Arbeitsbericht des Deutsch-Kolumbianischen Forums in Bayreuth
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II. Teil des Deutsch-Kolumbianischen Forums
an der Universität Bayreuth
Arbeitsbericht der Sitzungen vom 29. bis 30. April 2013
Vorbild Deutschland – Aufstrebende Wirtschaftsmacht in Lateinamerika
Kolumbien will sich das deutsche Wirtschaftssystem zum Vorbild nehmen und künftig
vor allem auf kleine und mittlere Unternehmen als Grundlage für gesellschaftlichen
Wohlstand setzen. Das hat der Kolumbianische Botschafter Juan Mayr Maldonado
zum Auftakt des Deutsch-Kolumbianischen Forums an der Universität Bayreuth
verkündet. Sein Land sei in der Überwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten
bereits einen großen Schritt vorangekommen, sagte Mayr Maldonado, der es als
engagierter Umweltminister seines Landes zu weltweiter Bekanntheit gebracht hatte.
Als Beleg führte er das Wirtschaftswachstum an, das im zurückliegenden Jahr
erstmals um knapp fünf Prozent über dem Mittel der zurückliegenden Dekade lag.
Die große Klammer für das zweiteilige Deutsch-Kolumbianische Forum, dessen
erster Teil vor einer Woche in Berlin stattfand, ist der Universalgelehrte Alexander
von Humboldt. Er hatte schon vor rund 200 Jahren erkannt, dass Kolumbien einer
der Länder mit dem größten Artenreichtum der Erde ist. Alexander von Humboldt
habe diese Schätze erkannt und sie der Welt zugänglich gemacht, sagte der
Botschafter. Die vielfältigen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und
Kolumbien seien das eine wesentliche Element, das beide Länder verbindet, das
Wirken des Naturforschers Alexander von Humboldt in Oberfranken und später in
Kolumbien seien das zweite wichtige Element, so der Parlamentarische
Finanzstaatssekretär und Bayreuther Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk. So
stehe Alexander von Humboldt gerade durch sein engagiertes Wirken in Kolumbien
für ein neues, weltumspannendes Wissenschaftsbild, für das bereits in seinen fünf
fränkischen Jahren die Grundlage gelegt wurde.
Nach den Worten von Christian Hegemer, Leiter des Instituts für Internationale
Begegnung und Zusammenarbeit der Hanns-Seidel-Stiftung, sei Deutschland mit
rund vier Prozent an kolumbianischen Importen beteiligt. Das zeige bereits den
wirtschaftlichen Aufschwung, den Kolumbien genommen habe, so Hegemer. Denn
damit gehöre Deutschland zu den wichtigen Handelspartnern Kolumbiens.
Vizepräsident Stefan Leible von der Universität brachte mit der wissenschaftlichen
Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Kolumbien neben Alexander von
Humboldt und der wirtschaftlichen Situation noch einen dritten Bereich für die
Verbindung beider Länder ins Spiel. Die Universität Bayreuth unterhalte bereits
vielfältige Kontakte mit mehreren Kolumbianischen Hochschulen und sei bereits an
deren Aufbau beteiligt gewesen. Denn nach 40 Jahren des bewaffneten Konflikts
zwischen linksgerichteten Guerillagruppen, dem kolumbianischen Militär und
rechtsgerichteter Paramilitärs sowie einer Welle des Terrors und der Gewalt
scheinen Rechtsstaatlichkeit, Frieden und Versöhnung derzeit zum Greifen nah. „Die
Verhältnisse haben sich mittlerweile nicht nur stabilisiert, sondern deutlich
verbessert“, so Prof. Leible.
Den zentralen Vortrag des deutsch-kolumbianischen Forums in Bayreuth hielt der
Historiker, Humboldt-Kenner und Leiter der Münchner Wissenschaftstage Frank Holl
über Alexander von Humboldt als den Vordenker schlechthin. Humboldt habe
während seines Aufenthalts von März bis Dezember 1801 in Kolumbien nahezu
unzählige physikalische und geographische Erkenntnisse zusammengetragen.
Humboldts Ziel sei es von Anfang an gewesen, das Zusammenwirken aller
Naturkräfte zu bewirken, womit er bereits vor mehr als 200 Jahren den damals noch
unbekannten Begriff der Ökologie geprägt habe. Die Dimension des Humboldt´schen
Werkes machte Alberto Gomez Guttierrez vom Institut für Humangenetik in Bogota
an dem ungeheuren Erbe Humboldts fest. Dazu gehörten allein 35000 Briefe.
Alexander von Humboldt sei es auch gewesen, der wissenschaftliche Kooperation
zwischen Deutschland und Kolumbien begründet habe.
Friedensdialog in Kolumbien: Rechtsstaatlichkeit, Versöhnung und
Frieden
Laut Padre Dario Etcheverri, Priester und Jurist, der im Friedensdialog in der
Republik Kolumbien als Vertreter der Katholischen Bischofskonferenz maßgeblich
engagiert ist, betonte, dass die Katholische Kirche Kolumbiens Friedensdialog
vorbehaltlos unterstützt. Kirchlicherseits wurde bei beiden Seiten – Regierung und
Rebellenbewegung – die Ernsthaftigkeit zur Friedensbereitschaft festgestellt. Dabei
habe die Katholische Kirche nicht nur die Konfliktlösung, sondern auch die
innergesellschaftliche Versöhnung in Kolumbien im Blick. Auch wolle die Kirche das
Augenmerk besonders auf die Opfer dieses ein halbes Jahrhundert währenden
Konfliktes richten. Der Friedensdialog müsse schließlich auch zur Stärkung von
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Kolumbiens beitragen.
Prof. Dr. Alejandro Aponte Cardona, Ordinarius für Strafrecht und Rechtsanwalt in
Kolumbiens Hauptstadt Bogotá, verwies auf die militärische, politische und
staatsrechtliche Dimension des Konfliktes. Bei dem Friedensdialog gehe es um
moralisch-ethische, aber auch um politisch-rechtliche Fragestellungen. Als Beispiel
nannte er die Frage einer Amnestie für Angehörige der Rebellenbewegung und die
Integration ehemaliger Rebellenkämpfer in die kolumbianische Gesellschaft. Auch
die Anerkennung der Leiden der Opfer des bewaffneten Konflikts und deren
Entschädigung nehme einen breiten Raum im Friedensdialog ein. Cardona forderte
eine “Ethik des Mitgefühls” auch der nicht vom Konflikt unmittelbar betroffenen Teile
der kolumbianischen Bevölkerung.
Alberto Almonacid, Sekretär der Friedens-Kommission des Kolumbianischen
Repräsentantenhauses, verwies auf die Bemühungen früherer kolumbianischer
Regierungen zur Lösung des Konfliktes. Beim jetzigen Friedensdialog gebe es
erstmals jedoch substanzielle Fortschritte, zum Beispiel in der Frage der
Landverteilung. Auch sei der Friedensdialog durch die Tatsache belastet, dass Teile
der kolumbianischen Politik, der Wirtschaft und des Militärs Gegner von direkten
Gesprächen zwischen Regierung und Rebellenbewegung sind und damit die
Fortsetzung des Friedensdialoges abhängig vom Ausgang künftiger Wahlen in
Kolumbien sein wird. Auch die Dimension des Drogenhandels in Kolumbien belaste
den Friedensdialog, da Teile der militanten Rebellenbewegung in den
Drogenhandels verstrickt sind. Almonacid nannte die Unterstützung des
Friedensdialoges durch die Internationale Gemeinschaft, vor allem durch die
regionalen Nachbarn von entscheidender Bedeutung für dessen Erfolg.
Dr. Daniel Deckers, Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Kenner der
Situation Kolumbiens, verwies auf ähnliche Situationen in anderen Ländern
Lateinamerikas. Von diesen Erfahrungen könne auch Kolumbien profitieren. Auch
habe die Guerilla Kolumbiens immer die Unterstützung von Nachbarländern gehabt.
Zur Frage der Landverteilung in Kolumbien bemerkte der Journalist, dass diese
teilweise auf die koloniale Vergangenheit des Landes zurückgeht, aber auch das
Ergebnis fehlender oder schwach ausgeprägter Zentralmacht in Kolumbien sei. Auch
müsse diskutiert werden, welche Rolle eine zunehmend extensive Landwirtschaft bei
der Landverteilungsfrage wirklich spiele, gerade im Hinblick auf die internationale
Ausrichtung der kolumbianischen Wirtschaft. Die Bedeutung des Rauschgiftanbaus
und -handels innerhalb der Rebellenbewegung nannte Deckers zwar erheblich, aber
lösbar, wobei auch andere Formen der organisierten Kriminalität in der
Rebellenbewegung erheblich angestiegen sind. Alle Diskussionsteilnehmer waren
sich einig, dass die Nachbarländer Kolumbiens auch eine Mitverantwortung für den
Erfolg des Friedensdialoges tragen. Ein erfolgreicher Verlauf des Friedensdialoges in
Kolumbien könne aber auch beispielgebend für andere Staaten Lateinamerikas sein.
Die Situation der indigenen und afrikastämmigen Bevölkerungsgruppen
in Kolumbien
Dr. Frank Holl hatte in seinem Eröffnungsreferat im Rahmen des Deutsch-
Kolumbianischen Forums an der Universität Bayreuth an den engagierten Einsatz
Alexander von Humboldts für die indigenen Völker Lateinamerikas erinnert. Dieser
Bevölkerungsgruppe in Kolumbien war ein Podium gewidmet, an dem
kolumbianische und deutsche Experten teilnahmen.
Susanne Käss leitet für die Konrad-Adenauer-Stiftung von La Paz/Bolivien aus ein
Projekt, das die Partizipation indigener Bevölkerungsgruppen in Staaten
Lateinamerikas zum Ziel hat. Im Rahmen des Projektes werden Bemühungen
unterstützt, die Teilhabe von Angehörigen indigener Völker an Politik, Wirtschafts –
und Arbeitsleben, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft der Staaten Lateinamerikas
zu gewährleisten. Diese Maßnahmen können sich auf internationale Abkommen
sowie die Verfassungs- und Rechtsordnungen in den Staaten Lateinamerikas
stützen. Dies gelte auch für Kolumbien, dessen Verfassungsgerichtshof in den
letzten Jahren eine für ganz Lateinamerika und darüber hinausgehende vorbildliche
Rechtsprechung zur Umsetzung internationaler und innerstaatlicher Verpflichtungen
zur Teilhabe indigener Bevölkerungsgruppen entwickelt hat, gerade auch in der
Landverteilungsfrage. In Kolumbien habe die indigenen Bevölkerungsgruppen
besonders hart unter dem bewaffneten Konflikt gelitten.
Gabriel Muyuy, selbst Angehöriger eines indigenen Volkes Kolumbiens und
ehemaliger Senator leitet ein staatliches Förderprogramm unter dem Patronat des
Staatspräsidenten für die indigenen Völker Kolumbiens. Er verwies auf die
jahrtausendealte Geschichte und Kultur der indigenen Bevölkerung Lateinamerikas,
die unter der kolonialen Vergangenheit besonders gelitten habe. Viele indigenen
Völker Lateinamerikas hätten die damit einhergehende Entrechtung und
Unterdrückung nicht überlebt. Gabriel Muyuy würdigte die Teilnahme der Vertreter
der indigenen Bevölkerungsteile Kolumbiens am innerstaatlichen Friedens- und
Versöhnungsprozess. Auch die Verfassung Kolumbiens würdige die indigenen
Völker als gleichberechtigten und integralen Bestandteil des kolumbianischen
Staatsvolkes. Heute verfüge Kolumbien über 100 indigene Völker und über 160
indigene Sprachen. Neben seinem Reichtum an Biodiversität und Bodenschätzen
verfüge Kolumbien auch über einen beispielhaften Reichtum an indigenen Völkern,
Sprachen und Kulturen. Der Dialog zwischen dem kolumbianischen Staat und seinen
indigenen Völkern müsse gleichberechtigt und auf Augenhöhe erfolgen. Auch Gabriel
Muyuy würdigte den Einsatz Alexander von Humboldts für die indigenen Völker
Lateinamerikas. Die indigenen Völker Kolumbiens seien keine “armen, kleinen
Indianerstämme”, sondern die Hüter besonders wertvoller Ressourcen Kolumbiens.
Die Gleichberechtigung der indigenen Völker Kolumbiens sei in den letzten Jahren
sehr weit fortgeschritten, auch wenn es in wichtigen Bereichen noch Defizite gebe.
Besonders die indigenen Völker Kolumbiens seien auf den Erfolg des
Friedensprozesses angewiesen, da sie besonders unter dem jahrzehntelangen
bewaffneten Konflikt gelitten haben. Die Interkulturalität in Kolumbien befinde sich in
einem ständig fortschreitenden Entwicklungsprozess. Auch der Dialog zwischen den
indigenen Völkern Kolumbiens und den Wirtschaftsvertretern des Landes gestalte
sich zunehmend positiv. Muyuy dankte Deutschland für seinen Beitrag zur
Unterstützung des Friedensdialoges in Kolumbien sowie zur Gleichberechtigung der
indigenen Völker. Deutschland erfülle dabei auch ein Vermächtnis Alexander von
Humboldts.
Carlos Salgado Araméndez von der Organisation “PLANETA PAZ” ging auf die
Diskussion in Kolumbien über die Beteiligung der indigenen Bevölkerung, der
afrikastämmigen Bevölkerung und der armen Bauern an der Landverteilung ein.
Dabei gehe es nicht nur um Fragen der Landrückgabe, sondern auch um die künftige
Nutzung der ländlichen Räume. Neben einer extensiven landwirtschaftlichen
Nutzung, gehe es auch um eine nachhaltige energiewirtschaftliche Nutzung durch
nachwachsende Rohstoffe sowie um den Natur- und Landschaftsschutz in Form von
Biospährenreservate und Nationalparks. Gerade bei der alternativen Nutzung
ländlicher Räume neben einer extensiven Landwirtschaft komme den indigenen
Völkern, der afrikastämmigen Bevölkerung und den Bauern eine große Bedeutung
zu. Auch bei der künftigen Entwicklung des Bergbaus, des Fischereiwesens, der
Forstwirtschaft, des Tourismus aber auch der Infrastruktur in Kolumbien müssen die
Rechte und Belange der indigenen Völker, der afrikastämmigen Bevölkerung und der
Bauern gewahrt werden. Generell müsse bei der zivilisatorischen Entwicklung
Kolumbiens auf die traditionellen Lebensweisen der indigenen Völker und der
afrikastämmigen Bevölkerung Rücksicht genommen werden, um wirkliche
Interkulturalität zu gewährleisten.
Filmvorführung „Los viajes del viento“ des kolumbianischen Filmemachers
Ciro Guerra an der Universität Bayreuth
Im Rahmen des Deutsch-Kolumbianischen Forums in Berlin und Bayreuth wurde der
Film „Los viajes del viento“ (Die Reisen des Windes) des kolumbianischen
Filmemachers Ciro Guerra gezeigt. Der Spielfilm entstand in Koproduktion mit Razor
Film und ZDF/Das kleine Fernsehspiel und in Zusammenarbeit mit ARTE. Ermöglicht
wurde die Teilnahme des Regisseurs und die Filmvorführung im Rahmen des
Deutsch-Kolumbianischen Forums an der Universität Bayreuth durch das Goethe-
Institut.
Der stellvertretende Leiter der Kulturabteilung und Bereichsleiter Film, Fernsehen
und Hörfunk des Goethe-Instituts, Dr. Christian Lüffe, erklärte die Arbeit des Goethe-
Instituts in diesem Bereich. Im Anschluss stellte Frau Prof. Dr. Ute Fendler vom
„Lehrstuhl für Romanische Literaturwissenschaft und Komparatistik unter besonderer
Berücksichtigung Afrikas“ an der Universität Bayreuth Leben und Werk von Ciro
Guerra vor. Dabei hob Prof. Dr. Fendler die großen Verdienste von Ciro Guerra
hervor, die er sich um die lateinamerikanische Filmlandschaft erworben hat. Mit
seiner herausragenden Regiearbeit wurde eine Plattform für den südamerikanischen
Film geschaffen und seine Preise bei zahlreichen Filmfestivals weltweit sind Ansporn
für junge Regisseure aus Kolumbien und ganz Südamerika. Regisseur Ciro Guerra
selbst stellte sich den zahlreichen Fragen des Publikums und erklärte dabei auch,
dass der Film das Ergebnis einer vierjährigen Arbeit gewesen sei.
Ciro Guerra wurde 1981 in Rio de Oro in Kolumbien geboren und studierte
Fernsehen an der Nationalen Universität in Bogota. Bereits mit 20 Jahren produzierte
er den Film La Sombra del Caminante (Der Schatten des Gehenden), bei dem er
auch Regie führte und das Drehbuch schrieb. Der Film gewann Preise bei den
Filmfestivals in San Sebastian, Toulouse, Mar del Plata, Triest, Havanna, Quito,
Cartagena, Santiago und Warschau und war bei weiteren 32 Filmfestivals weltweit
nominiert. Mit dem “Los viajes del viento” betitelten Film, der von der Reise zweier
Menschen und eines Akkordeons erzählt, schuf der Kolumbianer Ciro Guerra ein
kinematografisches Abbild seiner Heimat, dessen Geschichte und Bildkraft auf den
Festivals der Welt begeisterten. “Los viajes del viento” (Die Reisen des Windes)
erschien 2009. Der Film feierte seine Premiere beim Filmfestival Cannes 2009 in der
Sektion “Un Certain Regard”. Zuschauer und Presse waren gleichermaßen begeistert
von diesem visuell spektakulären, poetischen Roadmovie, für das der Regisseur Ciro
Guerra in Cannes mit dem Preis der Stadt Rom ausgezeichnet wurde. Weitere
Preise bekamen Film und Regisseur beim Filmfestival Bogotá (Bester
Kolumbianischer Film, Beste Regie), beim Filmfestival Cartagena (Beste Regie,
Bester Film, Bester kolumbianischer Film) und beim Internationalen Filmfestival in
Santa Barbara (Bester spanischsprachiger Film).
Im Stile eines Roadmovies wird erzählt, wie Ignacio Carrillo, zeitlebens reisender
Akkordeonspieler, nach dem Tod seiner Frau beschlossen hat, das Instrument einem
alten Meister zurückzubringen und nie wieder zu spielen. Dieser Reise schließt sich
Fermín Morales an, ein Jugendlicher, dessen großer Traum es ist, Musiker zu
werden. Nur widerwillig gestattet der Alte es dem Jungen, ihn zu begleiten und zwei
sehr ungleiche, gegensätzliche Figuren ziehen mit einem Akkordeon durch
Kolumbien. Immer wieder gelangen sie zu Menschen und an Orte, bei denen das
Spiel des Akkordeons sich als schicksalhaft erweisen wird.
Ausbau der Kooperation mittelständischer Wirtschaftsunternehmen
Deutschlands und Kolumbiens im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung
Wirtschaften müsse heute so gestaltet werden, dass es auf ökologische
Erfordernisse Rücksicht nimmt, schonend mit den Ressourcen umgeht und bilaterale
Kooperationen nachhaltig angelegt sind. Dr. Christian Ruck, stv. Vorsitzender der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sieht Kolumbien auf dem Weg zu einer guten
Entwicklung im Sinne nachhaltigen Wirtschaftens. Die dynamische Entwicklung der
Volkswirtschaft Kolumbiens sei eng mit dem Erfolg des Friedensdialoges verknüpft.
Nachholbedarf habe Kolumbien im Bereich seiner Infrastruktur und der nachhaltigen
Förderung seines Rohstoffreichtums. Im Bereich von Forschung und Entwicklung
sowie im Bereich der beruflichen Bildung ergeben sich vielfältige Ansätze für eine
intensivere Zusammenarbeit in Deutschland, so Ruck. Gerade auch im touristischen
Bereich sieht der CSU-Entwicklungsexperte ein starkes Entwicklungspotenzial für
mittelständische Unternehmer.
Ruck begrüßte das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kolumbien sowie
Peru. Daraus ergeben sich auch Entfaltungsmöglichkeiten für den deutschen
Mittelstand in Kolumbien. Auch der Pazifik-Pakt zwischen Kolumbien und weiteren
Nachbarstaaten der Region werden dem Mittelstand zugute kommen. Die
geostrategische Lage Kolumbiens zwischen den Welten des Atlantik und des Pazifik
könne das Land zu einer Handelsdrehscheibe Lateinamerikas entwickeln.
Rosario Córdoba, Präsidentin der Wettbewerbskommission Kolumbiens, machte
deutlich, dass Kolumbien bei der Entwicklung seiner Wirtschaft auf das deutsche
Mittelstandsmodell setzt. Die Regierung setze sehr auf die nachhaltige Entwicklung
der regionalen Wirtschaft. Dazu wurden politische Kompetenzen von der
Zentralregierung auf die regionalen Körperschaften verlagert. Die Regionen sollen
eigenständig die aus ihrer Sicht förderungswürdigen Wirtschaftssektoren entwickeln.
Dabei sollen besonders mittelständische Wirtschaftsstrukturen gestärkt werden. Zur
Steigerung der Produktivität der kleinen und mittleren Unternehmen wolle die
kolumbianische Regierung deren Innovationsfähigkeiten durch Forschung und
Entwicklung sowie deren Finanzierungsmöglichkeiten durch Förderbanken stärken.
Auch der Aus- und Fortbildung im beruflichen Bereich räume die kolumbianische
Regierung hohe Priorität ein.
Prof. Dr. David Stadelmann von der Universität Bayreuth konstatierte der
kolumbianischen Volkswirtschaft eine dynamische Entwicklung in den letzten Jahren
mit einem erheblichen Wachstumspotenzial, wodurch sich auch die Exportchancen
für die deutsche mittelständische Wirtschaft verbessert hätten. Die ökonomischen
Rahmenbedingungen in Kolumbien seien besser entwickelt als in anderen Staaten
Lateinamerikas. Dies gelte auch für Fragen der Rechtssicherheit.
Cornelius Thor von der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG),
ein KfW-Tochterunternehmen, bestätigte ebenfalls der kolumbianischen Wirtschaft
erhebliches Entwicklungspotenzial. Dies liege vor allem in der Rohstoffförderung, der
gewerblichen Wirtschaft und der Konsumgüterindustrie. Die politische und
rechtsstaatliche Stabilität in Kolumbien habe sich hervorragend entwickelt. Der
Pazifik-Pakt werde die Entwicklungsmöglichkeit für die mittelständische Wirtschaft
weiter verbessern. Verbesserungsnotwendigkeit sieht Thor im Bereich einer sicheren
und preislich attraktiven Energieversorgung. Daher unterstütze die DEG auch
Investitionen im Energiesektor in Kolumbien. Wenn deutsche Unternehmen bei
Investitionen in Kolumbien auch Ausbildungskapazitäten im Bereich der beruflichen
Bildung schaffen, könne dies ebenfalls durch die DEG gefördert werden.
In der von Prof. Dr. Torsten Eymann, dem Direktor des Betriebswirtschaftlichen
Forschungszentrums für Fragen der mittelständischen Wirtschaft an der Universität
Bayreuth geleiteten Diskussion wurden auch Kooperationsmöglichkeiten gerade für
oberfränkische Unternehmen mit der kolumbianischen Wirtschaft aufgezeigt.
Konsequenzen in Deutschland und Kolumbien aus der Finanzmarkt- und
Wirtschaftskrise
Prof. Dr. Bernhard Herz, Inhaber des Lehrstuhls für Geld und Internationale
Wirtschaft an der Universität Bayreuth, machte deutlich, dass Europa derzeit nicht
eine Krise des EURO, sondern eine Staatsschulden- sowie eine Bankenkrise
durchlebe. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten haben darauf mit einer Mischung aus
neuer Ausrichtung des europäischen Regelwerkes und dem Aufspannen von
Rettungsschirmen reagiert.
Die Troika-Programme stellten dabei eine Mischung aus Schuldenreduzierung und
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit dar. Dies bedinge auch rezessive Phasen in den
Volkswirtschaften der Länder unter den Rettungsschirmen. Dieser
Anpassungsprozess erfordere Zeit und werde von der EZB durch geldpolitische
Maßnahmen unterstützt. Die Reformprozesse zeigen erste Wirkung und stärken die
Wettbewerbsfähigkeit der Programmländer. Was die Inflationsgefahr anbelangt, so
sieht Professor Herz derzeit keine Anzeichen einer inflationären Entwicklung in
Europa. Allerdings berge das lang anhaltende niedrige Zinsniveau auch Gefahren für
die Volkswirtschaften des EURO-Raums. Der Ökonom forderte eine strikte Rückkehr
zum Haftungsprinzip. Das Anpassungsprogramm der Troika für Zypern wertete
Professor Herz als Beginn der Rückkehr zum Haftungsprinzip.
Im Zuge der Entschärfung der Staatsschulden- und Bankenkrise müsse die
Geldpolitik wieder normalisiert werden. Die Entwicklung einer einheitlichen
Bankenaufsicht in Europa mit der Möglichkeit einer Bankenabwicklung sei ein
wichtiger Fortschritt für die Stabilisierung des Bankensektors in Europa. Professor
Herz forderte die Politik in Europa zu einer Stärkung der Reformkräfte in den
Peripherieländern auf. Neben neuen verbindlichen Regeln einer einheitlichen
Fiskalpolitik müsse vor allem in nationaler Verantwortung die notwendige
Haushaltskonsolidierung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit erfolgen.
Prof. Dr. Hernán Muriel Ciceri von der St. Thomas Universität Bogotá machte in
seinem Beitrag deutlich, dass man von Seiten der lateinamerikanischen Staaten die
aktuelle Staatsschuldenkrise in Europa sehr aufmerksam verfolge. Gerade
Kolumbien habe viele Elemente der deutschen und europäischen Rechtsordnungen
übernommen, besonders im Bereich des Wirtschaftsrechts. Auch im Finanzsektor
seien in Kolumbien wichtige Regulierungen vorgenommen werden, damit von dort
keine Gefahren für die kolumbianische Volkswirtschaft ausgehen. Neben
wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Regierung habe auch die Geldpolitik der
Zentralbank Kolumbiens auf Inflationsgefahren und die Wachstumsschwäche
erfolgreich reagiert. Insgesamt haben sich die Budget-Situation und die
Wettbewerbsfähigkeit der kolumbianischen Wirtschaft in den letzten Jahren positiv
entwickelt. Die verschiedenen Freihandelsabkommen, an denen Kolumbien beteiligt
ist, haben sich ebenfalls positiv für die kolumbianische Volkswirtschaft ausgewirkt. In
Kapitalmarktfragen arbeite Kolumbien mit seinen Nachbarn zunehmend enger
zusammen und strebe Schritte für eine weitere Kooperation und Integration an. Der
OECD-Ausblick für Kolumbien für das Jahr 2913 sei überwiegend positiv, benenne
jedoch auch Handlungsfelder für eine weitere dynamische Entwicklung der
kolumbianischen Wirtschaft, z. B. im makroökonomischen, rechtlichen und sozialen
Bereich.
Kommunale Klimapartnerschaften zwischen Kolumbien und Deutschland
Im Rahmen des Deutsch-Kolumbianischen Forums in Berlin und Bayreuth wurde
deutlich, dass es nicht nur auf politischer, wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und
kultureller Ebene ein dichtes Beziehungsgeflecht gibt. Auch auf kommunaler Ebene
haben sich Klimapartnerschaften entwickelt.
Klaus Hecht vom AGENDA 21-Büro der niedersächsischen Landeshauptstadt
Hannover und Markus Temburg vom Amt für Entwicklung des Rhein-Kreises Neuss
berichteten über die Klimapartnerschaften mit den Gemeinden Belén de los
Andaquíes und Solano in der Provinz Caquetá im Süden Kolumbiens. Auf deutscher
Seite werden derartige Partnerschaften durch den Energie- und Klimafonds der
Bundesregierung gefördert. Die kolumbianischen Partnergemeinden wurden
aufgrund deren besonderer Biodiversität, der Existenz indigener Völker und der
vorhandenen Nationalparks ausgewählt. Auch das Bundesministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit fördert die Klimazusammenarbeit zwischen
Kommunen in Deutschland und Lateinamerika, z. B. den Kakaobohnen-Anbau durch
indigene Völker in Genossenschaftsform im Bereich des Amazonas. Der Kakao soll
dann gemäß “Fair-Trade-Kriterien” zertifiziert, in Deutschland zu Schokolade
verarbeitet und in den Mitgliedskommunen des Klimabündnisses vermarktet werden.
Das Motto dabei lautet: “Von der Kakaobohne am Amazonas bis zur
Klimaschutzschokolade in Deutschland!” Im Bereich der regenerativen
Energieversorgung werden ebenfalls lokale Projekte mit indigener Beteiligung in
Kolumbien angestrebt.