Erhöhung der verschickten Broschüren oder<br />

zusätzlichen Postwurfsendungen mit Flyern ausgehen. Inwieweit hier Aufwand und Nutzen in<br />

einem ausgewogenen Verhältnis stehen, könnte allerdings erst ein Test erweisen. Sollte <strong>Jena</strong><br />

eine eigene Publikation einführen, wie sie andere Städte z.B. als “Amtsblatt” kennen, sollte<br />

diese unbedingt in die Mobilisierungsstrategie einbezogen werden. In der Folge wird bei der<br />

Darstellung und Bewertung der Beteiligungsformate sowie bei den Empfehlungen zur<br />

Weiterentwicklung des Verfahrens auch auf spezifische Probleme und Möglichkeiten einer<br />

erweiterten Mobilisierung eingegangen.<br />

2. Beteiligungsangebote und Nutzung<br />

2.1 Postalische Befragung und Internetbefragung<br />

Kernelement des <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong>s ist die jährliche postalische Haushaltsbefragung in<br />

Kombination mit einer Online-Befragung. Mit dieser Gestaltung gehen sowohl Vor- als auch<br />

Nachteile einher, die in den folgenden Abschnitten diskutiert werden sollen.<br />

Ein Vertreter der Verwaltung weist diesbezüglich auf die Abwägungsprozesse hin, die letztlich<br />

zur Wahl eines postalischen Verfahrens der Befragung geführt haben:<br />

"Wer darf voten, von wo? Nur <strong>Jena</strong> oder von außen. Mehrfach geht natürlich gar nicht und so<br />

weiter, damit es repräsentativ ist. Das war erst mal ein mühsamer Prozess, das auch technisch<br />

so hinzukriegen, dass man es einigermaßen sicherstellen konnte. Wir sind im Ergebnis des<br />

Prozesses dabei geblieben, es mit Printmedien zu machen, weil es einfach fälschungssicherer<br />

ist und den Vorteil hat: der Bürger guckt eben doch nicht einfach alle Internetseiten durch, die<br />

es zu einem Thema gibt. Eine Broschüre kann man mal durchblättern.“<br />

Wie stark dieses Angebot der verschiedenen Beteiligungswege angenommen wurde und wo<br />

mögliche Probleme sichtbar werden soll im Folgenden dargestellt werden. Die nachstehende<br />

Tabelle fasst die Beteiligungsquoten der Jahre 2007 bis 2012 in unterschiedlichen<br />

Kommunikationskanälen zusammen.<br />

22


Gesamtüberblick<br />

Tabelle 5: Übersicht Verfahrensnutzung <strong>Bürgerhaushalt</strong> <strong>Jena</strong> 2007 – 2012.<br />

Jahr Thema Anmerkungen Abstimmungsmodus<br />

Anzahl Fragebögen<br />

Postalisch<br />

(Rücklaufquote<br />

in Klammern)<br />

Online<br />

Sonstiges<br />

2007 Offene<br />

Befragung<br />

- - 3.200 372 (12,0%) 14 1 (Fragebogen aus Zeitung)<br />

2008<br />

/I<br />

18 Vorschläge<br />

für<br />

Investitionen<br />

Umfrage der<br />

TLZ.<br />

Vergleichbarkeit<br />

sprobleme -<br />

viele ungültige<br />

Stimmen<br />

3 Vorschläge mit<br />

3,2 und einem<br />

Punkt bewerten<br />

5.000 (Faltblatt,<br />

davon 2.500 zufällig<br />

verteilt)<br />

439 (8,8 %)<br />

unnummerierte,<br />

240 (4,8%)<br />

nummerierte,<br />

1.744 TLZ-Umfrage (107),<br />

Bürgerversammlung (643<br />

Stimmzettel bei 100<br />

Teilnehmern)<br />

2008<br />

/II<br />

17<br />

Investitionsvorschläge<br />

Verwendung<br />

Mehreinnahmen<br />

Internet,<br />

Faltblätter<br />

(zufällig,<br />

Fraktionen,<br />

Bürgeramt)<br />

Top-3-Priorisierung 7.500 Faltblätter 940, davon 907<br />

gültig (12,1%)<br />

4772, davon 580<br />

ungültig<br />

68 Fax/Kopie<br />

2009 Investitionen<br />

2009 - 2012<br />

20 Investitionsvorschläge<br />

der<br />

Fraktionen<br />

Top 3-<br />

Priorisierung,<br />

Gegenstimme<br />

15.000 4.149 (27,7%) 953 151<br />

2010 Förderung<br />

bestimmter<br />

Haushaltsbereiche<br />

graduelle<br />

Bewertung<br />

15.000 2.350 (15,7%) 156 25<br />

2011 Kultur graduelle<br />

Bewertung<br />

15.000 2.394 (16,0%) 640 46<br />

2012 Kindertagesstätten<br />

graduelle<br />

Bewertung<br />

Pro, contra, neutral 15.000 1.719<br />

(11,5%)<br />

360 27<br />

Quelle: Auswertungsberichte der Fachhochschule <strong>Jena</strong> durch Arndt Lautenschläger, zum Teil mit Monika Seiffert, sowie Angaben des<br />

Fachbereichs Finanzen der Stadt <strong>Jena</strong> (2008/I)<br />

23


Zunächst sind die im Gesamtüberblick erkennbaren Muster zu diskutieren. Auffällig sind die<br />

Schwankungen in den Rücklaufquoten zwischen den jeweiligen Jahren. Bei der ersten<br />

Durchführung im Jahr 2007 lag der Rücklauf bei 12 Prozent, die Rekordmarke liegt 2009 bei 27<br />

Prozent. Insgesamt liegt die Beteiligung für postalische Umfragen im üblichen Rahmen. So<br />

nennt Diekmann einen Rücklauf von 20 Prozent bei einer Umfrage ohne Erinnerungsschreiben<br />

als Richtwert. 32 Über die Gründe für die Schwankungen kann an dieser Stelle nur spekuliert<br />

werden. Bemerkenswert ist jedoch, dass die Beteiligung genau dann am höchsten war, als es<br />

um größere Investitionsprojekte ging. Man könnte vorsichtig interpretieren, dass sich die Bürger<br />

dann einbringen, wenn das Thema eine Relevanz für breite Bevölkerungsteile besitzt, z. B. im<br />

Hinblick auf das finanzielle Volumen und die Bedeutung für die Stadt <strong>Jena</strong>. Da viele<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>e nach einem ersten populären Verfahren mit sinkenden Teilnehmerzahlen zu<br />

kämpfen haben, könnten zudem Abnutzungseffekte eine Rolle spielen.<br />

Bei der Onlinebefragung sind ebenfalls deutliche Schwankungen festzustellen. Die deutlich<br />

höhere Beteiligung bei der Befragung zur Verwendung der Mehreinnahmen (2008) und zur<br />

Kulturförderung (2011) kann sicherlich darauf zurückgeführt werden, dass sehr gut vernetzte<br />

Gruppen ihre Anhänger mobilisieren konnten. So könnten z.B. Mitarbeiter versucht haben,<br />

Kürzungen am Etat ihrer Arbeitsstätte zu verhindern. Solche Effekte liegen in der hohen<br />

Selbstselektion bei der Beteiligung an Online-Umfragen begründet. Positiv zu bewerten ist<br />

jedoch, dass die Befragungen separat ausgewertet werden, sodass eventuelle Verzerrungen<br />

aufgedeckt werden können. Das gleiche gilt für die in öffentlichen Einrichtungen ausgelegten<br />

oder auf anderem Weg verbreiteten Abstimmungsbögen. Auch bei diesen schwankt die<br />

Beteiligung deutlich, das Minimum lag 2007 bei genau einem Bogen, das Maximum bei der<br />

Befragung zur Verwendung der Mehreinnahmen 2008 bei 953. Positiv festzuhalten ist, dass die<br />

Praxis der Verteilung von Abstimmungsbögen durch die Parteien bzw. Fraktionen eingestellt<br />

wurde.<br />

Von allen Beteiligten wird die Beteiligungszahl zumindest im Verhältnis zu anderen Kommunen<br />

als besonders hoch dargestellt, wie in dieser Aussage eines befragten Politikers: „Von außen<br />

betrachtet ist es hervorragend, verglichen mit anderen Prozessen ist <strong>Jena</strong> nach wie vor mit<br />

immer in der Top 3 gewesen, wenn es darum geht, wie viel Prozent der Menschen haben hier<br />

eigentlich mit daran teilgenommen.“<br />

Dabei wird von den meisten Befragten der Rücklauf der repräsentativen Befragung, welcher in<br />

den bisherigen Verfahren zwischen 11,5% und 27,7% lag, mit der Beteiligungs- bzw.<br />

Aktivierungsquote gleichgesetzt. Letztere bildet das Verhältnis zwischen Wahlberechtigten bzw.<br />

Einwohnern und den Teilnehmern des Verfahrens ab. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl bewegt<br />

sich <strong>Jena</strong> im Jahr 2012 mit einer Quote von rund 2,0 (Rücklauf und Internetbeteiligung) im<br />

vorderen Mittelfeld der nachfolgend dargestellten <strong>Bürgerhaushalt</strong>e:<br />

32 S. Diekmann 2007, S. 516<br />

24


Tabelle 6: <strong>Bürgerhaushalt</strong>e in deutschen (Groß-)Städten 2012 (sortiert nach Einwohnerzahl). 33<br />

Stadt<br />

(BHH seit)<br />

Verfahren<br />

Vorschläge<br />

(Bürger)<br />

Zeitfenster<br />

Beteiligungsphase<br />

Teilnehmerzahl<br />

(Quote)<br />

Kommentar<br />

Bonn<br />

(2005)<br />

Online; Themen<br />

„Sportförderung“ „Natur- und<br />

Landschaftspflege“ sowie<br />

Sparvorschläge<br />

4 Wochen 245 1.556 /<br />

327.913 (0,5)<br />

Deutlicher Rückgang der<br />

Nutzerzahl (2011:<br />

12.793) und Vorschläge<br />

(2011: 1.602)<br />

Münster<br />

(2011)<br />

Methodenmix (Online, Bürgerversammlungen,<br />

postalische<br />

Befragung)<br />

3 Monate 391 4.275 /<br />

291.754 (1,5)<br />

Rücklauf postalische<br />

Befragung rund 33 %<br />

Osnabrück<br />

(2012)<br />

Online Ca. 7 Wochen 349 Ca. 1.000 /<br />

165.021 (0,6)<br />

Kein direkter Effekt auf<br />

Haushalt 2013<br />

Solingen<br />

(2010)<br />

Online (Vorschläge von<br />

Verwaltung und Bürgern)<br />

3 Wochen 343 2.763 /<br />

159.699 (1,7)<br />

Hohes Bildungsniveau<br />

bei Beteiligten;<br />

Dominanz 40-49<br />

Jähriger<br />

Potsdam<br />

(2006)<br />

Methodenmix (Online,<br />

Versammlungen usw.)<br />

6 Monate 545 Ca. 8.000 /<br />

158.902 (5,0)<br />

-<br />

Darmstadt<br />

(2012)<br />

Onlinediskussionsforum 4 Wochen 170 113 /<br />

149.052 (0,1)<br />

Themen „Neues<br />

Rathaus“, „Bezirksverwaltungen<br />

in den<br />

Stadtteilen“,<br />

„Ehrenamtliches<br />

Engagement“ und<br />

„Online-<strong>Bürgerhaushalt</strong><br />

2013“<br />

Trier<br />

(2009)<br />

Online (Vorschlagssammlung<br />

und Abstimmung)<br />

4 Wochen 355 (Bürger),<br />

63(Ortsbeiräte)<br />

2.771 /<br />

105.675 (2,6)<br />

-<br />

<strong>Jena</strong><br />

(2007)<br />

Postalische Befragung und<br />

Onlineabstimmung zu festem<br />

Themenbereich<br />

(Kindertagesstätten)<br />

- - 2.106 /<br />

105.463 (2,0)<br />

15.000 postalische<br />

Fragebögen (11,5<br />

Rücklauf)<br />

Gütersloh<br />

(2010)<br />

Online 2 Monate (1<br />

Monat<br />

Vorschlagsam<br />

mlung, 1<br />

Monat<br />

Abstimmung)<br />

157 282 /<br />

96.758 (0,3)<br />

Rückgang der<br />

Beteiligung im<br />

Zeitverlauf<br />

33 Die Daten wurden auf den Internetseiten der entsprechenden Städte recherchiert [Stand: 25.12.2012].<br />

Aufgrund von Neuanmeldungen von Bürgerinnen und Bürgern können diese Zahlen sich jedoch laufend<br />

ändern. Sie wurden von Sebastian Schneider im Rahmen der Evaluation des Oldenburger<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>s 2012/2013 erhoben. Die Tabelle ist folglich in gleicher Form auch in dem sich<br />

momentan im Erscheinen befindenden Bericht enthalten.<br />

25


Tabelle 6 (Fortsetzung): <strong>Bürgerhaushalt</strong>e in deutschen (Groß-)Städten (sortiert nach Einwohnerzahl).<br />

Stadt<br />

(BHH seit)<br />

Verfahren<br />

Zeitfenster<br />

Beteiligungsp<br />

hase<br />

Vorschläge<br />

(Bürger)<br />

Teilnehmerzahl<br />

(Quote)<br />

Kommentar<br />

Worms<br />

(2011)<br />

Online 4 Wochen 230 1.055 /<br />

81.967 (1,3)<br />

Fachämter stellen<br />

ebenfalls Vorschläge zur<br />

Diskussion<br />

Celle<br />

(2010)<br />

Online; Sparvorschläge 5 Wochen 116 91 /<br />

69.972 (0,1)<br />

-<br />

Anmerkung: Für Celle wurde der Vorschlag mit den meisten Bewertungen herangezogen, da das Verfahren ohne<br />

Registrierung durchgeführt wird. Es handelt sich folglich um eine sehr konservative Schätzung des Anteils.<br />

Ausgangsbasis für die Tabelle ist die Datenbank auf www.buergerhaushalt.org. Dort kann auch eine Typologisierung<br />

der Verfahren abgerufen werden.<br />

Abseits der reinen Beteiligungszahlen ist für eine möglichst ausgewogene Beteiligung nicht<br />

zuletzt das Geschlechterverhältnis von Interesse. Im Gegensatz zu nicht verfügbaren Daten wie<br />

dem Bildungsgrad oder dem Einkommen, geben die Auswertungen der Fachhochschule <strong>Jena</strong><br />

über diesen Punkt Auskunft.<br />

Tabelle 7: Nutzung des Beteiligungsverfahrens inklusive postalischer Befragung, Online-Verfahren und<br />

anderen Verteilungswegen (Auslage etc.) nach Geschlecht in Spaltenprozent.<br />

2007 2008 34 2009 35 2010 2011 2012<br />

Männlich 47,8 45,1 - 52,2 - 46,6<br />

Weiblich 43,2 53,8 - 46,7 - 51,8<br />

Quelle: Auswertungsberichte der Fachhochschule <strong>Jena</strong>.<br />

34 Im Jahr 2007 und 2008 wurde nicht online befragt.<br />

35 Im Jahr 2009 wurden keine Daten über das Geschlecht der Teilnehmenden erhoben.<br />

26


Tabelle 8: Nutzung der postalischen Befragung nach Geschlecht (Spaltenprozent).<br />

2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />

Männlich 47,8 45,1 - 52,0 46,3 45,9<br />

Weiblich 43,2 53,8 - 48,0 53,7 52,3<br />

Quelle: Auswertungsberichte der Fachhochschule <strong>Jena</strong>.<br />

Tabelle 9: Nutzung der Online-Befragung nach Geschlecht (Spaltenprozent).<br />

2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />

Männlich - - - 66,0 60,6 50,0<br />

Weiblich - - - 34,0 39,4 49,2<br />

Quelle: Auswertungsberichte der Fachhochschule <strong>Jena</strong>. Der Anteil derjenigen, die keine Angaben zum<br />

Geschlecht machten, wird ebenso nicht gesondert wiedergegeben wie die Einzeldaten anderer<br />

Verteilungswege der Broschüre (z.B. Auslage).<br />

Die Betrachtung der Beteiligung am <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong> nach Geschlecht ergibt, dass sich<br />

mit Blick auf die Gesamtbeteiligung kein eindeutiges Muster zeigt. Mal überwiegen männliche<br />

Beteiligte, mal weibliche. Ein detaillierter Blick auf die postalische Abstimmung zeigt, dass sich<br />

Frauen in den letzten beiden Jahren etwas häufiger an der postalischen Abstimmung beteiligen,<br />

als es ihrem tatsächlichen Anteil in der Einwohnerschaft <strong>Jena</strong>s entspricht. 36 Es lässt sich über<br />

die Jahre jedoch ebenfalls kein eindeutiges Muster erkennen. Bei der Onlinebefragung zeigt<br />

sich 2010 und 2011 eine für Online-Verfahren typische Dominanz männlicher Teilnehmer,<br />

während die Beteiligung von Frauen beim Thema “Kita” massiv ansteigt und die<br />

Geschlechterverteilung der Internetbefragung fast ausgleicht.<br />

Mit Blick auf die sich beteiligenden Altersgruppen zeigen sich in den Daten der Fachhochschule<br />

typische Muster. So ist durchgängig insbesondere die Kohorte der bis 29-jährigen unter den<br />

Nutzern der Onlinebefragung vertreten, während Personen ab einem Alter von 50 Jahren im<br />

Rücklauf der postalischen Befragung anteilig stärker vertreten sind als bei der Nutzung des<br />

Online-Verfahrens. 37<br />

36 Vgl. dazu z. B. die statistischen Quartalsberichte der Stadt <strong>Jena</strong> unter<br />

http://www.jena.de/statistik/bericht/bericht.php [15.02.2013]<br />

37 Auf eine tabellarische Darstellung wurde verzichtet, da die Kohorten in den Endberichten der FH <strong>Jena</strong><br />

teils unterschiedlich ausgewiesen wurden (z.B. 13-29 gegenüber 18-29).<br />

27


Einzelbewertung: Methode der postalischen Befragung<br />

Die Komprimierung komplexer haushaltspolitischer Themenzusammenhänge in einen<br />

Fragebogen bzw. einzelne standardisierte Fragen bei Anvisierung von Ergebnissen, die für<br />

Politik und Verwaltung verwertbar sind, stellt eine besondere Herausforderung dar. Im Großen<br />

und Ganzen wurde diese erfolgreich bewältigt. Dennoch sollen die Abstimmungsbögen der<br />

einzelnen Jahre auf ihre Funktionalität überprüft werden. 38 Insbesondere für den Fall, dass<br />

bestimmte Themengebiete oder Formen der Befragung wieder aufgegriffen werden sollten,<br />

kann sich dies als nützlich erweisen.<br />

Das Faltblatt, 39 das im zweiten Beteiligungsverfahren 2008 als Broschüre diente, zielte darauf<br />

ab, die Bewertung von 16 Investitionsprojekten zu erheben. Zusätzlich konnte ein eigener<br />

Vorschlag angegeben werden. Den drei wichtigsten Vorschlägen sollten dabei die Zahlen eins,<br />

zwei und drei vergeben werden. Die Ausfüllhinweise sind allerdings umständlich formuliert,<br />

weshalb angenommen werden kann, dass die Befragten Probleme bei der Beantwortung<br />

gehabt haben dürften. So ist die Vergabe der Zahl drei für den wichtigsten Vorschlag<br />

unplausibel, denn intuitiv würde man für diesen sicherlich die eins vergeben. Scherzhaft ließe<br />

es sich damit vergleichen, dass schließlich auch nicht der Tabellendritte deutscher<br />

Fußballmeister wird. Zudem könne auf Begriffe wie “Priorität” verzichtet werden, die ein<br />

erhöhtes Sprachverständnis voraussetzen und damit Teile der Bevölkerung ausschließen<br />

können. Alternativ böte sich die Vergabe von bis zu drei Stimmen an, die auf die Vorschläge<br />

verteilt werden können.<br />

Beim Fragebogen aus dem Jahr 2008 40 fallen einige Mängel in der Formulierung der Fragen<br />

und Antwortkategorien auf. So fehlen bei den Fragen nach der Aufmerksamkeit und dem<br />

Interesse an der Stadtpolitik bspw. Hinweise, ob Mehrfachantworten zulässig sind oder nicht.<br />

Zudem sind die Antwortkategorien nicht erschöpfend, da die Option einer offenen Antwort fehlt.<br />

Bei der letztgenannten Frage werden ferner simultan zwei Fragestimuli präsentiert: Interesse an<br />

Stadtpolitik und Teilnahme an Veranstaltungen. In Kombination mit den fehlenden<br />

Antworthinweisen kann diese für Befragte bei der Beantwortung problematisch werden und zu<br />

nicht validen Antworten führen. Bei der dritten Frage zur Bewertung des Informationsgehalts der<br />

Broschüre hätte die Antwortkategorien aus Gründen der Übersichtlichkeit besser untereinander<br />

präsentiert werden sollen.<br />

Der Fragebogen zur Abstimmung über die Investitionsvorhaben 2009 41 weist aus Sicht der<br />

Autoren missverständliche Hinweise zur Fragebeantwortung auf. Durch den Nachsatz “Hinweis:<br />

Bitte beachten Sie, dass pro Spalte und Zeile nur ein Kreuz erlaubt ist” entsteht der Eindruck,<br />

dass alle Vorschläge bewertet werden können, obwohl nur drei priorisiert werden sollen.<br />

38 Vgl. dazu z. B. Porst 2008<br />

39 Vgl. Faltblatt: Bürgerbeteiligung zu Investitionen 2009 bis 2012, abgerufen unter<br />

http://www.jena.de/fm/1727/faltblatt_investitionen_bhh_2008.pdf, [15.02.2013].<br />

40 Vgl. Haushaltsbroschüre der Stadt <strong>Jena</strong> 2008, S. 15, abgerufen unter<br />

http://www.jena.de/fm/1727/bhh_broschuere_2008.pdf, [15.02.2013]<br />

41 Vgl. Haushaltsbroschüre der Stadt <strong>Jena</strong> http://www.jena.de/fm/1727/bhh_broschuere_2009.pdf, S. 16<br />

[15.02.2013].<br />

28


Die Fragebögen aus den Jahren 2010 42 , 2011 43 und 2012 44 sind trotz unterschiedlicher Themen<br />

allesamt recht ähnlich gestaltet. Mittels einer abgestuften, kategorialen Antwortskala sollte<br />

angeben werden, ob bestimmte Haushaltsbereiche mehr oder weniger finanzielle Mittel<br />

zugewiesen bekommen sollen bzw. ob die Gebühren für Kindertagesstätten angehoben oder<br />

gesenkt werden sollen. In beiden Fällen bestand ebenfalls die Möglichkeit, die gegenwärtigen<br />

Haushaltsmittel bzw. Kosten als angemessen einzustufen. Die Formulierung der Fragen und<br />

Antwortkategorien ist als gut zu bewerten. Allerdings stellt die graduelle Abstufung ein Problem<br />

für die Bearbeitung der Befragungsergebnisse durch die Politik und Verwaltung dar, denn sie<br />

lassen einen beträchtlichen Interpretationsspielraum, was noch in Bezug auf Ergebnisse und<br />

Rechenschaftslegung zu diskutieren sein wird. Ferner kann vermutet werden, dass<br />

hochspezifische Themen wie Kindertagesstätten womöglich für breitangelegte postalische<br />

Befragungen zu komplex sind, sodass sich zu einem Großteil nur die Gruppe der direkt<br />

Betroffenen (Eltern) mit der <strong>Bürgerhaushalt</strong>sbroschüre auseinandersetzt. 45<br />

Auch wenn dies von den Befragten der AG eher kritisch gesehen wird, könnte eine Einbindung<br />

der Verantwortlichen für die Auswertung in die Fragebogenerstellung eine effektivere<br />

Verzahnung von Erhebung und Auswertung sicherstellen. Außerdem sollte bei der künftigen<br />

Themenwahl darauf geachtet werden, dass das Thema weder zu spezifisch noch zu allgemein<br />

ist. Ersteres senkt die Anreize für die breite Masse, sich zu beteiligen, zweiteres die<br />

Verwertbarkeit der Beteiligungsergebnisse.<br />

Neben dem Verzicht auf eine Ausgabe der Broschüren an Parteien und Interessengruppen<br />

wäre es sinnvoll, auch auf die Auslage eines Kontingents von Broschüren auf<br />

Bürgerversammlungen und in der Tourist-Information zu verzichten. An dieser Stelle könnten<br />

die vorhandenen Flyer verteilt werden, die auf das Online-Verfahren hinweisen. Eventuell ist so<br />

die Aktivierungshöhe sogar größer, da die Online-Teilnahme im Gegensatz zur Nutzung der<br />

Abstimmungskarte, die in diesem Fall ohne Rücksendeumschlag versandt werden müsste,<br />

sogar kostenlos ist.<br />

Einzelbewertung Online-Verfahren<br />

Das Onlineverfahren bringt die postalische Befragung im Wesentlichen unverändert in den<br />

digitalen Raum. Der Zugang per Registrierung ist ein in vielen <strong>Bürgerhaushalt</strong>en diskutiertes<br />

Thema, da es eine mögliche Hürde für niedrigschwellige Beteiligung darstellt. Im Gegensatz zu<br />

anderen technischen Möglichkeiten von eher temporären IP-Sperren bis hinzu Cookies, wird so<br />

eine Manipulation allerdings am ehesten erschwert.<br />

Im Onlineforum zum <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong> wurden ferner Probleme bei der Online-<br />

Abstimmung im Jahr 2010 berichtet 46 . Auch solche Probleme können vermieden werden, indem<br />

42 Vgl. Haushaltsbroschüre der Stadt <strong>Jena</strong> 2010, S. 17, abgerufen unter<br />

http://www.jena.de/fm/1727/bhh_broschuere_2010.pdf, [15.02.2013].<br />

43 Vgl. Haushaltsbroschüre der Stadt <strong>Jena</strong> 2011, S. 17, abgerufen unter<br />

http://www.jena.de/fm/1727/bhh_broschuere_2011.pdf, [15.02.2013].<br />

44 Vgl. Haushaltsbroschüre der Stadt <strong>Jena</strong> 2012, S. 17, abgerufen unter<br />

http://www.jena.de/fm/1727/bhh_broschuere_2012.pdf, [15.02.2013].<br />

45 S. dazu auch die geringere Rücklaufquote bei der postalischen Befragung 2012.<br />

46 S. dazu http://forum.jena.de/forbb/viewtopic.php?f=22&t=31 [15.02.2013]<br />

29


die Abstimmungsfunktion vor Beginn der Abstimmungsphase ausführlich getestet wird. Dabei<br />

sind sowohl unterschiedliche Webbrowser (insb. MS Internet Explorer, Mozilla Firefox, Google<br />

Chrome und Apple Safari als weitverbreitete Browser) als auch Browserkonfigurationen<br />

(Cookies, Java Script usw.) und Bildschirmauflösungen zu berücksichtigen. In Zeiten der<br />

steigenden Nutzung des Internets über Mobiltelefone sollten auch sehr kleine Displayformate<br />

auf reibungslose Funktionalität untersucht werden. Die im Forum erwähnte Inaktivitätsspanne<br />

und die ordnungsgemäße Verlinkung der Abstimmung sind ebenfalls Parameter, die im Vorfeld<br />

immer sorgfältig überprüft werden sollten. Der Grund dafür liegt in einer möglicherweise<br />

abschreckenden Wirkung technischer Fehler auf potentiell interessierte Bürger.<br />

Immer wieder ist auch die Repräsentativität der Ergebnisse ein Kritikpunkt in der politischen<br />

Diskussion. 47 Um solcher Kritik entgegenzutreten, sollten die Ergebnisse für die repräsentative<br />

Stichprobe aus Sicht der FH <strong>Jena</strong> eher nicht mit der auf Selbstselektion beruhenden Stichprobe<br />

aus der Onlinebefragung vermischt werden.<br />

2.2 Vor-Ort-Veranstaltungen<br />

Außerhalb des eigentlichen Abstimmungsverfahrens wurden seit Einführung des<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>s auch Bürgerversammlungen angeboten. Solche Präsenzveranstaltungen sind<br />

insofern problematisch, als sie häufig nur wenige Besucher mobilisieren, was oft zu<br />

vergeblichem Aufwand und Kritik in den Presse führt. 48<br />

47 Vgl. dazu z. B. Masser et al. 2013, S. 85-92<br />

48 Vgl z. B. Holtkamp 2008, S. 229-230. Beispiele für kritische Kommentare der lokalen Presse zeigen<br />

sich u. a. in Oldenburg, vgl. dazu Schneider 2012<br />

30


Tabelle 10: Übersicht über Bürgerversammlungen im Zusammenhang mit dem <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong><br />

Jahr Ort / Termine Teilnehmer Anlass / Themen<br />

2007 Drei Bürgerversammlungen insgesamt ca.<br />

140 Personen<br />

2008 Vier Bürgerversammlungen insgesamt ca.<br />

40-60<br />

Durchführung auf Basis von<br />

Stadtratsbeschluss (Nr. 07/0860-BV),<br />

jeweils eine Versammlung zu den<br />

Themen Stadtentwicklung,<br />

Familienpolitik, Schuldenabbau<br />

Verfahren des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s<br />

2009 KuBuS Lobeda-West<br />

(09.11.09),<br />

Rathausdiele (16.11.09),<br />

Christliches Gymnasium<br />

(23.11.09),<br />

Regelschule Winzerla<br />

(30.11.09)<br />

ca. 15-20 pro<br />

Versammlung<br />

Entwicklung des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s in<br />

<strong>Jena</strong>, Ergebnisse der bisherigen<br />

Bürgerabstimmungen, Themen und<br />

Modalitäten des<br />

Bürgerbeteiligungsverfahrens 2009,<br />

zukünftige Schwerpunkte<br />

2010 Volkshochschule <strong>Jena</strong><br />

(27.04.2010)<br />

Volkshochschule <strong>Jena</strong><br />

(18.08.2010)<br />

2011 Volkshochschule <strong>Jena</strong><br />

(08.09.2011)<br />

ca. 30<br />

ca. 40<br />

ca. 30<br />

Ergebnisse des Beteiligungsverfahrens<br />

2009, Chancen zur Umsetzung<br />

Haushaltsbroschüre,<br />

Beteiligungsverfahren<br />

neue Haushaltsbroschüre,<br />

aktuelles Beteiligungsverfahren 2011,<br />

Weiterentwicklung des <strong>Jena</strong>er<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>s<br />

2012 Plenarsaal des alten<br />

Rathauses (05.09.2012)<br />

31 bisherige Verfahren und Ergebnisse,<br />

neue Haushaltsbroschüre 2012,<br />

aktuelles Beteiligungsverfahren<br />

Plenarsaal des alten<br />

Rathauses (10.12.2012)<br />

ca. 30<br />

Präsentation der Beteiligungsergebnisse<br />

2012<br />

Quelle: Homepage des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s <strong>Jena</strong>, Auskünfte der Stadtverwaltung <strong>Jena</strong>.<br />

Seit Bestehen des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s wurde mindestens einmal jährlich eine<br />

Präsenzveranstaltung aus Anlass des zeitgleichen oder in unmittelbarer zeitlicher Folge<br />

stattfindenden Beteiligungsverfahrens durchgeführt. Der Fokus liegt dabei darauf, das<br />

Beteiligungsverfahren im Allgemeinen und das aktuelle Verfahren im Speziellen zu erläutern<br />

und mit den Anwesenden darüber zu diskutieren. Zusätzlich gab es z. B. im Jahr 2009<br />

Veranstaltungen, die sich mit den Ergebnissen des vergangenen Verfahrens<br />

auseinandergesetzt hatten. Eine solche Präsentation der Ergebnisse fand aber auch in<br />

öffentlichen Sitzungen der AG statt, so dass auf zusätzliche Versammlungen verzichtet wurde.<br />

31


Bis auf die Termine des Jahres 2012 basieren die Zahlen der Teilnehmenden auf Schätzungen<br />

der Verwaltung. Deshalb kann keine Aussage über die die Zusammensetzung der Teilnehmer<br />

getroffen werden. In den Bürgerversammlungen 2012, insbesondere bei der<br />

Ergebnispräsentation setzten sich die Teilnehmer allerdings zum größten Teil aus Mitgliedern<br />

der AG <strong>Bürgerhaushalt</strong>, Mitarbeitern der Stadtverwaltung sowie der lokalen Presse zusammen.<br />

Nachdem die ersten Veranstaltungen noch als gut besucht zu bezeichnen sind, sank die<br />

Beteiligung in den Folgejahren schnell auf ein überschaubares Niveau, wie es ein Mitarbeiter<br />

der Verwaltung ausdrückt:<br />

„Das waren ja damals auch die hehren Versuche, als wir gestartet sind, dass wir in Bürgerforen<br />

da eine große Besucherzahl erreichen. Aber das wurde nie erreicht. Es hat mehrere Foren<br />

gegeben, die sehr schlecht besucht wurden.“<br />

Die geringe Wahrnehmung der Vor-Ort-Angebote durch Bürger hat schließlich dazu geführt,<br />

dass die Zahl solcher Veranstaltungen kontinuierlich reduziert wurde und auf dezentrale<br />

Veranstaltungen verzichtet wird. 49<br />

Das scheinbar geringe Interesse an dieser Form der Veranstaltung muss allerdings nicht<br />

überraschen. In <strong>Jena</strong> dient die Bürgerversammlung vor allem als Mittel der Information sowie<br />

der Mobilisierung zur Teilnahme durch die Internetabstimmung bzw. durch<br />

Haushaltsbroschüren, die bei der Versammlung ausgelegt werden. Bürgern, die sich über die<br />

postalisch erhaltene Broschüre bzw. über das Online-Angebot bereits ausreichend bezüglich<br />

des Verfahrens und Fragen des städtischen Haushalts informiert fühlen, bieten sich also eher<br />

geringe Anreize für die Teilnahme an der Bürgerversammlung.<br />

Sollte die Funktion und der Status dieses Instrumentes im Prozess nicht geändert werden,<br />

erscheint die Durchführung einer einzigen jährlichen Veranstaltung durchaus als sinnvoll und<br />

angemessen. Durch die Bewerbung der Veranstaltung kann ein Werbeeffekt erzielt werden, der<br />

auch Teilnehmer für eine Online-Beteiligung aktiviert, die aber nicht bei der Veranstaltung<br />

erscheinen. Weiterhin wird Interessierten zumindest die Möglichkeit geboten, sich zu äußern<br />

und somit Feedback zum Verfahren zu geben, ohne an Sitzungen der AG <strong>Bürgerhaushalt</strong><br />

teilzunehmen.<br />

Um das Interesse an dieser Veranstaltungsform selbst zu erhöhen, bietet sich im Rahmen des<br />

jetzigen Verfahrens bspw. die Einbindung partizipativerer Momente an. So könnten unter den<br />

Anwesenden z.B. Vorschläge für die Themen folgender <strong>Bürgerhaushalt</strong>e gesammelt werden.<br />

Eine noch umfassende Aufwertung der Bürgerversammlungen ließe sich nur bei einer<br />

grundsätzlichen Umgestaltung des Verfahrens erreichen.<br />

2.3 Zusätzliche digitale Kommunikations- und Beteiligungsangebote<br />

Neben den oben genannten Beteiligungsinstrumenten existieren weitere digitale Angebot, die<br />

prinzipiell in das Beteiligungsverfahren selbst eingebunden werden könnten, aber zur Zeit<br />

insbesondere eine Form der Öffentlichkeitsarbeit darstellen.<br />

49 Ein ähnlicher Befund ist auch für andere <strong>Bürgerhaushalt</strong>e festzustellen. So reduzierte Oldenburg zuerst<br />

die Anzahl der Bürgerforen von sechs auf zwei (Schneider 2012, S. 4). Beim dritten Durchgang des<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>s wurde dort komplett auf Präsenzveranstaltungen verzichtet.<br />

32


Onlinediskussionsforum<br />

Bei Betrachtung der Nutzung des Onlinediskussionsforums fällt auf, dass sich nur eine geringe<br />

Zahl an Nutzern dort angemeldet hat. Statistisch gesehen werden zu jedem Thema lediglich<br />

rund 2,7 Beiträge abgegeben. Insgesamt deutet dies nicht darauf hin, dass das Forum<br />

sonderlich zur Diskussion der kommunalen Haushaltspolitik unter Bürgern genutzt wird.<br />

Höchstens die kontroverse Diskussion der Kulturausgaben im Jahr 2011 scheint ansatzweise<br />

die Beteiligung im Forum angeregt zu haben.<br />

Tabelle 11: Nutzung Onlinediskussionsforum zum <strong>Bürgerhaushalt</strong> <strong>Jena</strong>.<br />

Themen Beiträge Mitglieder<br />

Stand<br />

01.04.2013<br />

120 324 46<br />

Vielmehr scheint es, als diente es lediglich als Informationsplattform für den harten Kern der<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>saktiven und -sympathisanten. So bietet das Forum die Möglichkeit einer<br />

Verständigung der AG-BHH über Sitzungstermine sowie externe Veranstaltungen. Durch den<br />

freien Zugang zum Forum, der auch ohne Registrierung den Zugriff auf Gesprächsverläufe und<br />

Dokumente zulässt, wird für eine erweiterte Öffentlichkeit zumindest potentiell Transparenz in<br />

Bezug auf die Arbeit der Akteure des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s hergestellt. Dabei bleibt zu klären,<br />

welche Inhalte des Forums auch Teil der BHH-Homepage sein sollten. Auf letzterer finden sich<br />

nur die Protokolle der AG-BHH, während Sitzungsmaterialien und Teilnehmerlisten nur über das<br />

Forum abrufbar sind. Im Sinne der Übersichtlichkeit der Homepage sollte die bisherige<br />

Aufteilung beibehalten werden.<br />

Social-Networks: Facebook<br />

Als weitere Kommunikations- bzw. Interaktionsform bietet der <strong>Bürgerhaushalt</strong> der Stadt <strong>Jena</strong><br />

eine eigene Facebook-Seite an. 50 Sie übernimmt eine ähnliche Funktion wie das Onlineforum<br />

auf der Internetseite des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s. Es werden aktuelle Termine des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s<br />

bekannt gegeben, über Entscheidungen der Kommunalpolitik berichtet sowie Hinweise auf<br />

Beiträge und Veranstaltungen zu <strong>Bürgerhaushalt</strong>en im Allgemeinen verbreitet. Die in der Regel<br />

geringe Anzahl an Kommentaren und “Gefällt mir”-Angaben (“Likes”) zu den einzelnen<br />

Beiträgen deuten jedoch darauf hin, dass auf der Seite kaum öffentlich sichtbare Interaktion<br />

stattfindet. Auch wenn sich so keine hohen Ansprüche von Mobilisierung und Web-2.0-<br />

Interaktivität für das Verfahren ergeben, sind diese Zahlen als typisch zu bezeichnen. Etablierte<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>e, falls sie überhaupt vertreten sind, wie z. B. Potsdam (237 Likes) 51 oder Hilden<br />

(202 Likes) 52 kommen auf nicht wesentlich höhere Bekanntheit, während die wenigen anderen<br />

vertretenen <strong>Bürgerhaushalt</strong>e noch weniger nachgefragt werden, wie z. B. Marzahn-Hellersdorf<br />

(23 bzw. 34 Likes) 5354 oder Weimar (52 Likes) 55 . Selbst Metropolen wie die US-Städte New York<br />

50 Vgl. http://www.facebook.com/pages/<strong>Bürgerhaushalt</strong>-<strong>Jena</strong><br />

51 Vgl. http://www.facebook.com/pages/B%C3%BCrgerhaushalt-in-Potsdam/110882312283251<br />

52 Vgl. http://www.facebook.com/Hildener.Buergerhaushalt<br />

53 Vgl. http://www.facebook.com/BHH.MaHe<br />

54 Vgl. http://www.facebook.com/misch.mit.mahell<br />

33


(784 Likes) 56 oder Chicago (296 Likes) 57 können über Facebook keine umfassende Aktivierung<br />

realisieren, wenn man die typische Mechanik der “Likes” als Indikator für die Vernetzung einer<br />

Seite zugrunde legt. 58<br />

Um die Besucherfrequenz auf der Facebook-Seite dennoch zu erhöhen, böte es sich an, die<br />

Seite über weitere <strong>Jena</strong>er Facebook-Seiten, wie z. B. von Vereinen, Ortsgruppen der Parteien,<br />

Veranstaltungsseiten, Zeitungen usw. bekannter zu machen.<br />

2.4 Bekanntheit, (Nicht-)Beteiligung und Beteiligungsabsicht<br />

Von den 179 Befragten gaben fast 93 Prozent an, bereits vor der Befragung vom <strong>Jena</strong>er<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong> gehört zu haben. Von diesen 166 Personen gaben wiederum rund 74 Prozent<br />

an, sich am <strong>Bürgerhaushalt</strong> beteiligt zu haben. An dieser Stelle ist noch einmal darauf<br />

hinzuweisen, dass die Befragung nicht auf einer Zufallsstichprobe aus der Gesamtbevölkerung<br />

beruht, sondern die Teilnahme per Selbstselektion erfolgte. Daher kann der Prozentanteil nicht<br />

als Anteil in der Bevölkerung interpretiert werden. Von den 16 Befragten im Onlineforum gaben<br />

selbstverständlich alle an, den <strong>Bürgerhaushalt</strong> zu kennen. Am <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong> beteiligt<br />

haben sich davon 15 Personen. Es stellt sich nun die Frage, welche Gründe die verbleibenden<br />

25 Prozent (43 Personen) bzw. die verbleibende Person aus dem Onlineforum angaben, warum<br />

sie sich nicht am <strong>Bürgerhaushalt</strong> beteiligt haben. Das nachstehende Diagramm gibt einen<br />

Überblick.<br />

55 Vgl. http://www.facebook.com/pages/B%C3%BCrgerhaushalt-Weimar/164357443579622<br />

56 Vgl. http://www.facebook.com/PBNewYorkCity<br />

57 Vgl. http://www.facebook.com/PBChi<br />

58 Datenstand der Facebook-Angaben: 01.04.2013.<br />

34


Grafik 6: Gründe für Nicht-Beteiligung am <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong>. Nennungen in Prozent.<br />

Mehrfachantworten zulässig (Bürgerbefragung).<br />

Fehlende Informationen<br />

54<br />

Keine Zeit<br />

33<br />

Sonstige Gründe<br />

Die gebotenen Informationen zum<br />

Beteiliungsverfahren waren schwer<br />

verständlich<br />

12<br />

16<br />

Bürgerbefragung (n = 43)<br />

Kein Interesse an Beteiligung<br />

5<br />

Kein Interesse an Kommunalpolitik<br />

0<br />

Anmerkung: Die Fallzahl reduziert sich von 179 auf 43, da nur die Personen einbezogen werden, die<br />

sich bisher nicht am <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong> beteiligt haben. Von den 16 Befragten aus dem Onlineforum<br />

gab lediglich eine Person an, sich bisher nicht am <strong>Bürgerhaushalt</strong> beteiligt zu haben.<br />

Unter „sonstige Gründe“ wurde in der offenen Bürgerbefragung genannt:<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

0 10 20 30 40 50 60<br />

„<strong>Bürgerhaushalt</strong> ist reine Geldverschwendung“<br />

„Die Wünsche der Bürger werden eh nicht umgesetzt“<br />

„Neu zugezogen“<br />

„private Umstände, dieses Jahr keine Zeit für die Teilnahme an der Befragung<br />

ermöglichte“<br />

„Rückkehr vor kurzem“<br />

„Selten im I-Net“<br />

„Unrelevante Punkte die zur Auswahl standen. Macht die Befragung uninteressant“<br />

Auch wenn die Fallzahl recht gering ist, kann man aus den Daten vorsichtig interpretieren, dass<br />

die Informationsarbeit zum <strong>Bürgerhaushalt</strong> ausgebaut werden kann. Generell scheint es<br />

angebracht, bei den entsprechenden Materialien auf Anschaulichkeit und Verständlichkeit zu<br />

achten. Darüber soll an späterer Stelle dieses Berichts noch diskutiert werden.<br />

Eine künftige Beteiligung am <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong> können sich fast alle Befragten vorstellen,<br />

sowohl unter den Befragten der offenen Befragung als auch im Onlineforum (s. nachstehende<br />

Tabelle). Dabei ist jedoch nochmals auf Selbstselektionseffekte hinzuweisen, da die Befragung<br />

mit hoher Wahrscheinlichkeit von am <strong>Bürgerhaushalt</strong> interessierten Bürgern wahrgenommen<br />

und beantwortet wurde.<br />

35


Künftige Beteiligung<br />

Tabelle 12: Künftige Beteiligung am <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong> (Spaltenprozent).<br />

Bürgerbefragung<br />

Onlineforum<br />

Ja 85 94<br />

Nein 6 -<br />

Weiß nicht 10 6<br />

Anmerkung: Bürgerbefragung n = 179, Befragung Onlineforum n = 16.<br />

3. Beteiligungsergebnisse, Wirkungen und Rechenschaft<br />

3.1 Beteiligungsergebnisse<br />

Die nachfolgende Übersicht soll einer groben Übersicht über die bisherigen<br />

Beteiligungsergebnisse dienen, die weder Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, noch einer<br />

Wertung der Ergebnisse dienen soll.<br />

36


Tabelle 13: Ergebnis der Bürgervoten.<br />

Jahr Pro Contra Anmerkungen / Details<br />

2007 Familie/Soziales , Bau-<br />

Wohnungswesen/Verkehr/öffentliche<br />

Einrichtungen, Verschuldung der Stadt;<br />

günstigerer Nahverkehr; bessere<br />

Radwege; Kinder u. Jugendliche;<br />

Ordnung u. Sauberkeit<br />

Verwaltung<br />

(Sparen bei<br />

Personal)<br />

Thematisch offene Bürgerbefragung; Jüngere<br />

pro Freizeit u. Sport; ältere pro Ordnung u.<br />

Sicherheit<br />

2008/I Entschuldung, Radwegesystem,<br />

Straßenunterhalt<br />

- Bewertung der 18 Vorschläge zur Verwendung<br />

der Mehreinnahmen; ungültige Antworten<br />

enthielten Forderung nach Ausbau des<br />

Weststadions und Neubau einer Sporthalle<br />

2008/II<br />

Sanierung Ostbad, Sozialer<br />

Wohnungsbau, Sanierung<br />

Schillerschule<br />

Bewertung von 16 Vorschlägen der Fraktionen<br />

sowie einem eigenen Vorschlag zu<br />

Investitionsprojekten<br />

2009 Haushaltskonsolidierung, sozialer<br />

Wohnungsbau, Radwege, Optimierung<br />

Verkehrsfluss, [Sport- und<br />

Mehrzweckhalle]<br />

Kongresshalle,<br />

Kunstrasenplatz<br />

Abstimmung über PLZ-Bereiche konstant;<br />

ländliche Viertel stärker für Konsolidierung; nur<br />

leichte Abweichungen bei Onlineabstimmung<br />

und sonstigen Stimmzetteln<br />

2010 Bildung, Soziales, Jugend Kultur, Sport Frauen: pro Jugend, Kultur, Soziales. Jüngere<br />

Personen: pro Bildung und Jugend. Ältere:<br />

Kultur. Bei Einzelposten wurden Verpflegung in<br />

Schulen und Kitas sowie Qualitätssicherung in<br />

Kitas präferiert.<br />

2011 Kein deutliches Bild. Förderung i. d. R.<br />

ausreichend bzw. etwas mehr zu<br />

fördern. Gleiches Ergebnis für<br />

Eigenbetrieb <strong>Jena</strong>Kultur<br />

- Kein deutliches Bild. Förderung i. d. R.<br />

ausreichend bzw. etwas mehr zu fördern.<br />

Leichte Abneigung gegen<br />

Theater/Philharmonie. Frauen: für stärkere<br />

Förderung. Jüngere: für Veranstaltungen und<br />

Theater. Ältere: für Philharmonie. Cluster:<br />

Sparer, Förderer (Subgruppen: Unterschiede<br />

bei Musik-/Kunstschule u. Philharmonie).<br />

Online pro Eigenbetrieb, sonstige sehen die<br />

Förderung als ausreichend an<br />

2012 Kein deutliches Bild. Bei jeder Frage<br />

votiert eine Mehrheit für die<br />

Beibehaltung des Status Quo, während<br />

Minderheiten gegenläufige Präferenzen<br />

haben, die als Tendenzen ausgelegt<br />

werden könnten.<br />

- ⅓ sehen Ausstattung der Kitas als zu niedrig<br />

an, rund 60% als ausreichend; 50% sehen<br />

Finanzierungsregelung als angemessen an,<br />

10% wünschen Senkung des Freibetrags, 30%<br />

für eine Erhöhung; für ein aufwandsbezogene<br />

Gebühr sprechen sich 50% aus, 50% dagegen;<br />

60% sprechen sich für eine Finanzierung durch<br />

Ausgabensenkung aus, 20% für<br />

Steuererhöhungen; Gespart werden sollte<br />

besonders bei der Verwaltung und bei<br />

Großprojekten<br />

Quelle: Auswertungsberichte der Fachhochschule <strong>Jena</strong> durch Arndt Lautenschläger, zum Teil mit Monika<br />

Seiffert, sowie Angaben des Fachbereichs Finanzen (2008/I)<br />

37


3.2 Wirkung des Verfahrens auf die kommunale Haushaltspolitik<br />

Wenn es um die Beteiligungsergebnisse und ihre Wirkung geht, beschreiben alle Befragten<br />

unisono das Ergebnis des Jahres 2009 als besonders folgenreich bzw. als das einzige mit<br />

wirklich greifbaren Auswirkungen. So betonen alle Befragten, dass die mit dem Bürgervotum<br />

verbundene Legitimation die Grundlage für umfangreiche Entschuldungsmaßnahmen bot, die<br />

auch eine freiwillige Schuldenbremse in der Hauptsatzung beinhalteten. Sie war neben<br />

Auswirkungen im Bereich des Radwegeausbaus und der Bildungsinvestitionen das relevanteste<br />

Ergebnis. So ein Mitarbeiter der Verwaltung:<br />

Die Bürger sich auch ganz klar, die Hälfte, sich für Entschuldung ausgesprochen hat. […] Wir<br />

haben tatsächlich, auch im Ergebnis des ersten Umfrageergebnisses 2008, ein<br />

Entschuldungskonzept eingeführt, wir haben ein Verschuldungsverbot in die Hauptsatzung<br />

aufgenommen. […] Der Prozess ist auch wirklich sehr konsequent angepackt worden und das<br />

liegt auch an dem Rückenwind, den wir durch die Bürgerbefragung hatten im Rahmen des<br />

ersten <strong>Bürgerhaushalt</strong>es, dem ersten.“<br />

Neben der unbestrittenen Wirkung des Beteiligungsergebnisses geht die inhaltliche Bewertung<br />

der verfolgten Maßnahmen insbesondere im Bereich der politischen Parteien auseinander. Hier<br />

stehen sich Befürworter und Gegner einer solch strikten Sparpolitik gegenüber.<br />

Die Eindeutigkeit einer Abstimmung über verschiedene Investitionsvorschläge hat in einem<br />

solchen Verfahren aber auch ihre Grenzen. Schon knapp nach dem erstplatzierten Vorschlag<br />

“Entschuldung” bot die Anzahl der Bürger, die für die einzelnen Vorschläge votierte, bereits<br />

Anlass für Diskussionen:<br />

„Dann zeigte sich, nach der ersten Bürgerbefragung gab es einen gewissen Streit zwischen<br />

Koalition und Opposition. Wer sich bestätigt fühlt und wer nicht in seinen politischen Ansichten.<br />

Die statistische Grundlage wurde ab Platz 4 so dünn also 167 Leute oder so, dass man damit<br />

auch nicht mehr so ganz große Politik machen konnte.“<br />

Eine reine Abstimmung zu Vorschlägen der Verwaltung bzw. der Fraktionen, zu denen sich die<br />

Bürger nicht weiter äußern können, kann, wie im Fall des Verfahrens 2008 zu den<br />

Mehreinnahmen aber auch den Eindruck einer direktdemokratischen Abstimmung erwecken, so<br />

die Kritik des Zuständigen von “buergerhaushalt.org”, Oliver Märker. 59 Kommt es hier zu<br />

Abweichungen im Votum des Stadtrats, kann dies schnell zu neuem Verdruss führen.<br />

Durch den Wechsel von Investitionen zu Sachkostenausgaben unterscheiden sich die<br />

Ergebnisse und Wirkungen der jüngeren Verfahren allerdings von denen der Jahre 2008 und<br />

2009. Im Gesamtblick werden die Ergebnisse der Jahre 2010, 2011 und 2012, wie<br />

insbesondere in den Interviews mit Vertretern aus Politik und Verwaltung deutlich wird, als eher<br />

unbrauchbar für direkt ableitbare Entscheidungen eingeschätzt, da sie keine klaren<br />

Sachverhalte in „harten Zahlen“ produzieren, sondern graduell abgestufte Einschätzungen. Hier<br />

liegt ein Problem für den Stadtrat, das ein Mitarbeiter der Verwaltung im Hinblick auf die<br />

Ergebnisse herausstellt:<br />

59 Vgl. http://www.buergerhaushalt.org/article/jena-ergebnisse-der-b%C3%BCrgervoten-ignoriert,<br />

[17.03.2013]<br />

38


"Aber mal ein bisschen mehr, ein bisschen weniger, das wird nichts, da bleibt jeder bei seiner<br />

Spielwiese."<br />

Die befragten Ratsmitglieder geben zwar an, dass sie die Ergebnisse in ihre<br />

Entscheidungsfindung einfließen lassen, insbesondere die Befragten der AG <strong>Bürgerhaushalt</strong><br />

betonen aber, dass die ihrer Meinung nach durchaus vorhandenen Ergebnisse nur sehr selektiv<br />

wahrgenommen werden. Dies bestätigt auch ein Befragter aus der Politik, der es nicht zuletzt<br />

auf den Interpretationsspielraum zurückführt, den die Ergebnisse bieten:<br />

“Wenn man das politisch gut gebrauchen kann für die Legitimation eigener Beschlüsse, dann<br />

zieht man es heran. Ansonsten ist es glaube ich weitgehend unberücksichtigt.”<br />

Von vielen Befragten wird in diesem Kontext auch ein direkter Zusammenhang zwischen den<br />

nicht unbedingt leicht anschlussfähigen Beteiligungsergebnissen und den ausbleibenden<br />

Entscheidungen des Stadtrates konstatiert, wie es ein Mitarbeiter der Verwaltung beschreibt:<br />

„Insgesamt muss man feststellen, dass der Stadtrat von den Tendenzen, das sind ja eigentlich<br />

Tendenzaussagen, die man rausziehen kann, nicht sehr viel umgesetzt hat. Also Entschuldung<br />

ist noch das drastischste.“<br />

3.3 Rechenschaftslegung<br />

Wo auch immer die Gründe für eine geringe Wirkung des Verfahrens liegen: Die Probleme,<br />

diese Wirkungen der Beteiligungsverfahren ab 2010 zu benennen, beeinflussen direkt die<br />

Möglichkeit, Rechenschaft abzulegen. Seit den ersten Verfahren wird versucht, über den<br />

Umgang von Politik und Verwaltung mit den Ergebnissen der Beteiligung zu informieren. Bis<br />

2011 geschah dies unter anderem in den Broschüren, die das jährliche Verfahren beleuchten.<br />

Aufgrund der längeren Dauer von Umsetzungen im Investitionsbereich hieß es in der Broschüre<br />

des Verfahrens 2008/II zu den Wirkungen des Verfahrens 2007 und 2008/I nur:<br />

“Die Hinweise und die Kritik zu den vorgestellten Vorschlägen und weiteren Themen wurden<br />

ausgewertet und den Verantwortlichen übergeben. Die wertvollen Vorschläge zur Verbesserung<br />

des Verfahrens der Bürgerbeteiligung werden bei der weiteren Arbeit berücksichtigt” 60<br />

Während in den Broschüren des Jahres 2009 61 und 2010 62 dann eine Rechenschaftslegung<br />

über den bisherigen Umsetzungstand im Bereich Investitionen gegeben werden konnte, wird<br />

seit 2011 auf eine solche Darstellung verzichtet und nur noch das reine Beteiligungsergebnis<br />

des Vorjahres vorgestellt.<br />

In der dadurch fehlenden Rechenschaftslegung sehen vor allem Befragte der AG und der Politik<br />

das größte Problem des Verfahrens, das noch andere negative Wirkungen nach sich ziehen<br />

kann, wie es ein Befragter aus den Reihen der AG zutreffend formuliert:<br />

“Wie gesagt die Rechenschaftslegung habe ich vielleicht schon zehnmal erwähnt, aber das ist<br />

sozusagen wirklich die Sache, die denke ich mal wirklich die Bürger davon überzeugen kann da<br />

60 Haushaltsbroschüre der Stadt <strong>Jena</strong> 2008 http://www.jena.de/fm/1727/bhh_broschuere_2008.pdf, S.3f.<br />

[15.02.2013]<br />

61 Vgl. Haushaltsbroschüre der Stadt <strong>Jena</strong> http://www.jena.de/fm/1727/bhh_broschuere_2009.pdf, S. 5f.<br />

[15.02.2013]<br />

62 Vgl. Haushaltsbroschüre der Stadt <strong>Jena</strong> http://www.jena.de/fm/1727/bhh_broschuere_2010.pdf, S. 4ff.<br />

[15.02.2013]<br />

39


abzustimmen. Weil natürlich auch Politikverdrossenheit daraus resultiert, dass die Bürger<br />

sagen: "Ja ja, die machen sowieso was sie wollen und hören nicht auf uns."<br />

Einige der Gesprächspartner sahen auch, dass es Kommunen, die Verfahren des<br />

Vorschlagswesens (mit oder ohne feste Budgets) anwenden, leichter fällt, eine<br />

Rechenschaftslegung zu gewährleisten, wie es ein befragter Politiker betont:<br />

"Also diese Art, wie es in Lichtenberg [läuft], ist natürlich hinsichtlich der Auswertung und der<br />

Umsetzung viel einfacher, als wenn man sich z.B. ein Thema aus dem Verwaltungshaushalt<br />

nimmt und versucht, das jetzt irgendwie auszuwerten.“<br />

Insbesondere bei der erneuten Behandlung von Investitionsentscheidungen könnten<br />

Ergebnisse des Verfahrens in Verwaltungsvorlagen transferiert werden, über deren Behandlung<br />

dann klar Rechenschaft abgelegt werden kann.<br />

4. Allgemeine Einschätzung des Verfahrens und möglicher Optionen<br />

der Weiterentwicklung<br />

4.1 Allgemeine Einschätzung<br />

Insgesamt bewerten die meisten in den Interviews befragten Akteure das Verfahren vor dem<br />

Hintergrund seiner langjährigen Praxis zumindest partiell als Erfolg, wobei vor allem die<br />

verstärkte Öffentlichkeit für das Thema Finanzen als positiv angesehen wird, wie es ein<br />

Mitarbeiter der Verwaltung betont:<br />

„Positiv ist, dass die Frage von Haushaltsentscheidungen und damit auch notwendigen<br />

Prioritätensetzungen stärker in das öffentliche Bewusstsein gekommen sind. Das ist ja auch<br />

Absicht des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s. Die Vorstellung, dass die ganze Stadt den Haushalt von vorn bis<br />

hinten kennt ist natürlich Illusion. Es ist dann leider nur doch ein gewisser Prozentsatz, der das<br />

aktiv wahrnimmt. Aber das finde ich generell sehr positiv. Mehr Erkenntnisse über den<br />

Haushalt“<br />

Vor allem bei Vertretern der Politik und der AG <strong>Bürgerhaushalt</strong> fällt das Urteil kritischer aus.<br />

Neben Erfolgen der bisherigen Informationsleistung kritisieren sie primär die fehlende Wirkung<br />

des Verfahrens auf die Haushaltspolitik der Stadt <strong>Jena</strong>, wie es auch ein Befragter aus der Politik<br />

zum Ausdruck bringt:<br />

“Es ist aber auch nicht so, dass es dann irgendwelche Auswirkungen hätte auf<br />

Haushaltsentscheidungen. Also ich habe eher das Gefühl, das läuft nebenbei und ist auch eine<br />

Art 'Bürgerberuhigungshaushalt', fließt aber mittlerweile nicht mehr in Entscheidungen des<br />

Stadtrates ein.”<br />

Auch in den, im Anhang wiedergegebenen Freifeldantworten aus der Befragung von Bürgern<br />

und Rat wiederholen sich, neben Vorwürfen der Ignorierung oder gar Instrumentalisierung des<br />

Verfahrens an verschiedene Akteure, die bereits genannten Kritikpunkte, wobei die Aussagen<br />

aus der Bürgerschaft eher von einem positiveren Tenor getragen sind.<br />

Nach den bisherigen Einzeleinschätzungen zu verschiedenen Verfahrenselementen, soll es<br />

nachfolgend um die Einschätzungen der beiden wichtigsten Gruppen im Prozess<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong> gehen: zum einen die Stadträte, an die sich die Ergebnisse des<br />

40


Beteiligungsverfahrens richten und zum anderen die Bürger selbst, ohne deren Teilnahme kein<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong> funktionieren kann.<br />

Rat<br />

Bewertung der Leistungsfähigkeit des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s<br />

Wie bewerten nun die Ratsmitglieder, abseits von Einzelmeinungen, die Leistungsfähigkeit des<br />

<strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong>s in verschiedenen Bereichen? Das nachstehende Balkendiagramm<br />

liefert eine Antwort. Am stärksten wird die Wirkung hinsichtlich der Erhöhung des politischen<br />

Interesses und Aktivität eingestuft. Die Prozentwerte liegen beide bei ungefähr 60 Prozent. Die<br />

Prozentwerte der folgenden Aussagen („Items“) liegen allesamt deutlich niedriger. Dies<br />

bedeutet konkret, dass die Leistungsfähigkeit hinsichtlich der Schaffung von<br />

Entscheidungshilfen für die Politik und der Erhöhung der Transparenz der <strong>Jena</strong>er<br />

Haushaltspolitik deutlich skeptischer eingeschätzt werden. Das gleiche gilt für die Lieferung von<br />

umsetzbaren Beteiligungsergebnissen, die bessere Verwendung städtischer Gelder und die<br />

Schaffung von Akzeptanz für unbeliebte politische Entscheidungen.<br />

Die negativ formulierten Aussagen finden insgesamt eher geringe Zustimmung unter den<br />

Ratsmitgliedern. Vor allem einer möglichen Einschränkung der Kompetenzen des Rates und<br />

einer Verkomplizierung der Haushaltsplanung, aber auch der Verursachung unnötiger Kosten<br />

durch den <strong>Bürgerhaushalt</strong> wird kaum zugestimmt. Interessant ist jedoch, dass die Aussage „[..]<br />

dient lediglich starken, organisierten Gruppen“ etwas höhere Zustimmung zukommt. Dies deutet<br />

darauf hin, dass in diesem Bereichen eine gewisse Skepsis unter den Ratsmitgliedern<br />

vorherrscht, man also annimmt, dass das Verfahren anfällig für eine “Übernahme” durch<br />

organisierte Interessen ist.<br />

41


Grafik 7: Bewertung Eigenschaften <strong>Bürgerhaushalt</strong> durch Ratsmitglieder. Skalenwerte 4 und 5 „stimme<br />

voll und ganz zu“ in Prozent (n = 19).<br />

Erhöht das politische Interesse der Bürger<br />

69<br />

Erhöht die politische Beteiligung der Bürger in Politik<br />

und gesellschaftlichen Fragestellungen<br />

56<br />

Dient lediglich starken, organisierten Gruppen<br />

42<br />

Weckt unerfüllbare Erwartungen<br />

33<br />

Werden Entscheidungshilfen für die Politik<br />

geschaffen<br />

Macht die städtische Haushaltspolitik<br />

nachvollziehbarer<br />

32<br />

32<br />

Liefert umsetzbare Beteiligungsergebnisse<br />

Die finanzielle Lage (Einnahmen, Ausgaben) der<br />

Stadt wird von Politik und Verwaltung für die Bürger<br />

verständlich dargestellt<br />

Schafft Verständnis für unbeliebte, aber notwendige<br />

politische Entscheidungen<br />

22<br />

21<br />

26<br />

Prozent<br />

Verursacht unnötige Kosten<br />

16<br />

Der <strong>Bürgerhaushalt</strong> schränkt die Kompetenzen des<br />

Rates ein<br />

16<br />

Führt zur besseren Verwendung städtischer Gelder<br />

11<br />

Der <strong>Bürgerhaushalt</strong> macht die Haushaltsplanung<br />

komplizierter<br />

0<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Anmerkung: Der vollständige Fragewortlaut kann dem Fragebogen im Anhang entnommen werden.<br />

Da die Aussagen in identischer Formulierung auch für die Onlinebefragung der Bürger<br />

vorliegen, sollen die Daten späterer Stelle dieses Berichts verglichen werden, sodass eventuelle<br />

unterschiedliche Wahrnehmungen des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s deutlich werden können.<br />

Bewertung der Funktionen des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s<br />

Die nächste zu beantwortende Frage ist, welche Wichtigkeit die Ratsmitglieder bestimmten<br />

Funktionen des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s beimessen. Auch dazu wurde eine Fragenbatterie abgefragt.<br />

Das nachstehende Balkendiagramm gibt einen Überblick über die beiden aufaddierten höchsten<br />

Skalenwerte in Prozent.<br />

42


Grafik 8: Bewertung Funktionen des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s durch Ratsmitglieder. Skalenwerte 4 und 5<br />

„wichtig“ in Prozent (n = 19).<br />

Einbringen von Vorschlägen durch die<br />

Bürger<br />

89<br />

Information der Bürger über den<br />

städtischen Haushalt<br />

84<br />

Anregung einer öffentlichen Diskussion<br />

über den kommunalen Haushalt<br />

79<br />

Prozent<br />

Erhebung eines Meinungsbilds unter den<br />

Bürgern<br />

63<br />

Kontrolle der Kommunalpolitik und ‐<br />

verwaltung durch die Bürger<br />

42<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Große Wichtigkeit lassen die Ratsmitglieder den Funktionen „Einbringen von Vorschlägen<br />

durch die Bürger“, „Information der Bürger“ und „Anregung einer öffentlichen Diskussion über<br />

den kommunalen Haushalt“ zukommen. Die Prozentwerte tendieren deutlich in Richtung oberes<br />

Ende der Skala. Überraschend ist, dass der Prozentwert für das Einbringen von Vorschlägen<br />

sehr hoch ausfällt, obwohl im <strong>Jena</strong>er Modell das Einreichen von Vorschlägen durch die Bürger<br />

nicht angedacht ist. Auch dass die Erhebung eines Meinungsbilds zwar eine recht hohe<br />

Wichtigkeit zugemessen bekommt, aber nicht an der Spitze des Rankings positioniert ist, ist<br />

etwas verwunderlich, denn schließlich scheint dies die primäre Aufgabe einer Umfrage. Der<br />

<strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong> entspricht im Wesentlichen einer Umfrage. Dass die Kontrolle von Politik<br />

und Verwaltung am unwichtigsten ist, ist abschließend keine sonderliche Überraschung.<br />

Bewertung des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s<br />

Wie bewerten die Ratsmitglieder den <strong>Bürgerhaushalt</strong> allgemein? Dazu wurde eine Skala mit<br />

Schulnoten von „sehr gut“ bis „mangelhaft“ vorgelegt. Die nachstehende Tabelle gibt einen<br />

Überblick.<br />

Tabelle 14: Bewertung des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s durch Ratsmitglieder (n = 19).<br />

Sehr gut Gut Befriedigend Ausreichend Mangelhaft<br />

Prozent - 26,3 47,4 5,3 21,1<br />

43


Die Ratsmitglieder geben zum Großteil dem <strong>Bürgerhaushalt</strong> die Note „befriedigend“, fast ein<br />

Viertel der Befragten vergibt sogar die Note „mangelhaft“. Daraus lässt sich ableiten, dass unter<br />

den Ratsmitgliedern Skepsis gegenüber dem <strong>Bürgerhaushalt</strong> vorherrscht. Ob dies für das<br />

Gelingen eines <strong>Bürgerhaushalt</strong>s zuträglich ist, kann zumindest infrage gestellt werden. Sieht<br />

man sich das Parteienspektrum der Befragten genauer an, ist es zudem nicht unwahrscheinlich,<br />

dass sich die Ratsmitglieder beteiligt haben, die dem Verfahren aus politischer Sicht noch am<br />

aufgeschlossensten gegenüberstehen. 63<br />

Bürger<br />

Bewertung der Leistungsfähigkeit des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s<br />

Zur Bewertung des Verfahrens ist es wichtig, zu wissen, wie die Bürger die Leistungsfähigkeit<br />

des Beteiligungsverfahrens einschätzen. In der Befragung wurden daher Aussagen über<br />

verschiedene Aspekte des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s zur Bewertung mit einer fünfstufigen<br />

Zustimmungsskala vorgelegt. Das nachstehende Balkendiagramm gibt einen Überblick.<br />

63 Vgl. Fußnote 22.<br />

44


Grafik 9: Bewertung der Leistungsfähigkeit des <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong>s. Skalenwerte 4 und 5 „Stimme<br />

voll und ganz zu” in Prozent.<br />

Erhöht das politische Interesse der Bürger<br />

Erhöht die politische Berteiligung der<br />

Bürger in Politik und gesellschaftlic hen<br />

Fragestellungen<br />

Werden Entscheidungshilfen für die Politik<br />

geschaffen<br />

50<br />

63<br />

56<br />

62<br />

59<br />

94<br />

Liefert umsetzbare Beteiligungsergebnisse<br />

46<br />

67<br />

Macht die städtische Haushaltspolitik<br />

nachvollziehbarer<br />

37<br />

73<br />

Führt zur besseren Verwendung<br />

städtischer Gelder<br />

Schafft Verständnis für unbeliebte, aber<br />

notwendige politische Entscheidungen<br />

27<br />

37<br />

36<br />

56<br />

Befragung Onlineforum<br />

Bürgerbefragung<br />

Dient lediglich starken, organisierten<br />

Gruppen<br />

19<br />

28<br />

Weckt unerfüllbare Erwartungen<br />

Die finanzielle Lage (Einnahmen,<br />

Ausgaben) der Stadt wird von Politik und<br />

Verwaltung verständlich dargestellt<br />

Verursacht unnötige Kosten<br />

Die Politik nimmt die Ergebnisse aus dem<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong> ernst<br />

0<br />

13<br />

26<br />

28<br />

25<br />

17<br />

19<br />

17<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Anmerkung: Bürgerbefragung n = 179, Befragung Onlineforum n = 16. Der vollständige Fragewortlaut<br />

kann dem Fragebogen im Anhang entnommen werden.<br />

Ein erster Blick auf das Diagramm zeigt, dass die Befragten in der offenen Bürgerbefragung das<br />

Verfahren etwas skeptischer bewerten, was sich durch in der Regel höherer Prozentwerte bei<br />

den negativ formulierten Aussagen und niedrigeren bei den positiv formulierten ausdrückt. Dies<br />

verwundert nicht, da anzunehmen ist, dass sich im Onlineforum zum <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong><br />

starke Befürworter des Verfahrens registrieren, die es positiver bewerten. Im Detail betrachtet<br />

erfährt besonders eine Wirkung hinsichtlich der Erhöhung des politischen Interesses und der<br />

politischen Aktivität, aber auch die Schaffung von Entscheidungshilfen für die Politik und<br />

umsetzbarer Beteiligungsergebnisse hohe Zustimmung.<br />

Die negativen Aussagen („unnötige Kosten“, „dient organisierten Gruppen“, „weckt unerfüllbare<br />

Erwartungen“) finden hingegen nur schwache Zustimmung, sie positionieren sich am unteren<br />

Ende des Balkendiagramms. Daraus lässt sich ableiten, dass die Befragten negative<br />

45


Eigenschaften nicht sonderlich stark gewichten. Dies ist als positiv für das<br />

Beteiligungsverfahren anzusehen.<br />

Besonders hervorzuheben ist, dass beide Befragtengruppen der Aussage, dass die Politik die<br />

Beteiligungsergebnisse ernst nimmt, nur sehr schwach zustimmen. Daraus lässt sich Kritik<br />

ablesen. Es scheint daher geraten, die Beteiligungsergebnisse in Fachausschüssen und<br />

Stadtrat ausführlicher zu diskutieren sowie eine gründliche Rechenschaftslegung über die<br />

Behandlung der Beteiligungsergebnisse anzustreben. Auch die eher geringe Zustimmung zur<br />

Aussage “Die finanzielle Lage (Einnahmen, Ausgaben) der Stadt wird von Politik und<br />

Verwaltung für die Bürger verständlich dargestellt” erfährt nur geringe Zustimmung. Dies kann<br />

als zukünftiger Handlungsauftrag verstanden werden.<br />

Vergleich der Bewertung der Bürger und Ratsmitglieder<br />

Grafik 10: Vergleich Bewertung des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s Bürger und Ratsmitglieder. Skalenwerte 4 und 5<br />

„Stimme voll und ganz zu“ in Prozent.<br />

Erhöht die politische Beteiligung der Bürger in Politik und<br />

gesellschaftlichen Fragestellungen<br />

56<br />

62<br />

Werden Entscheidungshilfen für die Politik geschaffen<br />

32<br />

59<br />

Erhöht das politische Interesse der Bürger<br />

62<br />

69<br />

Liefert umsetzbare Beteiligungsergebnisse<br />

26<br />

46<br />

Macht die städtische Haushaltspolitik nachvollziehbarer<br />

Führt zur besseren Verwendung städtischer Gelder<br />

11<br />

37<br />

32<br />

37<br />

Schafft Verständnis für unbeliebte, aber notwendige<br />

politische Entscheidungen<br />

21<br />

36<br />

Dient lediglich starken, organisierten Gruppen<br />

28<br />

42<br />

Weckt unerfüllbare Erwartungen<br />

Die finanzielle Lage (Einnahmen, Ausgaben) der Stadt wird<br />

von Politik und Verwaltung für die Bürger verständlich<br />

dargestellt<br />

26<br />

25<br />

22<br />

33<br />

Verursacht unnötige Kosten<br />

17<br />

16<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Bürger<br />

Rat<br />

Anmerkung: Bürgerbefragung n =179, Ratsbefragung n = 19. Der vollständige Fragewortlaut kann dem<br />

Fragebogen im Anhang entnommen werden.<br />

46


Ein erster Blick auf das Balkendiagramm ergibt, dass sich die in der Onlinebefragung befragten<br />

<strong>Jena</strong>er bei den meisten Eigenschaften in ihrer Meinung kaum von den Befragten<br />

Ratsmitgliedern unterscheiden. Beide Befragtengruppen sehen das größte Potential des<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>s in der Erhöhung des politischen Interesses und der Aktivität, wobei die<br />

Ratsmitglieder die Frage zu politischem Interesse etwas deutlicher befürworten. Deutliche<br />

Unterschiede treten bei der Schaffung von Entscheidungshilfen, der Lieferung von umsetzbaren<br />

Beteiligungsergebnissen, der besseren Verwendung städtischer Gelder sowie der Schaffung<br />

von Verständnis für unbeliebte politische Entscheidungen. In allen Fällen sehen die Bürger die<br />

Leistungsfähigkeit des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s positiver. Zu betonen ist, dass beide Gruppen im<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong> keinen unnötigen Kostenfaktor sehen. Der Prozentwert tendiert recht deutlich<br />

zum unteren Ende der Skala, was geringe Zustimmung zu der Aussage impliziert. Der Aussage,<br />

dass das Verfahren lediglich organisierten Interessen dient, wird abschließend etwas stärker<br />

von den Ratsmitgliedern zugestimmt.<br />

4.2 Bewertung möglicher Veränderungen am Verfahren<br />

Weiterhin wurden den Befragten Bürgern die drei mögliche Modifikationen des<br />

Beteiligungsverfahrens zur Bewertung mit einer Schulnotenskala vorgelegt.<br />

Tabelle 15: Bewertung Verfahrensänderung. Zeilenprozente (Bürgerbefragung, n = 179).<br />

Sehr gut Gut Befriedigend Ausreichend Mangelhaft Weiß nicht<br />

Eingabe von eigenen<br />

Vorschlägen für<br />

Einspar-, Einnahmeoder<br />

Ausgabemöglichkeiten<br />

ohne thematische<br />

Beschränkung<br />

Abstimmung über die<br />

Verteilung eines festen<br />

Betrags<br />

(Bürgerbudget)<br />

Bürgerversammlungen<br />

in den Stadtteilen<br />

29 36 20 6 7 3<br />

25 34 22 5 7 7<br />

24 33 23 5 8 7<br />

47


Tabelle 16: Bewertung Verfahrensänderung. Zeilenprozente (Befragung Onlineforum, n = 16).<br />

Sehr gut Gut Befriedigend Ausreichend Mangelhaft Weiß nicht<br />

Eingabe von eigenen<br />

Vorschlägen für<br />

Einspar-, Einnahmeoder<br />

Ausgabemöglichkeit<br />

en ohne thematische<br />

Beschränkung<br />

Abstimmung über<br />

die Verteilung eines<br />

festen Betrags<br />

(Bürgerbudget)<br />

Bürgerversammlung<br />

en in den Stadtteilen<br />

13 44 13 13 13 6<br />

25 25 13 6 25 6<br />

19 38 6 6 19 13<br />

Grafik 11: Bewertung Verfahrensänderung (Antworten „gut“ und „sehr gut“ in Prozent).<br />

Bürgerversammlungen in den Stadtteilen<br />

56<br />

57<br />

Abstimmung über die Verteilung eines festen<br />

Betrags (Bürgerbudget)<br />

50<br />

59<br />

Befragung Onlineforum<br />

Bürgerbefragung<br />

Eingabe von eigenen Vorschlägen für Einspar‐,<br />

Einnahme‐ oder Ausgabemöglichkeiten ohne<br />

thematische Beschränkung<br />

56<br />

64<br />

0 10 20 30 40 50 60 70<br />

Anmerkung: Bürgerbefragung n = 179, Befragung Onlineforum n = 16. Aufgrund unterschiedlicher<br />

Rundung der Prozentwerte kann es zu Abweichungen gegenüber den Tabellen kommen.<br />

In beiden Befragtengruppen finden mögliche Veränderungen des Beteiligungsverfahrens große<br />

Zustimmung, wobei die Bürgerbefragung etwas stärkere Befürwortung der offenen Eingabe von<br />

Vorschlägen sowie des Bürgerbudgets aufweist. Über die Eigenschaften, Stärken und<br />

Schwächen dieser Modifikationen soll an späterer Stelle des vorliegenden Berichts im Abschnitt<br />

Handlungsempfehlungen diskutiert werden.<br />

48


5. Fazit<br />

Zu Beginn dieses Berichts wurden leitende Fragen und Kriterien genannt, die zur Bewertung<br />

des <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong>s herangezogen werden sollen. In diesem Abschnitt ist nun zu<br />

prüfen, inwieweit diese erfüllt werden.<br />

1. Wie intensiv werden die Bürger im Bürgerbeteiligungsverfahren an der lokalen<br />

Haushaltspolitik beteiligt?<br />

Mit Blick auf die Erwartungen, die mit der Beteiligung der Bürger verbunden werden sollte<br />

besonderes Augenmerk sollte auf das ursprüngliche Konzeptpapier aus dem Jahre 2006<br />

gerichtet werden. Schon auf der Titelseite findet sich ein Logo mit dem Titel “<strong>Bürgerhaushalt</strong>. In<br />

<strong>Jena</strong> entscheiden Sie mit!”. Dies suggeriert, ebenso wie das “Mitentscheiden” auf<br />

nachfolgenden Publikationen, dass die Bürger tatsächlich über den Haushaltsplan<br />

(mit-)entscheiden, obwohl lediglich eine Meinung zu bestimmten Haushaltsbereichen eingeholt<br />

wird. Dies kann Erwartungen erzeugen, die das konsultative Verfahren letztlich enttäuschen<br />

muss.<br />

Besonders im Vergleich mit der Großzahl anderer deutscher <strong>Bürgerhaushalt</strong>e können die<br />

teilnehmenden Bürger ihre eigenen Präferenzen allerdings nur in überschaubarem Maße<br />

einbringen. Dies ist auf die Form der Umfrage und ihre bisherige Fokussierung auf eine kleinere<br />

Zahl von Fragen zurückzuführen, die es nicht erlauben, detailliertere Willensäußerungen<br />

abzugeben, wie es in einer klassischen Bürgerumfrage der Fall wäre. Auch können die<br />

Teilnehmer keine eigenen Vorschläge inklusive einer Erklärung einbringen. Der anvisierte<br />

Dialog kommt daher nur eingeschränkt zustande.<br />

Eine erhöhte Machtkontrolle wird in deutschen <strong>Bürgerhaushalt</strong>en grundsätzlich kaum<br />

ermöglicht, denn die Beteiligungsergebnisse haben lediglich einen empfehlenden Charakter für<br />

Verwaltung und Rat. Zudem hatte der <strong>Bürgerhaushalt</strong> (insbesondere seit 2010) kaum Relevanz<br />

für die tatsächliche Haushaltspolitik in <strong>Jena</strong>, von der Reduzierung des Schuldenstandes und<br />

einiger Investitionsprojekte abgesehen. Darüber, inwieweit die Ergebnisse zumindest in die<br />

Willensbildung des Rats einfließen, kann hier kein belastbarer Nachweis geführt werden.<br />

Durch die Kombination von postalischer Befragung per Zufallsstichprobe und selbstrekrutierter<br />

Befragung im Internet bzw. mit ausgelegten Fragebögen können allerdings sowohl Offenheit<br />

als auch Repräsentativität als erfüllt angesehen werden. Da jedoch die auf Selbstrekrutierung<br />

beruhende Befragungen anfällig für Manipulationen durch gut organisierte Interessengruppen<br />

sind, ist zu empfehlen, die postalische Befragung stärker in der Diskussion in den städtischen<br />

Gremien zu gewichten, auch wenn bei dieser sicherlich erhöhtes Politikinteresse oder<br />

persönliche Betroffenheit für die Beteiligung ausschlaggebend sind und sie somit nicht gänzlich<br />

repräsentativ ist. In jedem Fall ist einer Vermischung der Ergebnisse aus unterschiedlich<br />

repräsentativen Quellen weiterhin zu vermeiden.<br />

49


2. Werden die Bürger angemessen über die städtische Haushaltspolitik sowie über das<br />

Verfahren und seine Wirkung informiert?<br />

Der zentrale Punkt der Information über die <strong>Jena</strong>er Haushaltspolitik ist bereits gut gelöst. Hier<br />

ist zunächst der Aspekt der Mobilisierung für die Konsultation wichtig. Durch die große<br />

Zufallsstichprobe (n = 15.000) wird eine breite Masse erreicht. So ist davon auszugehen, dass<br />

im Laufe der Zeit die meisten Bürger <strong>Jena</strong>s von der Beteiligungsmöglichkeit erfahren haben.<br />

Die Umfragen der FH <strong>Jena</strong> zu den Verfahren 2008 und 2009 belegen ferner, dass die<br />

Broschüre neben dem Informationsangebot lokaler Zeitungen die mit Abstand wichtigste<br />

Informationsquelle zum <strong>Bürgerhaushalt</strong> ist.<br />

Zudem ist die Broschüre klar strukturiert und die Präsentation der Inhalte besitzt ein<br />

ausgewogenes Verhältnis zwischen notwendiger Information und überschaubarer Aufbereitung.<br />

So kann eine gezielte Information der Bürger zu haushaltsrelevanten Themen erfolgen, ohne<br />

dass versucht wird, den gesamten Haushalt erklären zu wollen. Hier besitzt das <strong>Jena</strong>er<br />

Verfahren gegenüber einem klassischen Vorschlagswesen eine besondere Stärke, die dazu<br />

beiträgt, die Bürger in besonderem Maß über die kommunale Haushaltspolitik zu informieren.<br />

Die Auswertungsberichte der FH <strong>Jena</strong> bieten nicht zuletzt dem Rat ein differenziertes Bild des<br />

Bürgervotums.<br />

Das Verfahren an sich und dabei insbesondere die postalische Befragung, kann als rational<br />

und transparent bezeichnet werden: Rational insofern, als es ermöglicht, effektiv und effizient<br />

die Präferenzen der Bürger zu einer kleinen Zahl von Fragen zu erheben und in den Stadtrat zu<br />

leiten. Transparent ist es insofern, als die Ergebnisse der Befragung für alle Interessierten<br />

nachvollziehbar sind. Gestärkt wird die Transparenz durch die externe Auswertung, die durch<br />

die Fachhochschule <strong>Jena</strong> durchgeführt wird. Auch die Öffentlichkeit der AG samt ihrer<br />

Protokolle sowie die verwaltungsseitige Aufbereitung des Prozesses sind als vorbildlich zu<br />

bezeichnen.<br />

Im Bereich der Rechenschaftslegung zeigt das Beteiligungsverfahren allerdings Schwächen,<br />

da es in seiner jetzigen, umfragebasierten Form keine günstigen Voraussetzungen bietet, um<br />

Entscheidungen des Stadtrates hervorzubringen, die eindeutig den Ergebnissen des<br />

Beteiligungsverfahrens zuzuschreiben sind. Wenn es nach dem Beteiligungsverfahren nicht<br />

dazu kommt, dass Fraktionen oder die Verwaltung die Ergebnisse direkt in Form eines Antrags<br />

aufnehmen, hat das Ergebnis lediglich einen informativen Wert. An dieser Stelle wird es sich<br />

auch nicht als wirksam erweisen, die Notwendigkeit einer Rechenschaftslegung durch den<br />

Stadtrat im Regelwerk des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s zu verankern. Auch lassen sich spätere<br />

Veränderungen nicht eindeutig auf die Ergebnisse der Befragung zurückführen, wenn diese<br />

nicht mehr als Begründung herangezogen wird.<br />

Insgesamt ist das Verfahren im Hinblick auf Effekte der politischen Information und trotz der<br />

eher begrenzten Beteiligung der Bürger am politischen Geschehen als effektiv und effizient zu<br />

bezeichnen. Mit seiner finanziellen Ausstattung von rund 25.000 € und einer halben bzw.<br />

ganzen Personalstelle für den Koordinator des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s ist es im Vergleich mit anderen<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>en nicht als überfinanziert zu betrachten. Sollte man sich zukünftig für eine<br />

Veränderung in Richtung eines aufwändigeren Verfahrens, z. B. im Sinne eines<br />

50


Vorschlagswesens entscheiden, würde es nötig werden, die finanziellen Mittel signifikant<br />

aufzustocken. 64<br />

Der <strong>Bürgerhaushalt</strong> der Stadt <strong>Jena</strong> stellt ein gelungenes Instrument dar, um der Bürgerschaft<br />

themenbezogen Informationen bereitzustellen und Stimmungsbilder zu erheben.<br />

6. Perspektiven und Handlungsempfehlungen<br />

Die vorausgegangene Analyse der Stärken und Schwächen führt zu den folgenden<br />

Handlungsempfehlungen und Optionen der Weiterentwicklung des <strong>Bürgerhaushalt</strong>s.<br />

3. Wie kann das Bürgerbeteiligungsverfahren verbessert werden?<br />

6.1 Allgemeine Handlungsempfehlungen<br />

Zunächst sind grundlegende Handlungsempfehlungen voranzustellen. Aus Sicht der Autoren<br />

sollte in <strong>Jena</strong> ein öffentlicher Diskurs über Bürgerbeteiligung im Allgemeinen und den<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong> im Speziellen eröffnet werden. Vor allem für die Kommunikation der direkt mit<br />

dem Verfahren befassten Akteure, also dem Stadtrat, der AG <strong>Bürgerhaushalt</strong> und der<br />

Verwaltung über die Zukunft des Verfahrens, bietet sich ein von neutralen Akteuren extern<br />

moderierter Prozess wie z.B. eine “Zukunftswerkstatt” an. In einem solchen Verfahren können<br />

(auf Basis der nun öffentlicheren Meinungen, Einschätzungen und Handlungsempfehlungen des<br />

<strong>Evaluationsbericht</strong>es) Optionen entwickelt, diskutiert und abgewogen werden. Durch die<br />

Neutralität der Moderation würde sich aber auch die Gelegenheit ergeben, bestehende<br />

Missverständnisse zwischen den Beteiligten aus Politik, Verwaltung und Bürgerschaft<br />

aufzulösen. Insbesondere das Engagement der AG <strong>Bürgerhaushalt</strong> sollte in diesem Rahmen<br />

gewürdigt und prioritär weiter unterstützt werden.<br />

Als Fazit der vorangegangenen Bewertung, insbesondere im Hinblick auf die Problematik der<br />

Qualität der Beteiligungsergebnisse, des Umgangs mit ihnen sowie der dadurch erschwerten<br />

Rechenschaftslegung, ergeben sich für die Autoren zwei Grundsätzliche Möglichkeiten der<br />

weiteren Entwicklung:<br />

64 Es wird an dieser Stelle auf einen Vergleich der finanziellen Ausstattung mit anderen Kommunen<br />

verzichtet, da es kaum belastbare Informationen zur finanziellen Ausstattung von <strong>Bürgerhaushalt</strong>en<br />

gibt. Den Spitzenwert nimmt allerdings der <strong>Bürgerhaushalt</strong> von Frankfurt/Main ein, der im ersten Jahr<br />

ohne Personalkosten geschätzte 800.000 € und 250.000 € im Folgejahr kostete. Das Problem dabei ist,<br />

verschiedene Kostenstellen (Personal, Werbung, Technik, Umfragen usw.) zu ermitteln.<br />

51


1. Behält man das Verfahren in dieser Form bei, sollten seine Grenzen akzeptiert und<br />

kommuniziert werden. Die Erwartung an das Verfahren sollte dann von umfassender<br />

Beteiligung im Sinne einer Mitbestimmung auf die umfassende Information gerichtet<br />

werden, die es bereits vorbildlich leistet. Werden Beteiligungsergebnisse generiert, sollte<br />

sich der Stadtrat stärker fraktionsübergreifend darüber verständigen, in welcher Form<br />

diese auch Entscheidungen zugeführt werden können.<br />

2. Die Form der Beteiligung könnte die eines Vorschlagswesens annehmen, in dem klar<br />

zuordenbare Sachfragen und nicht graduell anzulegende Sachkosten auf Basis von<br />

Vorschlägen der Bürgerschaft, aber möglicherweise auch der Verwaltung bzw. des<br />

Stadtrats behandelt werden. Hier könnte, wie bei anderen Verfahren, die Umfrage als<br />

repräsentatives Element einer zwischengelagerten Erhebung genutzt werden.<br />

6.2 Weiterentwicklungsoptionen für das aktuelle Verfahren<br />

Neben der besseren Verständigung aller Beteiligten, sollte bei der Beibehaltung des aktuellen<br />

Verfahrens dennoch auf einige Anpassungen geachtet werden, die sich z.B. positiv auf den<br />

Rücklauf auswirken könnten. Neben zahlreichen Vorschlägen, die die Autoren schon im<br />

jeweiligen thematischen Kontext bzw. im Fazit offeriert haben, sollen hier noch weitere Optionen<br />

benannt werden.<br />

Mögliches Verbesserungspotenzial liegt in der Präsentation im Internet. Vor allem auf der<br />

Webseite der Stadt <strong>Jena</strong> sollte das Verfahren leichter zu finden sein, bspw. durch einen gut<br />

sichtbaren Banner. Der bisherige Weg über die Kategorien “Stadt & Verwaltung”,<br />

“Stadtverwaltung”, “Dezernat II - Finanzen, Sicherheit & Bürgerservice” wirkt hingegen sehr<br />

kompliziert, “spontane” Besuche auf der Webseite zum <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong> werden<br />

erschwert. Zudem werden Personen, die den Bürgerhausalt nicht kennen, so nicht auf ihn<br />

aufmerksam werden. Mit dem Neuaufbau der <strong>Bürgerhaushalt</strong>sseite selbst, infolge der<br />

Veränderungen der Hauptseite, wurden erste Akzente einer übersichtlicheren Aufbereitung<br />

aktueller Informationen und archivierter Informationen verwirklicht, die weiter verfolgt werden<br />

sollten.<br />

Zur Verbesserung der Befragung könnte man Aspekte der Tailored Design Methode zur<br />

Gestaltung von postalischen Umfragen aufgreifen. 65 Ziel dieser Methode ist es, die vier<br />

zentralen Fehlerquellen von Umfragen zu minimieren: coverage error, sampling error,<br />

nonresponse error und measurement error. Da im Rahmen des <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong>s mit<br />

einer Zufallsstichprobe gearbeitet wird, gilt es, besonders den nonresponse error, also die<br />

systematische Antwortverweigerung bestimmter Gruppen einzudämmen bzw. den<br />

Abstimmungsbogenrücklauf zu erhöhen. Viele Vorschläge, wie z. B. eine offizielles Layout der<br />

Broschüren, Ansprache durch eine öffentlichen Autoritätsperson (Oberbürgermeister),<br />

hochwertiges Papier etc. wurden in den bisherigen Befragungen bereits umgesetzt. Dennoch<br />

bieten sich zwei wesentliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten: Zum einen könnten kleine<br />

Anreize (“incentives”) geschaffen werden, die zur Beteiligung motivieren. Denkbar sind zum<br />

Beispiel das Beilegen eines Gutscheins für eine städtische Einrichtung (Schwimmbad,<br />

Bibliothek, Theater usw.) oder aber eine Verlosung eines Gewinnes. Auch dabei kann auf<br />

65 Vgl. Dillman et al. 2009, S. 15-40.<br />

52


städtische Leistungen gesetzt werden, wie z. B. eine Jahreskarte für das örtliche Schwimmbad<br />

oder Theater usw. Eine zweite Variante davon könnte auch eine Art “Soziallotterie” sein: Es<br />

werden bspw. drei Gewinner gezogen, die dann die Möglichkeit haben, einen bestimmten<br />

Betrag an öffentliche oder wohltätige Einrichtungen zu verteilen. 66 Zum anderen könnte mit<br />

Erinnerungsnachrichten der Rücklauf erhöht werden. Dabei könnte versucht werden, technische<br />

Lösungen zu finden, die es ermöglichen, die unnötige Versendung von Erinnerungsnachrichten<br />

an Personen, die den Abstimmungsbogen bereits ausgefüllt zurückgeschickt haben zu<br />

unterbinden. Bei beiden Varianten sollte jedoch stets darauf geachtet werden, dass die<br />

Anonymität der Beteiligten gewahrt wird. Lose für Gewinnspiele oder eine Soziallotterie können<br />

den postalischen Broschüren beigelegt werden und die Gewinnnummer öffentlich bekannt<br />

gegeben werden. Die Übergabe der Gewinne erfolgt dann zwischen Stadtverwaltung und<br />

Gewinner. Selbstverständlich sollte der Gewinner auf Wunsch anonym bleiben können, z. B. in<br />

Hinblick auf Medienberichte. In Kombination mit für eine breite Masse relevanten Themen sollte<br />

sich so der Rücklauf bzw. die Beteiligung steigern lassen.<br />

Um eine höhere Wirkung der Beteiligungsergebnisse zu erzielen, könnte das Verfahren<br />

insgesamt gestrafft und zeitlich nach vorn verlegt werden, so dass die Ergebnisse nicht erst im<br />

Dezember, also mitten oder gar am Ende der Haushaltsberatungen publik werden. Eine<br />

Erhöhung der Anzahl von Broschüren könnte den Mobilisierungseffekt verstärken, würde<br />

aber das Ergebnis der Beteiligung kaum beeinflussen, so dass der zu erwartende<br />

Kostenzuwachs abgewogen werden muss.<br />

Um die Intention der Informationsverbesserung nachhaltiger zu gestalten, sollten jegliche<br />

Formen in Betracht gezogen werden, den Haushalt permanent sowie auch für Laien<br />

verständlich darzustellen. Sei es durch Erläuterungen zum Entwurf oder seine Darstellung im<br />

Sinne eines offenen Haushalts. Bisher kann nur das über 800 Seiten starke Dokument des<br />

Haushaltplans eingesehen werden. 67 An dieser Stelle muss keine direkte Verknüpfung solcher<br />

Bemühungen mit dem Verfahren <strong>Bürgerhaushalt</strong> erfolgen, außer dass die Broschüre des<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>s und die Homepage auf solche Angebote verweisen sollten.<br />

Es kann nur zu Entscheidungen eine umfassende Rechenschaftslegung erfolgen, wenn es<br />

Entscheidungen gibt. Daher sollte sich das Beteiligungsverfahren, so es denn keine<br />

Initiativvorschläge der Bürger zulässt, möglichst auf abgrenzbare Gegenstände beziehen, die<br />

absehbar Inhalt der Entscheidungsfindung von Politik und Verwaltung sein werden.<br />

6.3 Mögliche Verfahrensänderungen<br />

Vorschlagswesen<br />

Mit der Fokussierung auf die Form einer Umfrage besteht ein grundlegender Unterschied zu<br />

dem in Deutschland weit verbreiteten Ansatz des Vorschlagswesens, der es Bürgern, je nach<br />

Filterung durch das Verfahren, direkt ermöglicht, ihre Anliegen in die kommunale Politik<br />

einzubringen. Der Wechsel in ein solches Verfahren könnte für den <strong>Bürgerhaushalt</strong> <strong>Jena</strong> das<br />

Problem mit der Rechenschaftslegung abschwächen, würde aber, wie im Vergleich der<br />

Beteiligungszahlen ersichtlich wurde, nicht zwangsläufig zu mehr Beteiligung führen.<br />

66 Auch unter Beteiligten der Onlineabstimmung könnten Gewinne verlost werden.<br />

67 S. http://www.jena.de/statistik/haushalt/startseite.php [18.03.2013]<br />

53


Für ein Vorschlagswesen kann empfohlen werden, die Vorschläge, die die Teilnehmer<br />

einbringen, durch sie selbst bewerten zu lassen, sei es durch eine Skala (pro, contra, neutral)<br />

oder durch die Vergabe von Stimmen (bspw. drei oder fünf). Nur so lassen sich Prioritäten der<br />

Bürger ermitteln und die Beteiligungsergebnisse anschlussfähig für die weitere Bearbeitung<br />

durch Verwaltung und Politik machen. Da Vorschläge häufig den direkten Nahraum der Bürger<br />

betreffen, also z. B. Straßen und Nachbarschaften, bietet es sich an, der räumlichen Struktur<br />

der Stadt Rechnung zu tragen und die Vorschlagssammlung und/oder Abstimmung an diese<br />

anzupassen, sodass dadurch auch stadtteilbezogene Vorschläge eine Chance auf Erfolg<br />

haben. Dies kann den Anreiz zur Beteiligung durchaus erhöhen. Über die besondere Nähe zum<br />

Wohnraum der Bürger und ihren alltäglichen Problemen, bietet sich so die Möglichkeit dauerhaft<br />

Sozialkapital und soziale Netzwerke zu generieren. Hier könnten sich allerdings Probleme mit<br />

der Anzahl der <strong>Jena</strong>er Ortsteile sowie ihren bereits vorhandenen Strukturen ergeben.<br />

Indem man den erfolgreichsten Einsendungen der Bürger, wie auch immer sie herausgefiltert<br />

und angeordnet werden (z. B. durch Priorisierung in Top-Listen wie in Köln oder Potsdam), in<br />

eine eigene Beschlussvorlage überführt, lässt sich für jeden der Weg der Vorschläge<br />

transparent verfolgen. Zudem lässt sich auf diese Weise eine äußerst effektive Rechenschaft<br />

gewährleisten, da es definitiv zu Entscheidungen kommt - wie auch immer diese ausfallen.<br />

Neben dem stadtteilbezogenen Fokus ist es auch denkbar, ein festes Budget mit einem Teil des<br />

Verfahrens bzw. dem ganzen Verfahren zu verknüpfen. Vor allem in eher stadtteilbezogenen<br />

Konzepten wie dem von Berlin-Lichtenberg werden nicht alle Entscheidungen im<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>sverfahren von Ratsvertretern getroffen. Hier ergibt sich dann kein rechtlicher<br />

und politischer Konflikt mit der Arbeit des Stadtrats, wenn dieser ein sog. “Stadtteil-” bzw.<br />

“Bürgerbudget” jährlich auf Grundlage einer Vorlage beschließt. Größere Kostenpunkte, die im<br />

Laufe des Vorschlagsverfahrens aufkommen, können dann außerhalb des Budgets zur<br />

Disposition gestellt und dem Stadtrat vorgelegt werden. 68<br />

Verhältnis zu anderen Formen des Umgangs mit den Interessen und Anliegen der Bürger<br />

Abseits von Abwägungen im Rahmen des “deutschen Modells” von <strong>Bürgerhaushalt</strong>en kann<br />

auch überlegt werden, inwieweit andere Beteiligungsformen komplementär zu einer<br />

Zielerreichung beitragen können.<br />

Vor allem gegenüber <strong>Bürgerhaushalt</strong>en mit geringen Beteiligungsquoten und hohen Kosten<br />

kann die Alternative einer umfassenden und repräsentativ gestalteten Umfrage von Interesse<br />

sein. Durch ebenso gezielte wie umfangreiche Befragungen kann zu einer fundierten<br />

Entscheidungsfindung des Stadtrats und der Verwaltung beigetragen werden.<br />

Das von Wissenschaftlern der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer in<br />

Modellprojekten erprobte Instrument des “Bürgerpanels” 69 setzt auf die Regelmäßigkeit solcher<br />

Befragungen. Der Vorteil liegt vor allem darin, dass die Präferenzen einer repräsentativen<br />

Stichprobe zu mehreren Zeitpunkten erhoben werden und sich so auch Veränderungsprozesse<br />

und Reaktionen auf gesellschaftliche und politische Ereignisse in einer Kommune auf der<br />

68 Inwieweit ein solches Modell erfolgreich sein kann, wird sich in den nächsten Jahren in Berlin-<br />

Lichtenberg zeigen: http://www.buergerhaushalt-lichtenberg.de/ [27.01.2013]<br />

69 Vgl. Klages et al. 2008<br />

54


Individualebene abbilden lassen. Allerdings stellen sie eher den Ausgangspunkt als den<br />

Endpunkt einer Kultur der erweiterten Beteiligung dar. Mit seiner Fokussierung auf das<br />

Instrument der schriftlichen Befragung besitzt der <strong>Bürgerhaushalt</strong>s-Prozess in <strong>Jena</strong> also einen<br />

soliden Ausgangspunkt für eine kontinuierliche Erweiterung der angebotenen<br />

Beteiligungsmöglichkeiten - sei es im Rahmen eines veränderten <strong>Bürgerhaushalt</strong>s oder in<br />

anderen Politikfeldern wie der Stadt- und Raumplanung.<br />

Bei einer Entwicklung in Richtung eines Vorschlagswesens sollte überlegt werden, ob sich nicht<br />

zumindest komplementär auch die Etablierung eines elektronischen Kummerkastens lohnt. 70<br />

Viele Vorschläge, die im Rahmen solcher Verfahren eingebracht werden, beziehen sich auf<br />

kleinteilige, räumlich sehr fokussierte Missstände, die sich bei einer zentralen Erfassung und<br />

dezentralen Weiterleitung an den zuständigen Fachbereich kurzfristig lösen lassen. So kann der<br />

weiterführende Beteiligungsprozess für die Behandlung von Sachverhalten reserviert werden,<br />

die ein erhöhtes öffentliches Interesse vermuten lassen bzw. durch ihr Finanzvolumen einer<br />

öffentlichen Abwägung bedürfen.<br />

6.4 Festigung einer kommunalen Beteiligungskultur<br />

Ein wichtiges Ziel des <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong>s wird von allen Beteiligten in der Förderung von<br />

Bürgerbeteiligung und dem davon ausgehenden positiven Effekt auf inaktive und scheinbar<br />

politikverdrossene Bürger gesehen. Um dieses Ziel langfristig und nachhaltig zu verfolgen ist es<br />

ratsam, bestehende Beteiligungsangebote auszuweiten und zu koordinieren.<br />

Ein erster Schritt kann bereits die zentrale Bündelung der Darstellung von formellen, für die<br />

Bürger oft sehr aufwendigen (Einwohnerantrag, Bürgerbegehren/ Bürgerentscheid) und<br />

informellen Beteiligungsangeboten (Stadtentwicklung: Eichsplatz, <strong>Bürgerhaushalt</strong> etc.) auf<br />

dem Internetportal der Stadt, um die Bürger der Stadt <strong>Jena</strong> über ihre Beteiligungsmöglichkeiten<br />

zu informieren. So können erste Hemmschwellen für mehr aktive Beteiligung, die in einem<br />

Informationsmangel begründet liegen, gesenkt werden. Als Vorbild könnte unter anderem<br />

Leipzig dienen, wo alle kommunalen Beteiligungsangebote auf einer Seite anschaulich<br />

konzentriert werden. Ferner sollten weitere Kommunikationskanäle genutzt werden, um auch<br />

Personen ohne Netzzugang und Personen, die nicht den Internetauftritt der Stadt <strong>Jena</strong><br />

besuchen, zu erreichen.<br />

Eine bessere Verankerung der Bürgerbeteiligungsangebote in den Strukturen der Politik und<br />

Verwaltung kann z.B. durch eigene Beauftragte oder Geschäftsbereiche erreicht werden. In<br />

vielen Großstädten sind bereits erste Schritte in diese Richtung unternommen worden. Einige<br />

Beispiele sollen im Folgenden benannt werden, sodass diese als Inspirationsquelle genutzt<br />

werden können.<br />

70 S. z.B. http://maerker.brandenburg.de/brandenburg [19.01.2013]<br />

55


Als mögliche Variante können die folgenden Fallbeispiele dienen:<br />

● Bürgerbeauftragter (Leipzig) 71<br />

● Ombudsmann/-frau für Bürgerinitiativen (Dortmund) 72<br />

● Bürgerbeteiligungsbüro (Potsdam) 73<br />

Darüber hinaus bietet es sich an, stärker mit zivilgesellschaftlichen Akteuren (Vereine,<br />

Nichtregierungsorganisationen etc.) zu kooperieren. Diese können als Promotoren für das<br />

Beteiligungsverfahren fungieren sowie seine Bekanntheit und die Legitimität erhöhen. 74 Befunde<br />

aus anderen Ländern stützen die These, dass die Aktivität von solchen Akteuren immens<br />

wichtig für den Erfolg von Bürgerbeteiligung ist. 75 Dabei ist den Autoren selbstverständlich<br />

bewusst, dass auch bei diesen Organisationen Ressourcen nicht beliebig verfügbar sind.<br />

71 http://www.leipzig.de/de/buerger/politik/buergerbeteilig/ [19.01.2013[<br />

72 http://www.dortmund.de/de/rathaus_und_buergerservice/buergerinteressen/ombudsstelle/start_os/index.html<br />

[19.01.2013]<br />

73 http://www.potsdam.de/cms/beitrag/10086130/282600/ [19.01.2013]<br />

74 Vgl. Patsias et al. 2012, S. 6<br />

75 Vgl. Font & Galais 2011, S. 943<br />

56


Literatur<br />

Brettschneider, Frank (2011). Kommunikation und Meinungsbildung bei Großprojekten. In: Aus<br />

Politik und Zeitgeschichte 61, S. 40-47.<br />

Diekmann, Andreas (2007). Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden,<br />

Anwendungen. 18. Auflage. Reinbek: Rowohlt Verlag.<br />

Dillman, Don A./ Smyth, Jolene D./ Christian, Leah Melani (2009). Internet, Mail, and Mixed-<br />

Mode Surveys. The Tailored Design Method. 3rd Edition. Hoboken, New Jersey: Wiley &<br />

Sons.<br />

Egner, Björn/ Krapp, Max-Christopher/ Heinelt, Hubert (Hrsg.) (2013). Das deutsche<br />

Gemeinderatsmitglied- Problemsichten – Einstellungen – Rollenverständnis. Wiesbaden:<br />

Springer VS<br />

Font, Joan/ Galais, Carolina (2011). The Qualities of Local Participation: The Explanatory Role<br />

of Ideology, External Support and Civil Society as Organizer. International Journal of<br />

Urban and Regional Research 35(5), S. 932-948.<br />

Heinelt, Hubert (2013). Welches Demokratieverständnis haben deutsche Ratsmitglieder und wie<br />

schlägt es sich in ihren Handlungsorientierungen nieder? In: Egner, Björn/ Krapp, Max-<br />

Christopher/ Heinelt, Hubert (Hrsg.). Das deutsche Gemeinderatsmitglied- Problemsichten<br />

– Einstellungen – Rollenverständnis. Wiesbaden: Springer VS, S. 105-128.<br />

Holtkamp, Lars (2008). <strong>Bürgerhaushalt</strong>. In: Kersting, Norbert (Hrsg.). Politische Beteiligung.<br />

Einführung in dialogorientierte Instrumente politischer und gesellschaftlicher Partizipation.<br />

Wiesbaden: VS Verlag, S. 222-235.<br />

Kersting, Norbert (2008). Politische Beteiligung. Einführung in dialogorientierte Instrumente<br />

politischer und gesellschaftlicher Partizipation. Wiesbaden: VS Verlag.<br />

Kersting, Norbert (2008). Evaluation dialogischer Beteiligungsinstrumente. In: Kersting, Norbert<br />

(Hrsg.). Politische Beteiligung. Einführung in dialogorientierte Instrumente politischer und<br />

gesellschaftlicher Partizipation. Wiesbaden: VS Verlag.<br />

Kersting, Norbert (Hrsg.) (2012). Electronic Democracy. Opladen: Verlag Barbara Budrich.<br />

Kersting, Norbert/ Caulfield, Janice/ Olowu, Dele/ Nickson, Andrew/ Wollmann, Hellmut (2009).<br />

Local Governance Reform in Global Perspective. Wiesbaden: VS Verlag.<br />

Kersting, Norbert/ Woyke, Wichard (2012). Vom Musterwähler zum Wutbürger? Politische<br />

Beteiligung im Wandel. Münster: Aschendorff Verlag.<br />

Klages, Helmut / Daramus, Carmen / Masser, Kai (2008). Das Bürgerpanel - Ein Weg zu breiter<br />

Bürgerbeteiligung. Speyer: Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung.<br />

Masser, Kai/ Pistoia, Adriano/ Nitzsche, Philipp (2013). Bürgerbeteiligung und Web 2.0.<br />

Potentiale und Risiken webgestützter <strong>Bürgerhaushalt</strong>e. Wiesbaden: Springer VS.<br />

Patsias, Caroline/ Latendresse, Anne/ Bherer, Laurence (2012). Participatory Democracy,<br />

Decentralization and Local Governance: the Montreal Participatory Budget in the Light of<br />

‘Empowered Participatory Governance’. In: International Journal of Urban and Regional<br />

Research, published online first, 16.10.2012.<br />

Porst, Rolf (2008). Fragebogen. Ein Arbeitsbuch. Wiesbaden: VS Verlag.<br />

Schneider, Sebastian (2012). <strong>Bürgerhaushalt</strong> Oldenburg. <strong>Evaluationsbericht</strong>. Dokumentation.<br />

Oldenburg: Universität Oldenburg.<br />

57


Sintomer, Yves/ Herzberg, Carsten/ Röcke, Anja (2010). Der <strong>Bürgerhaushalt</strong> in Europa - eine<br />

realistische Utopie? ; zwischen partizipativer Demokratie, Verwaltungsmodernisierung und<br />

sozialer Gerechtigkeit. Wiesbaden: VS Verlag.<br />

Streeck, Wolfgang (2009). Man weiß es nicht genau: Vom Nutzen der Sozialwissenschaften für<br />

die Politik. MPIfG Working Paper 09/11. Köln: Max Planck-Institut für<br />

Gesellschaftsforschung.<br />

Taubert, Nils/ Krohn, Wolfgang/ Knobloch, Tobias (2010). Evaluierung des Kölner<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>s. Endbericht. Bielefeld: Universität Bielefeld. Institut für Wissenschaftsund<br />

Technikforschung.<br />

Auswertungsberichte FH <strong>Jena</strong><br />

Die folgenden Auswertungsberichte von Arndt Lautenschläger und Kollegen wurde für<br />

Sekundäranalysen und Recherchen herangezogen. Der letzte Zugriff erfolgte am 1.12.2012.<br />

2007: www.jena.de/fm/41/Bericht_BHH%202007.pdf<br />

2008/I: http://www.jena.de/fm/1727/auswertung_buergerbeteil_1_2008.pdf<br />

2008/II: www.jena.de/fm/41/Zwischenauswertung_Investitionen 2009.pdf<br />

2009: http://www.jena.de/fm/1727/auswertung_buergerbeteiligung_2009.pdf<br />

2010: http://www.jena.de/fm/1727/endbericht_beteiligung_bhh_2010.pdf<br />

2011: http://www.jena.de/fm/1727/auswertung_beteiligung_bhh_2011.pdf<br />

2012: http://www.jena.de/fm/1727/Auswertung%20Beteiligungsverfahren%202012.pdf<br />

Internetquellen<br />

Sämtliche Quellen aus dem Internet sind in den Fußnoten dokumentiert.<br />

58


Anhang<br />

Soziodemographie der Befragten aus der quantitativen Befragung<br />

Abschließend soll auf die Soziodemographie der Befragten eingegangen werden. Es zeigt sich,<br />

dass vor allem Männer im mittleren Lebensabschnitt und mit hohem formalem Bildungsniveau<br />

Interesse an der Befragung hatten. Dies deckt sich mit Befunden zur Beteiligung an<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>en und Erkenntnissen der politischen Partizipationsforschung allgemein.<br />

Tabelle A1: Soziodemographie der Befragten (Spaltenprozente).<br />

Männlich<br />

Weiblich<br />

Realschule<br />

Fachabitur<br />

Abitur<br />

Hochschule/ Universität<br />

Sonstige<br />

Keine Angabe<br />

07743<br />

07745<br />

07747<br />

07749<br />

Sonstige Postleitzahlen<br />

Bürgerbefragung<br />

69<br />

31<br />

15<br />

5<br />

16<br />

62<br />

2<br />

1<br />

32<br />

25<br />

17<br />

18<br />

9<br />

Befragung Onlineforum<br />

94<br />

6<br />

6<br />

6<br />

13<br />

75<br />

-<br />

-<br />

31<br />

19<br />

31<br />

6<br />

13<br />

Alter in Jahren Mittelwert<br />

(Min. – Max.)<br />

40,2<br />

(19 – 71)<br />

Anmerkung: Bürgerbefragung n = 179, Befragung Onlineforum n = 16.<br />

43,2<br />

(24 – 59)<br />

Bei den sonstigen Postleitzahlen handelt es sich in der Regel um an <strong>Jena</strong> angrenzende<br />

Gemeinden. Diese Fälle wurden bewusst nicht aus der Auswertung ausgeschlossen, da diese<br />

Personen durch Herkunft, Familie, Beruf und Freizeit mit hoher Wahrscheinlichkeit einen<br />

starken Bezug zur Stadt <strong>Jena</strong> aufweisen.<br />

59


Parteipräferenz der Befragten aus der quantitativen Befragung<br />

Tabelle A2: Parteipräferenz. Mehrfachantworten möglich. Nennungen in Spaltenprozent.<br />

Bürgerbefragung<br />

Befragung<br />

Onlineforum<br />

Ergebnis<br />

Kommunalwahl<br />

2009<br />

CDU 14 13 19,0<br />

SPD 28 13 25,2<br />

FDP 6 6 11,0<br />

Bündnis 90/ Die<br />

Grünen<br />

29 25 10,1<br />

Die Linke 17 25 20,2<br />

Bürger für <strong>Jena</strong> 8 13 10,2<br />

Freie Wähler<br />

Thüringen<br />

e. V.<br />

2 - 2,4<br />

Die Guten 5 6 1,8<br />

Sonstige 9 31 -<br />

Ich würde mich<br />

nicht an der<br />

Kommunalwahl<br />

beteiligen<br />

Möchte ich nicht<br />

angeben<br />

5 - -<br />

9 13 -<br />

Anmerkung: Bürgerbefragung n = 179, Befragung Onlineforum n = 16.<br />

Aufgrund des Thüringischen Kommunalwahlrechts, das Kumulieren und Panaschieren, also das<br />

Anhäufen und Verteilen mehrerer Stimmen auf verschiedene Parteien bzw. Kandidaten, erlaubt,<br />

wurde danach gefragt, welche Partei(en) man bei der nächsten Kommunalwahl wählen würde.<br />

Es zeigt sich jedoch in beiden Datensätze eine Dominanz von eher linksorientierten Parteien<br />

(SPD; Grüne, die Linke).<br />

60


Offene Antworten der Ratsmitglieder<br />

Tabelle A3: Probleme der Bürgerbeteiligung am Haushalt. Offene Antworten.<br />

Die Bürger, die Vorschläge einbringen, kennen zum Teil nicht den gesamten Haushalt.<br />

Haushalte sind Kompromisse bzw. der Haushaltsschluss erfordert Zwänge und komplexe<br />

Interaktionen, die durch eine Befragung nicht abgebildet werden können.<br />

Das größte Problem sehe ich darin, dass die Ergebnisse des <strong>Bürgerhaushalt</strong>es in der<br />

Haushaltsplanung von einigen Fraktionen negiert werden und somit nicht die entsprechende<br />

Berücksichtigung erfahren. Schade!<br />

Das Problem besteht bei der Befragung zum Haushalt, dass nur auf einen bestimmten Bereich der<br />

Stadt ( Kita - Kultur usw. ) die Befragung erfolgt, ohne die anderen Probleme bzw. Zusammenhänge im<br />

Haushalt der Stadt darzustellen. Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ist in der eigenen<br />

Entscheidung zum Haushalt eine Hilfe, kann einem die eigenen Entscheidung der Abwägung zum<br />

Gesamthaushalt in der Haushaltsdiskussion dem Stadtratsmitglied nicht abnehmen.<br />

Die Bürger sind nicht an der Haushaltsplanung beteiligt, da ihnen Fragen vorgelegt werden, die nicht<br />

vom Bürger kommen und die Ergebnisse nicht eindeutig auswertbar sind und somit auch für den<br />

Stadtrat viel Interpretation zulassen.<br />

Die Auswahl der Themen entspricht nicht immer den aktuellen Fragestellungen im Rahmen der<br />

Haushaltsdiskussion. Die Fragen des Umfragebogens sind oft tendenziell.<br />

An den konkreten Diskussionen sind nur relativ wenige Bürger/innen beteiligt, so dass nicht wirklich<br />

von einem <strong>Bürgerhaushalt</strong> gesprochen werden kann. Öffentlichkeitswirksam wird er überwiegend durch<br />

die Bürgerbefragung, die sich jeweils auf ein konkretes Thema innerhalb des Haushaltes und nicht den<br />

Haushalt insgesamt bezieht. Der Stadtrat ist auch nicht an die Vorschläge gebunden, was bei<br />

Ablehnung die Motivation verringert.<br />

Der <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong> entwickelte sich verwaltungsunabhängig und hatte in den ersten Jahren<br />

direkten Einfluss auf die Haushaltspolitik des Stadtrates, das ist vorbei seit der <strong>Bürgerhaushalt</strong> direkt<br />

dem Dezernat Finanzen zugeordnet ist. Der <strong>Bürgerhaushalt</strong> wird seither als Objekt an sich verwaltet<br />

und hat kaum noch Öffentliche Präsenz ,ich finde es schade ,sozusagen Tod durch verwalten.<br />

<strong>Bürgerhaushalt</strong>e sollten sich lediglich auf investive Vorhaben beschränken. Bzgl. des<br />

Verwaltungshaushaltes machen <strong>Bürgerhaushalt</strong>e keinen Sinn. Ergebnisse werden nach meiner<br />

Erfahrung dann nicht mehr umgesetzt. Bei investiven Vorhaben kann die Politik zumindest eine<br />

Prioritätenreihung zur Kenntnis nehmen, die man in politische Entscheidungen einbeziehen kann.<br />

Zudem sind <strong>Bürgerhaushalt</strong>e mit Sach- und Personalkosten verbunden, die sich defizitäre Kommunen<br />

langfristig nicht leisten können.<br />

Zeitmangel: gründliche Auseinandersetzung mit dem Thema erfordert verfügbare Zeitbudgets der<br />

Bürger und die Bereitschaft, diese dann der Beschäftigung mit diesem Thema zuzuführen<br />

mehr Kommunikation und Öffentlichkeitswerbung notwendig, mehr Bürgergespräche, z.B. mit<br />

Seniorenvereinen, Bürgerinitiativen, Beiräten, zu wenig übersichtliche Problemdarstellungen und<br />

Angaben durch die Stadtverwaltung, Haushaltssituation in Presse nur als persönliche Statements OB<br />

u. Finanzdezernent sichtbar gemacht, keine Gesamtsicht bei Bürgern<br />

Es werden teils Erwartung geweckt, die die Verwaltung nicht erfüllen will. Beteiligung wird als<br />

Selbstzweck oder für eine Agenda, die höhere Weihen erfahren soll, genutzt.<br />

61


Irrige Annahme mancher Teilnehmer, direkt materiell entscheiden zu können Interpretation der<br />

Ergebnisse durch Politik / Verwaltung entlang eigener Interessen.<br />

Ich sehe keine Probleme.<br />

Die Fragestellung und Antwortmöglichkeiten sollten so gestaltet sein, dass ein tatsächliches Votum<br />

erfolgen kann, Es sollten keine Wunschlisten vorliegen, Folgen von Entscheidungen sichtbarer und<br />

Notwendigkeiten eines Haushaltes klarer formuliert werden. In der Erarbeitung der Themen und Fragen<br />

durch die AG <strong>Bürgerhaushalt</strong> sollten weniger Parteipolitik (aktuell durch die Piraten) erfolgen, sondern<br />

eine bessere Vertretung der Bürger erfolgen. <strong>Bürgerhaushalt</strong>spolitik sollte von ihren Akteuren nicht als<br />

Bühne außerparlamentarische Opposition missverstanden werden und von den Stadträten nicht als<br />

Stärkung ihrer Kompetenzen, <strong>Bürgerhaushalt</strong> kann nur in einem miteinander beider Seiten ein Erfolg<br />

werden, Von der AG erwarte ich dabei eine stärkere Selbstreflektion und Eigenkritikfähigkeit.<br />

Zu undifferenzierte Fragestellungen führen zu kaum verwertbaren Ergebnissen.<br />

Mögliche Unterlaufung der Entscheidungskompetenz.<br />

Beschränkung auf einen jährlichen Schwerpunktbereich, z.B. Kita oder Kultur. Politische Steuerung<br />

durch den Finanzdezernenten, der Konsolidierung bzw. Einsparungen durchsetzen will, d. h.<br />

Instrumentalisierung zur Legitimation von Einsparungen im freiwilligen Bereich bei Sozialem und Kultur.<br />

Kreis der Befragten ist zu gering.<br />

Anmerkung: Es ist der exakte Wortlaut aufgeführt. Auf eine Korrektur von Rechtschreibung und<br />

Grammatik wurde verzichtet.<br />

Offene Kommentare zum <strong>Bürgerhaushalt</strong> (Bürger)<br />

Tabelle A4: Offene Kommentare zum <strong>Bürgerhaushalt</strong>.<br />

Den <strong>Bürgerhaushalt</strong> nicht bloß auf bestimmte Themen reduzieren und die Ergebnisse auch<br />

richtig in die Haushaltsplanung einfließen lassen.<br />

Ein <strong>Bürgerhaushalt</strong> sollte dazu beitragen, sowohl die Defizite, Forderungen und Prioritäten bei<br />

der Entwicklung des sozialen Gemeinwesens herauszustellen, ein Stadtentwicklungsplan<br />

sollte mit entwickelt werden, <strong>Jena</strong> 2020<br />

Vollbefragung aller <strong>Jena</strong>er_Innen zur besseren Akzeptanz des Instruments (BH) - Offene<br />

Fragestellungen welche die Kreativität anregen - Nicht in Detailfragen verlieren - Eventuell<br />

Investitionstopf vorsehen der direkt durch die Bürger vergeben wird<br />

Die Idee, über ein bestimmtes, festes Budget im Haushalt die Bürger direkt und bindend (d.H.<br />

ohne Veränderungsmöglichkeit des Stadtrates) entscheiden zu lassen, sollte weiter<br />

nachgedacht werden,<br />

Fragestellungen sollen so konkret sein, dass Voten ablesbar sind, umso konkreter, desto<br />

besser<br />

Akteure sollten dran bleiben<br />

Anmerkung: Es ist der exakte Wortlaut aufgeführt. Auf eine Korrektur von Rechtschreibung und<br />

Grammatik wurde verzichtet.<br />

62


Politischer Kontext<br />

Um den Kontext des <strong>Jena</strong>er <strong>Bürgerhaushalt</strong>s zu verdeutlichen, sind im Folgenden die<br />

politischen Entwicklungen seit 1999 in Form der Wahlergebnisse dargestellt.<br />

Tabelle A5: Wahlen Stadtrat <strong>Jena</strong> (1999 – 2009).<br />

Prozent<br />

(1999)<br />

Sitze<br />

(1999)<br />

Prozent<br />

(2004)<br />

Sitze<br />

(2004)<br />

Prozent<br />

(2009)<br />

Sitze<br />

(2009)<br />

SPD 23,1 10 19,0 9 25,2 11<br />

Die Linke 21,4 9 24,2 11 20,2 9<br />

CDU 24,7 10 22,9 10 19,0 9<br />

FDP 13,4 6 9,1 4 11,0 5<br />

Bürger für<br />

<strong>Jena</strong><br />

9,6 4 12,5 6 10,2 5<br />

Die Grünen 7,9 3 12,2 6 10,1 5<br />

Freie<br />

Wähler<br />

Thüringen<br />

- - - - 2,4 1*<br />

Die Guten - - - - 1,8 1*<br />

Fraktionslos - - - 1 - -<br />

Beteiligung 53,0 43,8 54,5<br />

Oberbürgermeister<br />

Seit 2006: Albrecht Schröter (SPD)<br />

Tabelle A6: Beteiligung Wahl Oberbürgermeister (2000 – 2012).<br />

2000 2000<br />

Stichwahl<br />

2006 2006<br />

Stichwahl<br />

2012 2012<br />

Stichwahl<br />

Prozent 40,9 32,8 42,8 32,1 46,1 33,6<br />

63


Haushaltslage der Stadt <strong>Jena</strong><br />

Abbildung A1: Entwicklung der Haushaltslage der Stadt <strong>Jena</strong> (1990-2012).<br />

Quelle: Berichtsvorlage Stadt <strong>Jena</strong> 12/1514-BE 14.03.2012, S. 4.<br />

64


Anhang B – Befragungsinstrumente<br />

Fragebogen Bürger (pdf-Export aus Umfragesoftware EFS Survey)<br />

65


Fragebogen Ratsmitglieder<br />

70

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