Weibliche ~It der frau 1\2009
S<strong>ie</strong> suchen nach neuen Brustkrebsbehandlungen, lassen sich von der Natur zu innovativen technischen Losungen inspir<strong>ie</strong>ren, analys<strong>ie</strong>ren Med<strong>ie</strong>n, erforschen unser Zahlungsverhalten oder erarbeiten Bemessungsgrundlagen fUr naturnahe Flussregul<strong>ie</strong>rungen. FUnf junge osterreichische Wissenschafterinnen erzahlen von ihrer Arbeit, ihrem Leben und vom Frau-Sein in der Forschung. Text: Julia Kospach Von K<strong>ie</strong>selalgen lernen Ille Gebeshuber, 39, forscht ,Is Physikerin an den Schnittstellen von Biolog<strong>ie</strong> und Technik. »fch habe mir noch n<strong>ie</strong> von irgendwem was sagen lassen. So habe ich es bis jetzt immer gehalten und es ist immer ganz gut gegangen«, sagt me Gebeshuber gelassen. Wichtig ist ihr fUr ihre Forschung, .dass ich meine Freiheit und meinen Spail. habe«. Was zahlt, ist, dass d<strong>ie</strong> Mittel da sind und dass man international gut vernetzt ist, sagt d<strong>ie</strong> Experimentalphysikerin von der <strong>TU</strong> W<strong>ie</strong>n, d<strong>ie</strong> sich im November habilit<strong>ie</strong>rte und mit Jahresbeginn eine Professur in Kuala Lumpur angenommen hat. Dass s<strong>ie</strong> eine Frau in der Mannerdomane Physik ist? Kein Problem. »Ich bin d<strong>ie</strong> Vorzeigefrau h<strong>ie</strong>r, well ich auch d<strong>ie</strong> einzige Frau bin. Ich werde h<strong>ie</strong>r am Institut richtig gehatschelt.« Der Wechsel nach Malaysia? .fch bin halt unheimlich kreativ, das ist das, was s<strong>ie</strong> dort brauchen.• lhr Spezialgeb<strong>ie</strong>t? •Tribolog<strong>ie</strong>, d<strong>ie</strong> Lehre von Reibung, Schm<strong>ie</strong>rung, Verschleiil. und Klebrigkeit. Da gibt es noch weniger Madels als in der Physik«, meint me Gebeshuber lachend und ihre dunkelroten Wuschellocken wippen. »Ich l<strong>ie</strong>be alles, was lebt«, sagt s<strong>ie</strong> und spricht von den Schnittstellen zwischen Biolog<strong>ie</strong> und Technik, d<strong>ie</strong> s<strong>ie</strong> so faszin<strong>ie</strong>ren, vom seltsamen Vogel Waldrapp, dessen schwarze Federn je nach Lichteinfall schillern w<strong>ie</strong> ein Olfleck aufAsphalt, vom komplexen Aufbau des Kohlweiil.lingflUgels, den kUnstlich nachzubauen Jahre dauern wUrde, und von 45 Mlllionen rahre alten, winzigen K<strong>ie</strong>selalgenkornern, deren Einzeltelle mit den raffin<strong>ie</strong>rtesten und vor allem haltbarsten Gelenksverbindungen zusammengefUgt sind, d<strong>ie</strong> man sich nur vorstellen kann. »Solche natUrlichen Systeme von Verbindungsstrukturen, d<strong>ie</strong> Jahrmillionen gehalten hoben, kuno man w<strong>ie</strong>der flir nanotechnische Maschinen verwenden. Derzeit haben wir Probleme, well man fUr d<strong>ie</strong> Einzeltelle von Maschinen, deren Durchmesser nur das Zwanzigstel eines Haares betragt, neue Verbindungsstrukturen braucht. D<strong>ie</strong> bisher bekannten funktion<strong>ie</strong>ren da nicht mehr." D<strong>ie</strong> fossllen K<strong>ie</strong>selalgen l<strong>ie</strong>fern dazu neue Ideen. me Gebeshuber erzahlt, s<strong>ie</strong> sei d<strong>ie</strong> Erste in ihrer Famil<strong>ie</strong>, d<strong>ie</strong> langer als bis 15 in d<strong>ie</strong> Schule gegangen ist. »AIs Kind habe ich nicht einmal gewusst, dass man als Wissenschafterin arbeiten kann,« Dos sei mit ein Grund, warum s<strong>ie</strong> sich so fUr d<strong>ie</strong> Offentlichkeitsarbeit der Uni einsetze, Ftihrungen durchs lnstitut mache und sich tiberhaupt zunehmend als Initiatorin sehe, als jemand, d<strong>ie</strong> neue Sachen und Projekte in d<strong>ie</strong> Welt setzt und moglichst v<strong>ie</strong>le Leute mit dem erreichen will, was s<strong>ie</strong> seiber tut. Eine der jtingsten Initiativen, an der s<strong>ie</strong> mail.geblich als Mitbegrtinderin beteiligt war, ist das Bionik-Zentrum, an dem selt runi 2008 dreiJ1ig Forscherlnnen aus allen acht Fakultaten der Technischen Universitat W<strong>ie</strong>n vertreten sind und Uber neue technische Wsungen und Innovationen nachdenken, d<strong>ie</strong> von der Natur inspir<strong>ie</strong>rt sind. »Bei einer Konferenz in Hannover habe ich eine Architektin von der <strong>TU</strong> W<strong>ie</strong>n getroffen, d<strong>ie</strong> nach dem Modell von Mar<strong>ie</strong>nkaferflUgeln an auffaltbaren Mondstationen bastelt, also genauso w<strong>ie</strong> ich bionisch inspir<strong>ie</strong>rte Arbeit macht, ohne dass ich es wusste.« D<strong>ie</strong> GrUndung des Bionik-Zentrums war d<strong>ie</strong> logische Konsequenz. »Ich Hebe alles, was lebt.« ll<strong>ie</strong> Gebeshuber sagt, s<strong>ie</strong> finde es wichtig, bei ihrer Arbeit das Ganze im Blick zu behalten. Technik urn der Technik willen sei ihr zu wenig.•Ich denke im Kontext, well mir der Kontext wichtig ist, und es ist mir ouch wichtig, doss mein Mann und meine Freundlnnen verstehen, was ich mache." fhre Arbeit mUsse Sinn haben und s<strong>ie</strong> Uberlege sich auch deren Konsequenzen fUr d<strong>ie</strong> Umwelt, d<strong>ie</strong> Menschen oder d<strong>ie</strong> Ressourcen der Erde. ~Ftir meine Arbeit wird keine einzige Spinne sterben«, sagt s<strong>ie</strong>. Undo .Auch ich habe nicht vor, mich fUr d<strong>ie</strong> Wissenschaft zu Tode zu arbeiten. Es ist mir eine groil.e Freude, aber es gibt auch v<strong>ie</strong>le andere schone Moglichkeiten, seine Zeit zu verbringen.• In ihrem Fall zum Beisp<strong>ie</strong>l d<strong>ie</strong> Oper, das SammeJn von Edelsteinen, d<strong>ie</strong> Beschaftigung mit ihren zwei Graupapage<strong>ie</strong>n oder ihren Ratten. Ihr nachster Plan: »In Malaysia mache ich den HubschrauberfUhrerschein.« -> welt der frau 1\2009 5