DIEABTREIBUNGALS I
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378 .JOHANNES VILAR<br />
wenn aber der Grenzfall eintritt, daB alle verfügbaren Arzte sich weigern,<br />
muB der Staat einen zwingen)) 102.<br />
In der berühmten Sitzung des Bundestages im Juni 1974 wurde schon<br />
dieses Geschenk für die Arzte vorbereitet, über das auBer in Fachkreisen<br />
kaum ein Wort gefallen ist:<br />
«Art. 2 Weigerung.<br />
1 Niemand ist verpflichtet, an einem Schwangerschaftsabbruch mitzuwirken.<br />
11 Absatz 1 gilt nicht, wenn die Mitwirkung notwendig ist, um von der<br />
Frau eine andere nicht abwendbare Gefahr des Todes oder einer schweren<br />
Gesundheitsschadigung abzuwenden)) 103.<br />
Das von allen Seiten mit gro~en Worten angepriesene Prinzip der<br />
Freiheit jedes einzelnen bei dem Schwangerschaftsabbruch gilt somit für<br />
die Arzte nicht. Art. 2 11 beinhaltet den aktiven Zwang zur «Totungshandlung))<br />
104. Diese Art von au~erplanmaBigen Henkern, ohne das es sich um<br />
Schuldige handelt, ohne Gerichtsurteil gegen den Fotus, istmit dem<br />
medizinischen Ethos, das auf dem hippokratischen Eid aufbaut, unvereinbar<br />
und ist jedem menschlichen Gewissen zuwider. Wenn dies zu einem Konflikt<br />
des Arztes mit diesem «Gesetz)) führt, fande hier jene in der Anm. 94<br />
erwahnte Haltung des Bischofs von Washington ihre volle Berechtigung.<br />
Nicht nachzugeben ist für jeden Arzt Pflicht geworden, trotz der sicheren<br />
Gefahr der Diskriminierung, in die er durch eine sol che Haltung geraten<br />
wird.<br />
Das Gesetz schafft nicht die ethische Norm, sondern umgekehrt.<br />
Aber es ist nicht zu übersehen, daB das Gesetz doch die individuelle Ethik<br />
in der Tat Leiten kann. Wo das Gesetz die Abtreibung auf keinen Fall duldet,<br />
handelt jeder Mensch, der einen Fotus oder ein Embryo umbringt, gegen<br />
sein Gewissen und weiB, daB er Unrecht tut. Wenn das Gesetz nicht<br />
existiert, fehlt dem Gewissen das Licht des Gesetzes, dann ist es nur<br />
eine Frage der Zeit, daB derselbe Mensch oder die kommende Generation<br />
das Prinzip der Unantastbarkeit des Lebens kaum weiter anerkennt. Heute<br />
kann man schon Menschen der Überzeugung finden, daB sie der Mutter<br />
sogar Unrecht Hiten, wenn sie einen Abort nicht vornehmen würden.<br />
Aus welchen Gründen auch immer ist die Abtreibungsseuche ein<br />
102. GUARDINI, R., Das Recht des werdenden Menschenlebens 12.<br />
103. Deutsche Gesetze §§ 218-219 StGB. Stand Mai 1975.<br />
104. Das Wort ist aus der Begründung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes<br />
entnommen (Siehe oben Anm. 91).