GERSTEL Aktuell Nr. 47 - Gerstel GmbH & Co.KG
GERSTEL Aktuell Nr. 47 - Gerstel GmbH & Co.KG
GERSTEL Aktuell Nr. 47 - Gerstel GmbH & Co.KG
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Kundenzeitschrift der GERSTEL GmbH & Co. KG · Eberhard-Gerstel-Platz 1 · 45473 Mülheim an der Ruhr · Telefon +49 2 08 - 7 65 03-0 · gerstel@gerstel.de
ISSN 1618 - 5900
Nr. 47 47 Dezember 2013
Atmosphärenforschung
Zauberhafte Vanille
Ein Ansatz zur Analyse von
Vanilleschoten und -extrakten
www.gerstel.de
Miefige Tabletten – nein danke!
Geruchsverursachern in Pharmazeutika
auf der Spur
Achtung, Weichmacher!
Phthalate sicher
und sensitiv in
Kinderspielzeug bestimmen
Vorsicht, Fettnäpfchen!
Deklarationspflichtige Fettanteile
in Lebensmitteln
effizient und sicher ermitteln
Liebe Leserinnen
und Leser,
kein vernunftbegabter Mensch würde je behaupten, die Welt, in
der wir leben, ließe sich auf einfache Weise und mit wenigen
Worten in ihrer ganzen Breite und Tiefe erfassen. Das Gegenteil
ist der Fall.
Allein der forschende Blick in das zarte Band, das die Erde
umhüllt, die Atmosphäre, macht offenkundig: Die Dinge sind
überaus komplex und diffizil.
Glücklicherweise gibt es, wie
unser Themenschwerpunkt „Atmosphärenforschung“
zeigt, kundige
Wissenschaftler, die sich dieser flüchtigen
und sensiblen Materie engagiert
und beherzt annehmen und den Versuch
unternehmen, die funktionalen
Zusammenhänge zwischen Himmel
und Erde aufzuklären, um zum Beispiel
Modellrechnungen zu ermöglichen,
die uns helfen, schon heute
eine Vorstellung davon zu entwickeln,
wie unsere Welt künftig aussieht.
Es ist wichtig, die Dinge auch von
ihrem Ende her zu betrachten, damit
Eberhard G. Gerstel
wir zur rechten Zeit das Richtige tun und die anthropogenen
Einflussfaktoren, die Erderwärmung, Klimawandel und Naturkatastrophen
begünstigen, in den Griff bekommen und somit
absehbar eine Hinwendung zum Besseren bewirken.
Ohne instrumentelle Analytik ist moderne Atmosphärenforschung
undenkbar. Schön, dass GERSTEL mit maßgeschneiderten,
technisch einzigartigen Entwicklungen zur Aufklärung
beitragen kann.
Viel Vergnügen bei der Lektüre der 47. Ausgabe unserer
GERSTEL Aktuell wünscht Ihnen Ihr
Eberhard G. Gerstel
Geschäftsführender Gesellschafter der GERSTEL GmbH & Co. KG
Ausschreibung
Eberhard-Gerstel-Preis
EGP
2014
Die von GERSTEL gesponserte Auszeichnung wird auf der analytica
2014 zum dritten Mal von der Gesellschaft Deutscher Chemiker
(GDCh) an eine(n) herausragende(n) Wissenschaftler/in
auf dem Gebiet der analytischen Trenntechniken verliehen.
Vom Arbeitskreis „Separation
Science“ wird 2014 zum dritten
Mal der Eberhard-Gerstel-
Preis für eine herausragende
Publikation auf dem Gebiet der
analytischen Trenntechniken
vergeben.
Gestiftet wird der alle zwei
Jahre ausgelobte Preis in Höhe
von 2500 Euro von GERSTEL.
Das Unternehmen wurde
1967 von Eberhard Gerstel
senior gegründet und hat sich
seitdem zu einem weltweit führenden
Anbieter von Systemen
und Lösungen für die automatisierte
Probenvorbereitung und
Probenaufgabe in der GC/MS
und LC/MS entwickelt.
Verliehen wird der Eberhard-Gerstel-Preis
im Rahmen
der analytica-Conference auf
der analytica (1.-4. April 2014)
in München. Bewerber sollten
Erstautor (corresponding author)
einer 2012/2013 von einer
international anerkannten Fachzeitschrift
gedruckten oder
zum Druck akzeptierten Publikation
sein. Autoren können sich
bewerben bzw. für diese Auszeichnung
vorgeschlagen werden.
Eine international besetzte
Jury wählt den Preisträger.
Bewerbungen bzw. Kandidatenvorschläge
sollten elektronisch,
idealerweise als zusammenhängende
PDF-Datei, bis spätestens
10. Januar 2014 (Stichtag) eingereicht
werden. Kopie der Publikation,
Lebenslauf des Autors, Stellungnahme
bzw. Empfehlung
sind einzureichen an:
Prof. Dr. Werner Engewald,
Universität Leipzig, Institut für
Analytische Chemie, Linnéstr.
3, 04103 Leipzig, Deutschland
E-Mail: engewald@uni-leipzig.de
GERSTEL Aktuell Nr. 47
Lesen Sie in dieser Ausgabe:
Anwenderseminar-Tour 2013
GC/MS- und LC/MS-Applikationen
im Mittelpunkt
Um den Erfahrungsaustausch der Anwender von GERSTEL-Geräten und
-Systemen zu fördern, hat sich das Unternehmen auch in diesem Jahr
wieder mit seiner Anwenderseminar-Tour auf die Reise durch zehn Städte
in Deutschland, der Schweiz und Österreich begeben. ........................................3
Schwerpunktthema: Atmosphärenforschung
Labor im Porträt: Atmosphärenphysik, Bergische Universität Wuppertal
Pfadfinder der Lüfte
Es bedarf der Kenntnis der chemischen, aber auch der physikalischen Prozesse,
um die Atmosphäre hinreichend zu verstehen und Modelle entwerfen
zu können, die helfen, die Verteilung von Schadstoffen
in der Umwelt nachzuvollziehen oder das Klima präzise
vorherzusagen. Hier setzt die Arbeitsgruppe Atmosphärenphysik
von der Bergischen Universität Wuppertal unter
Leitung von Professor Ralf Koppmann Maßstäbe. ............7
Atmosphärenchemie
In-situ-Analytik zwischen Himmel
und Erde
Im Rahmen des von der EU geförderten PEGASOS-
Projekts untersuchten Wissenschaftler des Forschungszentrums
Jülich den oxidativen Abbau von
VOC in der Atmosphäre. Ein speziell für die Erfordernisse
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Nr. 47 Dezember 2013
der Onlinemessung auf Flugzeugen und Zeppelinen konzipiertes
HALO-GC/MS-System erwies sich als zentrales Instrument. .........................11
Pharmaanalytik
Miefige Tabletten – nein danke!
Um Fehlgerüchen in Pharmazeutika und Pharmaverpackungen nachzuspüren,
haben US-Wissenschaftler ein hochsensitives GC-MS/MS-Verfahren
mit vorangehender Stir Bar Sorptive Extraction (SBSE) entwickelt. .............14
Lebensmittelanalytik
Vorsicht, Fettnäpfchen!
Um den Nährwert eines Lebensmittels quantifizieren zu können, braucht
es die instrumentelle Analytik, im Fall relevanter Fettparameter idealerweise
die Gaschromatographie (GC) – aber bitte automatisiert. ................17
Materialanalytik
Achtung, Weichmacher!
Das US-Prüfverfahren CPSC-CH-C1001-09.3 verlangt den Nachweis von
Weichmachern in Kinderspielzeug und Babyartikeln. Das Verfahren umfasst
die GC/MS-Bestimmung kritischer Phthalate nach einer in der Regel aufwendigen,
oft manuell ausgeführten Probenvorbereitung; dabei lässt sich
die Analyse intelligent automatisieren. .................................................................... 20
Nachwuchsförderung/Wissenstransfer
Mit Herzblut bei der Sache
Ein Unternehmen, das wie GERSTEL über kompetente Mitarbeiter verfügt
und in Forschung und Ausbildung investiert, hat stets auch Interessantes
zu berichten und weiterzugeben. ............................................................................ 23
Aromaanalytik
Zauberhafte Vanille
Das charakteristische Geschmacksmuster von Vanille wird nicht allein
durch Vanillin, dem Hauptaromastoff der Vanille, geprägt, sondern durch
eine Komposition verschiedener Verbindungen. Zu deren Aufklärung und
Identifizierung sowie zur Qualitätssicherung und Herkunftsbestimmung
von Vanilleschoten und Vanilleextrakten leisten Headspace-
Techniken und die Thermodesorption einen wichtigen
Beitrag. ............................................................................................. 25
Zauberhafte Vani le
Ein Ansat zur Analyse von
Vani leschoten und -extrakten
Achtung, Weichmacher!
Schädliche Weichmacher
sicher und sensitiv in Kinderspielzeug
bestimmen
Vorschau und Impressum.................................................28
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Atmosphärenforschung
Miefige Table ten – nein danke!
Geruchsverursacher in Pharmazeutika
auf der Spur
„ Immer bestens informiert. “
www.gerstel.de
Vorsicht, Fe tnäpfchen!
Deklarationspflichtige Fe t-
anteile in Lebensmi teln
e fizient und sicher ermi teln
ISSN 1618 5900
2 GERSTEL Aktuell – Dezember 2013
Anwenderseminar-Tour 2013
Mülheim an der Ruhr
GC/MS- und
LC/MS-Applikationen
im Mittelpunkt
Text: Guido Deußing; Fotos: GERSTEL, Jan Garbe-Immel
Um den Erfahrungsaustausch der Anwender von GERSTEL-Geräten und -Systemen zu fördern,
hat sich das Unternehmen auch in diesem Jahr wieder auf die Reise durch zehn Städte in
Deutschland, der Schweiz und erstmals auch Österreich begeben. Der GERSTEL-Zug machte
Station in Hamburg, Potsdam, Hannover, Münster, Mülheim an der Ruhr, Karlsruhe, München,
Bern, Olten und Wien, wo Anwender aus der Praxis und versierte Applikationsspezialisten
des Unternehmens den geladenen Gästen ihre Eindrücke und Erfahrungen im Umgang
mit GERSTEL-Technologie vor- und zur Diskussion stellten. „Die Resonanz war, wie schon
in den Jahren zuvor, überwältigend“, urteilten alle Beteiligten. Im Folgenden bieten wir
einen kurzen Überblick, aufgeschlüsselt nach Anwendungsfeldern, über die verschiedenen
Themen (deren Titel sind im nachfolgenden Text hervorgehoben), die während der GERSTEL-
Anwenderseminar-Tour 2013 beleuchtet wurden.
Lebensmittel-, Duft- und
Naturstoffanalytik
Wenn es um die Themen Methodenentwicklung und Anwendung der
HPLC/MS geht, greift GERSTEL auf die kompetente Unterstützung
von Dr. Nobert Helle von der TeLA GmbH in Bremerhaven zurück.
Überzeugt von dessen applikativem Knowhow auf den unterschiedlichsten
Anwendungsfeldern, baten wir den Wissenschaftler beziehungsweise
seine Mitarbeiterin Franziska Chmelka, über Intelligente
Probenvorbereitung für LC und LC/MS in der Lebensmittel-
und Umweltanalytik zu referieren.
Welche Rolle unter anderem auch die Probenvorbereitung spielt
bei der Acrylamid-Bestimmung in Kaffee mittels automatisierter
LC-MS/MS im Vergleich zur klassischen GC/MS-Methode,
darüber berichtete Oliver Süße-Herrmann von der CR3-Kaffeeveredelung
M. Hermsen GmbH in Bremen. Einen Überblick über die Anwen-
Hannover
Neueste GERSTEL-
LC/MS-Applikationen
Development of an Automated
Sample Preparation
and Analysis Workflow for
Mycotoxin Residues in
Different Food Matrices
AppNote 10/2013
Automated Derivatization,
SPE Cleanup and LC/
MS/MS Determination
of Glyphosate and Other
Polar Pesticides,
AppNote 9/2013
Automated Sample
Preparation and Analysis
Workflow for Pesticide
Residue Screenings in
Food Samples using DPX-
QuEChERS with LC/MS/MS,
AppNote 8/2013
Determination of Barbiturates
and 11-Nor-9-carboxy-
Δ9-THC in Urine using
Automated Disposable
Pipette Extraction (DPX)
and LC/MS/MS,
AppNote 1/2013
Automated Solid Phase
Extraction (SPE)-LC-MS/
MS Method for the Determination
of Acrylamide in
Brewed Coffee Samples,
AppNote 13/2012
Alle AppNotes finden
Sie zum Herunterladen
unter www.gerstel.de
GERSTEL Aktuell – Dezember 2013 3
Olten
dung der Gaschromatographie in der Kaffeeforschung bot
auch Barbara Schönbächler von der Zürcher Hochschule für Angewandte
Wissenschaften (ZHAW) in Wädenswil, Schweiz.
Bern
Über pflanzliche Komponenten können Pyrrolizidinalkaloide
in unsere Nahrung gelangen. Gemäß den Richtlinien des Verbraucherschutzes
gilt es, jedwedes Gefährdungspotenzial auf ein
Minimum zu reduzieren. Wie der Nachweis von Pyrrolizidinalkaloiden
in Lebensmitteln unter Verwendung einer
automatisierten Festphasenextraktion (SPE) effizient und
sicher gelingt, darüber berichtete Oliver Keuth vom Chemischen
und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe
(CVUA-MEL) in Münster.
Apropos Gefährdung: Bislang streiten die
Gelehrten darüber, ob von dem vielfach eingesetzten
Pflanzenschutzmittel Glyphosat eine
Gefahr für den Menschen ausgeht. Dessen ungeachtet
gilt: Nur wer den analytischen Nachweis
führt, geht auf Nummer sicher. Dr. Andrea Kuhr
von der Eurofins Dr. Specht Laboratorien GmbH
in Hamburg präsentierte ihre Methode zur
Bestimmung von Glyphosat und AMPA in
einem Routine-Labor mit LC-MS/MS nach
automatisierter Derivatisierung und SPE.
Entwickelt und etabliert wurde die Methode von
Dr. Norbert Helle und Franziska Chmelka von
der TeLA GmbH in Bremerhaven.
Mag einer sagen, die LC schmecke ihm – mit
Fug und Recht behaupten kann das Marit Gillmeister
von der Hochschule Anhalt in Bernburg.
Mit der analytisch-präparativen HPLC und
nachgeschalteter sensorischer Beurteilung von Probenmatrices
auf Basis der LC-Taste-Technologie [1] kommt
sie dem Geschmack von in Wasser löslichen Komponenten mittels
Zunge und Gaumen auf die Schliche. Ihr Kollege Mario
Scharmer vom dortigen Institute of Bioanalytical Science (IBAS)
stellte seine Bestimmung von Betacarotin in wasserlöslichen
Mikrogranulaten vor.
Um Naturstoffe, Düfte und Aromen drehten sich drei weitere
Vorträge vornehmlich in der Schweiz: Bernhard Burn von
der Interlabor Belp AG im gleichnamigen Belp betreibt Naturstoffanalytik
mittels GC/MS und wirft dabei einen besonderen
Blick auf die Dynamische Headspace-Technik und die Ther-
Karlsruhe
4 GERSTEL Aktuell – Dezember 2013
Potsdam
modesorption. Der Fokus von Dr. Katharina Breme, Agroscope
Liebefeld-Posieux (ALP) in Bern, lag auf der Aromaanalytik
in Milch- und Fleischprodukten und Dr. Matthias Held vom
Institut für Zoologie der Université de Neuchâtel
beschrieb in seinem Vortrag: Rettende Düfte
– die auf Duftstoffen basierende indirekte
Abwehr von Pflanzen.
Verfahren für Substanzen in Kunststoffen für die Verpackung
von Lebensmitteln und medizinisch-pharmazeutischen
Produkten vor. Und während sich Dr. Ingo Mayer von
Polymer- und Materialanalytik
Aus der Summe der Vorträge kristallisierte sich
als Themenschwerpunkt u. a. die Polymer- und
Materialanalytik heraus. Andreas Westphal von
tesa SE in Hamburg etwa zeigte in seinem Vortrag
Pyrolyse-GC/MS in der Polymeranalytik
die Vorzüge des GERSTEL-Pyro-Modules für
die ThermalDesorptionUnit (TDU) auf bei der
Aufklärung der Zusammensetzung unterschiedlicher
komplexer Kunststoffmatrices. In ihrem
Vortrag thematisierte Dr. Veronica Osorio-Piniella
von der OFI Technologie & Innovation GmbH
aus Wien die Bestimmung der witterungsbedingten
Migration beziehungsweise des
Wien
Abbaus von Additiven in Polymeren mittels Thermodesorption
und GC/MS. Dipl.-Ing. Lucas Sternbauer von der
Johannes-Kepler-Universität Linz stellte ein GC/MS-Screening-
der Berner Fachhochschule für Architektur, Holz und Bau im
schweizerischen Biel auf die Bestimmung und sensorische
Beurteilung von Baustoffemissionen konzentrierte, fokussierte
Dr. Armin Hauk von Intertek Expert Services
in Basel auf die Bewertung von Druckfarben
und Aufklebern auf pharmazeutischen
Verpackungen und Lebensmittelverpackungen.
Über Neue analytische Verfahren
in der Automobilindustrie berichtete
Dr. Benedikte Roberz von der Adam Opel AG
in Rüsselsheim.
Getränke- und Wasseranalytik
Münster
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Um
Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern, wird
empfohlen, mindestens eineinhalb Liter Wasser
täglich zu sich zu nehmen. Es steht außer Frage,
dass Trinkwasser frei von Schadstoffen sein
sollte. Die instrumentelle Analytik hilft dabei,
die Trinkqualität von Wasser sicherzustellen, wie
Thomas Funke vom CVUA-MEL in Münster am
GERSTEL Aktuell – Dezember 2013 5
Hamburg
www.gerstel.de
München
Beispiel der Bestimmung potenziell endokriner Substanzen
in Mineralwässern und Kunststoff-Migranten mittels
der GERSTEL-ThermalDesorptionUnit (TDU) zeigte.
Zur Getränkeanalytik-Fraktion gesellten sich auch die Applikationsexperten
von GERSTEL, namentlich Andreas Hoffmann, Carlos
Gil, Thomas Albinus und Jochen Vandenberg sowie Susanne
Rose, die u.a. einen Blick warfen auf die Vorzüge der Dynamischen
Headspace-Technik (DHS) in der Getränkeanalytik
beziehungsweise Zwei SBSE-Methoden zur Bestimmung
phenolischer Komponenten in Trinkwasser verglichen.
Forensische Toxikologie
und klinische Analytik
In den letzten fünf Jahren hat sich GERSTEL im Bereich der forensischen
Toxikologie, insbesondere beim Nachweis von Drogenwirkstoffen,
zu einem kompetenten Anbieter intelligent automatisierter
analytischer Lösungen entwickelt. Eine Tatsache, die
auch während der Anwenderseminar-Tour 2013 deutlich wurde,
etwa im Vortrag Bestimmung von THC und seinen Metaboliten
im Serum mittels vollautomatisierter SPE-GC/MS-
Analyse von Dr. Getrud Rochholz vom Institut für Rechtsmedizin
der Universitätsklink Schleswig-Holstein in Kiel. Über die
Art und Weise der THC-Analytik am Institut für Rechtsmedizin
in Basel unter Einsatz von GERSTEL-Technologie berichtete
Dr. Sarah Hangartner. Last but not least konnte auch
Dr. Oliver Lerch brandaktuelle Automatisierte Analysenmethoden
im forensischen Labor: Bestimmung
von THC und Metaboliten sowie Opiaten
und Kokain aus Blutserum präsentieren, die in
enger Kooperation mit dem Institut für Rechtsmedizin
der Universität Düsseldorf entwickelt wurde.
„ Einfach unseren
Newsletter abonnieren
und Sie sind immer
bestens informiert!
Alle Infos und Anmeldung
unter www.gerstel.de“
Chris-Elmo Ziener von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin in Berlin informierte über die Automatisierung
chemischer Spurenanalytik in menschlicher Ausatemluft,
ein vergleichsweise neuer Weg im arbeitsmedizinischen
Biomonitoring.
Bio- und andere Technologien
Welchen Einfluss die richtige Analysentechnik beziehungsweise
die gewählten Module auf die Effizienz und Präzision der Analyse
haben, wurde deutlich im Vortrag GERSTEL-MPS mit Wägeoption:
Erkennung potenzieller Fehlerquellen und deren
Behebung, gehalten von Andreas Teevs und Kerstin Schrader
von der Schülke & Mayr GmbH in Norderstedt. Dass die Metabolitenanalytik
mittels GC/MS ein Schlüssel zur biotechnologischen
Prozessoptimierung darstellt, machte Dr. Christina
Haberhauer-Troyer von der Universität für Bodenkultur (BOKU)
Wien, Department für Chemie, Abteilung für Analytische Chemie,
deutlich. Überhaupt eröffne die Gerätekombination 7200
GC/Q-TOF – neue analytische Möglichkeiten, wie Dr. Jörg
Riener von Agilent Technologies in Waldbronn betonte.
Allerdings, ein Wort zum Schluss, ohne Probenvorbereitung
ist alle Analytik nichts. In diesem Sinne brachte das GERS-
TEL-Entwicklerteam Dr. Eike Kleine-Benne, Susanne Rose und
Dirk Bremer die Seminarteilnehmer in gebotener Kürze auf den
neuesten Stand in puncto Innovationen.
Nähere Informationen
Sollten Sie Informationen zu einem oder mehreren der oben
genannten Vortragsthemen wünschen, lassen Sie es uns wissen.
Unsere Vertriebsmitarbeiterin Andrea Hamm freut sich
auf Ihre Zuschrift an andrea_hamm@gerstel.de.
Querverweis
[1] GERSTEL Aktuell 34 (2006) 16
[www.gerstel.de/pdf/GERSTEL_Aktuell_34_16_de.pdf]
GERSTEL Aktuell – Dezember 2013
Labor im Porträt:
Atmosphärenphysik, Bergische Universität Wuppertal
Pfadfinder der Lüfte
Die Atmosphäre ist die wunderbare, überaus komplexe, immer noch nicht vollständig verstandene Lufthülle
unseres Planeten. Eine der Fragen, mit denen sich die Atmosphärenforschung derzeit intensiv beschäftigt, gilt
dem Stofftransport, etwa von flüchtigen organischen Verbindungen (VOC). Wie und in welcher Zeit verteilen sich
Spurenstoffe wie die VOC in der Atmosphäre? Es bedarf der Kenntnis der chemischen aber auch der physikalischen
Prozesse wie den Transportmechanismen und -wegen, um die Atmosphäre hinreichend zu verstehen und Modelle
entwerfen zu können, die helfen, die Verteilung von Schadstoffen nachzuvollziehen oder das Klima vorherzusagen.
Hier setzt die Arbeitsgruppe Atmosphärenphysik der Bergischen Universität Wuppertal unter Leitung von Professor
Ralf Koppmann Maßstäbe.
Text: Guido Deußing; Fotos: Guido Deußing, GERSTEL, Bergische Universität Wuppertal; Grafik: Guido Deußing
Wenn in China der
sprichwörtliche
Sack Reis umfällt,
mag das für uns ohne
Bedeutung sein. Wenn
aber irgendwo auf der
Welt Radioaktivität entweicht
oder ein Vulkan
ausbricht und Asche in
die Atmosphäre spuckt,
sind wir unweigerlich
betroffen. Jüngste Beispiele
dafür sind die
Nuklearkatastrophe
im japanischen Kernkraftwerk
Fukushima
im Jahr 2011 oder der
Ausbruch des Eyjafjallajökull
auf Island im Jahr 2010. Dessen Vulkanaschewolke,
genährt aus einer scheinbar endlosen
Eruption, verteilte sich über die nördliche Hemisphäre
und brachte den Luftverkehr in Nord- und
Kennen und schätzen einander seit vielen Jahren: Professor Ralf Koppmann (r.)
und GERSTEL-Entwicklungsleiter Dirk Bremer.
Mitteleuropa zum Erliegen. Tausende Menschen
saßen an Flughäfen und Urlaubsorten fest, Güter
wurden nicht ausgeflogen, Airlines und Unternehmen,
die mittel- oder unmittelbar mit dem Flugverkehr
zu tun haben,
mussten finanzielle
Einbußen hinnehmen.
„Um die Auswirkungen
und Folgen
eines Vulkanausbruchs
in der Dimension
eines Eyjafjallajökull
einschätzen und
angemessen reagieren
zu können, muss man
wissen, wie und in welcher
Zeit sich Vulkanasche
oder andere
luftgetragene Partikel
und Schadstoffe in der
Atmosphäre verteilen“,
erklärt Professor Ralf
Koppmann, Leiter der Arbeitsgruppe Atmosphärenphysik
an der Bergischen Universität in Wuppertal.
Es genüge nicht, nur die chemischen Abläufe
der Atmosphäre zu untersuchen, „es müssen auch
GERSTEL Aktuell – Dezember 2013 7
Heterosphäre
Homosphäre
Ionosphäre
km
1000
800
600
400
200
100
80
60
40
20
10
8
6
4
2
1
0
Hochgebirge
Ozonschicht
GEOPHYSICA**
HALO***
km
1000
800
600
400
200
100
80
60
40
* ISS: Internationale Raumstation, ** GEOPHYSICA: Russisches Höhenforschungsflugzeug,
*** HALO: High Altitude and LOng Range Research Aircraft, PEGASOS: Pan-European Gas-AeroSOls-climate interaction Study
ISS*
20
10
8
6
4
2
1
0
Exosphäre
Thermopause
Thermosphäre
Mesopause
Mesosphäre
Stratopause
Stratosphäre
Tropopause
Troposphäre
Meeresspiegel
Copyright: GDeußing, Neuss (www.pressetextkom.de) Infografik: PauraDesign, Hagen (www.paura.de)
Mit freundlicher Unterstützung von Professor Ralf Koppmann, Bergische Universität Wuppertal.
Als Erdatmosphäre bezeichnet man die
Gashülle unseres Planeten. Die Bezeichnung
„Sphäre“ ist griechischen Ursprungs
und lässt sich mit „Hülle“ oder „Ball“
übersetzen. Die Erdatmosphäre setzt
sich aus mehreren Sphären zusammen,
die sich unter anderem in Dichte, Druck
und Temperatur grundlegend voneinander
unterscheiden. In der bodennahen
Troposphäre, die rund drei Viertel der
Luftmasse und fast den gesamten Wasserdampf
enthält, laufen alle wetterrelevanten
Phänomene wie Wind und Wolkenbildung
ab. Die Temperatur sinkt mit
steigender Höhe; sie liegt an der höchsten
Stelle der Troposphäre bei minus 60 °C.
Der Übergang von der Troposphäre in die
Stratosphäre wird als Tropopause bezeichnet.
Für Atmosphärenphysiker ist dieser
Bereich von großem Interesse, da noch
nicht vollständig aufgeklärt ist, wie der
Übergang von biogenen oder anthropogenen
Emissionen von der Troposphäre
in die darüberliegenden Schichten erfolgt.
Besonderes Merkmal der Stratosphäre ist
der deutliche Anstieg der Ozonkonzentration,
deren Maximum in einer Höhe von
etwa 30 Kilometern erreicht ist. Da Ozon
für uns schädliches kurzwelliges Sonnenlicht
absorbiert, ist die Temperaturverteilung
der Stratosphäre nicht homogen. In
unteren Bereich gleicht sie in etwa jener
der Troposphäre, im oberen Bereich aber
steigt sie aufgrund der Aufnahme von
Sonnenenergie auf etwa 0 °C an.
die komplexen dynamischen Vorgänge verstanden,
Stofftransportwege erkundet und aufgeklärt werden,
um die Atmosphäre so vollständig wie möglich
zu beschreiben“, betont der Wissenschaftler. Gerade
weil die Atmosphäre für den Menschen existenziell
ist, sei es von grundlegender Bedeutung, die in ihr
ablaufenden Prozesse in ihrer Gesamtheit und damit
auch die komplexen Wechselwirkungen zwischen
der Erdoberfläche, der Biosphäre, den Ozeanen
und der Atmosphäre möglichst genau zu verstehen.
Keine Tat bleibt ohne Folgen
Die Atmosphäre umhüllt unseren Planeten wie ein
zarter Hauch, im Vergleich zur Erde ist sie nur von
sehr geringer Größe. Bei der Atmosphäre handelt es
sich nicht um eine homogene Phase, bestehend aus
Sauerstoff, Stickstoff, Kohlendioxid sowie in Spuren
vorkommenden Gasen. Die Erdatmosphäre besteht
aus mehreren angrenzenden Schichten, wobei die
bodennahe luftreichste Troposphäre (bis 15 km
Höhe) und die darauf folgende Stratosphäre (bis 50
km), in der sich die schützende Ozonschicht befindet,
sowie die zwischen Troposphäre und Stratosphäre
liegende Grenzschicht derzeit besonders im
Fokus von Professor Koppmann liegen. „Alles, was
wir Menschen in Bodennähe emittieren“, betont der
Wissenschaftler, „landet in der Troposphäre und
vieles davon früher oder später auch in der Stratosphäre.“
Die mangelnde Kenntnis von den Zusammenhängen
und Prozessen in der Atmosphäre kann
gravierende Folgen für Mensch und Umwelt haben,
wie das Ozonloch verdeutlicht: „Wir haben über Jahrzehnte
im großen Stil Fluorchlorkohlenwasserstoffe
(FCKW) als Treibmittel eingesetzt und in die Atmosphäre
geblasen. Den Schaden, den wir dabei in der
Stratosphäre angerichtet haben, werden wir wohl
auch dann noch feststellen, wenn der letztmalige
FCKW-Einsatz schon Jahrzehnte zurückliegt“, meint
Professor Koppmann mit Blick auf das „Langzeitgedächtnis“
der Erdatmosphäre, ohne außer Acht zu
lassen, dass Mutter Natur auch über starke Selbstheilungskräfte
verfügt.
Ralf Koppmanns Arbeitsgebiet ist die Atmosphärenphysik.
Allerdings bedient er sich der instrumentellen
chemischen Analytik, etwa um dem
Stofftransport in der Atmosphäre auf die Spur zu
kommen. Der Physiker und sein zwanzigköpfiges
Team nutzen dazu die Gaschromatographie
in Verbindung mit der massenselektiven Detektion
nach vorangegangener „megamäßiger“ Ther-
Blick ins Labor der Wuppertaler Atmosphärenforscher:
Das GERSTEL-TDS-G-Large nimmt eine zentrale
Position ein.
8 GERSTEL Aktuell – Dezember 2013
„Stabile Isotopenverhältnisse stellen eine Art
Fingerabdruck für Prozesse dar, welche die
Konzentration und die Verteilung eines
Spurengases beeinflussen. “ Prof. Ralf Koppmann
modesorption mit einem von GERSTEL entwickelten
und gebauten ThermalDesorptionSystem der
Marke „TDS-G-Large“. Damit werden flüchtige organische
Verbindungen (VOC), die Tracer für atmosphärische
Prozesse sind, aus Luftproben extrahiert
[1]. Im Fokus steht insbesondere die Isotopenzusammensetzung
dieser Verbindungen, die eine Art
„Fingerabdruck“ in der Atmosphäre ablaufender
Prozesse darstellt.
Isotope – ähnlich, aber
nicht gleich
www.gerstel.de
Spurengase wie die flüchtigen organischen Verbindungen
spielen eine wichtige Rolle in der Erdatmosphäre.
Chemische und dynamische Prozesse lassen
sich oft nur indirekt messen, indem man die Konzentration
und die Verteilung von Spurengasen sowie
deren zeitliche und räumliche Änderungen misst. Oft
ist es unmöglich, chemische Vorgänge wie photochemische
Abbaureaktionen von dynamischen Vorgängen,
der Änderung von Luftmassen durch Änderung
der Windrichtung etwa, zu unterscheiden.
Spurengase enthalten
jedoch stabile Isotope:
unterschiedliche
Atome ein und desselben
chemischen Elements. Isotope besitzen die gleiche
Anzahl an Protonen im Kern, unterscheiden sich
allerdings in der Zahl der vorhandenen Neutronen.
Die Summe der Protonen und Neutronen, die Massenzahl,
unterscheidet
sich bei den verschiedenen
Isotopen
eines Elements. Bei
Kohlenstoff beispielsweise
kennen wir
die natürlichen Isotope
mit der Massenzahl
12 ( 12 C; natürlicher
Prozentanteil
98,89 %), Massenzahl
13 ( 13 C; natürlicher
Prozentanteil
1,11 %) und Massenzahl
14 ( 14 C). In diesem
Fall sind die Isotopen
12 C und 13 C stabil
und nicht radioaktiv,
während 14 C radioaktiv
und instabil ist.
Obschon ausgestattet
mit vergleichbaren
chemischen
Eigenschaften,
unterscheiden sich die
Isotope eines Elements
etwa in der Geschwindigkeit,
mit der sie chemisch
reagieren. Verbindungen,
die nur die leichteren
12 C-Isotope enthalten,
werden eher umgesetzt
als Verbindungen,
in denen ein schweres
13C-Isotop vorkommt.
„Je länger sich die jeweilige
Verbindung in der
Atmosphäre befindet“,
fügt Professor Koppmann
der Erklärung an, „desto
mehr verschiebt sich
das Verhältnis zugunsten
des schweren Isotops.“
Da man weiß, dass sich
Isotopenverhältnisse, je
nach Ursprung, unterscheiden,
lassen sich die
„Fundstücke“ ihren Quellen
zuordnen – unter Berücksichtigung und Hinzuziehung
meteorologischer Daten wie Windgeschwindigkeit
und Windrichtung, erklärt der Wissenschaftler.
Das Verhältnis von schweren zu leichten Isotopen
hängt also von der Quelle der Spurengase ab;
es ändert sich im Verlauf chemischer Reaktionen
Wenn es um die Extraktion organischer Spurengase aus
großen Luftvolumina geht, setzt das GERSTEL-TDS-G-Large
international Maßstäbe – ein wertvolles Werkzeug zur
Untersuchung chemischer und physikalischer Prozesse
in der Atmosphäre.
Das Probennahme-Rack für die Verwendung an Bord eines Zeppelins
oder Flugzeugs haben die Wissenschaftler um Professor Ralf Koppmann
in Eigenregie entworfen und gebaut – unter Berücksichtigung
aller für den Flugverkehr geltenden Bestimmungen.
und damit mit der „Aufenthaltszeit“ der Moleküle
in der Atmosphäre, allerdings auch im Verlauf dynamischer
Prozesse, z.B. der Mischung von Luftmassen.
Stabile Isotopenverhältnisse stellen somit eine
Art Fingerabdruck für die Prozesse dar, welche die
Konzentration und die Verteilung eines Spurengases
beeinflussen.
GERSTEL Aktuell – Dezember 2013 9
Professor Ralf Koppmann untersucht Luftproben, die vom Zeppelin oder Flugzeug
aus, in einigen hundert Metern Höhe gesammelt wurden. Deren Analyse erfolgt
später im Labor an der Universität Wuppertal mittels TDS-G-Large-GC/IRMS.
Technische Herausforderung
meistern
Um die Isotopenzusammensetzung extrem niedrig
konzentrierter Spurengase messen zu können,
müssen sie aus großvolumigen Luftproben extrahiert
werden. Dazu bedarf es einer ausgefeilten Probenvorbereitung.
Noch zu seiner Zeit am Forschungszentrum
Jülich trat Ralf Koppmann mit der Frage an
GERSTEL heran, ob es möglich sei, flüchtige organische
Verbindungen aus einer großen Menge Luft
auf effiziente Weise, sprich: in akzeptabler Zeit,
zu extrahieren und mittels GC/MS zu analysieren.
Grundsätzlich könne er ihm die Online-Version des
Atmosphärenphysik
Die Arbeitsgruppe Atmosphärenphysik der
Bergischen Universität Wuppertal befasst
sich mit der Dynamik der Atmosphäre auf
verschiedenen Skalen: von der planetaren
Grenzschicht bis zur freien Troposphäre, der
Kopplung zwischen unterer, mittlerer und oberer
Atmosphäre sowie den Auswirkungen von
Umweltveränderungen auf die Atmosphäre.
Im Rahmen ihrer Forschungs- und Entwicklungsprojekte
beschäftigt sich die Arbeitsgruppe
mit folgenden Themen:
• Entwicklung und Einsatz massenspektrometrischer
Verfahren zur Untersuchung
von Chemie und Dynamik der
Atmosphäre
• Messung der Verhältnisse stabiler
Isotope in Spurenstoffen
• Flugzeug- und zeppelingestützte
Messungen von Spurengasen zur
Untersuchung dynamischer Prozesse
• Bodengestützte Fernerkundungsverfahren
zur Untersuchung von Langzeittrends
und Dynamik der Mesosphäre
und Thermosphäre
• Klima und Wetter im Sonne-Erde-System
aus Boden- und Satellitenmessungen
GERSTEL-ThermalDesorptionSystems
(TDS-G) empfehlen,
ein Gerät, das wie
gemacht sei für die lösemittelfreie
thermische Extraktion
von VOC aus gasförmigen
Matrices, habe er
damals Ralf Koppmann
sinngemäß gesagt, erinnert
sich Dirk Bremer, Entwicklungsleiter
bei GERS-
TEL. Allerdings habe die
Frage des Professors auf
eine große Flussrate abgezielt:
TDS und TDS-G seien
für einen Volumenstrom
von etwa 100 Millilitern
pro Minute ausgelegt; was
Ralf Koppmann suchte, lag
im Bereich von mehreren
Litern in derselben Zeiteinheit.
Diese Herausforderung spornte die GERSTEL-
Entwicklungsabteilung an, eine passgenaue Lösung
zu erarbeiten. Bernd Rose, Leiter und kreativer Kopf
der mechanischen Entwicklung, orientiert sich bei
der Umsetzung an den Vorgaben des Auftraggebers.
„Die flüchtigen organischen Zielanalyten sollten aus
bis zu 100 Litern Luft extrahiert und auf einem geeigneten
Adsorbens angereichert werden. Gleichzeitig
sollten störendes Wasser und Kohlendioxid eliminiert
und die VOC angereichert werden, gegebenenfalls in
zwei Stufen“, bilanziert Bernd Rose. Das erforderte
die Installation von wenigstens vier Kühl- beziehungsweise
Heizfallen. Hinzu kam, dass die thermische
Extraktion und Desorption so wenig Zeit wie möglich
erfordern und idealerweise die nächste Probe
thermisch extrahiert werden sollte, während die vorangegangene
bereits in den GC injiziert wurde. Eine
Aufgabe der GERSTEL-Entwickler war es folglich,
eine Pneumatik zu entwickeln, die schnelle Kühlund
Heizraten zuließ. Das Ergebnis, nach Abschluss
intensiver Entwicklungsarbeit, konnte sich sehen lassen:
ein Online-TDS-G im Übergrößenformat, das es
in sich hatte und seine Aufgabe mit Bravour erfüllte,
wie der Einsatz in der wissenschaftlichen Praxis der
Atmosphärenphysik belegte. Inzwischen sind allein
in Wuppertal und Jülich drei GERSTEL-TDS-G-Large
im Einsatz. Damit werden VOC aus großvolumigen
Luftproben aufbereitet, die anschließend mit Gaschromatograph-Isotopenverhältnis-Massenspektrometern
(GC-IRMS) auf ihre Isotopenzusammensetzung
untersucht werden [2]. Zum Einsatz kommen
die Geräte etwa zur Untersuchung des Verbleibs
von Autoabgasen, wie Professor Koppmann berichtet:
Bei einer ihrer Messkampagnen mit einem Zeppelin
konzentrierten sich die Wuppertaler Wissenschaftler
auf das Toluol (C 7 H 8 ), das bei der Verbrennung
von Treibstoff entsteht und mit den Autoabgasen
in die Umwelt gelangt. Um Aufenthaltsdauer
und Wege in der Atmosphäre zu bestimmen, betrachten
die Wissenschaftler das stabile Isotopenverhältnis
der jeweiligen Verbindung, das sie, bleiben wir
beim Toluol, im Fall von Autoabgasen genau kennen,
schildert Ralf Koppmann. Untersucht wurden
pro Kampagne rund 40 Luftproben mit jeweils etwa
25 Litern Luft, die von einem Zeppelin aus zwischen
Erdboden und etwa 600 Meter Höhe in Flugrichtung
an einem Mast an der Gondel gezogen und in speziellen
Kanistern gesammelt wurden [3].
Zahlreiche weitere Messkampagnen schlossen
sich an, darunter eine in Spanien und zwei Missionen
mit dem neuen Forschungsflugzeug HALO (High Altitude
LOng Range Research Aircraft, siehe dazu auch
Seite 11). Weitere Kampagnen seien geplant mit dem
Ziel, den Einfluss anthropogener und biogener VOC
auf die globale Luftqualität und das Klima zu untersuchen.
Schwerpunkt in den kommenden Jahren werden
der asiatische Monsun und die Biomasseverbrennung
in Afrika sein, berichtet Professor Koppmann.
Ein wichtiger Aspekt dabei sei, eine Antwort auf die
Frage zu finden, wie VOC aus der Troposphäre durch
die Grenzschicht in die obere Troposphäre und die
untere Stratosphäre vordringen: „Wir wissen immer
noch nicht alles, aber es zeichnet sich ab“, schildert
der Wissenschaftler, „dass Emissionen in der Troposphäre
in bestimmten Situationen schnell in klimarelevante
Bereiche der Atmosphäre transportiert werden.“
Die Lufthülle der Erde mag zwar einen begrenzten,
überschaubaren Bereich darstellen, die Atmosphärenforschung
aber sei alles andere als das: „Es
gibt für uns noch viel zu erkunden, Neues und Interessantes
zu entdecken“, prognostiziert Ralf Koppmann.
Kontakt
Bergische Universität Wuppertal
Fachbereich Mathematik und
Naturwissenschaften
Fachgruppe Physik / Arbeitsgruppe
Atmosphärenphysik
Gaußstraße 20
D-42119 Wuppertal
Deutschland
Telefon +49-202-439-2605
Telefax +49-202-439-2680
E-Mail: koppmann@uni-wuppertal.de
Web: www.atmos.physik.uni-wuppertal.de
Literatur
[1] J. Williams, R. Koppmann: Volatile Organic
Compounds in the Atmosphere: An Overview.
in Volatile Organic Compounds in the Atmosphere,
R. Koppmann (ed.), pp. 1-32, Blackwell
Publishing Ltd., Oxford, 2007
[2] R. Iannone, R. Koppmann, J. Rudolph: A Technique
for Atmospheric Measurements of Stable
Carbon Isotope Ratios of Isoprene, Methacrolein,
and Methyl Vinyl Ketone, J. Atmos.
Chem., 58:181-202, doi:10.1007/s10874-
007-9087-5, 2007
[3] J. Wintel, E. Hösen, R. Koppmann, M. Krebsbach:
Stable carbon isotope ratios of toluene
in the boundary layer and the lower free
troposphere, Atmos. Chem. Phys. 13:11059-
11071, 2013
10 GERSTEL Aktuell – Dezember 2013
Atmosphärenchemie
In-situ-Analytik
zwischen Himmel und Erde
Im Rahmen des von der EU geförderten PEGASOS-Projekts untersuchten Wissenschaftler des Forschungszentrums
Jülich den oxidativen Abbau flüchtiger organischer Verbindungen (VOC) in der Atmosphäre. Ein Zeppelin beförderte ihr
Labor in luftiger Höhe über Europa. Zentrales Instrument an Bord: ein speziell für die Erfordernisse der Onlinemessung
auf Flugzeugen konzipiertes HALO-GC/MS-System.
Text: Guido Deußing; Abbildungen/Fotos: Forschungszentrum Jülich
In Europa stimmt die Chemie, zumindest in puncto
Atmosphärenforschung. Einen Beleg für diese
These liefert das im vergangenen Jahr gestartete und
kürzlich zum Abschluss gebrachte EU-Projekt PEGA-
SOS, an dem sich 26 Partner aus 14 europäischen
Mitgliedsstaaten beteiligten. Das Akronym PEGA-
SOS erinnert an das in der griechischen Mythologie
beheimatete geflügelte Pferd, leitet sich aber von
der Bezeichnung „Pan-European Gas-AeroSOls-climate
interaction Study“ [1,2] ab. Der Fokus des
unter Beteiligung von Wissenschaftlern unter anderem
aus Deutschland, Griechenland, Finnland, Estland,
der Schweiz und den USA durchgeführten Projektes
lag folglich auf den in der Atmosphäre vorliegenden
Spurengasen und Aerosolen sowie deren Einfluss
auf das Klima.
Fliegende Pferde spielen, wie das Akronym
PEGASOS vermuten lässt, für die Studie jedoch
keine Rolle, wohl aber ein Luftschiff, ein Zeppelin
NT (Neuer Technologie), wie er schon seit einigen
Jahren zu Forschungszwecken eingesetzt wird.
Aus gutem Grund: Luftschiffe erreichen eine Flughöhe
von 1000 Metern, lassen sich aber selbst noch
in 100 Meter Höhe fliegen, einer Flughöhe, die für
Atmosphärenforscher besonders interessant ist. Mit
einem Zeppelin NT kann 1 Tonne
technischen Geräts transportiert
werden, um komplexe Messungen
in der bodennahen Troposphäre in
situ durchzuführen.
Ein weiterer Vorteil liegt in
der Geschwindigkeit, die sich bei
Luftschiffen so gering halten lässt,
dass hinreichend lange aus gleicher
Umgebung online Luftproben
genommen werden können. „Das ist
mit einem Flugzeug nicht möglich, da
es aufgrund seiner sehr viel größeren
Geschwindigkeit in kürzerer Zeit eine
längere Strecke zurücklegt“, erklärt
Julia Jäger vom Forschungszentrum
Jülich. Jäger, Teil des Wissenschaftlerteams,
das die PEGASOS-Zeppelinmissionen
begleitet hat, führte
im Auftrag des Forschungszentrums Jülich mehrere
Messkampagnen an Bord des Zeppelins durch, um
insbesondere Aufschluss über den Abbau luftgetragener
Spurenstoffe und deren Verbleib in der Atmosphäre
zu erlangen.
Klimaforschung braucht Fakten
und Modelle
Im Blickpunkt von Julia Jäger lagen flüchtige organische
Kohlenwasserstoffverbindungen (VOC), wie sie
aus natürlichen (biogenen) Quellen emittiert, aber
auch und vor allem durch menschliche Aktivitäten
(anthropogen) erzeugt und in die Umwelt abgegeben
werden. Zu den biogenen VOC zählen als mengenmäßig
wichtigste Vertreter Isopren und Monoterpene,
die von Pflanzen emittiert werden. Zu den anthropogenen
VOC, die sich in der Atmosphäre wiederfinden
lassen, gehören als größte Gruppe die gesättigten
Kohlenwasserstoffverbindungen (Alkane) wie Ethan,
Propan usw. sowie Alkene und Aromaten; wichtige
Quellen dieser Emissionen sind Verbrennungs- und
industrielle Produktionsprozesse. Mit dem Wind werden
die VOC abtransportiert und in der Atmosphäre
weit verbreitet. Allerdings verbleiben VOC nicht in der
Forschungszeppelin mit Topplattform zur Messung von OH-Radikalen und
Instrumentengondel.
Atmosphäre. Sie hat Wege gefunden, sich des Ballasts
zu entledigen: Größere Staubpartikel etwa sinken
unter Einfluss der Schwerkraft gen Erdboden,
wo sie sich absetzen. Niederschläge tragen gelöste
oder an Partikeln haftende Substanzen aus der Atmosphäre
heraus.
Damit sich VOC effizient aus der Atmosphäre entfernen
lassen, müssen sie durch Oxidation in polare
Verbindungen umgewandelt werden. Das wichtigste
Oxidationsmittel der Atmosphäre ist das Hydroxylradikal
(OH-Radikal), das auch als das „Waschmittel
der Atmosphäre“ bezeichnet wird. Leider entstehen
bei dem oxidativen Abbau von VOC andere Verbindungen,
etwa Ozon, das zwar in der Stratosphäre
wertvolle Dienste leistet, in der Troposphäre jedoch
als Schadstoff einzustufen ist.
Aufgabe der Doktorandin Julia Jäger war es, sich
mithilfe eines im Zeppelin untergebrachten speziellen
GC/MS-Systems in einer Höhe von 100 bis 1000
Metern auf die Spur der emittierten VOC zu begeben
und Aufschluss über die Effizienz des atmosphärischen
Reinigungsprozesses zu gewinnen. Ferner ging
es darum, Messdaten zu sammeln, die helfen können,
die Schadstoffbelastung der Luft zu beziffern, Ursachen
und Quellen zu identifizieren sowie aktuelle
Transport-Modelle auf Tauglichkeit
hin zu überprüfen und für künftige
Prognosen zu präzisieren.
Effiziente Onlinemessungen
von VOC
in der Troposphäre
Die Bestimmung flüchtiger organischer
Verbindungen in gasförmigen
Proben ist grundsätzlich kein
Hexenwerk. Hierfür bedarf es,
salopp gesagt, nur eines handelsüblichen
Gaschromatographen,
eines den Anforderungen entsprechenden
leistungsfähigen Detektors
sowie hinreichend Platz, um
die Gerätschaft einschließlich Kühlung
und Gasversorgung aufzustel-
GERSTEL Aktuell – Dezember 2013 11
Ein Zeppelin NT kann rund eine Tonne technischen Geräts transportieren und erlaubt
umfangreiche Onlinemessungen in für Atmosphärenforscher interessanten Lufthöhen.
len. In einem Labor ist all dies in der Regel ohne Probleme
möglich. An Bord eines mit technischem Equipment
ausgestatteten Flugzeugs oder Zeppelins jedoch
herrscht stets ein gewisser Platzmangel. An das Aufstellen
eines herkömmlichen GC/MS-Systems ist hier
gar nicht zu denken. Um von einem Luftschiff oder
Flugzeug aus online die Außenluft zu untersuchen,
braucht man eine spezielle Anfertigung, die kleiner
in den Ausmaßen und gleichzeitig kompakter und
leichter ist, ohne jedoch Wünsche in puncto Leistungsfähigkeit
offen zu lassen. Im Gegenteil, bringt
es Dirk Bremer, Leiter der Entwicklung bei GERS-
TEL, auf den Punkt. Zudem sind die Anforderungen
bezüglich der Flugsicherheit zu erfüllen, so sei etwa
B
A
D
E
der Nachweis zu erbringen, dass sich auch bei einem
Notfall keine Teile vom Instrument lösen.
Als Kooperationspartner des Forschungszentrums
Jülich hatte Dr. Robert Wegener im Jahr 2005
GERSTEL den Auftrag erteilt, ein GC/MS-System zu
entwickeln und zu bauen, das sich im Forschungsflugzeug
HALO (High Altitude LOng Range) des Deutschen
Zentrums für Luft- und Raumfahrt montieren
und während des Flugs betreiben lässt. Das Pflichtenheft
setzte den Entwicklern, allen voran Bernd Rose,
dem Leiter der mechanischen Entwicklung und des
Prototypings bei GERSTEL, enge Grenzen:
Für den Einbau des Systems an Bord galten die Maße
der üblicherweise verwendeten Instrumentenracks
C
Blick in den GC/MS-
Einschub. Geordnetes
Durcheinander mit
GC-Modulen (A), Massenspektrometer
(B),
Adsorptionsfallen (C),
Kühlschläuchen (D) und
Vorpumpe (E).
(ca. 1,2 m x 0,6 m x 0,8 m). Gleichzeitig durfte das
komplette System ohne Instrumentenrack nicht mehr
wiegen als 116 kg. Zum Vergleich: Ein konventionelles
GC/MS-System wiegt wenigstens rund 130 kg –
ohne Kühlfallen, Steuerung, Autosampler, Gasversorgung,
Instrumentenrack und Befestigungsmaterial.
Gemäß der Leistungsbeschreibung des Forschungszentrums
Jülich sollten in größerer Höhe alternierend
Luftproben für die Dauer von drei Minuten
Länge genommen und die Analyten im Gegenstrom
desorbiert werden; während eine Probe schließlich
analysiert werden würde, sollte bereits die nächste
Probe in der Mache sein. Wasser musste aus der Matrix
entfernt werden, um die Säule nicht zu überfrachten,
was einen weiteren Anreicherungs- sowie einen
Thermodesorptionsschritt umfasst. Um schließlich
noch eine große Bandbreite an unterschiedlich polaren
Verbindungen bestimmen und gleichzeitig kurze
Zykluszeiten zu gewährleisten, sollten unterschiedliche
Trennsäulen möglichst rasch auf Temperatur
gebracht und wieder abgekühlt werden; eine Aufgabe,
die GERSTEL unter Einsatz zweier gesonderter
„Low-Thermal-Mass“-Module erreichte. Letztlich
ging es dann noch darum, die Analyten eindeutig zu
identifizieren, weshalb es zum Einsatz eines massen-
Flugzeug-Version
Zeppelin-Version
Elektronik
GC/MS
Kühleinheit
Das GC/MS-Rack, bestehend aus Elektronikeinheit (rot), GC/MS (grün) und Kühleinheit
(blau). Rechner und Gasflaschen wurden auf dem Rack angebracht. Aus
Sicherheitsgründen sind die Seiten mit Aluminiumplatten abgedeckt.
12 GERSTEL Aktuell – Dezember 2013
selektiven Detektors
kam, der ebenfalls
im Instrumentenrack
www.gerstel.de
integriert wurde.
Eine besondere Herausforderung stellte das
Kühlsystem dar, berichtet Entwicklungsleiter Dirk
Bremer. Flüssiger Stickstoff, wie er herkömmlicherweise
in der GC/MS-Analytik verwendet wird, um
flüchtige organische Verbindungen in einer Probenfalle
auszufrieren, birgt in einem Flugzeug ein
Gefährdungspotenzial, da er bei einem Druckverlust
plötzlich verdampfen kann. Bernd Rose kam daraufhin
auf die Idee, eine Verdampferkühlung zu installieren,
wie sie in Kühlschränken verwendet wird.
„Damit konnten wir wie gefordert die Analyten bei
-20 °C in der Kühlfalle ausfrieren und anreichern“,
erinnert sich der Entwickler.
Erfolgreicher Höhenflug des
HALO-GC/MS im Zeppelin
Bisher kam nicht das HALO-Flugzeug zum Einsatz,
sondern ein Zeppelin NT. Das GC/MS-System wurde
für diesen Einsatz im Forschungszentrum Jülich
modifiziert und an die analytischen Erfordernisse
angepasst. Um so viel Gewicht wie möglich zu sparen,
wurden Halterungen und Verkleidungen herkömmlicher
GC/MS-Systeme durch leichtere Aluminiumträger
ersetzt.
Die Probennahme erfolgte durch eine Teflonleitung,
die am Bug der Zeppelingondel angebracht war.
Zunächst erfolgte eine Anreicherung der Analyten auf
einem geeigneten Adsorbens in einem Glasliner, von
dem die Analyten anschließend temperaturprogrammiert
im Gegenstrom auf die GC-Säule (DB624, 20
Die gesamten Toluoldaten für die Kampagne 2012 mit den Haupteinsatzgebieten in den Niederlanden
und Italien. Bei den Überflügen sind Regionen mit sehr reiner Luft wie die Ostalpen (blau) und
die Adriaküste, aber auch Regionen mit höherer Schadstoffbelastung (rot) wie die Regionen um Frankfurt
am Main, Rotterdam und Bologna gut zu erkennen.
m x 0,18 mm x 1,9 µm, Agilent) gespült und dort
aufgetrennt wurden. Die Detektion der Analyten im
MSD erfolgte nach Elektronenstoßionisierung (EI)
im Modus Selected-Ion-Monitoring (SIM), um die
Detektionsgrenze zu senken. Durch die schnellen
Heizraten von Säulen und Adsorptionsfallen konnten
die meisten atmosphärisch relevanten Substanzen in
drei Minuten getrennt werden. In weiteren drei Minuten
wurde das GC-Modul wieder auf die Starttemperatur
gekühlt. Durch eine zweite Anreicherungseinheit,
die zeitlich versetzt arbeitet, gelingt es, alle drei
Minuten eine Probe zu sammeln und zu analysieren.
Messdaten aus ganz Europa
Trotz teilweise widriger Bedingungen wie sehr sommerlichen
Temperaturen in Italien in einer nicht klimatisierten
Zeppelingondel bewies das GC/MS-System
im Zuge der drei PEGASOS-Messkampagnen
seine volle Funktionstüchtigkeit. Alle angestrebten
analytischen Ziele wurden erreicht, wie Julia Jäger
feststellte, die derzeit mit der Auswertung und Analyse
der aufgezeichneten Messdaten beschäftigt ist.
Die Messkampagnen führten die Wissenschaftlerin
von Friedrichshafen in Deutschland zur Po-Ebene
in Italien, nach Rotterdam in den Niederlanden und
kürzlich erst bis nach Finnland. Allein während der
Messkampagne im Jahr 2012 wurden mehr als 3000
GC/MS-Messungen durchgeführt, die gleiche Menge
an Daten wurde während der Messkampagne 2013
gesammelt. „Die Luft über Europa ist abgesehen
von wenigen Gebieten recht sauber“, berichten die
Jülicher Forscher. Und weiter: „Die Verteilung der
gemessenen VOCs wird aber nicht nur von ihren
Quellen, sondern auch von der Wettersituation, die
für eine Durchmischung der Luftschichten sorgt,
und der Verteilung anderer Verbindungen, etwa den
OH-Radikalen, bestimmt, mit denen VOC reagieren.
Entsprechend kompliziert ist die Interpretation der
Daten. Dabei ist wichtig, dass viele weitere Spurengase
und Radikale wie das OH-Radikal vom Zeppelin
aus gemessen wurden. Darüber hinaus lieferten
Messdaten der Bodenstationen in Finnland, Italien
und den Niederlanden Informationen über Prozesse
in Bodennähe. Erst die Kombination der Daten und
der Vergleich mit Modellen ergibt ein umfassendes
Bild und ermöglicht die vollständige Interpretation
dieses einzigartigen Datensatzes.“
Quellen- und Querverweise
Ionenchromatogramm einer Probe, genommen während eines Messflugs in Italien über den rund
1500 km langen Gebirgszug des Apennin. Die Luftmasse enthielt Substanzen, die direkt in die
Atmosphäre emittiert werden, etwa Benzol, Toluol und Isopren, aber auch Abbauprodukte wie
Methacrolein und Methylvinylketon.
[1] pegasos.iceht.forth.gr/
[2] eu-pegasos.blogspot.de/
Die Entwicklung des GC/MS-Systems wurde gefördert
von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
im Schwerpunktprogramm HALO (WE-4384/2-
2). Das PEGASOS-Projekt wird von der Europäischen
Kommission gemäß des 7. Rahmenprogramms
gefördert (FP7-ENV-2010-265148).
GERSTEL Aktuell – Dezember 2013 13
Pharmaanalytik
Miefige Tabletten –
nein danke!
Medikamente, die unangenehm riechen, mögen uneingeschränkt wirksam und verträglich sein, verunsichern aber
den Patienten, der einen schlechten Geruch mit minderwertiger Qualität gleichsetzt. Das Präparat landet vermutlich
im Müll, und dem Hersteller haftet im Zweifel ein schlechtes Image an. Dieses Szenario ist für beide Seiten, Hersteller
wie Verbraucher, alles andere als wünschenswert. Um Fehlgerüchen in Pharmazeutika und Pharmaverpackungen
nachzuspüren, haben US-amerikanische Wissenschaftler ein hochsensitives GC-MS/MS-Verfahren mit vorangehender
Stir Bar Sorptive Extraction (SBSE) entwickelt und validiert.
In puncto Qualitätskontrolle ist Mutter Naturs evolutionäres
Konzept kaum zu toppen. Alles, was
wir oral zu uns nehmen, tangiert unweigerlich,
anatomisch gar nicht anders möglich, unsere
Nase und wird, im Zuge der Einführung
in den Mund beziehungsweise im Mund
selbst über den Gaumen, einer sensorischen
Sondierung unterzogen. Die
Konsequenzen dieser Geruchsvermessung
sind unmittelbar spürbar: Von
allem, was gut riecht, bekommen wir
die Nase nicht voll genug; ein fieser
Geruch hingegen löst einen neuronalen
Alarm aus: Wir rümpfen
die Nase, ekeln uns, lehnen das
Gereichte ab.
Blickt man auf das große
Ganze, stellt sich heraus: Die
olfaktorische Nasenbewertung
spielt für
uns eine wichtige
Rolle. Wie Evolutionsbiologen
herausfanden,
führte
vor allem die
Erweiterung des
Riechzentrums zu
einem Ausbau des
gesamten Säugetiergehirns
[1].
Der Nasenfaktor
ist
entscheidend
Es scheint offenkundig
zu sein: Der Weg zum
Verbraucher führt über dessen
Nase. Produkte, die der oralen
Applikation dienen, sollten duften
beziehungsweise neutral riechen.
Das gilt für Nahrungs- und Genussmit-
tel ebenso wie für Medikamente.
Weil aber bereits
winzige Mengen olfaktorisch
relevanter
Verunreinigungen
unseren feinen
Geruchssinn
in Alarmbereitschaft
versetzen
können, bedarf
es einer sehr
sensitiven Analytik
wie der Gaschromatogra-
phie in Verbindung mit der Tandem-Massenspektroskopie
(GC-MS/MS), um eventuelle Fehlgerüche
(off odors) auch in den niedrigsten wahrnehmbaren
Konzentrationen (Stichwort: Geruchsschwellenwert)
sicher zu identifizieren – idealerweise bevor
eine Partie des kontaminierten Produkts in den Handel
gelangt, damit es nicht, wie die Praxis zeigt, zu
einer kostspieligen, imageschädigenden Rückrufaktion
kommt.
Vor zwei Jahren sah sich ein in den USA ansässiges,
international tätiges Pharmaunternehmen
gezwungen, Zehntausende von Fläschchen unterschiedlicher
Medikamente vom Markt zu nehmen,
weil sich Verbraucher über einen den Präparaten
anhaftenden modrigen Geruch beschwert hatten
[2], der Weinkennern ein alter Bekannter
ist und der als Korkschmecker
oder
Korker bezeichnet
wird. Ursächlich für
diesen Fehlgeruch
sind sogenannte Haloanisole
beziehungsweise
Halophenole. Zu
der Verbindungsklasse
zählen: 2,4,6-Trichloranisol
(TCA), 2,4,6-Tribromanisol
(TBA) und
2,3,4,6-Tetrachloranisol
(TeCA) beziehungsweise
2,4,6-Trichlorphenol
(TCP),
2,4,6-Tribromphenol
(TBP) und Pentachlorphenol
(PCP).
Der Geruchsschwellenwert,
also die
geringste Konzentration
eines gasförmigen, sensorisch
aktiven Stoffes, die
der Mensch gerade noch
wahrnehmen kann, liegt
Text: Guido Deußing; Abbildungen/Fotos: istockphoto, Gyorgy Vas
14 GERSTEL Aktuell – Dezember 2013
etwa – bleiben wir einmal beim Wein – für TCA bei 1,4-4 ng/L,
für TBA bei 3-8 ng/L und für TeCA bei 4-24 ng/L [3], für TCP und
PCA bei rund 4000 ng/L [3,4].
Korkschmecker und seine Ursachen
Kleine fachliche Exkursion gefällig? Ihren Eintrag in den Wein finden
Haloanisole und Halophenole klassischerweise über den Korken,
hergestellt aus der Rinde der Korkeiche. Wie bekannt ist, entstehen
die Korkschmecker durch eine mikrobiell induzierte Methylierung
von Trichlorphenol (TCP), das als Bestandteil von Pflanzenschutzmitteln
der Korkeichenrinde anhaftet. Seitdem man aber festgestellt
hat, dass auch der Inhalt von Weinflaschen, die mit einem Kunststoffkorken
verschlossen sind, vom Korkschmecker befallen sein
kann, weiß man, dass für den modrigen Fehlgeruch auch andere
Ursachen und Quellen in Frage kommen.
Bis Ende der 1980er-Jahre wurde das Fungizid Pentachlorphenol
(PCP) eingesetzt, etwa um Holzpaletten vor einer mikrobiellen
Zersetzung zu schützen. Als Verunreinigung enthielt PCP unter anderem
2,3,4,6-Tetrachlorphenol (TCP), eine Verbindung, die von Mikroorganismen
zu 2,3,4,6-Tetrachloranisol (2,3,4,6-TeCA) umgebaut
wird und die, wie oben beschrieben, im Wein Korkgeschmack
verursachen kann. PCP erwies sich im Tierversuch allerdings als kanzerogen;
sein Einsatz ist hierzulande seit 1989 verboten. Substituiert
wurde PCP durch das 2,4,6-Tribromphenol (TBP), eine Verbindung,
die fungizid und flammenhemmend wirkt, daher auch gern Kartonagen,
Kunststoffen und Anstrichfarben als Additiv zugesetzt wird.
Wie man nun weiß, verstoffwechseln Mikroorganismen TBP zu
2,4,6-Tribromanisol, einer Verbindung, die sensorisch ebenso mit
Attributen wie muffig, erdig, chemisch, nach Lösemitteln riechend
beschrieben wird. [3] Mit anderen Worten handelt es sich auch beim
TBP um einen Korkschmecker erster Güte. Eben diese Verbindung
brachte die in den USA zurückgerufenen Medikamente olfaktorisch
in Misskredit. Die Kontamination der Arzneimittel mit 2,4,6-TBA,
wurde damals spekuliert, entstammte vermutlich einem Holzimprägnierungsmittel,
das bei der Herstellung von Transportpaletten verwendet
wurde. Der Fehlgeruch gelangte im Zuge von Lagerung und
Transport über die Verpackung ins Medikament.
Wer sich der Ursachen zweifelsfrei gewahr ist, kann für Abhilfe
sorgen. Das dachten sich wohl die mit der Aufklärung der Geruchsbelastung
von Medikamenten befassten US-amerikanischen Wissenschaftler
und machten sich daran, eine entsprechend hochsensitive
GC-MS/MS-Methode zum quantitativen Nachweis von 2,4,6-TCA,
2,4,6-TBA, 2,4,6-TBP und 2,4,6-TCP in Tabletten sowie 2,4,6-TBA
in Verpackungsmaterialien zu entwickeln und zu validieren [4].
Elektronenstoß-(Electron Impact, EI)-Spektrum einer 5-ng-Direktinjektion von
2,4,6-Trichloranisol. Das molekulare Ionencluster erscheint bei m/z=210 (M), 212
(M+2) und 214 (M+4). Das Hauptcluster bei m/z=195 (M) ist das Methylverlust-
Peakcluster. Aufgrund verschiedener Siloxan-Interferenzen ist die Isotopenverteilung
für die drei im Molekül enthaltenen Chloratome nicht zu erkennen.
Elektronenstoß-NIST-Bibliotheksspektrum von 2,4,6-Trichloranisol (# 333450). Das
molekulare Ionencluster erscheint bei m/z=210 (M), 212 (M+2) und 214 (M+4)
und zeigt die zu erwartende Isotopenverteilung eines organischen Moleküls mit
drei Chloratomen an.
Auf der Suche nach der geeigneten
Extraktionstechnik
Bei der Methodenentwicklung im Blick hatten Gyorgy Vas und
Kollegen von Johnson and Johnson sowie von McNeil Consumer
Healthcare insbesondere ein leistungsstarkes Extraktionsverfahren;
schließlich ging es darum, unterschiedlich volatile Spurenverbindungen
hinreichend sensitiv zu quantifizieren. Im Zuge ihrer Literaturrecherche
stellten die Wissenschaftler fest, dass zur Anreicherung
der relativ flüchtigen Haloanisole häufig Headspace-basierte
(HS) Methoden in Verbindung mit der Festphasenmikroextraktion
(SPME) zur Anwendung kommen. „Die HS-SPME besitzt gegenüber
etwa Flüssigextraktionsmethoden den Vorteil“, schreiben die Wissenschaftler
im Journal of Chromatography A [4], „dass sie leicht
zu automatisieren, einfach durchzuführen und auf eine große Bandbreite
flüchtiger Verbindungen anzuwenden sind“. Zu beklagen sei
jedoch die oftmals geringe Extraktionseffizienz aus festen und flüssigen
Proben. Um auch geringer flüchtige Komponenten analysieren
zu können, präferierten die Forscher die Stir Bar Sorptive Extraction
(SBSE) mit dem GERSTEL-PDMS-Twister, der über eine signifi-
„Collision inducted dissociation“-(CID)-Spektrum von 2,4,6-Trichloranisol
mit Vorläuferion m/z=210 (M).
GERSTEL Aktuell – Dezember 2013 15
Agilent 7000B Triple-
Quadrupol-GC-MS-
System mit 7890A
Gaschromatograph.
Die Einheit beinhaltet
einen GERSTEL-
MPS-Autosampler
(Dual-Rail-System),
Schüttelinkubator,
MultiFiberExchange
(MFX), ThermalDesorptionUnit
(TDU)
mit Twister-Option,
SPME-Faser-Ausheizstation
und Dynamische
Headspace-
Option (DHS).
Das zu untersuchende Verpackungsmaterial wurde
in Form quadratzentimetergroßer Stücke zerteilt und
im Vial mit 100 pg/g 2,4,6-TBA versetzt. Die Probengefäße
wurden verschlossen und blieben für die
Dauer von 48 Stunden ungeöffnet, um „dem TBA
hinreichend Zeit zu geben, die Matrix zu durchsetzen
und von ihr absorbiert zu werden“, schreiben
Vas und Kollegen. Etwa eine Stunde vor dem
Ultraschallbad wurde der interne Standard zugesetzt.
Nach Ablauf dieser Zeit wurde die Probe in
ein 125-mL-Vial überführt, mit 100 mL einer Wasser-Aceton-Mischung
versetzt, 30 min im Ultraschallbad
extrahiert und anschließend für die Dauer von
90 min mit dem GERSTEL-Twister bei 1000 Umdrehungen
pro Minute durchmischt. Die PDMS-Twister
wurden daraufhin entnommen, trocken getupft
und für die anschließende automatisierte GC-MS/MS-
Bestimmung in Glasröhrchen überführt und auf dem
MPS platziert.
kant größere Menge an Sorptionsphase verfügt: „Die
SBSE erweist sich als sehr effektiv beim Nachweis
von Spurenkomponenten, da die Extraktionsphase
(des Twisters) gegenüber der SPME relativ groß ist“,
begründen Vas und Kollegen ihre Entscheidung. Darüber
hinaus hatte sich die SBSE bei der Bestimmung
von Korkschmeckern in Wein bereits bewährt [3].
Extraktionseffizienz im Blick
Wie gut sich Analyten mit der SBSE mittels PDMS-
Twister extrahieren lassen, lässt sich anhand des
Octanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten (K ow ) bestimmen.
Hierbei handelt es sich um einen dimensionslosen
Wert, der das Verhältnis der Konzentration
einer Chemikalie in einem Zweiphasensystem,
bestehend aus 1-Octanol und Wasser, angibt.
Der K ow dient dazu, die hydrophoben beziehungsweise
hydrophilen Eigenschaften einer Chemikalie
zu beschreiben [5]. Der Logarithmus des K ow einer
Substanz lässt Schätzungen über ihr Verteilungsverhalten
in einem PDMS-Wasser-System zu. Ein
großer Log K ow -Wert steht für hohe Hydrophobizität,
die betreffende Substanz sorbiert sehr gut
im PDMS und lässt sich mit entsprechend hoher
Wiederfindung mit dem GERSTEL-PDMS-Twister
extrahieren.
Der Weg der
Methodenentwicklung
Vas und Kollegen entwickelten ihre Methode unter
Einsatz von Standardlösungen (Konzentration der
Haloanisole: 20, 40 und 200 pg/µL, der Halophenole:
500, 1000 und 2000 pg/µL; 100 pg/µL d5-TBA)
an rezeptfrei erhältlichen Tabletten unterschiedlicher
Gewichte sowie diversen Verpackungsmaterialien,
namentlich Karton, Polyethylen, Polycarbonat
und Palettenholz. Die Quantifizierung der Zielkomponenten
wurde unter Einsatz von deuteriertem
2,4,6-d5-Tribromanisol vorgenommen. Die Komponenten
wurden mittels Tandem-MS-Detektion identifiziert
und quantifiziert (Multiple Reaction Monitoring,
MRM). Folgende Massenübergänge wurden für
die verschiedenen Analyten beobachtet:
TBA 346 -> 331 (Quantifier) und 346-> 303 (Qualifier);
TCA 212->197 (Quantifier) und 212-169 (Qualifier);
TCP 196 -> 132 (Quantifier) und 196 -> 160 (Qualifier);
TBP 330 -> 222 (Quantifier) und 330 -> 250 (Qualifier);
2H 5 -TBA 349 -> 331 (Quantifier).
Die Validierung von Methode und Verfahren
führten US-Wissenschaftler gemäß der „ICH Q2
(R1)“-Richtlinie (International Conference on Harmonisation
of Technical Requirements for Registration
of Pharmaceuticals for Human Use) und den
Vorgaben der Food and Drug Administration (FDA)
durch. „Da diese Richtlinie nicht vollständig die
analytische Validierung von Methoden zur Bestimmung
von Spurenmengen umfasst und weil TCP
ein Herbizid ist, folgten wir bezüglich der Durchführung
der Analysemethode und Auswertung der
Messergebnisse der Richtlinie 96/23/EG (Entscheidung
2002/657/EG der Kommission vom 14. August
2002)“, schreiben die Wissenschaftler.
Bei dem verwendeten GC-MS/MS-System handelte
es sich um ein Agilent 7000B Triple-Quadrupol-GC/MS-System
(mit GC 7890), beim GC-Einlass
um ein GERSTEL-KaltAufgabeSystem (KAS) zur Cryofokussierung
und temperaturprogrammierten Aufgabe
der Analyten auf die Säule (DB-5 MS, UI, 20
m, 0,18 mm, 0,36 μm); dem KAS saß eine GERSTEL-
ThermalDesorptionUnit (TDU) auf, die der Desorption
des GERSTEL-Twisters (10 mm lang, PDMS: 1,0
mm Schichtdicke) dient. Die Probenaufgabe erfolgte
automatisiert mit einem GERSTEL-MultiPurposeSampler
(MPS).
Jeweils vier Tabletten wurden in einem Probengefäß
in einer wässrigen, ameisensauren (0,1 %)
Lösung mit 5 µL Standardlösung und dem deuterierten
internen Standard versetzt und für 30 min ins
Ultraschallbad gestellt, anschließend erfolgte für die
Dauer von 90 min bei 1000 Umdrehungen pro Minute
die SBSE der Zielanalyten. Der PDMS-Twister wurde
jeder Probe entnommen, trocken getupft und zur
Thermodesorptionsanalyse in Glasröhrchen überführt,
die auf dem MPS-Autosampler platziert wurden.
Die GC-MS/MS-Analyse schloss sich an.
Was zu sagen übrigbleibt
Vas und seinen US-amerikanischen Kollegen ist es
gelungen, ein „GC-MS/MS-basiertes Verfahren mit vorausgehender
SBSE (PDMS-Twister-Extraktion) für die
Quantifizierung von TCA, TCP, TBA und TBP in Feststoffarzneimitteln
zu entwickeln und zu validieren“ [4].
Das SBSE-GC-MS/MS-Verfahren wurde als Standardadditionsmethode
für die Untersuchung von Arzneimitteln,
die mit den beschriebenen Zielanalyten kontaminiert
sind, validiert. Die validierte Bandbreite beträgt
für die beschriebenen Haloanisole 1000 pg pro Tablette
und für die Halophenole 2.500-10.000 pg pro
Tablette. Die Nachweisgrenze (absolute Menge) lag für
TCA bei 4 pg, für TCP bei 286 pg, für TBA bei 9 pg und
für TBP bei 371 pg. Für die Wiederfindung wurden, je
nach Formulierung, folgende Werte erzielt: 79-97 %
für TCA, 67-89 % für TCP, 68-76 % für TBA und 56-72
% für TBP; eingesetzt wurden je 100 pg der Haloanisole
und je 2500 pg der Halophenole. Die Präzision
der wiederholten Messung derselben Proben, ausgeführt
auf demselben Gerät, vom selben Nutzer und
am selben Tag, ergab folgende relative Standardabweichungen
(RSD) in Prozent: 6,2-11,3 für TCA, 3,2-
12,9 für TCP, 3,1-11,0 für TBA und 6,5-15,6 für TBP;
die Messung erfolgte gegen deuteriertes Tribromanisol
(d5-TBA) als internen Standard.
Quellen
[1] Timothy B. Rowe, Thomas E. Macrini, and Zhe-Xi
Luo, Fossil Evidence on Origin of the Mammalian
Brain, Science 20 (2011) 955-957
[2] http://privaterisk.de/versicherungen-apothekeapotheker-arzt-klinik-heilberufe-pflege-8981
[3] G. Deußing, Korkgeschmack analytisch betrachtet,
LaborPraxis 12 (2010) 34-36
[4] Jiun-Tang Huang, Lori Alquier, Joyce P. Kaisa, Gail
Reed, Timothy Gilmore, and Gyorgy Vas, Method
development and validation for the determination
of 2,4,6-tribromoanisole, 2,4,6-tribromophenol,
2,4,6-trichloroanisole, and 2,4,6-trichlorophenol in
various drug products using stir bar sorptive extraction
and gas chromatography-tandem mass spectrometry
detection, Journal of Chromatography A
1262 (2012) 196-204.
[5] G. Deußing, (Nimm zwei) 2 , GERSTEL Aktuell
44 (2011) 18-20
16 GERSTEL Aktuell – Dezember 2013
Lebensmittelanalytik
Vorsicht, Fettnäpfchen!
Um den Nährwert eines Lebensmittels quantifizieren zu können, braucht es die instrumentelle Analytik, im Fall
relevanter Fettparameter idealerweise die Gaschromatographie (GC). Dass es ein effizientes Verfahren zur Bestimmung
deklarationspflichtiger Fettanteile in Lebensmitteln gibt, welches auch die trans-Fettsäuren berücksichtigt, zeigt
folgender Beitrag.
Text: Guido Deußing; Abbildungen/Fotos: istockphoto, Guido Deußing, GERSTEL
Niemand kauft gerne die Katze im Sack. Geheimniskrämerei
steht zudem im Widerspruch zum
Verbraucherschutz. Die Prämisse lautet, als Konsument
anhand überprüfbarer Fakten entscheiden
zu können, welches Lebensmittel man verzehren
oder als Betreiber einer Gaststätte/Kantine verarbeiten
möchte. Vom Handel feilgebotene fertig verpackte
Lebensmittel, also mit Ausnahme frisch verpackter
Waren wie Fleisch, Käse, Obst und Gemüse,
müssen dem Kunden auf einem Etikett oder als Aufdruck
auf der Verpackung in hinreichender Weise
Auskunft geben über Herkunft, Gewicht, Haltbarkeit,
Zutaten sowie Nährstoffgehalt des Verpackungsinhalts
[1]. Wie die Deklaration zu erfolgen hat, regelt
hierzulande die Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung
(LMKV) [2], die im Dezember kommenden
Jahres abgelöst wird von der EU-Verordnung
Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher
über Lebensmittel, die laut Bundesministerium
für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(BMELV) „mehr Transparenz für Verbraucher“
schafft [3].
Der Aufwand ist das Problem
Die Bestimmung des Nährstoffgehalts eines Lebensmittels
ist alles andere als trivial. Unterschiedliche
analytische Verfahren und Methoden sind notwendig,
um quantitative Aussagen darüber treffen zu können,
welche Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren,
Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz [4] enthalten
sind; nicht selten bedarf es zahlreicher Arbeitsschritte
und Umrechnungen, bevor man als Hersteller
die gewünschte Information erhält. Um die Effizienz
der Analytik zu steigern, erweist sich die Automatisierung
der Probenvorbereitung als sinnvoll und richtig.
John R. Stuff und Jacqueline A. Whitecavage von
der in den USA ansässigen GERSTEL, Inc. waren vor
die Aufgabe gestellt, die Effizienz der Analyse von
Lebensmittelproben zwecks Bestimmung der Nährstoffparameter
Gesamtfett, gesättigte, ungesättigte und
trans-Fettsäuren zu erhöhen. Ziel war die vollständige
Automatisierung der Probenvorbereitung unter
Einsatz eines kommerziell erhältlichen Autosamplers,
„was mit Bravour gelang“, bemerkten die Applikationsexperten.
[5]
Was es mit den Fettwerten auf
sich hat
Der Fettgehalt ist eine wichtige Kenngröße in der
Lebensmittelanalytik. Einerseits gibt sie Auskunft über
den Nährwert eines Lebensmittels und damit seine
physiologische Bedeutung: Je höher der Nährwert,
desto größer der energetische Nutzen, den unser
Organismus aus einem Lebensmittel ziehen kann.
Da bekanntlich die Zufuhr großer Mengen fettreicher
Nahrungsmittel zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen
führen kann, ist eine ausgewogene Ernährung
wichtig. Diese gelingt allerdings nur jenen Konsumenten,
denen der Fettgehalt eines Lebensmittels
bekannt ist. Nicht zuletzt benötigt der Hersteller
selbst diese Information, bedingt durch die Pflicht
zur Kennzeichnung von Lebensmitteln.
Ein Blick auf spannende Details
Zur Quantifizierung bewährt hat sich die Gaschromatographie
(GC) mit Flammenionisationsdetektion
(FID). Allerdings lässt sich der Fettgehalt nicht ohne
Weiteres mittels GC/FID bestimmen. Hierzu bedarf
es zunächst einmal einer Vielzahl unterschiedlicher
Probenvorbereitungsschritte. Um den Fettgehalt
bestimmen zu können, muss das Fett – gegebenenfalls
nach vorheriger Trocknung – aus dem Lebensmittel
extrahiert werden, üblicherweise unter Verwendung
einer Soxhlet-Appatur, mit der das Fett unter
Einsatz von Lösemittel unter Rückfluss vollständig
aus der Probe entfernt wird. Diesem Schritt schließt
sich die Entfernung des Lösemittels aus dem Fettextrakt
an. Alles in allem handelt es sich um einen viele
GERSTEL Aktuell – Dezember 2013 17
Ohne Technik geht es nicht
Komplettlösung für die FAME-Analyse: MPS-GC/FID-System mit integrierter Mikrowelle. Die Analysenbedingungen
gestalteten sich wie folgt: KAS = Liner mit Verwirbelung, Split (50 mL/min), 40 °C – 12 °C/s –
260 °C (3 min). GC-Säule: 100 m CP Sil-88 (Agilent), di = 0,25 mm, df = 0,20 μm, Pneumatik:
He, konst. Fluss (1,2 mL/min), Ofen: 80 °C (2 min) – 4 °C/min – 225 °C (25 min), FID: 260 °C.
Stunden beanspruchenden, arbeitsintensiven Prozess,
der im weiteren Verlauf in der Verseifung und
Derivatisierung der Fettbestandteile mündet:
Fette und fette Öle sind Ester des dreiwertigen
Alkohols Glycerin (Propan-1,2,3-triol) mit
drei, meist verschiedenen, überwiegend geradzahligen
und unverzweigten aliphatischen Monocarbonsäuren;
Verbindungen dieser Art werden Triglyceride
genannt. Triglyceride lassen sich allerdings nur
schwer direkt gaschromatographisch analysieren. Im
Allgemeinen werden die Esterverbindungen geknackt
und die freien Fettsäuren im Zuge einer Derivatisierung
in die korrespondierenden Fettsäuremethylester
(FAME, Fatty Acid Methyl Ester) überführt. Im Gegensatz
zu den jeweiligen Fettsäuren sind FAMEs unpolar,
moderat flüchtig und GC-gängig. Aus deren Gehalt lassen
sich im Anschluss an die Messung die relevanten
Fettparameter durch Umrechnung ermitteln.
Hoher Automatisierungsgrad
fördert die Effizienz der Analyse
Zur GC/FID-Analyse verwendeten die US-Applikationsexperten
eine Gerätekombination von Agilent
Technologies. Beim temperaturprogrammierbaren
Probeneinlass des verwendeten GC 7890 handelt es
sich um ein GERSTEL-KaltAufgabeSystem (KAS), bei
dem Autosampler um einen GERSTEL-MultiPurposeSampler
(MPS-Version: Single Rail, Dual Head);
der MPS war ausgestattet mit einer 5-mL-Spritze
für die im Zuge der Probenvorbereitung erforderliche
Handhabung größerer Lösemittelmengen sowie
einer 10-µL-Spritze zur Injektion der Probe ins GC-
System. Die Mikrowellenextraktion erfolgte auf einer
CEM-Mikrowelle Discover SP-D. Gesteuert wurde die
Probenvorbereitung mittels der GERSTEL-MAESTRO-
Software, die vollständig in die ChemStation von Agilent
Technologie integriert ist.
Um ihre Komplettlösung für die Fettanalytik auf
Herz und Nieren zu überprüfen, untersuchten John
R. Stuff und Jacqueline A. Whitecavage unterschiedliche
fetthaltige Lebensmittelproben, darunter Erdnüsse,
Karamell, verschiedene Käsesorten, pflanzlichen
Brotaufstrich und Schokolade. Getestet wurde
das System unter Einsatz einer FAME-Standardlösung,
die 37 unterschiedliche Fettsäuremethylester
enthielt. In Chloroform (CHCl 3 ) angesetztes Tritridecanoin
diente als interner Standard (IS). Die
Erdnüsse wurden zu Pulver vermahlen, sodann wie
die anderen Proben auch in Mengen von 0,1 bis 0,3
Gramm je Probe in 35-mL-Mikrowellenbehälter vorgelegt
und auf dem MPS-Autosampler platziert. Alle
weiteren Probenvorbereitungsschritte bis zur GC-
Analyse erfolgten wie folgt dargestellt vollständig
automatisiert:
Die Deklaration von Nährstoffen auf Lebensmittelverpackung
ist aktiver Verbraucherschutz. Der aber schützt
nicht vor Übergewicht. Nur wer die vom Gesetzgeber
geforderten Angaben auch liest, ist klar im Vorteil.
Auch der Schritt der Derivatisierung erweist sich, von
Hand ausgeführt, als aufwendig; allerdings lässt er sich
erfolgreich automatisieren, wie es Ray Perkins und
Kollegen von der in England ansässigen Firma Anatune
gezeigt haben [6]: Sie haben die vielfach beschriebene
manuelle Derivatisierung der freien Fettsäuren
mit Bortrifluorid (BF 3 ) und Methanol adaptiert und
auf einen kommerziell erhältlichen, umfangreich ausgestatteten
Autosampler (GERSTEL-MPS-PrepStation)
übertragen. Perkins und seine Kollegen nutzten zur
Fettextraktion statt des herkömmlichen Soxhlet-Verfahrens
die sogenannte beschleunigte Lösemittelextraktion
(Accelerated Solvent Extraction, ASE), was
den Lösemitteleinsatz reduzierte und zu einem deutlichen
Zeitgewinn führte. Eine komplette Automatisierung
der Probenvorbereitung wurde jedoch noch
nicht erreicht.
Dies gelang nun John R. Stuff und Jacqueline A.
Whitecavage, indem sie eine mikrowellenbeschleunigte
Lösemittelextraktion durchführten. Die verwendete
Mikrowelle wurde hardware- und softwareseitig
in die Probenvorbereitung des Autosamplers eingebunden,
was wiederum bedeutete, dass sich die
gesamte quantitative Bestimmung deklarationsrelevanter
Fettparameter erstmals vollständig automatisiert
durchführen ließ – mehrere Proben sequenziell
und auch über Nacht und am Wochenende.
Zugabe von 1,0 mL der internen Standardlösung
Zugabe von 4 mL einer basischen Methanollösung
(0,5 N)
Mikrowellenbestrahlung für 5 Minuten bei 80 °C
Zugabe von 5 mL Bortrifluorid (BF 3 ) in Methanol
Mikrowellenbestrahlung für 5 Minuten bei 80 °C
Zugabe von 5 mL Hexan und 10 mL Wasser
3 Minuten durchmischen
Transfer von 1 mL der Hexanphase in ein 2-mL-
Vial, welches 0,2 g Natriumsulfat (Na 2 SO 4 ) zur
Trocknung enthält
1 Minute durchmischen
Injektion von 1,0 μL in den GC
18 GERSTEL Aktuell – Dezember 2013
Automatisierung der Fettanalytik
erfolgreich durchgeführt
„Die Zeiten, als man deklarationsrelevante Fettwerte
aufwendig von Hand ermittelt hat, gehören der Vergangenheit
an“, freuen sich John R. Stuff und Jacqueline
A. Whitecavage über den erfolgreichen Einsatz
ihres MPS-Mikrowellen-GC/FID-Komplettsystems
für die automatische Bestimmung von Gesamtfett,
gesättigten Fettsäuren, einfach ungesättigten Fettsäuren
und vor allem auch trans-Fettsäuren in Lebensmitteln.
Durch die Integration einer Mikrowelle sei
es gelungen, die bislang stets separat durchgeführte
Verseifung, Extraktion (Soxhlet, ASE) und Derivatisierung
zu automatisieren und damit den Zeit- und
Arbeitsaufwand drastisch zu reduzieren beziehungsweise
die Fettanalytik durch die Möglichkeit von Analysenläufen
über Nacht oder am Wochenende zu optimieren.
Die US-Wissenschaftler rechnen vor, dass sich
bei einer GC-Laufzeit pro Probe von rund einer Stunde
für die gesamte Trennung und durch eine zeitliche
Verschachtelung von Probenvorbereitung und GC-
Analyse aktuell 15 Proben in nur 18 Stunden vollständig
extrahieren und analysieren lassen, von der
Reduktion des Lösemitteleinsatzes ganz zu schweigen.
Die Identifikation der Analyten wird über die
absoluten beziehungsweise relativen Retentionszeiten
der Peaks im Chromatogramm zum internen
Standard ermittelt. Die Auswertung des Fettgehalts
geschieht durch Umrechnen in bekannter Manier.
„Die im Zuge der automatisierten Probenvorbereitung
und Analyse erzielten Messwerte zeugten von
einer hohen Präzision und einer guten Übereinstimmung
mit den Ergebnissen, die unter den Bedingungen
des zum Teil manuell durchgeführten Standardverfahrens
erzielt wurden. Kurz: Die neue MPS-GC/
FID-Komplettlösung ist erprobt und tauglich für den
Einsatz in der Praxis“, bilanzieren John R. Stuff und
Jacqueline A. Whitecavage.
Chromatogramm des 37-komponentigen
FAME-Standards.
Chromatogramm einer Cheddarkäseprobe.
Stichwort: trans-Fettsäuren
Chromatogramm einer Joghurtprobe.
Chromatogramm einer Probe pflanzlichen Brotaufstrichs.
trans-Fettsäuren sind ungesättigte Fettsäuren mit
mindestens einer trans-konfigurierten Doppelbindung
zwischen zwei Kohlenstoffatomen. In natürlichen
Fetten sind trans-Fettsäuren meist nur in geringem
Maße enthalten, sie können jedoch bei der
industriellen Fetthärtung (z.B. in der Magerine- und
Bratfettproduktion) oder bei hohen Temperaturen
gebildet werden. Lebensmittel mit hohen Gehalten
an trans-Fettsäuren führen zu einem Anstieg
des Gesamt-Cholesterin und der Low-density-Lipoproteine-(LDL),
die umgangssprachlich auch als
„schlechtes“ Cholesterin bezeichnet werden und
reduzieren den High-density-Lipoprotein-(HDL)-
Spiegel, sprich: die Menge an „gutem“ Cholesterin
im Blut. Epidemiologische Studien lassen auf
einen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von
Transfettsäuren und dem Entstehungsrisiko koronarer
Herzerkrankungen schließen. 2004 hat die Europäische
Behörde für Lebensmittelsicherheit (European
Food Safety Authority, EFSA) trans-Fettsäuren
bewertet. Eine europaweit einheitliche Regelung für
diese Verbindungen gibt es nicht, wohl aber nationale
Grenzwerte: In Dänemark und in der Schweiz
etwa darf der Gehalt an trans-Fettsäuren in Nahrungsfetten
zwei Prozent nicht übersteigen; in manchen
US-Bundesstaaten wie New York und Philadelphia
ist die Verwendung von trans-Fetten für die
Zubereitung von Speisen in Restaurants, Imbissstuben,
Lokalen, Cafés und Konditoreien per Gesetz
verboten. Viele Nahrungsmittelhersteller haben mittlerweile
Produkte mit deutlich reduzierten Gehalten
oder ohne trans-Fettsäuren entwickelt. Bei Kontrollen
fällt aber Importware auf, so etwa Backwaren aus
Thailand, in denen schwedische Kontrollbehörden
2009 Gehalte von nahezu 40 Prozent nachwiesen.
[Quelle: Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR)]
Quellenverzeichnis
[1] Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
(BVL), Überblick über die Kennzeichnung
von Lebenmitteln, www.bvl.bund.de
/DE/01_Lebensmittel/03_Verbraucher/02_
KennzeichnungLM/01_Ueberblick/lm_kennzeichnung_lebensmittel_Ueberblick_node.html
[2] www.gesetze-im-internet.de/lmkv/index.html
[3] Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz (BMELV): Einheitliche
Kennzeichnung von Lebensmitteln in
der EU schafft mehr Transparenz für Verbraucher
(www.bmelv.de)
[4] Artikel 30, VERORDNUNG (EU) Nr. 1169/2011
[5] John R. Stuff, Jacqueline A. Whitecavage: Automated
Determination of Total Fat, Saturated
Fat, Monounsaturated Fat and Trans Fat Content
in Food Samples, AppNote 2013-03, www.
cem.de/documents/produkte/loesemittel/
p-gc-an-2013-03.pdf oder www.gerstel.de/
pdf/p-gc-an-2013-03.pdf
[6] G. Deußing: Fettsäuren vollautomatisiert derivatisieren
und bestimmen, LaborPraxis 12 (2008)
34-36
GERSTEL-Workshops
GC-Kurse für Fortgeschrittene
Gaschromatographie (GC) ist kein Hexenwerk,
das wissen versierte Anwender, die
sich mit dieser analytischen Trenntechnik tagaus,
tagein beschäftigen, aus dem Effeff. Unabhängig
davon gibt es Faktoren, die es sich
lohnt, einmal genauer zu betrachten, da sie
die Chromatographie gasförmiger und flüchtiger
Verbindungen nachhaltig beeinflussen und
den Informationsgewinn steigern. GERSTEL
bietet dem interessierten Anwender
im kommenden Jahr mehrere
GC-Workshops zu folgenden
Themen an:
• Derivatisierung für die
GC und ihre Automatisierung
(24.06.2014)
• Sinnliches Messen
mit GC-O: Einführung in
die olfaktorische Detektion
(12./13.05.2014)
• Pyrolyse-GC/MS: Anwendung,
Methodenentwicklung und
Interpretation (04.07.2014)
Unter Anleitung ausgewiesener
Experten wird den Workshop-Teilnehmer
das notwendige Fachwissen
in Theorie und Praxis vermittelt.
Detaillierte Informationen
über die Workshop-Inhalten,
Termine, Preise, maximale
Teilnehmerzahl und Anmeldung
erhalten Sie im Internet
unter www.gerstel.de.
„ Immer
bestens
informiert. “
GERSTEL Aktuell – Dezember 2013 19
Phthalate
Achtung, Weichmacher!
Das Prüfverfahren CPSC-CH-C1001-09.3 der US-amerikanischen Consumer Product Safety Commission (CPSC)
fordert die Kontrolle von Kinderspielzeug und Babyartikeln auf das Vorhandensein von Weichmachern. Das Verfahren
umfasst die GC/MS-Bestimmung kritischer Phthalate nach einer in der Regel aufwendigen, oft manuell ausgeführten
Probenvorbereitung, dabei lässt sich die Analyse intelligent automatisieren.
Es gibt Stoffe, denen der Makel eines notwendigen
Übels anhaftet. Hierzu zählen die Phthalsäureester,
kurz Phthalate genannt, die vorwiegend als
Weichmacher in der Kunststoffherstellung eingesetzt
werden, aber auch Bestandteil von Konsumgütern
und pharmazeutischen Produkten sind. Phthalate
beeinflussen die physikalischen Eigenschaften
von Kunststoffen in besonderer Weise. Sie sorgen
dafür, dass etwa Polyvinylchlorid (PVC) die Flexibilität
und Formbarkeit erhält, die den Werkstoff
auszeichnet und interessant macht für seine Anwendung
als Bodenbelag, Kunstleder, Duschvorhang,
in Babyartikeln, Kinderspielzeugen, Verpackungen,
Schuhen, Sport- und Freizeitartikeln, medizinischen
Produkten wie Blutbeuteln und Schläuchen,
in Kabeln, Dachdichtungen, Lkw-Planen oder
als Unterbodenschutz.
Allerdings gibt es eine
Kehrseite der Medaille.
www.gerstel.de
Einige Phthalate,
namentlich vor allem
das Di(2-ethylhexyl)phthalat [DEHP] sowie das
Dibutylphthalat [DBP] und das Benzylbutylphthalat
[BBP], gelten als gesundheitsschädlich und sind
in der Europäischen Union (EU) für eine Reihe von
Anwendungen tabu; laut EU-Richtlinie gilt DEHP als
fortpflanzungsgefährdend.
Um im Polymer den gewünschten Materialeffekt
zu erzielen, setzt die chemische Industrie alternativ
auf Additive, die als nicht oder nur gering toxisch
eingestuft sind wie das Diisodecylphthalat [DIDP]
oder das Diisononylphthalat [DINP]. Jedoch hat die
EU den Einsatz genannter Verbindungen, also DEHP,
DBP, BBP, DINP, DIDP und auch Di-n-octylphthalat
(DnOP), stark reglementiert. Gemäß EU-Beschluss
dürfen sie „nicht als Stoffe oder als Bestandteile
von Zubereitungen in Konzentrationen von mehr als
0,1 Masse-% des weichmacherhaltigen Materials in
Spielzeug und Babyartikeln verwendet werden, die
von Kindern in den Mund genommen werden können.
Spielzeug und Babyartikel, die diese Phthalate
in Konzentrationen enthalten, die über dem vorstehenden
Grenzwert liegen, dürfen nicht in Verkehr
gebracht werden“.
Das Risiko eines Übergangs des Additivs vom
Spielzeug über die Schleimhaut in den heranwachsenden
Organismus sowie daraus resultierender
negativer Folgen für die Gesundheit ist bei Kleinkindern
besonders groß. Geschuldet ist die Möglichkeit
des diffusiven Stofftransports der Tatsache,
dass Phthalate nicht chemisch in der Polymermatrix
gebunden sind. Phthalate können aus dem Produkt
ausdünsten oder ausgeschwemmt werden und in die
Umwelt oder den Organismus gelangen.
In den USA sieht man die Dinge ähnlich. Um die
Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu überwachen,
werden infrage kommende Spielzeuge und Babyartikel
auf die genannten Verbindungen hin untersucht.
Die Basis bildet das Prüfverfahren CPSC-CH-
C1001-09.3 der US-amerikanischen Consumer Product
Safety Commission (CPSC).
Auf die Probenvorbereitung
kommt es an
Die Probenvorbereitung spielt eine wichtige Rolle
bei der Bestimmung von Phthalaten in polymeren
Matrices gemäß des Prüfverfahrens CPSC-CH-
C1001-09.3. Sie umfasst die vollständige Auflösung
20 GERSTEL Aktuell – Dezember 2013
Zur Probenvorbereitung und Extraktion von Phthalaten aus Polymerproben eingesetzter GERSTEL-
MultiPurposeSampler (MPS XL) mit Filter-Option.
der Probe in Tetrahydrofuran (THF), die Ausfällung
des Polymers durch Hexan, die Filtration, die Verdünnung
der Lösung mit Cyclohexan und schließlich
die Analyse mittels Gaschromatographie/Massenspektrometrie
(GC/MS). Das Prüfverfahren beinhaltet
folgende Schritte:
Abwiegen einer 50-mg-Probe Polyvinylchlorid
(PVC) in ein verschließbares Glasgefäß.
Hinzufügen von 5 mL THF zu der Probe.
Schütteln, Rühren oder Vermischen der Probe
für mindestens 30 Minuten, um die vollständige
Auflösung zu erzielen. Ultraschall und/oder sanftes
Heizen können zur Beschleunigung der Auflösung
verwendet werden. Falls das Material noch nicht
vollständig aufgelöst ist, sollte die Mischdauer um
weitere 2 Stunden verlängert werden, bevor die
Prozedur weitergeführt wird.
Ausfällung der PVC-Polymere mit 10 mL Hexan pro
5 mL THF, die während der Auflösung verwendet
wurden.
Schütteln, dann mindestens 5 Minuten warten, um
die Polymere sich absetzen zu lassen.
ten wir es darauf an“, erklärt Pfannkoch, „die manuellen
Arbeitsschritte möglichst eins zu eins auf den
Autosampler zu übertragen und die Probenvorbereitungsschritte
mit der GC/MS-Messung zeitlich zu verschachteln.“
Die Applikationsspezialisten verwendeten einen
XYZ-Autosampler (GERSTEL-MultiPurposeSampler,
MPS) ausgestattet mit zwei Türmen (Dual-Head-
Variante), um die Probenvorbereitung einschließlich
des Einsatzes größerer Flüssigkeitsmengen (2,5-mL-
Spritze) zu handhaben sowie eine Mikroliterspritze
(10 µL) für die Flüssiginjektion der Probe in das
angeschlossene GC/MS-System (Agilent GC7890/
MS5975); bei dem PTV-Injektor des GC handelte es
sich um ein GERSTEL-KaltAufgabeSystem (KAS).
Ausgestattet war der MPS mit einem geheizten
Agitator, einem automatischen GC-Liner-Wechsler
(GERSTEL-Automated-Liner-EXchange, ALEX)
sowie einer Filter-Option (GERSTEL-Syringe-Filtration-Option).
Die Programmierung und Ansteuerung
Methodenparameter
der verschiedenen Probenvorbereitungsschritte und
Sequenzen erfolgte mit der GERSTEL-MAESTRO-Software,
die vollständig in die ChemStation-Software von
Agilent Technologies eingebunden ist.
Ernies Quietscheente lässt grüßen
Als Untersuchungsobjekt versuchten sich Pfannkoch
und Kollegen an gewöhnlichen Gummienten
für die Badewanne sowie Proben von kommerziell
erhältlichem Kinderspielzeug aus Polyvinylchlorid.
Weitere drei Proben stammten von der lokalen
CPSC-Prüfstation (CPSC-1, CPSC-2, CPSC-3).
Alle zu extrahierenden Polyvinylchloridproben wurden
zunächst in kleine Stücke von nicht mehr als 2
mm Partikelgröße geschnitten, anschließend in gläserne
10-mL-Röhrchen mit Schraubverschluss eingewogen
und dann auf dem vorgesehenen Probenteller
des MPS platziert. Pfannkoch und Kollegen legten
klare Analysenparameter fest (siehe Kasten links.
Kalibriert wurde die Methode mithilfe von
Standardlösungen jeweils getrennt im Niedrigkonzentrationsbereich
von 50-1000 ng/mL und
im Hochkonzentrationsbereich von 5-100 µg/mL.
Text: Guido Deußing; Abbildungen/Fotos: istockphoto, GERSTEL
Filtern der THF/Hexan-Lösung durch einen 0,45-
mm -PTFE-Filter und Abnahme einiger mL der
gefilterten Lösung in ein separates Gefäß.
Kombinieren von 0,3 mL der THF-Hexan-Lösung
mit 0,2 mL des internen Standards (sofern verwendet)
und Verdünnung auf 1,5 mL mit Cyclohexan.
Injektion von 1 μL der Lösung für die GC/MS-
Analyse.
Wie sich zeigt, bilden vor allem die Extraktionsschritte
den Flaschenhals der Untersuchung, beeinflussen
damit wesentlich die Gesamtdauer der Analyse.
Sie zu automatisieren und damit effizienter zu
gestalten, idealerweise zeitlich zu verkürzen, war das
Ziel, das Edward Pfannkoch und Kollegen von der in
Baltimore/USA ansässigen GERSTEL, Inc. im Kundenauftrag
zu erreichen suchten. „Darüber hinaus leg-
KAS: Liner mit Verwirbelungseinstichen
Split (20:1) oder Splitless
50 °C–12 °C/s – 280 °C (3min)
Säule: 30 m HP-5MS (Agilent
Technologies)
di = 0,25 mm, df = 0,25 μm
Pneumatik: He, konstanter Fluss = 1,0 mL/min
Ofen: 50 °C (1 min) – 20 °C/min –
310 °C (5 min)
MSD: Vollscan, 40-350 amu
SIM- Gruppe 1: ab 5 min
Parameter (91, 10), (105, 10), (149, 10),
(Masse, (167, 10), (194, 10), (205, 10)
Verweilzeit): (212, 10), (223, 10)
Gruppe 2: ab 11,7 min
(91, 10), (149, 10), (167, 10),
(206, 10), (279, 10)
Gruppe 3: ab 13,7 min
(149, 10), (167, 10),
(261, 10), (279, 10),
(293, 10), (307, 10)
Nur Versuch macht „kluch“
„Zunächst überprüften wir“, berichtet Edward Pfannkoch,
„ob die während der Extraktion verwendeten
Lösemittel frei von Phthalaten waren, indem wir die
gesamte Extraktionsprozedur mit einem leeren Gläschen,
also ohne Zugabe einer Polymerprobe, durchlaufen
ließen.“ Im resultierenden Extrakt konnten keine
Phthalate nachgewiesen werden. Ebenso wurde im
Anschluss daran mit den zertifizierten Referenzmaterialproben
verfahren, wobei die Proben sowohl manuell
als auch automatisiert extrahiert und die jeweiligen
Resultate miteinander verglichen wurden. Edward
Pfannkoch: „Die Gegenüberstellung der Chromatogramme
ergab eine Übereinstimmung beider Herangehensweisen.
Die automatisierte Probenvorbereitung
und die anschließende GC/MS-Analyse der Probenextrakte
funktioniert und liefert zuverlässige Resultate.“
GERSTEL Aktuell – Dezember 2013 21
Um den Gesamtdurchsatz des Systems zu erhöhen und den übermäßigen
Gebrauch gefährlicher Chemikalien zu vermeiden, verringerten
Pfannkoch und Kollegen die Proben- und Lösemittelmengen proportional
um die Hälfte, was keinen Einfluss auf das Messergebnis hatte.
Schließlich durchliefen die Gummienten- und CPSC-Proben die
automatisierte Extraktionsprozedur. Die Extrakte wurden per GC/MS
mit Split(20:1)- und Splitlos-Injektion analysiert. Der MSD wurde im
SIM/Scan-Modus betrieben. Die Kalibrierung im Niedrigkonzentrationsbereich
erfolgte im Splitlos-Modus, die im Hochkonzentrationsbereich
im Split-Modus. Identifiziert wurden die Analyten anhand von
Retentionszeit und Massenspektren. Quantifiziert wurde mithilfe der
Kalibrierkurven.
„Ente“ gut, alles gut
Ansicht der Chromatogramme der automatisierten Probenvorbereitung mit 50 mg Probe
(A), mit 25 mg Probe (B) sowie der manuellen Probenvorbereitung mit 25 mg Probe
(C). Resultat: Die Chromatogramme sind äquivalent.
Am Ende jeder Methodenentwicklung muss sich der Anwender die
Frage stellen: Vorhaben erfolgreich umgesetzt? Edward Pfannkoch ist
zufrieden: „Unser vorrangiges Ziel, eine manuelle Extraktion auf den
MPS-Autosampler zu übertragen und vollständig zu automatisieren,
haben wir erreicht.“ Die automatisierte Untersuchung der zertifizierten
Referenzmaterialien und Proben habe angemessene Resultate ergeben.
Das automatisierte GC/MS-Verfahren zur Analyse von DEHP, DBP, BBP,
DINP, DIDP und DnOP erwies sich mit einer relativen Standardabweichung
(RSD) von 1,9-5,5 Prozent für alle untersuchten Phthalate als
präzise. Kurz gesagt, bringt es Edward Pfannkoch auf den Punkt, funktioniere
ihre automatisierte GC/MS-Analyse von ausgewählten Phthalaten
gemäß Prüfverfahren CPSC-CH-C1001-09.3 einwandfrei. Die damit
erreichten Resultate seien überaus zufriedenstellend – auch im Fall
von realen Proben. Edward Pfannkoch: „In den Proben CPSC-1 und
-2 fanden wir alle sechs Zielanalyten. Probe CPSC-3 wiederum wies
eine hohe Konzentrationen von DEHP auf.“
Quellen
Quellen
Vollscan-Chromatogramm einer Spielzeugentenprobe. Das Chromatogramm verdeutlicht
den Vorteil des SIM/Scan-Modus, da verschiedene andere Weichmacher, die nicht als Zielanalyte
ausgewählt waren, im Chromatogramm erscheinen. Dazu gehören unter anderem
Diethylphthalat, Acetyl-tri-n-butylcitrat und Diisononyladipat.
[1] Fredrick D. Foster, John R. Stuff, Jacqueline A. Whitecavage, Edward
A. Pfannkoch: Automated Extraction and GC/MS Determination of
Phthalates in Consumer Products, AppNote 4/2013, www.gerstel.
de/de/neueste-applikationen.htm
[2] United States Consumer Product Safety Commission, Test Method:
CPSC-CH-C1001-09.3 Standard Operating Procedure for Determination
of Phthalates, April 1st, 2010.
[3] Umweltbundesamt: Phthalate – Die nützlichen Weichmacher mit
den unerwünschten Eigenschaften, 02/2007; www.umweltdaten.
de/sites/default/files/medien/publikation/long/3540.pdf
[4] Weichmacher – Grenzwerte, Verbote und Alternativen,
www.weichmacher.de/weichmacher-problem.html
[5] Richtlinie 2005/90/EG
Vollscan-Chromatogramm für Probe CPSC-2. Abbildung B zeigt extrahierte Ionenchromatogramme
der SIM-Daten. Die Zielanalyte sind im SIM-Chromatogramm identifiziert.
Das Vollscan-Chromatogramm zeigt das Vorhandensein einer weiteren Verbindung:
Diisononylcyclohexan-1,2-dicarboxylat.
www.gerstel.de
22 GERSTEL Aktuell – Dezember 2013
Nachwuchsförderung / Wissenstransfer
Mit Herzblut bei der Sache
Einem Unternehmen wie GERSTEL und seinen Mitarbeitern bieten sich gute Gelegenheiten, vorhandenes Fachwissen
an jene weiterzugeben, die in besonderer Weise nachhaltig davon profitieren. Dabei kann es sich um heimische
Studenten oder auch um Pädagogen aus China handeln.
Text und Fotos: Guido Deußing
Am Anfang war die
Idee: Dr. Oliver Lerch,
Applikationsexperte von
GERSTEL, und Dr. Thorsten
Teutenberg, Bereichsleiter der
Forschungsanalytik des Instituts
für Energie- und Umwelttechnik
(IUTA) in Duisburg,
beide Schulkameraden aus
alten Tagen, hatten sich für
das Ehemaligentreffen ihres
Gymnasiums im westfälischen
Werl, wo sie im gleichen Chemieleistungskurs
saßen und
paukten, Folgendes überlegt:
Sie wollten vor den einstigen
Mitschülern und in Anwesenheit
ihres ehemaligen Chemielehrers
gemeinsam einen Vortrag
halten über ihre Profession,
namentlich die instrumentelle
chemische Analytik.
Den beiden Chromatographie-
Experten kam es bei ihrem Vorhaben nicht allein auf
eine inhaltlich korrekte Darstellung an, sondern auch
darauf, sich didaktisch wertvoll und für die Zuhörer
unterhaltsam geschickt die Bälle zuzuspielen. Offenkundig
mit Erfolg: „Der Vortrag fand großen Anklang
und zog eine ziemlich lange inhaltliche Diskussion
nach sich“, erinnert sich Dr. Oliver Lerch.
Einige Zeit nach ihrem gemeinsamen Auftritt vor
den ehemaligen Mitschülern bat die in Kamp-Lintfort
ansässige Hochschule Rhein-Waal in einem Schrei-
Praktische Einführung in die GC und LC: Dr. Oliver Lerch erläutert an
seiner Station den Studierenden der Hochschule Rhein-Waal die
Funktionsweise einer GC/MS-Gerätekombination mit aufsitzendem
GERSTEL-MultiPurposeSampler (MPS) für die automatisierte
Probenvorbereitung und Probenaufgabe.
25 Studierende und Mitarbeiter des internationalen Studiengangs „Environment and Energy“ der Hochschule
Rhein-Waal in Kamp-Lintfort besuchten das IUTA. Als Referent zum Thema „Chromatographie und
Probenvorbereitung“ mit von der Partie: …
ben an die Institutsleitung, die analytische Abteilung
des IUTA besuchen zu dürfen. Ziel war es, 25 Studierenden
des international ausgerichteten Fachbereichs
„Environment and Energy“ ein Gefühl für
die Arbeit einer analytisch orientierten Forschungseinrichtung
zu vermitteln: „Wir können nicht tiefgreifend
und umfassend Umwelt- und energetische
Aspekte vermitteln und die Auswirkung unseres
Handelns, sprich Emissionen und Umweltverschmutzung,
diskutieren, wenn nicht ein hinreichendes
analytisches Rüstzeug vorhanden
ist“, beschreibt die Exkursionsleiterin
Irmgard Buder, an der
Hochschule Rhein-Waal Professorin
im Fach „Erneuerbare Energien
und Elektromobilität“, die Motivation
ihres Besuchs am IUTA. Dem
Gesuch wurde stattgegeben. Wie
aber sollte der Tag am IUTA gestaltet
werden?
„Das war eine ausgesprochen
gute Gelegenheit“, schildert
Dr. Thorsten Teutenberg seine
erste Reaktion auf die Anfrage der
Hochschule Rhein-Waal, „den Tandemvortrag
von Oliver Lerch und
mir wissenschaftlich zu vertiefen
und erneut zum Besten zu
geben.“ Aufgrund der Aufgabenstellung
habe es sich
angeboten, den Studierenden
ein detailliertes Bild
nicht nur von der Arbeit
eines in der Umweltanalytik
tätigen Forschungsinstituts
zu vermitteln. Es habe sich
zudem angeboten, ergänzt
Oliver Lerch, „dem wissenschaftlichen
Nachwuchs die
Bandbreite der Aufgaben
vor Augen zu führen, mit
welchen Forschungsinstitute
wie das IUTA konfrontiert
sind und welchen Beitrag
in diesem Kontext ein
Hersteller von Analysengeräten,
wie es GERSTEL ist,
unter anderem in puncto
Methodenentwicklung und
Applikationen zu leisten in
der Lage ist.“ Auf diese Weise habe man den Studierenden
einen sehr viel umfangreicheren Einblick in
die künftige Arbeitswelt geben können.
… Dr. Thorsten Teutenberg, Bereichsleiter der Forschungsanalytik
des Instituts für Energie- und Umwelttechnik
(IUTA), und GERSTEL-Applikationsspezialist Dr.
Oliver Lerch (v. l.)
Gemäß dem Wunsch der Hochschule, die aufgrund
der globalen Bedeutung des Faches eine internationale
Ausrichtung des Studiengangs gewählt
hatte, hielten Teutenberg und Lerch ihren Tandemvortrag
auf Englisch. Kein Problem für die beiden
Wissenschaftler, denen das Fachvokabular aufgrund
GERSTEL Aktuell – Dezember 2013 23
Sommeliers über die Bedeutung der instrumentellen
chemischen Analytik u. a. für die Sensorik und
Qualitätssicherung in der Weinherstellung fachlich
fundiert und detailreich zu referieren.
Exportschlager Duales System
am Beispiel von GERSTEL
Wissenstransfer auf kurzem Wege: Informationen über die analytischen Möglichkeiten, sprich automatisierte
Probenvorbereitung und GC/MS- bzw. LC/MS-Bestimmung von organischen Verbindungen im Wein, sowie die
entsprechende Methodenentwicklung vermittelten Andreas Hoffmann und Thomas Albinus, Applikationsspezialisten
von GERSTEL, sowie Dr. Eike Kleine-Benne aus der Entwicklungsabteilung des Unternehmens den Studenten
von Professor Doris Rauhut (hinten rechts) aus Geisenheim.
ihres Umgangs auch mit internationalen Kollegen und
Kunden vertraut ist. Ihre Zuhörer, darunter Studenten
aus Bangladesch und China, der Türkei und Russland,
goutierten die Bemühungen, vorhandenes Wissen
nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich verständlich
vermittelt zu bekommen, und spendeten am
Ende der Veranstaltung tüchtig Applaus.
Nur wenige Tage nach dem Event im IUTA stand
für GERSTEL das nächste an: Eine Gruppe Studierender
der Hochschule Geisenheim traf am Firmensitz
in Mülheim an der Ruhr ein, um sich über die
analytischen Möglichkeiten der Weinanalytik mittels
GERSTEL-Technologie aus erster Hand – theoretisch
und praktisch im Labor – zu informieren. „Auch hier
hat GERSTEL einiges zu bieten“, freute sich Eberhard
G. Gerstel, geschäftsführender Gesellschafter
des Unternehmens.
Exkursionsleiterin Professor Doris Rauhut, die
sich mit der Weinaromaforschung an der Hochschule
Geisenheim befasst, pflegt seit geraumer Zeit enge
Verbindungen zu GERSTEL. Auf ihre weinanalytische
Expertise vertraut das Unternehmen zum Beispiel
auch dann, wenn es darum geht, wie im vergangenen
Jahr der Fall, vor namhaften deutschen
Einen ganz anderen Anstrich hatte die Präsentation
des Unternehmens vor Professoren und Berufsschullehrern
aus China, die sich hierzulande über
den bundesdeutschen Exportschlager „Duales System“,
die gesetzlich verankerte Verknüpfung praktischer
und schulischer Inhalte bei der Berufsausbildung,
ein Bild machen wollten. Bereits zum zweiten
Mal hatte die Zentralstelle für die Weiterbildung
im Handwerk aus Düsseldorf bei GERSTEL angefragt
und gebeten, das Unternehmen an seinem Stammsitz
in Mülheim an der Ruhr mit einer chinesischen
Delegation besuchen und besichtigen zu dürfen. Auf
dem Programm standen dabei auch eine Präsentation
des Ausbildungsleiters sowie ein Gespräch mit
den Auszubildenden.
Ohne Frage ein lohnenswerter Besuch, befanden
die Teilnehmer am Ende des Tages, da GERSTEL nicht
nur Feinmechaniker und Kaufleute ausbilde, sondern
dies auch in einem überaus interessanten, wissenschaftlich
und technisch anspruchsvollen Umfeld
leiste, fasste der chinesische Dolmetscher die einhellige
Meinung der Teilnehmer zusammen.
Gerstel-Fortbildung
GERSTEL stellt auch im kommenden Jahr wieder
ein umfangreiches Programmangebot an Fortbildungskursen
im Bereich der GC(GC/MS)- und
LC(LC/MS)-Analyse auf die Beine. Eine Themenund
Terminübersicht finden Sie im Internet unter
www.gerstel.de
Aufschlussreiche Begegnung: Eine Delegation chinesischer Pädagogen, darunter Professoren und Berufsschullehrer, besuchte GERSTEL, initiiert von der Zentralstelle für die
Weiterbildung im Handwerk in Düsseldorf. Den Fragen stellten sich neben der Geschäftsführung auch der Ausbildungsleiter sowie die Auszubildenden des Unternehmens.
24 GERSTEL Aktuell – Dezember 2013
Aroma- und Geschmacksstoffanalyse
Zauberhafte Vanille
Es gibt nicht eine Vanille, sondern viele Sorten. Deren charakteristisches
Geschmacksmuster wird nicht allein durch Vanillin, den Hauptaromastoff der
Vanille, geprägt, sondern durch eine Komposition zahlreicher Verbindungen.
Zu deren Aufklärung und Identifizierung sowie zur Qualitätssicherung und
Herkunftsbestimmung von Vanilleschoten und Vanilleextrakten leisten
Headspace-Techniken und die Thermodesorption einen wichtigen Beitrag.
Der nachfolgende Beitrag wirft einen Blick auf einen interessanten Ansatz
zur Analyse von Vanilleschoten und Vanilleextrakten.
Text: G. Deußing; Abbildungen: istockphoto, fotolia, S. J. Toth
Gebäck gehört in die Vorweihnachtszeit wie der
Adventskranz oder Kerzenglanz. Allein der Duft
feinen Backwerks weckt in vielen Menschen schönste
Erinnerungen an daheim, etwa an die beschürzte Mutter,
die Berge von Teig durch den mit einem Spritzgebäckvorsatz
aus Eisenguss bewehrten Fleischwolf
drehte und sternförmige Teigrohlinge herauspresste,
die sie auf gefettete Backbleche legte, um sie alsdann
im vorgeheizten Backofen goldgelb abzubacken. Was
für ein wundervoller Anblick hinterher: Schüsseln
und Blechdosen, gefüllt mit stern-, streifen- oder
halbmondförmigen Plätzchen. Und in der Luft: ein
würziger Duft von Zimt und Vanille.
Kaum ein Gewürz wird so häufig zur Aromatisierung
eingesetzt wie Vanille – nicht nur zur Weihnachtszeit
und auch nicht nur in Lebensmitteln. Vanillearoma
findet ebenso Anwendung bei der Herstellung
von Parfüms, Kosmetika und Arzneien. Der
Vanille wird nachgesagt, sie beruhige den Geist und
belebe den Körper. Man setzt das Gewürz in der Aromatherapie
ein; inhaliert wirkt es entspannend und
belebend auf den Körper, heißt es. Aktuelle Forschungsergebnisse
deuten darauf hin, dass Vanillin,
der Hauptbestandteil des Vanillegewürzes, auch eine
krebshemmende Wirkung haben könnte. Nicht ohne
Grund, möchte man meinen, sahen schon die Azteken
in der Vanille einen geradezu göttlichen Nektar.
Heute zählt Vanillin zu den wichtigsten und
beliebtesten Aromastoffen der Welt, weil es sich kostengünstig,
etwa aus Rückständen der Papierherstellung,
gewinnen lässt. Hingegen ist die Vanille selbst
mit rund 80.000 US-Dollar pro Tonne [1] horrend
teuer und deckt nur einen Bruchteil des aktuellen
Aromabedarfs. Bei diesem Preis steht außer Frage,
die Güte der Ware mit Argusaugen zu überwachen:
Im Fokus stehen vor allem Geschmack und Aroma,
Authentizität und Herkunft und ebenso die Frage, ob
Verfälschungen, Kontaminationen oder Qualitätsmängel
vorliegen. Das zu überprüfen, liegt im Interesse
der Endverbraucher, insbesondere aber der verarbeitenden
Betriebe, die Vanille in ihrer Produktion
einsetzen. Den erforderlichen Erkenntnisgewinn bietet
einzig die instrumentelle Analytik.
Allerdings erweist sich die Untersuchung von
Vanille als Herausforderung: Mit einer einzigen
Methode jedenfalls lasse sich Vanille nicht vollständig
charakterisieren, weiß Stephen J. Toth. Zu komplex
sei die Chemie der Vanille. Im Rahmen seiner
Dissertation „Comparison and integration of analytical
methods for the characterization of vanilla chemistry“
[1] an der State University of New Jersey, USA,
hat sich der Wissenschaftler damit beschäftigt, einen
integrierten analytischen Ansatz zu finden, um ganze
fermentierte Vanilleschoten und Vanilleextrakte auf
ihre flüchtigen und schwerflüchtigen Bestandteile zu
analysieren. Die Lösung lag, so seine Schlussfolgerung,
in der Kombination von Flüssig- und Gaschromatographie,
wobei Toth vor allem den verschiedenen
Headspace-Techniken und der Thermodesorption
eine große Bedeutung beimisst.
Analyse der
Vanillebestandteile
Zwecks Bestimmung schwerflüchtiger Vanillebestandteile
wie Vanillin, 4-Hydroxybenzaldehyd, Vanillinsäure
und 4-Hydroxybenzoesäure, lässt sich die
HPLC einsetzen. Stephen J. Toth weist in seiner Dissertation
auf eine Vielzahl in der Literatur beschriebener
HPLC-Methoden hin (vornehmlich eingesetzt
zur Analyse von Vanilleextrakten), die ihm eine Orientierung
bei der Methodenentwicklung boten. Die
Leistung des von Toth verwendeten Standard-HPLC-
Systems ließe sich deutlich steigern, insbesondere
vermittels des Einsatzes von UPLC-Säulen, also kurzen
Säulen mit geringer Partikelgröße. Letztlich habe
er, Toth, eine um das Siebenfache schnellere Trennung
als zu Beginn der Messreihe erreichen können.
Die ursprüngliche HPLC-Analysezeit für Vanillin
und einige verwandte phenolische Komponenten sei
GERSTEL Aktuell – Dezember 2013 25
Wissenswertes über Vanille
Die Vanille zählt zu den Orchideen, ist aber
die einzige ihrer Art, die eine kommerziell
verwertbare Frucht hervorbringt. Beheimatet
ist sie in tropischen Gefilden. Ursprünglich
stammt sie aus Mexiko, wird heute jedoch
vorwiegend in Indonesien und auf Madagaskar
angebaut. Mehr als 100 verschiedene
Vanillespezies unterscheidet man, von kommerzieller
Bedeutung sind indes nur zwei:
Vanilla planifolia und Vanilla tahitensis.
Deren grüne, geruchlose, bittere Vanilleschoten
werden im Laufe eines etwa fünfmonatigen
aufwendigen Fermentierungsprozesses
in dunkelbraune, aromatische, schmackhafte
Schoten umgewandelt. Unter anderem bildet
sich im Verlauf der Fermentierung infolge
der Hydrolyse von Glucovanillin das Vanillin.
Die Prozessführung kann das Aromaprofil,
den Geschmack und die Gesamtqualität
der Schoten maßgeblich beeinflussen. In
den Handel gelangt die fermentierte Vanille
auf zwei Arten: Zum einen als Extrakt (extraction
grade) in alkoholischer Lösung, zum
anderen unverarbeitet (gourmet grade).
Eine Vanilleschote von hoher Qualität hat
ein angenehmes Aroma und einen angenehmen
Geschmack, einen Feuchtegehalt von
18 bis 25 Prozent, eine dunkle, schokoladige
Färbung. Die Oberfläche ist ölig und frei
von Defekten und Schimmel. Der Vanillingehalt
liegt bei > 2 Prozent; er ist zwar wichtig,
nicht aber der einzig entscheidende Qualitätsfaktor:
Viele Vanillearten besitzen trotz
einer geringen Vanillinkonzentration einen
sehr guten Gesamtgeschmack, was schlussfolgern
lässt, dass auch andere Inhaltsstoffe
maßgeblich an der Geschmacksbildung beteiligt
sind. [1]
TDU
KAS
von 13,45 auf 1,86 Minuten verkürzt
worden. Obendrein habe
sich der Verbrauch von Acetonitril
um rund zwei Drittel reduzieren
lassen.
Ungeachtet dieses Erfolges
eigne sich die HPLC nur
in begrenztem Maß dazu, die
Gesamtheit der flüchtigen
Verbindungen in der Vanille,
geschweige denn bislang unbekannte
Aromakomponenten zu
identifizieren, meint Toth. Wie die Praxis zeige,
tauge hierfür aber die Gaschromatographie in Verbindung
mit Headspace-Techniken und der massenselektiven
Detektion. Um einen Überblick zu
erhalten, womit sich die besten Resultate erzielen
lassen, verglich der Wissenschaftler folgende
Techniken miteinander: die Solid Phase Micro Extraction
(SPME), die Headspace Sorptive Extraction
(HSSE) unter Einsatz des GERSTEL-PDMS-
Twisters und die dynamische Headspace-Technik.
Zudem erfolgte eine direkte thermische Desorption
(DTD) tiefgekühlt gemahlener Vanilleschoten.
Untersucht wurde u. a. die aromatische Zusammensetzung
zweier Bourbon-Vanilleschoten, wobei es
sich um eine einwandfreie („gute“) Schote handelte
sowie um ein vom Handel abgelehntes Mängelexemplar
(„schlechte“ Schote), das einen alkoholischen
Fremdgeruch aufwies; der Verdacht ging
in Richtung eines bakteriellen Abbaus u. a. von
Vanillin zu Guajacol unter anaeroben Bedingungen.
Solid Phase Micro Extraction
(SPME)
Mehrfach wurde in der Literatur über die Analyse
von Vanilleextrakten mittels SPME berichtet, insbesondere
von polaren Komponenten aus alkoholischer
Matrix, schreibt Toth. Dank zahlreicher
verfügbarer SPME-Extraktionsphasen, der einfachen
Automatisierung und der schnellen Thermodesorption
der angereicherten Analyten habe sich
die SPME in den Experimenten als selektiv und
praktisch bei der Extraktion flüchtiger Verbindungen
aus dem Headspace erwiesen. Von Nachteil sei
indes die geringe Phasenmenge (0,5 µL) gewesen.
Entsprechend erweise sich die SPME zwar als
praktisch und vielseitig, jedoch begrenzt in ihrer
Split
Split
Split
TDU-Liner
Twister
Liner-in-
Liner-Prinzip
KAS-Liner
GC-Säule
Thermodesorption des Twisters in der TDU, dann Cryofokussierung
der Analyten im KAS mit anschließender temperaturprogrammierter
Überführung auf die GC-Säule.
Sorptionskapazität und damit der Sensitivität. Dessen
ungeachtet wurden mittels SPME aus Vanille
35 Verbindungen extrahiert, darunter auch Schadstoffe
aus Verpackungsmaterialien sowie acht bislang
noch nicht identifizierte Komponenten.
Headspace Sorptive Extraction
(HSSE)
Die HSSE ist eine Weiterentwicklung der Stir Bar
Sorptive Extraction (SBSE), die sich bereits vielfach
bei der Bestimmung u. a. von Aromen bewährt
hat [2], und basiert auf dem Einsatz des GERS-
TEL-Twisters in der Funktion als Passivsammler:
Bei der SBSE extrahiert der Twister die Analyten,
während er die Probe durchmischt. Bei der HSSE
wird der Twister im Dampfraum über der Probe
im Vial positioniert; die Extraktion der Analyten
erfolgt also aus dem Headspace. Sobald sich
ein stabiles Gleichgewicht der Analyten zwischen
Sorptionsphase und dem Headspace beziehungsweise
der Probe eingestellt hat, wird der Twister
entnommen. Die thermische Desorption und Überführung
der Analyten auf den GC erfolgt (wie bei der
SBSE) mittels der GERSTEL-ThermalDesorption-
Unit (TDU) automatisiert mit dem GERSTEL-
MultiPurposeSampler (MPS). Aufgrund ihres
gegenüber der SPME (0,5 µL) signifikant größeren
Phasenvolumens (PDMS-Twister: 125 µL) erweist
sich die HSSE als besonders sensitiv für mittel- bis
unpolare Verbindungen im Spurenbereich; inzwischen
ist ein Ethylenglycol-Silikon-Twister verfügbar,
der für die Extraktion unpolarer und bestimmter
polarer Verbindungen ausgelegt ist. Insgesamt
wurden 19 Verbindungen identifiziert, darunter vier
neue, die im Zuge der Vanilleanalyse bislang noch
nicht bestimmt und dokumentiert worden waren.
26 GERSTEL Aktuell – Dezember 2013
Dynamische Headspace-Technik
(DHS)
Mithilfe eines Trägergases, das durch den Headspace
der Probe geleitet wird, werden die Analyten
auf einem nachgeschalteten geeigneten Trägermaterial
angereichert (im vorliegenden Fall
handelte es sich um Tenax TA). Im Gegensatz zu
SPME und HSSE zeigte Tenax TA keine spezifische
Affinität für bestimmte Verbindungsklassen, sondern
reicherte Analyten über einen etwas weiteren
Polaritätsbereich an. Schwierigkeiten hätten
allerdings solche mit drei oder weniger Kohlenstoffatomen
bereitet, schreibt Toth. Insgesamt habe
er in der hochwertigen Vanille mittels der DHS 24
Verbindungen identifiziert, darunter zehn bislang
noch nicht in Vanille gefundene Komponenten.
Direkte Thermische Desorption
(DTD)
Die Probe wurde in einem geeigneten inerten Glasröhrchen
(Liner) zwischen zwei Pfropfen aus Glaswolle
gegeben und in der ThermalDesorptionUnit
(TDU) über eine Temperaturrampe (30 °C – 60 °C/
min – 275 °C) thermisch extrahiert. Die Analyten
wurden im KaltAufgabeSystem (KAS) des verwendeten
Agilent GC 6890 cryofokussiert und anschließend
temperaturprogrammiert auf die GC-Säule überführt.
In der untersuchten „guten“ wie „schlechten“ Vanilleschote
identifizierte Toth mittels der DTD-TDU-
GC/MS-Methode jeweils 74 Verbindungen (weitere
Analysen förderten 30 bislang nicht in Vanilleschoten
gefundene Verbindungen zutage). Bemerkenswert
sei die unterschiedliche Vanillinkonzentration
gewesen: In der „guten“ Vanilleschote lag sie bei 1,2
Prozent, in der „schlechten“ nur bei 0,1 Prozent.
In der vom Handel akzeptierten Vanilleschote
fand Toth hohe Konzentrationen an Essigsäure,
2-Methoxyphenol, Hydroxydihydromaltol, 5-(Hydroxymethyl)furan-2-carbaldehyd,
4-Hydroxybenzaldehyd,
Vanillin, Hexadecansäure und 1-Octadecanol.
„Die in der Analyse identifizierten Verbindungen
für diese Bourbon-Vanilleschote stimmen
mit vorherigen Daten, die in der Literatur dokumentiert
wurden, überein“, schreibt Toth. Zum ersten
Mal in Vanilleschoten nachweisen konnte er
unter anderem Aceton, 2-Methylpropanal, 3-Hydroxy-3-penten-2-on,
2(5H)-Furanon, 2-Hydroxy-
2-cyclopenten-1-on, 4-Hydroxy-5-methyl-3(2H)-
furanon, 2-Furancarboxylsäure, Lilialsäure,
4-(4-Hydroxyphenyl)-3-buten-2-on, 4-(4-Hydroxy-3-methoxyphenyl)-3-buten-2-on
(E), zwei
Isomere von Vanillinglycerylacetal, 1-Octadecanol,
Ethylheptadecanoat, Ethyloctadecanoat, z-12-Pentacosen
und z-14-Nonacosen. In der „schlechten“
Schote bestimmte Toth u. a. hohe Konzentrationen
an 2-Methoxyphenol, 2-Methoxy-4-methylphenol,
Hexadecansäure und 1-Octadecanol.
Zu den größten Unterschieden zwischen der
„guten“ und „schlechten“ Bourbon-Vanilleschote,
die durch die DTD-TDU-GC/MS-Analyse aufgedeckt
wurden, zähle der Verlust von Vanillin, die Erhöhung
von 2-Methoxy-4-methylphenol und 2-Methoxyphenol
sowie der Verlust von Hydroxydihydromaltol
und Hydroxymethylfurfural, schreibt Toth. Fuselalkohole
konnten im Gegensatz zu den SPME-, HSSEund
DHS-Experimenten mit der DTD-TDU-GC/MS-
Technik nicht nachgewiesen werden. Dass in der
vom Handel abgelehnten Vanilleschote unterschiedliche
Mengen an Fuselalkoholen nachgewiesen wurden
(der Nachweis an sich bestärkt die anfängliche
Theorie eines bakteriellen Abbaus), mache die
unterschiedlichen Stärken jeder einzelnen Headspace-Technik
deutlich. Während jede einzelne
ihre Schwächen haben mag, ermöglicht ihre Kombination,
das Gesamtbild der Inhaltsstoffe einer
Aromaprobe vollends rund zu machen. Als günstig
erweist es sich für den Anwender, wenn er auf alle
Headspace-Techniken, sprich: SPME, HSSE, dynamische
Headspace (DHS) und die direkte thermische
Desorption (DTD) zurückgreifen kann. Realisieren
lassen sie sich jedenfalls auf einem automatisierten
Komplettsystem von GERSTEL.
Quellen
Total-Ion-Chromatogramm einer tahitianischen Vanille mittels DTD-TDU-GC/MS. Gefunden wurden folgende
Komponenten: 2-(5H)-Furanon, 2-Hydroxy-2-cyclopenten-1-on, 2-Acetyl-2-hydroxy-gamma-butyrolacton,
3,5-Dihydroxy-2-methylpyran-4-on, 3-Phenyl-2-propensäure, 4-Hydroxy-2-methoxyzimtaldehyd, 4-(4-Hydroxy-
3-methoxyphenyl)-3-buten-2-on (E), 2 Isomere von 2-(4-Hydroxy-3-methoxyphenyl)-1,3-dioxan-5-ol, Kauren
und z-12-Pentacosen.
[1] Stephen J. Toth: Comparison and integration of
analytical methods for the characterization of
vanilla chemistry. Proquest, Umi Dissertation
Publishing 2012
[2] Flavor, Fragrance, and Odoor Analysis, 2. Ausgabe,
CRC Press, Taylor & Francis Group 2012
GERSTEL Aktuell – Dezember 2013 27
Zauberhafte Vani le
Ein Ansat zur Analyse von
Vani leschoten und -extrakten
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Achtung, Weichmacher!
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MATERIALANALYSE
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Nr. 47 Dezember 2013
ISSN 1618 5900
GERSTEL hat einen Weg gefunden, wie Anwender ein Maximum
an Informationen aus einer Materialprobe herausholen können –
ohne das GC/MS-System extra auf- oder umzurüsten. Als Lösung
entwickelten die GERSTEL-Experten ein spezielles Pyrolyse-Modul
(GERSTEL-Pyro), das sich im Handumdrehen in die GERSTEL-
ThermalDesorptionUnit (TDU) einführen lässt. Die Kombination
von Thermodesorption und Pyrolyse und das zugrundeliegende
modulare Konzept eröffent neue Einblicke und Möglichkeiten in
der Materialanalyse.
GERSTEL auf der analytica 2014
Wir sehen uns: Stand 323, Halle A1,
1. - 4. April 2014 in München!
GERSTEL online: Hinweise zu
Produkten, Terminen, Veranstaltungen
und Applikationen sowie weitreichende
Informationen über das Unternehmen
und seine kundenorientierten Lösungen
finden Sie im Internet unter www.gerstel.
de. Dort finden Sie u. a. auch die vorliegende
GERSTEL Aktuell 47 sowie die
PDF-Dateien vieler weiterer Schriften des
Unternehmens zum Herunterladen.
Atmosphärenforschung
Sollten Sie
Fragen zu
einem der
Beiträge
in dieser
47. Ausgabe
der „GERSTEL Aktuell“ haben
oder ergänzende Informationen
wünschen, freuen wir uns auf
Ihre E-Mail an aktuell@gerstel.de.
Umfangreiches Informationsmaterial
über die Produkte und Systemlösungen
des Unternehmens
finden Sie wie gewohnt im Internet
unter www.gerstel.de.
Miefige Table ten – nein danke!
Geruchsverursacher in Pharmazeutika
Vorsicht, Fettnäpfchen!
Deklarationspflichtige Fe t-
anteile in Lebensmi teln
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ISSN 1618-5900 · 12/ 2013
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