Störfallgutachten - Hilden
Störfallgutachten - Hilden
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Gutachten auf Basis des<br />
Art. 12 der Seveso-II-Richtlinie bzw. des §50 BImSchG zur<br />
Verträglichkeit der Betriebsbereiche der 3M Deutschland GmbH<br />
und der Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH<br />
mit Planungen in deren Umfeld<br />
Auftraggeber<br />
Stadtverwaltung <strong>Hilden</strong><br />
Planungs- und Vermessungsamt<br />
Am Rathaus 1<br />
40721 <strong>Hilden</strong><br />
Projektbearbeitung<br />
UCON GmbH<br />
Scheibenstraße 88<br />
48153 Münster<br />
Telefon: (0 25 1) 14 15 6 – 0<br />
Telefax: (0 25 1) 14 15 6 – 29<br />
Internet: www.ucon-gmbh.de<br />
Verfasser<br />
Dipl.-Ing. Friedhelm Haumann<br />
Bekanntgegebener Sachverständiger<br />
nach § 29a BImSchG<br />
Telefon: (0251) 14 15 6 – 23<br />
E-Mail: f.haumann@ucon-gmbh.de<br />
Umfang<br />
58 Seiten<br />
Stand 18.07.2013
Inhaltsverzeichnis<br />
1 RESÜMEE ...................................................................................................................................... 5<br />
2 EINLEITUNG UND AUFGABENSTELLUNG........................................................................... 8<br />
3 VERWENDETE UNTERLAGEN ............................................................................................. 10<br />
3.1 Rechtliche Grundlagen ........................................................................................................................ 10<br />
3.2 Technische Regeln, Leitfäden, Berichte ............................................................................................... 10<br />
3.3 Literatur und weitere Quellen ............................................................................................................. 10<br />
3.4 Prüfunterlagen .................................................................................................................................... 11<br />
4 DARSTELLUNG DER ÖRTLICHEN GEGEBENHEITEN ................................................... 12<br />
4.1 Stadt <strong>Hilden</strong>......................................................................................................................................... 12<br />
5 BERÜCKSICHTIGUNG VON ABSTÄNDEN ZWISCHEN STÖRFALL-RELEVANTEN<br />
BETRIEBEN UND SCHUTZBEDÜRFTIGEN GEBIETEN ......................................................... 13<br />
5.1 Abstandsempfehlungen für die Bauleitplanung im Leitfaden KAS-18 .................................................. 13<br />
6 BETRIEBSBEREICHE GEMÄß 12. BIMSCHV ................................................................... 15<br />
6.1 3M Deutschland GmbH ....................................................................................................................... 15<br />
6.1.1 Beschreibung des Betriebsgeländes .................................................................................................. 16<br />
6.1.2 Schutzmaßnahmen ............................................................................................................................ 17<br />
6.1.2.1 Explosionsschutz ............................................................................................................................ 17<br />
6.1.2.2 Brandschutz ................................................................................................................................... 17<br />
6.2 Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH ................................................................................................ 18<br />
6.2.1 Beschreibung des Betriebsgeländes .................................................................................................. 19<br />
6.2.2 Schutzmaßnahmen ............................................................................................................................ 20<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 2 von 58
6.2.2.1 Explosionsschutz ............................................................................................................................ 20<br />
6.2.2.2 Brandschutz ................................................................................................................................... 20<br />
7 STOFFBESCHREIBUNGEN .................................................................................................... 21<br />
7.1 3M ....................................................................................................................................................... 21<br />
7.1.1 Aceton ............................................................................................................................................... 21<br />
7.1.2 Wasserstoff ........................................................................................................................................ 22<br />
7.1.3 Propan ............................................................................................................................................... 23<br />
7.2 Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH ................................................................................................ 24<br />
7.2.1 Methanol ........................................................................................................................................... 24<br />
7.2.2 Ethylacetat ......................................................................................................................................... 25<br />
7.2.3 Ammoniak ......................................................................................................................................... 26<br />
8 AUSBREITUNGSBETRACHTUNG ........................................................................................ 28<br />
8.1 Untersuchte Szenarien ........................................................................................................................ 28<br />
8.2 Allgemeine Betrachtung ...................................................................................................................... 28<br />
8.3 Grundlagen der Abstandsempfehlungen gemäß KAS-18 ..................................................................... 29<br />
8.4 Szenarien 3M Deutschland GmbH ....................................................................................................... 31<br />
8.4.1 Freisetzung und Verdampfung von Aceton ....................................................................................... 31<br />
8.4.2 Gaswolkenexplosion Aceton ............................................................................................................. 33<br />
8.4.3 Gaswolkenexplosion Propan ............................................................................................................. 34<br />
8.4.4 Gaswolkenexplosion Wasserstoff ...................................................................................................... 35<br />
8.4.5 Freisetzung und Brandereignis von Aceton ....................................................................................... 37<br />
8.4.6 Ergebnisse der Ausbreitungsberechnungen ...................................................................................... 38<br />
8.5 Szenarien Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH ................................................................................ 40<br />
8.5.1 Freisetzung von druckverflüssigtem Ammoniak................................................................................ 40<br />
8.5.2 Freisetzung und Verdampfung von Methanol ................................................................................... 42<br />
8.5.3 Gaswolkenexplosion Ammoniak ....................................................................................................... 44<br />
8.5.4 Gaswolkenexplosion von Methanol .................................................................................................. 45<br />
8.5.5 Freisetzung und Explosion von Ethylacetat ....................................................................................... 45<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 3 von 58
8.5.6 Freisetzung und Brandereignis von Methanol .................................................................................. 46<br />
8.5.7 Freisetzung und Brandereignis von Ethylacetat ................................................................................ 49<br />
8.5.8 Ergebnisse der Ausbreitungsberechnungen ...................................................................................... 51<br />
9 MÖGLICHE NUTZUNG INNERHALB DER ANGEMESSENEN ABSTÄNDE ................. 52<br />
10 ANALYSE DER ERGEBNISSE DER AUSBREITUNGSBERECHNUNGEN .................. 53<br />
10.1 Mögliche Minderungsmaßnahmen ...................................................................................................... 56<br />
11 BEURTEILUNG VON GEMENGELAGEN .......................................................................... 58<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 4 von 58
1 Resümee<br />
Die Stadt <strong>Hilden</strong> beabsichtigt die Festlegung von angemessenen Abständen hinsichtlich<br />
der Betriebsbereiche der 3M Deutschland GmbH und der Akzo Nobel Packaging Coatings<br />
GmbH, um bei künftigen Planungen die Vorgaben des § 50 BImSchG bzw. des Artikels<br />
12 der Seveso-II-Richtlinie berücksichtigen zu können.<br />
Mit der sachverständigen Ermittlung der angemessenen Abstände wurde die UCON<br />
GmbH, vertreten durch den Unterzeichner, beauftragt.<br />
Die Untersuchungen basieren auf Ausbreitungsberechnungen unter Berücksichtigung der<br />
in dem Leitfaden KAS-18 genannten Parameter.<br />
Die Auswahl der zu untersuchenden Stoffe erfolgte anhand der von der 3M Deutschland<br />
GmbH und der Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH zur Verfügung gestellten<br />
Stofflisten; es wurden stellvertretend die kritischsten Stoffe ausgewählt. Des Weiteren<br />
wurden Anlagenbegehungen durchgeführt.<br />
Bei der Ausbreitungsbetrachtung wurden folgende Szenarien als pessimal ermittelt:<br />
▪<br />
▪<br />
▪<br />
Freisetzung von Aceton und Ausbreitung von Acetondämpfen,<br />
Freisetzung von Methanol und Lachenbrand,<br />
Freisetzung von druckverflüssigtem Ammoniak und Ausbreitung von gasförmigem<br />
Ammoniak.<br />
In der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse der ausgewählten Szenarien in Abhängigkeit<br />
der untersuchten Standorte angegeben:<br />
Szenario Betriebsbereich Grenzwert Abstände<br />
Ausbreitung von<br />
3M Deutschland<br />
AEGL-2-Wert: 3200 ppm<br />
100 m<br />
Acetondämpfen<br />
GmbH<br />
(73 m)<br />
Ausbreitung von Ammoniak<br />
Akzo Nobel<br />
ERPG-2-Wert: 150 ppm<br />
415 m<br />
Brand von Methanol Packaging<br />
Wärmestrahlung 1,6 kW/m² 54 m<br />
Brand von Ethylacetat<br />
Coatings GmbH<br />
Wärmestrahlung 1,6 kW/m² 90 m<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 5 von 58
Aufgrund der vielen möglichen Einsatzorte von Aceton in den Produktionsbereichen<br />
wurde der angemessene Abstand für die Ausbreitung von Aceton-Dämpfen als<br />
Umhüllende in einem Abstand von 100 m um die Betriebsgrenze dargestellt. Da sich<br />
dieser Abstandswert aus grundsätzlichen Gegebenheiten ergibt – der Gültigkeitsbereich<br />
der der Ausbreitungsberechnung zugrunde liegenden VDI-Richtlinie 3783 beginnt erst bei<br />
einer Entfernung von 100 m – kann der tatsächlich errechnete angemessene Abstand von<br />
73 m toleriert werden. Dieser Abstand ist angesichts der Ausmaße des Betriebsgeländes<br />
nicht nur bezüglich der Störfallproblematik als angemessen anzusehen.<br />
In dem Betriebsbereich der Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH sind zwei Zustände zu<br />
unterscheiden:<br />
1. Derzeitige Situation<br />
2. Zukünftige Situation in Bezug auf den Ersatz der jetzigen Kälteanlage durch die<br />
Aufstellung einer Ammoniak-Kälteanlage<br />
Unter der Voraussetzung der derzeitigen Situation (1) ergibt sich bei Akzo Nobel<br />
Packaging Coatings GmbH pessimal ein Szenario mit der Verbrennung von Methanol und<br />
Ethylacetat. Da dieser Stoff an verschiedensten Stellen im Betrieb eingesetzt werden<br />
kann, wurde der angemessene Abstand von 54 m auch hier weitgehend als eine<br />
Umhüllende um das Betriebsgelände ausgewiesen bei zusätzlicher Berücksichtigung des<br />
Abstandes für den Brandfall Ethylacetat.<br />
Sollte es zu einer Realisierung der Ammoniak-Kälteanlage kommen (Situation 2), so ist<br />
ausgehend vom potentiellen Aufstellungsort ein angemessener Abstand von 415 m<br />
einzuhalten.<br />
Innerhalb der für die beiden Betriebsbereiche ermittelten Grenzen sind in Abhängigkeit<br />
von den Gegebenheiten und den Alarmierungsmaßnahmen folgende Nutzungen möglich<br />
bzw. ausgeschlossen:<br />
I<br />
II<br />
Wohnnutzungen, Einrichtungen mit starkem Publikumsverkehr sowie Einrichtungen,<br />
in denen sich „empfindlichere“ Personengruppen, z. B. Kinder, Kranke, alte<br />
Menschen oder Behinderte, aufhalten, sollten innerhalb der angemessenen Abstände<br />
ausgeschlossen werden.<br />
Versammlungsstätten mit längeren Aufenthaltszeiten sowie Hotels und Einrichtungen<br />
mit vergleichbaren Nutzungen können – insbesondere im äußeren Bereich des<br />
Abstandsradius - unter der Voraussetzung der Einbindung in die Alarm- und<br />
Gefahrenabwehrplanung des Betriebsbereiches befürwortet werden.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 6 von 58
III Gewerblicher und industrieller Nutzung - ohne relevanten Publikumsverkehr -<br />
einschließlich der dazugehörigen Büros kann zugestimmt werden.<br />
Diese gutachtliche Untersuchung wurde nach bestem Wissen und Gewissen, unter<br />
Zugrundelegung der aufgeführten Unterlagen, unparteiisch und ohne Ergebnisweisung<br />
sowie ohne Ansehen der Person des Auftraggebers durchgeführt.<br />
Der Sachverständige steht zu den Auftraggebern in keinerlei personen- oder<br />
gesellschaftsrechtlichen Verbindungen.<br />
Münster, 18.07.2013<br />
_______________________________________________<br />
Dipl.-Ing. Friedhelm Haumann<br />
Bekanntgegeb. Sachverständiger nach § 29 a Abs. 1 BImSchG<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 7 von 58
2 Einleitung und Aufgabenstellung<br />
Auf der Basis des Art. 12 der Seveso-II-Richtlinie bzw. des § 50 BImSchG möchte die<br />
Stadt <strong>Hilden</strong> die angemessenen Abstände im Umfeld ihrer Betriebsbereiche gemäß § 3<br />
(5a) BImSchG, sogenannte Störfall-Anlagen, gutachtlich ermitteln lassen.<br />
Innerhalb des Gebietes der Stadt <strong>Hilden</strong> befinden sich zwei Betriebsbereiche:<br />
▪ 3M Deutschland GmbH<br />
▪ Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH<br />
Die Lage der Betriebsbereiche ist dem nachfolgenden Luftbild zu entnehmen.<br />
Karte 1: Darstellung der betrachteten Betriebe<br />
In diesen Betrieben wird mit gefährlichen Stoffen gemäß Anhang I der Störfall-<br />
Verordnung in einer Menge umgegangen, dass bei etwaigen Unfällen mit Auswirkungen<br />
auf die Nachbarschaft gerechnet werden muss. Folglich sind bei der Abwägung über<br />
zukünftige städtische Planungen die von diesen Anlagen möglicherweise ausgehenden<br />
Gefährdungen zu berücksichtigen.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 8 von 58
Zur Entscheidungsfindung bei entsprechenden städtischen Planungen soll unter anderem<br />
dieses Gutachten dienen.<br />
Die UCON GmbH, vertreten durch den Unterzeichner, wurde mit der Durchführung der<br />
gutachtlichen Beurteilung beauftragt.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 9 von 58
3 Verwendete Unterlagen<br />
3.1 Rechtliche Grundlagen<br />
▪<br />
Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der<br />
Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen – Seveso-II-Richtlinie;<br />
▪ Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen,<br />
Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-<br />
Immissionsschutzgesetz – BImSchG) vom 26.09.2002, zuletzt geändert am<br />
26.11.2010;<br />
▪ Zwölfte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes -<br />
Störfall-Verordnung – 12. BImSchV in der Fassung vom 8. Juni 2005, zuletzt<br />
geändert am 26.11.2010;<br />
▪<br />
Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung – GefStoffV) vom<br />
26.11.2010.<br />
3.2 Technische Regeln, Leitfäden, Berichte<br />
[1] Leitfaden KAS-18: „Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen<br />
nach der Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der<br />
Bauleitplanung – Umsetzung § 50 BImSchG“, erarbeitet von der Arbeitsgruppe<br />
„Fortschreibung des Leitfadens SFK/TAA-GS-1“, verabschiedet im November<br />
2010 von der Kommission für Anlagensicherheit (KAS), 2. überarbeitete<br />
Fassung;<br />
[2] Abschlussbericht TAA-GS-23: „Definitionen nach § 2 Nr. 1 und 2 Störfall-<br />
Verordnung“ des Arbeitskreises zur Umsetzung der Seveso II-Richtlinie,<br />
verabschiedet auf der 23. TAA-Sitzung am 04. April 2001.<br />
3.3 Literatur und weitere Quellen<br />
[3] Vollzugshilfe zur Störfall-Verordnung; BMU, Stand März 2004;<br />
[4] Feldhaus: Bundesimmissionsschutzrecht Kommentar, 2. völlig neu bearbeitete<br />
Auflage, 146. Aktualisierung, Stand Juni 2008, C. F. Müller;<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 10 von 58
[5] GESTIS-Stoffdatenbank, IFA Institut für Arbeitssicherheit der Deutschen<br />
Gesetzlichen Unfallversicherung;<br />
[6] Dr.-Ing. B. Schalau: Programm zur Numerischen Störfallsimulation „ProNuSs“,<br />
Version 7.36.<br />
3.4 Prüfunterlagen<br />
[7] Antragsbezogener Sicherheitsbericht der Akzo Nobel Packaging GmbH, <strong>Hilden</strong>,<br />
Stand: November 2011 einschl. Anhänge<br />
▫ Literatur<br />
▫ Standortbeschreibung<br />
▫ Verfahren und Anlage<br />
▫ Stoffe<br />
[8] Übersichtsplan / Lageplan Akzo Nobel, Stand: 24.06.2010;<br />
[9] Sicherheitsbericht der 3M Deutschland GmbH, Stand: 15.07.2010;<br />
[10] Stoffliste der 3M Deutschland GmbH, Stand 30.01.2013;<br />
[11] Sicherheitsdatenblätter der 3M Deutschland GmbH, Stand: 2. Halbjahr 2012;<br />
[12] Deutsche Grundkarten mit Eintragungen und Kennzeichnungen des Planungsund<br />
Vermessungsamtes der Stadt <strong>Hilden</strong>:<br />
[12.1] „Planungsrecht“;<br />
[12.2] „Bestand“;<br />
[12.3] „Vorhaben“;<br />
[13] E-Mail des Planungs- und Vermessungsamtes der Stadt <strong>Hilden</strong> vom 11.06.2013<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 11 von 58
4 Darstellung der örtlichen Gegebenheiten<br />
4.1 Stadt <strong>Hilden</strong><br />
Die Stadt <strong>Hilden</strong> liegt im Bundesland Nordrhein-Westfalen, sie ist eine mittelgroße Stadt<br />
des Kreises Mettmann im Regierungsbezirk Düsseldorf. <strong>Hilden</strong> liegt zwischen den<br />
nordrhein-westfälischen Großstädten Düsseldorf, Wuppertal, Solingen und Köln.<br />
Die Stadt verfügt über eine Fläche von 25,96 km² und ca. 55.000 Einwohner.<br />
In der Vergangenheit wies <strong>Hilden</strong> eine industriell geprägte Wirtschaftsstruktur auf. Durch<br />
den Weggang einiger Großunternehmen hat sich dieses Bild deutlich geändert. Wenige<br />
Großbetriebe sind heute noch erhalten, darunter Akzo Nobel (ehemals ICI Paints bzw.<br />
davor Hermann-Wiederhold-Werke, Lacke und Farben) und 3M. Letztere betreiben in<br />
<strong>Hilden</strong> ihr europaweit größtes Werk. Insbesondere der Niedergang der Stahl- und<br />
Metallindustrie zwang die Stadt zum gewerblichen Strukturwandel. Der Schwerpunkt der<br />
Gewerbeansiedlung liegt bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, die je nach<br />
betrieblicher Ausrichtung in Stadtrandlagen oder in der Innenstadt angesiedelt sind.<br />
Angesichts der extremen Flächenknappheit in einer der dichtest besiedelten Städte<br />
Deutschlands ist auch die Arbeitsplatzintensität ein Ansiedlungskriterium für neue<br />
Unternehmen. Im Laufe der achtziger und neunziger Jahre hat sich <strong>Hilden</strong> so als<br />
Dienstleistungs- und Technologieschwerpunkt etablieren können.<br />
Sowohl die Flächenknappheit als auch die dichte Besiedelung erfordern eine sorgfältige<br />
Betrachtung der Vereinbarkeit von gewerblicher bzw. industrieller Ansiedlung,<br />
insbesondere von Betriebsbereichen gemäß Störfall-Verordnung, und sogenannten<br />
schützenswerten Einrichtungen (Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden und<br />
Gebieten etc.).<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 12 von 58
5 Berücksichtigung von Abständen zwischen störfallrelevanten<br />
Betrieben und schutzbedürftigen Gebieten<br />
Gemäß Artikel 12 der Seveso-II-Richtlinie sind die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, in<br />
ihren Politiken der Flächenausweisung oder Flächennutzung und/oder anderen<br />
einschlägigen Politiken das Ziel zu berücksichtigen, schwere Unfälle zu verhüten und ihre<br />
Folgen zu begrenzen.<br />
Die Mitgliedstaaten haben u.a. bei der Flächenausweisung dafür zu sorgen, dass<br />
zwischen den unter die Seveso-II-Richtlinie fallenden Betrieben (Betriebsbereich im Sinne<br />
der Störfall-Verordnung) einerseits und Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden<br />
und Gebieten, wichtigen Verkehrswegen (so weit möglich), Freizeitgebieten und unter<br />
dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvollen bzw. besonders<br />
empfindlichen Gebieten andererseits ein angemessener Abstand gewahrt bleibt, damit es<br />
zu keiner Zunahme der Gefährdung der Bevölkerung kommt. [1], [4]<br />
5.1 Abstandsempfehlungen für die Bauleitplanung im Leitfaden<br />
KAS-18<br />
Um den für die Bauleitplanung verantwortlichen Stellen und insbesondere den zu<br />
beteiligenden Fachbehörden, wie den Immissionsschutzbehörden eine einheitliche<br />
Grundlage in Form eines Arbeitsleitfadens für die Beurteilung angemessener Abstände<br />
zwischen Betriebsbereich (Betrieb im Sinne der Seveso-II-Richtlinie) einerseits und<br />
schutzbedürftigem Gebiet andererseits an die Hand zu geben, wurden von der<br />
Arbeitsgruppe „Fortschreibung des Leitfadens SFK/TAA-GS-1“ Abstandsempfehlungen<br />
und Bewertungsmethoden vorgeschlagen. Diese sollen schon mit planerischen Mitteln<br />
sicherstellen, dass Flächen mit unverträglichen Nutzungen einander in einem<br />
angemessenen Abstand zugeordnet werden.<br />
Die Abstandsempfehlungen und Bewertungsmethoden wurden in dem Leitfaden KAS-18<br />
„Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung<br />
und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung – Umsetzung § 50<br />
BImSchG“ zusammengefasst. Er wurde im November 2010 von der Kommission für<br />
Anlagensicherheit (KAS) verabschiedet. [1]<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 13 von 58
Die Berechnung des austretenden Massenstromes, der Konzentrationen in Abhängigkeit<br />
von der Entfernung gemäß VDI-Richtlinie 3783, sowie Wärmestrahlung und der<br />
Explosionsüberdruck in Abhängigkeit der Entfernung wurden mit dem Programm ProNuSs<br />
7.36 [6] ermittelt.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 14 von 58
6 Betriebsbereiche gemäß 12. BImSchV<br />
6.1 3M Deutschland GmbH<br />
Das Betriebsgelände der 3M Deutschland GmbH liegt an der Düsseldorfer Straße 121-125<br />
im Süden der Stadt <strong>Hilden</strong>. Im bisherigen Flächennutzungsplan ist dieser Standort als<br />
Industriegebiet ausgewiesen.<br />
Die auf dem Werksgelände betriebenen Produktionsstätten sind Anlagen zum Beschichten<br />
und Imprägnieren von Materialträgerbahnen. Es sind Stoffe gemäß Anhang 1 der 12.<br />
BImSchV innerhalb der Anlagen vorhanden, die als entzündlich, leichtentzündlich, giftig<br />
oder umweltgefährlich eingestuft sind. Der Betrieb unterliegt den erweiterten Pflichten<br />
der Störfall-Verordnung.<br />
Das Werksgelände wird durch die von West nach Ost verlaufende Werksstraße in die<br />
Bereiche <strong>Hilden</strong> 1 (nördlicher Teil) und <strong>Hilden</strong> 2 (südlicher Teil) geteilt.<br />
Der Betriebsbereich ist im Norden von der Düsseldorfer Straße (B228), im Osten von der<br />
Dammstraße, im Westen von der Horster Allee und im Süden von der Weststraße<br />
eingegrenzt.<br />
Ein kleineres Wohngebiet liegt im Osten an der Grabenstrasse in einer Entfernung von ca.<br />
30 m vom Werksgelände. Ausgedehntere Wohnsiedlungen schließen sich in nördlicher<br />
Richtung beginnend auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Werkes an der<br />
Düsseldorfer Straße an. Hier befinden sich außerdem direkt gegenüber vom<br />
Werksgelände eine Kirche und eine Schule. Diagonal vom Werksgelände in nordöstlicher<br />
Richtung liegen an der Düsseldorfer Straße Einzelhandelsgeschäfte und weiter nördlich an<br />
der Walter-Wiederhold-Straße ein Kindergarten.<br />
In westlicher Richtung grenzen innerhalb des Betriebsgeländes ungenutzte Flächen an die<br />
Produktionsgebäude. Jenseits der Betriebsgrenze folgt eine Kläranlage und nördlich sowie<br />
westlicher von dieser wenige Wohnhäuser.<br />
Südlich liegt an der Itter die Horster Mühle und in weiterem Abstand ein Seniorenheim.<br />
Die Lage des Betriebsbereiches und die Umgebungssituation sind der nachfolgenden<br />
Deutschen Grundkarte (DGK) zu entnehmen.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 15 von 58
Karte 2: Betriebsgelände von 3M Deutschland GmbH<br />
6.1.1 Beschreibung des Betriebsgeländes<br />
<strong>Hilden</strong> 1 und 2 sind in mehrere Bereiche aufgeteilt. Im Folgenden werden die wichtigsten<br />
in Ihrer Lage beschrieben.<br />
<strong>Hilden</strong> 1<br />
Die wesentlichen Bereiche von <strong>Hilden</strong> 1 sind innerhalb eines Gebäudekomplexes<br />
realisiert. Die Produktion findet in den zum Parkplatz an der Düsseldorfer Straße parallel<br />
verlaufenden Abschnitten statt sowie in dem sich südöstlich anschließenden Teil. In den<br />
sich südwestlich anschließenden Bereichen sind die Annahme und Bereitstellung<br />
untergebracht.<br />
Lager- und Bereitstellungsflächen befinden sich im Südosten des Gebäudekomplexes.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 16 von 58
<strong>Hilden</strong> 2<br />
Die Produktion innerhalb von <strong>Hilden</strong> 2 findet in den zur Werksstraße parallel verlaufenden<br />
östlichen Bereichen statt. Südlich, südöstlich und im Westen anschließend sind Lager und<br />
Bereitstellungsflächen untergebracht, im südlichsten Gebäudeteil befindet sich das Lager<br />
für entzündliche Flüssigkeiten. Ganz im Süden liegt die Reststoffbereitstellungsfläche.<br />
Im Westen des Anlagenbereiches sind zwei Löschwassertanks aufgestellt.<br />
6.1.2 Schutzmaßnahmen<br />
6.1.2.1 Explosionsschutz<br />
In der Produktion sind Gaswarneinrichtungen vorhanden, die einen Vor- und Hauptalarm<br />
auslösen. Beim Hauptalarm folgt die Abschaltung der jeweiligen Anlage.<br />
Innerhalb der Beschichtungsanlagen sind Bodenabsaugungen vorhanden.<br />
In einigen Bereichen wird mit Stickstoffinertisierung gearbeitet.<br />
6.1.2.2 Brandschutz<br />
In den Anlagen der 3M Deutschland GmbH in <strong>Hilden</strong> sind sowohl Sprinkleranlagen als<br />
auch CO 2 -Löscheinrichtungen vorhanden. Die Branderkennung geschieht über<br />
Wärmedifferential-, Maximal- und Infrarotstrahlungsmelder. Beim Ansprechen der<br />
Brandmelder werden automatisch die Sprinkleranlagen bzw. die CO 2 -Löscheinrichtung in<br />
Betrieb gesetzt, vor Ort und beim zentralen Pförtner bzw. der Zentrale der Betriebsfeuerwehr<br />
wird akustischer Alarm ausgelöst und beim Ansprechen der Sprinkleranlage<br />
die öffentliche Feuerwehr der Stadt <strong>Hilden</strong> alarmiert.<br />
Grundsätzlich kann die Löschanlage auch manuell ausgelöst werden.<br />
Die Löschwasserversorgung erfolgt über eine Löschwasserbevorratung mit einem<br />
maximalen Volumen von 1.300 m³.<br />
Die CO 2 -Löscheinrichtung wird nach einer Verzögerungszeit aktiv.<br />
Die 3M Deutschland GmbH in <strong>Hilden</strong> verfügt über eine Betriebsfeuerwehr, diese ist mit<br />
einem Umweltschutzwagen und einem Tanklöschfahrzeug TLF ausgerüstet.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 17 von 58
6.2 Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH<br />
Das Betriebsgelände der Firma Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH in <strong>Hilden</strong> liegt an<br />
der Düsseldorfer Straße 96 - 100 (Bundesstraße B228). Eine weitere Zufahrt existiert an<br />
der Eichenstraße im Norden.<br />
Am Standort werden Farben und Lacke für Metallverpackungen entwickelt, hergestellt<br />
und vertrieben. Dabei sind Stoffe gemäß Anhang 1 der 12. BImSchV innerhalb der<br />
Anlagen vorhanden, die als entzündlich, leichtentzündlich, giftig oder umweltgefährlich<br />
eingestuft sind. Der Betriebsbereich unterliegt den erweiterten Pflichten der<br />
Störfallverordnung.<br />
Das Werksgelände befindet sich gemäß Flächennutzungsplan zum kleinen Teil in einem<br />
Industriegebiet und zum größeren Teil in einem Gewerbegebiet, im Süden sowie im<br />
Westen entlang der Düsseldorfer Straße schließt sich Wohnbebauung an. Besonders im<br />
Norden, teilweise jedoch auch im Westen und im Süd-Westen liegen Flächen mit<br />
Industrie- und Gewerbebetrieben. In Entfernungen von ca. 180 m bzw. ca. 270 m von<br />
der östlichen Werksgrenze befinden sich an der Otto-Hahn- und an der Telleringstraße<br />
Moscheen. Der Bahnhof der Stadt <strong>Hilden</strong> hat zur östlichen Werksgrenze der Akzo Nobel<br />
Packaging Coatings GmbH eine Entfernung von ca. 450 m. Zum Einkaufsmarkt der Firma<br />
Lidl besteht in östlicher Richtung ein Abstand von ca. 190 m.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 18 von 58
Karte 3: Betriebsgelände der Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH<br />
6.2.1 Beschreibung des Betriebsgeländes<br />
Das Betriebsgelände besteht im Wesentlichen aus<br />
▪ dem Hauptproduktions- und Verwaltungsgebäude (D) im Südwesten,<br />
▪ der Werkstatt und dem Gebindelager (E) in der Mitte bzw. dem nördlichen Bereich<br />
des Geländes<br />
▪ dem Kesselhaus (G) in der Mitte der Anlage<br />
▪ dem zum größten Teil stillgelegten Produktionsgebäude Kunstharz (J) im Norden<br />
▪ dem unterirdischen Tanklager für Lösemittel (TL2) angrenzend an die Düsseldorfer<br />
Straße im Süden und<br />
▪ dem Tanklager für Bindemittel (TL6) im Norden des Geländes.<br />
Die Tanklager bestehen aus 27 (TL2) bzw. 20 (TL6) Tanks.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 19 von 58
Die Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH erwägt im Hauptproduktions- und<br />
Verwaltungsgebäude (D), ihre Kälteanlage mit einem organischen Kältemittel durch eine<br />
Ammoniak-Kälteanlage zu ersetzen. Aus diesem Grund wird die Freisetzung von<br />
druckverflüssigtem Ammoniak im Rahmen dieses Gutachtens betrachtet.<br />
6.2.2 Schutzmaßnahmen<br />
6.2.2.1 Explosionsschutz<br />
Die Lagertanks des Tanklagers TL6 und die Rührbehälter in der Produktion sind mit<br />
Stickstoff inertisiert, der Sauerstoffgehalt liegt unterhalb von 4 Vol.-%.<br />
Innerhalb der Produktion, an der Auffangtasse der TL6 und an der Gasheizung sind<br />
Gaswarnanlagen installiert, welche bei einem Erreichen von 20 % der UEG Alarm<br />
auslösen.<br />
6.2.2.2 Brandschutz<br />
Neben dem baulichen Brandschutz und den unter dem Kapitel „Explosionsschutz“<br />
genannten Maßnahmen sind im Betriebsbereich Brandmeldeanlagen und<br />
Löscheinrichtungen installiert. Die Produktionsräume sind ebenso wie einige Lagerräume<br />
mit CO 2 -Löschanlagen geschützt, aufgrund der Stoffeigenschaften des Inventars wurde<br />
das Feststofflager mit Sprinkleranlagen versehen. Als Brandmelder dienen<br />
Temperaturmelder bzw. im Fall des TL6 Flammenmelder.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 20 von 58
7 Stoffbeschreibungen<br />
7.1 3M<br />
7.1.1 Aceton<br />
Chemische Charakterisierung [5]<br />
▪ Leicht entzündbare Flüssigkeit<br />
▪ Dämpfe bilden mit Luft explosive Gemische<br />
▪ Mit Wasser mischbar<br />
▪ Leicht flüchtig<br />
▪ Von dem Stoff gehen akute oder chronische Gesundheitsgefahren aus<br />
Physikalisch chemische Eigenschaften [5]<br />
Schmelzpunkt -95 °C<br />
Siedepunkt 56 °C<br />
Dichte<br />
Flammpunkt<br />
0,79 g/cm³<br />
< -20 °C (Messung im geschlossenen Tiegel)<br />
Zündtemperatur 535 °C<br />
Explosionsgrenzen<br />
▪ UEG<br />
▪ OEG<br />
Maximaler Explosionsdruck<br />
Wasserlöslichkeit<br />
pH-Wert<br />
Dampfdruck<br />
2,5 Vol.-% / 60 g/m³<br />
14,3.-% / 345 g/m³<br />
9,7 bar<br />
Vollständig mischbar<br />
7,0 (20 °C; 10 g/l)<br />
246 mbar (20 °C),<br />
Gefahrenhinweise - H-Sätze [5]<br />
H225<br />
Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar<br />
H319<br />
Verursacht schwere Augenreizung<br />
H336<br />
Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 21 von 58
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [5]<br />
R 11<br />
Leichtentzündlich<br />
R 36<br />
Reizt die Augen<br />
R 66<br />
Wiederholter Kontakt kann zu spröder oder rissiger Haut führen<br />
R 67<br />
Dämpfe können Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen<br />
7.1.2 Wasserstoff<br />
Chemische Charakterisierung [5]<br />
▪ Extrem entzündbares Gas. Bildet mit Luft explosive Gemische<br />
▪ Bei hohen Ausströmgeschwindigkeiten Gefahr der Selbstentzündung<br />
▪ Nur geringfügig löslich in Wasser<br />
▪ Gas ist leichter als Luft<br />
Physikalisch chemische Eigenschaften [5]<br />
Schmelzpunkt -259 °C<br />
Siedepunkt -252,76 °C<br />
Dichte<br />
0,0899 kg/m³<br />
Zündtemperatur 560 °C<br />
Explosionsgrenzen<br />
▪ UEG<br />
▪ OEG<br />
Maximaler Explosionsdruck<br />
Wasserlöslichkeit<br />
4,0 Vol.-% / 3,4 g/m³<br />
77.-% / 65 g/m³<br />
8,3 bar<br />
1,6 mg/l (20 °C)<br />
Gefahrenhinweise - H-Sätze [5]<br />
H220<br />
Extrem entzündbares Gas<br />
H280<br />
Enthält Gas unter Druck; kann bei Erwärmung explodieren<br />
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [5]<br />
R 12<br />
Hochentzündlich<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 22 von 58
7.1.3 Propan<br />
Chemische Charakterisierung [5]<br />
▪ Extrem entzündbares Gas; Bildet mit Luft explosive Gemische<br />
▪ Gas ist schwerer als Luft<br />
Physikalisch chemische Eigenschaften [5]<br />
Schmelzpunkt -187,7 °C<br />
Siedepunkt -42,1 °C<br />
Dichte<br />
Flammpunkt<br />
2,0098 kg/m³<br />
-104 °C (Messung im geschlossenen Tiegel)<br />
Zündtemperatur 470 °C<br />
Explosionsgrenzen<br />
▪ UEG<br />
▪ OEG<br />
Maximaler Explosionsdruck<br />
Wasserlöslichkeit<br />
Dampfdruck<br />
1,7 Vol.-% / 31 g/m³<br />
10,8.-% / 202 g/m³<br />
9,4 bar<br />
75 mg/l<br />
8,327 mbar (20 °C),<br />
Gefahrenhinweise - H-Sätze [5]<br />
H220: Extrem entzündbares Gas<br />
H280: Enthält Gas unter Druck; kann bei Erwärmung explodieren<br />
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [5]<br />
R 12<br />
Hochentzündlich<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 23 von 58
7.2 Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH<br />
7.2.1 Methanol<br />
Chemische Charakterisierung [5]<br />
▪ Leicht entzündbare Flüssigkeit<br />
▪ Dämpfe bilden mit Luft explosive Gemische<br />
▪ Mit Wasser mischbar<br />
▪ Leicht flüchtig<br />
▪ Von dem Stoff gehen akute oder chronische Gesundheitsgefahren aus<br />
Physikalisch chemische Eigenschaften [5]<br />
Schmelzpunkt -98 °C<br />
Siedepunkt 65 °C<br />
Dichte<br />
Flammpunkt<br />
0,79 g/cm³<br />
9 °C (Messung im geschlossenen Tiegel)<br />
Zündtemperatur 440 °C<br />
Explosionsgrenzen<br />
▪ UEG<br />
▪ OEG<br />
Maximaler Explosionsdruck<br />
Wasserlöslichkeit<br />
Dampfdruck<br />
6 Vol.-% / 80 g/m³<br />
50-% / 665 g/m³<br />
8,5 bar<br />
Vollständig mischbar<br />
129 mbar (20 °C),<br />
Gefahrenhinweise - H-Sätze [5]<br />
H225: Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar<br />
H331: Giftig bei Einatmen<br />
H311: Giftig bei Hautkontakt<br />
H301: Giftig bei Verschlucken<br />
H370: Schädigt die Organe<br />
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [5]<br />
R 11<br />
Leichtentzündlich<br />
R 23/24/25 Giftig beim Einatmen, Verschlucken und Berührung mit der Haut<br />
R 39/23/24/25 Giftig: ernste Gefahr irreversiblen Schadens durch Einatmen, Berührung<br />
mit der Haut und durch Verschlucken<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 24 von 58
7.2.2 Ethylacetat<br />
Chemische Charakterisierung [5]<br />
▪ Leicht entzündbare Flüssigkeit<br />
▪ Dämpfe bilden mit Luft explosive Gemische<br />
▪ Löslich in Wasser<br />
▪ Leicht flüchtig<br />
▪ Die Substanz wird, besonders unter Einwirkung von Licht und Luft, bei Kontakt mit<br />
Wasser langsam in Essigsäure und Ethylalkohol gespalten<br />
▪ Von dem Stoff gehen akute oder chronische Gesundheitsgefahren aus<br />
Physikalisch chemische Eigenschaften [5]<br />
Schmelzpunkt -83 °C<br />
Siedepunkt 77 °C<br />
Dichte<br />
Flammpunkt<br />
0,90 g/cm³<br />
-4 °C (Messung im geschlossenen Tiegel)<br />
Zündtemperatur 470 °C<br />
Explosionsgrenzen<br />
▪ UEG<br />
▪ OEG<br />
Maximaler Explosionsdruck<br />
Wasserlöslichkeit<br />
Dampfdruck<br />
2,0 Vol.-% / 73 g/m³<br />
12,8.-% / 470 g/m³<br />
9,5 bar<br />
86 g/l (20 °C)<br />
98,4 mbar (20 °C),<br />
Gefahrenhinweise - H-Sätze [5]<br />
H225: Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar<br />
H319: Verursacht schwere Augenreizung<br />
H336: Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen<br />
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [5]<br />
R 11<br />
Leichtentzündlich<br />
R 38<br />
Reizt die Augen<br />
R 66<br />
Wiederholter Kontakt kann zu spröder oder rissiger Haut führen<br />
R 67<br />
Dämpfe können Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 25 von 58
7.2.3 Ammoniak<br />
Chemische Charakterisierung [5]<br />
▪ Schwer brennbares Gas<br />
▪ Obwohl bei Ammoniak das Risiko einer Entflammung vorhanden ist, besteht diese<br />
Gefahr nur bei besonderen Zündbedingungen in begrenzten Bereichen. Die Flamme<br />
erlischt ohne Wärmezufuhr sofort.<br />
▪ Leicht löslich in Wasser<br />
▪ Wässrige Lösung reagiert alkalisch<br />
▪ Gas ist leichter als Luft<br />
▪ In Druckgasflaschen liegt es in verflüssigter Form vor<br />
▪ Von dem Stoff gehen akute oder chronische Gesundheitsgefahren aus<br />
Physikalisch chemische Eigenschaften [5]<br />
Schmelzpunkt -77,74 °C<br />
Siedepunkt -33,4 °C<br />
Dichte<br />
0,7714 kg/m³<br />
Zündtemperatur 630 °C<br />
Explosionsgrenzen<br />
▪ UEG<br />
▪ OEG<br />
Maximaler Explosionsdruck<br />
Wasserlöslichkeit<br />
Dampfdruck<br />
15,4 Vol.-% / 108 g/m³<br />
33,6.-% / 240 g/m³<br />
6,9 bar<br />
541 g/l (20 °C)<br />
8,5737 bar (20 °C),<br />
Gefahrenhinweise - H-Sätze [5]<br />
H221: Entzündbares Gas<br />
H280: Enthält Gas unter Druck; kann bei Erwärmung explodieren<br />
H331: Giftig bei Einatmen<br />
H314: Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden<br />
H400: Sehr giftig für Wasserorganismen<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 26 von 58
Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) [5]<br />
R 10<br />
Entzündlich<br />
R 23<br />
Giftig beim Einatmen<br />
R 34<br />
Verursacht Verätzungen<br />
R 50<br />
Sehr giftig für Wasserorganismen<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 27 von 58
8 Ausbreitungsbetrachtung<br />
8.1 Untersuchte Szenarien<br />
Zur Beurteilung nachteiliger Auswirkungen, die von den Betriebsbereichen ausgehen<br />
können werden folgende Szenarien untersucht:<br />
▪<br />
▪<br />
3M Deutschland GmbH<br />
▫ Verdampfung und Ausbreitung giftiger Gase (Aceton)<br />
▫ Gaswolkenexplosion (Aceton, Propan, Wasserstoff)<br />
▫ Brandereignis (Aceton)<br />
Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH<br />
▫ Leckage und Ausbreitung giftiger Gase (Ammoniak, Methanol)<br />
▫ Gaswolkenexplosion (Ammoniak, Methanol, Ethylacetat)<br />
▫ Brandereignis (Methanol, Ethylacetat)<br />
Alle betrachteten Szenarien sind abhängig von der Gebindegröße. Bei Erhöhung der<br />
Gebindegröße sind erneute Bewertungen vorzunehmen.<br />
8.2 Allgemeine Betrachtung<br />
Für die folgenden Szenarien wurden eine Bodenrauigkeit von 1,2 m für Städte und<br />
Waldgebiete berücksichtigt. Des Weiteren wurde festgestellt, dass es sich um ein ebenes<br />
Gelände mit gleichförmiger Bebauung handelt.<br />
Als Wetterbedingungen wurden bei den Ausbreitungsberechnungen eine indifferente<br />
Temperaturschichtung ohne Inversion sowie eine Windgeschwindigkeit von 3 m/s als<br />
Ausgangswerte gewählt. An einer Messstation am Düsseldorfer Flughafen wurde im<br />
Jahresmittel eine Windgeschwindigkeit von ca. 4 m/s gemessen. In den Windkarten des<br />
Deutschen Wetterdienstes (DWD) mit Daten aus den Jahren 1981 bis 2000 wird die<br />
Windgeschwindigkeit mit 2,8 - 3,1 m/s angegeben. Da sich die hier betrachteten Anlagen<br />
aufgrund der baulichen Situation in deutlich windgeschützterer Lage befinden als der<br />
Flughafen und die Daten des DWD sich nicht wesentlich von den vorgeschlagenen<br />
Windgeschwindigkeit von 3 m/s des Leitfadens KAS-18 abheben, wurde von dieser<br />
Windgeschwindigkeit nicht abgewichen.<br />
Die Temperatur der untersuchten Produkte wird mit 20 °C angenommen.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 28 von 58
Die Freisetzungsdauer der Produkte wird auf 10 Minuten angesetzt, Ausnahmen bilden<br />
hierbei Szenarien, in denen aufgrund der Gebindegröße eine kürzere Austrittszeit<br />
realistisch ist.<br />
Die Nachverdampfung aus einer interstationären Lache wird über 30 Minuten<br />
berücksichtigt. Sollte die vollständige Verdampfung in einem kürzeren Zeitraum ablaufen,<br />
so wird die Rechenzeit entsprechend angepasst.<br />
8.3 Grundlagen der Abstandsempfehlungen gemäß KAS-18<br />
Aufgrund langjähriger Erfahrungen und aus der Analyse von Störfallereignissen im<br />
Verlauf von 15 Jahren in Deutschland wurde im KAS-18 für die Freisetzung von Stoffen<br />
des Anhangs I – Teil I und II – der Seveso-II-Richtlinie (entsprechend Anhang I der<br />
Störfall-Verordnung) in der Regel eine Leckgröße von 490 mm² (entsprechend dem<br />
Abriss einer DN 25-Leitung) sowie die Freisetzung eines Gebindes zu Grunde gelegt. Im<br />
hier zu betrachtenden Fall wurde jeweils die Freisetzung eines vollständigen<br />
Gebindeinhalts betrachtet.<br />
Zur Beurteilung der berechneten Konzentrationen wird der ERPG-2-Wert herangezogen.<br />
Dieser ist folgendermaßen definiert:<br />
Der ERPG-2-Wert (Emergency Response Planning Guideline) ist die maximale<br />
luftgetragene Konzentration, bei der davon ausgegangen wird, dass unterhalb dieses<br />
Wertes beinahe sämtliche Personen bis zu eine Stunde lang exponiert werden könnten,<br />
ohne dass sie unter irreversiblen oder sonstigen schwerwiegenden gesundheitlichen<br />
Auswirkungen oder Symptomen leiden bzw. solche entwickeln, die die Fähigkeit einer<br />
Person beeinträchtigen könnten, Schutzmaßnahmen zu ergreifen.<br />
Im Falle einer Belastung von Aceton wurde der AEGL-2-Wert als Beurteilungswert<br />
herangezogen, da bisher kein ERPG-2-Wert für diesen Stoff bestimmt worden ist. Die<br />
Zeitspanne von 60 Minuten wurde als Äquivalenz zum ERPG-2-Wert gewählt, da dieser<br />
ebenfalls für eine Expositionszeit von einer Stunde bestimmt wurde. Der AEGL-2-Wert ist<br />
folgendermaßen definiert:<br />
Der AEGL-2 (Acute Exposure Guideline Levels) ist die luftgetragene Stoff-Konzentration,<br />
bei deren Überschreiten die allgemeine Bevölkerung irreversible oder andere<br />
schwerwiegende, lang andauernde Gesundheitseffekte erleiden kann oder bei denen die<br />
Fähigkeit zur Flucht beeinträchtigt sein kann.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 29 von 58
Luftgetragene Stoff-Konzentrationen unterhalb des AEGL-2- aber oberhalb des AEGL-1-<br />
Wertes bedeuten Expositionshöhen, die spürbares Unwohlsein hervorrufen können.<br />
Die Auswirkungen eines Brandes hinsichtlich der Wärmestrahlung sowie einer Explosion<br />
hinsichtlich der Druckwelle wurden anhand der im Leitfaden KAS-18 für diesbezügliche<br />
Szenarien genannten Leitwerte beurteilt:<br />
▪ Explosion: 0,1 bar<br />
▪ Wärmestrahlung: 1,6 kW/m²<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 30 von 58
8.4 Szenarien 3M Deutschland GmbH<br />
8.4.1 Freisetzung und Verdampfung von Aceton<br />
Aceton wird an verschieden Stellen innerhalb des Betriebsgeländes der 3M Deutschland<br />
GmbH in <strong>Hilden</strong> in 200 l großen Gebinden eingesetzt. Als Szenario wird unterstellt, dass<br />
ein solches Gebinde beim Transport beschädigt wird und der Inhalt über ein 490 mm²<br />
großes Leck entweicht. Die Flüssigkeit bildet dadurch eine Lache mit einer Fläche von ca.<br />
39,6 m² aus der Aceton verdampft.<br />
Der Massenstrom der austretenden Flüssigkeit wurde auf ca. 4,3 kg/s berechnet. Nach<br />
30 Minuten beträgt die gesamte verdampfte Masse ca. 105 kg.<br />
Die Berechnungen ergaben folgende Konzentrationen:<br />
Abb. 1: Konzentration von Aceton in Abhängigkeit der Entfernung<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 31 von 58
Für Aceton existiert kein ERPG-2-Wert. Aus diesem Grund wurde zur Beurteilung der<br />
AEGL-2-Wert für eine Expositionszeit von 60 Minuten herangezogen. Dieser beträgt<br />
3200 ppm.<br />
Bis zu einer Entfernung von ca. 73 m vom Austrittspunkt muss mit einer Überschreitung<br />
des AEGL-2-Wertes gerechnet werden. Aus formalen Gründen sollte jedoch eine<br />
Entfernung von 100 m zugrunde gelegt werden, da der Gültigkeitsbereich der VDI<br />
Richtlinie 3783 erst ab einer Entfernung von 100 m beginnt.<br />
Die nachfolgende Karte zeigt den gefährdeten Bereich.<br />
Karte 4: Abstandsempfehlung auf Grundlage des AEGL-2-Wertes für die Freisetzung von Aceton<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 32 von 58
8.4.2 Gaswolkenexplosion Aceton<br />
Es wird unterstellt, dass es, wie in Kapitel 8.3.1 beschrieben, zu einer Lachenbildung und<br />
Verdampfung von Aceton kommt. Des Weiteren wird angenommen, dass sich das<br />
verdampfende Aceton mit der Luft zu einer explosionsfähigen Atmosphäre vermischt und<br />
explodiert.<br />
Die Berechnungen ergaben folgende Explosionsüberdrücke:<br />
Abb. 2: Explosionsüberdruck in Abhängigkeit der Entfernung<br />
Der Beurteilungswert für Explosionsüberdrücke beträgt gemäß KAS-18 0,1 bar. Der<br />
maximal berechnete Explosionsüberdruck wurde im Abstand von ca. 8,6 m entfernt von<br />
der Leckage auf ca. 0,026 bar berechnet. Der Beurteilungswert von 0,1 bar wird nicht<br />
erreicht.<br />
Die untere Zünddistanz (UZD) liegt bei ca. 10 m, innerhalb dieses Radius ist eine<br />
Explosion möglich. Personen, die sich innerhalb dieses Kreises aufhalten wären<br />
gefährdet.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 33 von 58
Aufgrund der geringen Zünddistanz ist davon auszugehen, dass sich die Explosion auf<br />
den Bereich innerhalb des Betriebsgeländes beschränken würde.<br />
8.4.3 Gaswolkenexplosion Propan<br />
Auf dem Gelände der 3M Deutschland GmbH in <strong>Hilden</strong> sind Propangasflaschen mit einem<br />
Volumen von 52 l vorhanden. Es wird unterstellt, dass aufgrund eines Unfalls ein Ventil<br />
abgerissen wird, druckverflüssigtes Propan austritt, verdampft und sich die<br />
explosionsfähige Atmosphäre entzündet.<br />
Aus der 80 mm² großen Öffnung gelangen ca. 1,23 kg/s in die Umwelt. Dieser<br />
Massenstrom setzt sich zusammen aus einem Anteil von ca. 0,83 kg/s, der eine Lache<br />
mit der maximalen Ausdehnung von ca. 5,6 m² bildet, und einem Anteil von ca. 0,4 kg/s,<br />
der gasförmig entweicht (Flashanteil).<br />
Die Berechnungen ergaben folgende Explosionsüberdrücke:<br />
Abb. 3: Explosionsüberdruck in Abhängigkeit der Entfernung<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 34 von 58
Der Beurteilungswert von 0,1 bar wird auch nicht erreicht. Der maximal berechenbare<br />
Überdruck liegt in einer Entfernung von ca. 19 m bei ca. 0,057 bar.<br />
Die untere Zünddistanz (UZD) liegt bei ca. 24 m, innerhalb dieses Radius ist eine<br />
Explosion möglich. Personen, die sich dort aufhalten, wären gefährdet.<br />
8.4.4 Gaswolkenexplosion Wasserstoff<br />
Wasserstoff wird auf dem Gelände der 3M Deutschland GmbH in <strong>Hilden</strong> in 50 l<br />
Gasflaschen eingesetzt. Der Wasserstoff liegt gasförmig bei Überdruck vor, es wird<br />
pessimal davon ausgegangen, dass es sich um 300 bar handelt. Es wird unterstellt, dass<br />
aufgrund eines Unfalls ein Ventil abgerissen wird, Wasserstoff austritt und sich die<br />
explosionsfähige Atmosphäre entzündet.<br />
Die Öffnung, die sich aus dem abgerissenen Ventil ergibt, wird zu 80 mm² angenommen.<br />
Der sich daraus ergebene gasförmige Massenstrom beträgt ca. 0,87 kg/s.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 35 von 58
Die Berechnungen ergaben folgende Explosionsüberdrücke:<br />
Abb. 4: Explosionsüberdruck in Abhängigkeit der Entfernung<br />
Der maximal berechnete Wert beträgt in einem Abstand von ca. 14 m ca. 0,048 bar. Der<br />
Beurteilungswert von 0,1 bar wird folglich nicht erreicht.<br />
Die untere Zünddistanz (UZD) liegt bei ca. 10 m, innerhalb dieses Radius ist eine<br />
Explosion möglich. Personen, die sich dort aufhalten, wären gefährdet Aufgrund der<br />
geringen Zünddistanz ist davon auszugehen, dass sich die Explosion auf den Bereich<br />
innerhalb des Betriebsgeländes beschränken würde.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 36 von 58
8.4.5 Freisetzung und Brandereignis von Aceton<br />
Wie in Kapitel 8.3.1 beschrieben, wird davon ausgegangen, dass Aceton freigesetzt wird.<br />
Anstelle einer Verdampfung wird hier unterstellt, dass sich die Lache entzündet.<br />
Die Berechnungen ergaben folgende Bestrahlungsstärken:<br />
Abb. 5: maximale Bestrahlungsstärke in Abhängigkeit der Entfernung<br />
Der Beurteilungswert für die Bestrahlungsstärke liegt bei 1,6 kW/m². Dieser Wert<br />
beschreibt den Anfang der negativen Wirkung auf den Menschen. Gemessen vom<br />
Brandmittelpunkt aus werden die 1,6 kW/m² bis zu einer Entfernung von 50 m<br />
überschritten.<br />
Die nachfolgende Karte zeigt den gefährdeten Bereich.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 37 von 58
Karte 5: Abstandsempfehlung auf Grundlage des Beurteilungswertes für Wärmestrahlung beim<br />
Brand von Aceton<br />
8.4.6 Ergebnisse der Ausbreitungsberechnungen<br />
Szenario Beurteilungswert Abstandsempfehlung<br />
Ausbreitung von Aceton 3200 ppm 100 m (73 m)<br />
Gaswolkenexplosion Aceton 0,1 bar -<br />
Gaswolkenexplosion Propan 0,1 bar -<br />
Gaswolkenexplosion Wasserstoff 0,1 bar -<br />
Brandereignis Aceton 1,6 kW/m² 50 m<br />
Die nach KAS-18 geltenden Beurteilungswerte werden in zwei von fünf Szenarien<br />
überschritten. Die Ausbreitung von Aceton stellt dabei die größere Gefährdung dar und<br />
ist für die endgültige Abstandsempfehlung von primärer Bedeutung.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 38 von 58
Bei dem hier unterstellten Szenario wird der Beurteilungswert für Aceton ab einer<br />
Entfernung von ca. 73 m unterschritten. Da die nach KAS-18 vorgesehene<br />
Berechnungsgrundlage, die VDI Richtlinie 3783, erst ab einer Entfernung von 100 m<br />
gültig ist, wird die Abstandsempfehlung entsprechend auf 100 m angesetzt, siehe hierzu<br />
Kapitel 10.1, Mögliche Minderungsmaßnahmen.<br />
Aceton wird an verschiedenen Stellen auf dem Betriebsgelände eingesetzt, so dass die<br />
Abstandsempfehlung von den Grenzen des Betriebsgeländes bemessen wird<br />
(„Umhüllende“).<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 39 von 58
8.5 Szenarien Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH<br />
8.5.1 Freisetzung von druckverflüssigtem Ammoniak<br />
Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH beabsichtigt, eine Ammoniak-Kälteanlage im<br />
Hauptproduktionsgebäudes D aufzustellen. Es wird pessimal eine Leckage von 490 mm²<br />
an dieser Kälteanlage unterstellt, aus der 10 Minuten lang druckverflüssigtes Ammoniak<br />
ausläuft. Dabei kommt es zum einen zu einer Flash-Verdampfung und zum anderen zur<br />
Bildung einer Lache, aus der Ammoniak verdampft.<br />
Ca. 1,35 kg/s gelangen als sogenannte Flash-Verdampfung direkt in die Atmosphäre, ca.<br />
6,51 kg/s bilden eine Lache auf dem Boden, aus der weiteres Ammoniak verdampft. Der<br />
Gesamtmassenstrom beträgt ca. 7,86 kg/s.<br />
Es wurden bei der Modellierung keine Auffangeinrichtungen berücksichtigt, da die Anlage<br />
noch nicht existiert und folglich keine konkreten Bedingungen in Ansatz gebracht werden<br />
können. Aus diesem Grund und der langen Austrittszeit resultiert eine Lache mit einem<br />
Radius von ca. 18 m bzw. einer Fläche von ca. 1018 m²<br />
Die Berechnung des Szenarios konnten nur pauschal auf der Basis des Leitfadens KAS-18<br />
durchgeführt werden, da für die Ammoniak-Kälteanlage noch keine Detailplanung<br />
vorliegt.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 40 von 58
Die Berechnungen ergaben folgende Konzentrationen:<br />
Abb. 6: Konzentration von Ammoniak in Abhängigkeit der Entfernung<br />
Der ERPG-2-Wert für Ammoniak beträgt 150 ppm.<br />
Bis zu einer Entfernung von ca. 415 m vom Austrittspunkt muss mit einer Überschreitung<br />
des ERPG-2-Wertes gerechnet werden.<br />
Die nachfolgende Karte zeigt den Radius um den Standort der vorgesehenen Ammoniak-<br />
Kälteanlage. Innerhalb des dargestellten Kreises wird der im Rahmen der Flächenplanung<br />
und auf der Basis des zu Grunde zu legenden Szenarios heran zu ziehende<br />
Beurteilungswert überschritten.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 41 von 58
Karte 6: Abstandsempfehlung auf Grundlage des ERPG-2-Wertes für die Freisetzung von Ammoniak<br />
8.5.2 Freisetzung und Verdampfung von Methanol<br />
Als Szenario wird unterstellt, dass beim Transport auf dem Gelände ein Gebinde<br />
beschädigt wird, Methanol über ein Leck ausläuft und sich eine Lache bildet, aus der<br />
Methanol verdampft und sich eine Gaswolke bildet, die sich ausbreitet. Pessimal wird<br />
davon ausgegangen, dass es sich um ein Gebinde mit einem Volumen von 1 m³ handelt,<br />
welches vollständig ausläuft und eine Lache von ca. 193 m² bildet. Der Massenstrom, der<br />
durch das Leck entweicht, beträgt ca. 4,33 kg/s. Die Masse der Gasförmigen Flüssigkeit<br />
beträgt nach 30 Minuten ca. 229 kg.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 42 von 58
Die Berechnungen ergaben folgende Konzentrationen:<br />
Abb. 7: Konzentration von Methanol in Abhängigkeit der Entfernung<br />
Der ERPG-2-Wert von 1000 ppm für Methanol wird in einer Entfernung von 100 m von<br />
der Lache nicht erreicht.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 43 von 58
8.5.3 Gaswolkenexplosion Ammoniak<br />
Als Fortsetzung des in Kapitel 8.4.1 beschriebenen Szenarios wird unterstellt, dass sich<br />
die gebildete Ammoniak-Gaswolke entzündet und es so zu einer Explosion kommt.<br />
Die Berechnungen ergaben folgende Explosionsüberdrücke:<br />
Abb. 8: Explosionsüberdruck in Abhängigkeit der Entfernung<br />
Der maximal berechnete Explosionsüberdruck wurde im Abstand von ca. 20 m entfernt<br />
von der Leckage auf ca. 0,07 bar berechnet. Der Beurteilungswert von 0,1 bar wird nicht<br />
erreicht.<br />
Die untere Zünddistanz (UZD) liegt bei ca. 26 m, innerhalb dieses Radius ist eine<br />
Explosion möglich. Personen, die sich innerhalb dieses Kreises aufhalten, wären<br />
gefährdet.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 44 von 58
8.5.4 Gaswolkenexplosion von Methanol<br />
Als Fortsetzung des in Kapitel 8.4.2 beschriebenen Szenarios wird unterstellt, dass sich<br />
die gebildete Methanol-Gaswolke entzündet und es so zu einer Explosion kommt. Die<br />
Verdampfung aus der Lache führte jedoch nicht zu einer explosionsfähigen Atmosphäre.<br />
8.5.5 Freisetzung und Explosion von Ethylacetat<br />
Ethylacetat wird im Tanklager 2 (TL2) für Lösemittel gelagert. Es wird unterstellt, dass<br />
beim Abfüllen der Substrat führende Schlauch abreißt und Ethylacetat in die vorgesehene<br />
Auffangtasse fließt. Es wird davon ausgegangen, dass der Stoff verdampft und sich eine<br />
explosionsfähige Atmosphäre bildet, die explodiert.<br />
Der vorhandene Schlauch hat einen Freisetzungsquerschnitt von DN 50, die Auffangtasse<br />
eine Fläche von ca. 280 m². Der austretende flüssige Massenstrom beträgt ca. 18,5 kg/s.<br />
Nach 30 Minuten sind ca. 932 kg der Flüssigkeit verdampft.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 45 von 58
Die Berechnungen ergaben folgende Explosionsüberdrücke:<br />
Abb. 9: Explosionsüberdruck in Abhängigkeit der Entfernung<br />
Der maximal berechnete Wert beträgt in einem Abstand von ca. 11 m ca. 0,038 bar. Der<br />
Beurteilungswert von 0,1 bar wird demnach nicht erreicht.<br />
Die UZD liegt bei ca. 12 m. Aufgrund der geringen Zünddistanz ist davon auszugehen,<br />
dass sich die Explosion auf den Bereich innerhalb des Betriebsgeländes beschränken<br />
würde.<br />
8.5.6 Freisetzung und Brandereignis von Methanol<br />
Wie unter Kapitel 8.4.2 beschrieben wird eine Freisetzung von Methanol unter Bildung<br />
einer Lache unterstellt. Es wird weiter davon ausgegangen, dass sich diese aus nicht<br />
näher beschriebenen Gründen entzündet.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 46 von 58
Die Berechnungen ergaben folgende Bestrahlungsstärken:<br />
Abb. 10: maximale Bestrahlungsstärke in Abhängigkeit der Entfernung<br />
Der Beurteilungswert für die Bestrahlungsstärke beträgt gemäß KAS-18 1,6 kW/m²;<br />
diese beschreiben den Anfang der negativen Wirkung auf den Menschen. Gemessen vom<br />
Brandmittelpunkt bis zu einer Entfernung von ca. 54 m wird der Beurteilungswert<br />
überschritten.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 47 von 58
Karte 7: Abstandsempfehlung auf Grundlage des Beurteilungswertes für Wärmestrahlung beim<br />
Brand von Methanol<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 48 von 58
8.5.7 Freisetzung und Brandereignis von Ethylacetat<br />
Analog zu dem in Kapitel 8.4.5 beschriebenen Szenario wird die Freisetzung von<br />
Ethylacetat unterstellt. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Flüssigkeitslache<br />
entzündet und es zu einem Brandereignis kommt.<br />
Die Berechnungen ergaben folgende Bestrahlungsstärken:<br />
Abb. 11: maximale Bestrahlungsstärke in Abhängigkeit der Entfernung<br />
Der Beurteilungswert von 1,6 kW/m² wird - gemessen vom Brandmittelpunkt - bis zu<br />
einer Entfernung von ca. 90 m überschritten.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 49 von 58
Karte 8: Abstandsempfehlung auf Grundlage des Beurteilungswertes für Wärmestrahlung beim<br />
Brand von Ethylacetat<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 50 von 58
8.5.8 Ergebnisse der Ausbreitungsberechnungen<br />
Szenario Beurteilungswert Abstandsempfehlung<br />
Ausbreitung von Ammoniak 150 ppm ca. 415 m<br />
Ausbreitung von Methanol 1.000 ppm -<br />
Gaswolkenexplosion Ammoniak 0,1 bar -<br />
Gaswolkenexplosion Methanol 0,1 bar -<br />
Gaswolkenexplosion Ethylacetat 0,1 bar -<br />
Brandereignis Methanol 1,6 kW/m² ca. 54 m<br />
Brandereignis Ethylacetat 1,6 kW/m² ca. 90 m<br />
Die nach KAS-18 geltenden Beurteilungswerte werden in drei von sieben Szenarien<br />
überschritten. Dabei stellt eine Ausbreitung von Ammoniak aus einer möglichen<br />
Ammoniak-Kälteanlage die größte Gefährdung dar und ist für die endgültige<br />
Abstandsempfehlung von primärer Bedeutung. Das errechnete Ergebnis von ca. 415 m<br />
geht dabei über die vom Leitfaden vorgeschlagene Abstandsempfehlung um 15 m hinaus.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 51 von 58
9 Mögliche Nutzung innerhalb der angemessenen<br />
Abstände<br />
Die Ausbreitungsberechnungen haben gezeigt, dass auf Flächen nicht unbeträchtlicher<br />
Größe der Beurteilungswert überschritten wird. Hier stellt sich folglich die Frage, welche<br />
Nutzung innerhalb dieser Flächen toleriert werden kann.<br />
Bislang liegen in der Bundesrepublik Deutschland keine Festlegungen vor, welche<br />
Nutzung in Abhängigkeit von der Überschreitung des Beurteilungswertes möglich ist.<br />
Grundsätzlich wird von Wohngebieten und vergleichbaren Nutzungen abgeraten. Den<br />
Wohngebieten gleichgestellt sind gemäß Art. 12 der Seveso-II-Richtlinie Örtlichkeiten mit<br />
Publikumsverkehr u. a. öffentlich genutzte Gebäude - einschließlich Schulen,<br />
Kindergärten, Krankenhäuser, Altenheime, Behindertenheime -, Freizeit- und Versammlungsstätten<br />
bzw. -gebiete sowie wichtige Verkehrswege.<br />
Hinsichtlich der Nutzung kann folgendermaßen unterschieden werden:<br />
I<br />
II<br />
Wohnnutzungen, Einrichtungen mit starkem Publikumsverkehr sowie Einrichtungen,<br />
in denen sich „empfindlichere“ Personengruppen, z. B. Kinder, Kranke, alte<br />
Menschen oder Behinderte, aufhalten, sollten innerhalb der angemessenen Abstände<br />
ausgeschlossen werden.<br />
Versammlungsstätten mit längeren Aufenthaltszeiten sowie Hotels und Einrichtungen<br />
mit vergleichbaren Nutzungen können – insbesondere im äußeren Bereich des<br />
Abstandsradius - unter der Voraussetzung der Einbindung in die Alarm- und<br />
Gefahrenabwehrplanung des Betriebsbereiches befürwortet werden.<br />
III Gewerblicher und industrieller Nutzung - ohne relevanten Publikumsverkehr -<br />
einschließlich der dazugehörigen Büros kann zugestimmt werden.<br />
Bei dieser Differenzierung wird vorausgesetzt, dass die Betriebsbereiche ihren<br />
organisatorischen Pflichten, z. B. Information der Öffentlichkeit, nachgekommen sind.<br />
Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass im Rahmen der Katastrophenschutzplanung<br />
die externen Alarm- und Gefahrenabwehrpläne erstellt wurden.<br />
Grundsätzlich sollte bei einer zu treffenden Entscheidung berücksichtigt werden, ob die<br />
vorgesehene Nutzung mit einer signifikanten Erhöhung der Personenzahl verbunden ist.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 52 von 58
10 Analyse der Ergebnisse der Ausbreitungsberechnungen<br />
Im Rahmen dieses Gutachtens wurden auf der Basis begründbarer technischnaturwissenschaftlicher<br />
Daten verschiedene Szenarien modelliert und die diesbezüglichen<br />
angemessene Abstände ermittelt.<br />
Betriebsbereich Szenario Bezugspunkt Abstandsempfehlung<br />
3M Deutschland<br />
GmbH<br />
Ausbreitung von<br />
Aceton<br />
Werksgrenzen 100 m (73 m)<br />
Akzo Nobel<br />
Packaging Coatings<br />
GmbH<br />
Ausbreitung von Ammoniak-<br />
415 m<br />
Ammoniak<br />
Kälteanlage<br />
Brand von Methanol Werksgrenzen 54 m<br />
Brand von<br />
Ethylacetat<br />
Auffangtasse<br />
Tanklager 2<br />
90 m<br />
Hierbei sind zwei Zustände zu unterscheiden:<br />
1. Derzeitige Situation, siehe Karte 9.<br />
2. Zukünftige Situation in Bezug auf den Ersatz der jetzigen Kälteanlage durch die<br />
Aufstellung einer Ammoniak-Kälteanlage, siehe Karte 10.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 53 von 58
Karte 9: Abstandsempfehlung bei derzeitiger Situation<br />
Karte 10: Abstandsempfehlung bei Aufstellung einer Ammoniak-Kälteanlage<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 54 von 58
Die zur Zeit im Westen des Betriebsgeländes der 3M Deutschland GmbH liegende<br />
Brachfläche wurde als bereits genutztes Betriebsgelände angesehen, da die sich daraus<br />
ergebende zusätzliche „Ausweitung“ des angemessenen Abstandes nicht zu einer<br />
relevanten Erhöhung des Konfliktpotentials führt.<br />
Wie bereits im Kapitel 9 ausgeführt, können innerhalb der angemessenen Abstände die<br />
unter der Ziffer I dargestellten Einrichtungen nicht befürwortet werden.<br />
Hinsichtlich der 3M Deutschland GmbH umfasst dieser Bereich (siehe Karten 4, 9 und 10)<br />
eine „Umhüllende“ um das Betriebsgelände in einem Abstand von 100 m (73 m). Das<br />
zugrunde liegende Szenario ist die Ausbreitung von Aceton-Dämpfen.<br />
Dem möglicherweise an der Ecke Niedenstraße/Düsseldorfer Straße geplanten Wohnhaus<br />
kann folglich nicht zugestimmt werden.<br />
Bei Berücksichtigung der derzeitigen Situation (1) ergeben sich bei Akzo Nobel Packaging<br />
Coatings GmbH zwei Szenarien mit dem Brand von Methanol und Ethylacetat.<br />
Da Methanol an verschiedensten Stellen im Betrieb eingesetzt werden kann, wurde der<br />
angemessene Abstand von 54 m auch hier als eine Umhüllende um das Betriebsgelände<br />
ausgewiesen (siehe Karte 7 und 9).<br />
Hinsichtlich des Brandes von Ethylacetat ist ein angemessener Abstand von 90 m um die<br />
Entladestelle des Tanklagers 2 einzuhalten. Außerhalb des Betriebsgeländes der Akzo<br />
Nobel Packaging Coatings GmbH ist hiervon insbesondere die gegenüberliegende Seite an<br />
der Düsseldorfer Straße im Bereich der Einmündung der Liebigstraße betroffen (siehe<br />
Karte 8 und 9).<br />
Sollte es zu einer Realisierung der Ammoniak-Kälteanlage kommen (Situation 2), so ist<br />
ausgehend vom potentiellen Aufstellungsort ein angemessener Abstand von 415 m<br />
einzuhalten (siehe Karten 6 und 10).<br />
Hinsichtlich etwaiger Flächenplanungen sind die in Kapitel 9 des Gutachtens aufgezeigten<br />
Nutzungsmöglichkeiten zu berücksichtigen, ungeachtet des Ergebnisses des diesbezüglich<br />
noch durchzuführenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens.<br />
Die Wohnnutzung im Bereich des Zeissweges nördlich der Düsseldorfer Straße kann auf<br />
Grund dessen ebenso wenig befürwortet werden wie das Mehrfamilienhaus an der Ecke<br />
Niedenstraße/Düsseldorfer Straße.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 55 von 58
Das türkische Zentrum an der Otto-Hahn-Straße würde unter die Nutzungsmöglichkeit II<br />
des Kapitels 9 dieses Gutachtens fallen. Bei Berücksichtigung der entsprechenden Alarm<br />
– und Gefahrenabwehrplanung kann dieser Nutzung zugestimmt werden.<br />
Das Betriebsgrundstück der Firma Lidl an der Düsseldorfer Straße ist von dem<br />
angemessenen Abstand nur zu einem kleinen Teil an der westlichen Spitze betroffen.<br />
Auch dieses Vorhaben kann aus diesem Grunde befürwortet werden.<br />
10.1 Mögliche Minderungsmaßnahmen<br />
Im Rahmen dieses Gutachtens sollten auch mögliche Minderungsmaßnahmen betrachtet<br />
werden.<br />
Hinsichtlich der Abstandsituation bei der 3M Deutschland GmbH wurde eine „Umhüllende“<br />
in einer Entfernung von 100 m um die Grenze des Betriebsbereiches ermittelt. Da sich<br />
dieser Abstandswert aus grundsätzlichen Gegebenheiten ergibt – der Gültigkeitsbereich<br />
der der Ausbreitungsberechnung zugrunde liegenden VDI-Richtlinie 3783 beginnt erst bei<br />
einer Entfernung von 100 m – kann der tatsächlich errechnete angemessenen Abstand<br />
von 73 m toleriert werden. Dieser Abstand ist angesichts der Ausmaße des<br />
Betriebsgeländes nicht nur bezüglich der Störfallproblematik als angemessen anzusehen.<br />
Weder die Substitution einzelner Stoffe, noch ausbreitungsbehindernde Maßnahmen sind<br />
hier zielführend, da aus einem Katalog mit ca. 3.000 Stoffen Referenzstoffe ausgewählt<br />
wurden und die einzelnen Stoffe an verschiedensten Stellen innerhalb des Betriebsbereichs<br />
eingesetzt werden.<br />
Ähnlich verhält es sich bei den Szenarien der Verbrennung von Methanol und Ethylacetat.<br />
Methanol wird bei der Akzo Nobel Packaging Coatings GmbH ebenfalls an verschiedenen<br />
Stellen im Betrieb eingesetzt. Der angemessene Abstand, der sich durch die Verbrennung<br />
von Methanol ergibt, beträgt als Umhüllende 54 m. Dies ist im Rahmen der<br />
Flächenplanung ein als gering anzusehender Abstand. Durch das Brandszenario mit<br />
Ethylacetat resultiert ein angemessener Abstand von 90 m um die Entladestelle des<br />
Tanklagers. Dieser betrifft eine recht begrenzte Fläche auf der gegenüberliegenden Seite<br />
an der Düsseldorfer Straße im Bereich der Einmündung der Liebigstraße. Auch hier ist<br />
eine Minderungsmaßnahme aufgrund des geringen angemessenen Abstands kaum<br />
darzustellen.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 56 von 58
Denkbar, jedoch nicht unbedingt angemessen, wäre eine Mauer an der Werksgrenze<br />
entlang des Tanklagers 2. Aufgrund der zu erwartenden Flammenhöhe müsste diese<br />
Mauer eine über das übliche Maß hinausgehende Höhe aufweisen.<br />
Die gravierendsten Auswirkungen resultieren aus einer etwaigen Freisetzung von<br />
Ammoniak, sollte die bestehende Kälteanlage durch eine Ammoniak-Kälteanlage ersetzt<br />
werden. In Abhängigkeit des verfahrenstechnischen Prinzips der Ammoniak-Kälteanlage<br />
ließen sich Minderungsmaßnahmen formulieren. Da diese Kälteanlage z. Zt. lediglich eine<br />
Option ist, fehlt jedoch die Grundlage für die Konkretisierung solcher Maßnahmen.<br />
Bei der 3M Deutschland GmbH könnte die Fläche zwischen der Düsseldorfer Straße und<br />
der Gebäudefront aus der zu berücksichtigenden Betriebsfläche herausgenommen<br />
werden, so dass der angemessene Abstand (Umhüllende) bereits an der Gebäudefront<br />
beginnt. Hierzu wäre – das Einverständnis der 3M Deutschland GmbH vorausgesetzt –<br />
eine entsprechende vertragliche Vereinbarung bzw. ein Baulasteintrag erforderlich.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 57 von 58
11 Beurteilung von Gemengelagen<br />
Im Umfeld der oben betrachteten Betriebsbereiche existieren schützenswerte<br />
Einrichtungen, z. B. Wohnbebauung, ein Kindergarten, eine Schule sowie<br />
Versammlungsstätten, innerhalb planungsrechtlich relevanter angemessener Abstände.<br />
Die Realisierung von Einrichtungen, wie sie in den Ziffern II und III des Kapitels 9<br />
dargestellt sind, würde folglich nicht zu einem erstmaligen Unterschreiten der<br />
angemessenen Abstände führen.<br />
Es handelt sich demnach um ein Gebiet mit Gemengelage, in dem im Laufe von<br />
Jahrzehnten Wohnen und Gewerbe/Industrie nebeneinander entstanden sind. In KAS-18<br />
ist dazu im Kapitel 4.6 „Städtebauliche Überplanungen von Gemengelagen“ ausgeführt:<br />
Bei der städtebaulichen Überplanung von Gemengelagen ist § 50 Satz 1 BImSchG<br />
als Planungsgrundsatz dann nicht oder nur eingeschränkt anwendbar, wenn<br />
unverträgliche Nutzungen räumlich nicht getrennt werden können. Die<br />
Angemessenheit eines Abstandes zu einem Betriebsbereich kann nicht losgelöst von<br />
einer bestehenden Siedlungsstruktur betrachtet werden. Eine Vergrößerung der<br />
Abstände ist in der Regel nicht möglich. Der Leitfaden ist daher in solchen Fällen<br />
nicht anwendbar. [1]<br />
Erzielbare Verbesserungen hinsichtlich einer planerischen Störfallvorsorge werden in<br />
der Regel nicht in der Form möglich sein, wie das § 50 Satz 1 BImSchG fordert. Da<br />
sich in einer bestehenden Gemengelage meist keine optimalen Abstände erreichen<br />
lassen, ist der Leitfaden in solchen Fällen nicht strikt anwendbar. Es muss darum<br />
gehen, einen angemessenen Interessenausgleich zu finden. Hier kommt dem Gebot<br />
der gegenseitigen Rücksichtnahme eine besondere Bedeutung zu. [1]<br />
Auch wenn sich die Empfehlungen des Leitfadens am Planungsgrundsatz des § 50<br />
Satz 1 BImSchG orientieren und daher als Beurteilungsmaßstab für Einzelvorhaben<br />
nur bedingt geeignet sind, können sie als Anhaltspunkt für die Prüfung des<br />
Rücksichtnahmegebotes herangezogen werden. [1]<br />
Es handelt sich demnach bei Planungen in Gemengelagen um eine - letztlich - politische<br />
Problemstellung, die nicht alleine durch technisch-naturwissenschaftliche Berechnungen<br />
gelöst werden kann.<br />
Stand: 18.07.2013 Seite 58 von 58