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Zwischen Dannebrog und Preußenadler - Husum-Stadtgeschichte

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20<br />

Tiefe Schatten (1865)<br />

So komme, was da kommen mag!<br />

Solang du lebest, ist es Tag;<br />

Und geht es in die Welt hinaus,<br />

Wo du mir bist, bin ich zu Haus.<br />

Ich seh dein liebes Angesicht,<br />

Ich sehe die Schatten der Zukunft nicht.<br />

1<br />

In der Gruft bei den alten Särgen<br />

Steht nun ein neuer Sarg,<br />

Darin vor meiner Liebe<br />

Sich das süßeste Antlitz barg.<br />

Den schwarzen Deckel der Truhe<br />

Verhängen die Kränze ganz;<br />

Ein Kranz von Myrtenreisern,<br />

Ein weißer Syringenkranz.<br />

Was noch vor wenig Tagen<br />

Im Wald die Sonne beschien,<br />

Das duftet nun hier unten:<br />

Maililien <strong>und</strong> Buchengrün.<br />

Geschlossen sind die Steine,<br />

Nur oben ein Gitterlein;<br />

Es liegt die geliebte Tote<br />

Verlassen <strong>und</strong> allein.<br />

Vielleicht im Mondenlichte,<br />

Wenn die Welt zur Ruhe ging,<br />

Summt noch um die weißen Blüten<br />

Ein dunkler Schmetterling.<br />

Theodor Storm mit seinen Kindern (um 1865/66)<br />

v. l. n. r. Karl, Ernst, Hans, Lucie, Elsabe, Lisbeth.<br />

Constanze Storm starb am 20. Mai 1865 nach<br />

der Geburt der Tochter Gertrud. Im September<br />

des gleichen Jahres nahm Storm die Einladung<br />

von Iwan Turgenjew nach Baden-Baden an <strong>und</strong><br />

genoss für zwei Wochen die Reize des Kurortes.<br />

Die Jahre in Heiligenstadt, in denen sich seine Familie noch vergrößerte,<br />

waren Storms glücklichste Ehejahre mit seiner Frau Constanze. Er<br />

etablierte sich bald im Kollegenkreis <strong>und</strong> auch sonst gesellschaftlich in der<br />

kleinen Stadt.<br />

4. Landvogt <strong>und</strong> Amtsrichter in <strong>Husum</strong><br />

a) Dennoch empfand Storm es als ein Glück, als die <strong>Husum</strong>er ihn im Februar<br />

1864 zu ihrem neuen Landvogt wählten, denn das Heimweh <strong>und</strong> die<br />

Sehnsucht nach der Geborgenheit in der gutsituierten <strong>Husum</strong>er Großfamilie<br />

hatten ihn nie verlassen. Zu diesem Zeitpunkt wurde Schleswig-Holstein<br />

von einer provisorischen Regierung verwaltet, die Preußen <strong>und</strong><br />

Österreich gemeinsam eingesetzt hatten <strong>und</strong> die sich „Kaiserlich Österreichische<br />

<strong>und</strong> Königlich Preußische Oberste Zivilbehörde“ nannte. Am 17.<br />

3. 1864 wurde Storm als der letzte Landvogt des Amtes <strong>Husum</strong> auf sein<br />

neues Amt vereidigt.<br />

Die Position des Landvogts war eine typisch schleswig-holsteinische<br />

Einrichtung. Im alten Herzogtum Schleswig gab es verschiedene Verwaltungsbezirke,<br />

die in der Judikative <strong>und</strong> Administrative selbständig geführt<br />

wurden. Hierzu gehörten die Ämter, Landschaften, Städte, Birks, oktroierten<br />

Köge, Domkapitel <strong>und</strong> adelige Güter. In diesen Distrikten galten<br />

auch noch zur Zeit Storms als Landvogt zumeist unterschiedliche Rechtsformen.<br />

Galt in der Stadt <strong>Husum</strong> nach wie vor vorrangig das <strong>Husum</strong>er<br />

Stadtrecht, so galt im Amt <strong>Husum</strong> weiterhin das Jütische Low von 1241, in<br />

einer plattdeutschen Übersetzung von 1592. Dieses Gesetz sah in den<br />

einzelnen Bezirken eine Fülle von Laiengerichten <strong>und</strong> -richtern mit den<br />

unterschiedlichsten Bezeichnungen vor. Zur Zeit Storms bestimmte sich<br />

die Gerichtsverfassung in den einzelnen Ämtern <strong>und</strong> Landschaften jedoch<br />

nicht mehr genau nach dem Jütischen Low, sie war vielmehr von der ursprünglichen<br />

Form mehr oder minder stark abgewichen <strong>und</strong> beruhte mehr<br />

auf örtlichem Gebrauch als auf gesetzlichen Vorschriften 25 : Oberster Gerichtsherr<br />

<strong>und</strong> Verwaltungschef in einer Person war im Amt der juristisch<br />

vorgebildete Amtmann. In einigen Distrikten des Herzogtums Schleswig<br />

waren aber juristisch ebenfalls vorgebildete Landvögte <strong>und</strong> Staller eingesetzt<br />

- so im Amt <strong>Husum</strong> oder in der Landschaft Eiderstedt. Hier waren fast<br />

sämtliche judiziellen Geschäfte des Amtmanns auf den Landvogt oder<br />

Staller übergegangen 26 . Storm beschreibt seine Tätigkeit gegenüber Ludwig<br />

Pietsch wie folgt:<br />

„Mein Amt gibt mir eine sehr selbständige <strong>und</strong> angesehene Stellung <strong>und</strong> ist mir<br />

in der ganzen Tätigkeit, die ich zu entwickeln habe, sehr lieb. Ich komme als Obervorm<strong>und</strong>,<br />

Polizeimeister, Kriminal- <strong>und</strong> Zivilrichter viel mehr in rein menschliche<br />

Berührung als dies in meiner früheren Stellung der Fall war.“ 27<br />

Das Amt <strong>Husum</strong>, das aus der Norder- <strong>und</strong> Süderharde einschließlich der<br />

Vogtei Rödemis, der alten Vogtei Schwabstedt, dem Distrikt Simonsberg<br />

21

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