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Zwischen Dannebrog und Preußenadler - Husum-Stadtgeschichte

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gut abfindet 44 . Storm lehnte das reine Schriftstellerdasein ab. Am Beispiel<br />

seines intimen Brieffre<strong>und</strong>es der 70er Jahre, Paul Heyse, der als Goethe-<br />

Nachfolger gefeiert wurde <strong>und</strong> später - 1910 - als erster deutscher Dichter<br />

den Nobelpreis erhielt, erfuhr er nur zu gut, was es heißt, von der Gunst<br />

des Publikums zu leben. Zwar gab es - insbesondere in der Potsdamer Zeit<br />

<strong>und</strong> auch später, wenn auch abgeschwächt, in <strong>Husum</strong> als Amtsrichter - Zeiten,<br />

in denen Storm sein Beruf aufgr<strong>und</strong> der Arbeitslast als verhaßt erschien.<br />

Bei der Durchsicht seiner unzähligen Briefe kann man jedoch nicht<br />

feststellen, daß er sich mit seinem Beruf nur „abgef<strong>und</strong>en“ hat. Er sah diesen<br />

als seinen rechtmäßigen Broterwerb an, dem er wesentliche St<strong>und</strong>en<br />

seiner Arbeitstage <strong>und</strong> seine volle Kraft <strong>und</strong> Verantwortung zu widmen<br />

hatte. Die juristische Tätigkeit - <strong>und</strong> damit auch eine gewisse existentielle<br />

Rückendeckung - gaben ihm erst die Kraft, literarisch tätig zu sein. Mag es<br />

das Vorbild seines Vaters gewesen sein oder sein eigenes Selbstverständnis,<br />

in keinem von Storms schriftlichen Zeugnissen wird auch nur einmal<br />

die Frage aufgeworfen, ob es für ihn sinnvoll sei, den erlernten Beruf aufzugeben<br />

<strong>und</strong> sich ganz der Schriftstellerei zu widmen. Aus seinem bürgerlichen<br />

Verständnis heraus war ein bürgerlicher Beruf für Storm unerläßlich.<br />

Die literarische Tätigkeit, so sehr sie auch in seinen privaten Briefen erwähnt<br />

wird <strong>und</strong> so sehr sie ihm auch am Herzen gelegen hat, war für ihn<br />

nur ein - wenn auch schönes - „Zubrot“. Denn es darf nicht verkannt werden,<br />

daß es Storm, bei allem Respekt für sein Bedürfnis, sich poetisch auszudrücken,<br />

bei der wachsenden Familie bei seinem schriftstellerischen<br />

Werk auch um finanzielle Ziele gegangen ist.<br />

Daher meine ich, daß man bei Storm die Begriffe Jurist <strong>und</strong> Poet nicht zu<br />

dem Begriff „Dichterjuristen“ vermischen sollte. Er war Dichter <strong>und</strong> Jurist,<br />

solange er beruflich tätig war, <strong>und</strong> wurde zum reinen Dichter in der<br />

Zeit seines Ruhestandes. Die Doppelspurigkeit beider Tätigkeiten, ihr<br />

Nebeneinander (<strong>und</strong> nicht Ineinander) erkannte er selbst, als er - allerdings<br />

nur im Hinblick auf die Lyrik - erklärte:<br />

„Erst als ich in meiner Vaterstadt Advokat <strong>und</strong> absolut für mich selbst verantwortlich<br />

geworden war <strong>und</strong> mein Leben einen festen Inhalt gewonnen hatte, wurde<br />

meine Lyrik fertig.“ 42<br />

Anmerkungen<br />

1 Personalakten des Königl. Oberlandesgerichts zu Kiel betr. den Amtsgerichtsrath Hans Th.<br />

Woldsen Storm - Schleswig-Holsteinisches Landesarchiv Schleswig (SchlHLArch), Abt. 350,<br />

Nr. 116, H. 1, Bl. 43.<br />

2 a. a. O., Bl. 41.<br />

3 Theodor Storm, Brief vom 21. 3. 1873 an Emil Kuh, in: Theodor Storm, Briefe (hrsg. von Peter<br />

Goldammer), Bd. II, Berlin <strong>und</strong> Weimar 1984, S. 68ff. (69).<br />

4 derselbe, a. a. O., S. 70.<br />

5 Eugen Wohlhaupter, Dichterjuristen (hrsg. von H. H. Seifert), Bd. III, Tübingen 1957, S. 81, 82.<br />

6 Regina Fasold, Theodor Storm, Leipzig 1988, S. 12.<br />

7 Erich Döhring, Geschichte der Christian-Albrechts-Universität Kiel - Geschichte der juristischen<br />

Fakultät 1665-1965, Neumünster 1965, S. 108.<br />

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