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Frauen als Zielgruppe ehrenamtlichen Engagements<br />

im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

Kurzgutachten<br />

im Auftrag des Bundesamtes<br />

für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe<br />

Priv.-Doz. Dr. E. M. Geenen<br />

unter Mitarbeit von<br />

Dr. R. Strangmeier<br />

Ottendorf bei Kiel<br />

im Sept. 2012<br />

ISOKIA<br />

Institut für Sozioökonomische und Kulturelle Internationale Analyse<br />

Institute for Socioeconomic and Cultural International Analysis<br />

Priv.-Doz. Dr. phil. habil. Geenen


Management Summary: Problemstellung und Empfehlungen<br />

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ist bestrebt, bisher zu wenig<br />

berücksichtigte Bevölkerungsgruppen für eine ehrenamtliche Mitwirkung im Bevölkerungsschutz zu<br />

gewinnen. Frauen gehören zu den Bevölkerungsgruppen, die im Bereich des Zivil- und Katastrophenschutzes<br />

noch erheblich unterrepräsentiert sind.<br />

Das Ziel dieses Kurzgutachtens ist es, Barrieren und Hemmnisse für die ehrenamtliche Mitwirkung<br />

von Frauen in diesem Bereich herauszuarbeiten und Ansätze für Veränderungsstrategien vorzuschlagen,<br />

die geeignet sind, eine Erhöhung des Engagements von Frauen im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

zu erreichen.<br />

Ein internationaler Vergleich ergibt, dass in den Freiwilligen-Surveys in Deutschland das ehrenamtliche<br />

Engagement unzulänglich erfasst wird, indem nicht, wie in Österreich und der Schweiz zwischen<br />

formellem (organisationsgebundenem) und informellem (z.B. nachbarschaftlichem) freiwilligen Engagement<br />

unterschieden wird. Dies wirkt sich insbesondere dahingehend aus, dass fälschlich von<br />

geringerem Engagement von Frauen ausgegangen wird, was oft gerade im informellen Bereich höher<br />

ist als das von Männern. Es ist zu bedenken, dass informelles freiwilliges Engagement, welches öffentlich<br />

unsichtbar bleibt, in vielen Fällen die Notwendigkeit organisierten freiwilligen und sonstigen<br />

Engagements reduziert oder unnötig macht.<br />

Hinsichtlich Veränderungsstrategien zur Verbesserung des Engagements von Frauen im Zivil- und<br />

Katastrophenschutz ergibt die internationale Recherche lediglich für Australien eine Reihe praktischer<br />

und bedenkenswerter Ansätze, die im Abschnitt 2.2 vorgestellt werden. Berücksichtigt wurden<br />

(neben Deutschland) Australien, Großbritannien, Frankreich, die Niederlande, Österreich, Schweiz<br />

und die Tschechische Republik. Eine wichtige und in Australien erprobte Strategie ist die Herstellung<br />

einer sicheren und vorurteilsarmen Lern-, Übungs- und Arbeitsumgebung, in der Frauen ihre Fähigkeiten<br />

entdecken, erproben und entwickeln können.<br />

Ein weiteres Ergebnis der internationalen Recherche ist, dass auch in anderen europäischen Ländern<br />

Frauen im Ehrenamt in Leitungs- und Führungsfunktionen unterrepräsentiert sind und dass Gender-<br />

Mainstreaming-Strategien in keinem der betrachteten Länder systematisch verfolgt werden.<br />

Zu den Organisationen, die im Zivil- und Katastrophenschutz in Deutschland aktiv sind und die in die<br />

Untersuchung einbezogen wurden,<br />

1. Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V. (ASB)<br />

2. Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)<br />

3. Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. (DLRG)<br />

4. Deutsches Rotes Kreuz e. V. (DRK)<br />

5. Freiwillige Feuerwehr (FF)<br />

6. Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. (JUH)<br />

7. Malteser Hilfsdienst e. V. (MHD)<br />

ergeben sich folgende Befunde aus den Recherchen und Expertengesprächen (siehe Kapitel 3):<br />

Die Beteiligung von Frauen an ehrenamtlichen Tätigkeiten divergiert beträchtlich. Auf Leitungsebene<br />

grenzt nur die Frauenbeteiligung im ASB an ein paritätisches Geschlechterverhältnis. Die größten<br />

Defizite hinsichtlich der Einbeziehung von Frauen auch auf der Basisebene sind beim Technischen<br />

I – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Hilfswerk zu verzeichnen, auch wenn es dort zaghafte Ansätze zur Integration von Frauen gibt. Demgegenüber<br />

zeigen sich bei der Freiwilligen Feuerwehr erhebliche Fortschritte, nicht zuletzt angeregt<br />

durch ein praxisorientiert-begleitendes soziologisches Forschungsprojekt.<br />

Bei den Jugendorganisationen der Vereine sind zum Teil weiterentwickelte Ansätze zum Gender<br />

Mainstreaming und teils ebenfalls eine beachtenswerte Beteiligung von Frauen auf Leitungsebenen<br />

zu finden. Hervorhebenswert ist der durchdachte Gender-Mainstreaming-Ansatz der Johanniter-<br />

Jugend.<br />

Generell ist zu konstatieren, dass Frauen in fast allen betrachteten Organisationen auf den operativen<br />

und den Führungsebenen jeweils dort, wo es um Entscheidungen geht, erheblich unterrepräsentiert<br />

sind. Die geschlechterparitätische Besetzung der Bereitschaftsleitungen bildet eine Ausnahme in<br />

der Leitungsstruktur des DRK. Hinsichtlich der Beteiligung an Lehrgängen, die den Zugang zu Führungs-<br />

und Leitungspositionen ermöglichen, ist die Situation nicht wesentlich anders. In den betrachteten<br />

Organisationen ist die Situation jedoch sehr heterogen, sodass die Lektüre der entsprechenden<br />

Abschnitte in Kapitel 3 dringend empfohlen wird.<br />

Bezogen auf Veränderungsstrategien sind zwei wichtige Grundansätze zu unterscheiden:<br />

• Einerseits muss an der traditionellen genderorientierten Sicht von Organisationen, Frauen im<br />

Non-Decision-Bereich zu situieren, gearbeitet werden. Dafür müssen das entsprechende Bewusstsein<br />

sowie günstige Voraussetzungen für die Teilnahme von Frauen an Leitungs- und<br />

Führungslehrgängen und für den Zugang zu den entsprechenden Funktionen geschaffen<br />

werden.<br />

• Auf der grundlegenden Ebene, insbesondere im THW, teils auch bei der Feuerwehr, gilt es,<br />

Frauen durch überlegte Öffentlichkeitsarbeit, Schnupperkurse u. ä. als Frauen anzusprechen<br />

sowie überkommenen Geschlechterstereotypen einer weiblichen Technikdistanz die alten<br />

Zöpfe abzuschneiden und sich so inhaltlich und kulturell verstärkt für Frauen zu öffnen. Gute<br />

Wege in diese Richtung zeigen die Leitlinien der Frauen der Freiwilligen Feuerwehren im<br />

Deutschen Feuerwehrverband und die in Australien erarbeiteten und realisierten Vorschläge.<br />

Die vorliegende Organisationsstudie ist – soweit bekannt – die erste, in die alle im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

relevanten Hilfsorganisationen einbezogen werden. Anders als bei Individualstudien<br />

ermöglicht eine organisationszentrierte Untersuchung, strukturelle Barrieren für Frauen, die sich in<br />

diesem Bereich engagieren (wollen), aufzuzeigen. Im Rahmen des Kurzgutachtens konnten die inneren<br />

Kulturen und Strukturen der Hilfsorganisationen nicht umfassend von der Bundeanstalt bzw. den<br />

Bundesverbänden bis zur Basis untersucht werden. Auch die befragten Expertinnen und Experten der<br />

Organisationen, die auf Bundesebene angesiedelt sind, können nicht wissen, wie z. B. Gender-<br />

Mainstreaming-Strategien in allen Ortsvereinen umgesetzt werden und wirken, zumal auch die Strukturen<br />

der Organisationen (mit Ausnahme der Bundesanstalt) föderal angelegt sind.<br />

Ausdrücklich sei angemerkt, dass die Studie Pilotcharakter hat. In einem solchen Rahmen kann keine<br />

umfassende, systematische Organisationsanalyse durchgeführt werden. Sehr wohl jedoch sind Tendenzen<br />

genderspezifischer Chancen und Zugänge zu Aufgaben und Funktionen zu konstatieren, die<br />

ernst genommen werden sollten und deutlich den Veränderungsbedarf aufzeigen. Die Erhebung eines<br />

Meinungsbildes der Organisationsmitglieder war nicht Gegenstand der Untersuchung. Wenn ein<br />

öffentliches Interesse an der Beteiligung von Frauen im Bereich Zivil- und Katastrophenschutz besteht,<br />

sollten auch die Forschungsmittel bereitgestellt werden, um einen basisgeprüften Bedarf an<br />

II – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Verbesserungen, z.B. von Leitlinien und Gender-Mainstreaming-Konzepten, herausarbeiten zu können.<br />

Viel zu wenig im Blickfeld der meisten Organisationen ist die Mehrfachbelastung von Frauen in den<br />

Altersgruppen, in denen sie faktisch in viel höherem Maße als Männer Familien- und kinderbezogene<br />

Arbeit leisten. Entlastende Maßnahmen, die Frauen ein freiwilliges Engagement auch in leitenden<br />

und führenden Funktionen ermöglichen, sind dringend erforderlich.<br />

Weitere Empfehlungen und Strategieansätze sind in Kapitel 4 dargestellt.<br />

Wichtige Ergebnisse der Untersuchung sind in Abschnitt 1.4 zu elf Thesen verdichtet, die erläutert<br />

und mit strategischen Konsequenzen verknüpft werden.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – III


Inhaltsübersicht<br />

Management Summary: Problemstellung und Empfehlungen............................................. I<br />

Inhaltsübersicht .................................................................................................................................. IV<br />

Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................................ V<br />

Abbildungen ..................................................................................................................................... VIII<br />

1. Auftrag – Auftragsbearbeitung – Literaturlage – Begriffsbildung – Thesen –<br />

Strategieansätze ........................................................................................................ 1<br />

1.1 Auftrag und Vorgehen ................................................................................................................. 1<br />

1.2 Literaturlage ................................................................................................................................ 2<br />

1.3 Begriffsbildung und methodische Probleme der Vergleichbarkeit von Studien und Daten ....... 5<br />

1.4 Thesen und Strategieansätze ...................................................................................................... 6<br />

2. Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder .................................. 13<br />

2.1 Deutschland: Ergebnisse des Freiwilligensurveys 2009 mit Bezügen zu den Surveys 2004 und<br />

1999 ........................................................................................................................................... 13<br />

2.2 Australien und Großbritannien ................................................................................................. 21<br />

2.3 Frankreich .................................................................................................................................. 28<br />

2.4 Niederlande ............................................................................................................................... 31<br />

2.5 Österreich .................................................................................................................................. 34<br />

2.6 Schweiz ...................................................................................................................................... 42<br />

2.7 Tschechische Republik .............................................................................................................. 45<br />

3. Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz .............................................. 48<br />

3.1 Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V. (ASB) .................................................................... 49<br />

3.2 Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) ............................................................................ 54<br />

3.3 Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. (DLRG)............................................................... 65<br />

3.4 Deutsches Rotes Kreuz e. V. (DRK) ............................................................................................ 73<br />

3.5 Freiwillige Feuerwehr (FF) ......................................................................................................... 81<br />

3.6 Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. (JUH) .......................................................................................... 100<br />

3.7 Malteser Hilfsdienst e. V. (MHD) ............................................................................................. 107<br />

4. Veränderungsstrategien .......................................................................................... 115<br />

4.1 Lösungsansätze ....................................................................................................................... 115<br />

4.2 Lessons learned ....................................................................................................................... 117<br />

5. Aggregiertes Literaturverzeichnis ............................................................................ 121<br />

IV – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Inhaltsverzeichnis<br />

Management Summary: Problemstellung und Empfehlungen............................................. I<br />

Inhaltsübersicht .................................................................................................................................. IV<br />

Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................................ V<br />

Abbildungen ..................................................................................................................................... VIII<br />

1. Auftrag – Auftragsbearbeitung – Literaturlage – Begriffsbildung – Thesen –<br />

Strategieansätze ........................................................................................................ 1<br />

1.1 Auftrag und Vorgehen ................................................................................................................. 1<br />

1.2 Literaturlage ................................................................................................................................ 2<br />

1.3 Begriffsbildung und methodische Probleme der Vergleichbarkeit von Studien und Daten ....... 5<br />

1.4 Thesen und Strategieansätze ...................................................................................................... 6<br />

2. Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder .................................. 13<br />

2.1 Deutschland: Ergebnisse des Freiwilligensurveys 2009 mit Bezügen zu den Surveys 2004 und<br />

1999 ........................................................................................................................................... 13<br />

2.2 Australien und Großbritannien ................................................................................................. 21<br />

2.2.1 Ein- und Aufstiegsbarrieren für Frauen – Ursachen und Hemmnisse ........................... 21<br />

2.2.2 Forschungsagenda ......................................................................................................... 26<br />

2.2.3 Lösungsansätze und -initiativen .................................................................................... 27<br />

2.3 Frankreich .................................................................................................................................. 28<br />

2.4 Niederlande ............................................................................................................................... 31<br />

2.5 Österreich .................................................................................................................................. 34<br />

2.5.1 Methodische Fragen ...................................................................................................... 34<br />

2.5.2 Formelles und informelles freiwilliges Engagement – zur begrifflichen Unterscheidung<br />

....................................................................................................................................... 34<br />

2.5.3 Freiwilliges Engagement von Frauen und Männern in Österreich ................................ 35<br />

2.5.4 Freiwilliges Engagement in Katastrophenhilfs- und Rettungsdiensten ......................... 36<br />

2.5.5 Feuerwehren ................................................................................................................. 36<br />

2.5.6 Rettungsdienste ............................................................................................................. 38<br />

2.5.7 Rechtliche Rahmenbedingungen freiwilligen Engagements im Katastrophenhilfs- und<br />

Rettungsdienst .............................................................................................................. 39<br />

2.5.8 Untersuchungen zur Motivation im Ehrenamt bei steirischen Einsatzorganisationen<br />

und im österreichischen Roten Kreuz ........................................................................... 39<br />

2.5.9 Frauenförderung und Gender Mainstreaming im Zivil- und Katastrophenschutz ........ 41<br />

2.6 Schweiz ...................................................................................................................................... 42<br />

2.7 Tschechische Republik .............................................................................................................. 45<br />

3. Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz .............................................. 48<br />

3.1 Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V. (ASB) .................................................................... 49<br />

3.1.1 Zur Geschichte des ASB ................................................................................................. 49<br />

3.1.2 Organisation .................................................................................................................. 50<br />

3.1.3 Geschlechterproportionen im ASB ................................................................................ 50<br />

3.1.4 Frauen in Leitungs- und Führungspositionen im ASB .................................................... 50<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – V


3.1.5 Jugend im ASB ............................................................................................................... 51<br />

3.1.6 Gleichstellungsbeauftragte und Frauenförderung ........................................................ 51<br />

3.1.7 Rekrutierung von Nachwuchs und aktiven Mitgliedern ................................................ 51<br />

3.1.8 Politischer Handlungsbedarf bezogen auf Rettungsdienste aus Sicht des ASB-Experten<br />

....................................................................................................................................... 52<br />

3.1.9 Zusammenfassende Bemerkungen zum Geschlechterverhältnis im Ehrenamt beim ASB<br />

....................................................................................................................................... 53<br />

3.1.10 Literatur ......................................................................................................................... 53<br />

3.2 Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) ............................................................................ 54<br />

3.2.1 Freiwilliges Engagement im THW .................................................................................. 54<br />

3.2.2 Frauen im THW .............................................................................................................. 55<br />

3.2.3 Frauen in Führungspositionen im Ehrenamt ................................................................. 55<br />

3.2.4 THW und Technikorientierung ...................................................................................... 56<br />

3.2.5 Leitsätze und Leitbild des THW und Frauen .................................................................. 56<br />

3.2.6 Mädchen- und Frauenförderung im THW ..................................................................... 57<br />

3.2.7 Junghelferinnen im THW und Nachwuchsgewinnung ................................................... 59<br />

3.2.8 Ansprechpartnerinnen für Frauen im THW ................................................................... 61<br />

3.2.9 Résumierende theoriebasierte Überlegungen .............................................................. 62<br />

3.2.10 Literatur ......................................................................................................................... 63<br />

3.3 Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. (DLRG)............................................................... 65<br />

3.3.1 Zur Entstehungsgeschichte der DLRG............................................................................ 65<br />

3.3.2 Geschlechterproportionen in der DLRG ........................................................................ 66<br />

3.3.3 Frauen in Leitungs- und Führungspositionen in der DLRG ............................................ 67<br />

3.3.4 Jugend in der DLRG ........................................................................................................ 69<br />

3.3.5 Gleichstellungsbeauftragte und Frauenförderung ........................................................ 69<br />

3.3.6 Rekrutierung von Nachwuchs und Halten aktiver Mitglieder ....................................... 70<br />

3.3.7 Ausbildung, Fort- und Weiterbildung ............................................................................ 70<br />

3.3.8 Politischer Handlungsbedarf ......................................................................................... 71<br />

3.3.9 Zusammenfassende Bemerkungen ............................................................................... 71<br />

3.3.10 Literatur ......................................................................................................................... 71<br />

3.4 Deutsches Rotes Kreuz e. V. (DRK) ............................................................................................ 73<br />

3.4.1 Aufgaben, Mitglieder, Organisation .............................................................................. 73<br />

3.4.2 Zur Entstehungsgeschichte des Roten Kreuzes ............................................................. 74<br />

3.4.3 Geschlechterproportionen im DRK und das geschlechterbezogene Selbstverständnis 75<br />

3.4.4 Frauen in Leitungs- und Führungspositionen im DRK ................................................... 76<br />

3.4.5 Jugend im DRK ............................................................................................................... 77<br />

3.4.6 Gleichstellungsbeauftragte und Frauenförderung ........................................................ 78<br />

3.4.7 Rekrutierung von Nachwuchs und aktiven Mitgliedern ................................................ 78<br />

3.4.8 Zusammenfassende Bemerkungen ............................................................................... 79<br />

3.4.9 Literatur ......................................................................................................................... 79<br />

3.5 Freiwillige Feuerwehr (FF) ......................................................................................................... 81<br />

3.5.1 Aufgaben der Feuerwehr ............................................................................................... 81<br />

3.5.2 Zur Entstehungsgeschichte der Freiwilligen Feuerwehr ............................................... 81<br />

3.5.3 Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr in Deutschland – zur historische Entwicklung ... 83<br />

3.5.4 Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr – Situation und Entwicklung ............................. 84<br />

3.5.5 Das Projekt von Wetterer, Poppenhusen und Voss und die Folgen ............................. 86<br />

VI – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


3.5.6 Verankerung der Frauen im DFV (Leitsätze, Frauensprecherinnen, Fachgruppe Frauen)<br />

....................................................................................................................................... 90<br />

3.5.7 Das Netzwerk Feuerwehrfrauen e. V. ........................................................................... 90<br />

3.5.8 Geschlechtsspezifische Konnotierung von Technik ....................................................... 91<br />

3.5.9 Frauen in Leitungspositionen bei Freiwilligen Feuerwehren ........................................ 92<br />

3.5.10 Die Jugend bei der Feuerwehr und der Übergang zur Freiwilligen Feuerwehr ............ 92<br />

3.5.11 Rekrutierung von Nachwuchs und das Halten aktiver Mitglieder................................. 94<br />

3.5.12 Gleichstellungsbeauftragte, Frauensprecherinnen und Frauenförderung ................... 95<br />

3.5.13 Politischer Handlungsbedarf bezogen auf Rettungsdienste aus Sicht der Expertin der<br />

Feuerwehr ..................................................................................................................... 96<br />

3.5.14 Vernetzung von Feuerwehrfrauen in Deutschland und Vernetzung mit<br />

Feuerwehrfrauen aus anderen Ländern sowie Erkenntnisse über die Situation von<br />

Frauen bei der Feuerwehr im Ausland .......................................................................... 96<br />

3.5.15 Zusammenfassende Bemerkungen ............................................................................... 97<br />

3.5.16 Literatur ......................................................................................................................... 97<br />

3.6 Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. (JUH) .......................................................................................... 100<br />

3.6.1 Zur Geschichte des Johanniterordens ......................................................................... 100<br />

3.6.2 Aufgaben und MitarbeiterInnen der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. .............................. 101<br />

3.6.3 Frauen in Leitungs- und Führungspositionen der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. ........... 101<br />

3.6.4 Aus-, Fort- und Weiterbildung in der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. .............................. 102<br />

3.6.5 Die Johanniter-Jugend ................................................................................................. 102<br />

3.6.6 Gender Mainstreaming bei der Johanniter-Jugend ..................................................... 102<br />

3.6.7 Gleichstellungsbeauftragte und Frauenförderung ...................................................... 104<br />

3.6.8 Rekrutierung von Nachwuchs und das Halten aktiver Mitglieder............................... 105<br />

3.6.9 Zusammenfassende Bemerkungen ............................................................................. 105<br />

3.6.10 Literatur ....................................................................................................................... 105<br />

3.7 Malteser Hilfsdienst e. V. (MHD) ............................................................................................. 107<br />

3.7.1 Zur Geschichte des Malteserordens ............................................................................ 107<br />

3.7.2 Aufgaben und MitarbeiterInnen des Malteser Hilfsdienst e.V. .................................. 107<br />

3.7.3 Geschlechterproportionen im Malteser Hilfsdienst e.V. ............................................. 108<br />

3.7.4 Frauen in Leitungs- und Führungspositionen im Malteser Hilfsdienst e.V. ................ 109<br />

3.7.5 Die Malteser Jugend .................................................................................................... 109<br />

3.7.6 Gleichstellungsbeauftragte und Frauenförderung ...................................................... 110<br />

3.7.7 Rekrutierung von Nachwuchs und Halten von aktiven Mitgliedern ........................... 110<br />

3.7.8 Motivation im Ehrenamt ............................................................................................. 111<br />

3.7.9 Ausbildung, Fort- und Weiterbildung .......................................................................... 112<br />

3.7.10 Politischer Handlungsbedarf bezogen auf Rettungsdienste aus Sicht der Experten der<br />

Malteser ...................................................................................................................... 112<br />

3.7.11 Zusammenfassende Bemerkungen ............................................................................. 112<br />

3.7.12 Literatur ....................................................................................................................... 113<br />

4. Veränderungsstrategien .......................................................................................... 115<br />

4.1 Lösungsansätze ....................................................................................................................... 115<br />

4.2 Lessons learned ....................................................................................................................... 117<br />

5. Aggregiertes Literaturverzeichnis ............................................................................ 121<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – VII


Abbildungen<br />

Abb. 2.1.<br />

Abb. 2.2.<br />

Abb. 3.1.<br />

Abb. 3.2.<br />

Abb. 3.3.<br />

Abb. 3.4.<br />

Abb. 3.5.<br />

Mitgliederentwicklung der Österreichischen Feuerwehr 1999-2009 nach Daten des<br />

ÖBFV vom 31. Dezember 2009. Quellen: Wikipedia 2012, Feuerwehr in Österreich<br />

(2012), eigene Berechnungen. ...................................................................................... 37<br />

Unbezahlte Arbeit – Ehrenamtliche Tätigkeiten im Begriffssystem des (schweizer)<br />

Bundesamtes für Statistik. Quelle: Bundesamt für Statistik (BfS) 2012a.. ................... 42<br />

Frauenanteile in der Freiwilligen Feuerwehr 1973 - 2009. Quellen: Netzwerk<br />

Feuerwehrfrauen e. V., Frauen in der Feuerwehr; Deutscher Feuerwehrverband,<br />

Feuerwehr-Jahrbuch 2011. ........................................................................................... 85<br />

Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr. Quellen: Darmstädter (o. J.), Projekt „Mädchen<br />

und Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr“; Deutscher Feuerwehrverband, Feuerwehr-<br />

Jahrbuch 2011. .............................................................................................................. 86<br />

Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr nach Bundesländern. Quellen: Darmstädter (o.<br />

J.), Projekt „Mädchen und Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr“; Deutscher<br />

Feuerwehrverband, Feuerwehr-Jahrbuch 2011; eigene Berechnungen. ..................... 88<br />

Mädchen in der Jugendfeuerwehr. Quelle: Deutscher Feuerwehrverband, Feuerwehr-<br />

Jahrbuch 2011; eigene Berechnungen. ......................................................................... 93<br />

Geschlechterproportionen bei der Johanniter-Jugend. Quelle: Johanniter-Jugend<br />

(2005), Gender Mainstreaming ist (für) uns wichtig. .................................................. 103<br />

VIII – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Auftrag und Vorgehen<br />

1. Auftrag – Auftragsbearbeitung – Literaturlage – Begriffsbildung – Thesen –<br />

Strategieansätze<br />

1.1 Auftrag und Vorgehen<br />

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ist bestrebt, bisher zu wenig<br />

berücksichtigte Bevölkerungsgruppen für eine ehrenamtliche Mitwirkung im Bevölkerungsschutz zu<br />

gewinnen. Frauen gehören zu den Bevölkerungsgruppen, die im Bereich des Zivil- und Katastrophenschutz<br />

noch erheblich unterrepräsentiert sind.<br />

Das Ziel des vorliegenden Kurzgutachtens ist es, Barrieren und Hemmnisse für die ehrenamtliche<br />

Mitwirkung von Frauen in diesem Bereich herauszuarbeiten und Ansätze für Veränderungsstrategien<br />

vorzuschlagen, die geeignet sind, eine Erhöhung des Engagements von Frauen im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

zu erreichen.<br />

Im Einzelnen umfasste das Vorgehen folgende Schritte: Zunächst erfolgte eine umfangreiche Literaturrecherche,<br />

um Barrieren und Hemmnissen für die ehrenamtliche Mitwirkung von Frauen im Zivilund<br />

Katastrophenschutz in Deutschland und in ausgewählten europäischen Ländern sowie in Australien<br />

zu identifizieren und herauszuarbeiten. Zudem wurde recherchiert, ob in Deutschland sowie den<br />

anderen ausgewählten Ländern bereits Veränderungsstrategien entwickelt worden sind und gegebenenfalls<br />

auch praktiziert werden, die Anregungen für eine entsprechende Strategie in Deutschland<br />

bieten.<br />

Folgende Staaten wurden bei den Recherchen berücksichtigt: Frankreich, Großbritannien, Niederlande,<br />

Österreich, Schweiz und die Tschechische Republik sowie als außereuropäisches Land Australien,<br />

um aus einer europaexternen Perspektive einen vergleichenden Blick auf europäische Länder zu ermöglichen.<br />

Die länderbezogenen Befunde finden sich in Kapitel 2.<br />

Auf der Grundlage der mittels der Recherche gewonnen Konzepte, Ansätze und Daten erfolgte –<br />

soweit möglich – die Einordnung der Befunde in einen konzeptionellen Zusammenhang und die Entwicklung<br />

eines themenbezogenen Leitfadens für die explorative Untersuchung. Diese wurde in Form<br />

von Expertengesprächen durchgeführt. Dazu wurden Kontakte auf Bundesebene mit folgenden Organisationen<br />

aufgenommen:<br />

• Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V. (ASB),<br />

• Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW),<br />

• Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. (DLRG),<br />

• Deutscher Feuerwehrverband e. V. (DFV),<br />

• Deutsches Rotes Kreuz e. V. (DRK),<br />

• Die Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. (JUH),<br />

• Malteser Hilfsdienst e. V. (MHD).<br />

Die Gewinnung der Expertinnen und Experten 1 auf Bundesverbandsebene bzw. auf der Ebene der<br />

Bundesanstalt erwies sich teilweise als schwierig und sehr zeitaufwändig, z. T. mitbedingt durch enge<br />

1 Um die Lesbarkeit dieses Gutachtens nicht zu erschweren, wird vielfach auf die Nennung der männlichen und<br />

weiblichen Schreibweise verzichtet und stattdessen das große Binnen-I verwendet (z. B. ExpertInnen). Dadurch<br />

sollen sich ausdrücklich auch Männer angesprochen fühlen.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 1


Auftrag – Auftragsbearbeitung – Literaturlage – Begriffsbildung – Thesen – Strategieansätze<br />

Terminpläne der Angesprochenen bzw. auf dieser Ebene Zuständigen. Schließlich konnten ein oder<br />

zwei Expertinnen bzw. Experten aus jeder der genannten Organisationen gewonnen werden. Das<br />

letzte Gespräch ließ sich noch in der letzten Woche vor Fertigstellung des Gutachtens realisieren.<br />

Allen ExpertInnen wurde vorab der themenzentrierte Gesprächsleitfaden, adjustiert auf die jeweilige<br />

Organisation, zur Gesprächsvorbereitung übermittelt. Die durchgeführten Gespräche dauerten zumeist<br />

ca. eine Stunde, in Einzelfällen bis zu zweieinhalb Stunden. Alle Gespräche fanden in einer<br />

überaus konstruktiven Atmosphäre statt und waren inhaltlich sehr fruchtbar. Den Gesprächspartnerinnen<br />

und Gesprächspartnern möchten wir an dieser Stelle für ihr Engagement und Entgegenkommen<br />

herzlich danken. 1 Die Ergebnisse werden im Kapitel 3 dargestellt und erörtert.<br />

Im Verlauf der fach- und länderbezogenen Literaturrecherche und im Verlauf der Expertengespräche,<br />

wurden elf Thesen zu der Frage entwickelt und weiterentwickelt, welche Faktoren sich hemmend<br />

bzw. fördernd auf die ehrenamtliche Mitwirkung von Frauen im Zivil- und Katastrophenschutz auswirken<br />

können. Diese werden im Abschnitt 1.4 vorgestellt und begründet.<br />

Die vorliegende Organisationsstudie ist – soweit bekannt – die erste, in die alle im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

relevanten Hilfsorganisationen einbezogen werden. Anders als Individualstudien<br />

ermöglicht eine organisationszentrierte Untersuchung, strukturelle Barrieren für Frauen, die sich in<br />

diesem Bereich engagieren (wollen), aufzuzeigen. Ausdrücklich sei angemerkt, dass die Studie Pilotcharakter<br />

hat. In einem solchen Rahmen kann keine umfassende, systematische Organisationsanalyse<br />

durchgeführt werden. Sehr wohl jedoch sind Tendenzen genderspezifischer Chancen und Zugänge<br />

zu Aufgaben und Funktionen zu konstatieren, die ernst genommen werden sollten und deutlich<br />

den Veränderungsbedarf aufzeigen. Die Erhebung eines Meinungsbildes der Organisationsmitglieder<br />

war nicht Gegenstand der Untersuchung.<br />

Aus den Thesen und den empirische Befunden werden Vorschläge für eine Veränderungsstrategie<br />

bei der Einwerbung von Frauen für eine ehrenamtliche Tätigkeit abgeleitet und in Kapitel 4 vorgestellt.<br />

1.2 Literaturlage<br />

Das vorliegende Kurzgutachten hat Pilotcharakter, da zwar bezogen auf einzelne Organisationseinheiten<br />

des Zivil- und Katastrophenschutzes (für die Feuerwehr, für das Technische Hilfswerk) aussagekräftige<br />

Studien vorliegen. Jedoch fehlt es an einer Studie, die die unterschiedlichen Organisationen<br />

des Zivil- und Katastrophenschutzes systematisch berücksichtigt. Der Hauptbericht des<br />

Freiwilligensurveys 2009 von Gensicke & Geiss (2010) schafft wegen seiner zu breit gefächerten Fragestellungen<br />

hier keine Abhilfe. Diese Forschungslücke kann auch durch die vorliegende Untersuchung<br />

nicht geschlossen werden.<br />

Zur Situation von Mädchen und Frauen in der Feuerwehr wurde eine umfassende Studie von Wetterer,<br />

Poppenhusen & Voss 2007 verfasst, in die auch umfangreiche Vorschläge zur Frauenförderung<br />

eingearbeitet sind. In Abschnitt 3.5 wird – u.a. durch Expertengespräche gestützt - erörtert, welche<br />

Wirkungen die Studie von Wetterer et al. hatte und ob und wie weitgehend die darin enthaltenen<br />

Empfehlungen umsetzbar waren.<br />

1 Zur Wahrung der Anonymität der Expertinnen und Experten auf Bundesebene bleiben Namen und Funktionen<br />

hier – mit einer Ausnahme – unbezeichnet.<br />

2 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Literaturlage<br />

In einer weiteren thematisch relevanten Studie (Dissertation von Petra Krüger 2007) werden THW,<br />

eine Tafel (sogenanntes Neues Ehrenamt) und AWO bezogen auf Geschlechterdifferenzierungen im<br />

Ehrenamt vergleichend untersucht. Auch auf diese Studie wird an entsprechender Stelle eingegangen.<br />

Zudem liegen weitere Studien vor, in denen Einzelaspekte berücksichtigt sind, z. B. die Vereinbarkeit<br />

von Ehrenamt und Erwerbsarbeit, wobei auf den Wandel von Geschlechterrollen besonders<br />

eingegangen wird (Klenner, Pfahl und Seifert 2001, mit thematischem Schwerpunkt NRW).<br />

Bei den länderbezogenen Recherchen wurden neben Deutschland folgende Länder berücksichtigt:<br />

Niederlande, Schweiz, Österreich, Großbritannien (UK), Frankreich und Tschechische Republik sowie<br />

als außereuropäisches Land Australien.<br />

Zunächst ist zu konstatieren, dass die Situation bezogen auf das Ehrenamt im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

in den berücksichtigten Ländern außerordentlich disparat ist. Verwiesen sei hier z. B. auf<br />

das Milizsystem der Schweiz und die enge Verzahnung von Armee und Bevölkerungsschutz. So findet<br />

informelle und formelle Freiwilligenarbeit in der Schweiz im Wesentlichen außerhalb von Zivil- und<br />

Katastrophenschutz statt. Bezogen auf das Verständnis von Ehrenamt sind am Ehesten Deutschland,<br />

Österreich und Australien vergleichbar.<br />

Zwar liegen für alle berücksichtigten europäischen Länder (mit Ausnahme der Schweiz) Länderberichte<br />

bezogen auf Freiwilligenarbeit (Volunteering in the European Union) vor. In ihnen wird jedoch<br />

nicht auf Freiwilligenarbeit von Frauen im Zivil- und Katastrophenschutz eingegangen. Auch bei europaweit<br />

vergleichenden Studien zum Volunteering (z. B. GHK 2010, Volunteering in the European<br />

Union, Final Report 2010) spielt der Aspekt des Zivil- und Katastrophenschutzes keine nennenswerte<br />

Rolle. In den Länderübersichten der EU-Mitgliedsstaaten (S. 271-277 und 279-287) taucht er bei einzelnen<br />

Ländern (z. B. Österreich) auf, bei den meisten anderen wird er überhaupt nicht erwähnt. Die<br />

Begrifflichkeit ist zudem äußerst heterogen und einzelne Tätigkeiten, die bezogen auf die untersuchten<br />

Länder herausgefunden wurden, werden nicht systematisch dem Zivil- und Katastrophenschutz<br />

als Oberkategorie zugeordnet.<br />

Es hat sich trotz umfangreicher Recherchen als außerordentlich schwierig erwiesen, thematisch einschlägige<br />

Studien, Berichte oder sonstige Dokumente zu den genannten europäischen Ländern zu<br />

finden, die Hinweise auf die Situation für Frauen im Ehrenamt im Zivil- und Katastrophenschutz erbringen<br />

könnten. Für die Schweiz, Frankreich, die Niederlande und Tschechien finden sich in der<br />

deutsch- und englischsprachigen Literatur weder Hinweise auf Barrieren für die ehrenamtliche Tätigkeit<br />

von Frauen in Organisationen des Zivil- und Katastrophenschutzes noch Ansätze zur Förderung<br />

des freiwilligen Engagements von Frauen in diesem Feld. In Österreich wird im Freiwilligenbericht (1.<br />

Bericht zum freiwilligen Engagement in Österreich von More-Hollerweger & Heimgartner, 2009) zwar<br />

über die Teilhabe von Frauen am Ehrenamt im Zivil- und Katastrophenschutz Bericht erstattet, Barrieren<br />

und Förderungspotentiale und -wege werden jedoch nicht benannt. Dies ist ansatzweise eher in<br />

Berichten aus einzelnen österreichischen Bundesländern zu finden. Bezogen auf die Schweiz finden<br />

sich zwar ausführliche Darstellungen über das freiwillige Engagement von Frauen in vielen verschiedenen<br />

Bereichen (z. B. Stadelmann-Steffen, Traunmüller et al., Freiwilligen-Monitor Schweiz 2010),<br />

jedoch nicht im Zivil- und Katastrophenschutz. Auch in den Referaten der 2. Internationalen Vernetzungskonferenz<br />

2010 in Rüschlikon, in der Freiwilliges Engagement in Deutschland, Österreich und<br />

der Schweiz beleuchtet wird (herausgegeben von Ammann 2011), bleibt der Zivil- und Katastrophenschutz<br />

ausgespart. Ebenso ist die Situation in den Niederlanden. So wird in einer umfangreichen Dissertation<br />

die Freiwilligenarbeit auch von Frauen untersucht (René H. F. P. Beckers, Giving and Volunteering<br />

in the Netherlands, 2004), der Zivil- und Katastrophenschutz bleibt ausgeklammert.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 3


Auftrag – Auftragsbearbeitung – Literaturlage – Begriffsbildung – Thesen – Strategieansätze<br />

Die Daten- und Literaturlage reflektiert das öffentlich wahrgenommene Stereotyp, dass Frauen (als<br />

„Opfern“) von männlichen Rettern („Helden“) in Katastrophensituationen geholfen wird. Dass sich<br />

dieses Stereotyp nicht nur in den USA, sondern auch in Europa und Deutschland hartnäckig halten<br />

kann, liegt nicht zuletzt darin begründet, dass das Feld nahezu unerforscht ist. Hier und da finden sich<br />

Hinweise, z. B. in einem australischen Literaturreview über die Forschungssituation zum Ehrenamt<br />

(Beatson & McLennan 2005) oder in einer schwedischen Literaturstudie (Callerstig, Harrison & Lindholm<br />

2009) über die Forschungslage und die Situation von Frauen im Zivil- und Katastrophenschutz in<br />

Schweden, Großbritannien und den USA. Am ergiebigsten im Hinblick auf Ansätze der Förderung von<br />

Mädchen und Frauen erwies sich der australische Literaturreview von Beatson & McLennan (2005),<br />

der mit einer Forschungsagenda verbunden ist.<br />

Eine weitere australische Studie von Doone Robertson (o. J.) benennt Motive für Frauen, sich gerade<br />

nicht in einschlägigen Organisationen des Zivil- und Katastrophenschutzes zu engagieren, die durchaus<br />

für die Motivlage von Bürgerinnen auch in Deutschland und im europäischen Ausland relevant<br />

sein können und die vor dem Hintergrund realer Barrieren in den entsprechenden Betätigungsfeldern<br />

gesehen werden müssen. Ansonsten werden bedauerlicherweise in einschlägigen Studien und<br />

Freiwilligensurveys eher die persönlichen Gründe erhoben, die die Individuen an der Wahrnehmung<br />

von Ehrenämtern hindern können (z. B. Arbeitssituation, Zeitbudget, Familie, Mobilität), oder es<br />

werden generelle Motive aufgelistet, die Menschen dazu führen, sich zu engagieren. Erfragt werden<br />

ihre Erwartungen an Freiwilligentätigkeiten, nicht jedoch an spezifische Organisationen, auch nicht<br />

an das potentielle oder tatsächliche Verhalten anderer Ehrenamtlicher oder Hauptamtlicher (vgl.<br />

Gensicke & Geiss, Hauptbericht des Freiwilligensurvey 2009 (2010, S. 119 ff.). Nicht untersucht werden<br />

die negativen (und positiven) Erwartungen bezogen auf das Feld, in dem das Engagement erfolgen<br />

könnte (z. B. Diskriminierungserwartungen, Vorstellungen des Erfordernisses besonderer Durchsetzungskraft<br />

in männlich dominierten Domänen). D. h., in den meisten Studien wird hinsichtlich der<br />

Situation der Frauen ein Individual-Defizitansatz verfolgt. In der genannten schwedischen (Callerstig,<br />

Harrison & Lindholm 2009) und in den australischen Studien (Beatson & McLennan 2005, insbesondere<br />

Robertson o. J.) werden demgegenüber Organisationsdefizite bei den Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen<br />

diskutiert.<br />

Diese Diskrepanz verweist auf zwei grundsätzlich unterschiedliche Perspektiven. In der Individual-<br />

Defizit-Perspektive (IDP) geht es – bezogen auf Frauen – darum, inwiefern sie in die Organisationen<br />

„passen“, bzw. inwieweit ein Entgegenkommen seitens der Organisation erforderlich ist, wenn mehr<br />

Frauen für das Ehrenamt gewonnen werden sollen. Die Vorstellung seitens der Organisation ist in<br />

diesem Fall, dass Frauen beweisen müssen, dass sie ebenso befähigt sind, operative und leitungsbezogene<br />

Aufgaben im Zivil- und Katastrophenschutz zu übernehmen und dass sie sich, sofern dies<br />

noch nicht der Fall ist, gegebenenfalls für die Organisation „fit machen“.<br />

In der Organisations-Defizit-Perspektive (ODP) geht es demgegenüber darum, die Organisationskulturen<br />

und -strukturen auf den Prüfstand zu heben und sie so zu verändern, dass sie für Frauen an Attraktionskraft<br />

gewinnen, und die Organisation so zu gestalten, dass diese ihre Ziele gleichermaßen<br />

mit männlichem wie mit weiblichem Personal erreichen kann. In diesem Fall ist die Handlungskette<br />

länger, denn die Organisation muss sich verändern und diese Veränderung muss sichtbar gemacht<br />

werden.<br />

Warum die Diskussion in Australien inzwischen – trotz des dort ebenfalls konstatierten Mangels an<br />

einschlägigen Forschungsarbeiten – auf diesem Gebiet sehr viel weiter gediehen ist und umfangreiche<br />

Maßnahmen zur Gewinnung von Frauen für den Zivil- und Katastrophenschutz auf nationaler wie<br />

4 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Begriffsbildung und methodische Probleme der Vergleichbarkeit von Studien und Daten<br />

auf der Ebene der Einzelstaaten eingeleitet wurden, liegt nicht zuletzt an dem hohen Problemdruck,<br />

der Australien in dreifacher Weise trifft: 1. Australien ist ein einwohnerarmes, flächenreiches Land,<br />

das auf Freiwillige (Volunteers) angewiesen ist. 2. Australien ist nicht selten mit folgenreichen Naturereignissen<br />

und Katastrophen unterschiedlicher Provenienz konfrontiert, die wirksam bekämpft werden<br />

müssen. 3. Die Überalterung der überwiegend männlichen im operativen Bereich eingesetzten<br />

Freiwilligen macht die Einbeziehung von Frauen unabweisbar.<br />

1.3 Begriffsbildung und methodische Probleme der Vergleichbarkeit von Studien und<br />

Daten<br />

Die methodischen Probleme bei der sekundäranalytischen Durchsicht von Studien und dem Versuch,<br />

aus den Befunden Schlüsse zu ziehen, die sich vergleichend auf mehrere Studien beziehen, sind gravierend.<br />

Es sind bereits im deutschsprachigen Raum kaum zwei Studien zu finden, die eine ähnliche<br />

Begrifflichkeit verwenden. Je nach Vorliebe der AutorInnen wird von Ehrenamt, bürgerschaftlichem<br />

Engagement, ehrenamtlichem Engagement, freiwilligem Engagement, Freiwilligenarbeit oder Volunteering<br />

gesprochen.<br />

Dies wird im Folgenden exemplarisch erläutert: So übersetzen Annette Angermann und Birgit Sittermann<br />

(2010) bei ihrer Zusammenfassung von Ergebnissen der Studie (GHK „Volunteering 2010“) und<br />

diversen Länderberichten (GHK [Austria], GHK [France], etc.) den dort verwendeten Begriff „Volunteering“<br />

mit „Bürgerschaftliches Engagement“. 1 In der Studie wird auch Volunteering im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

behandelt und dieser Bereich ist auch in den Länderberichten nicht ausgenommen.<br />

Demgegenüber wird z. B. von Harald A. Mieg und Theo Wehner (2003) „Frei-gemeinnützige Arbeit“<br />

als Sammelbegriff verwendet. 2 Da bis heute eine klärende Begriffsarbeit noch nicht geleistet wurde,<br />

werden die Bezeichnungen nahezu beliebig verwendet, wo bei auch das Verständnis dessen, welche<br />

Tätigkeitsfelder eine Bezeichnung umfasst, divergieren kann.<br />

Von der Bevölkerung wurden entsprechend der Ergebnisse des Freiwilligensurveys auf der Basis der<br />

Daten von 2009 die Bezeichnungen „Freiwilligenarbeit“ und „Ehrenamt“ favorisiert (Gensicke und<br />

Geiss 2009, S. 14). Demgegenüber wird von Petra Krüger das „ehrenamtliche Engagement“ favorisiert,<br />

da sich hierbei eher traditionelle Organisationsformen des Ehrenamtes sowie neuere Formen<br />

von Engagement in Initiativen, Projekten oder Selbsthilfegruppen begrifflich fassen lassen (vgl. Krüger<br />

2004, S. 3). Einwände gegen den Begriff „Freiwilligenarbeit“ betreffen die Problematik, dass freier<br />

Wille und Arbeit in diesem Begriff ein widersprüchliches Amalgam bilden, zumal bei Arbeit immer<br />

noch von bezahlter Arbeit auszugehen ist. Sowohl im Freiwilligensurvey für Deutschland (Gensicke<br />

und Geiss 2010) als auch im 1. Freiwilligenbericht Österreichs (More-Hollerweger und Heimgartner<br />

2009) wird überwiegend von „freiwilligem Engagement“ gesprochen. Im Freiwilligensurvey für<br />

Deutschland ist aber auch bisweilen von „Ehrenamt“ oder nur einfach von „Engagement“ die Rede.<br />

In dem hier vorgelegten Gutachten wird, wie im Freiwilligensurvey für Deutschland und im 1. Freiwilligenbericht<br />

Österreichs, die Bezeichnung „freiwilliges Engagement“ favorisiert. Die Bezeichnungen<br />

„ehrenamtliches Engagement“ oder „Ehrenamt“ werden ebenfalls verwendet und bei internationaler<br />

Literatur entweder die Bezeichnungen „Volunteering“ oder „freiwilliges Engagement“.<br />

1 Unter Verzicht auf einen Definitions- und Einordnungsversuch.<br />

2 Mieg und Wehner (vgl. 2003, S. 5) definieren Frei-gemeinnützige Arbeit überlegt.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 5


Auftrag – Auftragsbearbeitung – Literaturlage – Begriffsbildung – Thesen – Strategieansätze<br />

Gerade anhand der englischsprachigen Bezeichnungen „Voluntarism“ oder „Volunteering“ bzw. „Volunteers“<br />

lässt sich zeigen, dass ganz unterschiedliche Phänomene und Aktivitäten unter diese Bezeichnungen<br />

subsummiert werden. Im Verständnis der UN erstreckt sich der Bedeutungshorizont von<br />

„Vulunteerism“ selbst auf „mutual support“ und „self-help“ (vgl. United Nations Volunteers (UNV)<br />

(2011), Chapter 1, S. 3). Wird der Begriff der UNV von Volunteerism verwendet, bedeutet dies zum<br />

einen, dass selbst die auf Gegenseitigkeit beruhende Annahme von Postpaketen durch Nachbarn<br />

zum Volunteerism zählt. Zum zweiten wird der Vergleich, zumal quantitativer Daten über Volunteerism<br />

zwischen Nationen, nahezu unmöglich, wenn jeweils mit einem unterschiedlichen Verständnis<br />

und Bedeutungshorizont des Begriffes gearbeitet wird.<br />

In der Schweiz und in Österreich wird, bezogen auf „freiwilliges Engagement“ zwischen „formellem<br />

Engagement“ und „informellem Engagement“ unterschieden (siehe auch die Abschnitte 2.6<br />

„Schweiz“ und 2.5 „Österreich“). Dabei stimmt der Bereich des formellen Engagements inhaltlich mit<br />

dem überein, was in Deutschland unter der Bezeichnung „Ehrenamt“ verstanden wird. Das informelle<br />

freiwillige Engagement ist nicht an eine unbezahlte Tätigkeit für oder in Organisationen zum Nutzen<br />

Dritter gebunden, denn auch die Nachbarschaftshilfe oder die Unterstützung von Menschen in<br />

informellen Netzwerken jenseits organisierter Freiwilligenarbeit gehört zum informellen Engagement.<br />

Diese Unterscheidung vermeidet den alleinigen Blick auf das formelle Engagement. Letzterer<br />

übersieht, dass sich Menschen vielfach für andere einsetzen, ohne dass dies öffentlich bemerkt wird.<br />

Das, was zum Teil im Rahmen informellen Engagements geleistet wird, kann auch eine Entlastung für<br />

gesellschaftliche Organisationen bedeuten. Wenn eine Frau informell und ohne Erwartung von Gegenleistungen<br />

ihrem gehbehinderten Nachbarn Rauchmelder installiert, hat sie etwas für den Brandschutz<br />

getan und möglicherweise die Notwendigkeit des Ausrückens der Freiwilligen Feuerwehr verhindert.<br />

Wenn ein Mann dem Sohn des Nachbarn informell und ohne Gegenleistung Nachhilfeunterricht<br />

in der deutschen Sprache gibt, hat er möglicherweise die Schule als Organisation entlastet<br />

und eine Unterstützungsleistung zur sprachlichen Integration des Nachwuchses und damit auch zur<br />

Bildungsförderung erbracht. Es ist darauf hinzuweisen, dass Frauen häufig stärker als Männer informell<br />

engagiert sind, dass auch unter MigrantInnen informelles Engagement verbreitet ist und dass<br />

diese Formen des Engagements nicht sichtbar werden, wenn nur auf das formelle Engagement geachtet<br />

wird. So gibt auch der Freiwilligenbericht für Deutschland nur einen eingeschränkten Einblick<br />

in freiwilliges Engagement. Das heißt, erst durch beide Formen von Freiwilligenarbeit ergibt sich ein<br />

differenziertes Bild auf das, was Menschen außerhalb ihrer Kernfamilie an Engagement und Initiativen<br />

ohne monetäre Gegenleistung erbringen.<br />

1.4 Thesen und Strategieansätze<br />

Die folgenden 11 Thesen konnten auf der Grundlage der umfangreichen internationalen Recherchen<br />

einschlägiger Literatur, Dokumente, Diskussionspapiere, der Sichtung der einschlägigen sozialwissenschaftlichen<br />

Studien im Zivil- und Katastrophenschutz, insbesondere Organisationsstudien und Studien<br />

zum Ehrenamt und freiwilligen Engagement und der Expertenbefragungen gewonnen werden:<br />

Ungleichheit der Verteilung von Arbeit und Freizeit bei Männern und Frauen<br />

These 1: Durch die geschlechterbezogen ungleiche Verteilung zwischen bezahlter und unbezahlter<br />

Arbeit haben Männer erheblich mehr Freizeit als Frauen.<br />

6 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Thesen und Strategieansätze<br />

Begründung: Frauen sind faktisch immer noch ungleich stärker als Männer durch<br />

Familienarbeit einschließlich Kinderbetreuung belastet. Dies gilt insbesondere auch<br />

für alleinerziehende Mütter. Die Beteiligungsquote von Frauen mit Kindern unter<br />

drei Jahren am freiwilligen Engagement liegt in Österreich besonders niedrig, ebenso<br />

in Deutschland bei der entsprechenden Altersgruppe (20 bis 34 Jahre; Gensicke und<br />

Geiss 2010, S. 19, 31). Dies hängt nach Moro-Hollerweger (2009, S. 100) mit der besonderen<br />

Mehrfachbelastung von Frauen zusammen. Daher haben Frauen auch weniger<br />

zeitliche Möglichkeiten, sich freiwillig zu engagieren.<br />

Strategieansatz: Interessant wäre zu prüfen, ob in der Tschechischen Republik, in der der Frauenanteil<br />

freiwillig Engagierter höher ist als der Anteil unter den Männern, eine andere Aufgabenverteilung<br />

im Bereich der Haus- und Familienarbeit herrscht oder ob es hierfür andere Gründe gibt.<br />

Zeitliche Mehrfachbelastung von Frauen<br />

These 2: Die zeitlichen Belastungen von Frauen schränken ihr ehrenamtliches Engagement ein (Summe<br />

Erwerbsarbeit, Haus- und Familienarbeit einschließlich Kinderbetreuung).<br />

Begründung: Heute ist die Lebenssituation von Männern und Frauen insofern unterschiedlich,<br />

als bezahlte Erwerbsarbeit unter den Geschlechtern ungleich verteilt ist<br />

und unbezahlte Haus- und Familienarbeit vor allem von Frauen verrichtet wird.<br />

Durch die hohen zeitlichen Belastungen entsteht für Frauen ein geringerer Aktivitätsrahmen<br />

(vgl. More-Hollerweger und Heimgartner 2009, S. 95, 103). Dies zeigt sich an<br />

ihrer altersgruppenspezifischen Präsenz im ehrenamtlichen Engagement in Deutschland<br />

und Österreich. Insbesondere die Expertin und der Experte der DLRG haben auf<br />

diesen Zusammenhang hingewiesen.<br />

Strategieansatz: Kinderbetreuungsangebote, insbesondere im Verlauf von Lehrgängen für die Leitungs-<br />

und Führungsebene (ggf. Vorhalten von Kinderbetreuungsmöglichkeiten bei Gremiensitzungen).<br />

Lebensphasengeprägtes Engagement von Frauen<br />

These 3: Das freiwillige Engagement von Frauen ist stärker durch die verschiedenen Lebensphasen<br />

geprägt (Berufseinstieg, Familiengründung, Karriere) als dasjenige von Männern.<br />

Begründung: Männer sind in ihrem Engagement stabiler. Dies zeigt sich auch an den<br />

Gründen, die Frauen und Männer für die Beendigung ihres Engagements nennen. Bei<br />

Frauen sind es insbesondere familiäre Gründe, bei Männern ist dies zwar auch der<br />

wichtigste angegebene Grund. Er wird jedoch von Männern seltener genannt (von<br />

73,4% der Frauen und 62,7% der Männer in Österreich im Jahr 2006). Männer nennen<br />

zu 53% berufliche Gründe für die Aufgabe des freiwilligen Engagements, gegenüber<br />

38% der Frauen (vgl. More-Hollerweger und Heimgartner 2009, S. 102). Es ist zu<br />

vermuten, dass „familiäre Gründe“ häufig ein Problem der Vereinbarkeit zwischen<br />

Erwerbsarbeit, Haus- und Familienarbeit und freiwilligem Engagement bezeichnen.<br />

Strategieansatz: Erhebung der Gründe für die Beendigung des freiwilligen Engagements (in keinem<br />

der in Deutschland befragten Bundesverbände wurden die Gründe erhoben). Sind bei Frauen und<br />

Männern die Gründe der Aufgabe des Engagements bekannt, lassen sich ggf. Haltestrategien – auch<br />

gemeinsam mit Frauen – entwickeln (z.B. Flexibilisierung des Engagements, partielles Engagement<br />

von zu Hause (wie bei der Telearbeit) etc.).<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 7


Auftrag – Auftragsbearbeitung – Literaturlage – Begriffsbildung – Thesen – Strategieansätze<br />

Soziale Vernetzung und Ehrenamt<br />

These 4: Die geschlechtsspezifischen Segregationsmuster in der Freiwilligentätigkeit reflektieren die<br />

Positionen von Frauen und Männern im privaten, öffentlichen und erwerbsbezogenen Leben. Männer<br />

verfügen durch ihre stärkere Integration in das Erwerbsleben auch persönlich über Netzwerke<br />

und soziale Strukturen, die ihnen den Eintritt in das Ehrenamt erleichtern.<br />

Begründung: Die Stärke der Integration von Menschen in das Erwerbsleben wirkt sich<br />

auf den Grad ihrer gesellschaftlichen Integration aus. Daraus resultieren auch mehr<br />

Kontakte und Gelegenheiten, freiwillig tätig zu werden. Menschen, die über eine geringere<br />

soziale Vernetzung verfügen, sind häufiger von formellem freiwilligem Engagement<br />

ausgeschlossen. D. h., Personen, die nicht über den Arbeitsmarkt integriert<br />

sind (Arbeitslose, RentnerInnen und haushaltsführende Personen) sind häufiger informell<br />

freiwillig engagiert. Bei bestimmten Funktionen im freiwilligen Engagement<br />

müssen Personen zur Wahl vorgeschlagen werden. „Da Männer in der Erwerbsarbeit<br />

häufiger als Frauen Leitungspositionen innehaben, erhalten sie auch öfter das Angebot,<br />

eine leitende Funktion im Bereich der Freiwilligenarbeit zu übernehmen. Die Privilegien<br />

reproduzieren sich dadurch, dass mit ehrenamtlichen Tätigkeiten oftmals die<br />

Möglichkeit verbunden ist, die eigenen Interessen zu vertreten, politischen Einfluss<br />

auszuüben sowie weitere soziale Kontakte zu knüpfen“ (More Hollerweger und<br />

Heimgartner 2009, S. 94 f.).<br />

Strategieansatz: Gezielte Ansprache nicht erwerbstätiger Frauen sowie Angebot von Qualifizierungsmöglichkeiten<br />

einschließlich anerkannten Zertifikaten, die ihnen auch im Erwerbsleben helfen<br />

könnten.<br />

Negative Erwartungen bezogen auf die Situation im Ehrenamt<br />

These 5: Frauen erwarten eine für sie ungünstige Situation, Diskriminierungen, sich durchkämpfen<br />

müssen, etc. und sind daher nicht motiviert (siehe auch Abschnitt 2.2).<br />

Begründung: Einer der zentralen Gründe, die von Frauen als hindernd für eine Tätigkeit<br />

in einer traditionell männlichen Domäne genannt werden, ist ihre Vorstellung,<br />

dass sie von männlichen Kollegen diskriminiert würden. Diese Befürchtung ist in traditionell<br />

männlichen Beschäftigungssektoren nicht unbegründet. In zahlreichen Untersuchungen<br />

und Publikationen werden Formen der Diskriminierung beschrieben<br />

und analysiert. Sie reichen von leichten und nicht intendierten Formen der Exklusion<br />

bis zu feindlichen Verhaltensweisen (vgl. Beatson und McLennan (2005, S. 19).<br />

Strategieansatz: siehe Abschnitt 2.2 zu Australien und Großbritannien.<br />

Fortwirken genderbezogener Stereotype und Auswirkungen<br />

These 6: Frauen wird z. T. noch eine weniger rationale und eher gefühlsmäßig-empathische Orientierung<br />

zugeschrieben (nach dem Motto, Ausnahmen bestätigen die Regel). Das macht sie aus Sicht der<br />

Zuschreibenden weniger geeignet für Leitungs- und Führungspositionen.<br />

Begründung: Bei einigen Expertengesprächen zeigte sich, dass weibliche Empathie<br />

männlicher Rationalität gegenüber gestellt wurde. Dass Frauen auch empathisch<br />

sind, aber auch als Hausfrauen und Mütter oder als teilzeitbeschäftigte Frauen mit<br />

kleinen Kindern und Ehrenamt ihren Alltag rational durchstrukturieren müssen, wird<br />

bei diesem Vorurteil nicht bedacht. Dass die sogenannte Ausnahmefrau, die ihre Ra-<br />

8 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Thesen und Strategieansätze<br />

tionalität sichtbar zeigt, dann ins Führungsteam passt, bestätigt aus männlich geprägter<br />

Sicht wiederum die Regel, dass Frauen, die eher ihre empathische Seite in<br />

der Außendarstellung betonen, auch im tiefsten Innern nicht rational, sondern gefühlsmäßig<br />

und empathisch sind. In einer scheinbar rationalen Umgebung wie einer<br />

AG Internet (DLRG) wird die einzige Frau im Team zur „guten Seele“ stilisiert. Die<br />

Männer im Team werden lediglich aus funktionaler Sicht beschrieben: was sie tun<br />

und was sie können. Vielleicht haben ja auch sie eine Seele oder Gefühle, aber in der<br />

traditionellen Form der Geschlechterrollenzuschreibung darf dies zumindest nicht<br />

sichtbar werden.<br />

Strategieansatz: Feedbackgestützte kontinuierliche Überprüfung der Organisationskultur.<br />

Ergänzende These 6a: Die gefühlsorientierte Selbstdarstellung von Frauen nach außen kann gerade<br />

gegenüber Männern auch eine Unterwerfungsgeste unter die in der Organisation dominanten Männer<br />

sein und gibt nicht zwingend ihre innere Disposition wieder, denn „wir alle spielen Theater“, wie<br />

der Soziologe Erving Goffman uns aufgezeigt hat.<br />

1. Begründung: Vielleicht besteht bei einigen Frauen, wenn sie selbstsicher auftreten,<br />

immer noch die Angst, weniger attraktiv zu wirken, aber auch, eher „anzuecken“<br />

und als weniger weiblich angesehen zu werden, da ein rationales und entschiedenes<br />

Auftreten entsprechend traditioneller Geschlechterstereotype eher männlich, wenn<br />

nicht gar „vermännlicht“ wirkt und eher zum Widerspruch herausfordert. In diesem<br />

Verständnis würde es sich beim Zeigen von Gefühlen und Empathie um ein doing<br />

gender handeln.<br />

Strategieansatz: Stereotype und Rollenzuweisungen der Organisation überprüfen.<br />

2. (alternative) Begründung: Jedoch kann der Eindruck, ein Teil der Frauen reagiere<br />

in Situationen, in denen Rationalität gefragt ist, eher gefühlsmäßig, zum Beispiel,<br />

wenn im operativen Geschehen Entscheidungen gefordert sind (da wo Männer rational<br />

reagieren), auch auf Folgendes zurückgeführt werden: Ein Mensch reagiert gefühlsmäßig,<br />

wenn er sich unsicher fühlt, entweder weil es an Kompetenz fehlt und er<br />

sich dies eingesteht oder weil die Selbstsicherheit und das Selbstbewusstsein fehlen.<br />

Insofern ist der emotionale Ausdruck rational und es kommt darauf an, die Bedingungen<br />

so zu verändern, dass die gefühlsmäßige Erscheinung nicht nötig ist.<br />

Strategieansatz: Sichere Lern-, Übungs- und Arbeitsmöglichkeiten schaffen.<br />

3. (alternative) Begründung: Wird die These berücksichtigt, dass Frauen im Vergleich<br />

zu Männern (z. B. durch unbewusste Praktiken) oft in Non-Decision-Situationen festgehalten<br />

wurden, lässt sich die Situation auch anders erklären. Entscheidungen müssen<br />

eingeübt werden. Für Entscheidungen, die viele andere betreffen, bedarf es eines<br />

entsprechenden Selbstbewusstseins. Nehmen wir hinzu, was einer der Experten<br />

des Malteser Hilfsdienst e. V. betont hat, dass Frauen in höherem Maße die Gewissheit<br />

brauchen, dass ihnen die Bewältigung der gestellten Aufgabe zugetraut wird und<br />

ebenso die Anerkennung nach erbrachter Leistung, so resultiert hieraus auch dasjenige,<br />

was getan werden könnte, um mehr Frauen zu ermutigen. Sie brauchen, so eine<br />

weitere These, zunächst die Bestätigung, dass ihnen die Lösung der gestellten<br />

Aufgaben zugetraut wird und dies in einem viel höheren Maße als die meisten Männer,<br />

die sich ja schon sicher fühlen und in dieser Sicherheit bereits nach öffentlicher<br />

Sichtbarkeit streben können.<br />

Strategieansatz: Frauen das Zutrauen der Organisation sowie der Vorgesetzten und „Kollegen“ in ihre<br />

Fähigkeiten vermitteln und ihre Erfolge anerkennen und bestätigen.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 9


Auftrag – Auftragsbearbeitung – Literaturlage – Begriffsbildung – Thesen – Strategieansätze<br />

Genderspezifische Praktiken und doing gender im Ehrenamt<br />

These 7: In der zwischengeschlechtlichen Interaktion bilden sich ein doing gender und soziale Praktiken<br />

heraus, die Frauen eher dem privaten und Männer eher dem öffentlichen Bereich zuordnen (vgl.<br />

Krüger 2007).<br />

Begründung: Anhand der soziologischen Beobachtung und Analyse von drei Organisationen<br />

(THW, AWO und der Tafel einer mittelgroßen Stadt) ließ sich feststellen,<br />

dass Männer im THW ihre Sachbezogenheit und die unpersönliche Seite ihres Engagements<br />

betonen. Daher sehen sie selbst eine Tätigkeit als Koch als männliche Tätigkeit<br />

an. In einer mittelstädtischen Tafel hingegen wird der Bereich Lebensmittel und<br />

Kochen gerade wiederum dem weiblichen Bereich zugeschlagen und erscheint als<br />

Privatbereich, während die Männer (genderspezifisch dem öffentlichen Bereich zugeordnet)<br />

Fahrdienste und das Tragen von Lebensmitteln übernehmen. Bei der AWO<br />

ordnet sich selbst die leitende Angestellte indirekt dem Privatbereich zu, indem sie<br />

das Persönliche ihrer Beziehungen betont.<br />

Strategieansatz: Frauen und Männer für ihre genderspezifischen Konnotationen sensibilisieren und<br />

das Selbstverständnis der Organisation überdenken.<br />

Genderspezifische Konnotierung von Bezeichnungen<br />

These 8: Durch Verwendung des generischen Maskulinums für bestimmte Funktionen verschwinden<br />

die Frauen symbolisch (Beispiele auf Operationsebene: Truppführer, Gruppenführer, Einsatzleiter,<br />

Zugführer. In Satzungen auch: Vorsitzender, Präsident etc.).<br />

Begründung: Ein Problem – gerade bezogen auf den Einsatzbereich – ist, dass eine<br />

Reihe von Bezeichnungen in der männlichen Form für beide Geschlechter verwendet<br />

werden. So sollten Bezeichnungen wie Zugführer, Truppführer, Gruppenführer oder<br />

Einsatzleiter etc. nicht nur mit generischem Maskulinum geschrieben werden. Denn<br />

dadurch verschwinden die Frauen symbolisch. Ein Beispiel: Kommt zu einer Gruppe<br />

von 99 Sängerinnen nur ein einziger Mann hinzu, sind es plötzlich 100 Sänger (vgl.<br />

Pusch o. J.). Wird die Gruppe von 100 Sängern gedanklich konstruiert, wird keine einzige<br />

Frau mehr assoziiert.<br />

Strategieansatz: Daher sollte dem Zugführer die Zugführerin, dem Truppführer die Truppführerin etc.<br />

sprachlich zur Seite gestellt werden. Das große I (sog. Binnen-I) wird am ehesten beiden Geschlechtern<br />

gerecht, wenn etwa eine Ausbildung für GruppenführerInnen angeboten werden soll, weil es<br />

eindeutig ist und dadurch beide Geschlechter angesprochen werden können.<br />

Vertikale Segregation nach Geschlecht<br />

These 9: Die hierarchische Verteilung im freiwilligen Engagement differiert größtenteils erheblich in<br />

Abhängigkeit vom Geschlecht (vertikale Segregation).<br />

Begründung: In den meisten Organisationen im Zivil- und Katastrophenschutz sind<br />

Frauen sehr viel seltener in Leitungs- und Führungspositionen vertreten. Ausnahmen<br />

bilden in Deutschland der Arbeiter-Samariter-Bund und zum Teil auch das Deutsche<br />

Rote Kreuz sowie ein Teil der Jugendorganisationen der Verbände (Johanniter-<br />

Jugend, DLRG-Jugend). Frauen leisten auch im freiwilligen Engagement häufiger Basisarbeiten,<br />

z. B. die Basisausbildung bei der DLRG, und ausführende Tätigkeiten. Zudem<br />

arbeiten Frauen häufiger im Bereich der weniger sichtbaren informellen Freiwil-<br />

10 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Thesen und Strategieansätze<br />

ligenarbeit, z. B. in der Nachbarschaftshilfe. Die vertikale Segregation reflektiert sich<br />

auch darin, dass sich Frauen häufiger in Organisationen engagieren, die kleiner und<br />

weniger hierarchisch strukturiert sind, während Männer sich eher in hierarchisch<br />

strukturierten Organisationen engagieren. Nicht außer Acht zu lassen ist, dass „mit<br />

diesen unterschiedlichen Positionen von Frauen und Männern … Möglichkeiten der<br />

Einflussnahme, individuelle Handlungsspielräume sowie gesellschaftliches und soziales<br />

Ansehen“ verbunden sind (More-Hollerweger und Heimgartner 2009, S. 94).<br />

Strategieansatz: Siehe den Strategieansatz zu These 10 „Die weitgehende Ausgrenzung von Frauen<br />

aus Decision-Situationen“.<br />

Die weitgehende Ausgrenzung von Frauen aus Decision-Situationen<br />

These 10: Frauen werden traditionell, manchmal auch unbewusst, in eine Non-Decision-Situation<br />

gebracht. Sehr deutlich wird dies daran, dass sie in den entscheidungsgeneigten operativen Rollen<br />

sehr viel seltener vertreten sind als Männer.<br />

Begründung: Frauen wurden lange Zeit dem Privatbereich und somit klassischen<br />

„Non-Decision-Bereichen“ zugeordnet und werden es z. T. auch heute noch. Diese<br />

Bereiche sind durch wenig Mitsprache und wenig Möglichkeiten, an Entscheidungen<br />

mitzuwirken und gesellschaftliche Prozesse mitzugestalten, gekennzeichnet. Solche<br />

Non-Decision-Situationen „können bewusst, aber auch unbewusst herbeigeführt<br />

werden“ (vgl. More-Hollerweger und Heimgartner 2009, S. 95). Lange war Frauen die<br />

Mitgliedschaft in politischen Vereinen untersagt und sie hatten weder ein passives<br />

noch ein aktives Wahlrecht. Dadurch konnten sie sich weder organisieren noch ihre<br />

Interessen artikulieren. Hierbei handelt es sich um eine bewusst geschaffene Non-<br />

Decision-Situation. Bei unbewusst hergestellten Non-Decision-Situationen geht es<br />

um Praktiken und Entscheidungsstrukturen, die so weit verfestigt sind, dass von den<br />

Entscheidungsträgern nicht wahrgenommen wird, dass personell Frauen aus Entscheidungen<br />

weitgehend ausgegrenzt sind und ihre Interesse wenig berücksichtigt<br />

werden. „Zwar hat sich in den letzten Jahren – insbesondere durch Gender Mainstreaming-Maßnahmen<br />

– viel verändert, von einer Gleichstellung kann aber bei Weitem<br />

noch nicht gesprochen werden“ (vgl. More-Hollerweger und Heimgartner 2009,<br />

S. 95). Diese These entspricht auch derjenigen von Petra Krüger zur genderspezifischen<br />

Verortung von Frauen im privaten Bereich (Krüger 2007).<br />

Zum zweiten entspricht sie der mangelnden Repräsentanz in operativen Funktionen<br />

sowie in Leitungs- und Führungspositionen im Zivil- und Katastrophenschutz. Bei den<br />

Expertengesprächen anlässlich des hier vorgelegten Gutachtens ergab sich, dass<br />

Frauen in Leitungs- und Führungspositionen im Zivil- und Katastrophenschutzbereich<br />

zumeist nur in einer Größenordnung von 10-20% vertreten sind, dass sie in Ausbildungslehrgängen<br />

für die Leitungs- und Führungsebene ebenfalls nur einen geringen<br />

Anteil haben (wobei hier Organisationen wie der ASB und das DRK nach Expertenauskunft<br />

bezogen auf die Leitungsebene eine hervorhebenswert andere Struktur haben),<br />

so dass, wie eine Expertin es formuliert: „die Luft .. für Frauen oben dünn“<br />

wird. Diese Metapher, das sei nebenbei bemerkt, hat einen doppelten Sinn. Sie besagt<br />

nämlich auch, dass Frauen dort oft weniger Luft zum Atmen haben.<br />

Strategieansatz: Getrennte Leitungs- und insbesondere Führungsseminare für Männer und Frauen.<br />

Bewusst darauf achten, dass Frauen in Decision-Prozesse möglichst paritätisch eingebunden werden.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 11


Auftrag – Auftragsbearbeitung – Literaturlage – Begriffsbildung – Thesen – Strategieansätze<br />

Genderkonnotierungen von Technik<br />

These 11: Da es sich bei Technik um eine Sozialbeziehung (Volker von Borries) handelt, werden auch<br />

Genderkonnotierungen in die Technik selbst und ihre Handhabung eingeschrieben. So sind bestimmte<br />

Techniken, Technologien und Prozesse geschlechtsspezifisch besetzt.<br />

Begründung: Mit einer Verknüpfung von Technik mit der Zuschreibung von Männlichkeit<br />

bei ihrer Handhabung ist nicht selten auch eine Abwertung für „Das andere<br />

Geschlecht“ (Simone de Beauvoir) verbunden, dem diese Technik gerade nicht zugeschrieben<br />

wird. Nach Callerstig, Harrison und Lindholm (2008, S. 32 ff.) ist es wichtig<br />

zu fragen, wie Ideen über Geschlechterrollen durch die Assoziation zwischen Maskulinität<br />

und Technik aufrechterhalten werden. Sie stellen auf der Grundlage ihres internationalen<br />

Literaturreviews bezogen auf die Feuerwehren fest, dass immer noch<br />

das Image des Feuerwehrmanns als „starkem Mann“ oder „Held“ herrscht. Dieses<br />

Image werde durch physische Stärke oder Techniken aufrecht erhalten, die angefordert<br />

werden, um diese Rolle zu spielen, eine physische Stärke, die nicht nur notwendig<br />

ist, um einen Menschen aus einem brennenden Gebäude zu tragen, sondern<br />

auch dafür, mit einem großen Teil des Equipments umzugehen. Männer werden nach<br />

Callerstig, Harrison und Lindholm in diesem Bereich des Zivil- und Katastrophenschutzes<br />

als Norm betrachtet. Dies führt dazu, dass Frauen, die sich in diesen Feldern<br />

engagieren, sich in das bestehende geschlechtsspezifische Rahmenwerk einordnen,<br />

statt es herauszufordern.<br />

Das generalisierte Absprechen technischer Fähigkeiten gegenüber Frauen oder die<br />

Zuschreibung von Technikdistanz ist manchmal in die (Kultur-)Geschichte einer ganzen<br />

Organisation eingeschrieben, z. B. beim THW (auch wenn Mentoringprogramme<br />

auf den ersten Blick in eine andere Richtung weisen), und war es zumindest bis vor<br />

nicht allzu langer Zeit auch bei der (Freiwilligen) Feuerwehr. In anderen Organisationen<br />

ist der Mechanismus im Prinzip der gleiche. Er zeigt sich jedoch nicht auf den<br />

ersten Blick. Er lässt sich daran festmachen, dass z. B. eine AG Informatik wie selbstverständlich<br />

fast nur aus Männern zusammengesetzt ist. Niemand fragt, ob sich hier<br />

vielleicht eine Kommunikationskultur entwickelt hat, die Frauen abschreckt, und ob<br />

eine spezifische Konnotierung der Informationstechnik mit dem männlichen Geschlecht<br />

praktiziert wird. In den meisten Organisationen sind die prozentualen Anteile<br />

von Frauen in symbolisch männlich besetzten Technikbereichen niedriger.<br />

Strategieansatz: Die spezifischen Wechselwirkungen zwischen Geschlecht und Technik sind ein wichtiges<br />

Untersuchungsfeld, insbesondere was technikbetonte Hilfs- und Rettungsdienste wie THW und<br />

Feuerwehr betrifft. Dazu gibt es eine wissenschaftliche Tradition von Untersuchungen (vgl. Callerstig,<br />

Harrison und Lindholm 2008, S. 32 ff). U. a. gibt es eine geschlechtsspezifische Konnotierung von<br />

Techniken, Geräten, Informationstechnologien und technischen Prozessen. Diese gälte es zu untersuchen<br />

und entsprechend aufzubrechen, soll eine wirkliche Chancengleichheit für Frauen in diesen<br />

Bereichen hergestellt werden. Dabei wäre auch zu prüfen, wie die Gestaltung und der Einsatz von<br />

Technik im Spannungsfeld zwischen Anforderungen an Gendergleichheit und traditionell männlich<br />

dominierten Handlungsmustern ausgehandelt werden, um daraus Konsequenzen für einen Organisationswandel<br />

zu ziehen.<br />

12 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Deutschland: Ergebnisse des Freiwilligensurveys 2009 mit Bezügen zu den Surveys 2004 und 1999<br />

2. Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

2.1 Deutschland: Ergebnisse des Freiwilligensurveys 2009 mit Bezügen zu den Surveys<br />

2004 und 1999<br />

In diesem Abschnitt werden die wichtigsten Ergebnisse der 3 Freiwilligensurveys, die seit 1999 in<br />

Deutschland durchgeführt wurden, dargestellt und diskutiert. Der jüngste und 3. Freiwilligensurvey<br />

von Thomas Gensicke und Sabine Geiss basiert auf 2009 gewonnenen Daten. Bei dem 1. Freiwilligensurvey<br />

1999 betrug der Stichprobenumfang 14.922 Interviews, beim 2. Freiwilligensurvey 2005 betrug<br />

er 15.000 Interviews. Die Stichprobe des 3. Freiwilligensurveys umfasst 20.005 Interviews. Dabei<br />

wurden in allen Flächenländern und Stadtstaaten mindestens 1.000 Personen interviewt. Zudem<br />

wurden 1.000 zusätzliche Interviews mit jungen Menschen in der Altersgruppe zwischen 14 und 24<br />

Jahren durchgeführt (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 58 f.).<br />

Der 3. Freiwilligensurvey gibt einen Einblick in verschiedene Dimensionen freiwilligen Engagements,<br />

von der Beteiligung der Bevölkerung über diejenige verschiedener sozialer Gruppen in der Bevölkerung,<br />

die quantitative Verteilung des Engagements von Männern und Frauen, über Motive des Engagements<br />

und inhaltliche Präferenzen und bildet insofern einen Hintergrund für die weiteren Überlegungen<br />

und Ergebnisse aus Recherchen und Expertengesprächen in dieser Studie. Darstellung und<br />

Diskussion folgen in ihrer Reihenfolge der Kurzfassung des Hauptberichts des 3. Freiwilligensurvey.<br />

Der Anteil freiwillig Engagierter in der Bevölkerung stieg zwischen 1999 und 2004 um 2% (von 34 auf<br />

36%) und ist seither stabil. Das freiwillige Engagement ist bei Männern, Erwerbstätigen, jungen Menschen,<br />

höher Qualifizierten und solchem mit gehobenem Berufsprofil höher. Ein Anstieg des Engagements<br />

ist bei Personen zu verzeichnen, in deren Haushalt Kinder und Jugendliche leben und bei<br />

älteren Menschen. Menschen mit einfacher Bildung, Arbeitslose und Personen mit Migrationshintergrund<br />

sind im Vergleich mit dem sonstigen Mittelwert der Bevölkerung unterdurchschnittlich engagiert<br />

(vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 5 f.).<br />

Der größte Bereich freiwilligen Engagements ist 2009 der Sport (10% der Bevölkerung). Weitere<br />

Bereiche sind Kindergarten, Schule, Kirche und Religion. Es folgen mit Abstand soziales Engagement<br />

und der Bereich Kultur und Freizeit. Freiwillige Feuerwehr und Rettungsdienste liegen zusammen bei<br />

3,1%. Das soziale, gesundheitliche, kinder- und jugendbezogene und das kulturelle und ökologische<br />

freiwillige Engagement haben sich leicht erhöht, demgegenüber ging das Engagement im Bereich<br />

Sport, Freizeit und Geselligkeit leicht zurück (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 7). Bei Freiwilliger Feuerwehr<br />

und Rettungsdiensten hat sich die Engagementquote von 2,5% im Jahr 1999 über 2,8% 2004<br />

auf 3,1% erhöht. Dieser Zuwachs ist auf ein zunehmendes freiwilliges Engagement der 35- bis<br />

55jährigen zurückzuführen (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 94).<br />

Das sogenannte Engagementpotential, also jene, die sich eventuell engagieren würden, hat sich zwischen<br />

1999 und 2009 um 11% auf 37% erhöht. Gensicke und Geiss interpretieren die Erhöhung des<br />

Engagementpotentials als „immer aufgeschlossenere Einstellung der Bevölkerung zum Engagement“<br />

(2010, S. 8). Diese Deutung ist insofern problematisch, als in den drei Freiwilligensurveys nur Personen<br />

berücksichtigt werden, die öffentlich aktiv sind (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 5). Das informelle<br />

freiwillige Engagement wird dabei ausgeblendet, anders als etwa im 1. Freiwilligenbericht<br />

Österreichs (in dem zwischen formellem und informellem freiwilligen Engagement unterschieden<br />

wird; siehe den Abschnitt 2.5 „Österreich“). Zudem hat sich der Anteil derjenigen, die sich „be-<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 13


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

stimmt“ engagieren wollen, seit 1999 kaum erhöht (1999: 10%; 2004: 12%; 2009: 11%), sondern nur<br />

der Anteil derjenigen, die „eventuell“ zu einem Engagement bereit sind, wobei hier die Frage ist, was<br />

die Hinderungsgründe sind. Ein Hintergrund für die Erhöhung des Anteils derjenigen, die sich „eventuell“<br />

bereitfinden würden, könnte sein, dass die öffentlich artikulierte Erwartung, sich freiwillig zu<br />

engagieren, gewachsen ist und daher inzwischen eher eine sozial erwünschte Antwort gegeben wird.<br />

Im Haupttext des Freiwilligensurvey wird bezogen auf das „eventuelle“ Engagement in Form eines<br />

Zirkelschlusses argumentiert (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 128 f.). Unter denen, die sich bestimmt<br />

engagieren wollen, sind insbesondere junge, regional mobile Menschen typisch. Unter den Engagierten<br />

stieg der Anteil von Personen, die eventuell ihr Engagement ausweiten wollen.<br />

Die räumliche Mobilität ist im Mittel altersabhängig. Insbesondere Personen bis zum Alter von 45<br />

sind kurzfristig räumlich mobil (insbesondere während Ausbildung, Studium und beruflicher Etablierung).<br />

Von Familienangehörigen wird das freiwillige Engagement auch als Chance wahrgenommen,<br />

sich in einem neuen Wohnumfeld zu vernetzen. Hinzu kommt das kinderbezogene Engagement der<br />

Eltern in Kindergärten und Schulen. Für eine zunehmende Mobilität junger Menschen spricht, dass<br />

1999 46% der bis 30-Jährigen noch an ihrem Geburtsort wohnten, 2009 waren es noch 34%. Dies hat<br />

auch Folgen für das ortsgebundene freiwillige Engagement junger Menschen, wie auch die Befragung<br />

in den Hilfsorganisationen (z. B. der DLRG zeigt). Es wird schwieriger, junge Menschen am Ort ihres<br />

(ersten) Engagements zu halten. Die Feuerwehr und die Hilfsorganisationen beginnen z. T., sich auf<br />

diesen Wandel in der horizontalen Mobilität von Menschen einzustellen, indem ein freiwilliges Engagement<br />

an zwei Orten möglich ist, oder die Qualifikation zu einem anderen Ortsverein „mitgenommen<br />

werden kann“ (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 9).<br />

2009 konnten nur 57% der Erwerbstätigen im Wochenverlauf ihre Freizeit verlässlich planen; 20%<br />

können dies zum Teil und 23% nicht. Diejenigen mit sicherem Planungshorizont sind zu 45% engagiert,<br />

Menschen mit partieller Planungssicherheit zu 36% und diejenigen ohne planbaren Wochenverlauf<br />

zu 30%. Dabei können Angestellte zu 58% ihre Freizeit planen und sind entsprechend stärker<br />

freiwillig engagiert (Gensicke und Geiss 2010, S. 11).<br />

Die wichtigsten Motive, sich zu engagieren, sind, „die Gesellschaft zumindest im Kleinen mitgestalten“<br />

zu wollen (2004: 66%; 2009: 61%), gefolgt vom Bedürfnis „mit anderen zusammen(zu)kommen“<br />

(2004 und 2009: 60%). Das letztgenannte Bedürfnis wird von Gensicke und Geiss (2010, S. 12) als<br />

Bedürfnis interpretiert, mit anderen Gemeinschaft zu finden und in den Kontext eines Kulturwandels<br />

vom Privaten zum Öffentlichen gestellt. Keineswegs sollte der Wunsch eines Zusammenkommens<br />

mit einem nach Gemeinschaftsbildung verwechselt werden. Hier sollte die Begriffsverwendung und<br />

Kontextualisierung überdacht werden und die Frage im nächsten Freiwilligensurvey möglichst präzise<br />

formuliert werden. Der Wunsch nach einem Erwerb von Qualifikationen (2009: 27%) bildet ein weiteres<br />

wichtiges Motiv für das Engagement. Die Interviewten, die bei Freiwilligen Feuerwehren und<br />

Rettungsdiensten engagiert sind, gaben „nur zu 26% an, dass sie in hohem Maße selbstlos sein müssten“<br />

(Gensicke und Geiss 2010, S. 118). Eher nachrangig sind Motive, im eigenen Lebensumfeld Ansehen<br />

und Einfluss zu gewinnen (12%) und durch das Engagement beruflich vorankommen zu wollen<br />

(10%) (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 12). Es zeigen sich bezogen auf die Bedeutung der Motive<br />

durchaus Parallelen zu den Ergebnissen motivationsbezogener Fragen und Untersuchungen in Österreich<br />

(siehe Abschnitt 2.5 „Österreich“). Die Möglichkeit einer Qualifizierung im freiwilligen Engagement<br />

ist besonderes für junge und Arbeit suchende Menschen von Bedeutung. Auch für junge Frauen<br />

ist die Qualifizierungsmöglichkeit während des freiwilligen Engagements wichtig.<br />

14 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Deutschland: Ergebnisse des Freiwilligensurveys 2009 mit Bezügen zu den Surveys 2004 und 1999<br />

Zur Charakterisierung ihres Engagements wurde von den freiwillig Engagierten der Begriff „Freiwilligenarbeit“<br />

favorisiert und am zweithäufigsten der Begriff „Ehrenamt“, auch wenn im Alltag zumeist<br />

vom „Ehrenamt“ die Rede ist (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 14). Die Bedeutung des Begriffes Ehrenamt<br />

wird bei der Freiwilligen Feuerwehr und den Rettungsdiensten mit 45% und im Bereich Kirche<br />

und Religion mit 44% am stärksten betont (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 114).<br />

2009 waren erheblich mehr jüngere Menschen gemeinwohlorientiert als 1999. Altere Befragte betonten<br />

häufiger ihre Interessenorientierung, d. h. persönliche Motive. Diese Entwicklung wird von<br />

Gensicke und Geiss (2010, S. 16) als eine sich seit den 1990er Jahren abzeichnende Entwicklung interpretiert,<br />

in der das Gemeinwesen als Bezugspunkt der Lebenskultur zunehmend aufgewertet werde<br />

und daher eher bei Jüngeren vorzufinden sei, während sich Ältere in einer Art Nachholprozess auf<br />

ihre persönlichen Interessen besinnen würden.<br />

In der Altersgruppe der 35- bis 44-Jährigen ist die Engagementquote am höchsten (42-43%) und gegenüber<br />

1999 gestiegen. Dies wird von Gensicke und Geiss (2010, S. 17) auf das freiwillige Engagement<br />

von („vollständigen“) Familien zurückgeführt, denn die Umfrage ergibt, dass Alleinerziehende<br />

aufgrund ihrer besonderen Belastung erheblich seltener freiwillig engagiert sind (32%).<br />

Junge Menschen (14 bis 24 Jahre) engagieren sich besonders im Sport, in der Jugendarbeit und im<br />

Rettungsdienst. Ihre Engagementquote ist gegenüber 1999 leicht gesunken (1999: 37%; 2009: 35%).<br />

Von jungen Menschen werde aus Gründen erhöhter räumliche Mobilität das freiwillige Engagement<br />

häufiger aufgegeben (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 18).<br />

Entsprechend den Survey-Ergebnissen gibt es geschlechterbezogen ein unterschiedlich starkes freiwilliges<br />

Engagement. Danach sind 40% der Männer und 32% der Frauen freiwillig engagiert (vgl.<br />

Gensicke und Geiss 2010, S. 19). An diesem Befund zeigt sich wiederum das Problem der Konzeption<br />

des Freiwilligensurvey, der lediglich formelles Engagement erfasst. Zu vermuten ist, dass ähnlich wie<br />

in der Schweiz oder in Österreich das informelle Engagement bei Frauen von gleichstarker oder größerer<br />

Bedeutung ist als bei Männern.<br />

Vom freiwilligen Engagement von Männern geprägt sind Sport, Vereins- und Verbandswesen, Politik,<br />

berufsbezogene Bereiche, Feuerwehr und Rettungsdienste. Das Engagement von Frauen ist stärker in<br />

den Bereichen Kindergarten, Schule und Kirchen. Aus der Graphik zur Beteiligung der Geschlechter<br />

am freiwilligen Engagement in Abhängigkeit von der Altersgruppe (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S.<br />

19) ist zu entnehmen, dass das Engagement von Frauen 2009 in der Altersgruppe zwischen 20 und 34<br />

Jahren um 10 und mehr Prozentpunkte niedriger als das der Männer liegt (Altersgruppe 20-24: Männer<br />

40%, Frauen 28%; Altersgruppe 25-29: Männer 38% Frauen 29%; Altersgruppe 30-34: Männer<br />

41% Frauen 30%). Dies entspricht tendenziell den Ergebnissen aus dem 1. Freiwilligenbericht Österreichs<br />

(siehe Abschnitt 2.5 Österreich), die dort auch theoriegeleitet beleuchtet werden, und hängt<br />

mit der Mehrfachbelastung von Frauen durch Beruf und Familienarbeit einschließlich Kinderbetreuung<br />

zusammen und nicht, wie im 3. deutschen Freiwilligensurvey geschlechterstereotyp naturalisierend<br />

suggeriert wird, damit, dass „in diesem Alter .. oft der Wunsch nach guter beruflicher Qualifikation<br />

und beruflichem Erfolg mit dem Bedürfnis, die Familiengründung nicht zu weit herauszuschieben“<br />

konkurriert (Gensicke und Geiss 2010, S. 19). Dass die prozentualen Beteiligungen von<br />

Männern und Frauen in der Altersgruppe der 40-44jährigen mit je 43% gleich hoch sind, könnte auf<br />

die gestiegenen Freiräume von Frauen für ein freiwilliges Engagement in dieser Altersgruppe hinweisen.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 15


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

Ein höherer Anteil älterer Menschen ist 2009 im Vergleich zu den Erhebungen beim 1. und 2. Freiwilligensurvey<br />

freiwillig engagiert. Bei den über 65jährigen stieg die Engagementquote zwischen 1999<br />

und 2009 um 5% (von 23% 1999 auf 26% 2004 und 28% 2009). Als Bereiche des freiwilligen Engagements<br />

werden von Gensicke und Geiss (2010, S. 20) insbesondere Tätigkeiten im sozialen Bereich<br />

und gemeinwesensbezogene Aufgaben genannt. Zu sehen ist, dass sich die Engagementquoten in<br />

den höheren Altersgruppen zwischen Männern und Frauen deutlich unterscheiden. So sind bei den<br />

70-74jährigen 37% der Männer, aber nur 25% der Frauen freiwillig engagiert, bei den 75jährigen und<br />

Älteren sind es 24% der Männer und nur 18% der Frauen. Womit dieser Unterschied zwischen den<br />

Geschlechtern zusammenhängt, ist unklar und sollte näher untersucht werden. Möglicherweise sind<br />

in diesen Altersgruppen Frauen häufiger informell und Männer häufiger formell engagiert, vielleicht<br />

sind Frauen aber auch häufiger mit der Pflege von Angehörigen oder der Betreuung von EnkelInnen<br />

befasst oder sie widmen sich stärker kreativen und anderen Hobbys oder Geselligkeiten.<br />

Die Bedeutung intergenerativer Kontakte im Rahmen des freiwilligen Engagements wird Befragten<br />

ab einem Alter von 45 Jahren wichtiger als den Jüngeren. Auch freiwillig engagierte Arbeitslose wünschen<br />

häufig intergenerative Kontakte im Rahmen des Engagements (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S.<br />

21).<br />

Der 3. Freiwilligensurvey unterscheidet für 2009 fünf Typen von Arbeitsmarktgruppen, die bezogen<br />

auf ihre eventuelle Bereitschaft zum freiwilligen Engagement gegenübergestellt sind (Bevölkerung ab<br />

14 Jahren): Dabei sind Erwerbstätige ab 35 Stunden Beschäftigungsumfang zu 38% freiwillig engagiert,<br />

zu 13% „bestimmt bereit“, zu 28% „eventuell bereit“ und zu 21% „nichts davon“. Erwerbstätige<br />

mit einem Beschäftigungsumfang unter 35 Stunden sind zu 43% freiwillig engagiert, zu 13% „bestimmt<br />

bereit“, zu 27% „eventuell bereit“ und zu 17% „nichts davon“. Die „Stille Reserve“ ist zu 35%<br />

freiwillig engagiert, zu 13% „bestimmt bereit“, zu 30% „eventuell bereit“ und zu 22% „nichts davon“.<br />

Arbeitslos Gemeldete mit ALG1-Bezügen sind zu 32% freiwillig engagiert, zu 13% „bestimmt bereit“,<br />

zu 21% „eventuell bereit“ und zu 24% „nichts davon“. Arbeitslos Gemeldete mit ALG2-Bezügen sind<br />

zu 22% freiwillig engagiert, zu 14% „bestimmt bereit“, zu 32% „eventuell bereit“ und zu 32% „nichts<br />

davon“ (Gensicke und Geiss 2010, S. 22). Zunächst wird von Gensicke und Geiss die „Stille Reserve“<br />

fälschlich mit „nicht arbeitslos, aber bei gutem Job arbeitsbereit“ übersetzt. Die „Stille Reserve“ umfasst<br />

bei den 5 gebildeten Gruppen eine Restgröße, die tatsächlich alle, die kein Arbeitslosengeld<br />

(ALG1 oder ALG2) beziehen, umfasst, auch wenn sie bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend<br />

(„arbeitssuchend“ in der Terminologie der Agentur für Arbeit, tatsächlich jedoch arbeitslos sind, denn<br />

manchmal suchen ja auch diejenigen eine Arbeit, die eine (andere) Arbeit haben) registriert sind,<br />

zudem diejenigen, die resigniert haben, zu FrührenterInnen verwandelte Arbeitslose (unter Umständen<br />

auf Zeit) und Hausfrauen und Hausmänner, die von ihrem Partner bzw. ihrer Partnerin abhängig<br />

sind und es aufgegeben haben, sich arbeitslos zu melden, da sie wegen der Bezüge des Partners bzw.<br />

der Partnerin ohnehin bezogen auf ALG2 nicht bezugsberechtigt sind.<br />

Gensicke und Geiss konstatieren, dass bei Arbeitslosen zwischen 1999 und 2004 das freiwillige Engagement<br />

anstieg, 2009 war der Anstieg nur noch bei Männern zu verzeichnen. Durch die Hartz-<br />

Reformen sei durch stärkere Arbeitsmarktintegration Arbeitsloser „das Zeitpotenzial für freiwilliges<br />

Engagement verringert, teils auch die Motivation. Bei Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfängern ist<br />

der Einbezug in die Zivilgesellschaft niedrig, ganz besonders bei einfach gebildeten“ (Gensicke und<br />

Geiss 2010, S. 22). Bezogen auf Ostdeutschland sehen Gensicke und Geiss fließende „Übergänge<br />

zwischen freiwilligem Engagement und (in der Regel geringfügig) bezahlten Tätigkeiten“. Das Engagement<br />

werde „von Arbeitslosen auch als Verdienstmöglichkeit oder als Sprungbrett für eine bezahl-<br />

16 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Deutschland: Ergebnisse des Freiwilligensurveys 2009 mit Bezügen zu den Surveys 2004 und 1999<br />

te Tätigkeit gesehen, wenigstens jedoch als sinnvolle Beschäftigung“. Die Motivationen Arbeitsloser<br />

für ein freiwilliges Engagement seien ähnlich wie bei Jugendlichen und Frauen an eigenen Interessen<br />

orientiert. Engagierten Arbeitslosen ist zudem eigene Verantwortung besonders wichtig. Weitere<br />

Motive betreffen soziale Integration, Qualifikation und gesellschaftliche Mitgestaltung (Gensicke und<br />

Geiss 2010, S. 22). Chancen, über freiwilliges Engagement an eine Erwerbstätigkeit zu gelangen,<br />

ergaben sich nach Expertenansicht insbesondere beim Arbeiter-Samariter-Bund während der Zeit des<br />

Wiederaufbaus der Organisation in Ostdeutschland.<br />

Da die Interviews für den 3. Freiwilligensurvey nur in deutscher Sprache geführt werden, sind sie<br />

nicht repräsentativ für das freiwillige Engagement von Migrantinnen und Migranten. Die argumentative<br />

Schlussfolgerung aus der deutschsprachigen Befragung lautet wie folgt: „Die Interviews werden<br />

ausschließlich in deutscher Sprache geführt, wodurch vor allem besser integrierte Migrantinnen und<br />

Migranten an der Umfrage teilnehmen“ (Gensicke und Geiss 2010, S. 23). Der Schluss von der Beherrschung<br />

der deutschen Sprache auf den Grad der Integration ist problematisch. Die Sprachbeherrschung<br />

ist allenfalls einer unter vielen Indikatoren für den Grad der Integration. Würden wir etwa<br />

bezogen auf die „japanische Gemeinde“ in Düsseldorf von einer mangelnden Integration sprechen<br />

oder bezogen auf IngenieurInnen, MusikerInnen, DirigentInnen, WissenschaftlerInnen oder SchriftstellerInnen,<br />

wenn ihre Kommunikationssprache in Deutschland im Wesentlichen Englisch ist und sie<br />

der deutschen Sprache kaum mächtig sind?<br />

Gensicke und Geiss schreiben „dass zwar die öffentliche Aktivität dieser Gruppe recht hoch ist, das<br />

freiwillige Engagement hingegen niedrig“. Die Engagementquote unter den Migrantinnen blieb zwischen<br />

1999 und 2009 konstant. „Mit der Aufenthaltsdauer in Deutschland steigt bei den Zugewanderten<br />

das freiwillige Engagement erheblich an. Engagement und Integration erscheinen bei Migrantinnen<br />

und Migranten oft als verschiedene Seiten einer Medaille“. Gensicke und Geiss weisen darauf<br />

hin, dass Menschen mit Migrationshintergrund, die sich freiwillige engagieren wollten, mit Hindernissen<br />

konfrontiert seien und „ein besonders hoher öffentlicher Unterstützungsbedarf des Engagements“<br />

zu erkennen sei. Menschen, die sich engagierten, seien eine „Erweiterung ihrer Kenntnisse<br />

und Erfahrungen“ und „berufliche und qualifikatorische Fragen“ besonders wichtig (Gensicke und<br />

Geiss 2010, S. 23). Übersehen wird hier, dass bei der Umfrage lediglich das formelle Engagement<br />

berücksichtigt wird. Es ist aus zahlreichen Untersuchungen bekannt, dass Menschen mit Migrationshintergrund<br />

sich stark informell freiwillig engagieren. Wird dies nicht berücksichtigt oder wenigstens<br />

in der Erörterung der Ergebnisse mit diskutiert, entsteht ein verzerrtes Bild. Dass sich bei längerem<br />

Aufenthalt nach Gensicke und Geiss die Engagementquote der Menschen mit Migrationshintergrund<br />

erhöht, hängt möglicherweise vornehmlich mit einer teilweisen Verlagerung ihres Engagements vom<br />

informellen zum formellen Engagement zusammen.<br />

Bezogen auf die neuen Bundesländer ist eine Erhöhung der Engagementquote zwischen 1999 und<br />

2004 zu verzeichnen (1999: 28%, 2004: 31%). Zwischen 2004 und 2009 blieb das Engagement konstant<br />

und liegt wesentlich niedriger als in den sogenannten alten Bundesländern, wobei es markante<br />

Unterschiede im mittleren Engagement der Befragten in den östlichen Bundesländern je nach Bundesland<br />

gibt und ein wachsendes mittleres Engagement (zwischen 1999 und 2009) unter den bis<br />

45jährigen zu verzeichnen sei. Bei den 31- bis 45-Jährigen wuchs die Engagementquote besonders<br />

zwischen 1999 und 2004 und bei 14- bis 30-Jährigen zwischen 2004 und 2009 (vgl. Gensicke und<br />

Geiss 2010, S. 24).<br />

Bezogen auf die Anteile freiwillig Engagierter nach Siedlungsdichte ergibt sich aus den drei Freiwilligensurveys,<br />

dass das freiwillige Engagement im ländlichen Raum verbreiteter ist als in den großstäd-<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 17


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

tischen Kernbereichen. Während in West- und Ostdeutschland im ländlichen Raum und verdichteten<br />

Umland, jeweils auf unterschiedlichem Niveau, das freiwillige Engagement zwischen 1999 und 2009<br />

prozentual ansteigt, stagniert es in den westdeutschen Kernstädten und verzeichnet nur in den ostdeutschen<br />

Kernstädten einen Anstieg (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 26).<br />

Bezogen auf die Organisationsform des Engagements rangieren Vereine, auf die sich 2009 47% des<br />

Engagements konzentrieren, an erster Stelle, gefolgt von Kirchen und Religionsgemeinschaften<br />

(2009: 14%), Gruppen, Initiativen oder Selbsthilfegruppen, besonders in den Bereichen Schule, Kindergarten,<br />

Jugendarbeit und Erwachsenenbildung (1999: 11%, 2009: 13%), Verbände (7%), Parteien<br />

und Gewerkschaften (3%) und private Einrichtungen, Stiftungen und sonstige (7%) (vgl. Gensicke und<br />

Geiss 2010, S. 28).<br />

Die Beteiligung freiwillig Engagierter an Leitungs- und Vorstandsfunktionen hat zwischen 1999 und<br />

2009 abgenommen (1999: 38%; 2004: 35%; 2009: 32%). Der Anteil der Männer an Leitungs- und<br />

Vorstandsfunktionen reduzierte sich von 44% auf 39% 2009. Bei Frauen sanken die Anteile von 31%<br />

im Jahr 1999 auf 24% 2009, also erheblich stärker bei ungleich niedrigerem Ausgangsniveau. In der<br />

Altersgruppe zwischen 31 und 45 Jahren sank der Anteil der Engagierten an diesen Funktionen von<br />

39% auf 28%. Hausfrauen und -männer nehmen 2009 nur noch zu 21% Leitungs- und Vorstandsfunktionen<br />

wahr (1999: 36%). Bereichsspezifisch sank der Anteil an diesen Funktionen bei kindergartenund<br />

schulbezogenen Engagements von 36% auf 22%, er sank ebenfalls im sozialen Bereich, in der<br />

Politik (1999: 60%, 2009: 56%) und im Sport. Stabil blieben die Anteile lediglich in Vereinen in den<br />

Bereichen Kultur, Musik und Freizeit, ebenso bei der Freiwilligen Feuerwehr und den Rettungsdiensten<br />

(vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 29). „Stabile Verhältnisse finden sich bei der Freiwilligen Feuerwehr<br />

bzw. den Rettungsdiensten mit 37% (1999: 38%), womit dieser Bereich inzwischen einen deutlich<br />

überdurchschnittlichen Anteil an leitenden Freiwilligen hat“ (Gensicke und Geiss 2010, S. 182).<br />

Mitbestimmung und Mitentscheidung sind für freiwillig Engagierte eine wichtige Motivation für ihre<br />

unentgeltliche Tätigkeit. Jedoch haben sich 2009 gegenüber 2004 die Möglichkeiten zur Mitbestimmung<br />

und Mitentscheidung für die freiwillig Engagierten deutlich reduziert (2004: 76%, 2009: 68%).<br />

Dabei blieb der Anteil derjenigen gleich, die keine Mitbestimmungsmöglichkeiten sahen. Die Restgröße<br />

von 19% 2004 und 27% 2009 gab „weiß nicht bzw. teils-teils“ an. 2004 zeigte sich eine Abhängigkeit<br />

der Wahrnehmung von Mitbestimmungsmöglichkeiten davon, ob hauptamtliches Personal<br />

vorhanden war. War es nicht vorhanden, sahen 84% Mitbestimmungsmöglichkeiten, bei vorhandenem<br />

hauptamtlichem Personal nur 66%. Jedoch sank der Anteil derer, die Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />

sahen, 2009 bei beiden Gruppen nahezu gleich stark (um 8 Prozentpunkte bzw. 9 Prozentpunkte),<br />

was von Gensicke und Geiss dahingehend gedeutet wird, dass die Sensibilität von freiwillig<br />

Engagierten in Bezug auf Mitsprachemöglichkeiten gestiegen sein könnte (vgl. Gensicke und Geiss<br />

2010, S. 30).<br />

Das Zeitvolumen des Engagements ist zwischen 2004 und 2009 relativ konstant geblieben (1/3 bis 2<br />

Std. und 1/3 bis 5 Std. wöchentlich, 17% zwischen 6 und 10 Std. wöchentlich, ca. 10% mehr als 10<br />

Std. wöchentlich). Männer sind zu 41% mehr als 5 Stunden wöchentlich aktiv, bei den Frauen sind es<br />

31%. Gensicke und Geiss erklären diesen Unterschied sicherlich zutreffend mit der Doppelbelastung<br />

von Frauen durch Berufs- und Familienarbeit. Frauen können sich daher seltener freiwillig engagieren<br />

und haben zudem weniger Zeit für das Engagement verfügbar (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 31).<br />

Menschen, die sich bei der Freiwilligen Feuerwehr und den Rettungsdiensten engagieren, wandten<br />

im Mittel 20 Stunden pro Monat für ihre Engagement auf (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 203). Ge-<br />

18 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Deutschland: Ergebnisse des Freiwilligensurveys 2009 mit Bezügen zu den Surveys 2004 und 1999<br />

genüber früheren Befragungen engagieren sich bei Freiwilliger Feuerwehr und Rettungsdiensten<br />

2009 mehr Freiwillige mehrmals pro Woche (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 208 f.).<br />

Für die meisten freiwillig Tätigen ist ihr Engagement mit Regelmäßigkeiten und Terminen verbunden<br />

(1999: 73%, 2004: 72%, 2009: 72%). In dieser Hinsicht unterscheiden sich die Anteile zwischen Männern<br />

und Frauen kaum (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 33). Das Engagement bei der Freiwilligen<br />

Feuerwehr und bei Rettungsdiensten ebenso wie in der Politik geht besonders oft mit terminlichen<br />

Verpflichtungen einher. Die Tendenz beim freiwilligen Engagement ist zunehmend zeitlich unbefristet<br />

angelegt (1999: 75%, 2009: 80%). Dieses Befragungsergebnis entspricht nicht der Problemsicht<br />

der meisten ExpertInnen in unserer Studie, die gerade eher eine Tendenz in Richtung eines zeitlich<br />

befristeten Engagements (eher projektbezogen als auf Dauer angelegt) beobachten. Die Ergebnisse<br />

von Umfragen in Österreich weisen ebenfalls in Richtung stärker befristeten Engagements (siehe<br />

Abschnitt 2.5 „Österreich“). Nach Gensicke und Geiss ist der Anteil der Engagierten mit zeitlich unbefristeter<br />

Perspektive bezogen auf ihr Engagement im Gesundheitsbereich mit 90% am höchsten, gefolgt<br />

von Tierschutz (88%), Sport und Bewegung (87%) und sozialem Bereich (87%). Demgegenüber<br />

war das Engagement bezogen auf Kindergarten und Schule 2009 zu 53% befristet, was sich auf den<br />

befristeten Aufenthalt engagierter Eltern bzw. deren Kindern in diesen Einrichtungen zurückführen<br />

lässt (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 32 f.). „Besonders lange waren Freiwillige im Bereich ‚Freiwillige<br />

Feuerwehr und Rettungsdienste‘ engagiert, im Jahr 2009 im Schnitt 14,5 Jahre, und das, obwohl<br />

hier besonders viele junge Menschen engagiert sind“ (Gensicke und Geiss 2010, S. 195).<br />

Bezogen auf die inhaltliche Gestaltung des freiwilligen Engagements sind für 58% der Engagierten<br />

praktische Arbeiten eine wichtige Aufgabe, besonders bei Rettungsdiensten und Freiwilligen Feuerwehren<br />

sowie im Umwelt- und Tierschutz. Der Anteil weniger zentraler Aufgaben für Freiwillige wie<br />

Verwaltung, Vernetzung und Mittelbeschaffung haben über die Zeit zugenommen. Ebenfalls bei den<br />

Feuerwehren und Rettungsdiensten sind persönliche Hilfeleistungen ein wichtiger Inhalt (dies gilt<br />

auch für den sozialen und den Gesundheitsbereich). Für Männer sind Öffentlichkeitsarbeit, Interessenvertretung<br />

und Mitsprache die wichtigsten inhaltlichen Bereiche. In der Jugendarbeit und der<br />

Erwachsenenbetreuung sind pädagogische Betreuung und Anleitung von besonders hoher Bedeutung<br />

(vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 33).<br />

Das Niveau der Anforderungen an Freiwillige hat sich im zeitlichen Vergleich der Befragungsergebnisse<br />

verringert bei gleichzeitiger Anreicherung des inhaltlichen Profils der Tätigkeiten. Die Anforderungen<br />

bezogen auf die Einsatzbereitschaft und Belastbarkeit seien bei der Freiwilligen Feuerwehr<br />

und den Rettungsdiensten zwar immer noch hoch, haben sich jedoch reduziert. Gensicke und Geiss<br />

führen dies auf den erhöhten Anteil Älterer in diesen Organisationen zurück, „an die in bestimmten<br />

Punkten (altersgemäß) nicht so intensive Anforderungen gestellt werden können“. Bezogen auf Jugendarbeit,<br />

Erwachsenenbildung, Gesundheit und Soziales werden insbesondere soziale und emotionale<br />

Kompetenzen erwartet. Weitere Anforderungen beziehen sich auf Kreativität, Ideenreichtum<br />

und gutes Zeitmanagement. „Organisationstalent, Führungsqualität und Fachwissen spielen weiterhin<br />

besonders bei männlichen Engagierten eine wichtige Rolle, was sowohl mit vermehrten Leitungsfunktionen<br />

als auch mit der thematischen Ausrichtung ihrer Tätigkeiten in Zusammenhang steht (vgl.<br />

Gensicke und Geiss, 2010, S. 34).<br />

Weiterbildungsveranstaltungen und Kurse zur Weiterbildung fördern die Kompetenz von freiwillig<br />

Engagierten und sind „ein Zeichen der Anerkennung für ihre Leistungen“. Bei der Freiwilligen Feuerwehr<br />

und den Rettungsdiensten sind Weiterbildung und das für die Ausübung des Engagements erforderliche<br />

(Grund-)Wissen eine der wichtigen Voraussetzungen für die Ausübung der Tätigkeit. 47%<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 19


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

der freiwillig Engagierten nahm 2009 zumindest einmal an einer Weiterbildung teil, 36% hatten<br />

schon an mehreren Veranstaltungen teilgenommen. Unter den bei Freiwilliger Feuerwehr und Rettungsdiensten<br />

engagierten Befragten bilden sich 84% weiter, bei lokalem Bürgerengagement und im<br />

Bereich Kindergarten und Schule sind es nur 20% bzw. 23%, die sich weitergebildet haben (vgl.<br />

Gensicke und Geiss 2010, S. 36).<br />

Bezogen auf die Belastung im freiwilligen Engagement wurde nach Überforderungsgefühlen gefragt.<br />

Besonders bei der Freiwilligen Feuerwehr und den Rettungsdiensten berichten Interviewte von solchen<br />

Gefühlen (1999: 27%, 2004: 23%) (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 224).<br />

35% der Jugendlichen haben sich 2009 freiwillig engagiert. Mit abnehmendem Alter erfolgt das Engagement<br />

häufiger mit AltersgenossInnen, also Peer-Group-orientiert. Diese Orientierung an der<br />

eigenen Alterskohorte verliert ab einem Alter von 20 Jahren an Bedeutung. Erst wenn eigene Kinder<br />

vorhanden sind, wird die Peer Group wieder wichtiger und vielfach richtet sich das freiwillige Engagement<br />

auf einen Kontext, in dem ihre Kinder stehen (Kindergarten, Schule). Die älteren freiwillig<br />

Engagierten, insbesondere die Frauen, richten ihre Engagement auf noch ältere Menschen (33% der<br />

über 65jährigen, 38% der über 75jährigen). Für das Engagement älterer Menschen sei Verwandtschaft<br />

von nachrangiger Bedeutung. Auch häuslich pflegende Menschen engagieren sich oft freiwillig<br />

(vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 38).<br />

Die Befragungsergebnisse zeigen für die Befragungszeitpunkte 2004 und 2009 bezogen auf die Unterstützung<br />

durch Arbeitgeber keine wesentlichen Unterschiede (2004: 29%, 2009: 30%). Während<br />

2004 53% freiwillig Engagierte angaben, von ihrem Arbeitgeber nicht unterstützt zu werden, waren<br />

es 2009 mit 43% weniger. 72% der ArbeitnehmerInnen wurden 2009 in Form flexibler Arbeitszeiten,<br />

68% durch Freistellungen und 65% durch die Möglichkeit der Nutzung der betrieblichen Infrastruktur<br />

unterstützt (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 44). Bei Freiwilligen Feuerwehren und in Rettungsdiensten<br />

engagieren sich „überproportional viele Arbeiterinnen und Arbeiter“. Daher „profitiert dieser<br />

Engagementbereich besonders von diesem Rückhalt“ (Gensicke und Geiss 2010, S. 206). Unsere Expertengespräche<br />

vermitteln einen anderen Eindruck. So gab die Expertin der Deutschen-Lebens-<br />

Rettungs-Gesellschaft (siehe den entsprechenden Abschnitt) an, dass Arbeitgeber bei Einstellungen<br />

zunehmend verlangten, dass Beschäftigte ihren Verzicht auf ein freiwilliges Engagement schriftlich<br />

erklären. Experten anderer Organisationen äußerten sich zu den Schwierigkeiten einer Freistellung<br />

für Arbeitnehmer.<br />

Bezogen auf den Verbesserungsbedarf bei Organisationen und Einrichtungen blieben die Wünsche<br />

der freiwillig Engagierten bei abnehmendem Problemdruck zwischen 1999 und 2009 weitgehend<br />

konstant. Mit abnehmender quantitativer Bedeutung wurden genannt: Bessere Finanzierung der<br />

Projektarbeit, bessere Ausstattung mit Räumen und Sachmitteln und Verbesserungen der Möglichkeiten<br />

zur Weiterbildung (insbesondere von den bereits Weitergebildeten gefordert). Verbessert hat<br />

sich die Anerkennung durch hauptamtliches Personal (der Handlungsbedarf ist höher, wenn hauptamtliches<br />

Personal vorhanden ist). Monetäre Aspekte wie Kostenerstattung oder Vergütungen für<br />

das freiwillige Engagement sind in ihrer Bedeutung eher nachrangig (Gensicke und Geiss 2010, S. 45).<br />

Bezogen auf Staat und Öffentlichkeit wird von den Befragten des 3. Freiwilligensurvey insbesondere<br />

eine Verbesserung der öffentlichen Information und Beratung über Möglichkeiten des Engagements<br />

gefordert. Weiterer Verbesserungsbedarf wird bezogen auf steuerliche Absetzbarkeit von Kosten und<br />

einen verbesserten Versicherungsschutz gesehen. Weitere Forderungen beziehen sich auf die Aner-<br />

20 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Australien und Großbritannien<br />

kennung des freiwilligen Engagements als Weiterbildung oder Praktikum. Kritisiert wird die mangelnde<br />

Anerkennung seitens Presse und Medien (vgl. Gensicke und Geiss 2010, S. 46).<br />

2.2 Australien und Großbritannien<br />

2.2.1 Ein- und Aufstiegsbarrieren für Frauen – Ursachen und Hemmnisse<br />

Das Ereignis, welches am stärksten den Ansatz im Katastrophenmanagement Australiens änderte,<br />

waren die Hobart (Tasmania) Buschbrände im Februar 1967. Sie betrafen die australische Hauptstadt<br />

massiv. Auf sie folgte die sogenannte Katastrophendekade mit Überflutungen, Bränden, Zyklonen,<br />

Zugunglücken, Erdbeben und Zusammenbrüchen von Brücken. In ihrer Folge wurde 1974 die Natural<br />

Disaster Organisation aufgebaut, die wissenschaftliche Katastrophenforschung konnte sich entwickeln<br />

und in vielen Einzelstaaten Australiens wurde eine Gesetzgebung entwickelt, die verstärkt auf<br />

die Bedürfnisse des Katastrophenmanagements einging. Der zuvor dominierende Zivilschutz wurde in<br />

einen integrierten Ansatz aufgenommen, welcher Gemeinden auf alle Gefahren durch Vorsorge,<br />

Vorbereitung, Bewältigung und Wiedererholung vorbereitet. Bei allem Fortschritt, der seit 1974 im<br />

Notfall- und Katastrophenmanagement Australiens erreicht wurde, ist gleichzeitig ein erheblicher<br />

Verlust zu beklagen: der Verlust des Beitrags von Frauen zu Entscheidungsprozessen, Planungen und<br />

im operativen Bereich des Notfall- und Katastrophenmanagements (vgl. Robertson 1998, S. 201).<br />

Das Katastrophenmanagement war in Australien traditionell eine männliche Domäne, die in ihrer<br />

Struktur und ihren Aktivitäten dem militärischen Bereich glich. Dies wird u. a. daran deutlich, dass die<br />

Direktoren der Zivilschutzorganisationen und der State Emergency Services vornehmlich pensionierte<br />

Militäroffiziere sind. Frauen sind nicht nur beim operativen Personal der Emergency Services kaum<br />

vertreten, ebenso liegt ihre Teilnahme an Trainingsprogrammen des Australian Emergency Management<br />

Institute sehr niedrig, was die geringe Partizipation von Frauen auf mittleren und hohen Managementrängen<br />

zeigt. D. h., Frauen können durchaus in Katastrophensituationen partizipieren, sie<br />

sind jedoch auf höheren Entscheidungsebenen nicht vertreten. Frauen werden in Forschung und<br />

Publikationen routinemäßig als Katastrophenopfer thematisiert, wodurch Stereotype verstärkt werden.<br />

Ihre tatsächlichen oder möglichen Beiträge zum Katastrophenmanagement werden demgegenüber<br />

kaum wahrgenommen. Frauen, die in Katastrophensituationen mitwirken, werden auf Unterstützungsfunktionen<br />

verwiesen und arbeiten vornehmlich auf der Freiwilligen-Ebene (vgl. Robertson<br />

1998, S. 202). Diese Situation im Zivil- und Katastrophenschutz kann durchaus mit derjenigen in<br />

Schweden, in der Schweiz, in Deutschland oder den USA verglichen werden. So heben Callerstig, Harrison<br />

und Lindholm (2008) hervor, dass die Bilder und Geschichten passiver, zu schützender Frauen,<br />

die von männlichen Helden gerettet werden, anlässlich von Katastrophen, z. B. nach dem 11. September<br />

2001, wiederbelebt werden. Ähnlich stellt sich die Situation in der Schweiz oder in Deutschland<br />

dar. Wenn etwa die Wörter „Katastrophe (Katastrophenschutz) Ehrenamt Frauen (Schweiz/<br />

Deutschland)“ in eine prominente Suchmaschine eingegeben werden, gibt es eine Fülle von Hinweisen<br />

auf Untersuchungen, Studien und Berichten, in denen Frauen als Opfer oder als zu Behandelnde,<br />

nicht jedoch als Katastrophenmanagerinnen, Gruppenleiterinnen etc. thematisiert werden. Frauen<br />

werden tendenziell operativ oder therapeutisch als „zu Behandelnde“, nicht jedoch als Handelnde<br />

und Entscheidende betrachtet. Die tatsächliche Leitungsstruktur der Hilfsorganisationen, auch in den<br />

ehrenamtlichen Bereichen, oder diejenige des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastro-<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 21


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

phenhilfe (auf Präsidial- und Abteilungsleiterebene, ebenso auf den darunter liegenden Ebenen) als<br />

oberster Bundesbehörde lässt auch für Deutschland nur selten ein anderes Bild aufkommen.<br />

Das Rote Kreuz von Victoria spielt eine entscheidende Rolle im Notfallmanagementsystem dieses<br />

australischen Bundesstaates. Es übernimmt die Verantwortung für die Lebensmittelversorgung<br />

(„Frauenarbeit“), Registrierung, Untersuchung und erste Hilfe bei Katastrophen und unterstützt dabei<br />

die einschlägigen Behörden. Es ist eine traditionelle Aufgabe des Roten Kreuzes, wichtige Dienstleistungen<br />

während Notfällen und Katastrophen für die Communities zu erbringen. Die Dienstleistungen<br />

des Roten Kreuzes werden durch eine Freiwilligeninfrastruktur vorgehalten, die regional von<br />

Freiwilligen koordiniert und gemanagt wird.<br />

In Victoria ist die typische Freiwillige des Roten Kreuzes weiblich. Sie lebt in ländlicher oder semiländlicher<br />

Umgebung, hat kaum Erfahrung mit bezahlter Arbeit, ist jedoch freigiebig hinsichtlich der Zeit<br />

und Kraft, die sie für das Rote Kreuz aufbietet. Die Übernahme von Führungsrollen ist daher eine<br />

besondere Herausforderung für Frauen, die ihre Fähigkeiten nicht durch bezahlte Arbeit entwickeln<br />

können, wie dies bei männlichen Freiwilligen der State Emergency Services der Fall ist. Es sei keine<br />

Aufgabe für Zartbesaitete, Akzeptanz in den männlich orientierten Notfall- und Katastrophenmanagementteams<br />

zu erreichen (vgl. Robertson 1998, S. 202).<br />

Robertson zeigt überlegt, warum Frauen in allen Phasen des Katastrophenmanagements so stark<br />

unterrepräsentiert sind, warum sie nicht ermutigt werden, sich zu beteiligen, und warum ihr wertvolles<br />

Wissen dem System verloren geht, ja, sie entmutigt werden, im Notfall- und Katastrophenmanagementbereich<br />

zu bleiben, und warum Frauen wenig motiviert sind, sich auf den Managementebenen<br />

zu engagieren:<br />

Viele Frauen finden die Kultur von Notfall- und Katastrophenschutzorganisationen wenig anziehend.<br />

Zum Teil steht die Herausbildung einer männlich orientierten Kultur in Zusammenhang mit der Entstehungsgeschichte<br />

der australischen Notfall- und Katastrophenmanagementbehörden. Dort hat sich<br />

eine Kultur herausgebildet, in der sich Frauen selten wohl fühlten oder in der ihnen zu wenig Akzeptanz<br />

oder Respekt als gleiche Partner entgegengebracht wurde. In frühen Phasen wurden die katastrophenbezogenen<br />

Aufgaben als physisch beanspruchend betrachtet und Frauen für körperlich nicht<br />

hinreichend fit gehalten. Bezogen auf die Phase der Wiedererholung wurde früh eine begrenzte und<br />

begrenzende Sichtweise eingenommen, entsprechend der Lebensmittelversorgung, Kleidungsfragen<br />

und andere Aufgaben, die bei Katastrophenüberlebenden zu einem Wohlgefühl führten, „Frauenarbeit“<br />

seien (Robertson 1998, S. 203).<br />

Frauen werden zwar in der Recovery-Phase gebraucht, sie sind aber in einschlägigen Gremien und<br />

Veranstaltungen nur mit einem Anteil von 10 bis 25% präsent. Während sie im Verlauf eines Ereignisses<br />

für eine Weile ihre Expertise zur Verfügung stellen, kehren sie danach zu ihren üblichen Tätigkeiten<br />

zurück und ihr Wissen geht verloren, obwohl sie wertvolle Katastrophenerfahrung und Expertise<br />

gewonnen haben. So spielen sie z. B. für eine Zeit (weniger als 12 Monate) eine wichtige Rolle als<br />

befristete Community-Entwickler in der Phase der Wiedererholung. Wenn ihre spezifische Aufgabe<br />

beendet ist, kehren sie zurück, obwohl ihre Expertise im Emergency Management System gebraucht<br />

würde. D. h., die meisten Frauen, die sich in der Response und Recovery Phase engagieren, finden<br />

keinen Zugang zu den männlich dominierten höheren Bereichen der katastrophenbezogenen Entscheidungsfindung<br />

in Regierungs- und anderen Organisationen. Ihr Anteil wächst lediglich auf der<br />

22 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Australien und Großbritannien<br />

lokalen Regierungsebene, so dass hier ein steigendes Potential von Frauen vorhanden ist, die bei der<br />

Entwicklung von Katastrophenvorsorgestrategien mitwirken könnten.<br />

Frauen sind gut repräsentiert und sehr effektiv in Notfallgruppen, die es typischerweise nach einer<br />

Katastrophe gibt. Diese Pressure-Groups oder Gruppen mit spezifischen Interessen haben eine starke<br />

Wirkung auf den Wiedererholungsprozess und zeigen die Fähigkeiten, die Frauen zum Nutzen ihrer<br />

Communities mitbringen.<br />

Ein Problem sei auch, dass nur 900 Plätze pro Jahr im Emergency Management Institute für das Katastrophenmanagement-Training<br />

angeboten werden. Daher fehle Frauen z. T. die Möglichkeit, in die<br />

einschlägigen Netzwerke und den Informationsaustausch einbezogen zu werden.<br />

D. h., Frauen sind in Katastrophenschutzorganisationen, besonders auf höheren Ebenen, eine Minderheit.<br />

Sie sind ebenfalls auf den Ebenen unterrepräsentiert, auf denen in den entsprechenden Organisationen<br />

die politische Planung im Bereich Katastrophenvorsorge, Response und Recovery erfolgt.<br />

Es sei für Frauen nicht einfach, in die aggressive maskuline Umgebung von Katastrophenschutz- und<br />

Hilfsorganisationen hineinzugelangen und sich in ihnen durchzusetzen (vgl. Robertson 1998, S. 205).<br />

1995 wurde in Australien eine neue Organisation gegründet, die „Women in Emergency Management<br />

Association (WIEMA). Sie verfügt über operative, Trainings- und Managementerfahrung. Die<br />

Mitglieder der Organisation wollen die Rolle von Frauen im Prozess der Katastrophenvorsorge und im<br />

Katastrophenmanagement unterstützen. Sie haben folgende Ziele:<br />

- Untersuchen, inwieweit Frauen am Emergency Management mitwirken,<br />

- Themen untersuchen, die für Frauen im Emergency Management relevant sind,<br />

- Etablierung eines Unterstützungssystems für Frauen, die im Emergency Management tätig<br />

sind,<br />

- Förderung des Verständnisses der aktuellen und potentiellen Beiträge von Frauen im<br />

Emergency Management,<br />

- Vorhalten eines Forums zum Informationsaustausch für Frauen im Emergency Management,<br />

- Durchführung von Workshops, die relevant sind für Frauen im Bereich Emergency Prevention,<br />

Preparedness, Response und Recovery.<br />

Robertson (1998, S. 205) schließt mit folgendem Statement:<br />

“The exclusion of women from disaster management is sometimes the product of an<br />

outdated assumption that disaster management is „for men only” and that women<br />

are incapable or uninterested in taking part”.<br />

Beatson und McLennan (2005) heben in ihrem Literaturreview bezogen auf die australischen Feuerwehren<br />

Folgendes hervor:<br />

- Die australischen Feuerwehren sind in hohem Maße abhängig von Freiwilligen. Insgesamt<br />

gibt es 200.000 Freiwillige. So wird z. B. die Country Fire Authority (CFA) von Victoria von<br />

58.000 freiwilligen Feuerwehrleuten unterstützt. Dem gegenüber stehen 400 Berufsfeuerwehrleute<br />

und 700 Personen in der Verwaltung.<br />

- Während die Freiwilligenraten von Männern und Frauen im Allgemeinen in etwa gleich sind,<br />

beträgt der Frauenanteil in den australischen Feuerwehren nur 12 bis 24 Prozent. Zudem<br />

sind Frauen proportional in sehr viel geringerem Anteil als Männer im operativen Bereich tätig.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 23


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

- Die australischen Feuerwehren sind zunehmend mit dem Problem der Sicherstellung ihrer<br />

Dienstleistungen konfrontiert, denn es besteht eine Überrepräsentanz männlicher alternder<br />

ehrenamtlich tätiger Feuerwehrleute im operativen Bereich.<br />

- Der Mangel systematischer Forschung über Faktoren, die die Mitwirkung von Frauen an der<br />

Freiwilligen Feuerwehr Australiens beeinflussen, ist ein gravierendes Problem, das auch dazu<br />

beiträgt, dass sich die Unterrepräsentanz von ehrenamtlich tätigen Frauen in diesem Bereich<br />

kaum verändern lässt.<br />

- Ein größerer Pool von Feuerwehrleuten würde die Effektivität der Feuerwehr erhöhen.<br />

Gründe für die mangelnde Repräsentanz von Frauen in vielen traditionell männlichen Domänen (Verteidigung,<br />

Polizei, Feuerwehr) sind in Folgendem zu sehen:<br />

Diskriminierungserfahrungen und -erwartungen<br />

Einer der zentralen Gründe, die von Frauen als Hinderungsgrund für eine Tätigkeit in einer traditionell<br />

männlichen Domäne genannt werden, ist ihre Vorstellung, dass sie von männlichen Kollegen<br />

diskriminiert würden. Diese Befürchtung ist in traditionell männlichen Beschäftigungssektoren nicht<br />

unbegründet. In zahlreichen Untersuchungen und Publikationen werden Formen der Diskriminierung<br />

beschrieben und analysiert. Sie reichen von leichten und nicht intendierten Formen der Exklusion bis<br />

zu feindlichen Verhaltensweisen (vgl. Beatson und McLennan 2005, S. 19).<br />

Beatson und McLennan weisen auf die Kosten für das Individuum wie für die Organisation hin, die<br />

eine Benachteiligung von Frauen verursachen kann: Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit reduzieren<br />

die Effizienz und insbesondere Fernbleiben von der Organisation sowie Resignation führen zu<br />

wachsenden Rekrutierungs- und Trainingskosten – die Rekrutierung und Ausbildung neuer Freiwilliger<br />

Feuerwehrleute ist teuer. Zwar ist der Anteil von Frauen, die die Freiwillige Feuerwehr verlassen,<br />

noch unbekannt, generell zeigt die Forschung jedoch, dass der Anteil an Frauen, die Freiwilligenorganisationen<br />

wieder verlassen, hoch ist. Allerdings fehlt es – bezogen auf Australien – an einschlägiger<br />

Forschung zur Frage, warum der Frauenanteil in den Freiwilligen Feuerwehren so niedrig ist, insbesondere<br />

in den operativen Rollen. Bei den Berufsfeuerwehren liegt der Frauenanteil bei nur 3%. Damit<br />

war er 2005 allerdings schon erheblich höher als in Deutschland.<br />

In australischen, britischen und amerikanischen Forschungen wurden folgende Barrieren für die Rekrutierung<br />

von Frauen für die Feuerwehr herausgearbeitet:<br />

1. begrenzte öffentliche Wahrnehmung<br />

2. Konkurrierende Verpflichtungen<br />

3. Unterschiedliche Motivationen und Rekrutierungsstrategien.<br />

Ad 1) Entsprechend einer Studie in Großbritannien glaubten 43% der befragten Frauen, dass Frauen<br />

bei der Feuerwehr von ihren Kollegen nicht willkommen geheißen werden. Zudem wurde die Feuerwehr<br />

für den für Frauen am wenigsten geeigneten Bereich gehalten (Bucke 1994; zitiert nach<br />

Beatson und McLennan 2005, S. 20). Nach britischen und amerikanischen Forschungen gibt es sowohl<br />

in der Öffentlichkeit als auch in den Feuerwehren den Glauben, dass es den Frauen an physischer<br />

Kraft fehle, um die Arbeit zu leisten. So ergab eine Untersuchung des UK Fire Service Inspectorate,<br />

dass 59% der Frauen glaubten, die physischen Anforderungen seien für sie zu hoch. 49% waren<br />

allerdings der Auffassung, dass sie sie mit einem angemessenen Training bewältigen könnten (UK Fire<br />

Service Inspectorate 1999; zitiert nach Beatson und McLennan 2005, S. 20). Ein weiteres Wahrnehmungsproblem<br />

bezogen auf die Feuerwehr betrifft die Vorstellung, dass geglaubt wird, dass alle Feu-<br />

24 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Australien und Großbritannien<br />

erwehrleute lediglich Feuer löschen. D. h. das Profil der Feuerwehr in ihrer Bandbreite von Brandschutzerziehung<br />

über Gebäudeinspektion bis zum Umweltschutz etc. ist ziemlich unbekannt. Auch<br />

für Australien ist davon auszugehen, dass die Unkenntnis über die Variationsbreite von Freiwilligenrollen<br />

in der Feuerwehr die Rekrutierung von Frauen behindert. Zudem ergab eine australische fokusgruppenorientierten<br />

Studie der CFA (1998; zitiert nach Beatson und McLennan 2005, S. 20), dass<br />

die Frauen die Freiwillige Feuerwehr für „boys clubs“ hielten.<br />

Ad 2) In der Fokusgruppenstudie der CFA (1998; zitiert nach Beatson und McLennan 2005, S. 20)<br />

wurde als Barriere der Mangel an Kinderbetreuungsmöglichkeiten gesehen. Auch in einer anderen<br />

Studie (Benn 2001; zitiert nach Beatson und McLennan 2005, S. 20) ergab sich, dass der Mangel an<br />

Unterstützung bezogen auf die Kinderbetreuung Frauen mit Kindern an einem Engagement bei der<br />

Freiwilligen Feuerwehr hindert. Bei denen, die sich trotzdem engagieren, gibt es fortlaufende Entscheidungsschwierigkeiten,<br />

sofern sie Eltern kleiner Kinder sind.<br />

Ad 3) Entsprechend einer amerikanischen Studie (vgl. Manolakes 2002; zitiert nach Beatson und<br />

McLennan 2005, S. 20) werden Männer häufig auf der Basis persönlicher Kontakte mit Mitgliedern<br />

der Feuerwehr rekrutiert. Frauen wenden sich der Feuerwehr häufiger über formale Kanäle zu, was<br />

bedeutet, dass sie eher in einer Außenseiterposition bleiben. Zudem unterscheiden sich nach Manolakes<br />

die Motivationen zwischen den Geschlechtern. Während Männer eher nach sozialer Anerkennung<br />

streben, werden Frauen stärker durch altruistische und praktische Aspekte des Freiwilligendienstes<br />

angezogen.<br />

Benachteiligung von Frauen im Engagement bei der Feuerwehr<br />

Ein weiterer Grund, jedenfalls in der amerikanischen Feuerwehr, ist die negative Diskriminierung von<br />

Frauen. Geschlechtliche Diskriminierung sei der einzige Stressor, der bei weiblichen Feuerwehrleuten<br />

signifikant höher liege als bei Männern. Zudem sei Diskriminierung verbreitet. Eine Studie, in der 500<br />

weibliche Feuerwehrleute untersucht wurden, ergab, dass 75% von ihnen berichten, dass sie von<br />

männlichen Kollegen in negativer Weise anders behandelt werden als männliche Kollegen, 96% von<br />

ihnen mehrmals, 55% berichten über fortgesetzt negative und unterschiedliche Behandlung. Zwei<br />

der Hauptprobleme, die sich aus US-amerikanischen und britischen Forschungen ergaben, waren 1.<br />

die Unterminierung der Kompetenz von Frauen und 2. sexuelle Belästigung (vgl. Beatson und McLennan<br />

2005, S. 21). Zumindest der erstgenannte Faktor ist auch in Deutschland von Bedeutung, wenn<br />

die Leiterin der Dormagener Feuerwehr erklärt, sie müsse 150% leisten im Vergleich zu männlichen<br />

Kollegen.<br />

Zur wahrgenommenen Kompetenz von Frauen<br />

Nach einer Studie des UK Fire Service Inspectorate (1999; zitiert nach Beatson und McLennan 2005,<br />

S. 21) würde der überwiegende Anteil der Feuerwehrmänner gegen die Beschäftigung von Frauen in<br />

operativen Tätigkeiten Widerstand leisten, da Frauen nicht in der Lage seien, diese männliche Tätigkeit<br />

zu verrichten. Auf unterschiedliche Weise werden Wahrnehmungen, weibliche Feuerwehrleute<br />

seien weniger kompetent als Männer, perpetuiert. Nach einer Studie von Chetkovich (1997; zitiert<br />

nach Beatson und McLennan 2005, S. 21) werden Fehler von Frauen erstens schneller verbreitet, sie<br />

werden zweitens weiter verbreitet als Fehler von Männern und drittens werden sie mehr ausgeschmückt<br />

als Fehler von Männern. Auch in einer anderen Studie waren 82% der Berufsfeuerwehrfrauen<br />

der Auffassung, dass ihre Fehler stärker zur Kenntnis genommen wurden als die Fehler ihrer<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 25


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

männlichen Kollegen. Yoder und Berendsen (2001; zitiert nach Beatson und McLennan 2005, S. 21)<br />

fanden heraus, dass sich 88% der Feuerwehrfrauen, die sie interviewten, auf unangenehme Weise<br />

überwacht fühlten und stimmten darin überein, dass sie ihre männlichen Gegenspieler in ihrer Kompetenz<br />

übertreffen müssten, um zu demonstrieren, dass sie kompetent sind. Weiter wurde paternalistische<br />

Überfürsorglichkeit als ein Hinweis auf das Vorurteil beobachtet, dass Frauen unfähig seien,<br />

die Feuerwehrtätigkeit auszuüben. Auch für Australien wird von Gare (2000; zitiert nach Beatson und<br />

McLennan 2005, S. 21) berichtet, dass Frauen so behandelt würden, als seien sie nicht fähig, ihre<br />

Arbeit zu leisten. Die CFA (1998; zitiert nach Beatson und McLennan 2005, S. 21) hat ein Programm<br />

ins Leben gerufen, im Rahmen dessen Feuerwehrmänner lernen sollen, Frauen zu akzeptieren, und<br />

gleichzeitig Frauen ermutigt werden sollen, in der Freiwilligen Feuerwehr zu arbeiten. Das ist immerhin<br />

ein Hinweis darauf, dass der männliche Glaube an weibliche Inkompetenz als Rekrutierungsbarriere<br />

und Hinderungsgrund für Frauen, in die Freiwillige Feuerwehr einzutreten, offiziell zur Kenntnis<br />

genommen wurde, wobei nicht bekannt ist, wie effizient solche Programme sind.<br />

Sexuelle Belästigung<br />

Es gibt eine Reihe von Hinweisen darauf, dass sexuelle Belästigung in Großbritannien und den USA<br />

ein gravierendes Problem in den Feuerwehren ist. Auch für Australien gibt es entsprechende Hinweise.<br />

Allerdings ist die Forschungslage in diesem Punkt unzulänglich (vgl. Beatson und McLennan 2005,<br />

S. 22). Für Deutschland finden sich ebenfalls Hinweise. Entsprechende Studien sind nicht bekannt.<br />

Eine Untersuchung, in der auch diese Frage berücksichtigt würde, wäre für Feuerwehren in Deutschland<br />

sicherlich wünschenswert.<br />

Unpassende Kleidung und Schutz der Privatsphäre<br />

Ein weiteres Problem, das möglicherweise in Deutschland keine Rolle mehr spielt, ist Kleidung, die<br />

Feuerwehrfrauen bezogen auf die Größe nicht passt; von viel zu großen Schuhen und Handschuhen<br />

über die sonstige Kleidung, die Frauen tragen sollen und die ihre Beweglichkeit einschränkt und ihre<br />

Sicherheit beeinträchtigt. Insbesondere aus den USA und Großbritannien wird über diese Probleme<br />

berichtet. Für Australien fehlt es an einschlägigen Informationen. In Großbritannien ergab eine Untersuchung,<br />

dass in zahlreichen Feuerwehren separate Toiletten, Duschen und Umkleideräume fehlten.<br />

Bezogen auf Australien fehlt es an systematischen Informationen in dieser Frage. Es gibt Hinweise,<br />

dass einige australische Feuerwehrfrauen ebenfalls mit solchen Problemen zu tun haben (vgl.<br />

Beatson und McLennan 2005, S. 23).<br />

2.2.2 Forschungsagenda<br />

Aus den dargestellten Barrieren für Frauen in den Freiwilligen Feuerwehren leiten Beatson und<br />

McLennan (2005, S. 23) eine Forschungsagenda mit folgenden Punkten ab:<br />

- Glauben Frauen, dass sie in der Freiwilligen Feuerwehr nicht willkommen wären?<br />

- Sind sich Frauen im Klaren über die Vielfalt an Tätigkeiten in der Freiwilligen Feuerwehr?<br />

- Glauben Frauen von sich selbst, dass sie physisch in der Lage sind, die Arbeit zu verrichten,<br />

die in einer Freiwilligen Feuerwehr gefordert ist?<br />

- Unterscheiden sich die derzeitigen Rekrutierungspraktiken männlicher und weiblicher Freiwilliger<br />

durch die Feuerwehren?<br />

26 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Australien und Großbritannien<br />

- Gibt es Unterschiede zwischen den Motivationen von Männern und Frauen, sich in der Freiwilligen<br />

Feuerwehr zu engagieren, und was ergibt sich daraus für die Rekrutierungsstrategien?<br />

- Bis zu welchem Ausmaß ist das Kinderbetreuungserfordernis ein Hinderungsgrund für das<br />

Engagement von Frauen und ggf. von Kinder betreuenden Männern in der Freiwilligen Feuerwehr?<br />

Die hier vorgestellte Forschungsagenda für Australien ist auch für deutsche Feuerwehren von Interesse,<br />

da bisher die hier aufgeführten Fragen nicht systematisch untersucht wurden. In abgewandelter<br />

Form können die Fragen auch für den THW und die Zivil- und Katastrophenschutzbereiche anderer<br />

Organisationen von Relevanz sein.<br />

2.2.3 Lösungsansätze und -initiativen<br />

Wenn etwa Feuerwehren als „boy’s clubs“ angesehen werden oder die Vielzahl an Aktivitäten der<br />

Feuerwehren nicht bekannt ist oder das Zutrauen in die eigenen physischen Kräfte fehlt, könnten<br />

Feuerwehren Werbekampagnen initiieren, die die Feuerwehr als progressive und inklusive Organisationen<br />

darstellen, die Frauen in einer Vielzahl von Tätigkeiten unterstützt. Dabei könnten Feuerwehrfrauen<br />

sichtbar gemacht werden, als Beispiele dafür, dass Frauen den Anforderungen durchaus gewachsen<br />

sind. Das Sichtbarmachen findet sich seit dem Projekt von Wetterer, Poppenhusen und Voss<br />

(2007; siehe Abschnitt 3.5 Feuerwehr) in den Leitsätzen der Feuerwehrfrauen im Deutschen Feuerwehrverband<br />

(DFV) und wird seit dem Projekt auch in vielen Varianten praktiziert.<br />

Sollten sich die Motivationen zwischen den Geschlechtern unterscheiden, sich in der Freiwilligen<br />

Feuerwehr zu engagieren, kann dies in Rekrutierungsstrategien berücksichtigt werden. So könnten<br />

Feuerwehrmänner motiviert werden, über persönliche Kontakte Frauen einzuwerben, statt passiv zu<br />

warten, ob sie von selbst kommen. Auch um die Frage der Kinderbetreuung zu lösen, sofern sie sich<br />

für Frauen und Männer als Hinderungsgrund ergeben sollte, können diverse Ansätze von Feuerwehren<br />

entwickelt werden. Wenn diese Bemühungen den Bewohnern von Gemeinden vermittelt würden,<br />

könnte dies das Image der Feuerwehr verbessern, sodass sich mehr Menschen in einer Freiwilligen<br />

Feuerwehr engagieren.<br />

Der australische Verband der Feuerwehrfrauen, Women in the Fire Service, hat eine Liste von Vorteilen<br />

zusammengesellt, die sich für Freiwillige Feuerwehren ergeben, wenn sie besser in der Lage sind,<br />

mit Diversität umzugehen und sich mehr Frauen in der Einheit engagieren. Dazu gehören:<br />

- eine bessere Arbeitsumgebung<br />

- höhere Produktivität<br />

- mehr Vertrauen und Respekt<br />

- verbesserte Problemlösungsfähigkeiten in Gruppen<br />

- verminderter Stress und weniger Verletzte<br />

- verbesserte Public Relations<br />

(Women in the Fire Service 1999; zitiert nach Beatson und McLennan 2005, S. 25).<br />

Von den Organisationen der Bundesstaaten bzw. Territorien Australiens wurden folgende Initiativen<br />

ergriffen, um mehr Frauen für die Freiwillige Feuerwehr zu gewinnen. Einige der hier genannten Initiativen<br />

werden bereits in Deutschland praktiziert, andere wären erwägenswert (vgl. Beatson und<br />

McLennan 2005, S. 24):<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 27


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

- Mund-zu-Mund-Werbung durch einzelne Feuerwehren (Australian Capital Territory).<br />

- Periodische Durchführung von Veranstaltungen, um Frauen über die Chancengleichheit im<br />

Feuerwehrdienst zu informieren (Australian Capital Territory).<br />

- Etablierung von Fokusgruppen mit Feuerwehrfrauen, um zu erfahren, was ihnen wichtig ist.<br />

- Forschungen über die Gründe, welche Freiwilligen die Feuerwehr warum verlassen.<br />

- Forschungen zum Kinderbetreuungsbedarf von Feuerwehrfrauen und -männern.<br />

- Rekrutierung mit dem Ziel der Erhöhung von Diversität (South Australia).<br />

- In einem Handbuch für Freiwillige werden alle Feuerwehren angewiesen, sich zu öffnen, und<br />

solche mit niedrigem Frauenanteil werden gedrängt, Frauen zu ermutigen, Mitglied zu werden<br />

(Tasmania).<br />

- Untersuchung der Teilhabe von Frauen an herausgehobenen Funktionen der Feuerwehrorganisation<br />

des Einzelstaates. Empfehlungen des Senior Managements, wie Flexibilität und inkludierende<br />

Orientierung in Feuerwehreinheiten verbessert werden können, um die Zahl von<br />

Feuerwehrfrauen zu erhöhen (Tasmania).<br />

- Ein Fokusgruppen-Forschungsprogramm, initiiert von CFA, in dem die oben genannten Barrieren<br />

für Frauen herausgearbeitet wurden (Victoria).<br />

- Policy für schwangere Frauen in der Freiwilligen und der Berufsfeuerwehr (West Australia).<br />

- Alle Angehörigen, Männer wie Frauen, haben Zugang zum Wohlfahrts-Unterstützungsprogramm<br />

(West Australia).<br />

- Konferenzen und Workshops, in denen eine Umgebung herrscht, in der Frauen sich an neuen<br />

Herausforderungen versuchen können (LKW-Fahren, Umgang mit Spritzen, Nutzung von<br />

Atemschutzgeräten, schwerem Equipment etc.) ohne Furcht vor Fehlern oder davor, ausgelacht<br />

zu werden. Das Ziel ist, Frauen die Zuversicht zu vermitteln, dass sie die Grundausbildung<br />

und das übliche Training in der Feuerwehreinheit schaffen können.<br />

- Entwicklung einer Policy, wie Kinder in Feuerwehrstationen betreut werden können.<br />

- Ein Willkommensereignis, zudem für neue Mitglieder Peer Support, Stressverhinderung und<br />

Stressmanagement und Hinweise, wo Frauen und Männer Hilfe bei Konflikten in der Einheit<br />

finden können.<br />

Auch wenn es über Freiwilligentätigkeit im Katastrophenschutz in Australien eine Vielzahl von Publikationen<br />

gibt, ist die Forschungs- und Literaturlage bezogen auf das freiwillige Engagement von Frauen<br />

dürftig. Dennoch sind – wie gezeigt wurde – einige aussagekräftige Befunde verfügbar, insbesondere<br />

bezogen auf die Feuerwehr. Diese Forschungssituation ist nicht nur für Australien zu<br />

gewärtigen. Callerstig, Harrison und Lindholm (2009) haben bei Recherchen für ihre Literarturauswertung<br />

festgestellt, dass Frauen als Freiwillige im Zivil- und Katastrophenschutz in Großbritannien,<br />

Australien und den USA fast ausschließlich bezogen auf die Feuerwehr behandelt werden. Jedoch<br />

sind die Befunde auch für diesen Bereich spärlich. Meine eigenen Recherchen ergaben für Großbritannien<br />

und Australien keine zwischenzeitliche Änderung der Forschungssituation. Beatson und<br />

McLennan (2005, S. 18) kommen in ihrem differenzierten Literaturreview zu folgendem Fazit hinsichtlich<br />

der Forschungssituation: „The lack of systematic research into those factors impacting on<br />

the participation of women in Australia’s volunteer fire services is a serious impediment to redressing<br />

the under-representation of women volunteers“.<br />

2.3 Frankreich<br />

Der französische Bereich des freiwilligen Engagements hat insofern eine junge Geschichte, als freiwilliges<br />

Engagement zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch den Zentralstaat begrenzt und säkularisiert<br />

28 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Frankreich<br />

wurde, insbesondere durch ein Gesetz von 1791. Dabei ist zu sehen, dass in der französischen Revolution<br />

alle autoritär orientierten Organisationen, die noch aus dem Ancien Régime stammten, suspekt<br />

waren. Diverse an Wohlfahrt orientierte Organisationen arbeiteten im Geheimen weiter und die<br />

Kirche baute ein dichtes Organisationsnetzwerk aus. Erst ein Gesetz von 1901 über Organisation ermöglichte<br />

offiziell Freiwilligenorganisationen. In diesem Gesetz werden nicht gewinnorientierte Organisationen<br />

wie folgt definiert: A „convention according to which two or more individuals permanently<br />

put in a common knowledge or activity with one another aim in mind than sharing profit“ (GHK<br />

[France] 2010, S. 1). Erst zu diesem Zeitpunkt erlangten die BürgerInnen das Recht, ohne vorherige<br />

Genehmigung Mitglieder einer Vereinigung zu werden.<br />

Dabei blieb das Monopol über Belange im öffentlichen Interesse beim Staat, wobei sich die Bedeutung<br />

dieses Monopols in den letzten dreißig Jahren reduzierte und sich die Zahl nicht gewinnorientierter<br />

Organisationen vervielfachte. Entwicklungen in Richtung Dezentralisierung haben inzwischen<br />

zu einer Reihe von Partnerschaften zwischen nicht gewinnorientierten Organisationen und lokalen<br />

Behörden und zur partiellen Aufteilung der Verantwortung zwischen beiden Seiten geführt. Inzwischen<br />

gibt es zwischen 60.000 und 70.000 nicht gewinnorientierte Organisationen in Frankreich.<br />

Die zwei zentralen französischen Begriffe, die sich auf freiwilliges Engagement beziehen, sind Bénévolat<br />

und Volontariat. Bénévolat bezeichnet eine Tätigkeit, die ohne Vergütung durchgeführt wird<br />

und zwar außerhalb von Familie, Schule Beruf und anderen Verpflichtungen. Voluntariat kann demgegenüber<br />

vergütet sein und bezieht sich auf ein Engagement, das in einer Community oder für einen<br />

Dienstleister einige Monate durchgeführt wird und dem ein Vertrag zu Grunde liegt. In diesem Sinne<br />

ist nur Bénévolat dem Verständnis von ehrenamtlichem Engagement in Deutschland ähnlich.<br />

Die Gesamtzahl der Bénévoles wird im Zeitraum 2000-2008 auf 14 Millionen geschätzt, was aber<br />

problematisch ist, da es keine reguläre Statistik dazu gibt.<br />

Die größte Gruppe der Volontaires sind in Frankreich Feuerwehrleute. Insgesamt handelt es sich um<br />

200.000 freiwillig Engagierte in der Feuerwehr, die 85% der Feuerwehrleute in Frankreich ausmachen,<br />

d. h., 15% Feuerwehrleute sind der Berufsfeuerwehr zuzuordnen.<br />

Die Zahl jüngerer Volunteers wird für 2008 auf 70.000 geschätzt. Insgesamt sind ca. 26% der Bevölkerung<br />

Bénévole. Dabei sind lediglich diejenigen Bénévoles berücksichtigt, die innerhalb einer Organisation<br />

tätig sind. Seit 1999 steigt die Zahl der Bénévoles jährlich um 3,8%. Nach INSEE gab es 1990 7,9<br />

Millionen und 2004 12 Millionen Bénévoles (vgl. GHK [France] 2010, S. 3).<br />

Bezogen auf das Geschlecht sind 55% der Bénévoles Männer, d. h., 30% der Männer und 22% der<br />

Frauen engagieren sich freiwillig. Die Erklärung für diesen Unterschied ist, dass sich Männer in Frankreich<br />

am meisten durch Sport und Freizeitaktivitäten angezogen fühlen und Frauen sich in diesen<br />

Bereichen weniger engagieren. Bezogen auf die Leitungsebene zeigt sich ein stärkerer Unterschied<br />

zwischen den Geschlechtern. Auf der Ebene der Präsidenten von nicht gewinnorientierten Organisationen<br />

sind 31% Frauen (2003 waren es erst 26%). Bezogen auf die Sektoren sind 47% der weiblichen<br />

Präsidenten im Bereich der Fürsorge und im humanitären Sektor und 17% im Sportbereich tätig. Auf<br />

Managementebene sind Personen unter 46 Jahren mit nur 25% unterrepräsentiert. Bénévoles sind in<br />

der Regel höher qualifiziert als die übrige Bevölkerung und die Wahrscheinlichkeit, Bénévole zu werden,<br />

steigt mit wachsender Bildung.<br />

Das Volontariat wird im Rahmen einer Reihe von gesetzlichen Vorschriften geregelt. Ein Gesetz regelt<br />

auch die Entwicklung des freiwilligen Engagements von Feuerwehrleuten (Act 96-370 vom 3. Mai<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 29


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

1996; vgl. GHK [France] 2010, S. 18). Der Status Volontaire wird überarbeitet und soll harmonisiert<br />

und vereinfacht werden.<br />

Studien über freiwillig Engagierte in Frankreich zeigen, dass Volunteers hoffen, durch ihre Engagement<br />

ihr Selbstvertrauen zu stärken, neue Freunde zu finden und einbezogen zu sein sowie sich sozial<br />

und beruflich zu verbessern. Viele freiwillig Engagierte geben an, dass sie ein besseres Verständnis<br />

ihrer lokalen Community entwickelt haben. Zudem hängen die Motivationen von der Art des Engagements<br />

und dem Sektor ab.<br />

Von den 204.000 freiwilligen Feuerwehrleuten in Frankreich (Volontariat) gaben viele an, dass sie<br />

sich verpflichtet haben, diese Aufgabe zusätzlich zu ihrer sonstigen Arbeit zu übernehmen, weil sie<br />

ihren Mitbürgern helfen wollen (vgl. GHK [France] 2010, S. 29).<br />

Bezogen auf Bénévolat haben sich die Motivationen zwischen 1996 und 2002 kaum geändert.<br />

In einer 2009 durchgeführten Untersuchung wurden die Hauptgründe für die Zufriedenheit mit dem<br />

freiwilligen Engagement erhoben. In der Reihenfolge ihrer Bedeutung sind es: Kontakt und Austausch<br />

mit anderen; Zufriedenheit, die dadurch erreicht wird, nützlich und effizient zu sein, Freundlichkeit<br />

und persönliche Entwicklung. Je nach Zielgruppe unterscheidet sich die Art der Motivation.<br />

Wichtig für jüngere Volontaires ist es, Kompetenz zu erwerben. Die Motivationen bei jüngeren Menschen<br />

sind tendenziell eher pragmatisch und sind auch bei Freiwilligentätigkeit auf die künftige berufliche<br />

Entwicklung gerichtet. Das freiwillige Engagement junger Menschen wird möglicherweise auch<br />

durch die lange Dauer des Studiums und die Schwierigkeiten, eine Arbeitsstelle zu finden, verstärkt<br />

(GHK [France] 2010, S. 29).<br />

Als Hauptgründe dafür, sich nicht zu engagieren, werden Mangel an Zeit, Mangel an Information und<br />

finanzielle Probleme genannt.<br />

Eine Studie in drei französischen Regionen zeigt, dass die wichtigsten Motivationen für junge Volunteers<br />

sind: Menschen zu treffen, Kenntnisse zu erwerben, seine Freizeit auszufüllen. Die wichtigsten<br />

Bereiche für das freiwillige Engagement sind Sport, Freizeit, Bildung und Training, humanitäre Gründe<br />

und Kultur.<br />

Die Motivationen älterer Volunteers unterscheiden sich im Mittel erheblich von denen der jüngeren<br />

Engagierten. Die wichtigsten Motive sind: Strukturierung der eigenen Zeit, Finden neuer Herausforderungen,<br />

Verwendung der eigenen Kompetenz außerhalb des Arbeitszusammenhangs, nützlich zu<br />

sein und zur gesellschaftlichen Wohlfahrt beizutragen, ein soziales Leben zu haben und mit jüngeren<br />

Generationen in Kontakt zu bleiben (GHK [France] 2010, S. 30).<br />

Die Sichtung der französischen Literatur zum Thema Frauen als Zielgruppe ehrenamtlichen Engagements<br />

im Zivil- und Katastrophenschutz ergab für Frankreich keine einschlägigen Befunde. Aus dem<br />

National Report ergibt sich immerhin die Größenordnung der französischen Freiwilligen Feuerwehr.<br />

Im National Report werden keine Frauenanteile genannt. Nach Darmstädter (2012) liegt der Frauenanteil<br />

in den Feuerwehren in Frankreich im Mittel bei 13% (30.435). Hierbei ist wiederum unklar, ob<br />

sich der Frauenanteil auf die Freiwillige, die Berufsfeuerwehr oder auf beide gemeinsam bezieht.<br />

2010 startete ein Projekt zur Frage, wie mehr Frauen für die Feuerwehr interessiert werden können.<br />

30 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Niederlande<br />

2.4 Niederlande<br />

Freiwilligenarbeit hat sich in den Niederlanden historisch ähnlich wie in anderen europäischen Ländern<br />

entwickelt (vgl. GHK [Netherlands] (2010), S. 1). Ein wachsendes Problem, Freiwillige zu gewinnen,<br />

entsteht, weil die Nachfrage nach Arbeitskräften dank der verbesserten ökonomischen Situation<br />

steigt. D. h., Menschen, die bezahlte Arbeit finden, geben die Freiwilligentätigkeit auf. In Phasen mit<br />

einem höheren Anteil Arbeitsloser hatten sich viele freiwillig engagiert. Inwiefern diese Situation<br />

derzeit fortbesteht, wäre zu prüfen. Immigranten sowie die „Alterung“ der Gesellschaft führen zu<br />

neuen Formen von Freiwilligentätigkeit.<br />

Ein neuer Trend in den Niederlanden ist es, Unternehmen im Vorweg zu bezahlen, um Ressourcen für<br />

freiwilliges Engagement zu mobilisieren und ihre Beschäftigten zu mobilisieren, Freiwilligentätigkeit<br />

während der Arbeitsstunden oder in ihrer Freizeit zu übernehmen. Dieser Trend wird in den Niederlanden<br />

immer populärer.<br />

Ein Diskussionsthema und zugleich weitere Trends, die sich um den Social Support Act ranken, beziehen<br />

sich auf die Frage der Dezentralisierung. Persönliche Verantwortung und Selbsthilfe sollen stimuliert<br />

werden. Dafür unterstützt die Regierung Initiativen, die von BürgerInnen und ihren Organisationen<br />

ausgehen. Es geht dabei um eine neue Balance zwischen Regierung und Zivilgesellschaft, bei der<br />

der Fokus auf der lokalen Ebene liegt. Diese soll durch die Städte sowie durch eine lokale Infrastruktur<br />

unterstützt werden. Für dieses Vorhaben ist die Freiwilligentätigkeit ein wesentlicher Bestandteil.<br />

Ziel ist es, dass die BürgerInnen Verantwortung übernehmen, intrinsisch motiviert sind und nicht<br />

erwarten, dass die Regierung alles leistet (vgl. GHK [Netherlands] (2010), S. 2).<br />

Freiwilligenarbeit wird vom niederländischen Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Sport<br />

(MVWS) in einer seit 1973 eingeführten Definition als “work done in any organised context that is<br />

carried out without obligation and without pay for other people or the community whereby the person<br />

doing the work is not dependent on it for his or her livelihood” (vgl. GHK [Netherlands] (2010)).<br />

Nicht nur in Deutschland, auch in den Niederlanden gibt es verschiedene Ausdrücke, um volunteering<br />

zu umschreiben (voluntary work, voluntary action, voluntary contribution/input).<br />

Die Zahl der Volunteers in den Niederlanden wird für 2008 auf 5,3 Millionen Menschen (2007 auf 5,6)<br />

geschätzt. D. h., 42% der niederländischen Bevölkerung engagierte sich 2008 freiwillig. Zudem leisteten<br />

2008 30,2% informelle Interstützung für Kranke, Nachbarn, die Familie und Freunde. 2007 lag der<br />

Anteil der Menschen, die diese Art von Unterstützung leisteten, noch etwas niedriger (28,1% bzw. ca.<br />

3,5 Millionen Menschen).<br />

Aus der Perspektive des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Sport ist die Situation bezogen<br />

auf das Engagement Freiwilliger in der laufenden Dekade (wohl bis 2012) stabil mit leichten Verschiebungen<br />

über die Zeit. Diese Stabilität ist bereits seit den 1990er Jahren gegeben. So engagierten<br />

sich bereits 1997 42% der Bevölkerung als Volunteers. Zudem gibt es bezogen auf die verschiedenen<br />

Aktivitätsbereiche einige wesentliche Verschiebungen im Engagement.<br />

Repräsentanten von Organisationen der Zivilgesellschaft haben den Eindruck, dass es eine Verschiebung<br />

dahingehend gibt, dass kurzfristigen Projekten mit genau definierten Aufgaben der Vorzug gegeben<br />

wird. Zum Teil wird auch lieber gespendet, als sich in Versammlungen zu begeben oder eine<br />

Reihe von unangenehmen Tätigkeiten zu verrichten. Bezogen auf Volunteers hat sich ein neuer Typus<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 31


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

entwickelt: Die Motivation hat sich von einer kollektiven Verpflichtung in eine individuelle verwandelt,<br />

bei der das persönliche Interesse eine wichtige Rolle spielt (GHK [Netherlands] (2010), S. 3).<br />

Die Geschlechteranteile bei den Volunteers sind in der Periode von 2000 bis 2008 etwa paritätisch.<br />

45,9% der Männer und 43% der Frauen engagierten sich 2007 freiwillig, wobei der Unterschied statistisch<br />

nicht signifikant ist. 2008 war der Unterschied in der Beteiligung der Geschlechter noch geringer<br />

(42,9% Männer zu 41,1% Frauen).<br />

Die Aktivitäten von Männern und Frauen verteilen sich jedoch unterschiedlich auf Organisationen.<br />

Männer sind häufiger in Sportklubs, Kirchen, Moscheen oder in anderen Bereichen aktiv, während<br />

Frauen sich eher in Schulen, Fürsorge in Wohlfahrtsdiensten und im religiösen Bereich engagieren.<br />

Bezogen auf die Altersverteilung des Engagements: Zwischen 2000 und 2008 gab es eine merkliche<br />

Abnahme von Volunteers zwischen 18 und 24 Jahren (von 47,6% 2000 auf 41,9% 2008).<br />

Die 35-44jährigen haben vielfach Kinder im Schulalter. Daher engagieren sich 75% im Bildungsbereich.<br />

Freiwilligenengagement hat in den Niederlanden unter jungen Leuten ein verstaubtes Image.<br />

Durch verschiedene Maßnahmen konnte das Engagement junger Menschen wieder erhöht werden:<br />

1. Ermutigung der Beschäftigten in Unternehmen, 2. In der höheren Schulbildung sind junge Leute als<br />

Teil des Curriculums verpflichtet, Freiwilligenarbeit zu verrichten (GHK [Netherlands] (2010), S. 5).<br />

Die Literaturlage bezogen auf Frauen als Zielgruppe ehrenamtlichen Engagements im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

ist – bezogen auf die Niederlande – mehr als dürftig. Der National Report von GHK<br />

lässt diesen Bereich aus. In der sektorenspezifischen Betrachtung käme höchstens „Other“ mit einem<br />

Anteil von 6,5% an den Freiwilligen in Frage, wohinter sich auch der Zivil- und Katastrophenschutz<br />

verbergen könnte. Auch die sonstige Recherche von Dokumenten und Forschungsliteratur blieb ergebnislos.<br />

So enthält etwa eine Dissertation, die den vielversprechenden Titel „Giving and Volunteering<br />

in the Netherlands. Sociological and Psychological Perspectives“ trägt (Bekkers 2004), keinen<br />

einzigen einschlägigen Hinweis. Es ist denkbar, dass es einschlägige Publikationen in niederländischer<br />

Sprache gibt.<br />

Bezogen auf weibliche Feuerwehrleute findet sich ein Hinweis in Wikipedia (Wikipedia, Women in<br />

Firefighting). Danach gab es die ersten Feuerwehrfrauen 1939 in Den Haag. In einem Video wird eine<br />

Löschaktion demonstriert (o.V., “The women of The Hague's fire brigade give a demonstration in<br />

1939”). Der Frauenanteil bei den Berufsfeuerwehren lag 2000 bei 3,3%, war also zu diesem Zeitpunkt<br />

bereits erheblich höher als derzeit in Deutschland, auch wenn durchaus von einem geringen Frauenanteil<br />

gesprochen werden kann.<br />

Auch in einem Aufsatz zum Thema ”Firefighters across frontiers”, in dem auf eine Kooperation im<br />

niederländisch-deutschen Grenzland eingegangen wird, findet sich lediglich eine Darstellung der<br />

Freiwilligen Feuerwehr in Millingen aan de Rijn und zum Vergleich in Rindern am Niederrhein. In der<br />

niederländischen Feuerwehr ist unter den 19 Leuten der Freiwilligen Feuerwehr eine Frau, in Rindern<br />

keine. Themenbezogen interessant ist lediglich der Vergleich der Struktur der Freiwilligen Feuerwehr<br />

zwischen beiden Orten. In Millingen aan de Rijn sind die in der Freiwilligen Feuerwehr Engagierten in<br />

dieser Aufgabe durchgehend städtische Bedienstete, die im selben Ort zugleich einer Berufstätigkeit<br />

nachgehen. Eine Berufstätigkeit am Ort der Feuerwehreinheit nachzugehen ist Pflicht, um schnell zur<br />

Stelle zu sein. Entsprechend der Regierungsbestimmungen müssen die Freiwilligen Feuerwehren<br />

50mal im Jahr üben. Faktisch trifft sich die Einheit einmal pro Woche. Zudem besuchen sie regelmäßig<br />

einmal in der Woche einen Kurs für Feuerwehrleute. Einige besuchen an einem dritten Abend pro<br />

32 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Niederlande<br />

Woche einen Gymnastikkurs. Der Leiter der Feuerwehr von Millingen aan de Rijn ist hauptberuflich<br />

tätig (vgl. Dahles und Van Hees 2004, S. 318).<br />

In zwei deskriptiven Studien im Auftrag des niederländischen Innenministeriums zum Thema „Frauen<br />

in der Feuerwehr“ (de Olde 2001; zitiert nach Wetterer, Poppenhusen und Voss 2007, S. 28) und zum<br />

Thema „Kinderbetreuung und die Kombination von Arbeit und Erziehung bei der Feuerwehr“ (de<br />

Olde/Schalkwyk 2002; zitiert nach Wetterer, Poppenhusen und Voss 2007, S. 28) wird dargestellt,<br />

dass sich für Frauen besondere Probleme der Mitwirkung in Feuerwehren durch fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten<br />

ergeben, die ihre Arbeitsbedingungen erschweren. Die Frauenanteile der<br />

Feuerwehren in den Niederlanden divergieren regional stark. Die Situation niederländischer Feuerwehrfrauen<br />

stellt sich insofern anders als für deutsche Feuerwehrfrauen dar, als es dort eine engere<br />

Verbindung zwischen Freiwilliger und Berufsfeuerwehr gibt. Auch Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr<br />

erhalten einen Grundlohn und einen Stundenlohn (bezahlte Freiwilligenarbeit). Die Ausbildungsanforderungen<br />

für Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr sind in den Niederlanden höher als<br />

in Deutschland (vgl. Wetterer, Poppenhusen und Voss 2007, S. 28).<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 33


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

2.5 Österreich<br />

Zu Österreich liegt ein 1. Freiwilligenbericht zum freiwilligen Engagement in Österreich (von Eva More-Hollerweger<br />

und Arno Heimgartner 2009) vor. Es handelt sich um einen wissenschaftlich durchdachten,<br />

theoretisch fundierten und soliden Freiwilligenbericht. In dem 1. Freiwilligenbericht kann<br />

zwar der Zivil- und Katastrophenschutz nur ein Bereich unter mehreren sein, er wird jedoch fundiert<br />

beleuchtet und dargestellt. Auch Genderfragen sind in diesem Bericht komplex und überlegt erörtert.<br />

Die von More-Hollerweger und Heimgartner diskutierten Hypothesen tragen auch zur Hypothesenbildung<br />

für das vorliegende Kurzgutachten bei. Der 1. Freiwilligenbericht für Österreich bildet eine<br />

wichtige Grundlage für die folgende Darstellung zum freiwilligen Engagement in Österreich.<br />

2.5.1 Methodische Fragen<br />

Methodisch basiert der 1. Freiwilligensurvey auf der Mikrozensus-Zusatzerhebung (2006), Interviews<br />

mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Freiwilligenorganisationen und Interessenvertretungen<br />

sowie zwei Fokusgruppen, an denen sich aus verschiedenen Bereichen Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter von Freiwilligenorganisationen beteiligten. Damit wird auch die seltener erforschte Thematik,<br />

wie sich freiwilliges Engagement aus Sicht von Organisationen darstellt, berücksichtigt. Die<br />

AutorInnen konstatieren zu Recht, dass bisher Befragungen der Freiwilligen selbst dominieren (vgl.<br />

More-Hollerweger und Heimgartner 2009, S. 1 f.).<br />

Als methodisches Problem wird u. a., bezogen auf Vereine, angeführt, dass diese zwar die Zahl ihrer<br />

Mitglieder angeben, diese aber nicht mit der Zahl freiwillig Engagierter übereinstimmt (eine weitgehende<br />

Ausnahme hiervon bildet die Freiwillige Feuerwehr). Zudem führen nur wenige Organisationen<br />

Statistiken der Zahl der Arbeitsstunden der für sie tätigen Freiwilligen. Eine Prüfung der Plausibilität<br />

der im Rahmen der Mikrozensus-Zusatzerhebung (2006) erfassten Daten ist daher nicht möglich<br />

(vgl. More-Hollerweger und Heimgartner 2009).<br />

2.5.2 Formelles und informelles freiwilliges Engagement – zur begrifflichen Unterscheidung<br />

In der Mikrozensus-Zusatzerhebung (2006) wird unter freiwilligem Engagement eine Arbeitsleistung<br />

verstanden, die freiwillig, also ohne gesetzliche Verpflichtung erbracht wird und die ohne Bezahlung<br />

geleistet wird. Die Arbeit bzw. ihr Ergebnis „fließt Personen außerhalb des eigenen Haushalts zu“. Die<br />

AutorInnen unterscheiden zudem zwischen formeller und informeller Freiwilligenarbeit. Die informelle<br />

Freiwilligenarbeit bezeichnet solche Tätigkeiten, die direkt zwischen Freiwilligen und LeistungsempfängerInnen<br />

erbracht werden, z. B. Nachbarschaftshilfe, während unter formeller Freiwilligenarbeit<br />

Leistungen verstanden werden, die unter dem Dach von Organisationen erfolgen oder auch im<br />

Rahmen einer Personenvereinigung, die in ihrer Mehrheit aus natürlichen Personen besteht. Das<br />

formelle freiwillige Engagement kann auch in Projekten stattfinden (vgl. More-Hollerweger und<br />

Heimgartner 2009, S. 6). Diese Unterscheidung zwischen informellem und formellem freiwilligem<br />

Engagement entspricht weitgehend derjenigen, die auch vom Statistischen Bundesamt der Schweiz<br />

(siehe Abschnitt 2.6 „Schweiz“) getroffen wird.<br />

34 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Österreich<br />

2.5.3 Freiwilliges Engagement von Frauen und Männern in Österreich<br />

Es wird geschätzt, dass sich 2006 27,9% der Österreicher bzw. 1,93 Millionen (von insgesamt 6.9 Millionen<br />

ab 15 Jahren) im Alter ab 15 Jahren in der formellen Freiwilligenarbeit engagierten. Gegenüber<br />

2000 hat nach Schätzungen die Zahl der im formellen Freiwilligenengagement geleisteten wöchentlichen<br />

Stunden um 9% abgenommen (vgl. GHK [Austria] 2010, S. 3 f.).<br />

Bezogen auf das Geschlecht waren 2006 mehr Männer als Frauen formell freiwillig engagiert<br />

(1.100.000 zu 825.400 bzw. 33,0% zu 23,3% der gesamten männlichen und weiblichen Bevölkerung).<br />

Unter den Männern waren die Altersgruppen der 50-59 und 15-19jährigen die aktivsten (38 bzw.<br />

37%). Bei den Frauen waren es die 40-49jährigen und 50-59jähren, mit 28 bzw. 27%. Unter den Arbeitslosen<br />

waren 20% der Frauen und 14% der Männer formell freiwillig engagiert (vgl. GHK [Austria]<br />

2010, S. 4).<br />

Bei informeller Freiwilligenarbeit ist der Anteil der Frauen mit 27,3% höher als derjenige der Männer<br />

(26,9%)(vgl. Hamann 2010, S. 6).<br />

Männer sind in Leitungspositionen im freiwilligen Engagement im Vergleich zu Frauen überrepräsentiert.<br />

Sie machen in Österreich 57% der formell freiwillig Engagierten aus. In Leitungsfunktionen sind<br />

sie zu mehr als 70% vertreten. In Katastrophenhilfs- und Rettungsdiensten liegt der Frauenanteil bei<br />

18%, auf leitender Ebene jedoch nur bei 9% (vgl. More-Hollerweger und Heimgartner 2009, S. 98).<br />

Der Beteiligungsgrad von Frauen mit Kindern steht in engem Zusammenhang mit dem Kindesalter.<br />

Bei Kindern unter 3 Jahren liegt in Österreich die Beteiligungsquote von Frauen bei nur 17,6% in der<br />

formellen und 24,6% in der informellen Freiwilligenarbeit. Bei Kindern unter 15, aber keinen Kindern<br />

unter 3 Jahren, liegt die Beteiligungsquote bei 32,1% in der formellen Freiwilligenarbeit. Sind keine<br />

Kinder unter 15 Jahren vorhanden, liegt die Beteiligungsquote von Frauen bei nur 22,5% (vgl. More-<br />

Hollerweger und Heimgartner 2009, S. 100). Dies zeigt, dass eine Familiensituation mit Kindern zwischen<br />

3 und 15 Jahren sich auf das Engagement von Frauen (aber auch von Männern) eher fördernd<br />

auswirkt. Gleichzeitig ist abzulesen, dass die Kinderbetreuungsfrage, gerade bei kleinen Kindern, ein<br />

gravierendes Problem insbesondere für Frauen, aber auch für sich in der Kinderbetreuung engagierende<br />

Männer darstellt, wenn gleichzeitig ein freiwilliges Engagement angestrebt wird.<br />

Die Motive für ein freiwilliges Engagement differieren in Österreich kaum zwischen den Geschlechtern.<br />

Das am meisten genannte wichtige Motiv ist Spaß, gefolgt vom Wunsch, anderen zu helfen,<br />

sowie der Möglichkeit, andere Menschen zu treffen und Freunde zu finden. Bei Frauen steht an vierter<br />

Stelle die Möglichkeit dazuzulernen, bei Männern das Einbringen von Fähigkeiten und Kenntnissen.<br />

Zu den am wenigsten wichtigen Motiven gehört der Zuwachs an gesellschaftlicher Anerkennung<br />

(wobei der Anteil bei den Männern etwas höher ist), der Nutzen für den Beruf, und die Möglichkeit,<br />

durch das freiwillige Engagement einen bezahlten Job zu finden (vgl. More-Hollerweger und Heimgartner<br />

2009, S. 101 f.).<br />

Interessant sind die Gründe, die aus Sicht von Männern und Frauen, die sich nicht freiwillig engagieren,<br />

gegen ein Engagement sprechen. Der wichtigste Grund ist bei beiden Geschlechtern die Ausfüllung<br />

durch familiäre Aufgaben, wobei Frauen dies signifikant häufiger angeben (73,4%) als Männer<br />

(62,7%). Danach folgt – ebenfalls signifikant häufiger bei Frauen (62,4%) –, niemals gefragt worden zu<br />

sein (Männer: 53,7%). Männer geben wiederum häufiger an (53,0%), ein freiwilliges Engagement sei<br />

mit dem Beruf zeitlich nicht vereinbar (Frauen: 38,5%). Das Argument, nie darüber nachgedacht zu<br />

haben, ist bei beiden Geschlechtern etwa gleichrangig (Frauen: 45,6%; Männer: 45,3%). Frauen ge-<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 35


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

ben zudem häufiger an, dass ihnen attraktive Möglichkeiten in der Nähe fehlen (Frauen: 28,9%;<br />

Männer: 21,5%), sie sich wegen Krankheit oder Behinderung nicht engagieren können (Frauen:<br />

28,3%; Männer: 22,3%), nichts für die eigene Altersgruppe zu finden (Frauen: 25,6%; Männer: 20,5%)<br />

und dass das Engagement mit zu hohen Kosten verbunden sei (Frauen: 19,5%; Männer: 14,4%). Auch<br />

das Gefühl, keinen nützlichen Beitrag zu leisten, ist bei Frauen etwas häufiger (Frauen: 14,2%; Männer:<br />

12,2%). Männer haben etwas häufiger schlechte Erfahrungen gemacht als Frauen (Frauen: 4,7%;<br />

Männer: 8,0%), wobei hier unklar ist, wie viele derjenigen, die sich nicht engagieren, überhaupt Erfahrungen<br />

gemacht haben (vgl. More-Hollerweger und Heimgartner 2009, S. 102 f.).<br />

2.5.4 Freiwilliges Engagement in Katastrophenhilfs- und Rettungsdiensten<br />

Im Bereich Katastrophenhilfs- und Rettungsdienste engagieren sich in Österreich mehr als 413.000<br />

Personen freiwillig bei Freiwilligen Feuerwehren und Rettungsdiensten verschiedener Trägerorganisationen.<br />

Da von diesen Organisationen vielfach auch soziale Dienste geleistet werden, entsteht das<br />

Problem, die Freiwilligen eindeutig zuzuordnen. Der Bereich Katastrophenhilfs- und Rettungsdienste<br />

steht, bezogen auf die Zahl formeller Freiwilliger an dritter Stelle (an erster und zweiter stehen Kultur<br />

und Sport). Bezogen auf die geleisteten Arbeitsstunden (1,6 Millionen; vgl. More-Hollerweger und<br />

Heimgartner 2009, S. 36) rückt er auf die zweite Position (ebenda S. 36).<br />

In den Katastrophenhilfs- und Rettungsdiensten sind über 80% der freiwillig Engagierten Männer (vgl.<br />

GHK [Austria] 2010, S. 5). 1<br />

Bei den 30% derjenigen, die sich in der Altersgruppe 15 bis 29 freiwillig engagieren, sind neben Kultur,<br />

Religion und Sport die Katastrophenhilfs- und Rettungsdienste wichtige Aktivitätsbereiche. 8,2%<br />

der 15-29jährigen und 5,4% der ab 30jährigen engagieren sich bei Katastrophenhilfs- und Rettungsdiensten.<br />

16,7% der ab 30jährigen sind im Rahmen einer Leitungsfunktion bei Katastrophenhilfs- und<br />

Rettungsdiensten tätig, bei den 15-29jährigen sind es 4,6%.<br />

2.5.5 Feuerwehren<br />

Die Feuerwehren sind in Österreich föderal organisiert und im Wesentlichen eine Angelegenheit der<br />

Länder. Es gibt neun Landesfeuerwehrverbände in Österreich und einen Bundesfeuerwehrverband<br />

als Zentralverband. Die Feuerpolizei fällt in die Zuständigkeit der Gemeinden. In den Großstädten<br />

gibt es Berufsfeuerwehren, ansonsten freiwillige Feuerwehren, die juristisch betrachtet „als Körperschaften<br />

des öffentlichen Rechts verfasste Hilfsorgane der Gemeinden“ sind. „Zudem gibt es Organisationen,<br />

die (nahezu ausschließlich freiwillige) Betriebsfeuerwehren betreiben“ (vgl. More-Hollerweger<br />

und Heimgartner 2009, S. 36).<br />

Entsprechend der Statistik des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes gab es in Österreich<br />

2007 insgesamt 4.527 freiwillige Feuerwehren mit 249.507 aktiven Mitgliedern. 7.479 Mitglieder<br />

waren Frauen (Frauenanteil 3,0%). 55.598 Mitglieder waren Reservisten. Die Feuerwehrjungend hat-<br />

1 Auch im politischen Bereich sind Männer sehr viel stärker freiwillig engagiert (mehr als 70% der in diesem<br />

Bereich freiwillig Engagierten sind Männer). Demgegenüber sind Frauen prozentual im religiösen und Bildungsbereich<br />

quantitativ dominierend (69% bzw. 65% der freiwillig Engagierten in diesen Feldern) (vgl. GHK [Austria]<br />

2010 S. 5).<br />

36 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Österreich<br />

te 2007 25.738 Mitglieder (vgl. More-Hollerweger und Heimgartner 2009, S. 37). Der Mädchenanteil<br />

in der Jugendfeuerwehr lag 2009 bei 16,3% (siehe Abb. 2.1).<br />

Jahr Gesamt Aktive<br />

davon Frauenanteijugend<br />

Mädchen anteil<br />

Feuerwehr-<br />

davon Mädchen-<br />

Frauen<br />

Reserve<br />

1999 312.897 246.201 2.001 0,8% 18.600 1.228 6,6% 48.096<br />

2000 314.278 246.029 2.824 1,1% 19.102 1.479 7,7% 49.147<br />

2001 317.744 247.227 3.439 1,4% 20.149 1.751 8,7% 50.368<br />

2002 319.213 246.893 3.462 1,4% 21.567 2.151 10,0% 50.744<br />

2003 325.533 273.503 6.760 2,5% 22.497 2.440 10,8% 52.030<br />

2004 326.403 247.252 5.068 2,0% 25.607 2.902 11,3% 53.544<br />

2005 325.584 246.694 5.625 2,3% 25.194 3.161 12,5% 53.696<br />

2006 328.281 247.909 6.635 2,7% 25.157 3.509 13,9% 55.215<br />

2007 330.843 249.507 7.479 3,0% 25.738 3.792 14,7% 55.598<br />

2008 337.170 255.321 8.559 3,4% 25.031 3.790 15,1% 56.818<br />

2009 337.004 253.274 9.273 3,7% 26.020 4.251 16,3% 57.710<br />

Abb. 2.1. Mitgliederentwicklung der Österreichischen Feuerwehr 1999-2009 nach Daten des<br />

ÖBFV vom 31. Dezember 2009.<br />

Quellen: Wikipedia 2012, Feuerwehr in Österreich (2012), eigene Berechnungen.<br />

Frauen waren bereits im Zweiten Weltkrieg in der Feuerwehr aktiv, wurden dann aber wieder vom<br />

Feuerwehrdienst ausgeschlossen. Frauen sprangen zwar z. T. inoffiziell ein, wenn Feuerwehrmänner<br />

fehlten, hatten aber keinen Versicherungsschutz. Wenn sie Kurse absolvieren konnten, durften sie<br />

keinen Abschluss machen. Erst Rekrutierungsprobleme für die Tagesbereitschaft führten dazu, dass<br />

Frauen offiziell in der Feuerwehr Mitglied werden konnten. Das erste Bundesland, das Frauen wieder<br />

zuließ, war das Burgenland (1993), 1994 folgte Niederösterreich (vgl. 140 Jahre Niederösterreichischer<br />

Landesfeuerwehrverband, 2009; zitiert nach Wikipedia, Feuerwehr in Österreich). Insbesondere<br />

wenn Männer als Wochenpendler arbeiten, müssen Frauen, die am Wohnort bleiben, rund um die<br />

Uhr Einsätze bestreiten. Zunächst waren sie hauptsächlich im Funk und in der Verwaltung eingesetzt.<br />

Inzwischen sind sie, wie die Feuerwehrmänner, in den Dienstbetrieb eingegliedert. Vorurteile – insbesondere<br />

unter älteren Feuerwehrmännern – gegenüber Feuerwehrfrauen halten sich noch. Mit<br />

der Begründung fehlender sanitärer Anlagen können Frauen noch immer aus der Feuerwehr ausgeschlossen<br />

werden.<br />

Durch die Verjüngung der Feuerwehreinheiten und Kommandanten sei die Beurteilung der Mitwirkung<br />

von Frauen in den Feuerwehren sachlicher und die Mitwirkung von Feuerwehrfrauen selbstverständlicher<br />

geworden (vgl. Wikipedia, Feuerwehr in Österreich). Beispielsweise weist Oberösterreich<br />

unter der Rubrik „Frauen holen auf“ aktuelle Positionen und Ausbildungsstände der Feuerwehrfrauen<br />

in Oberösterreich aus. Unter den Frauen ist eine Kommandantin, 82 Frauen sind Mitglied im<br />

Kommando, 69 sind Mitglied des erweiterten Kommandos. Zudem wird die Anzahl der Leistungsabzeichen<br />

aufgelistet, die Frauen in verschiedenen Sparten verliehen wurden (vgl. Land Oberösterreich<br />

2012, S. 17). Der Frauen- und Mädchenanteil in den Feuerwehren liegt nach Darmstädter im Jahr<br />

2012 im Mittel bei vier Prozent. Bei der Berufsfeuerwehr Wien arbeiten neben einer Offizierin zwei<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 37


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

Frauen im mittleren Feuerwehrdienst, bei insgesamt 2500 Beschäftigten (vgl. Darmstädter 2012, S.<br />

8).<br />

Insbesondere in ländlichen Regionen ist der Anteil der 15-29jährigen bei der Freiwilligen Feuerwehr<br />

Engagierten relativ hoch (der Anteil wird im 1. Freiwilligenbericht nicht näher beziffert). Im ländlichen<br />

Raum hat die Freiwillige Feuerwehr in Österreich (aber auch in Deutschland, siehe Abschnitt 3.5<br />

„Freiwillige Feuerwehr“) eine besondere Bedeutung (vgl. More-Hollerweger und Heimgartner 2009,<br />

S. 111 ff.).<br />

2.5.6 Rettungsdienste<br />

Die Rettungsdienste gehören zum Bereich der nicht gewinnorientiert arbeitenden Organisationen. 1<br />

• Das Rote Kreuz ist für Rettungs- und Krankentransportdienste der größte Anbieter in Österreich.<br />

2007 engagierten sich in diesem Bereich des Roten Kreuzes 31.074 Personen freiwillig<br />

und leisteten 10.347.645 Stunden. Sie leisteten weitgehend auch die Bereitschaftsstunden<br />

der Flugrettung des ÖAMTC.<br />

• Der Arbeiter-Samariter-Bund hatte 234.119 freiwillig engagierte Mitglieder im Jahr 2007.<br />

• Der Malteser Hospitaldienst, der nur von Freiwilligen organisiert ist, hat ca. 300 Mitglieder im<br />

Jahr 2009. Für 2001 wurden 160.000 Stunden an freiwillige erbrachten Arbeitsleistungen ermittelt.<br />

• Die Johanniter-Unfall-Hilfe ist in Tirol, Kärnten und Wien aktiv.<br />

• Das Grüne Kreuz hat etwa 250 freiwillig engagierte MitarbeiterInnen.<br />

• Die Bergrettung hat in Österreich 239 Einsatzstellen. 2007 lag die Zahl freiwillig Engagierter<br />

bei 11.211. Sie hatten 5.872 Einsätze mit 53.277 freiwillig erbrachten Einsatzstunden.<br />

• Von der Rettungshundebrigade werden in Österreich 43 Staffeln rund um die Uhr bereitgestellt.<br />

Sie umfasst 724 freiwillig Engagierte. Sie hatten 2008 62 Einsätze und leisteten 4.205<br />

freiwillige Einsatzstunden.<br />

• Bezogen auf die Wasserrettung liegen nur Angaben für Einsatzstunden (124.367) in Wien für<br />

das Jahr 2007 vor.<br />

• Die Österreichische Höhlenrettung hat 18 Einsatzstellen und ist in fünf eigenständigen Landesverbänden<br />

vertreten (Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark, Kärnten und Tirol).<br />

Zudem gibt es weitere unabhängige Höhlenrettungsdienste (Landesverband Salzburg, Vorarlberg).<br />

Insgesamt sind in Österreich 298 HöhlenretterInnen freiwillig im Einsatz (vgl. More-<br />

Hollerweger und Heimgartner 2009, S. 37).<br />

1 Für die Bereitstellung und Leistung werden Entgelte von den Gebietskörperschaften und Sozialversicherungsträgern<br />

entrichtet. „Im SanitäterInnengesetz aus dem Jahr 2002 wurden die Tätigkeitsbereiche im Rettungsdienst<br />

sowie die erforderliche Ausbildung neu geregelt. Es umfasst sowohl die berufliche als auch die freiwillige<br />

Ausübung in diesem Feld. Freiwillige MitarbeiterInnen, welche die erforderliche Ausbildung absolviert haben,<br />

sind berechtigt, die Tätigkeit als Rettungs- und NotfallsanitäterInnen auszuüben“ (More-Hollerweger und<br />

Heimgartner 2009, S. 37).<br />

38 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Österreich<br />

Frauenanteile fehlen bezogen auf die Rettungsdienste vollständig. Hierfür wären aufwändige Recherchen<br />

erforderlich.<br />

2.5.7 Rechtliche Rahmenbedingungen freiwilligen Engagements im Katastrophenhilfs- und<br />

Rettungsdienst<br />

Bezogen auf die rechtlichen Rahmenbedingungen ist das freiwillige Engagement in Österreich in vielen<br />

Bereichen bezogen auf unterschiedliche Risiken unzureichend abgesichert (z. B. Folgekosten bei<br />

Unfällen, Haftpflicht, Rechtsschutz). Zu den Tätigkeitsfeldern, die bezogen auf Risiken noch am besten<br />

abgesichert sind, gehören die Katastrophenhilfs- und Rettungsdienste. „Unfall- und Haftpflichtversicherung,<br />

Ersatz für den Verdienstentgang, Familienversorgung im Versehrten- oder Todesfall u.<br />

a. sind gewährleistet. In jedem Bundesland gibt es jeweils ein Gesetz, das die Belange von Freiwilligen<br />

bei der Feuerwehr und in der Katastrophenhilfe regelt. Darüber hinaus sind Unfälle von Freiwilligen<br />

in sogenannten Blaulichtorganisationen im Rahmen von Ausbildung, Übung und Einsatz gemäß §<br />

176 Abs. 1 lit. 7a in Verbindung mit § 22a ASVG Arbeitsunfällen gleichgestellt, wobei die Beiträge von<br />

Bund und Ländern gemeinsam getragen werden“ (More-Hollerweger und Heimgartner 2009, S. 173).<br />

2.5.8 Untersuchungen zur Motivation im Ehrenamt bei steirischen Einsatzorganisationen und<br />

im österreichischen Roten Kreuz<br />

In einer empirischen Studie zur ehrenamtlichen Tätigkeit in steirischen Einsatzorganisationen (Blaulichtorganisationen)<br />

(vgl. Neuhold und Kernbauer 2011) wurden insbesondere die Motive für die<br />

Mitarbeit in Einsatzorganisationen, jedoch auch Zufriedenheit, Entfaltungsmöglichkeiten und andere<br />

relevante Fragen erhoben. Über die Gesamtgröße der Stichprobe fehlen Angaben. Die Auswertung<br />

basiert auf 1088 auswertbaren Fragebögen (76% Männer, 24% Frauen). Einbezogen in die Stichprobe<br />

waren ehrenamtliche Mitarbeiter von Feuerwehr, Rotem Kreuz, Bergrettung, Grünem Kreuz, Höhlenrettung,<br />

KIT, Rettungsbrigade, Telefonseelsorge und Wasserrettung.<br />

Die relevanten Gründe für die ehrenamtliche Tätigkeit sind in abgestufter Reihenfolge 1. gerne mit<br />

Menschen zusammen sein, 2. in seiner Freizeit etwas Vernünftiges zu tun, 3. Ausbildungsmöglichkeiten<br />

in Einsatzorganisationen, 4. der gute Ruf der Einsatzorganisation in der Gesellschaft, und 5. das<br />

Bedürfnis, Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen. Dabei kann insgesamt eher von einem<br />

Motivbündel als von einzelnen Motiven gesprochen werden, wobei altruistische Motivationen sich<br />

mit solchen mischen, bei denen Selbstentfaltung und Erlebnisorientierung dominieren (vgl. Neuhold<br />

und Kernbauer 2011, S. 9).<br />

Für Frauen sind im Mittel caritative Gründe als Motive sowie Zufälle relevant, während Männer eher<br />

auf Freunde und Familienangehörige als motivierend verweisen sowie auf die Möglichkeit, eine Ausbildung<br />

zu erhalten (vgl. Neuhold und Kernbauer 2011, S. 10). Ehrenamtlich Tätige messen der Hilfe<br />

für ihre Mitmenschen besondere Bedeutung zu (über 75%), die sie als Element der eigenen Selbstentfaltung<br />

auffassen, weniger als belastende Pflichtaufgabe, ja, die ihnen sogar Spaß macht (über<br />

60%). Von geringerer Relevanz ist der mögliche Nutzen der ehrenamtlichen Tätigkeit für die berufliche<br />

Laufbahn oder die Möglichkeit, das ehrenamtliche Engagement als Sprungbrett für eine berufliche<br />

Tätigkeit zu nutzen oder im Ehrenamt Dinge zu erlernen, die im beruflichen Alltag von Relevanz<br />

sein können, wobei diese Faktoren im Mittel von erheblich größerer Bedeutung für Männer sind als<br />

für Frauen. Die Autoren der Befragung deuten dies dahingehend, dass die berufliche Orientierung<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 39


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

bezogen auf die ehrenamtliche Tätigkeit bei Männern deutlich stärker ausgeprägt sei, als bei Frauen<br />

(vgl. Neuhold und Kernbauer 2011, S. 16).<br />

Bezogen auf die Frage der Zufriedenheit der Einsatzkräfte mit verschiedenen Faktoren wie Ausbildungs-<br />

und Fortbildungsangebot, Arbeitsklima, Zugang zu Fortbildung, Dienstplänen, Aufstiegschancen<br />

und Beschwerdemanagement ergab sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen Geschlecht<br />

und bekundeter Zufriedenheit. Relevant war demgegenüber, ob die Befragten Kinder haben. So sind<br />

Befragte mit Kindern unzufriedener mit den Aufstiegschancen als solche ohne Kinder. Auch die mittlere<br />

Zufriedenheit mit der Wertigkeit des ehrenamtlichen Dienstes im Berufsleben liegt deutlich unter<br />

derjenigen von Ehrenamtlichen ohne Kinder. Die Autoren der steirischen Studie schließen daraus,<br />

dass Kinder nicht nur mit beruflichen Vorgaben, sondern auch mit dem Ehrenamt schwer vereinbar<br />

sind (vgl. Neuhold und Kernbauer 2011, S. 14).<br />

Erfragt wurde auch eine mögliche Überforderung durch das Ehrenamt. Diese ist für fast 30% der Befragten<br />

von Bedeutung. Insbesondere der zeitliche Aufwand über die Einsatzjahre kann zu einem<br />

Gefühl der Überforderung führen. Dies hängt weniger mit dem Alter der Befragten zusammen, ebenso<br />

wenig mit dem Umfang des zeitlichen Einsatzes pro Monat. Vielmehr bedeutet die Dauer des Einsatzes<br />

in einer Organisation, also die Jahre und Jahrzehnte der ehrenamtlichen Tätigkeit, eine besondere<br />

Belastung (so insbesondere für diejenigen, die über 40 Jahre in einer Organisation tätig sind).<br />

Ebenso kann ein konkreter Einsatz eine besondere Belastung darstellen, da das Leid derer, denen<br />

ehrenamtlich Tätige helfen, sie berührt. Verstärkte Anforderungen im Beruf können zu einer Verknappung<br />

der Ressource Zeit führen, wodurch das Ehrenamt bzw. die Vereinbarkeit von Ehrenamt<br />

und Beruf zu einem Belastungsfaktor werden. Davon sind insbesondere die 30-40jährigen betroffen.<br />

Bezogen auf Frauen ist der Auswertung in Fragen der Überlastung lediglich zu entnehmen, dass Diskussionen<br />

mit dem Partner belastend sein können. Dies ist wohl auch bei Männern relevant und<br />

führt bei letzteren sogar verstärkt zur Überforderung. Dabei ist die Frage, ob der Partner bzw. die<br />

Partnerin ebenfalls ehrenamtlich engagiert ist, für belastende Diskussionen nicht relevant (vgl. Neuhold<br />

und Kernbauer 2011, S. 19 ff.).<br />

Bezogen auf die Erwartungen an die Organisation, in der die ehrenamtliche Tätigkeit ausgeführt wird,<br />

zeigt sich die besondere Bedeutung von Aus- und Fortbildung, ihrer Qualität, der Teilnahmemöglichkeiten,<br />

der Information über solche Möglichkeiten und der Ausstattung mit Ausrüstung und Arbeitsmitteln.<br />

Die Erwartungen liegen bei Frauen mit Ausnahme der Ausstattung mit Ausrüstung und Arbeitsmitteln<br />

im Mittel höher als bei Männern. Jedoch nehmen die genannten Fragen für beide<br />

Geschlechter eine Spitzenposition ein. Die Autoren vermuten, dass eine qualitativ gute Ausbildung<br />

sich in der Organisation prestigesteigernd auswirkt und dass der Bedarf von Frauen nach Prestigeerwerb<br />

größer ist als bei Männern, zumal bei ihnen noch „Nachzieheffekte“ wirkten. Für Männer sind<br />

die Verwertbarkeit der ehrenamtlichen Tätigkeit im Beruf sowie ein besserer Versicherungsschutz<br />

wichtiger als für Frauen. Hier könnte der Faktor Erfahrung im Ehrenamt von Bedeutung sein, da der<br />

Wunsch nach besserem Versicherungsschutz mit steigendem Dienstalter im Mittel an Bedeutung<br />

gewinnt. Frauen legen demgegenüber verstärkt Wert auf Supervision und psychosoziale Begleitung.<br />

Männern sind materielle Belohnungen und Ehrenabzeichen wiederum wichtiger als Frauen. Beiden<br />

Geschlechtern sind gemeinschaftsfördernde Veranstaltungen und Ausflüge wichtig. Kleine Geschenke<br />

und Ehren- und Leistungsabzeichen verlieren mit steigendem Alter an Bedeutung (vgl. Neuhold<br />

und Kernbauer 2011, S. 21 ff.).<br />

Bezogen auf die Frage, ob sich die Ehrenamtlichen geeignet eingesetzt sehen, um ihre Fähigkeiten zu<br />

entfalten, fühlten sich von den 1088 Befragten nur 12 Personen falsch eingesetzt. Dazu passen auch<br />

40 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Österreich<br />

die Antworten auf die Frage nach Überlegungen, die ehrenamtliche Tätigkeit für die jeweilige Organisation<br />

aufzugeben. Nur 1% überlegt dies oft, 17% manchmal und 26% selten. Leider wurde von den<br />

Autoren nicht nach Geschlecht differenziert.<br />

Eine Analyse der Motivationsfaktoren für freiwilliges Engagement im österreichischen Roten Kreuz<br />

anhand von Daten des Stimmungsbarometers 2011 1 kommt zum Teil zu ähnlichen Ergebnissen wie<br />

die steirische Studie für die unterschiedlichen Einsatzorganisationen. Für die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen<br />

des Roten Kreuzes – insgesamt 51.000 – hat das altruistische Motiv „Weil ich etwas für<br />

andere tun möchte“ die größte Bedeutung (über 62%)(vgl. Czech & Hajji 2012, S. 5). Dieser Befund<br />

entspricht demjenigen der steirischen Studie von Neuhold und Kernbauer (2011) und dem einer Befragung<br />

der Gesamtbevölkerung, entsprechend der 68% derjenigen, die sich selbst als freiwillig tätig<br />

bezeichnen, die Hilfe für andere Menschen für besonders bedeutsam halten. Weitere Motive wie<br />

„Neues zu lernen und nützliche Erfahrungen machen“ oder Pflichtgefühl sowie religiöse Überzeugungen<br />

sind ebenfalls von Bedeutung, so dass auch Czech und Hajji von einer gemischten Motivlage ausgehen.<br />

Sie betonen jedoch, „Altruismus ist offensichtlich der relevanteste Motivationsfaktor für freiwilliges<br />

Engagement“ (2012, S. 6). Das Rotkreuz-Stimmungsbarometer zeigt keine geschlechtsspezifischen<br />

Unterschiede bezogen auf die Reihung (1) Hilfe für Andere und (2) Neues lernen und<br />

nützliche Erfahrungen zu machen. Jedoch sind die Mittelwerte signifikant unterschiedlich. Für Frauen<br />

sind (1) und (2) und auch das Motiv „Um sozial oder politisch etwas zu verändern“ im Mittel wichtiger<br />

als für Männer, während (4) „Pflichtgefühl, moralische Verpflichtung“ für Männer im Mittel von<br />

größerer Bedeutung ist. Ebenso spielt die Möglichkeit, „etwas mit Freunden zu unternehmen“, für<br />

Männer eine signifikant größere Rolle als für Frauen (Czech und Hajji 2012 S. 8 f.). Bei den Rotkreuz-<br />

MitarbeiterInnen wird Pflichtgefühl jedoch auch mit steigendem Alter ein zunehmend wichtiges Motiv.<br />

Bedauerlicherweise weisen beide genannten Studien keine geschlechtsbezogenen Daten zur Motivation<br />

im freiwilligen Engagement bei Führungskräften aus. Ebenso wenig finden sich Daten (und<br />

daher auch keine nach Geschlechtern differenzierenden) zur Motivation, in eine leitende Position im<br />

Ehrenamt aufzusteigen.<br />

2.5.9 Frauenförderung und Gender Mainstreaming im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

Die eingehende Recherche nach Frauenförderungsprogrammen, frauenfördernden Maßnahmen<br />

oder nach der Umsetzung von Gender Mainstreaming in den österreichischen Katastrophenhilfs- und<br />

Rettungsdiensten ergab keine verwertbaren Resultate.<br />

Bemerkens- und studierenswert ist ein von der Niederösterreichischen Landesakademie herausgegebener<br />

Leitfaden zum Thema „Gendergerechtes Budgetieren“, der sich auf regionale und kommunale<br />

Budgets richtet (vgl. Eckhart, Hilbert und Moser-Simmill 2011). Insofern könnte er auch für die Organisationen<br />

im Zivil- und Katastrophenschutz auf kommunaler Ebene (z. B. THW, Feuerwehr) oder auf<br />

Ortsvereinsebene (alle Organisationen im Zivil- und Katastrophenschutz) relevant sein.<br />

1 „Dabei handelt es sich um eine quantitative Onlineerhebung, die im zweiten Quartal 2011 innerhalb des österreichischen<br />

Roten Kreuzes durchgeführt wurde. Befragt wurden dabei freiwillige und hauptberufliche Mitarbeiter/innen<br />

sowie Zivildienstleistende, die Erhebung erfolgte mittels online-Fragebogen (n=4877)“ Czech und<br />

Hajji 2012, S. 3.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 41


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

2.6 Schweiz<br />

An Daten liegt für die Schweiz der Freiwilligenmonitor 2010 vor 1 (Stadelmann-Steffen, Traunmüller et<br />

al. 2010). Der Freiwilligenmonitor Schweiz wurde 2006 und 2009 durchgeführt, so dass erste Vergleiche<br />

möglich sind. Die Studie von Stadelmann-Steffen, Traunmüller et al. stützt sich zudem auf das<br />

Modul „Unbezahlte Arbeit“ der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE). Letztere erfolgt seit<br />

1997 etwa alle drei Jahre durch das Bundesamt für Statistik (BfS)(vgl. Stadelmann-Steffen, Traunmüller<br />

et al. 2010, S. 11).<br />

Unter unbezahlter Arbeit versteht das Bundesamt für Statistik nicht entlohnte Tätigkeiten, die jedoch<br />

durch eine dritte Person gegen Entlohnung ausgeführt werden könnten. Bei unbezahlter Arbeit wird<br />

vom BfS folgerichtig zwischen „Freiwilligenarbeit“ und „Haus- und Familienarbeit“ unterschieden<br />

(Abb. 2.2).<br />

Abb. 2.2.<br />

Unbezahlte Arbeit – Ehrenamtliche Tätigkeiten im Begriffssystem des (schweizer)<br />

Bundesamtes für Statistik. Quelle: Bundesamt für Statistik (BfS) 2012a..<br />

Die Freiwilligenarbeit wiederum wird in „institutionalisierte Freiwilligenarbeit (= ehrenamtliche und<br />

freiwillige Tätigkeiten)“ oder formelle Freiwilligenarbeit und „informelle Freiwilligenarbeit“ unterschieden<br />

(vgl. BfS 2012a „Unbezahlte Arbeit – Daten, Indikatoren Einleitung“).<br />

Unter formeller Freiwilligkeit wird ein Engagement in Vereins- und Organisationsstrukturen verstanden.<br />

Unter einem Ehrenamt wird die Wahl in ein Amt verstanden, was einen höheren Verpflichtungsgrad<br />

anzeigt. Ein Viertel der Schweizer Wohnbevölkerung ist formell freiwillig engagiert, davon<br />

die Hälfte in einem Ehrenamt. Förderlich für diese Art des Engagements sind hohe Bildung und hohes<br />

Haushaltseinkommen sowie eine gute berufliche Stellung, nicht jedoch Verfügung über Zeit. Denn<br />

Bevölkerungsgruppen, die über größere Zeitressourcen für ein Engagement verfügen, wie etwa Verrentete,<br />

Arbeitslose und Teilzeiterwerbstätige, sind seltener formell engagiert als diejenigen, die<br />

(über Beruf, Familie, Freunde) als sozial stark integriert bezeichnet werden können.<br />

Informell freiwilliges Engagement bezeichnet persönliche Hilfe für Freunde und Bekannte, u. a. Pflege-<br />

und Betreuungsleistungen. Diese Art des Engagements wird vermehrt von Frauen geleistet (35%<br />

1 Der Zentralvorstand der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (seit 2009 Zentralkommission) hat auf<br />

der Grundlage eines Antrags durch seine Kommission „Forschung Freiwilligkeit“ einen Kredit in Höhe von einer<br />

halben Million Franken bewilligt, und die Absicht erklärt, das Monitoring für die nächsten 20 Jahre fortzuführen.<br />

Dadurch kann das freiwillige Engagement der Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz kontinuierlich<br />

beobachtet werden (vgl. Stadelmann-Steffen, Traunmüller et al. 2010, S. 11).<br />

42 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Schweiz<br />

der Frauen, hingegen nur 25% der Männer). Im Verhältnis zur formellen Freiwilligenarbeit ist entsprechend<br />

der Darstellung im Freiwilligensurvey das Geschlechterverhältnis umgekehrt. Der informelle<br />

Bereich ermöglicht auch denjenigen ein freiwilliges Engagement, die nicht über ihre berufsförmige<br />

Arbeit sozial integriert sind (Verrentete, Arbeitslose) (vgl. Stadelmann-Steffen, Traunmüller et<br />

al. 2010, S. 15 f.).<br />

Allerdings entsprechen die Zahlen von Stadelmann-Steffen, Traunmüller et al. nicht denjenigen des<br />

Bundesamtes für Statistik (vgl. Bundesamt für Statistik 2012b, Unbezahlte Arbeit – Daten, Indikatoren.<br />

Überblick zur Freiwilligenarbeit). Nach den SAKE-Daten des Bundesamtes liegt die Beteiligung<br />

von Frauen an informeller Freiwilligenarbeit bei 22,9%, diejenige der Männer bei 13,9%. Danach ist<br />

die Bedeutung des informellen freiwilligen Engagements erheblich geringer als im Freiwilligensurvey<br />

ausgewiesen. An institutionalisierter Freiwilligenarbeit beteiligen sich hingegen 16,9% der Frauen<br />

und 23,0% der Männer. Bei Führungsaufgaben liegt bei der institutionalisierten Freiwilligenarbeit,<br />

entsprechend der Daten des Bundesamtes für Statistik, die Beteiligung der Männer bei 13,3%, diejenige<br />

der Frauen bei 6,9%. Bei Basisaufgaben sind die Geschlechterproportionen wieder nahezu<br />

gleich. Nimmt man institutionalisierte und informelle Freiwilligenarbeit zusammen, so liegt nach<br />

Angaben des Bundesamtes für Statistik die Beteiligung der Frauen 2010 bei 33,5%, diejenige der<br />

Männer bei 32,3%; damit ist das Geschlechterverhältnis nahezu ausgewogen.<br />

Entsprechend des Freiwilligensurvey sind bei formeller Freiwilligenarbeit neben einem altruistischen<br />

zwei eher selbstbezogene Motivdimensionen maßgeblich (Zusammensein mit Freunden, Spaß an der<br />

Tätigkeit). Bei informeller Freiwilligkeit sind die Motivdimensionen weniger klar.<br />

Das freiwillige Engagement ist lt. Freiwilligenmonitor zu beiden Erhebungszeitpunkten (2006 und<br />

2009) insgesamt gleichbleibend, wobei das Engagement im Bereich der informellen Freiwilligenarbeit<br />

erheblich zurückgegangen ist (von 37 auf 29 Prozent). Die Schweizer Bevölkerung kann drei Sprachregionen<br />

und kulturell unterschiedlich geprägten Räumen zugeordnet werden. Das freiwillige Engagement<br />

ist in der deutschsprachigen Schweiz stärker als in der Romandie und im Tessin. Am auffälligsten<br />

ist dieser Unterschied bei formeller Freiwilligenarbeit. Dies führen Stadelmann-Steffen,<br />

Traunmüller et al. (vgl. 2001, S. 18 f.) auf eine unterschiedliche kulturelle Sozialisation, örtliche Gebundenheit<br />

und Erfahrung zurück, wobei die kulturelle Sozialisation am stärksten auf das formell<br />

freiwillige Engagement einwirkt, während bei informeller Freiwilligkeit örtliche Gebundenheit und<br />

Erfahrungen von besonderer Bedeutung sind.<br />

Bezogen auf die für diese Studie relevanten Fragen des freiwilligen Engagements von Frauen im Zivilund<br />

Katastrophenschutz finden sich trotz umfangreicher Recherchen keine Hinweise. Zudem finden<br />

sich weder im Freiwilligen-Monitor der Schweiz 2010 noch in der Publikation zu einer Vernetzungskonferenz,<br />

in der „Freiwilliges Engagement in Deutschland, Österreich und der Schweiz“ (vgl. Ammann<br />

2011) referiert werden, Hinweise auf den Zivil- und Katastrophenschutz und ebenso wenig auf<br />

Frauen, die sich in diesem Bereich ehrenamtlich engagieren. Während es für Österreich einiges Material<br />

gibt (siehe den Abschnitt 2.5 „Österreich“), bleibt die Situation bezogen auf die Schweiz weitgehend<br />

im Dunkeln.<br />

Wie die Bedingungen für die Schweizerinnen im Zivilschutz geregelt sind, zeigt eine Internetseite des<br />

Bundesamtes für Bevölkerungsschutz der Schweiz (BABS). Da heißt es unter der Rubrik „Freiwillige“:<br />

„Der Zivilschutz steht grundsätzliche der breiten Bevölkerung offen. Gemäss Bundesgesetz über den<br />

Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz (BZG, Artikel 15) können folgende Personen Schutzdienst<br />

leisten:<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 43


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

- Männer, die aus der Schutzdienstpflicht entlassen sind,<br />

- Wehrpflichtige, die nicht mehr militärdienstpflichtig oder zivildienstpflichtig sind,<br />

- Männer, die aus der Wehr- oder Zivildienstpflicht entlassen sind,<br />

- Schweizerinnen mit Beginn des Jahres, in dem sie 20 Jahre alt werden,<br />

- in der Schweiz niedergelassene Ausländer und Ausländerinnen mit Beginn des Jahres, in dem<br />

sie 20 Jahre alt werden“ (BABS, Freiwillige).<br />

Im darauf folgenden Abschnitt „Rekrutierung“ wird erläutert, dass diejenigen, die freiwillig Schutzdienst<br />

leisten möchten, bei dem für Zivilschutz zuständigen Amt des Kantons ein entsprechendes<br />

Gesuch einreichen müssen. Bei positivem Entscheid wird der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin<br />

für stellungspflichtig erklärt. Dabei haben „Schweizerinnen sowie Ausländerinnen und Ausländer …<br />

ihre Schutzdiensttauglichkeit auf einem Rekrutierungszentrum abklären zu lassen“. Davon sind Männer<br />

befreit, die bereits ihren Schutz-, Militär-, oder Zivildienst durchlaufen haben.<br />

Zwar können Personen, die freiwillig Schutzdienst leisten, auf ein weiteres Gesuch hin aus der<br />

Schutzdienstpflicht entlassen werden, „sie haben jedoch in der Regel mindestens drei Jahre Schutzdienst<br />

zu leisten (vgl. BABS 2011, Freiwillige).<br />

An diesen Ausführungen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz der Schweiz kann abgelesen werden:<br />

Der über die Kantone geregelte Freiwilligendienst ist kein freiwilliges Engagement im Sinne des deutschen<br />

Ehrenamtes, sondern eine freiwillig erklärte Pflicht, da sie ja auch für mindestens drei Jahre<br />

bindend ist. Für Schweizerinnen, Ausländer und Ausländerinnen gelten die gleichen Aufnahmeregeln.<br />

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) der Schweiz entwickelt das Verbundsystem zum<br />

Schutz der Bevölkerung, ihrer Lebensgrundlagen und Kulturgüter strategisch und konzeptionell weiter.<br />

Das BABS ist für die Sicherstellung und Koordination des Systems Bevölkerungsschutz bezogen<br />

auf Notlagen und Katastrophen und bewaffnete Konflikte zuständig.<br />

Der Zivilschutz und die Feuerwehr basieren grundsätzlich auf dem Milizprinzip. Dabei sind im Gesundheitswesens<br />

(z.B. Samariter) und im Zivilschutz auch freiwillige Dienstleistungen möglich. Die<br />

Berufsfeuerwehren gehören als Berufsorganisationen zu den Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes.<br />

Der Bevölkerungsschutz setzt sich aus Professionsangehörigen, Freiwilligen wie auch<br />

Dienstpflichtigen auf der kantonalen und nationalen Ebene zusammen. Bezogen auf die Rekrutierungsverfahren<br />

werden hauptberuflich Tätige über den Arbeitsmarkt rekrutiert (vgl. Bundesrat 2012,<br />

S. 36). Die Miliz-Feuerwehrmänner und die Miliz-Feuerwehrfrauen sind in den Feuerwehren bei<br />

Übungen und Einsätzen tätig und gehen ansonsten ihren beruflichen Verpflichtungen nach (vgl. Wikipedia,<br />

Pflichtfeuerwehr # Schweiz).<br />

„Bei den Feuerwehren regeln die Kantone die Rekrutierung und die Ausgestaltung der Dienstpflicht,<br />

wobei Zwangsrekrutierungen eine Ausnahme sind und die Kompetenz zur Regelung der Dienstpflicht<br />

durch kantonales Recht teilweise an die Gemeinden delegiert wird“ (Bundesrat 2012, S. 36).<br />

Anders als beim Schutzdienst, bei dem die Pflicht von Frauen freiwillig übernommen werden kann,<br />

besteht sowohl für Frauen wie für Männer prinzipiell Feuerwehrdienstpflicht. Ausgenommen von der<br />

Dienstpflicht sind die Kantone Zug und Zürich, in denen es jeweils eine Berufsfeuerwehr gibt. Sofern<br />

nicht hinreichend Personen vorhanden sind, die den Dienst freiwillig leisten, können BewohnerInnen<br />

44 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Tschechische Republik<br />

zwangsweise rekrutiert werden. Da bei Zwangsrekrutierten die nötige Motivation fehlt, ist ihre Fluktuation<br />

größer (vgl. Wikipedia, Pflichtdienst # Schweiz).<br />

Der Bundesrat konstatiert 2012 folgende Situation: „Während einige Kantone auf eine Feuerwehrdienstpflicht<br />

verzichten, besteht in den meisten anderen Kantonen eine unterschiedliche Dienstpflicht<br />

für Männer und teilweise auch für Frauen, wobei die Dienstpflicht auch durch die Bezahlung<br />

einer jährlichen Ersatzabgabe erfüllt werden kann. Zwangsrekrutierungen bilden heute die Ausnahme;<br />

die meisten Feuerwehrleute leisten freiwillig Dienst. Der Zivilschutz ist analog der Militärdienstpflicht<br />

eine nationale Dienstpflicht. Das Rekrutierungsverfahren für die Schutzdienstpflichtigen wird<br />

gemeinsam mit der Armee durchgeführt“ (Bundesrat 2012, S. 36).<br />

Sowohl aus der Strukturierung des Schutzdienstes als freiwillig übernommener Pflicht als auch aus<br />

der Regelung des Feuerwehrpflichtdienstes im Milizsystem wird verständlich, dass der Zivil- und Katastrophenschutz<br />

im Freiwilligen-Monitor der Schweiz 2010 ausgespart wird, denn er gehört weder<br />

zur informellen noch zur formellen Freiwilligenarbeit. Bei beiden haben diejenigen, die sich engagieren,<br />

die Möglichkeit, ihr Engagement wieder aufzugeben. Dies ist weder beim Feuerwehrpflichtdienst<br />

noch beim Schutzdienst der Fall. Eine Darstellung und Diskussion der Bedeutung und Zukunftsfähigkeit<br />

des Milizsystems und der Zusammenarbeit zwischen Berufs- und Milizpersonal findet sich in<br />

einem Heft der (schweizer) Zeitschrift Bevölkerungsschutz (vgl. Flury und Münger 2008; Münger<br />

2008; Knüsel 2008).<br />

Unsere Recherche ergab keine Daten bezogen auf die in der Pflichtfeuerwehr tätigen Frauen. Den<br />

freiwilligen Schutzdienst leisten in der Schweiz insgesamt ca. 3000 Personen, darunter ca. 500 Frauen,<br />

d. h., der Frauenanteil liegt bei 16,6% (vgl. Bundesrat 2012, S. 53).<br />

2.7 Tschechische Republik<br />

Die Freiwilligentätigkeit hat in der Tschechischen Republik eine alte und eine junge Geschichte. Es<br />

gab bereits im 19 Jahrhundert Freiwilligenorganisationen im Bildungs- und Wohlfahrtsbereich, z. T. in<br />

Verbindung mit Organisationen, die von Frauen geführt wurden. Nach einer wechselhaften Geschichte<br />

der Freiwilligenorganisationen, die partiell auch als Unterdrückungsgeschichte zu sehen ist, jedenfalls<br />

während der deutschen Besetzung im Dritten Reich und nach 1948, als viele Organisationen<br />

während der kommunistischen Herrschaft entweder aufhörten zu existieren oder in die sogenannte<br />

Nationale Front vereinnahmt wurden. Manche Menschen wurden gezwungen, in „Freiwilligenprojekten“<br />

mitzuarbeiten und entwickelten dadurch eine Antipathie gegen solche Formen erzwungener<br />

freiwilliger Aktivität.<br />

Seit der Samt-Revolution im November 1989 haben sich die Einstellungen zur Freiwilligentätigkeit<br />

gewandelt. Allerdings ist dieser Bereich noch nicht sehr groß. 2002 wurden Akkreditierungsregeln<br />

mittels des Act on Voluntary Service verabschiedet, um die Qualität der Organisationen sicherzustellen,<br />

bei denen sich Freiwillige engagieren. Bisher wurde nur eine kleine Zahl von Organisationen akkreditiert,<br />

das System laufe aber relativ gut (vgl. GHK [Czech Republic] 2010, S. 2).<br />

Es gibt zwei Typen von Volunteering, die in der Tschechischen Republik danach unterschieden werden,<br />

ob freiwillig Engagierte Mitglied der Organisation sind oder nicht. Sind sie keine Mitglieder,<br />

nennt sich der Typus „mutually beneficial volunteering“, sind sie Mitglieder, nennt er sich „publicly<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 45


Deutschland, Australien und ausgewählte europäische Länder<br />

beneficial volunteering”. Das Law on Voluntary Service bezieht sich nur auf den letztgenannten Typus.<br />

Die Kriterien für die Beschreibung von Aktivitäten, die als „publicly beneficial“ gelten, beziehen sich<br />

auf das Ausmaß, in dem die Aktivität der eigenen Community hilft, oder das Ausmaß, in dem sie als<br />

hilfreich für andere gilt. Wenn eine Freiwilligenorganisation ein Projekt hat, das die Kriterien, die vom<br />

Gesetz vorgegeben sind, erfüllt, kann sie das Projekt beim Ministerium des Innern für die Akkreditierung<br />

registrieren lassen und erhält dann finanzielle Unterstützung. Es gibt eine unbekannte Zahl von<br />

Freiwilligenorganisationen, die sich in publicly beneficial activities engagieren und nicht akkreditiert<br />

sind. Manche Organisationen haben akkreditierte und nicht akkreditierte Projekte.<br />

Nach Angaben des tschechischen Statistischen Amtes sind mehr als 1,2 Millionen Menschen freiwillig<br />

engagiert, ohne dass das Projekt oder die Aufgabe, für die sie arbeiten, akkreditiert ist. Das akkreditierte<br />

Volunteering ist weniger populär (etwas über 10.000 Freiwillige)(GHK [Czech Republic] 2010, S.<br />

2). Insgesamt zeichnet sich ein Wachstum freiwilligen Engagements ab.<br />

Bezogen auf die statistischen Angaben für die Anzahl freiwillig Engagierter sind Zweifel berechtigt,<br />

zum einen bezüglich der verwendeten Methodologie, aber auch der Terminologie, die verwendet<br />

wird, um Daten zu sammeln. Nach einer Untersuchung von 1999 ergab sich, dass 8% der tschechischen<br />

Bevölkerung Volunteers waren. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung von 10,2 Millionen bedeutet<br />

dies, dass die absolute Zahl bei 816.000 Menschen lag. In einer Untersuchung aus dem Jahr<br />

2004 ergaben sich 568.243 Volunteers. Das tschechische Statistische Amt gibt für 2006 871.020 Volunteers<br />

an und für 2007 1.215.363 (GHK [Czech Republic] 2010, S. 2).<br />

Es sind mehr Frauen als Männer freiwillig engagiert (39% der Frauen im Vergleich zu 29% der Männer).<br />

Altersbezogen sind die meisten derjenigen, die in akkreditierten Projekten arbeiten, jünger als<br />

34 Jahre (bis 75%). Die Gruppe der 45-54jährigen ist bei weitem die kleinste Gruppe.<br />

In einem Survey von Paul Frič et al. (2001; zitiert nach GHK [Czech Republic] 2010) wurde das sektorenspezifische<br />

Engagement von Freiwilligen in der Tschechischen Republik im Rahmen einer Befragung<br />

und einer Datenanalyse untersucht. Von den 366 Volunteers waren 37,5% in sozialen Diensten<br />

aktiv, 16,9% im Bereich Sport und Entspannung, 15,4% im Gesundheitsbereich, 13,5% im Bereich<br />

Bildung und Forschung, 12,8% im Bereich Wohlfahrt, 12,4% im Bereich Ökologie, 8,6% in religiösen<br />

Organisationen, 6,7% in der Community-Entwicklung, 5,5% im Bereich internationaler Aktivitäten<br />

und 5% im Schutz von Rechten und Interessen sowie 4% in Berufsorganisationen und 1,1% in der<br />

Politik. Diese Untersuchung sei immer noch aktuell.<br />

Eine zweite Untersuchung, die von STEM (2004; zitiert nach GHK [Czech Republic] 2010) durchgeführt<br />

wurde, ordnet 29% der Freiwilligen Aktivitäten im Sport zu, 11% der Freiwilligen der Feuerwehr,<br />

11% kirchlichen Organisationen etc.<br />

Die Situation im Bereich des akkreditierten Volunteering unterscheidet sich von dem sonstigen freiwilligen<br />

Engagement. Die meisten der 366 akkreditierten Projekte befassen sich mit benachteiligten<br />

Gruppen. Die übrigen mit kulturellen Fragen (25), lediglich 14 Projekte mit natürlichen ökologischen<br />

und humanitären Katstrophen und 12 Projekte mit dem Thema Ökologie.<br />

Die freiwillig Engagierten sind zu 70% Studenten, zu 20% Beschäftigte, zu 2% ältere BürgerInnen und<br />

zu 8% Arbeitslose.<br />

46 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Tschechische Republik<br />

Das Profil der freiwillig Engagierten unterscheidet sich hinsichtlich ihres Beschäftigtenstatus erheblich<br />

gegenüber demjenigen in Deutschland. Nach der Studie von STEM sind 11% der Bevölkerung bei<br />

der Freiwilligen Feuerwehr aktiv, eine fast unwahrscheinlich hohe Größenordnung. Zu sehen ist auch,<br />

dass sich das Engagement der Freiwilligen nach den Studien von Frič (2001; zitiert nach GHK [Czech<br />

Republic] 2010) und STEM (2004; zitiert nach GHK [Czech Republic] 2010) deutlich unterscheidet,<br />

obwohl nur drei Jahre dazwischenliegen. Zudem ist interessant, dass sich in der Tschechischen Republik<br />

ein sehr viel höherer Anteil der Frauen freiwillig engagiert, als dies bei den Männern der Fall<br />

ist.<br />

Zum Thema Frauen als Zielgruppe ehrenamtlichen Engagements im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

wurden keine einschlägigen Studien gefunden.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 47


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

3. Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

Die Hilfsorganisationen werden in alphabetischer Folge erörtert:<br />

1. Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V. (ASB)<br />

2. Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)<br />

3. Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. (DLRG)<br />

4. Deutsches Rotes Kreuz e. V. (DRK)<br />

5. Freiwillige Feuerwehr (FF)<br />

6. Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. (JUH)<br />

7. Malteser Hilfsdienst e. V. (MHD)<br />

48 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V. (ASB)<br />

3.1 Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V. (ASB)<br />

Der Arbeiter-Samariter-Bund 1 (ASB) ist im Rettungsdienst nach dem Deutschen Roten Kreuz die<br />

zweitgrößte Hilfsorganisation in Deutschland. Wird die Feuerwehr einbezogen, ist der ASB die drittgrößte<br />

Organisation. Seine Aufgaben umfassen den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz im Inund<br />

Ausland, den Rettungsdienst, die psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) 2 sowie wohlfahrts- und<br />

sozialpflegerische Aufgaben.<br />

Zum Katastrophenschutz gehören Sanitätsgruppen (2010: 105 Gruppen), Betreuungsgruppen (2010:<br />

65 Gruppen), Schnell-Einsatz-Gruppen (SEG) (2010: 91) und sonstige Gruppen, z. B. Fernmeldezüge<br />

(2010: 41)(vgl. ASB, Stichworte und Zahlen).<br />

3.1.1 Zur Geschichte des ASB<br />

Die Grundlage des ASB wurde von sechs Berliner Zimmerleuten gelegt, die in einer Zeit fehlender<br />

Arbeitsschutzvorschriften, in denen viele Arbeiter Unfälle erlitten, einen „Lehrkursus über die Erste-<br />

Hilfe bei Unglückfällen““ durchsetzten. 1909 kam es zum Zusammenschluss verschiedener Arbeiter-<br />

Samariter-Gruppen zum Arbeiter-Samariter-Bund. Nach dem ersten Weltkrieg engagierte sich der<br />

ASB in der Wohlfahrt und widmete sich der Gesundheitsfürsorge und Kinderhilfe (vgl. Arbeiter-<br />

Samariter-Bund (ASB), Der Arbeiter-Samariter-Bund). Vor 1933 war der ASB die größte Hilfsorganisation<br />

in Deutschland. Er hatte – in den 20er Jahren – einen Schwerpunkt in Mitteldeutschland. So war<br />

die Bundesgeschäftsstelle von 1922-1933 in Chemnitz angesiedelt und es gab „im damaligen Mitteldeutschland<br />

in jedem Ort eine ‚ASB-Kolonne‘“ (ASB, ASB-Report 2002, S. 19). Da der ASB sich zugunsten<br />

der Armen und Schwachen auch öffentlich kritisch äußerte und einsetzte, wurde er 1933 von den<br />

Nationalsozialisten verboten. Es kam zur Auflösung aller 1800 ASB-Kolonnen und das Eigentum des<br />

ASB wurde beschlagnahmt. 1945 wurde der ASB neu gegründet. In der französischen und amerikanischen<br />

Besatzungszone gab es Anfangsschwierigkeiten, weil der ASB unter Kommunismusverdacht<br />

stand. Nach der Neugründung stellten sich Fragen der Restitution, die bis in die 1970er Jahre fortdauerten.<br />

In der sowjetischen Besatzungszone und in der DDR war der ASB verboten. Im Januar 1990<br />

wurden in der noch-DDR die ersten Ortsverbände und im Oktober 1990 – noch vor der Vereinigung –<br />

die Landesverbände gegründet. Nach Aussagen des Experten gab es beim Aufbau des ASB in Ostdeutschland<br />

Erfolgsgeschichten. Man ist mit einfachen Mitteln aus Westdeutschland gekommen und<br />

hat in Ostdeutschland die Organisation aufgebaut. Zudem entstand das Engagement der Ostdeutschen<br />

aus anderen Beweggründen als in Westdeutschland. Es sei – angesichts der hohen Arbeitslosigkeit<br />

– wichtig gewesen, einen Arbeitsplatz zu finden. Ostdeutsche ASB-Engagierte hätten sich ihre<br />

Arbeit von Grund auf aufgebaut.<br />

1 Die folgende Darstellung und Analyse erfolgt auf der Grundlage eines Experteninterviews und einer Dokumentenauswertung.<br />

2 In der Psychosozialen Notfallversorgung kooperiert der ASB mit der Bundesvereinigung Stressbewältigung<br />

SbE. Die SbE bietet eine Ausbildung für die Eigenversorgung des ASB an (d. h., die PSNV wird schließlich vom<br />

ASB selbst geleistet).<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 49


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

3.1.2 Organisation<br />

Der ASB gliedert sind in den Bundesverband, 16 Landesverbände (entsprechend der Bundesländer),<br />

224 Regional-, Kreis- und Ortsverbände, sowie 122 GmbHs. Im Jahr 2011 gehörten ihm insgesamt<br />

1.065.895 aktive und passive Mitglieder an.<br />

Anders als beim Deutschen Roten Kreuz ist beim ASB der Anteil hauptamtlicher Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter wesentlich größer als der Anteil Freiwilliger. Die Anzahl hauptamtlicher Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter betrug 2011 insgesamt 29.195, darunter 20.165 Frauen und 9.030 Männer. Ehrenamtlich<br />

engagiert waren 2011 12.559 Personen, darunter 5.937 Frauen und 6.622 Männer. Das Freiwillige<br />

Soziale Jahr wurde 2011 von 836 Menschen wahrgenommen, darunter 385 Frauen und 481<br />

Männer. Als Mitglieder von Vorständen auf regionaler, Landes- und Bundesebene sind 4000 Funktionsträger<br />

als ehrenamtliche Mitglieder im ASB tätig (vgl. Arbeiter-Samariter-Bund, Jahrbuch 2011.<br />

Der ASB in Stichworten und Zahlen, S. 5, 7, 10).<br />

Der erweiterte Bevölkerungsschutz wird fast ausschließlich ehrenamtlich wahrgenommen. Eine Ausnahme<br />

bildet die Geschäftsführung. Diese kann in kleinen Ortsgruppen, z. B. in ländlichen Regionen,<br />

ehrenamtlich getragen werden, ansonsten erfolgt sie hauptamtlich. Demgegenüber werden der Rettungsdienst<br />

zu 99% und der Sanitätsdienst zu 80% hauptamtlich wahrgenommen. Hauptamtlich für<br />

den ASB Tätige engagieren sich oft auch ehrenamtlich in dieser Organisation.<br />

3.1.3 Geschlechterproportionen im ASB<br />

Bezogen auf die zwei Hauptbereiche des ASB, Wohlfahrtspflege und Bevölkerungsschutz, entfallen<br />

auf jeden der Bereiche ca. 50% der ehrenamtlich Engagierten. Dabei sei die Wohlfahrtspflege ein<br />

wachsender Sektor. Nach Expertenauskunft liegt das Geschlechterverhältnis in der Wohlfahrtspflege<br />

bei 50 : 50, im Bevölkerungsschutz ist das Verhältnis Männer zu Frauen 60 : 40. Dem gegenüber sei<br />

das Geschlechterverhältnis im Bevölkerungsschutz in Ostdeutschland paritätisch. Im Bereich Rettungshundestaffeln<br />

liegt der Frauenanteil bei 70% und im Bereich der Notfallversorgung sind 60%<br />

Männer und 40% Frauen engagiert. Auch bei der Taucherstaffel sei der Frauenanteil hoch. Die Tauchergeräte<br />

wögen unter Wasser ja nur die Hälfte. In Westdeutschland gebe es keine Barrieren für<br />

Frauen. Jedoch gebe es zu dieser Frage auch keine Untersuchungen.<br />

3.1.4 Frauen in Leitungs- und Führungspositionen im ASB<br />

Auf Leitungsebene sei das Verhältnis Männer zu Frauen in der Geschäftsführung noch nicht ausgeglichen.<br />

Dies könne auf die längere Tradition zurückgeführt werden. Bei hauptamtlichen Geschäftsführungen<br />

in Ostdeutschland liege das Verhältnis Männer zu Frauen bei 50:50.<br />

Bei Lehrkräften in der Aus- und Weiterbildung gebe es einen leichten männlichen Überhang.<br />

Seitens des Bundesvorstandes habe es eine Initiative gegeben, mehr Frauen für den Vorstand zu<br />

gewinnen. Der Vorstand ist grundsätzlich ehrenamtlich. Zur Frage weiblicher Mitglieder von Vorständen<br />

gebe es eine ganz aktuelle Erhebung (2011/2012). Dabei wurde auch die Quotierungsfrage diskutiert.<br />

Überwiegend habe man sich im Vorstand gegen die Quote entschieden. Die Vorstände seien<br />

männlich dominiert. Jedoch sind keine Zahlen über die Geschlechterverhältnisse in den Vorständen<br />

50 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V. (ASB)<br />

des ASB verfügbar. Eine offene Frage ist, wie Frauen für die Vorstandsarbeit begeistert werden können.<br />

3.1.5 Jugend im ASB<br />

Die Arbeiter-Samariter-Jugend (ASJ) ist ein eigenständiger Jugendverband, der mit dem ASB eng kooperiert<br />

(ASJ, Festakt „Arbeiter-Samariter-Jugend – 80 Jahre Tradition) und einen eigenen Bundesjugendvorstand<br />

hat. Zu den Aktivitäten der ASJ gehören Kinder- und Jugendtreffs, Ferienfahrten, Kinder-<br />

und Jugendprojekte, jugendpolitische Aktivitäten, Wettbewerbe, Ausbildung in Erster Hilfe,<br />

Schulsanitätsausbildung und Gruppenleiterschulungen nebst einem Bildungsprogramm (Arbeiter-<br />

Samariter-Jugend, Wer wir sind und was wir machen).<br />

Im Rahmen eines Förderprogramms werden Jugendgruppen auf- und ausgebaut. Gliederungen des<br />

ASB werden dabei unterstützt, hauptamtliche Koordinierungskräfte einzustellen (inzwischen 60 Koordinierungskräfte),<br />

die die ehrenamtlich Engagierten bei der Gruppenarbeit unterstützen. Des Weiteren<br />

unterstützen neun ReferentInnen die Jugendverbandsarbeit. In ehrenamtlich geleiteten regionalen<br />

Jugendgruppen verbringen Kinder und Jugendliche ihre Freizeit. Inhaltlich werden ihnen neben<br />

einem Bildungsangebot u. a. Erste-Hilfe-Kenntnissen vermittelt, Exkursionen veranstaltet und nebst<br />

Basteln und Spielen gemeinsame Projekte entwickelt. Sie lernen demokratische Strukturen kennen,<br />

solidarisch zu handeln und Verantwortung zu übernehmen. Insgesamt werden 74 ASJ-Gliederungen<br />

in 14 Bundesländern durch den ASB gefördert (vgl. Arbeiter-Samariter-Bund ASB, Jahrbuch 2011. Der<br />

ASB in Stichworten und Zahlen, S. 37 ff.).<br />

3.1.6 Gleichstellungsbeauftragte und Frauenförderung<br />

Im ASB gibt es weder Gleichstellungsbeauftragte noch Frauensprecherinnen. Fühlte eine Frau sich<br />

diskriminiert, würde sie sich als Erstes an den Vorstand wenden.<br />

Bezogen auf die Regelung von Problemen der Vereinbarkeit von Ehrenamt und Kindern sei es möglich,<br />

dass es auf Ortsverbandsebene Regelungen gebe. Der ASB habe diesbezüglich keine allgemeinen<br />

Regelungen beschlossen. Auch für Fragen der Kinderbetreuung während Aus- oder Fortbildungsseminaren<br />

des ASB gebe es keine allgemeine Regelung.<br />

3.1.7 Rekrutierung von Nachwuchs und aktiven Mitgliedern<br />

Beim Nachwuchs des ASB ist das ehrenamtliche Engagement leicht rückläufig. Der Nachwuchs werde<br />

z. T. aus der ASJ rekrutiert. Überdies bekomme der ASB oft Anfragen von Menschen, die sich engagieren<br />

möchten.<br />

Wichtig für die Gewinnung von ehrenamtlich Engagierten, insbesondere Frauen, für den Bevölkerungsschutz<br />

sei nach Auffassung des Experten, der interessierten Öffentlichkeit zu vermitteln, dass<br />

der Bevölkerungsschutz beim ASB nicht männlich dominiert wird. Der Bevölkerungsschutz sollte, z. B.<br />

mit Hilfe von Bildern, so dargestellt werden, dass sich Frauen angesprochen fühlen.<br />

Ein generelles Probleme der Gewinnung ehrenamtlich Tätiger beiden Geschlechts sei, dass es zu einer<br />

zunehmenden Flexibilität am Arbeitsplatz gekommen ist, zu einer deutlich verkürzten Schulzeit<br />

sowie deutlich verkürzten Studienzeiten. Es sei ein ganz großes Problem, dass Schüler, Studenten und<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 51


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

Arbeitstätige keine Zeit mehr haben. Im Beruf wird absolute Mobilität gefordert. Dadurch gehen den<br />

Menschen regionale Bindungen verloren. Frauen müssen sich am Arbeitsmarkt behaupten, sie müssen<br />

eventuell Kinder und das Engagement als Ehrenamtliche „unter einen Hut bringen“. Daher sei für<br />

sie z. T. nur ein Engagement mit Unterbrechungen möglich. Diese Situation mache es notwendig,<br />

dass sich der ASB überregional oder mit anderen Organisationen vernetzt.<br />

Eine weitere Konsequenz aus dieser Situation sei, dass die Anerkennungskultur vereinfacht werden<br />

müsse. „Die Organisation muss flexibler werden“, wobei Standards und Anforderungen kontrolliert<br />

werden müssten, um die Qualität zu erhalten. Zur Schaffung flexibler Strukturen sollte gehören, dass<br />

die von Freiwilligen mitgebrachten Qualifikationen oder Kenntnisse (z. B. aus Praktika) anerkannt<br />

werden. Zudem sollten die Strukturen so entwickelt werden, dass Einstiege möglich sind. Dabei sei<br />

jedoch gleichzeitig zu sehen, dass der ASB in sicherheitsrelevanten Bereichen arbeitet. Deshalb dürften<br />

keine Qualitätseinbußen hingenommen werden. „Es muss sich jedoch jede Organisation die Frage<br />

stellen, wo übererfüllen wir Anforderungen so deutlich, dass dies nicht mehr der Qualitätserhaltung<br />

dient“. Bezogen auf die Ausbildung zum Rettungsassistenten laufen die Überlegungen im ASB in<br />

eine andere Richtung. Derzeit dauere die Ausbildung zum Rettungsassistenten 1600 Stunden. Es sei<br />

sinnvoll, die Ausbildung aufzuwerten und um ein Jahr zu verlängern, so dass die Ausbildung drei Jahre<br />

betrage. Nach der Erweiterung der Ausbildung heißen deren Absolventen Notfallsanitäter.<br />

Der Experte verweist auf Probleme, die für den ASB durch den Wegfall des Zivildienstes entstehen. Es<br />

wird ein Fachkräftemangel befürchtet, weil bisher viele Hauptamtliche aus Ehrenamtlichen und Zivildienstleistenden<br />

rekrutiert wurden. Viele Zivildienstleistende blieben nach Ende ihres Zivildienstes<br />

als ehrenamtlich Tätige beim ASB. Der Bundesfreiwilligendienst sei kein Ersatz für den Zivildienst.<br />

Zum einen sei der Zeitansatz im BFD sehr hoch. Dies führe z. B. zu dem Problem, dass es schwierig<br />

sei, jemanden im Bevölkerungsschutz 20 Stunden wöchentlich einzusetzen. Überdies sei die Zahl der<br />

Plätze, die vom Bund zugewiesen werden, quotiert. Die Plätze werden anhand der Zahl der FSJ-Plätze<br />

zugewiesen. Für den BFD wurden 700 Stellen bewilligt, für das FSJ 900 Stellen. Der ASB könnte wegen<br />

des großen Andrangs beim BFD ohne Probleme 1000 Stellen besetzen.<br />

3.1.8 Politischer Handlungsbedarf bezogen auf Rettungsdienste aus Sicht des ASB-Experten<br />

Zur Frage, was politisch für das Ehrenamt im Bevölkerungsschutz getan werden könnte, verwies der<br />

befragte Experte des ASB auf folgende Problematik:<br />

Generell sollte man sich darüber im Klaren sein, dass Notfallrettung ein Bestandteil des Bevölkerungsschutzes<br />

ist, auch wenn sie hauptamtlich ausgeübt wird. Die Bundesregierung müsse Strukturen<br />

schaffen, die es ermöglichen, dass der Rettungsdienst als hauptamtliche Tätigkeit bei den Hilfsorganisationen<br />

bleibt. Im Moment zögen immer mehr Kommunen den Rettungsdienst an sich. Das führe<br />

zu gravierenden Problemen bei den Hilfsorganisationen. Wenn ihnen der Rettungsdienst genommen<br />

werde, brächen auch die ehrenamtlichen Mitarbeiter weg, weil der Rettungsdienst als Zugpferd diene.<br />

Wenn der Rettungsdienst von Hilfsorganisationen ausgeübt wird, können auch freiwillige Helfer<br />

eingesetzt werden. Wenn diese Strukturen wegbrechen – so der Experte des ASB – fehlt es an Strahlkraft<br />

für das Ehrenamt. Der Rettungsdienst sei ein wichtiger Aufgabenbereich im Bevölkerungsschutz.<br />

Es handele sich daher um ein sehr aktuelles Problem.<br />

52 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V. (ASB)<br />

3.1.9 Zusammenfassende Bemerkungen zum Geschlechterverhältnis im Ehrenamt beim ASB<br />

Der ASB fällt insoweit aus dem Rahmen der hier untersuchten Hilfsorganisationen, als die Beteiligung<br />

von Frauen im Zivil- und Katastrophenschutz wie auch in anderen Bereichen des ehrenamtlichen<br />

Engagements sehr hoch ist und teilweise – insbesondere in den östlichen Bundesländern – die Parität<br />

erreicht. Die beschriebenen Probleme im Bereich der Vorstandsarbeit werden sich voraussichtlich in<br />

absehbarer Zukunft lösen lassen. Die Gründe für den hohen Frauenanteil im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

– auch auf leitenden und führenden Ebenen – und ihre selbstverständliche Präsenz hängen<br />

erkennbar mit der spezifischen Entstehungsgeschichte und Tradition dieser Organisation zusammen.<br />

Die Zusammenhänge wären jedoch in einer eigenständigen Untersuchung zu analysieren und zu präzisieren.<br />

3.1.10 Literatur<br />

Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Der Arbeiter-Samariter-Bund<br />

(http://alt.asb.de/view.php3?show=51600165; Zugriff: 23. 8. 2012).<br />

Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Jahrbuch 2011. Der ASB in Stichworten und Zahlen. Wir helfen hier<br />

und jetzt, Köln<br />

(http://www.asb.de/fileadmin/pdf/Wer_wir_sind/111123_ASB_JB_2011_Zahlenheft.pdf;<br />

Zugriff: 23. 8. 2012).<br />

Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Jahrbuch 2011. Tätigkeitsbericht des Arbeiter-Samariter-Bundes. Wir<br />

helfen hier und jetzt, Köln<br />

(http://www.asb.de/fileadmin/pdf/Wer_wir_sind/111123_ASB_JB_2011_web.pdf;<br />

Zugriff: 23. 8. 2012).<br />

Arbeiter-Samariter-Jugend, Wer wir sind und was wir machen<br />

(http://www.asj-deutschland.de/ueberblick/ziele/index.html; Zugriff: 23. 8. 2012).<br />

ASB, ASB-Report 2002. Entwicklung, Lage, Ausblick, hgg. vom Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland<br />

e. V., Köln, Juli 2002<br />

(http://www.samaritan.info/de/mitglieder/ASB-Rep.endf.pdf; Zugriff: 23. 8. 2012).<br />

ASB, Stichworte und Zahlen. Stand 31. 12. 2010<br />

(http:www.asb.de/stichworteundzahlen.html; Zugriff: 23. 8. 2012).<br />

ASJ, Festakt „Arbeiter-Samariter-Jugend – 80 Jahre Tradition“, am 22. 4. 2005 in Köln<br />

(http://www2.asj-deutschland.de/uploads/asj_broschuere_80_jahre_asj_.pdf;<br />

Zugriff: 23. 8. 2012).<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 53


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

3.2 Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)<br />

Das Technische Hilfswerk 1 (THW) gehört als Bundesanstalt organisatorisch zum Geschäftsbereich des<br />

Bundesministers des Innern. Seit seiner Gründung 1950 leistet es im In- und Ausland technischhumanitäre<br />

Hilfe. Ca. 800 hauptamtliche und mehr als 80.000 ehrenamtliche Kräfte tragen das THW.<br />

D. h., 99% der THW-Angehörigen arbeiten ehrenamtlich in 8 Landesverbänden (z. T. sind mehrere<br />

Bundesländer zu einem Landesverband zusammengeschlossen) und 668 Ortsverbänden. Von seinem<br />

Selbstverständnis her handelt es sich um eine von ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen getragene<br />

Einsatzorganisation, die in Deutschland und weltweit tätig ist.<br />

Das Technische Hilfswerk sieht sich angesichts des Aussetzens der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 bezogen<br />

auf die ehrenamtlich Tätigen neuen Herausforderungen gegenübergestellt. Denn es muss sich<br />

durch den Wegfall der Freigestellten zu einer Freiwilligenorganisation wandeln (vgl. Technisches<br />

Hilfswerk 2012, S. 2). Das Aussetzen der Wehrpflicht schlägt sich in einem Sinken der Zahlen aktiver<br />

Helfer nieder, denn bisher wurde ein beträchtlicher Anteil der aktiven Helfer über Freistellungen<br />

rekrutiert. Hinzu kommt, dass sich angesichts des demographischen Wandels die Nachwuchsrekrutierung<br />

als komplexe Aufgabe gestaltet. Es gibt daher Bestrebungen, Angehörige von Bevölkerungsgruppen<br />

zu rekrutieren, die bisher weniger im Fokus des THW lagen.<br />

3.2.1 Freiwilliges Engagement im THW<br />

Das THW ruht zu 99% auf freiwilligem Engagement (dies insbesondere seit Aussetzen der Wehrpflicht).<br />

Im Jahr 2011 sind im THW 82.444 HelferInnen tätig. Darunter sind 39.326 aktive HelferInnen,<br />

14.791 JunghelferInnen, 10.855 ReservehelferInnen und 17.472 AlthelferInnen. 4.000 HelferInnen<br />

sind über 60 Jahre alt (vgl. Technisches Hilfswerk 2012, S. 35, 42).<br />

Die Zahl der HelferInnen ist seit 2010 rückläufig (2009: 83.663, 2010: 83.404, 2011: 82.444), insbesondere<br />

die Zahl aktiver HelferInnen (2009: 41628, 2010: 41127, 2011: 39326; vgl. Technisches Hilfswerk<br />

2012, S. 35) 2 , d. h., die Zahl der Helferneueintritte geht zurück, während sich die Zahl der Austritte<br />

erhöht. Diese Entwicklung verläuft im Vergleich der Landesverbände unterschiedlich, wobei<br />

sich die Helfergewinnung insbesondere in strukturschwachen Landesverbänden und Regionen mit<br />

geringerer Bevölkerungsdichte als schwierig gestaltet. Hinzu kommt Fluktuation aufgrund arbeitsmarktbedingter<br />

Wanderungen aus strukturschwachen Regionen in westliche Bundesländer (vgl.<br />

Technisches Hilfswerk 2012, S. 36).<br />

Der Rückgang aktiver HelferInnen führt auch dazu, dass verstärkt über die Rekrutierung von Bevölkerungsgruppen<br />

nachgedacht wird, die bislang weniger angesprochen wurden. Zudem wird an den<br />

Modalitäten gearbeitet, um neue Mitglieder zu gewinnen und es THW-Mitgliedern zu erleichtern,<br />

sich weiterhin in die Organisation einzubringen (so z. B. für die Gewinnung von Frauen das „Mentorinnenprojekt<br />

zur Erhöhung des Frauenanteils“, zur Gewinnung von MigrantInnen die „Interkulturelle<br />

Öffnung“, für Ältere „60+“, „Minis“ zur Ermöglichung einer frühen Bindung an das THW und zur Er-<br />

1 Die folgenden Ausführungen basieren auf zwei Expertinnengesprächen mit Angehörigen des THW und verschiedenen,<br />

z. T. internen Dokumenten des THW sowie zwei Dissertationen und einer Diplomarbeit.<br />

2 Den Auswertungen für den Internen Jahresabschluss 2011 liegen THW-Daten vom 2. 1. 2012 zu Grunde (vgl.<br />

Technisches Hilfswerk 2012, S. 4).<br />

54 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)<br />

leichterung der Betreuung der Kinder aktiver THW-Mitglieder sowie Maßnahmen zur Erleichterung<br />

des Übertritts für JunghelferInnen.<br />

3.2.2 Frauen im THW<br />

Insgesamt sind 8.696 Frauen als ehrenamtliche Helferinnen für das THW aktiv. Die Zahl der Neueintritte<br />

von Frauen ist über alle Altersklassen hinweg zwischen 2008 und 2011 stabil geblieben (Demgegenüber<br />

ist eine erhebliche Reduktion der Neueintritte von Männern zwischen 18 und 25 festzustellen).<br />

Der Anstieg des mittleren Frauenanteils an den aktiven HelferInnen 2011 (10,5%) im<br />

Vergleich zu 2010 (9,3%) ist vornehmlich auf die Reduktion des Anteils männlicher aktiver Helfer<br />

zurückzuführen. Die Zahl aktiver Helferinnen ist auch absolut gestiegen von 3.837 im Jahr 2010 auf<br />

4121 im Jahr 2011 (vgl. Technisches Hilfswerk 2012, S. 40).<br />

3.2.3 Frauen in Führungspositionen im Ehrenamt<br />

Bezogen auf Führungspositionen hat sich der ohnehin geringe Frauenanteil 2012 gegenüber 2011<br />

fast durchgängig verringert. Die Bereiche mit den höchsten Frauenanteilen sind „Beauftragter für<br />

Öffentlichkeitsarbeit“ (22,1%), „Ausbildungsbeauftragter“ (8,5%), „Zugtruppführer“ (6,2%) und<br />

„Truppführer“ (5,2%). Die Frauenanteile in den übrigen Führungspositionen liegen bei 4% und darunter.<br />

Das Schlusslicht bildet der „Führer Fachgruppe Logistik“ mit 0,0% Frauenanteil (vgl. Technisches<br />

Hilfswerk 2012, S. 41). Dass das THW eine Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen anstrebt,<br />

wird weder aus dem Internen Jahresabschluss 2011 noch aus den Expertengesprächen deutlich.<br />

Möglichkeiten, Frauen zu ermutigen, sich um eine Führungsaufgabe zu bewerben oder die entsprechenden<br />

Lehrgänge zu besuchten, gäbe es sicherlich viele. So gibt es z. B. an den Bundesschulen keine<br />

Kinderbetreuungsangebote für Frauen oder Männer, die Kinder zu betreuen haben und dies auch,<br />

während sie einen Führungslehrgang besuchen, und zwar weder für das Ehrenamt noch für das<br />

Hauptamt. 1 Bezogen auf die Lehrgänge wären für betreuende Mütter oder Väter entsprechend flexible<br />

Angebote gestaltbar, in denen die zeitlichen Engpässe und Probleme von Eltern berücksichtigt<br />

werden könnten. Hier wäre es z. B. möglich, Kontingente für Kindertagesstätten-Plätze bei örtlichen<br />

Kindertagesstätten einzukaufen und für LehrgangsteilnehmerInnen vorzuhalten.<br />

Nur punktuell gibt es Frauen als Ortsbeauftragte oder Helfersprecherinnen der Ortsverbände. Bereits<br />

diese Aufgaben sind männerdominiert. Unter den Landessprechern ist keine Frau. Die Expertin vermutete,<br />

dass die Zahl weiblicher Ortsbeauftragter bundesweit bei 10 liegen könne. Jedoch fehlen<br />

darüber genauere Zahlen. Die Helfersprecher werden gewählt. Es ist eine offene Frage, ob Frauen<br />

solche ehrenamtlichen Führungspositionen übernehmen würden und ob sie sich für die Aufgabe des<br />

Helfersprechers zur Wahl stellen. Falls dies nicht der Fall ist, wären die Gründe zu untersuchen.<br />

1 Auf örtlicher Ebene ist die Organisation einer Kinderbetreuung möglich, wie das Beispiel Kulmbach (vgl. THW<br />

OV Kulmbach 2012; Groß 2011) zeigt. Im THW Ortsverband Kulmbach findet an einem Samstag im Monat ein<br />

ganztägiger Dienst statt. Um mehr Helfer für den Dienst am Samstag gewinnen zu können, wird den HelferInnen<br />

seit Juni 2011 eine ehrenamtlich durchgeführte Kinderbetreuung für Kinder im Alter zwischen 12 Monaten<br />

und 10 Jahren angeboten. Es handelt sich um ein Pilotprojekt, welches 2011 in der Kategorie „Innovative Konzepte“<br />

mit dem 3. Preis „Helfende Hand“, ein Preis des Bundesministeriums des Innern zur Förderung des Ehrenamtes<br />

im Bevölkerungsschutz, ausgezeichnet wurde.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 55


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

3.2.4 THW und Technikorientierung<br />

Eine Aussage im Internen Jahresabschluss 2011 ist bemerkenswert:<br />

„Mit dem technischen Aspekt der Aufgaben des THW lässt sich mittelfristig ein ähnlicher<br />

Frauenanteil wie in anderen – sozial orientierten – Organisationen vermutlich<br />

nicht erreichen“ (Technisches Hilfswerk 2012, S. 40).<br />

Hierzu sei kritisch angemerkt: Bestünde im THW ein erhebliches Interesse, Frauen als Helferinnen zu<br />

gewinnen, so wäre es sinnvoll, sich auf diejenigen Frauen zu konzentrieren, deren Studien- oder Berufswahl<br />

ein Interesse an Technik verrät (technische Berufe, mathematisch-naturwissenschaftliche<br />

und Ingenieursstudiengänge). Es sei darauf verwiesen, dass der Frauenanteil in den MINT-Fächern<br />

[Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik] von 20% im Jahr 1975 auf 30,5% im Jahr<br />

2008 stieg und dass dies insbesondere an einer Steigerung des Frauenanteils in den Ingenieurwissenschaften<br />

liegt. Unter den universitären Diplomabschlüssen stieg der Frauenanteil in dieser Fächergruppe<br />

auf 40% an (vgl. Gemeinsame Wissenschaftskonferenz GWK 2011, S. 4). Vor diesem Hintergrund<br />

ist durchaus zu erwarten, dass auch in der weiblichen Rekrutierungsbasis des THW ein<br />

beträchtlicher Anteil technikaffiner Frauen zu finden ist, der mit entsprechenden Angeboten ansprechbar<br />

sein könnte. Des Weiteren ist die eingangs zitierte Aussage auch als Ausdruck organisationsinterner<br />

Mythenbildung und -bewahrung (organizational legends) aufzufassen.<br />

Im Internen Jahresabschluss 2011 (Technisches Hilfswerk 2012, S. 40) wird bezogen auf Frauenförderung<br />

auf folgendes verwiesen:<br />

„Da das THW eine männerdominierte Organisation ist, werden Zielgruppenkonzepte<br />

für Frauen manchmal kritisch gesehen“,<br />

wobei der Landesverband HHMVSH (Hamburg Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein)<br />

der Auffassung ist, dass die Offenheit gegenüber zielgruppenspezifischen Maßnahmen für Frauen<br />

größer sei als gegenüber anderen zielgruppenspezifischen Maßnahmen (wie Minis, 60+ und Migranten).<br />

Es ist zu vermuten, dass nicht in der „Technikferne“ der Frauen der Schlüssel zu ihrer inkonsequenten<br />

oder konfliktbehafteten Förderung bzw. Nichtförderung gesehen werden muss, sondern darin, dass<br />

es sich beim THW um eine männerdominierte Organisation handelt, in der sich doing gender in Stereotypen<br />

über geschlechterspezifische Fähigkeiten und Neigungen niederschlägt.<br />

3.2.5 Leitsätze und Leitbild des THW und Frauen<br />

Das THW hat vor 1-2 Jahren seine Leitsätze und sein Leitbild überarbeitet und modernisiert.<br />

Während in früheren Leitsätzen (vgl. Oesterling 2008, S. 59 zu den Leitsätzen aus dem Jahr 2000)<br />

Frauen nicht thematisiert wurden, enthalten die neuen Leitsätze einen Passus, der auch Frauen erwähnt.<br />

Im Folgenden wird der entsprechende Leitsatz zitiert und diskutiert.<br />

„7. Wir schätzen die Vielfalt unserer Gesellschaft, fördern aktiv die gleichberechtigte<br />

Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen und dulden keine Diskriminierung im THW.<br />

Mit dem Leitsatz verpflichtet sich das THW, sich auf allen Ebenen der Vielfalt unserer<br />

Gesellschaft zu öffnen.<br />

56 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)<br />

Das THW fördert auf der Grundlage seiner Werte aktiv die gleichberechtigte Teilhabe<br />

aller und sieht es als Bereicherung, wenn unterschiedliche Menschen sich haupt- und<br />

ehrenamtlich im THW engagieren – unterschiedlich bezüglich der ethnischen Herkunft,<br />

des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, der körperlichen Verfassung,<br />

des Alters oder der sexuellen Identität. Die Vielfalt der Gesellschaft soll sich im<br />

THW als ehrenamtlich getragene Organisation spiegeln.<br />

Das THW begegnet allen Menschen offen und vorurteilsfrei und bezieht in seinem<br />

Wirkungsbereich aktiv Stellung gegen Diskriminierung.<br />

Das THW fördert eine tolerante und weltoffene Haltung bei seinen Angehörigen und<br />

lebt Vielfalt in allen Bereichen.“<br />

Problematisch ist hier bereits, dass Menschen aufgrund ihres Geschlechts als „unterschiedliche Menschen“<br />

angesprochen werden. Denn zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts können sich als<br />

Individuen durchaus ähnlicher sein, als diverse Menschen desselben Geschlechts dies sind. Wenn<br />

Frauen in einer Organisation als normal und selbstverständlich wahrgenommen werden möchten,<br />

möchten sie jedenfalls nicht aufgrund ihres Geschlechts als „unterschiedliche Menschen“ gesehen<br />

werden, hingegen durchaus als sich von anderen unterscheidende Individuen. Wenn sich – wie in<br />

dem zitierten Leitsatz postuliert – „die Vielfalt der Gesellschaft“ im THW „spiegeln“ soll, wäre ein<br />

Frauenanteil von 50% unter den ehrenamtlich Tätigen anzustreben. Ansonsten kann sich höchstens<br />

etwas von der „Vielfalt der Gesellschaft“ in der Organisation wiederfinden.<br />

Das „Leitbild“ des THW nimmt die in Leitsatz 7 gewünschte Vielfalt nicht auf. Es ist lediglich von<br />

„Bürgern“ in der männlichen Form die Rede. In keiner Zeile werden Frauen als Teil der Organisation<br />

oder einer möglichen Vielfalt in der Organisation thematisiert. Leitsatz 7 hat daher vielleicht eher<br />

deklaratorischen Charakter – auch das THW muss sich in seinen Leitsätzen an moderne gesellschaftliche<br />

Entwicklungen anpassen. Es ist jedoch fraglich, inwieweit Leitsatz 7 in der Praxis auch gelehrt und<br />

gelebt wird.<br />

In diesem Zusammenhang sei auf die von Wissenschaftlerinnen und Feuerwehrfrauen entwickelten<br />

Leitlinien des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) verwiesen, die ausdrücklich vom DFV mitgetragen<br />

werden und die dazu dienen, die Organisationskultur im Feuerwehrwesen von einer männerdominierten<br />

Organisationskultur in eine zu verwandeln, an der Frauen gleichberechtigt und selbstverständlich<br />

teilhaben. Die Expertin des THW hielt die Implementierung von entsprechenden Leitlinien<br />

für das THW mit Bezug auf die Leitlinien der Feuerwehr für günstig.<br />

3.2.6 Mädchen- und Frauenförderung im THW<br />

Angesichts des niedrigen und stagnierenden Frauenanteils stellt sich die Frage, was im THW zur Förderung<br />

von Frauen im Ehrenamt unternommen wird. Das zentrale Instrument zur Frauenförderung<br />

ist ein Mentorinnenprojekt, auch Mentor/innen-System genannt (vgl. Technisches Hilfswerk, Mentor/innen-System,<br />

o. J.). Das Mentorinnenprojekt wurde in Kooperation mit dem Zentrum für Qualitätsentwicklung<br />

der Universität Mainz entwickelt und in der ersten Implementierungsphase (2004-<br />

2006) in 12 Pilotverbänden in Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg in der Praxis erprobt.<br />

In dieser Phase wurde das Projekt wissenschaftlich begleitet. 1<br />

1 Die wissenschaftliche Begleitung fand zunächst durch Frau Oesterling statt, nach ihrem Weggang durch ihren<br />

Mentor, der die wissenschaftliche Begleitung zu Ende führte.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 57


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

Als MentorInnen und PatInnen wurden ehrenamtlich arbeitende Frauen und Männer in den Ortsverbänden<br />

ausgebildet, z. T. auch Jugendbetreuer. Im THW haben MentorInnen 1 die Aufgabe, Mädchen<br />

in Schulen einzuwerben. Sie haben nur einen einmaligen Kontakt mit den Anzuwerbenden. Das Projekt<br />

beinhaltet als weiteres Instrument die Übernahme von Patenschaften. Patinnen bzw. Paten haben<br />

die Aufgabe, Mädchen zu fördern und langfristig an das THW zu binden. Das zugrundeliegende<br />

Konzept soll auf den jeweiligen Ortsverband abgestimmt werden. Ursprünglich war angezielt, dass<br />

Frauen als Mentorinnen bzw. Patinnen tätig werden sollten. Wegen des geringen Frauenanteils im<br />

THW wurden jedoch sowohl Männer als auch Frauen als Mentorinnen bzw. Patinnen geschult. Carina<br />

Oesterling, die das Projekt entwickelt und zunächst wissenschaftlich begleitet hat, hat im Rahmen<br />

ihrer Dissertation am Beispiel von HelferInnen des THW untersucht, welche Faktoren die Bindungsbereitschaft<br />

2 freiwillig Engagierter fördern. 3 Zentrale Säulen des Engagements sind drei Motive, deren<br />

Gewichtung sich im Laufe des Engagements ändern kann:<br />

„Sinnvolle Tätigkeit (Etwas für andere tun, Hilfe leisten, Dienst an der Allgemeinheit<br />

leisten, praktische Probleme lösen)“<br />

„Inhalt (Technik)(Leben durch die Nutzung von Technik retten, anpacken, konkret<br />

etwas tun, Umgang mit der Technik lernen)“<br />

„Gemeinschaft (Kameradschaft erfahren, Freunde finden“ (vgl. THW, MentorInnen-<br />

System. Die Projektidee. hier: Ziel und Aufbau des Projektes. o. J.).<br />

Im Rahmen des Mentorinnen-Projektes sollen diese drei nebeneinander bestehenden Motivationen<br />

berücksichtigt werden. Zudem ist angezielt: „die informellen und impliziten Regeln des jew. Unternehmens<br />

zu vermitteln, in bestehende Netzwerke und Teams/Arbeitsgruppen einzuführen, praktische<br />

Tipps für das Erreichen beruflicher Ziele zu geben, langfristig firmeninterne Karrieren zu fördern<br />

und so die Mentees an die jeweilige Unternehmung zu binden“ (vgl. THW, MentorInnen-System. Die<br />

Projektidee. hier: Ziel und Aufbau des Projektes, o. J.).<br />

Bei den MentorInnenschulungen und generell war das Interesse am Thema groß, die Ergebnisse<br />

wurden jedoch nicht weitergegeben und nur ungenügend in den Ortsverbänden bekannt gemacht.<br />

Ab 2009 wurde daher ein neuer Anlauf zur Verbreitung des MentorInnen-Systems unternommen.<br />

Diesmal wurden hauptamtliche Kräfte (SachbearbeiterInnen, HelferInnen und JugendarbeiterInnen)<br />

ab 2010 bis März 2011 in den Landesverbänden mit 3 x 3 Tagesmodulen geschult. In dieser zweiten<br />

Projektphase fand keine wissenschaftliche Begleitung statt.<br />

Das System werde zwar jetzt stärker genutzt. Dennoch sind die Ortsverbände und Ortsbeauftragten,<br />

die sich im Frauenförderung bemühten, in der Minderzahl (Genauere Daten aus einer entsprechen-<br />

1 Mentoring ist generell als Personalentwicklungsinstrument zu verstehen, welches dadurch charakterisiert<br />

werden kann, dass eine erfahren Person (MentorIn) eine noch unerfahrene Person (Mentee) durch Weitergabe<br />

von Wissen und bestimmter Fähigkeiten in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung fördert.<br />

2 Auch Leistungsabzeichen und Ehrenzeichen seien für die THW-Helferinnen und Helfer wichtig. Auch sie dienen<br />

der Erhaltung oder Erhöhung der Bindungsbereitschaft.<br />

3 Zentrale Fragestellung der Dissertation ist „Warum wird freiwilliges Engagement im organisationalen Rahmen<br />

langfristig aufrechterhalten? Anders gesagt: Was bindet Freiwillige an die Organisation THW. Theoretische<br />

Grundlage der Untersuchung war das analytisches Modell von Manfred Hennen, im Rahmen dessen individuelle<br />

wie soziale Faktoren von Bindung integrierbar sind. Als Untersuchungsmethode wurde das problemzentrierte<br />

Interview nach Andreas Witzel gewählt, mittels dessen 28 Helferinnen und Helfer aus fünf unterschiedlichen<br />

Ortsverbänden befragt wurden. Die Analyse erfolgte mittels der qualitativen Inhaltsanalyse nach Philipp Mayring<br />

(vgl. Oesterling 2008, S. 387, 390).<br />

58 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)<br />

den Erhebung fehlen allerdings.). Es handele sich dabei jedoch nur um einen Baustein. Sehr unterschiedlich<br />

sei, ob sich Ortsverbände mit dem MentorInnen-System befassten. „Es gibt Ortsverbände,<br />

die da mehr machen, andere weniger“ (so die befragte Expertin). Sie verwies darauf, dass es sehr<br />

engagierte Ortsbeauftragte 1 gebe, die in der Lage seien, Frauen für Technik zu interessieren und einen<br />

relativ hohen Frauenanteil in ihrem Ortsverband hätten.<br />

Zwar könnten die Mentorinnen- bzw. Patinnenprogramme angeregt und angestoßen werden. Es sei<br />

jedoch schwierig, diese Programme in der Fläche auszubreiten. Es gebe sehr aktive hauptamtlich<br />

tätige Kolleginnen in einigen Landesverbänden, die sich in der Frauenfrage bemühten. So biete z. B.<br />

eine Kollegin in Sachsen, eine in Thüringen und eine in Kiel Fortbildungen für Ehrenamtliche zum<br />

Mentoringsystem an. Diese THW-Mitarbeiterinnen arbeiten inhaltlich und vertreten die Ansätze auf<br />

Tagungen oder Workshops. Wegen ihrer geringen Zahl sind ihre Möglichkeiten einer konsequenten<br />

Umsetzung frauenfördernder Maßnahmen begrenzt. Insgesamt betrachtet werde das Frauenprojekt<br />

nicht in der notwendigen Konsequenz durchgezogen. „Man strampelt sich damit ab“ (so die Expertin).<br />

In der zweiten Projektphase (2010-2011) seien die Frauen (Helferinnen, Jugendarbeiterinnen)<br />

schließlich nur noch unter sich gewesen.<br />

Die Frauenthematik sei nur eine unter verschiedenen im THW. So sei inzwischen Extremismusprävention<br />

von Bedeutung. Auch in diesem Bereich gebe es nicht institutionalisierte Ansprechpartner. Ein<br />

weiteres Thema seien Migranten und die Frage, wie sie für die Mitarbeit im THW gewonnen werden<br />

können. Die Expertin vermutet, dass eine konsequente Durchsetzung von Frauenförderung (ähnlich<br />

derjenigen bei der Feuerwehr) im THW Widerstände hervorrufen würde. Allerdings würden dadurch<br />

auch organisatorische Abläufe erleichtert. Es gehe darum, die Situation der Frauen im THW insgesamt<br />

zu verbessern. Es fehle das Fundament, die Grundakzeptanz für Frauen. Es gebe zwar sehr viele<br />

Frauen, die zufrieden seien. Aber das reiche nicht, um den Frauenanteil zu erhöhen.<br />

Wie bereits hier ersichtlich ist, ist das Mentorinnenprojekt praxisorientiert. Anders als bei dem Forschungsprojekt,<br />

welches in Kooperation mit der Feuerwehr durchgeführt wurde (vgl. Wetterer et al.<br />

2008) wurde bei dem Mentorinnenprojekt des THW kein theoretisches wissenschaftliches Fundament<br />

für die Frauenförderung gelegt, mit dem in der gesamten Organisation, d. h. auf allen Ebenen<br />

von den Orts- über die Landesverbände bis zur Bundesebene alltäglich gearbeitet werden könnte.<br />

Es sei eine offene Frage, ob sich beim THW das „Klima“ für Frauen durch Aussetzen der Wehrpflicht<br />

ändert. Es sei vorstellbar, dass sich das Klima durch Freiwilligkeit ändere, es sei jedoch noch nicht<br />

spürbar. Diese Entwicklung sei jetzt noch zu frisch und das THW befinde sich im Umbruch. Im Übrigen<br />

würden auch nicht alle das THW verlassen, die sich früher verpflichtet haben.<br />

3.2.7 Junghelferinnen im THW und Nachwuchsgewinnung<br />

Die Gewinnung von ehrenamtlich tätigen Junghelferinnen und Junghelfern ist für eine auf Freiwilligentätigkeit<br />

basierende Organisation wie das THW essentiell.<br />

Unter den JunghelferInnen liegt der Frauenanteil höher als bei den HelferInnen. Unter den 14.791<br />

JunghelferInnen sind 2208 Mädchen (Frauen- bzw. Mädchenanteil 15%). Die Frauenanteile bei den<br />

JunghelferInnen variieren von Landesverband zu Landesverband. So haben die süddeutschen Landesverbände<br />

Bayern und Baden-Württemberg bei den JunghelferInnnen Frauenanteile von deutlich<br />

1 Ortsbeauftragte sind ehrenamtlich tätig.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 59


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

unter 10%, während sie in anderen Landesverbänden stark variieren, so im Landesverband HHMVSH<br />

(Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein) zwischen 10 und 16%, „bei den Ortsverbänden<br />

sogar zwischen 1,6% bis 50%“. Diese Unterschiede werden darauf zurückgeführt, „dass nicht<br />

alle OV ihre Möglichkeiten ausschöpfen. Voraussetzungen für die Steigerung der Frauenquote müssen<br />

in erster Linie in den OV z. B. durch gezielte Ansprache geschaffen werden“ (Technisches Hilfswerk<br />

2012, S. 40). D. h., für die Steigerung des Frauenanteils unter den JunghelferInnen könnte verstärkt<br />

das MentorInnenprojekt genutzt werden. Darüber, in welchem Umfang dies tatsächlich der<br />

Fall ist, konnte mir die in der Bundesanstalt angesiedelte Expertin keine Auskunft geben. Hier zeigt<br />

sich eine Forschungslücke bezüglich der Nachhaltigkeit des MentorInnenprojektes.<br />

Der Frauenanteil liegt bei den JunghelferInnen deutlich höher als im aktiven Dienst. Bezogen auf den<br />

Statuswechsel von der Junghelferin bzw. dem Junghelfer zur aktiven Helferin bzw. zum aktiven Helfer<br />

ist ein leichter Anstieg des Frauenanteils zu verzeichnen (2008: 13,6%, 2009: 14,3%, 2010: 15,6%,<br />

2011: 14,4%) (vgl. Technisches Hilfswerk 2012, S. 45). Ungeklärt ist, warum die Übertrittquote vom<br />

Jugend-THW zum THW bei Mädchen niedriger liegt als bei Jungen. Eine Studie zum Übergang zwischen<br />

THW-Jugend und THW gibt es – bezogen auf Frauen – nicht.<br />

Insgesamt wird bezogen auf die Entwicklung der JunghelferInnenzahl eine uneinheitliche Entwicklung<br />

in den Landesverbänden konstatiert. In einigen Landesverbänden ist ein Abwärtstrend zu verzeichnen,<br />

in anderen steigt die Zahl der JunghelferInnen an. Die Zuwächse werden insbesondere auf gezielte<br />

Aktivitäten wie z. B. Informationsveranstaltungen in Schulen, gut ausgebildete JugendbetreuerInnen<br />

und andere Maßnahmen zurückgeführt. Das THW sieht sich angesichts der demographischen<br />

Entwicklung in Konkurrenz mit anderen Jugendverbänden. Nicht zuletzt aus diesem Grund bietet das<br />

THW Mini-Gruppen an, die ausgebaut werden sollen. Bislang liegt das Mindesteintrittsalter bei 10<br />

Jahren, es soll auf 6 Jahre heruntergesetzt werden, so dass Kinder im THW eine altersgemäße Ausbildung<br />

erhalten. Die Mini-Gruppen bestehen aus Kindern im Alter von 6-9 Jahren, wobei dafür noch<br />

finanzielle und versicherungstechnische Fragen zu klären sind (vgl. Technisches Hilfswerk 2012, S.<br />

44).<br />

Es gebe auch Ortsverbände, die Kleinkinder betreuten. Viele Ortsverbände seien in dieser Hinsicht<br />

flexibel. D. h. andere Frauen betreuen die Krabbelgruppe, z. B. diejenigen, die keine Grundausbildung<br />

machen wollen.<br />

Insgesamt sei eine Öffnung des starren Helferbegriffs geplant, z. B. für unterstützende Aufgaben.<br />

Diese Öffnung müsse jedoch aus Versicherungsgründen geregelt sein.<br />

Die THW-Jugend habe einen starken Stand im THW. Für die Jugendausbildung gebe es ein eigenes<br />

Curriculum. Die Jugend müsse viel früher angesprochen werden, spätestens im Alter von 15 bis 16<br />

Jahren. Der Übergang zwischen Jugend-THW und THW sollte mittels Mentoring weich gestaltet werden.<br />

Auch hierfür seien die Ortsverbände zuständig. Das Mentoring werde auch bei Jungen praktiziert.<br />

In der Ausbildung werde durch die JugendbetreuerInnen auch das Thema Gender angesprochen.<br />

Dadurch, dass der Mädchenanteil im Jugend-THW wesentlich höher sei als der Frauenanteil im<br />

THW, sei es selbstverständlicher, dass Mädchen da sind.<br />

Die beste Rekrutierungsbasis für den Nachwuchs sei die Familie. Wenn bereits Familienmitglieder im<br />

THW sind, ziehen sie PartnerInnen und gegebenenfalls auch Kinder nach. Die Rekrutierung über Familien<br />

ergebe auch die beste Bindung an das THW. Im Übrigen gehe man an Schulen, beteiligt sich<br />

am Tag der offenen Tür und seit 2003 am Girls Day. Inzwischen finde auch ein Angebot am Boys Day<br />

statt.<br />

60 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)<br />

Frauen müssen sehr gezielt angesprochen werden (dies gelte im Übrigen auch für MigrantInnen), um<br />

sie für die ehrenamtliche Mitarbeit im THW zu gewinnen. Das THW habe jedoch ein Helfer-<br />

Entwicklungskonzept, bei dem Frauen nicht die Zielgruppe seien. Insbesondere 20-30jährige junge<br />

Männer, die durch die Aussetzung der Wehrpflicht weggebrochen sind, seien sehr wichtig für das<br />

THW. Dies werde bereits an öffentlichen Aktionen des THW deutlich. Denn Frauen fühlten sich nicht<br />

angesprochen, wenn von THW-Männern die technischen Geräte auf einem Marktplatz präsentiert<br />

werden. „Es ist Fakt, dass es mehr Männer anspricht.“ Mit einer reinen Zentrierung auf Technik, die<br />

zudem ausschließlich von Männern vorgestellt werde, würden Frauen nicht erreicht. Bei ihnen – dies<br />

gilt nach Oesterling (2008) allerdings auch für Männer – müsse der helfende Aspekt ebenso wie der<br />

technische in den Vordergrund gerückt werden. Die Expertin war der Auffassung, es sei günstiger,<br />

Frauen über den helfenden Aspekt anzusprechen. Dies ist allerdings eine offene Frage, die auch nicht<br />

durch die Studie von Oesterling (mit 28 qualitativen Interviews) geklärt werden kann. 1<br />

Wichtig wäre es demzufolge, Mädchen einen unbelasteten Zugang zur Technik verschaffen. Bezüglich<br />

der Nachwuchsrekrutierung und Grundausbildung setze jeder Ortsverband seinen eigenen Fokus. 2<br />

Bisweilen werde in der Ausbildung zwischen den Geschlechtern getrennt, um Frauen eine eigene<br />

Einführung in die Technik zu ermöglichen. Es gebe auch sensible Ortsverbände. So sei etwa in Köln-<br />

Brühl der Mädchenanteil im THW sehr hoch. Dort werden ab und zu getrennte Ausbildungen durchgeführt,<br />

in denen die Konkurrenz zwischen Mädchen und Jungen keine Rolle spielt. Der Expertin lagen<br />

keine Informationen darüber vor, ob in Lehrgängen der Bundesschule etwas Entsprechendes<br />

(getrennte Ausbildungen) angeboten wird. Es handele sich um lokale Initiativen.<br />

Anders als bei der Feuerwehr, bei der einer der von Wissenschaftlerinnen gemeinsam mit Feuerwehrfrauen<br />

erarbeiteten Leitsätze beinhaltet, die Sichtbarkeit von Feuerwehrfrauen zu erhöhen,<br />

erklärt die Expertin für das THW, dass viele Frauen nicht herausgestellt oder hervorgehoben werden<br />

wollten. Von ihnen komme immer wieder die Rückmeldung, sie wollten nicht auf ein Poster, sie wollten<br />

ihren Job machen wie die Männer.<br />

3.2.8 Ansprechpartnerinnen für Frauen im THW<br />

Bezogen auf die Frage der Integration von Frauen in das THW stellten sich bei den Experteninterviews<br />

weitere Unzulänglichkeiten heraus. Es gibt für Frauen keine Ansprechpartnerinnen, etwa wenn<br />

sie benachteiligt oder in anderer Weise diskriminiert werden. Die Gleichstellungsbeauftragte für das<br />

Hauptamt in der Bundesanstalt ist nicht für die freiwillig tätigen Frauen zuständig. Auch auf Landesverbands-<br />

und Ortsverbandsebene fehlt es an Ansprechpartnerinnen oder an Frauensprecherinnen,<br />

wie sie z. B. bei der Feuerwehr auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene verfügbar sind.<br />

Die Argumentation des THW, warum es keine Frauensprecherinnen gebe, sei folgende: Man könne<br />

sich an den nächsten Vorgesetzten wenden, an den Ortsbeauftragten oder an den Helfersprecher. 3<br />

Diese können jedoch im Einzelfall entweder die Quelle der Benachteiligung sein oder die betreffende<br />

Frau kann auf diesem Wege eventuell keine Unterstützung für ihr Anliegen erwarten. Eine der befragten<br />

Expertinnen konstatierte, dass die Lobby für Frauen beim THW nicht groß sei. Es sei ein Man-<br />

1 Die Beantwortung dieser Frage lag auch nicht im Fokus der Studie von Oesterling.<br />

2 Die Grundausbildung findet in Ortsverbänden statt.<br />

3 Der Helfersprecher wird gewählt. Helfersprecher sind für den Ortsverein zuständig. Zudem gibt es Landessprecher.<br />

Keine einzige Frau ist Landessprecherin des THW.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 61


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

gel, dass es für ehrenamtlich tätige Frauen keine ehrenamtlichen Gleichstellungsbeauftragten oder<br />

sonstige Ansprechpartnerinnen gebe. Das THW tue sich schwer, Dienstwege zu verlassen. Das wäre<br />

ja z. B. der Fall, wenn eine Frauenbeauftragte an Stelle des nächsten Vorgesetzten angesprochen<br />

werden könne, um auf ein Problem aufmerksam zu machen. Seit einigen Monaten gebe es beim<br />

THW eine Ansprechpartnerstelle. Es handele sich um eine Eigeninitiative, die von der Leitung des<br />

THW abgesegnet sei, ein sogenanntes „Queer beim THW“. Jedoch sei darauf verwiesen, dass zumindest<br />

in einem Ortsverband – im OV Dinslaken – 2001 die Institution der Frauenbeauftragten eingerichtet<br />

wurde, mit dem Ziel, die Betreuung der Mädchen in der Jugendgruppe zu sichern. Die Helfer<br />

„waren zwar der Meinung, dass sich ihre Kameradinnen gut selbst durchsetzen können, wollten aber<br />

diesen ein Gefühl von Sicherheit und Verständnis geben und ihnen zeigen, dass sie wirklich gewollt<br />

sind“ (Karkut 2003, S. 72 f.).<br />

Strukturell sind Frauen beim THW jedoch Einzelkämpferinnen ohne institutionalisierten Rückhalt in<br />

der Organisation. Es mag durchaus sein, dass Frauen bei Bedarf im einen oder anderen Ortsverband<br />

Rückhalt finden und unterstützt und gefördert werden. Ob dies der Fall ist, bleibt jedoch dem Zufall<br />

überlassen.<br />

3.2.9 Résumierende theoriebasierte Überlegungen<br />

Bis Juni 2011, dem Stichtag der Aussetzung der Wehrpflicht, gab es durch gesetzliche Vorgaben lediglich<br />

für das männliche Geschlecht ein starkes Motiv, sich im THW zu engagieren. Durch die Freistellung<br />

vom Wehrdienst und das Engagement beim THW wechselten Männer nicht „in einen traditionell<br />

‚weiblich‘ konnotierten Bereich sozialer Hilfe“ (Krüger 2004, S. 8). Petra Krüger hat die Frage untersucht,<br />

wie im Technischen Hilfswerk, bei der Arbeiterwohlfahrt (beide sind dem „klassischen Ehrenamt“<br />

zuzurechnen) und der Tafel in einer mittelgroßen Stadt (sogenanntes „Neues Ehrenamt“) Geschlecht<br />

sozial hergestellt und reproduziert wird. Geschlecht wirkt dabei wie ein Platzanweiser. Dies<br />

sowohl bezogen auf die Frage, ob Männer oder Frauen bestimmte Aufgaben in einer Organisation<br />

wahrnehmen, als auch, wie diese Aufgaben sozial gedeutet werden. Wie kommt es zu „Unterscheidungen,<br />

als deren Ergebnis uns dann Frauen und Männer im ehrenamtlichen Engagement entgegentreten“<br />

(Krüger 2004, S. 4)? Dabei steht das Wechselverhältnis zwischen Organisation und Person im<br />

Fokus der Aufmerksamkeit. Bezogen auf das THW erklärt Krüger die marginale Position von Frauen<br />

(bezogen auf ihren Anteil an HelferInnen und in ehrenamtlichen Führungspositionen) über eine Arbeitsteilung,<br />

die durch Trennung der öffentlichen und privaten Sphäre hergestellt wird. So wird –<br />

entsprechend Krügers qualitativer Untersuchung im Rahmen ihrer Dissertation – beim THW das ehrenamtliche<br />

Engagement „implizit der Privatsphäre gegenüberstellt und der öffentlichen Sphäre von<br />

‚männlicher‘ Erwerbsarbeit zugeordnet“ (Krüger 2004, S. 9). In dieser Perspektive ist Küchenarbeit im<br />

Rahmen des Ehrenamtes nicht ehrenrührig für einen Mann. Befragte männliche Helfer argumentierten<br />

damit, dass Frauen in der Altersgruppe von 20 bis 30 Jahren, welche ja für den ehrenamtlichen<br />

Einsatz im THW von besonderer Relevanz ist, mit Kinderbetreuung ausgelastet seien und daher wenig<br />

Zeit hätten. Es wird also in naturalistischer Argumentation darauf verwiesen, dass Frauen, die ja<br />

Kinder zur Welt bringen, in der privaten Sphäre von Haus- und Familienarbeit anzusiedeln seien. Damit<br />

wird der Frauen unterstellte Zeitmangel aus einer wiederum „unterstellten klassischen ‚weiblichen‘<br />

Biografie“ hergeleitet (Krüger 2004, S. 10).<br />

Diese praktizierten geschlechtsbezogenen Platzanweisungen reflektieren sich auch in den Expertengesprächen.<br />

So wurde unsere Frage, warum so wenige ehrenamtlich engagierte Frauen in Führungs-<br />

62 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)<br />

positionen zu finden seien, mit Hinweis auf ihre hohe sonstige Belastung beantwortet. Bei der Betreuung<br />

von Krabbelgruppen wird nicht zuerst an Althelfer als Betreuer gedacht, sondern an junge<br />

Frauen. Und schließlich wird sowohl im Internen Jahresabschluss 2011 als auch im Expertinneninterview<br />

auf die Problematik verwiesen, dass das THW eine technisch orientierte Organisation sei. Die<br />

Expertin nahm zudem an, dass Frauen eher über eine Betonung des Helfens als über Technikbegeisterung<br />

zu gewinnen seien. D. h., die soziale Konstruktion von Geschlecht findet sich auch in den Vorstellungen<br />

weiblicher Technikdistanz und männlicher Technikaffinität. Indem männliche THW-Helfer<br />

die Technik bei öffentlichen Werbeaktionen vorführen, werden Stereotype über männliche Technikaffinität<br />

bestätigt, und indem Mädchen durch diese Aktionen abgeschreckt werden, wirkt die implizite<br />

Geschlechterzuweisung und -verortung wie eine self-fulfilling prophecy. Nach Krüger ist das Geschlecht<br />

beim THW zudem in die Organisationskultur eingewoben. Denn – anders als etwa bei der<br />

Arbeiterwohlfahrt, bei der das Engagement aus den lebensweltlichen Bezügen der HelferInnen hergeleitet<br />

werde – stehe „im Handeln und Verhalten von THW-Mitgliedern .. die Organisation im Vordergrund“.<br />

Dabei werden „aus Erwerbsarbeit bekannte Handelns- und Verhaltenserfordernisse vermittelt.<br />

In deren Rahmen interagieren hauptamtliche und ehrenamtliche Rollenträger miteinander<br />

und nicht Personen“ (Krüger 2004, S. 10). Im Resultat kommt es zu einer Organisationskultur, die als<br />

männlich erscheint, weil sie strukturell dem Bereich der Erwerbsarbeit ähnelt.<br />

Ehrenamtliche Gleichstellungsbeauftragte oder Frauensprecherinnen hätten angesichts dieser Situation<br />

nicht nur die Aufgabe, Frauen bei Problemen in der männerdominierten Welt des THW zu unterstützen,<br />

sondern auch das Anliegen der Geschlechtergerechtigkeit im Sinne eines Gender-Mainstreaming<br />

auf allen Ebenen der Organisation einzubringen. Hier sei daran erinnert, dass es bisher in<br />

das Belieben der Ortsverbände gestellt ist, ob sie sich um eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen<br />

bemühen oder nicht.<br />

3.2.10 Literatur<br />

Gemeinsame Wissenschaftskonferenz GWK, Frauen in MINT-Fächern. Bilanzierung der Aktivitäten im<br />

hochschulischen Bereich. Materialien der GWK, Heft 21, Bonn 2011, S. 4<br />

(http://www.gwk-bonn.de/fileadmin/Papers/GWK-Heft-21-Frauen-in-MINT-Faechern.pdf;<br />

Zugriff: 25. 8. 2012).<br />

Groß (2011), Norbert Groß, Kindertagesbetreuung zum THW-Dienst<br />

(http://www.helfende-hand-foerderpreis.de/index.php?id=267; Zugriff: 23. 8. 2012).<br />

Karkut (2003), Hedwig Karkut, Ehrenamt von Frauen im THW (Technisches Hilfswerk). Diplomarbeit,<br />

Fachhochschule für Wirtschaft (FHW) Berlin. Wintersemester 2002/2003, Ms., Berlin 2003.<br />

Krüger (2004), Petra Krüger, Geschlecht und ehrenamtliches Engagement: Altbekanntes oder neue<br />

Tendenzen? Ms. 2004, 17 Seiten<br />

(http://www.forum-seniorenarbeit.de/media/custom/373_587_1.PDF?1117596215;<br />

Zugriff: 25. 4. 2012).<br />

Krüger (2007), Petra Krüger, Geschlechterdifferenzierungen im ehrenamtlichen Engagement: Drei<br />

Organisationen im Vergleich, Dissertation, Ms., Tübingen 2007.<br />

Oesterling (2008), Carina Oesterling, Bindung an Freiwilligenorganisationen. Eine Analyse der Bindung<br />

von freiwillig Engagierten in Organisationen am Beispiel von Helfer/innen der Bundesanstalt<br />

Technisches Hilfswerk (THW), Dissertation., Ms., Mainz 2008.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 63


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

Technisches Hilfswerk (2012), Interner Jahresabschluss 2011. Erstellt von Alexandra Braun und Simone<br />

Weber unter Mitwirkung der Referate der THW-Leitung, der LV sowie der Bundesschule,<br />

Bonn 2012.<br />

Technisches Hilfswerk (o. J.), Leitsätze, Bonn<br />

(http://www.thw.de/DE/THW/Selbstverstaendnis/Leitsaetze/leitsaetze_node.html;<br />

Zugriff: 1. 9. 2012).<br />

Technisches Hilfswerk (o. J.), Das Leitbild des THW, Bonn<br />

(http://www.thw.de/DE/THW/Selbstverstaendnis/Leitbild/leitbild_node.html;<br />

Zugriff: 1. 9. 2012).<br />

Technisches Hilfswerk (o. J.), Mentor/innen-System zur Erhöhung des Frauenanteils im THW und der<br />

THW-Jugend in den OVs. Arbeitsmaterialien für die Ortsverbände. Schulungsunterlagen für<br />

MultiplikatorInnen, o. O., o. J.<br />

THW OV Kulmbach (2012), Kinderbetreuung "Die kleinen Helfer"<br />

(http://ov-kulmbach.ov-cms.thw.de/thw-ov-kulmbach/; Zugriff: 23. 8. 2012).<br />

64 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. (DLRG)<br />

3.3 Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. (DLRG)<br />

Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. (DLRG) 1 ist die größte auf ehrenamtlichem Engagement<br />

basierende Wasserrettungsorganisation der Welt. Seit ihrer Gründung hat sie sich zur Aufgabe<br />

gestellt, Menschen aus Wassergefahren zu retten und sie im Schwimmen und Rettungsschwimmen<br />

zu unterrichten. Mit der Zeit hat sich das Aufgabenspektrum der DLRG auf vorbeugende Aufklärung<br />

über Gefahren im Zusammenhang mit Wasser, um Expertise zur Vorbeugung vor Wasserunfällen,<br />

Ausbildungen in Erster Hilfe, Herz-Lungen-Wiederbelebungen, Bootsführerlehrgänge und Taucherlehrgänge<br />

und schließlich um Kompetenzen im erweiterten Katastrophenschutz erweitert. 2 1976<br />

wurde die DLRG Vollmitglied im Deutschen Sportbund. Die DLRG fühlt sich der Humanität verpflichtet<br />

und hat in ihren Leitsätzen die für sie daraus resultierenden Zielsetzungen formuliert. Die Leitsätze<br />

füllen auch die übrigen genannten Aufgaben mit Leben und zeigen das Selbstverständnis der Organisation.<br />

Weitere Leitsätze beziehen sich auf die Förderung der DLRG-Jugend. Hervorzuheben ist,<br />

dass „junge Menschen schon frühzeitig in Diskussions- und Entscheidungsprozesse einzubeziehen“<br />

sind (DLRG, Leitsätze der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft). Zum Zivil- und Katastrophenschutz<br />

bei der DLRG gehören Rettungsschwimmen, Tauchen, Wasserrettung mit Booten und Tauchern.<br />

Auch bei Havarien würde die DLRG retten. Sie stünden dabei – so die Expertin - in der zweiten<br />

Reihe, zum Nachrücken, wenn die Feuerwehr zusätzliche Kräfte benötige.<br />

Die DLRG hat insgesamt 1,1 Millionen Mitglieder, Freunde und Förderer. Davon sind 556.269 Mitglieder<br />

ehrenamtlich aktiv. Die DLRG ist „die jüngste“ aller befragten Organisationen. Über 60% der Mitglieder<br />

sind unter 26 Jahre alt. Allein 40,9% der Mitglieder (227.455) sind Kinder bis zum 14. Lebensjahr.<br />

Weitere 10,6% der Mitglieder (58.919) sind Jugendliche (15. bis 18. Lebensjahr). Weitere 11,1%<br />

(61.589) der Mitglieder sind junge Erwachsene vom 19. bis zum 26. Lebensjahr. Die Erwachsenen<br />

über 26 Jahre machen 37,4% (208.316) der Mitglieder aus. Bezogen auf die Entwicklung der Mitgliederzahlen<br />

sind bei Kindern (-2.882) und Jugendliche (-104) für das letzte Geschäftsjahr moderate<br />

Rückgänge zu verzeichnen (vgl. Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, Geschäftsbericht S. 3, 17).<br />

Während 556.296 Mitglieder ehrenamtlich engagiert sind, sind auf Bundesebene und in einigen größeren<br />

Landesverbänden – unter anderem in Geschäftsführungspositionen – nur 150 Personen hauptberuflich<br />

tätig.<br />

Die DLRG gliedert sich in 18 Landesverbände (Nordrhein-Westfalen gliedert sich in die Landesverbände<br />

Nordrhein und Westfalen; Baden-Württemberg in die Landesverbände Baden und Württemberg).<br />

3.3.1 Zur Entstehungsgeschichte der DLRG<br />

Vor der Gründung der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) zu Beginn des 20. Jh. starben<br />

noch ca. 5000 Menschen pro Jahr durch Ertrinken, denn nur zwei bis drei Prozent der Bevölkerung<br />

konnten schwimmen. Die Geschichte der DLRG beginnt in der Folge eines tragischen Ereignisses. Am<br />

1 Die folgende Darstellung und Analyse erfolgt auf der Grundlage von zwei Expertengesprächen und der Auswertung<br />

von Dokumenten. Eines der Gespräche wurde mit dem Generalsekretär der DLRG, Herrn Schulte-<br />

Hülsmann, geführt, ein weiteres Gespräch mit einer Expertin.<br />

2 1975 wurde der DLRG die Eignung zur Mitwirkung im erweiterten Katastrophenschutz von der Bundesregierung<br />

bestätigt (vgl. DLRG, Der Aufschwung und die „goldenen“ Jahre (1960-1980)).<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 65


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

28. Juli 1912 brach die Anlegestelle am Brückenkopf in Binz auf Rügen. Von den 70-80 Menschen, die<br />

ins Wasser stürzten, starben 16 Menschen. Nach dem Aufruf des Deutschen Schwimmverbandes zur<br />

Gründung der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft erfolgte die Gründung im Oktober 1913 in<br />

Leipzig. Auf der konstituierenden Versammlung 1914 wurden Vorsitzender, Stellvertreter und Geschäftsführer<br />

aus dem Kreis der 48 Unterzeichner des Gründungsaufrufes gewählt. Als Zweck der<br />

DLRG wurde in der Gründungssatzung „die Verbreitung sachgemäßer Kenntnisse und Fertigkeiten in<br />

Rettung und Wiederbelebung Ertrinkender“ festgelegt. Zur Umsetzung sollten Vorträge, Vorführungen,<br />

Lehrkurse, Prüfungen und Wettbewerbe dienen. Am Ende des Jahres 1914 hatte die DLRG bereits<br />

435 Mitglieder. In Dresden wurde die erste Geschäftsstelle der DLRG aufgebaut und blieb dort<br />

bis 1924 (vgl. DLRG, Wie alles begann). Rettungsschwimmer wurden in Flüssen oder Seen ausgebildet<br />

und geprüft. Im ersten Ausbildungssystem der DLRG gab es drei Qualifikationsstufen: Grundschein,<br />

Bronzeplakette und Lehrschein. Durch Krieg und Nachkriegszeit erfolgte die Organisationsentwicklung<br />

zunächst diskontinuierlich. Der Zweck der Organisation wurde 1922 in der Satzung um „die Einrichtung<br />

von Schwimmrettungs-Wachdiensten ergänzt“. Die große Inflation 1923 wirkte sich für die<br />

DLRG existenzbedrohend aus (DLRG, Die Dresdner Zeit (1914-1924)). Anfang 1925 kam es unter der<br />

Schirmherrschaft des Präsidenten des Deutschen Reichsausschusses für Leibesübungen, Dr. Theodor<br />

Lewald, zu einem Neuanfang für die DLRG. In dieser Zeit hält „der Rettungsgedanke .. Einzug in<br />

Sportvereinen, Schulen, Polizei und Feuerwehren. Das Rettungsschwimmen wird in den Dienstplan<br />

der Reichswehr eingeführt“ (DLRG, Die Berliner Zeit (1924-1945)). Die Hauptgeschäftsstelle wurde<br />

nach Berlin verlegt.<br />

Auf der Website der DLRG wird die weitere Entwicklung nachgezeichnet. Zudem kann eine Chronik<br />

der Geschichte der DLRG heruntergeladen werden (DLRG, Chronik der DLRG in Momentaufnahmen).<br />

3.3.2 Geschlechterproportionen in der DLRG<br />

Die Situation bezogen auf Frauen bei der DLRG kann vielleicht am präzisesten durch folgende Formulierungen<br />

der Expertin charakterisiert werden: „Alle Frauen sind gleichberechtigt. Jeder/jede kann<br />

erreichen, was er oder sie möchte“. Allerdings sei „die Luft oben dünner“. In der Breitenausbildung<br />

sind sehr viele Frauen aktiv. Sie sind in fast allen Bereichen zu 50%, also paritätisch, vertreten.<br />

Jeder und jede finde eine Nische, Sportliche beim Schwimmen und Tauchen, aber auch weniger<br />

Sportliche im Bootswesen (stärker technikorientiert), beim Funken, in der Geschäftsführung oder auf<br />

Vorstandspositionen. Die ganze Familie könne sich bei der DLRG engagieren, was auch sehr oft der<br />

Fall sei. Der Eindruck des Experten ist, dass es weder eine alters- noch eine geschlechtsspezifische<br />

Differenzierung gebe. Unterschiedliche geschlechtsspezifische Kulturen seien institutionell nicht vorhanden.<br />

Möglicherweise könne es dies in einer bestimmten Wache geben, generell jedoch nicht.<br />

Es gibt einige Bereiche, in denen die Männeranteile (noch) größer sind.<br />

- So liege der Frauenanteil bei den TaucherInnen bei ca. 40%, sei aber noch im Wachstum begriffen.<br />

Die Taucherinnen sind überwiegend junge Frauen. Der Tauchbereich umfasst Sporttauchen<br />

und Einsatztauchen. In der Katastrophenhilfe wurden die TaucherInnen z. B. beim<br />

Oderhochwasser (1997) und bei den Hochwasserlagen an der Elbe (2002) eingesetzt. 1 Die<br />

1 Der Einsatz an der Elbe war im Übrigen mit 4500 Helferinnen und Helfern der größte in der Verbandsgeschichte<br />

der DLRG (vgl. DLRG, 1980-2003: Wiedervereinigung und Strukturprozess.<br />

66 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. (DLRG)<br />

DLRG sei die Organisation in Deutschland, die bei Bedarf die meisten TaucherInnen zur Verfügung<br />

stellen könne.<br />

- Im praktischen Einsatz auf Wasserrettungsstationen erreichten Frauen langsam paritätische<br />

Größenordnung.<br />

- Im Bootsdienst als Teil des Einsatzdienstes seien Frauen noch weniger vertreten, ihr Anteil<br />

sei aber steigend. Auch bei der Bootsausbildung wachse der Frauenanteil. BootsführerInnen<br />

müssen auch die technische Seite beherrschen und ihre Boote selbst reparieren.<br />

Auch in der DLRG, in der an der Basis in vielen Bereichen Geschlechterparität herrscht, können sich<br />

Funktionsbereiche herausbilden oder erhalten, in denen genderspezifische Platzierungsmuster kultiviert<br />

werden und in denen möglicherweise ein doing gender praktiziert wird. Bei der DLRG ist dies<br />

vielleicht der Arbeitskreis Informatik, wie ein Blick auf die Zusammensetzung des Arbeitskreises auf<br />

der Website zeigt. Die Männer sind jedenfalls in der Core-Gruppe (7) und in der WWW-Gruppe (10)<br />

unter sich und werden von zwei hauptamtlich Tätigen unterstützt, darunter die einzige Frau des Arbeitskreises,<br />

Projektmanagerin in der Stabstelle Kommunikation der Bundesgeschäftsstelle. Sie wird<br />

„als die gute Seele“ charakterisiert, die den Arbeitskreis betreut. Auch die Präsidiumsmitglieder des<br />

AK-Internet sind drei Männer (vgl. DLRG, Der Arbeitskreis Internet).<br />

Wie sich die inneren Strukturen in der Frage des doing gender in den Bereichen gestalten, in denen<br />

Frauen prozentual wenig vertreten sind, sei es auf der Vorstands- und sonstigen Leitungsebene, sei<br />

es im operativen Bereich oder in den höheren Ausbildungsstufen, lässt sich im Rahmen von Experteninterviews<br />

nicht klären. Dafür wäre eine vertiefte Fallstudie mit nicht teilnehmender Beobachtung<br />

erforderlich.<br />

Das quantitative Geschlechterverhältnis bei Katastropheneinsätzen ist nach Auskunft des Experten in<br />

der DLRG nicht ausgewertet worden. Frauen hätten jedoch, wenn der Einsatz Tage oder Wochen<br />

dauere und sie gleichzeitig Kinder zu betreuen hätten, ein doppeltes Problem. Anders läge die Situation<br />

bei einem lediglich über einige Stunden dauernden Rettungseinsatz. Dann ließe sich eine Vertretung<br />

organisieren. In diesem Fall bestehe kein Problem.<br />

3.3.3 Frauen in Leitungs- und Führungspositionen in der DLRG<br />

Einer der Leitsätze der DLRG bezieht sich spezifisch auf Frauen, nämlich „innerverbandliche Voraussetzungen<br />

zu schaffen, die ein stärkeres Engagement von Frauen auch in Führungsfunktionen ermöglichen“<br />

(vgl. DLRG, Leitsätze der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft).<br />

Hier genau, in der Beteiligung von Frauen an Leitungs- und Führungspositionen, zeigt sich auch die<br />

Schwachstelle. Ein Blick auf die Website zeigt die Dominanz von Männern auf der Leitungsebene des<br />

Bundesverbandes. Allerdings ist unter den VizepräsidentInnen eine Frau. Zudem sind in Westfalen<br />

und Württemberg zwei Landesverbandspräsidentinnen tätig. Unter den Präsidialbeauftragten für die<br />

verschiedenen Ressorts der DLRG sind 16 Männer und nur drei Frauen (Ressorts: 50+, Bildung und<br />

Foto). Keine Frau ist Präsidialbeauftragte im Ressort „Einsatz“. Auch in den Führungsstrukturen sind<br />

überwiegend Männer vertreten.<br />

Als Gründe dafür, warum auf Präsidialebene und bei den Präsidialbeauftragten der Frauenanteil so<br />

gering sei, wird von beiden Experten angeführt, dass die Arbeitsbelastung, die mit diesen Ämtern<br />

verbunden sei, für Frauen besonders schwer wiege. So seien die Aufgaben z. B. mit vielen Fahrten zur<br />

Bundeszentrale verbunden. In wesentlichen Fragen gebe es noch eine Arbeitsteilung in den Familien,<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 67


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

die traditionellen Geschlechterrollen folge. Daher bestehe für Frauen, zumal wenn sie neben der<br />

familialen Belastung noch berufstätig seien, ein Vereinbarkeitsproblem. Wenn das Verhältnis vom<br />

Gesamtaufwand zu aktiver Tätigkeit unverhältnismäßig wäre, entschieden sich Frauen dafür, dass es<br />

nicht effizient sei, ein solches Amt zu übernehmen.<br />

Ein weiteres Argument betrifft die Frage der Qualifikation. Die Präsidialbeauftragten hätten Zusatzqualifikationen<br />

erworben, über die Frauen seltener verfügten. Es würde sich nur jemand für diese<br />

Aufgaben zur Verfügung stellen, der die entsprechende Qualifikation hat.<br />

Der Experte konstatiert, dass es in zweierlei Hinsicht ein Gefälle in den Frauenanteilen gibt:<br />

1. von der örtlichen über die Bezirks- und Landesebene bis zur Bundesebene,<br />

2. von der Breitenausbildung, in der Frauen mindestens paritätisch vertreten sind (mit Ausnahme<br />

der Bootsführerausbilder-Qualifikation), über Ausbildungen, die eine höhere Qualifikation<br />

erfordern, bis zur Ausbildung der Ausbilder.<br />

Die Expertin vermutet, dass nur ungefähr ein Viertel der TeilnehmerInnen an Führungslehrgängen<br />

von Mädchen und Frauen gestellt wird. Als Beispiel verweist sie auf einen Führungslehrgang für Referenten,<br />

an dem 16 Männer und 4 Frauen teilgenommen haben. Sie selbst hat eine Lehrtauchausbildung<br />

(Ausbildung künftiger Tauchlehrer) durchgeführt. Dabei war unter den 5 Teilnehmenden nur<br />

eine Frau.<br />

Auf Seiten der DLRG seien Frauen aus Sicht der Expertin nicht mit Hindernissen konfrontiert. Wenn<br />

Frauen Führungslehrgänge besuchen wollten, Zug- oder Truppführer werden wollten, gebe es keine<br />

Probleme. „Die Familien müssen mitspielen. Die Frauen halten immer noch oft ihren Männern den<br />

Rücken frei. Oft gehen aber auch beide ihrem Hobby nach“.<br />

Für die DLRG stelle sich die Frage, wie Angebote so gestaltet werden können, dass Frauen sich angesprochen<br />

fühlen und eine Führungsausbildung durchlaufen. In der Konsequenz mangelnder Vertretung<br />

von Frauen in Leitungs- und Führungspositionen und in den entsprechenden Ausbildungsgängen<br />

und den Überlegungen zur Klärung dieser Frage sind folgende Vorgehensweisen von der DLRG zur<br />

Erhöhung der Frauenanteile geplant:<br />

- Diese Fragen seien auch im nächsten Jahr strategische Schwerpunkte der inhaltlichen Arbeit.<br />

- Diese Fragen sollen künftig ständig thematisiert werden, auch in den Medien.<br />

- Es besteht eine enge Verbindung zwischen DLRG und Sport. In einem wissenschaftlich begleitenden<br />

Schwerpunktprojekt mit dem Olympischen Sportbund – so der Experte – geht es um<br />

Förderstrukturen, mittels derer erreicht werden soll, Frauen stärker in Führungspositionen zu<br />

bringen. Dieses Projekt läuft seit 2010 gemeinsam mit der Sporthochschule Köln. Im Rahmen<br />

dieses Projektes sollen auch Monitoringprogamme entwickelt werden.<br />

- Es sei beabsichtigt, eine Quotenregelung für Delegiertenmandate einzuführen.<br />

- Der Arbeitskreis Frauen wird nach Auskunft des Experten in einen Arbeitskreis Personalentwicklung<br />

und Chancengleichheit umgewandelt. Die Frauen aus dem Arbeitskreis Frauen waren<br />

an der Umwandlung und Gestaltung des neuen Arbeitskreises beteiligt. Diese Umwandlung<br />

ist bereits vom höchsten Gremium der DLRG, dem Präsidialrat, beschlossen und wird im<br />

Oktober 2013 auf der Bundestagung zur Verabschiedung vorgelegt. Der im Internet ausgewiesene<br />

Arbeitskreis Gender Mainstreaming arbeite derzeit nicht. Er gehe thematisch ebenfalls<br />

in dem neuen Arbeitskreis auf.<br />

68 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. (DLRG)<br />

3.3.4 Jugend in der DLRG<br />

Die Jugendorganisation der DLRG, die DLRG-Jugend, ist im Vergleich zu anderen Hilfsorganisationen<br />

und der Jugend des THW erheblich größer. Bis zum Alter von 26 stelle die DLRG-Jugendorganisation<br />

die Majorität. Der Experte betont, dass die DLRG-Jugendorganisation, anders als bei THW und Feuerwehr,<br />

eigenständig ist. Sie hat, wie die Jugendorganisationen von ASB, DRK, JUH und MHD, eine<br />

eigene Satzung und wird ebenso wie bei den anderen genannten Hilfsorganisationen nicht als Nachwuchsorganisation<br />

für die DLRG gesehen, auch wenn sich ein Teil der DLRG-Jugend später in der<br />

DLRG engagiert und die DLRG-Jugend in ihren Zielen eine „partnerschaftliche und gleichberechtigte<br />

Zusammenarbeit“ mit „dem Stammverband (für) unabdingbar“ erklärt.<br />

Insbesondere eines der Ziele in dem 2007 vom Bundesjugendtag verabschiedeten Leitbild bezieht<br />

sich auf das Geschlechterverhältnis: „gestalten wir ein Umfeld, in dem sich Frauen und Männer,<br />

Mädchen und Jungen unabhängig von existierenden Rollenzuschreibungen gleichberechtigt entsprechend<br />

ihren Bedürfnissen engagieren können“ (DLRG-Jugend (2007), Das Leitbild der DLRG-Jugend).<br />

Die Vorsitzende der DLRG-Jugend ist eine Frau, die die Arbeitsgruppe Gender Mainstreaming der<br />

DLRG-Jugend ab 2007 geleitet hat (vgl. DLRG-Jugend, Der Bundesjungendvorstand der DLRG-Jugend).<br />

Nach Auskunft des Experten herrscht in allen Gremien Parität. Dies sei nicht Bestandteil der Satzung.<br />

Interne Zielsetzung sei, dass in einem Gremium mindestens 40% beider Geschlechter vertreten sein<br />

sollen. Dies wird in der Praxis wohl nicht immer erreicht, denn der Bundesjugendvorstand besteht z.<br />

B. aus zwei Frauen und sechs Männern und der Bundesjugendbeirat aus 5 Männern und 2 Frauen.<br />

Geschlechterbezogene statistische Angaben, auch hinsichtlich Führungsaufgaben, fehlen für die<br />

DLRG-Jugend. Über die Gender-Mainstreaming bezogenen Aktivitäten der DLRG-Jugend gibt es einen<br />

Seminarbericht (vgl. Schulte 2012).<br />

3.3.5 Gleichstellungsbeauftragte und Frauenförderung<br />

Die DLRG hat auf Präsidialebene eine Frauenbeauftragte. Zudem gibt es einen Arbeitskreis Frauen in<br />

der DLRG, der im Juni 2002 auf der ersten Frauentagung der DLRG gegründet und gewählt wurde.<br />

Ziel des Arbeitskreises ist es, „das vielfältige Engagement der weiblichen Mitglieder im Verband deutlich<br />

zu machen und sie zu motivieren, sich auch in den Gremien zu engagieren“. In dem Arbeitskreis<br />

sind Frauen aus 5 verschiedenen Landesverbänden vertreten. Einmal im Jahr organisiert der Arbeitskreis<br />

eine Frauentagung. „Auf Frauentagungen sollen Erfahrungen ausgetauscht und miteinander an<br />

DLRG-spezifischen Themen gearbeitet werden. Der Arbeitskreis präsentiert die Arbeit der Frauen in<br />

der DLRG auf Landes- und Bundestagungen und vertritt die Interessen der DLRG-Frauen in den entsprechenden<br />

Gremien des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)“ (vgl. DLRG, Arbeitskreis<br />

„Frauen in der DLRG“).<br />

Die Arbeitskreis Frauen hat nach Auskunft des Experten beratende Funktion für den Vorstand, indem<br />

die Interessen und Anregungen aus dem Arbeitskreis durch die Vizepräsidentin der DLRG vertreten<br />

werden (Zur Umwandlung des Arbeitskreises Frauen in einen Arbeitskreis Personalentwicklung und<br />

Chancengleichheit und zum Gender Mainstreaming in der DLRG siehe Abschnitt 3.3.3). Frauen aus<br />

dem Arbeitskreis befassten sich in der Vernetzung und den Strukturen in einigen Bundesländern.<br />

Nach Auffassung der Expertin ist Frauenförderung bei der DLRG nicht vorranging, weil Frauen suchen<br />

und auswählen können, was sie machen wollen. So gebe es z. B. in Dortmund, wo sie einen genauen<br />

Überblick habe, für Männer und Frauen gleiche Chancen und gleiche Fördermöglichkeiten. Früher<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 69


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

habe es häufiger die Frauenwartin oder die Frauenbeauftragte gegeben. Inzwischen seien alle der<br />

Auffassung, die Frauen seien gleichberechtigt. Manchmal forderten Männer den Männerbeauftragten.<br />

Bezogen auf die Frage, ob für Frauen, die durch Kinderbetreuung an der Wahrnehmung von Kursen<br />

zur Weiterqualifizierung in der DLRG gehindert seien, Kinderbetreuung angeboten werde, führte die<br />

Expertin aus, dass z. B. auf der Frauentagung im nächsten Jahr in Bad Nenndorf eine Kinderbetreuung<br />

organisiert werde. Kinderbetreuungen würden häufig von Mann und Frau oder der jeweiligen Gruppe<br />

untereinander organisiert. Die Frage sei, ob Räumlichkeiten vorhanden sind. Auch bei Wachdiensten<br />

gab es bisher keine Schwierigkeiten, da viele Frauen „beim Wachestehen“ ihre Kinder dabei haben<br />

könnten.<br />

3.3.6 Rekrutierung von Nachwuchs und Halten aktiver Mitglieder<br />

Die DLRG hat nach Auskunft der Experten keine Nachwuchsprobleme. Der demographische Wandel,<br />

der von den Experten anderer Organisationen als eine Ursache für den Rückgang des Nachwuchses<br />

genannt wird, spiele für die DLRG keine Rolle. Sie sei die jüngste der Hilfsorganisationen.<br />

Allerdings stellt sich – so die Expertin – ein gravierendes Problem für die Schwimmausbildung durch<br />

die zunehmenden Bäderschließungen. „Die Welle ist groß, es werden viele Spaßbäder erreichtet.<br />

Dort kann man keine Schwimmausbildung machen.“ Die Folge sei, dass von der DLRG weniger RettungsschwimmerInnen<br />

ausgebildet werden können (siehe den Abschnitt 3.3.8).<br />

Zudem wird die Situation für InteressentInnen und Mitglieder durch folgende Entwicklungen erschwert:<br />

Kürzere Studienzeiten, Turboabitur und Ganztagsunterricht. Bezogen auf die beiden ersten<br />

Punkte bleibt kaum noch Zeit für ehrenamtliches Engagement. Der Ganztagsunterricht führt dazu,<br />

dass Kinder erst am Abend gegen 17.30 zum Schwimmunterricht kommen könnten. Diese Probleme<br />

betreffen Mädchen ebenso wie Jungen. Im Alter zwischen 20 und 30 sei die Fluktuation durch die<br />

Beanspruchung durch Studium und Beruf erheblich. D. h., es fehlen zunehmend die Möglichkeiten,<br />

sich ehrenamtlich zu betätigen. Der Wechsel zwischen DLRG-Ortsgruppen sei kein Problem. Die Qualifikation,<br />

die in einem Orts- bzw. Landesverband erworben wurde, werde auch in einem anderen<br />

anerkannt. Alle könnten mit ihren Qualifikation in eine andere Gruppe wechseln.<br />

Bezogen auf Bildung und Beruf sei bei der DLRG alles vertreten und durchmischt. Viele ausländische<br />

Kinder seien Mitglieder. Für sie seien keine speziellen Programme erforderlich, „sie laufen mit“.<br />

Die hauptsächliche Werbung der DLRG erfolgt – nach Auskunft der Expertin – dadurch, dass die Gliederungen<br />

der DLRG den Beginn von Schwimmkursen ankündigen. Eigentlich laufe es von selbst. Sie<br />

haben aufgrund mangelnder Kapazitäten lange Wartezeiten. „Es wird positiv begleitend geworben.<br />

Es könnten mehr aufgenommen werden, wenn die Badekapazitäten vorhanden wären.“<br />

3.3.7 Ausbildung, Fort- und Weiterbildung<br />

Eine der Hauptaufgaben der DLRG ist der Ausbildungsbereich. Dazu gehören das Anfängerschwimmen<br />

und die Rettungsschwimmerausbildung. Beides stehe unter dem Leitsatz „Jeder Mensch ein<br />

Schwimmer, jeder Schwimmer ein Rettungsschwimmer“.<br />

70 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. (DLRG)<br />

Die Beteiligung von Frauen an Lehrgängen für Leitungs- und Führungspositionen wird im Abschnitt<br />

3.3.3 „Frauen in Leitungs- und Führungspositionen in der DLRG“ behandelt.<br />

3.3.8 Politischer Handlungsbedarf<br />

Aus Sicht der DLRG-Expertin besteht in folgenden Bereichen Handlungsbedarf:<br />

Aufgrund der ungünstigen Finanzsituation vieler Kommunen werden in zahlreichen Orten Bäder geschlossen.<br />

Dies hat zur Folge, dass Kinder weniger Möglichkeiten haben, Schwimmen zu lernen. Auch<br />

in den Schulen gebe es immer weniger qualifizierte Lehrer und immer weniger Möglichkeiten für<br />

Lehrer und Schüler, auf Badeanstalten zurückzugreifen. Für die DLRG stellt sich das Problem, dass<br />

entsprechend weniger Nachwuchs für das Rettungsschwimmen zur Verfügung steht. In sogenannten<br />

Spaß- und Wellnessbädern könne keine qualifizierte Ausbildung durchgeführt werden. Es hätten sich<br />

zwar viele Initiativen und ehrenamtlich betriebene Fördervereine gebildet, um den Erhalt von Badeanstalten<br />

zu fördern und den Bäderbetrieb aufrecht zu erhalten. Vor dem Hintergrund, dass es zu<br />

den Aufgaben von Kommunen gehört, Badeanstalten als Infrastruktur für die Bewohner zu unterhalten,<br />

werden diejenigen, die diese Aufgabe ehrenamtlich leisteten, geradezu ausgenutzt.<br />

Ein wachsendes Problem bei vielen Arbeitgebern sei, dass für das Ehrenamt häufig nicht mehr freigestellt<br />

werde. Es gebe zudem immer mehr Arbeitsverträge, in denen sich Beschäftigte verpflichten<br />

müssten, keine ehrenamtliche Tätigkeit zu übernehmen.<br />

Eine dreiseitige Regelung zwischen Staat, Arbeitgeber und ehrenamtlich engagierter Person wäre<br />

wünschenswert. Das Ehrenamt werde zwar hochgelobt, jedoch in der Praxis nicht gefördert. Diese<br />

Problematik gelte für Männer wie für Frauen.<br />

3.3.9 Zusammenfassende Bemerkungen<br />

Die DLRG fällt insofern aus dem Rahmen der untersuchten Hilfsorganisationen, als sie allenfalls geringfügige<br />

und dann vor allem durch Schwächen in der komplementären Infrastruktur bedingte<br />

Nachwuchsrekrutierungsprobleme im ehrenamtlichen Bereich hat und erwartet. Frauen und Mädchen<br />

haben auf der operativen Ebene großen Anteil. Auf Leitungsebenen sind sie jedoch schwach<br />

vertreten. In diesem Punkt besteht noch Handlungsbedarf.<br />

3.3.10 Literatur<br />

Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V., Geschäftsbericht 2011, Bad Nenndorf<br />

(http://www.dlrg.de/fileadmin/user_upload/DLRG.de/Ueber_uns/<br />

Geschaeftsberichte/gb2011_aktuell_web.pdf; Zugriff: 12. 9. 2012).<br />

Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V., Geschäftsordnung, Bad Nenndorf<br />

(http://www.dlrg.de/ueber-uns/satzungordnungen/geschaeftsordnung.html;<br />

Zugriff: 12. 9. 2012).<br />

DLRG, 1980-2003: Wiedervereinigung und Strukturprozess<br />

(http://www.dlrg.de/ueber-uns/geschichte/wiedervereinigung.html; Zugriff: 12. 9. 2012).<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 71


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

DLRG, Arbeitskreis „Frauen in der DLRG“<br />

(http://www.dlrg.de/ueber-uns/arbeitskreise/frauen-in-der-dlrg.html; Zugriff: 12. 9. 2012).<br />

DLRG, Chronik der DLRG in Momentaufnahmen. 90 Jahre Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft.<br />

1913-2003, Bad Nenndorf<br />

(http://www.dlrg.de/ueber-uns/geschichte/chronik.html; Zugriff: 12. 9. 2012).<br />

DLRG, Der Arbeitskreis Internet<br />

(http://www.dlrg.net/server-und betreuung/der-arbeitskreis-internet.html;<br />

Zugriff: 12. 9. 2012).<br />

DLRG, Der Aufschwung und die „goldenen“ Jahre (1960-1980)<br />

(http://www.dlrg.de/ueber-uns/geschichte/der-aufschwung.html; Zugriff: 12. 9. 2012).<br />

DLRG, Die Berliner Zeit (1925-1945)<br />

(http://www.dlrg.de/ueber-uns/geschichte/die-berliner-zeit.html; Zugriff: 12. 9. 2012).<br />

DLRG, Die Dresdner Zeit (1914-1924)<br />

(http://www.dlrg.de/ueber-uns/geschichte/die-dresdner-zeit.html; Zugriff: 12. 9. 2012).<br />

DLRG, Leitsätze der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft<br />

(http://www.dlrg.de/ueber-uns/leitsätze.html; Zugriff: 12. 9. 2012).<br />

DLRG, Wie alles begann<br />

(http://www.dlrg.de/ueber-uns/geschichte.html; Zugriff: 12. 9. 2012).<br />

DLRG-Jugend (2007), Das Leitbild der DLRG-Jugend, beschlossen vom 15. Bundesjungendtag am 19.<br />

Mai 2007<br />

(http://www.dlrg-jugend.de/der-verband.leitbild.html; Zugriff: 12. 9. 2012).<br />

DLRG-Jugend, Der Bundesjungendvorstand der DLRG-Jugend<br />

(http://www.dlrg-jugend.de/wir-sind/vorstand.html; Zugriff: 12. 9. 2012).<br />

Schulte (2012), Brigitta M. Schulte, Gender-Mainstreaming in der Praxis – das Beispiel des DLRG-<br />

Jugendverbandes<br />

(http://www.goethe.de/ges/soz/soz/de8851472,html; Zugriff: 12. 9. 2012).<br />

72 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Deutsches Rotes Kreuz e. V. (DRK)<br />

3.4 Deutsches Rotes Kreuz e. V. (DRK)<br />

3.4.1 Aufgaben, Mitglieder, Organisation<br />

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) 1 ist die größte in Deutschland tätige Hilfsorganisation. Organisatorisch<br />

besteht das DRK aus dem Bundesverband, 19 Landesverbänden 2 sowie 483 Kreisverbänden und<br />

4635 Ortsvereinen. Ebenfalls zum Roten Kreuz gehört der Verband der Schwesternschaften vom<br />

Deutschen Roten Kreuz e. V. mit insgesamt 34 DRK-Schwesternschaften (vgl. Deutsches Rotes Kreuz,<br />

Das Jahrbuch 2011; Deutsches Rotes Kreuz, DRK-Verbandsstruktur). Ihre Mitglieder sind hauptamtlich<br />

tätig.<br />

Das DRK hat 3,5 Mio Mitglieder, von denen sich 400.000 aktiv ehrenamtlich engagieren. 130.000<br />

Menschen arbeiten hauptamtlich im DRK. Abgesehen vom Bayerischen Roten Kreuz (Anstalt des öffentlichen<br />

Rechts) ist das Rote Kreuz in Vereinsform organisiert. Die Struktur ist föderal. Das aktive<br />

und passive Wahlrecht sind entsprechend der Satzungen der Kreisverbände, der Ortsvereine und des<br />

Verbandes der Schwesternschaften vom Deutschen Roten Kreuz e. V. und seiner Gliederungen geregelt.<br />

Auch Vorstand und Präsidium werden über Wahlen der aktiven Mitglieder bestimmt.<br />

Die Aufgaben des DRK liegen in der Krankenpflege, in der Sozialarbeit und in der Kinder-, Jugend- und<br />

Familienhilfe sowie im Zivil- und Katastrophenschutz.<br />

Im Bereich des Zivil- und Katastrophenschutzes stellt das DRK 160.000 Kräfte (ca. 8.000 davon sind<br />

hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter).<br />

Der Zivil- und Katastrophenschutz gehört zu den satzungsgemäßen Aufgaben des DRK. Das Training<br />

für den Katastrophenfall wird vornehmlich in den Ortsvereinen für die jeweils dort ansässigen Menschen<br />

geleistet und erfolgt im Rahmen der fünf Rotkreuz-Gemeinschaften. Zu diesen gehören die<br />

Bereitschaften, die Bergwacht, die Wasserwacht, das Jugendrotkreuz und die Wohlfahrts- und Sozialarbeit.<br />

„Zur Bewältigung des Massenanfalls von Verletzten, von größeren Schadensereignissen und<br />

von Katastrophen bildet das DRK Einsatzformationen aus den Angehörigen der Bereitschaften“<br />

(Deutsches Rotes Kreuz, Ordnung der Gemeinschaft Bereitschaften des DRK-Landesverbandes<br />

Schleswig-Holstein e. V., S. 8).<br />

Zum zivil- und katastrophenschutzbezogenen Angebot der Kreisverbände des DRK gehören der Rettungsdienst<br />

und die Erste-Hilfe-Ausbildung. Dem Bundesverband obliegt die Führung bei Großschadenslagen<br />

in Deutschland (vgl. Deutsches Rotes Kreuz, Das Jahrbuch 2011, S. 48 f.) und „im Falle einer<br />

Katastrophe kann der Bundesverband die Koordinierung der Hilfsmaßnahmen übernehmen und<br />

mit eigenen Mitteln tätig werden, wenn das Präsidium oder, bei Gefahr im Verzuge, der Präsident<br />

das im Interesse der Opfer für zweckmäßig hält“ (Deutsches Rotes Kreuz, Bundessatzung, S. 14).<br />

1 Die folgende Darstellung basiert auf einem Expertengespräch und einer Dokumentenauswertung und<br />

-analyse.<br />

2 Im Bundesland Baden-Württemberg gibt es jeweils getrennte DRK-Landesverbände (Baden-Württemberg und<br />

Badisches Rotes Kreuz), ebenso in Nordrhein-Westfalen (Nordrhein und Westfalen-Lippe) und in Niedersachsen<br />

(Niedersachsen und Oldenburg). Dadurch ist die Gesamtzahl der Landesverbände um drei höher als die Zahl<br />

der Bundesländer (vgl. Deutsches Rotes Kreuz, Das Jahrbuch 2011 S. 49; Deutsches Rotes Kreuz, Bundessatzung,<br />

S. 11).<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 73


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

3.4.2 Zur Entstehungsgeschichte des Roten Kreuzes<br />

Die Entstehung der internationalen Rot-Kreuz- und Rot-Halbmond-Bewegung wurzelt in der völlig<br />

unzulänglichen medizinischen Versorgung von Kriegsverwundeten bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts,<br />

die dem Schweizer Geschäftsmann Jean-Henri („Henry“) 1 Dunant, der im Juni 1859 Zeuge der<br />

Schlacht von Solverino und San Martino in der Lombardei war, schlagend deutlich wurde. Dunant<br />

organisierte mit Freiwilligen (überwiegend Frauen aus Castiglione) improvisierte Hilfeleistungen,<br />

schrieb und publizierte ein Buch über das Erlebte (1862) und initiierte 1863 eine Kommission der<br />

Genfer Gemeinnützigen Gesellschaft sowie eine internationale Konferenz. Noch im Jahr 1859 gründete<br />

die Großherzogin Luise von Baden den Badischen Frauenverein. Er blieb nach dem Frieden von<br />

Zürich weiter bestehen und gilt als Vorläufer der Rotkreuz-Schwesternschaft und mithin als einer der<br />

Vorläufer des Roten Kreuzes.<br />

Zu den Zielen der Genfer Konferenz 1863 gehörte:<br />

• die Gründung nationaler Hilfsgesellschaften für Kriegsverwundete<br />

• die Neutralität der Verwundeten<br />

• die Entsendung freiwilliger Pflegekräfte für Hilfeleistungen auf das Schlachtfeld<br />

• die Organisation und Durchführung weiterer internationaler Konferenzen<br />

• die Etablierung eines Kenn- und Schutzzeichens (weiße Armbinde mit rotem Kreuz).<br />

1864 wurde die erste Genfer Konvention im Zuge einer diplomatischen Konferenz beschlossen und<br />

von den Vertretern von zwölf Staaten unterzeichnet. Die ersten Hilfsgesellschaften wurden 1863 und<br />

1864 gegründet, auf dem Gebiet des späteren deutschen Reiches u. a. in Württemberg und Oldenburg.<br />

Die Arbeit des Roten Kreuzes wurde von Anfang an wesentlich von Frauen getragen. Sie entstammten<br />

zumeist verschiedenen Frauenvereinen, die in Deutschland seit 1810 entstanden waren und die,<br />

bedingt durch das Verbot politischer Betätigung für Frauen, pragmatische Zielstellungen verfolgten.<br />

Nach der Gründung des Badischen Frauenvereins 1859 folgte 1866 der vaterländische Frauenverein<br />

in Preußen. Er entwickelte sich zur größten Frauenorganisation im Kaiserreich, war auch in der Weimarer<br />

Republik noch von erheblicher Bedeutung, stand ab 1933 unter starkem politischen Druck und<br />

verlor 1937 2 auch formell seine Eigenständigkeit (vgl. Koch 2009). Seine Mitglieder entstammten<br />

großenteils dem Bürgertum, Initiatorinnen und Inhaberinnen von Leitungsfunktionen auch dem Adel.<br />

Der Verband der Schwesternschaften vom DRK e.V. wurde 1882 gegründet und gehört damit zum<br />

ältesten Teil der Rotkreuzbewegung (Verband der Schwesternschaften vom DRK e.V. (2012)). Die<br />

Schwesternschaften widmeten sich schon früh der Ausbildung und Verberuflichung, später der Professionalisierung<br />

der Pflege. Bereits aus dem Jahre 1874 datiert ein Einzelgestellungsvertrag mit der<br />

Universitäts-Poliklinik München. In der Ausbildung wurden zwei Gruppen unterschieden: die Schwestern,<br />

die den Beruf der Krankenpflege als Lebensberuf bzw. -aufgabe wählten, und die Pflegerinnen,<br />

die nur bei Notständen vorübergehend pflegerische Tätigkeiten ausübten. Neben der zivilen Krankenpflege<br />

haben insbesondere die kriegsbedingten Einsätze (Pflege von Verwundeten, auch Volks-<br />

1 Die Schreibweise des Vornamens variiert. Bei Dunants Taufe lautete sie Jean-Henri. Etwa ab 1857 bevorzugt<br />

Dunant „Henry“.<br />

2 Gesetz über das Deutsche Rote Kreuz vom 9. Dezember 1937, § 1.<br />

74 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Deutsches Rotes Kreuz e. V. (DRK)<br />

speisungen („Suppenküchen“) nach dem ersten Weltkrieg, Suchdienst nach dem zweiten Weltkrieg)<br />

das Bild der Schwesternschaften geprägt.<br />

Im deutschen Kaiserreich und auch in anderen europäischen Staaten der Zeit (z. B. Österreich, Frankreich)<br />

war das Aktivitätsspektrum des Roten Kreuzes stark durch seine Einbindung in das Kriegssanitätswesen<br />

geprägt (vgl. Meyers 1902). Am 25. Januar 1921 wurde in Bamberg das Deutsche Rote<br />

Kreuz e.V. als Dachorganisation der jeweiligen Landesvereine (Männer- und Frauenvereine) vom<br />

Roten Kreuz gegründet. In dessen Satzung wurden – auch mit Rücksicht auf den Friedensvertrag von<br />

Versailles – die zivilen Aufgaben in den Vordergrund gerückt (Wikipedia, Deutsches Rotes Kreuz # Das<br />

DRK in der Weimarer Republik).<br />

Aus dieser Zeit stammt nach Auskunft des Experten vom DRK die geschlechterparitätische Besetzung<br />

der Bereitschaften (siehe auch Abschnitt 3.4.3). Derzeit umfasst das DRK e. V. 19 Landesverbände<br />

sowie den Verband der Schwesternschaften vom Deutschen Roten Kreuz (VdS) als Mitglieder.<br />

3.4.3 Geschlechterproportionen im DRK und das geschlechterbezogene Selbstverständnis<br />

Da das DRK föderal organisiert ist, ist es sehr aufwändig und datenschutzrechtlich klärungsbedürftig,<br />

genauere Statistiken über die Geschlechterverhältnisse der ehrenamtlich Engagierten in den einzelnen<br />

Landesverbänden zu erhalten. Da jedoch 8 Landesverbände in einem zentralen Register zusammengeschlossen<br />

sind und laut Experten des DRK-Bundesverbandes davon auszugehen ist, dass die<br />

Proportionen in etwa denen der übrigen Landesverbände entsprechen, können einige Zahlen angeführt<br />

werden.<br />

Im Einsatzdienst des Zivil- und Katastrophenschutzes des DRK liegt der Frauenanteil im Mittel bei<br />

41%. Er ist jedoch nicht über alle Bereiche, die dem Zivil- und Katastrophenschutz zugerechnet werden<br />

können, gleichmäßig hoch.<br />

So lag der Frauenanteil im Rettungsdienst vor 20 Jahren noch bei 5%, heute liegt er zwischen 20 und<br />

30%. Der befragte Experte kommt selbst aus dem Rettungsdienst. Der Rettungsdienst sei früher eher<br />

männlich orientiert gewesen. So hätte man z. B. die posttraumatische Belastungsstörung nicht gesehen<br />

(nach dem Motto „Männer weinen nicht“). „Da ist man dieser harte Rettungssanitäter, man redet<br />

anders über diese Dinge“. Der Experte empfindet „solche Gespräche als typische Rettergespräche,<br />

die einem auch als Mann irgendwann auf den Wecker gehen können“ und sieht die wachsende<br />

Mitwirkung von Frauen in den Rettungsdiensten als Bereicherung. „Die Gemeinschaft im Rettungsdienst<br />

stellt sich anders auf, wenn mehr Frauen beteiligt sind, es werden andere Akzente gesetzt“.<br />

Die im Rettungsdienst tätigen Ärztinnen und Ärzte werden entweder von den Krankenhäusern gestellt<br />

und sind dann hauptberuflich tätig oder es handelt sich um ehrenamtlich engagierte BereitschaftsärztIennen.<br />

Unter Letzteren liegt der Männeranteil höher (70-80%).<br />

Wie lässt sich nun der vergleichsweise hohe Frauenanteil im Bereich des Zivil- und Katastrophenschutzes<br />

des DRK erklären?<br />

Der befragte Experte, der mindestens seit 20 Jahren im DRK tätig ist, erinnert sich, dass es „schon<br />

immer“ männliche und weibliche Bereitschaften gegeben habe. Er verweist auf die Geschichte des<br />

DRK seit seiner Gründungsphase in den frühen 60er Jahren des 19. Jahrhunderts, die eng mit der<br />

Initiative und dem Einsatz von Frauen (zunächst vornehmlich in der Pflege Verwundeter) verbunden<br />

ist. Im DRK habe es „schon immer“ definierte und eigenständige Bereiche für Frauen gegeben. Zu-<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 75


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

dem habe der Verband der Schwesternschaften vom Deutschen Roten Kreuz e. V. eine „starke Position“<br />

im DRK. Der Verband hat eine eigene Präsidentin, die dem Präsidium des DRK angehört. Er verfügt<br />

über eigene weitreichende Kompetenzen, die in Abstimmung mit den DRK-Organen auf den<br />

unterschiedlichen Ebenen (Bundes-, Landes-, Kreisebene) zum Tragen kommen. Der Verband wirkt<br />

auch an der Wahrnehmung der Weltkernaufgaben des DRK mit. Seine Delegierten sind in der Bundesversammlung<br />

als beschlussfassendem Organ mit vier Stimmen vertreten. Auch in der Verbandsgeschäftsführung<br />

des Bundes ist der Verband der Schwesternschaften mit seiner Verbandsoberin<br />

vertreten (vgl. Deutsches Rotes Kreuz, Bundessatzung).<br />

Wenn Frauen sich diskriminiert fühlen würden oder aus anderen Gründen die Bereitschaft wechseln<br />

wollten (z. B. weil „die Chemie nicht stimmt“), sei dies ohne Probleme möglich.<br />

Bei Aufwandsentschädigungen im Rahmen der Ausübung des Ehrenamtes gebe es keine geschlechtsspezifischen<br />

Unterschiede.<br />

3.4.4 Frauen in Leitungs- und Führungspositionen im DRK<br />

Im Bundesvorstand des DRK liegt der Frauenanteil bei mindestens 30%. Das Präsidium des DRK besteht<br />

aus 13 Mitgliedern, davon sind 3 Frauen. Jeder Landesverband hat ein eigenes Präsidium. Der<br />

Experte schätzte, dass die Leitung im Bereich Sozialarbeit zu 95% weiblich sein. Ansonsten liegen<br />

keine Zahlen für die Geschlechterverteilung in den Präsidien auf Landesverbandsebene vor.<br />

Nach Auskunft des Experten werden die Bereitschaften des DRK auf allen Ebenen (Bundesverband,<br />

Landesverbände, Kreisverbände, Ortsgruppen) paritätisch mit je einem Leiter und einer Leiterin für<br />

das Ehrenamt besetzt und ebenso paritätisch ist das Hauptamt mit je einer Leiterin und einem Leiter<br />

besetzt. Dies entspreche der Bundessatzung (vgl. Deutsches Rotes Kreuz, Bundessatzung). In der<br />

Bundessatzung wird in § 4 (1) zum Thema „Ehrenamtliche und hauptamtliche Arbeit“ Folgendes ausgeführt:<br />

„Die Aufgaben des Deutschen Roten Kreuzes werden unter Wahrung der Gleichachtung von<br />

Mann und Frau sowie ihrer Gleichberechtigung bei der Wahrnehmung von Ämtern von ehrenamtlichen<br />

und hauptamtlichen Mitgliedern und Mitarbeitern erfüllt“ (Deutsches Rotes Kreuz, Bundessatzung,<br />

S. 13). Diese Regelung bedeutet nicht zwingend eine paritätische Besetzung der Bereitschaftsleitungen.<br />

In der „Ordnung der Gemeinschaft Bereitschaften des DRK-Landesverbandes Schleswig-Holstein e.<br />

V.“ findet sich auch ein Passus zur Zusammensetzung der Bundesbereitschaftsleitung. Danach besteht<br />

sie aus dem „Bundesbereitschaftsleiter bzw. der Bundesbereitschaftsleiterin, bis zu zwei Stellvertretern<br />

oder Stellvertreterinnen. Der Bundesbereitschaftsleitung müssen Vertreter beiderlei Geschlechts<br />

angehören“ (S. 11). Dieser Passus findet sich nicht in der Bundessatzung, zeigt aber an, dass<br />

die paritätische Besetzung der Bundesbereitschaftsleitung als zwingend zu verstehen ist. Die entsprechenden<br />

Abschnitte bezogen auf die Landes-, Kreis und Ortsgruppenbereitschaftsleitungen sind<br />

in der Ordnung des schleswig-holsteinischen Landesverbandes gleichlautend formuliert und daher<br />

ebenfalls als zwingend paritätisch aufzufassen.<br />

In der Ordnung der Bereitschaften des DRK-Landesverbandes Nordrhein e. V. ist die Bestimmung so<br />

konkretisiert, dass von einer paritätischen Besetzung der Bereitschaftsleitungen (auf Landes-, Kreisund<br />

Ortsvereinsebene) ausgegangen werden kann. In Abschnitt 4.1.2.1 zur Zusammensetzung der<br />

Landesbereitschaftsleitung lautet die Formulierung wie folgt: „Der Landesbereitschaftsleitung sollen<br />

Frauen und Männer angehören. Die Landesbereitschaftsleitung besteht aus der Landesbereitschafts-<br />

76 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Deutsches Rotes Kreuz e. V. (DRK)<br />

leiterin und dem Landesbereitschaftsleiter. Die Funktionen sind geschlechtsspezifisch zu besetzen“<br />

(S. 17). Entsprechend ist die Formulierung für die Kreisebene (S. 22) und die Ortsvereinsebene.<br />

In der Ordnung für die Bereitschaften des Bayerischen Roten Kreuzes findet sich demgegenüber keine<br />

Formulierung, die auf eine notwendige paritätische Besetzung der Bereitschaftsleitungen hinweist.<br />

Diese Ordnung ist durchgängig in männlicher Form verfasst. Bezogen auf die Zusammensetzung<br />

der Bereitschaftsleitung (§ 17 (1)) heißt es „Die Bereitschaftsleitung besteht aus a. dem<br />

Bereitschaftsleiter und seinem Stellvertreter … (2) Der Bereitschaftsleiter wird von den anwesenden<br />

Bereitschaftsmitgliedern mit einfacher Mehrheit bestimmt“ (S. 10).<br />

Die zitierten Ordnungen der drei Landesverbände wurden exemplarisch auf die paritätische Besetzung<br />

der für den Zivil- und Katastrophenschutz wichtigen Bereitschaftsleitungen des DRK durchgesehen.<br />

Während Nordrhein und Schleswig-Holstein diese Ämter offenbar paritätisch besetzen, gibt es<br />

für Bayern keinen entsprechenden Hinweis.<br />

In einem Abschnitt über Weisungsbefugnis (10.6.1) ist das Verhältnis von Bereitschaftsleitungen gegenüber<br />

Führungskräften und gegenüber in der Bereitschaft Mitarbeitenden geregelt: „Bereitschaftsleitungen<br />

aller Ebenen sind gegenüber den jeweils nachgeordneten Bereitschaftsleitungen und Führungskräften,<br />

örtliche Bereitschaftsleitungen gegenüber in der Bereitschaft Mitwirkenden weisungsbefugt.<br />

Führungskräfte sind im Rahmen von Einsätzen, Übungen und Ausbildungsveranstaltungen<br />

den unterstellten Kräften gegenüber weisungsbefugt“ (Deutsches Rotes Kreuz, Ordnung der Gemeinschaft<br />

Bereitschaften des DRK-Landesverbandes Schleswig-Holstein e. V., S. 23). Die Führungskräfte<br />

werden von den jeweils zuständigen Leitungen der Bereitschaften ernannt. Führungskräfte, die für<br />

den Zivil- und Katastrophenschutz zuständig sind, werden von der Kreisbereitschaftsleitung ernannt<br />

und sind dieser wiederum unmittelbar unterstellt.<br />

Diese Zusammenhänge sind wichtig für das Verständnis der Geschlechterverhältnisse. Während –<br />

wie dargestellt – die jeweiligen Bereitschaftsleitungen paritätisch besetzt sind, ist dies bei Führungskräften<br />

nicht der Fall.<br />

Die Aufgaben der Bereitschaftsleitungen können als Managementfunktionen (Organisationsleitung)<br />

charakterisiert werden. Demgegenüber nehmen die Führungskräfte einsatztaktische Funktionen<br />

wahr. Sie sind „für ihre Einsatzformationen bei Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von<br />

Einsätzen und Übungen verantwortlich“ (Deutsches Rotes Kreuz, Ordnung der Bereitschaften des<br />

DRK-Landesverbandes Nordrhein e.V., S. 30). Diese einsatztaktischen Führungsfunktionen sind im<br />

DRK nicht paritätisch besetzt. Es handelt sich z. B. um Zugführer und Gruppenführer. Der Frauenanteil<br />

bei den Führungskräften liegt nach persönlicher Schätzung des Experten bei 10-15%. Es gebe aber<br />

eine steigende Tendenz der Wahrnehmung dieser Funktionen durch Frauen.<br />

Auch bei den Rettungsdiensten liegt der Frauenanteil mit ca. 10% als Rettungsdienstleiterinnen niedrig.<br />

Er sei ebenfalls im Anstieg begriffen.<br />

Bei Führungslehrgängen liegt der Frauenanteil nur bei ca. 10-15%. Der Experte kennt die Gründe für<br />

den geringen Frauenanteil nicht. Es existiert auch keine Studie, in der diese Frage untersucht würde.<br />

3.4.5 Jugend im DRK<br />

Das Jugendrotkreuz ist ein eigenständiger Jugendverband unter dem Dach des Roten Kreuzes. Ihm<br />

können junge Menschen bis zum Alter von 27 Jahren angehören. Der Verband vertritt die Interessen<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 77


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

junger Frauen und Männer des Roten Kreuzes. Das Jugendrotkreuz nimmt Erziehungs- und Bildungsaufgaben<br />

wahr. Die Jugendrotkreuz-Helferinnen und -Helfer sind u. a. als SanitäterInnen tätig. Sie<br />

engagieren sich in Schulsanitätsarbeit und Jugendgruppenbetreuung.<br />

Im Deutschen Roten Kreuz – außerhalb des Jugendrotkreuzes – besteht ab einem Alter von 16 Jahren<br />

die Möglichkeit, im Einsatz tätig sein.<br />

3.4.6 Gleichstellungsbeauftragte und Frauenförderung<br />

Im Deutschen Roten Kreuz sind für das Hauptamt Gleichstellungsbeauftragte tätig. Für ehrenamtlich<br />

Engagierte gibt es keine Gleichstellungsbeauftragten. Jedoch übernehmen die Bereitschaftsleiterinnen<br />

auch die Funktionen der ehrenamtlichen Gleichstellungsbeauftragten und sind in Gleichstellungsfragen<br />

im Ehrenamt ansprechbar.<br />

Die Existenz von Konzepten, Strategien oder Programmen zur Förderung von Frauen im Ehrenamt im<br />

Zivil- und Katstrophenschutz auf den verschiedenen Organisationsebenen des DRK ist dem Experten<br />

nicht bekannt.<br />

Angesichts des geringen Frauenanteils bei Führungskräften stellt sich die Frage, ob Frauen bei der<br />

Wahrnehmung von Führungslehrgängen unterstützt werden. Da diese Lehrgänge nicht dezentral<br />

durchgeführt werden, kann für erziehende Mütter während der Zeit des Lehrgangs ein besonderes<br />

Problem der Kinderbetreuung entstehen. Dem Experten ist nicht bekannt, ob es an den Ausbildungsschulen<br />

eine Kinderbetreuungsmöglichkeit gibt und ob das DRK bei örtlichen Kindertagesstätten Betreuungsplatzkontingente<br />

„eingekauft“ hat.<br />

Auf Frauenförderung wird dezidiert eingegangen, wenn es um den „Einsatz für die Schwächsten“<br />

geht. D. h., das DRK engagiert sich in der Förderung von Mädchen und jungen Frauen in sogenannten<br />

Entwicklungsländern. Sie sollen gestärkt werden, da sie als wichtige Multiplikatoren auf gesellschaftlicher<br />

und familialer Ebene gesehen werden und Wichtiges zur Entwicklung ihres jeweiligen Landes<br />

leisten können. „Das DRK berücksichtigt in all seinen Projekten den Aspekt der Gleichberechtigung<br />

und achtet darauf, Frauen wie Männer in angemessener Weise einzubeziehen. Gezielte Frauenförderung<br />

wird dort eingesetzt, wo eine Stärkung der Rechte und der Position der Frauen notwendig ist“<br />

(vgl. Deutsches Rotes Kreuz, „Im Einsatz für die Schwächsten“).<br />

3.4.7 Rekrutierung von Nachwuchs und aktiven Mitgliedern<br />

Die Zahlen aktiver Mitglieder seien rückläufig. Es gebe in allen Altersgruppen Schwierigkeiten, Mitglieder<br />

zu gewinnen. Die Anwerbung läuft über Mund-zu-Mund-Propaganda, über die Familie und<br />

über Freunde.<br />

Es gebe im DRK keine geschlechtsspezifischen Motivationsunterschiede für die Mitwirkung. Die Beweggründe<br />

für die Wahrnehmung von Ehrenämtern im Zivil- und Katastrophenschutz entsprächen<br />

den im Freiwilligensurvey genannten.<br />

Angesichts der Abnahme der Anzahl ehrenamtlich Engagierter werden verschiedene Möglichkeiten<br />

erwogen oder befinden sich in der Erprobungsphase:<br />

78 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Deutsches Rotes Kreuz e. V. (DRK)<br />

Eine Überlegung geht dahin, wie dem wachsenden Bedürfnis und der Notwendigkeit (z. B. durch sich<br />

verändernde Arbeitsplatzanforderungen Ehrenamtlicher) nach Flexibilisierung begegnet werden<br />

kann. Beispielsweise könnte zusätzlich zu den Möglichkeiten klassischer Mitgliedschaft auch eine<br />

Mitgliedschaft auf Zeit angeboten werden. Dabei müsse nicht der ganze Ausbildungsgang durchlaufen<br />

werden. Grundlage für die Mitgliedschaft auf Zeit sei die berufliche Qualifikation, ebenso, wenn<br />

jemand einfach helfen will. Das DRK freue sich allerdings über alle, die die gesamte Ausbildung<br />

durchlaufen wollen. Im Team Mecklenburg-Vorpommern sei ein entsprechender Versuch in der Erprobungsphase.<br />

Die östlichen Landesverbände hätten massive Probleme mit der Rekrutierung ehrenamtlich<br />

Engagierter. Dies stehe mit dem spezifischen historischen Hintergrund in der ehemaligen<br />

DDR in Zusammenhang. Auch für das Team Mecklenburg-Vorpommern schätzt der Experte den Frauenanteil<br />

auf 40%.<br />

Es soll auch versucht werden, Großväter mit ihren Enkeln zu gewinnen. Großmütter seien ohnehin<br />

engagiert, es gehe daher darum, auch Männer zu gewinnen, denn man mache sich Sorgen, wie Männer<br />

eingebunden werden können.<br />

Bis zur Aussetzung des Wehrdienstes hatte das DRK Zivildienstplätze, deren vollständiger Ausgleich<br />

nach Aussagen des DRK-Generalsekretärs durch FSJ und BFD nicht möglich ist. Vor Jahren ist damit<br />

begonnen worden, Zivildienstplätze durch Freiwilliges-Soziales-Jahr-Stellen und geringfügig Beschäftigte<br />

zu ersetzen (vgl. Deutsches Rotes Kreuz, „Der Dienst ist gut gestartet“). Das Freiwillige Soziale<br />

Jahr (FSJ) wird jährlich von mehr als 10.000 jungen Menschen wahrgenommen. Die Tätigkeiten im<br />

Rahmen des FSJ sind beim Roten Kreuz vorwiegend im sozialen und wohlfahrtspflegerischen Bereich<br />

angesiedelt (vgl. Deutsches Rotes Kreuz, Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ)). Das DRK verfügt im Rahmen<br />

des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) (seit 1. 7. 2011 in Kraft; siehe Deutsches Rotes Kreuz, Bundesfreiwilligendienst)<br />

über 2513 der insgesamt 35.000 geförderten Plätze. Es gibt jedoch eine höhere<br />

Nachfrage. Einsatzfelder im Rahmen des BFD liegen in medizinischen Bereichen, in sozialen Einrichtungen<br />

und im Rettungsdienst. Es wird versucht, auch Einsatzplätze im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

anzubieten (vgl. Deutsches Rotes Kreuz, „Der Dienst ist gut gestartet“).<br />

3.4.8 Zusammenfassende Bemerkungen<br />

Seit langem besteht im DRK eine satzungsmäßig festgelegte Parität bei den Bereitschaftsleitungen.<br />

Vermutlich konnten sich deshalb männlich dominierte Kulturen, wie sie bei anderen Organisationen<br />

anzutreffen sind, nicht in den Leitungsstrukturen auf Bundes-, Landes- und kommunalen Ebenen<br />

erhalten. Hier haben sich offensichtlich früh eingeführte Quotierungregelunen bewährt.<br />

3.4.9 Literatur<br />

Bayerisches Rotes Kreuz, Ordnung für die Bereitschaften des Bayerischen Roten Kreuzes mit Jugendordnung<br />

i. d. F. vom 01. Juni 2004. Erlassen vom Landesvorstand des Bayerischen Roten<br />

Kreuzes, Volkartstr. 83, 80636 München am 18. 05. 2004<br />

(http://www.brk-weiden-neustadt.de/wer_wir_sind/Ordnung.pdf; Zugriff: 3. 9. 2012).<br />

Deutsches Rotes Kreuz (Generalsekretariat), Bundessatzung nach Beschlussfassung der Außerordentlichen<br />

Bundesversammlung am 20. 3. 2009, eingetragen ins Vereinsregister am 12. 11.<br />

2009. Vereinsregister Berlin-Charlottenburg VR 590 B<br />

(http://www.drk.de/fileadmin/Presse/Dokumente/Bundessatzung.pdf; Zugriff: 3. 9. 2012).<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 79


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

Deutsches Rotes Kreuz, „Der Dienst ist gut gestartet“ (http://www.drk.de/ueberuns/transparenz/interview-graf-von-waldburg-zeil-zum-bundesfreiwilligendienst.html;<br />

Zugriff: 3. 9. 2012).<br />

Deutsches Rotes Kreuz, Bundesfreiwilligendienst<br />

(http://www.drk.de/angebote/engagement/freiwilligendienst.html; Zugriff: 3. 9. 2012).<br />

Deutsches Rotes Kreuz, Das Jahrbuch 2011. 365 Tage helfen. Helfen, ohne zu fragen wem! Henry<br />

Dunant, Berlin<br />

(http://www.drk.de/fileadmin/Ueber_uns/Zahlen_Fakten/Jahresberichte/<br />

Jahrbuch_2011/DRK_Jahrbuch_2011.pdf; Zugriff: 3. 9.2012).<br />

Deutsches Rotes Kreuz, DRK-Verbandsstruktur<br />

(http:www.drk.de/ueber-uns/drk-verbandsstruktur.html; Zugriff: 3. 9. 2012).<br />

Deutsches Rotes Kreuz, Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ)<br />

(http://www.drk.de/angebote/engagement/freiwilliges-soziales-jahr.html;<br />

Zugriff: 3. 9. 2012).<br />

Deutsches Rotes Kreuz, Im Einsatz für die Schwächsten<br />

(http://www.drk.de/weltweit/entwicklungszusammenarbeit/frauen-kinder.html;<br />

Zugriff: 3. 9. 2012).<br />

Deutsches Rotes Kreuz, Ordnung der Bereitschaften des DRK-Landesverbandes Nordrhein e. V., Ausgabe<br />

2011. Genehmigt durch die Landesversammlung Deutsches Rotes Kreuz, Landesverband<br />

Nordrhein e. V. am 19. März 2011, Düsseldorf<br />

(http://www.drk-nordrhein.de/fileadmin/user_upload/<br />

Hochgeladen/Nationale_Hilsgesellschaft/Ordnung_der_Bereitschaften_web.pdf;<br />

Zugriff: 3. 9. 2012).<br />

Deutsches Rotes Kreuz, Ordnung der Gemeinschaft Bereitschaften des DRK-Landesverbandes<br />

Schleswig-Holstein e. V. (Ordnung genehmigt durch Landesversammlung am 18. 11. 2011)<br />

(http://www.drk-sh.de/fileadmin/media/LGS/Ordnungen/Ordnung_der_Bereitschaften-<br />

Beschlussfassung-_18-11-11.pdf; Zugriff: 3. 9. 2012).<br />

Deutsches Rotes Kreuz, Zeitleiste (http://www.drk.de/ueber-uns/geschichte/zeitleiste.html;<br />

Zugriff: 3. 9. 2012).<br />

Meyers (1902), Art. Kriegssanitätswesen, in: Meyers Großes Konversationslexikon. Ein Nachschlagewerk<br />

des allgemeinen Wissens. Sechste, gänzlich neubearbeitete und vermehrte Auflage.<br />

Leipzig und Wien 1902-1909, Bd. 6<br />

(http://woerterbuchnetz.de/Meyers/?sigle=Meyers&mode=Vernetzung&hitlist=&patternlist<br />

=&lemid=IK09302; Zugriff: 22. 9.2012).<br />

Verband der Schwesternschaften vom DRK e.V. (2012), Profil unseres Verbandes<br />

(http://www.rotkreuzschwestern.de/profil.html; Zugriff: 3. 9. 2012).<br />

Wikipedia, Deutsches Rotes Kreuz # Das DRK in der Weimarer Republik<br />

(http://de.wikipedia.org/wiki/<br />

Deutsches_Rotes_Kreuz#Das_DRK_in_der_Weimarer_Republik; Zugriff: 21. 09. 2012).<br />

80 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Freiwillige Feuerwehr (FF)<br />

3.5 Freiwillige Feuerwehr (FF)<br />

3.5.1 Aufgaben der Feuerwehr<br />

Die Feuerwehr 1 ist eine der wesentlichen, wenn nicht die wichtigste Organisation, deren Betätigungsfeld<br />

sowohl kleinere Ereignisse als auch Großschadensfälle und Katastrophen und die Verhütung der<br />

letztgenannten gravierenden Ereignisse umfasst und die in der gesamten Fläche Deutschlands flächendeckend<br />

vertreten ist. Zu ihrem Alltags-„Geschäft“ gehören kleine „private“ Ereignisse, wie ein<br />

beginnender Zimmerbrand, ein vollgelaufener Keller, ein umgeknickter Baum, der ein Wohnhaus<br />

bedroht, kleine „öffentliche“ Ereignisse, wie ein verunglückter Gefahrguttransporter, ein Brand, der<br />

Nachbarhäuser bedrohen könnte; Verletzte, die aus ihren Fahrzeugen geschnitten und geborgen<br />

werden müssen, die Überflutung einer kleinen Siedlung, ebenso wie ein Schwelbrand in einer Fabrik,<br />

der giftige Gase freisetzen könnte. Logistisch müssen die Feuerwehren auch in der Lage sein, mit<br />

Großereignissen umzugehen, wie flächendeckenden Überflutungen, großen Wald-, Fabrik- oder<br />

Stadtbränden, der Rettung Lebender und Bergung Toter aus einem verunglückten ICE, und – im Extremfall<br />

auch mit dem Brand eines Kernkraftwerkes.<br />

Die Bewältigung all dieser Ereignisse setzt hohe und z. T. auch sehr differenzierte Qualifikationen<br />

voraus (wenn z. B. Gefahrgutladungen auf ihre chemische Zusammensetzung und die potentiellen<br />

Gefahren, die von ihnen ausgehen, analysiert werden müssen; wenn bei einem Kernkraftwerksbrand<br />

überlegt werden muss, wie die Sicherheit der Feuerwehrleute möglichst wenig gefährdet wird; wie<br />

ein ICE aufgeschnitten werden muss, damit keine weiteren Personen verletzt werden; ob und wie<br />

Benzin aus einem havarierten Schiff kontrolliert abgelassen werden kann und nicht zuletzt, wie Menschen<br />

aus einem brennenden Hochhaus gerettet werden können.<br />

Alle erforderlichen Arbeitsprozesse für die zentralen Aufgaben der Feuerwehr (Retten, Löschen, Bergen,<br />

Schützen) müssen routiniert, fließend und abgestimmt ablaufen und daher regelmäßig geübt<br />

werden.<br />

Die flächendeckende Bewältigung all dieser Aufgaben kann nicht allein von den Berufsfeuerwehren<br />

geleistet werden. Dafür sind die Freiwilligen Feuerwehren unerlässlich. Gerade in ländlichen Räumen<br />

und dünner besiedelten Flächenstaaten ist die nächste Berufsfeuerwehr zu weit entfernt, um den<br />

Gefahren und Ereignissen angemessen zu begegnen.<br />

3.5.2 Zur Entstehungsgeschichte der Freiwilligen Feuerwehr<br />

Ein kurzer Abriss der Entstehungsgeschichte der Freiwilligen Feuerwehr soll deren historische Hintergründe<br />

beleuchten. Die folgende Darstellung basiert auf dem Buch von Tobias Engelsing (1990) zur<br />

Sozialgeschichte der Freiwilligen Feuerwehr. 2 Seit den frühmittelalterlichen Stadtgründungen bis ins<br />

19. Jahrhundert gab es kein organisiertes Feuerwehrwesen in Deutschland. Die Feuerwehr in städtischen<br />

und ländlichen Räumen war nach dem Prinzip organisiert, dass alle Männer, seien es Bürger<br />

von Städten oder Einwohner von Gemeinden, helfen mussten, dieweil die Amtspersonen berat-<br />

1 Die Darstellung basiert auf dem Interview mit einer Expertin des Bundesverbandes sowie der Auswertung von<br />

Dokumenten und wissenschaftlichen Arbeiten.<br />

2 Engelsing hat in dem Buch einen regionalen Schwerpunkt auf den Raum Baden gelegt.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 81


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

schlagten, wie geholfen werden könnte. Zwar verbesserte sich die Technik, 1 die Organisationsform<br />

und die Zuständigkeit aller männlichen Bewohner für das Löschen von Bränden blieb jedoch bis zur<br />

Industrialisierung und dem damit verbundenen rapiden Wachstum vieler Städte im 19. Jh. bestehen.<br />

Kritik kam von Fabrikanten, aber auch seitens Personen, die – angesichts der Beobachtung von Bränden<br />

– die Hilflosigkeit des bisherigen Brandlöschwesens kritisierten, u. a. von Scabell, dem späteren<br />

Begründer der Berliner Berufsfeuerwehr. Zudem befassten sich zu Beginn des 19. Jh. Landesregierungen<br />

verstärkt mit dem baulichen Brandschutz und machten Städten und Gemeinden die Aufstellung<br />

von Feuerkommissionen zur Pflicht. Diese sollten regelmäßig die Brandsicherheit aller Gebäude<br />

überprüfen. Im Vormärz begannen in Baden, nach dem Ende der napoleonischen Befreiungskriege,<br />

Bürger in mittleren und größeren Städten mit Reformen des Löschwesens. Es wurden Bürgerwehren,<br />

Bürgermilizen und Bürger-Militär-Corps, als kleine geschulte Einheiten, gegründet. Die Bürgerbewaffnung<br />

verbreitete sich durch die Französische Revolution auch nach Baden. Die Nationalgarden<br />

der französischen Revolution waren auch mit Feuerlöschaufgaben befasst und hatten ein relativ wirkungsvolles<br />

sozial-egalitäres Feuerlöschwesen geschaffen, das zur Nachahmung anregte. Bis in die<br />

40er Jahre waren die Bürger-Militär-Corps Repräsentationsvereine wohlhabender Bürger. Erst durch<br />

Initiative einiger, ihnen ein freiwilliges Brandpiquet zur Seite zu stellen, wurden die Grundlagen einer<br />

Freiwilligen Feuerwehr gelegt und „hoheitliche Aufgaben der Gemeinde von einer Selbsthilfeinitiative<br />

der Bürger übernommen“ (S. 202). Nachtwachen wurden aus Freiwilligen gebildet (in Freiburg 1842)<br />

und schließlich kam es auch in der staatswissenschaftlichen Diskussion zu einer Kritik am Feuerwehrwesen,<br />

wobei die Missstände der absolutistischen Regierungsform angelastet wurden (S. 19 f.).<br />

Von den Brandschutztheoretikern wurde für größere Städte die Einrichtung bezahlter ständiger<br />

Löschcorps vorgeschlagen (d. h. die späteren Berufsfeuerwehren), für kleinere Gemeinden freiwillige<br />

Löschvereine. Vorgeschlagen wurde überdies, das Bürgermilitär zu Feuercorps zu verwandeln und<br />

der Turnbewegung die Trägerschaft über die Feuerwehr zu übertragen. Mit zur Verbreitung des Feuerlöschwesens<br />

trugen Hersteller von Feuerwehrgerät (insbesondere Carl Metz, der als Marketingstrategie<br />

Bürgergruppen im Löschwesen unterrichtete) bei. Mitte der 1840er Jahre kam es zur Gründung<br />

der „ersten reinen Pompier-Corps, Löschvereine und Turnerfeuerwehren“, die sich aus Handwerken,<br />

Kleingewerbetreibenden und einigen Manufakturinhabern zusammensetzten (S. 23).<br />

Während der Revolution von 1848/49 radikalisierten sich einige Bürgermilitärkorps und waren an<br />

den Aufständen beteiligt. Nach deren Niederschlagung wurden den Corps in der Reaktionsepoche die<br />

Selbstverwaltungsaufgaben wieder entzogen. Viele inzwischen versierte Feuerwehrleute, die sich der<br />

Revolution angeschlossen hatten, mussten fliehen und es kam zu einer Unterbrechung der Entwicklung<br />

freiwilliger Löschvereine oder Pompier-Corps. Größtenteils kehrten Städte zu den mittelalterlichen<br />

Strukturen des Feuerlöschwesen zurück. Die bürgerschaftliche Orientierung der ersten freiwilligen<br />

Feuerwehren wurde durch Polizeiregiment und Schikanen unterdrückt.<br />

Erst ein Bruch mit den demokratisch-revolutionären Traditionen des Vormärz und mit der demokratischen<br />

Selbstverwaltungsidee ermöglichte die Etablierung der Freiwilligen Feuerwehren auf der<br />

Grundlage eines dem Militärbereich entnommenen Wertekanons und einer straffen militärischen<br />

Organisation. Ab Ende der fünfziger Jahre kam es zu neuen Initiativen der Gründung freiwilliger<br />

Löschvereine, die sich zunehmend in „Freiwillige Feuerwehr“ umbenannten (S. 28). Zwischen 1850<br />

und 1855 entstanden im deutschen Reich 33 Freiwillige Feuerwehren (insbesondere in Baden, Württemberg,<br />

Bayern und Sachsen). 1863 gab es bereits 135 Freiwillige Feuerwehren, die sich an der seit<br />

1 So waren seit 1677 biegsame Schläuche aus Leder und Segeltuch bekannt.<br />

82 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Freiwillige Feuerwehr (FF)<br />

1853 regelmäßig tagenden deutschen Feuerwehr-Versammlung beteiligten. Schließlich hatte sich zu<br />

Beginn der sechziger Jahre „die Idee der Freiwilligen Feuerwehr weitgehend durchgesetzt und selbst<br />

in Kleinstädten und Dörfern setzte nun eine neue Gründungswelle ein“ (S. 29). In Berlin wurde 1851<br />

die erste Berufsfeuerwehr gegründet, aus der Erkenntnis heraus, dass eine Freiwillige Feuerwehr den<br />

Herausforderungen in Städten dieser Größenordnung nicht gewachsen war (S. 28). Im Übrigen war<br />

dem Preußischen Staat eine obrigkeitlich kontrollierbare Berufsfeuerwehr lieber als die Freiwilligen<br />

Feuerwehren. Dies konnte zunächst auch die Gründung von Freiwilligen Feuerwehren verzögern.<br />

3.5.3 Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr in Deutschland – zur historische Entwicklung<br />

Dass Frauen systematisch und selbstverständlich in der Freiwilligen Feuerwehr vertreten sind, hat<br />

erst eine sehr kurze Tradition, wenn die Zeit der selbstverständlichen Teilhabe an der Freiwilligen<br />

Feuerwehr für Frauen nicht überhaupt erst anbricht.<br />

Allerdings waren Frauen in Kriegsphasen früher durchaus willkommen, wenn es an einsatzfähigen<br />

Männern fehlte. So löschten deutsche Frauen bereits im 1. Weltkrieg. Die Zeitschrift „Der Feuerwehrmann“<br />

berichtete 1917 über "Die Frau als Feuerwehrmann". In dem Artikel äußerte sich ein<br />

thüringischer Bezirksbrandmeister mit einem aus 33 Frauen und 33 Männern bestehenden Löschzug<br />

zu den Feuerwehrfrauen: „Was mir vor allem gefallen hat, das war der Ernst bei der Übung“ … „Ich<br />

fragte die Mädchen: ‚Ist’s euch denn nicht zu schwer, die Spritze zu drücken?‘ Sie sagten: ‚Nein, beim<br />

Heuaufladen und Abladen haben wir’s viel saurer mit der Arbeit.‘ Aus allem sah man, dass die den<br />

Dienst gern verrichteten und als etwas ganz Selbstverständliches" (vgl. Joeres 2009).<br />

Auch gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurden Frauen als Feuerwehrfrauen gebraucht, während<br />

die Männer an den verschiedenen Fronten des Dritten Reiches kämpften. Es „wurden .. sogar spezielle<br />

Pumpen für die Feuerwehrfrauen an der Heimatfront gebaut. Sie waren etwas leichter als die<br />

‚Männerpumpen‘, und die Herstellerfirma nannte sie ‚Die Brandmeisterin‘“ (vgl. Joeres 2009).<br />

In der Bundesrepublik waren Frauen bis in die späten 70er Jahre durch Landesfeuerwehrgesetze von<br />

der Freiwilligen Feuerwehr ausgeschlossen. So wurde z. B. erst 1978 der Abschnitt aus dem Landesfeuerwehrgesetz<br />

in Niedersachsen, der Frauen ausschloss, gestrichen (vgl. Joeres 2009).<br />

Anders als in der Bundesrepublik, in der Vorurteile über die mangelnden Fähigkeiten von Frauen im<br />

Umgang mit Technik über Jahrzehnte kultiviert wurden und sie in zahlreichen ingenieurwissenschaftlichen,<br />

technischen und naturwissenschaftlichen Berufen am Fortkommen gehindert wurden, waren<br />

in der DDR das Studium, die Berufsausbildung und die Arbeitstätigkeit von Frauen in ingenieurwissenschaftlichen,<br />

technischen und naturwissenschaftlichen Bereichen nahezu selbstverständlich. Daher<br />

fand eine Geschlechtersegregation in dem Ausmaß, wie sie für die Bundesrepublik Deutschland<br />

bis in die achtziger Jahre hinein, z. T. sogar bis heute, insbesondere für technische Berufe zu konstatieren<br />

ist, in der DDR nicht statt. Die hinter der Segregation der Geschlechter stehenden Stereotype,<br />

entsprechend derer Frauen mangelnde technische Fähigkeiten und mangelndes technisches Interesse<br />

unterstellt werden, halten sich insbesondere in Westdeutschland z. T. immer noch hartnäckig und<br />

zwar in beruflichen Bereichen ebenso wie in vergleichbaren Feldern freiwilligen Engagements. Die<br />

beruflich weniger an Geschlechterstereotypen orientierte Perspektive in der DDR schlug sich auch in<br />

der Teilhabe von Frauen an den Freiwilligen Feuerwehren nieder 1 und hinterlässt dort bis heute ihre<br />

1 Das Netzwerk Feuerwehrfrauen führt als weitere Gründe für den höheren Anteil an Feuerwehrfrauen in der<br />

DDR an, dass neben der Präsenz von Frauen in technischen Berufen viele Frauen im vorbeugenden Brandschutz<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 83


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

Spuren, da die Frauenanteile in der Freiwilligen Feuerwehr in drei der östlichen Bundesländer (mit ><br />

14%) in der Größenordnung der Zielwerte liegen, die der Deutsche Feuerwehrverband in absehbarer<br />

Zukunft flächendeckend für Deutschland zu erreichen hofft.<br />

Seit Anfang der 1970er Jahre hat sich die Feuerwehr in der Bundesrepublik – als eine der letzten<br />

Männerdomänen – „zunächst zögernd, seit Beginn der 1990er Jahre dann in zunehmendem Maße für<br />

Mädchen und Frauen geöffnet“ (Wetterer, Poppenhusen und Voss 2007, S. 27). Seit Anfang der<br />

1970er Jahre haben Frauen aus Freiwilligen Feuerwehren zudem vereinzelt – jedoch von der Öffentlichkeit<br />

weitgehend unbemerkt – über ihre Situation publiziert oder Gutachten über die Befähigung<br />

der Frauen zum feuerwehrtechnischen Dienst in Auftrag gegeben (vgl. Wetterer, Poppenhusen und<br />

Voss 2007, S. 27).<br />

3.5.4 Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr – Situation und Entwicklung<br />

Die skizzierte historische Entwicklung verdeutlicht, dass Frauen zunächst, wenn Not am Mann bzw.<br />

an der Frau war, durchaus als Feuerwehrfrauen eingesetzt wurden. In Friedenszeiten wurden dann –<br />

ideologisch überhöht – den Frauen wieder die technische Fähigkeit und die Kraft abgesprochen, sich<br />

als Einsatz- und Leitungskraft im Feuerwehrwesen erfolgreich betätigen zu können. Feuerwehrfrauen<br />

gab es also zunächst durch situative Notlagen, dann in der Bundesrepublik als marginale Ausnahmeerscheinung<br />

und selbst ihre Zulassung zur Freiwilligen Feuerwehr im Verlauf der 70er Jahre bahnte<br />

ihnen noch keineswegs den Weg. Wie Erfahrungsberichte von Frauen zeigen, war und ist das Territorium<br />

Feuerwehr für Frauen immer noch teilweise mit Schikanen und Diskriminierungen vermint. Der<br />

Nachwuchsmangel, möglicherweise aber auch ein Entwicklungsschub aus den ostdeutschen Bundesländern<br />

mit einem erheblichen quantitativen Zuwachs von Feuerwehrfrauen, hat die Feuerwehrfrauen<br />

zunächst rein quantitativ von einer Randerscheinung zu einer wichtigen Größe werden lassen, mit<br />

der zu rechnen ist. Und während die Anzahl der Mitglieder Freiwilliger Feuerwehren stagniert bis<br />

leicht rückläufig ist, wächst der Frauenanteil. Ist erst eine bestimmte Größenordnung („kritische<br />

Masse“) erreicht, fällt die Vernetzung von Feuerwehrfrauen untereinander auf den Ebenen von Kreisen,<br />

Bundesländern, auf nationaler wie internationaler Ebene leichter.<br />

Theoretisch betrachtet handelt es sich bei der Feuerwehr um ein „Feld“ im Sinne des Soziologen<br />

Pierre Bourdieu. Diejenigen, die über das Feld dominieren, haben auch die Macht, zu definieren,<br />

welcher Habitus – und damit auch welche Personen – feldgemäß sind. Gewinnen Frauen im Feuerwehrfeld<br />

Plätze, von denen aus auch sie Einfluss auf das Feld und die Feldzugänge erlangen, kann<br />

sich auch das Feld verändern. Wenn einige Experten – auch in Hilfsorganisationen – erwähnen, dass<br />

sich durch die Anwesenheit von Frauen die Atmosphäre geändert habe, dann ist dies auch ein Hinweis<br />

darauf, dass sich die Kräfte und die Macht im Feld neu strukturieren und verteilen und dass dies<br />

von denjenigen, die bisher die Definitionsmacht im Feld haben, zumindest in gewissen Grenzen zugelassen<br />

wird. Um eine günstige Platzierung im Feld finden Kämpfe statt. Wollen Frauen vermeiden, in<br />

derartige Kämpfe involviert zu werden, verrichten sie möglichst unauffällig ihre Arbeit und beanspruchen<br />

keine herausgehobenen Positionen, stellen auch ihre Kompetenz möglichst nicht in den Vordergrund,<br />

selbst wenn sie über diese zu 150% verfügen müssen, um im Feld nicht „vorgeführt“ zu<br />

werden. Bei der (freiwilligen) Feuerwehr kommt es, wenn auch Frauen als selbstverständlich im Feld<br />

akzeptiert werden, zu einer Pluralisierung des Feldes. Das bedeutet unter anderem, dass die Feldund<br />

in der Brandschutzerziehung tätig waren (vgl. Netzwerk Feuerwehrfrauen e. V., Frauen in der Freiwilligen<br />

Feuerwehr).<br />

84 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Freiwillige Feuerwehr (FF)<br />

entwicklung, die Art der Öffnung bzw. Schließung des Feldes in verstärktem Maße ausgehandelt<br />

werden müssen.<br />

Jahr<br />

Mitglieder Freiwillige Feuerwehren<br />

Mitglieder weibl. Mitgl. Frauenanteil<br />

gesamt absolut in %<br />

1973 < 1%<br />

1980 1,1%<br />

1986 912.954 13.673 1,5%<br />

1987 915.001 14.802 1,6%<br />

1988 914.959 15.222 1,7%<br />

1989 910.309 16.126 1,8%<br />

1990 1.179.525 38.108 3,2%<br />

1991 1.162.751 48.662 4,2%<br />

1992 1.133.620 45.505 4,0%<br />

1993 1.139.355 45.099 4,0%<br />

1994 1.117.914 44.475 4,0%<br />

1995 1.119.109 45.461 4,1%<br />

1996 1.101.797 51.363 4,7%<br />

1997 1.098.981 54.348 4,9%<br />

1998 1.082.318 54.266 5,0%<br />

1999 1.079.511 58.210 5,4%<br />

2000 1.068.293 61.352 5,7%<br />

2001 1.058.006 62.678 5,9%<br />

2002 1.056.419 65.436 6,2%<br />

2003 1.054.655 67.212 6,4%<br />

2004 1.055.255 69.145 6,6%<br />

2005 1.042.435 71.239 6,8%<br />

2006 1.035.941 75.104 7,2%<br />

2007 1.039.737 78.104 7,5%<br />

2008 1.041.978 80.586 7,7%<br />

2009 1.040.244 82.931 8,0%<br />

Abb. 3.1. Frauenanteile in der Freiwilligen Feuerwehr 1973 - 2009.<br />

Quellen: Netzwerk Feuerwehrfrauen e. V., Frauen in der Feuerwehr; Deutscher Feuerwehrverband,<br />

Feuerwehr-Jahrbuch 2011.<br />

Die Abb. 3.1 zeigt die Entwicklung der Mitglieder Freiwilliger Feuerwehren insgesamt und von Feuerwehrfrauen.<br />

1990 hat sich gegenüber 1989 die absolute Zahl der Frauen durch die Vereinigung<br />

mehr als verdoppelt. Stagnierten die Frauenanteile zuvor weitgehend, so zeigt sich seither ein steter<br />

Zuwachs, sowohl absolut als auch prozentual. Es könnte sein, dass zusammen mit den Feuerwehrfrauen<br />

der ehemaligen DDR die „kritische Größe“ erreicht wurde. Die Gesamtzahl der Mitglieder<br />

Freiwilliger Feuerwehren ist leicht rückläufig.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 85


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

Anzahl FF-<br />

Angehörige<br />

Anzahl Frauen<br />

in FF<br />

Frauenanteil<br />

FF in %<br />

Anzahl JF-<br />

Angehörige<br />

Anzahl Mädchen<br />

in JF<br />

Mädchenanteil<br />

in JF in %<br />

Abb. 3.2.<br />

Jahrbuch Jahrbuch Jahrbuch Jahrbuch Jahrbuch<br />

2004/05 2005/06 2006/07 2008 2011*<br />

1.056.147 1.055.255 1.042.435 1.035.941 1.040.244<br />

67.310 69.145 71.239 75.104 82.913<br />

6,37 6,55 6,83 7,25 7,97<br />

260.922 261.445 254.593 247.330 239.467<br />

59.130 60.717 60.717 58.807 56.962<br />

22,66 23,22 23,85 23,78 23,79<br />

Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr.<br />

Quellen: Darmstädter (o. J.), Projekt „Mädchen und Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr“;<br />

Deutscher Feuerwehrverband, Feuerwehr-Jahrbuch 2011.<br />

*Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2009.<br />

Abb. 3.2 zeigt, dass die Frauenanteile in den Freiwilligen Feuerwehren im Zeitverlauf leicht ansteigen,<br />

während die Anteile der Mädchen in den Jugendfeuerwehren in etwa gleich bleiben. Auch die Jugendfeuerwehren<br />

sind in der Gesamtzahl ihrer Mitglieder rückläufig.<br />

Die Abb. 3.3 (siehe S. 88) zeigt einen Vergleich zwischen den Frauenanteilen in den Freiwilligen Feuerwehren<br />

der Bundesländer zu drei Zeitpunkten. Ein Rückgang der Frauenanteile ist lediglich in drei<br />

Bundesländern zu verzeichnen (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen). Die prozentual sehr hohen<br />

Zugewinne an Frauen in Rheinland-Pfalz sind auf das niedrige Ausgangsniveau zurückzuführen. Zudem<br />

macht sich in den Zugewinnen an Frauen in Rheinland-Pfalz und mehreren anderen Bundesländern<br />

positiv bemerkbar, dass ein umfassendes Forschungs- und Praxisprojekt Wirkung gezeigt hat.<br />

Dieses wird im nächsten Abschnitt vorgestellt.<br />

3.5.5 Das Projekt von Wetterer, Poppenhusen und Voss und die Folgen<br />

Die Forschungslage bezogen auf die aktive Teilhabe von Frauen an Feuerwehren – sei es auf freiwilliger<br />

oder beruflicher Basis – war in Deutschland lange Zeit äußerst dürftig. Nicht nur Feuerwehrfrauen<br />

ergriffen seit Beginn der 1970er Jahre die Initiative (siehe Abschnitt 3.5.3). Auch die Deutsche Jugendfeuerwehr<br />

befasst sich mit Fragen der Chancengleichheit von Mädchen und Jungen und verfasste<br />

u. a. 2006 ein Arbeitsheft zum Thema „Gender Mainstreaming in der Jugendfeuerwehr“ (vgl. Deutsche<br />

Jugendfeuerwehr, Gender Mainstreaming). Angezielt war damit die Schärfung des Bewusstseins<br />

für Chancengleichheit bei BetreuerInnen Jugendlicher (vgl. Wetterer, Poppenhusen und Voss 2007, S.<br />

27).<br />

Eine erhebliche Verbesserung der Forschungssituation kann in einer von Angelika Wetterer, Margot<br />

Poppenhusen und Anja Voss im Rahmen mehrerer Forschungsetappen erstellten praxisorientierten<br />

Studie (publiziert 2007) gesehen werden, der auf diesem Gebiet für Deutschland Pioniercharakter<br />

zukommt und bei der die Feuerwehr und insbesondere die Freiwillige Feuerwehr im Fokus des Interesses<br />

stehen.<br />

86 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Freiwillige Feuerwehr (FF)<br />

Im Folgenden werden neben den Zielsetzungen der Studie wichtige Ergebnisse und Folgerungen dargestellt.<br />

Im Vorlauf der Studie wurde unter der Trägerschaft des Deutschen Feuerwehrverbandes<br />

(DFV) ein Forschungsprojekt durchgeführt, im Rahmen dessen Leitlinien für Modellprojekte zur Förderung<br />

der Integration von Mädchen und Frauen in der Feuerwehr entwickelt wurden. Ein weiteres<br />

ebenfalls 2005 begonnenes und auf drei Jahre ausgelegtes Praxisprojekt hatte die Thematik „Mädchen<br />

und Frauen in den Freiwilligen Feuerwehren. Modellprojekte für bürgerschaftliches Engagement“.<br />

Es beinhaltete u. a. eine ExpertInnen-Befragung (2005) und die „wissenschaftliche Begleitung<br />

praktischer Maßnahmen zur Veränderung eingespielter Handlungsroutinen und Organisationsstrukturen<br />

in der Feuerwehr und mündete in einen publizierten Bericht, auf den sich die folgende Darstellung<br />

im Wesentlichen beruft (vgl. Wetterer, Poppenhusen und Voss 2007, S. 10, 14). Dem Projekt lief<br />

eine Vorstudie voran, in der u.a. die Organisationsvielfalt im Bereich der Feuerwehren untersucht<br />

wurde. Ziel des Projektes war die Untersuchung von „Faktoren und Rahmenbedingungen, … die die<br />

Beteiligung von Mädchen und Frauen in der Feuerwehr fördern oder sie erschweren“. Es wurden<br />

schließlich auf der Grundlage der Interviews und von Workshops zwölf Leitlinien erarbeitet. Diese<br />

umfassen sowohl allgemeine Zielvorstellungen als auch Vorschläge zur kurzfristigen Umsetzung und<br />

werden im Folgenden in einer erläuterten Fassung (vgl. Darmstädter 2008/09) wiedergegeben:<br />

„Die Leitlinien<br />

1 Frauen sichtbar machen im Erscheinungsbild der Feuerwehr (sowohl feuerwehrintern wie für<br />

die allgemeine Öffentlichkeit)<br />

2 Kultur der Anerkennung (Vertrauen statt Misstrauen)<br />

3 Abbau Frauen diskriminierender Einstellungen und Verhaltensmuster<br />

4 Aktive Förderung statt passiver Toleranz<br />

5 Kultur der Vielfalt statt männliche Monokultur (offen sein für Frauen und Männer und Gruppen<br />

unterschiedlicher sozialer Herkunft)<br />

6 Berücksichtigung veränderter Lebensverhältnisse (Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt<br />

– nicht nur für Frauen)<br />

7 Lernende Organisation: Institutionalisierung von Lernprozessen, Verbesserung des Informationsflusses<br />

8 Kooperation statt Hierarchie und Konkurrenz<br />

9 Vorbildfunktion von Vorstandsgremien (Frauen sichtbar machen, an Entscheidungen und<br />

Gremien beteiligen)<br />

10 Öffentliche Anerkennung und Auszeichnung vorbildlicher Leistungen und Modelle zur Frauenbeteiligung<br />

11 Kontinuierliche Berichte in den Feuerwehr-Medien über Fortschritte bei der Integration von<br />

Frauen<br />

12 Neue Schwerpunkte bei der Ausbildung von Führungskräften (Vermittlung von sozialer Kompetenz<br />

und Genderkompetenz“.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 87


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

2004/05 -> 2008 2008 -> 2011 2004/05 -> 2011<br />

Jahrbuch 2004/05 Jahrbuch 2008 Differenz Differenz Jahrbuch 2011 (Daten von 2009) Differenz Differenz Differenz Differenz<br />

Bundesland FF gesamt FF Frauen Frauenant.<br />

in%<br />

FF gesamt FF Frauen Frauenant.<br />

in%<br />

Frauen<br />

absolut<br />

Frauen in % FF gesamt FF Frauen Frauenant.<br />

in%<br />

Frauen<br />

absolut<br />

Frauen in % Frauen<br />

absolut<br />

Frauen in %<br />

Baden-Württemberg 107.944 2.810 2,6% 107.068 3.381 3,2% 571 20,3% 108.959 4.191 3,8% 810 24,0% 1.381 49,1%<br />

Bayern 322.292 18.454 5,7% 319.960 21.047 6,6% 2.593 14,1% 325.631 24.234 7,4% 3.187 15,1% 5.780 31,3%<br />

Berlin 1.492 98 6,6% 1.358 101 7,4% 3 3,1% 1.420 101 7,1% 0 0,0% 3 3,1%<br />

Bremen 633 22 3,5% 635 29 4,6% 7 31,8% 684 34 5,0% 5 17,2% 12 54,5%<br />

Hamburg 2.491 121 4,9% 2.613 161 6,2% 40 33,1% 2.595 180 6,9% 19 11,8% 59 48,8%<br />

Hessen 69.299 5.366 7,7% 70.768 6.416 9,1% 1.050 19,6% 74.971 7.440 9,9% 1.024 16,0% 2.074 38,7%<br />

Niedersachsen 131.941 9.913 7,5% 129.012 11.092 8,6% 1.179 11,9% 127.160 12.084 9,5% 992 8,9% 2.171 21,9%<br />

Nordrhein-Westfalen 80.288 2.513 3,1% 83.622 3.000 3,6% 487 19,4% 82.831 3.967 4,8% 967 32,2% 1.454 57,9%<br />

Rheinland-Pfalz 65.000 750 1,2% 55.352 2.387 4,3% 1.637 218,3% 55.787 2.817 5,0% 430 18,0% 2.067 275,6%<br />

Saarland 11.284 578 5,1% 11.471 707 6,2% 129 22,3% 11.746 861 7,3% 154 21,8% 283 49,0%<br />

Schleswig-Holstein 49.158 2.426 4,9% 48.758 2.546 5,2% 120 4,9% 49.212 2.956 6,0% 410 16,1% 530 21,8%<br />

Brandenburg 49.413 6.431 13,0% 47.768 6.845 14,3% 414 6,4% 46.515 6.887 14,8% 42 0,6% 456 7,1%<br />

Mecklenburg-Vorpommern 27.635 3.334 12,1% 28.222 3.686 13,1% 352 10,6% 27.890 3.957 14,2% 271 7,4% 623 18,7%<br />

Sachsen 50.246 4.653 9,3% 48.632 4.462 9,2% -191 -4,1% 46.135 4.067 8,8% -395 -8,9% -586 -12,6%<br />

Sachsen-Anhalt 39.772 5.639 14,2% 38.167 5.414 14,2% -225 -4,0% 37.331 5.302 14,2% -112 -2,1% -337 -6,0%<br />

Thüringen 47.259 4.202 8,9% 42.535 3.830 9,0% -372 -8,9% 41.377 3.835 9,3% 5 0,1% -367 -8,7%<br />

Summen 1.056.147 67.310 6,4% 1.035.941 75.104 7,2% 7794 11,6% 1.040.244 82.913 8,0% 7.809 10,4% 15.603 23,2%<br />

Abb. 3.3. Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr nach Bundesländern. Quellen: Darmstädter (o. J.), Projekt „Mädchen und Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr“;<br />

Deutscher Feuerwehrverband, Feuerwehr-Jahrbuch 2011; eigene Berechnungen.<br />

88 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Freiwillige Feuerwehr (FF)<br />

Bei der Einleitung praktischer Maßnahmen sollen stets die hier zitierten Leitlinien berücksichtigt<br />

werden. Sie verdeutlichen in aller Kürze auch, welche Barrieren oder Hindernisse und Probleme von<br />

den Forscherinnen, den interviewten Expertinnen in der Feuerwehr und von den Feuerwehrfrauen,<br />

die an den Workshops teilnahmen, gesehen wurden.<br />

Es wurden im Rahmen der Projektlaufzeit zudem fünf Regionalkonferenzen durchgeführt, die<br />

- „dem Gedankenaustausch und der Vernetzung der Feuerwehrfrauen dienen,<br />

- den Frauen die Teilnahme an feuerwehrtechnischen Workshops ermöglichen,<br />

- zur feuerwehrinternen Verbreitung der Leitlinien beitragen und<br />

- der Öffentlichkeitsarbeit dienen“ (Wetterer, Poppenhusen und Voss 2007, S. 12).<br />

Für die Mitglieder des Fachbereiches Frauen(arbeit) im DFV waren folgende Interessen von besonderer<br />

Bedeutung „endlich wahr- und ernst genommen zu werden und Gehör zu finden für ihre teils<br />

leidvollen Erfahrungen mit Ausgrenzungs- und Marginalisierungsprozessen in den Feuerwehren vor<br />

Ort und in den Gremien des DFV“. Hinzu kann der Wunsch, dass sich an den „wenig flexiblen Organisationsroutinen<br />

der einzelnen Wehren, die mit den veränderten Lebensbedingungen und Orientierungsmustern<br />

keineswegs nur junger Frauen vielfach kaum noch kompatibel sind und ihnen eine<br />

kontinuierliche Mitarbeit eher erschweren als diese zu ermöglichen“ (Wetterer, Poppenhusen und<br />

Voss 2007, S. 17), etwas ändere. Seitens des Präsidiums des DFV waren es aus Sicht von Wetterer,<br />

Poppenhusen und Voss (2007, S. 18) insbesondere zwei Beweggründe, für das Interesse an einer<br />

wissenschaftlichen Studie, in der die Barrieren für Mädchen und Frauen in der Feuerwehr untersucht<br />

würden: 1. die sinkende Zahl männlicher Mitglieder, so dass das Präsidium bestrebt war, den Frauenanteil<br />

in der Freiwilligen Feuerwehr innerhalb weniger Jahre auf 10% zu steigern, ein Wert, der, wie<br />

mittlerweile zu sehen ist, bis 2012 noch längst nicht erreicht ist, 2. vermuten die Autorinnen, „dass<br />

die ‚change agents’ im DFV damit auch die Hoffnung verbanden, die notwendigen und für viele längst<br />

überfälligen Strategien der Modernisierung der Feuerwehr innerhalb des Verbandes auf eine Weise<br />

begründen zu können, die von der Autorität wissenschaftlicher Expertise profitiert.“ Der Stand bei<br />

Abschluss des publizierten Berichtes war, dass „im Rahmen des Praxisprojektes inzwischen auf vielen<br />

Ebenen damit begonnen wurde, die in den Leitlinien zusammengefassten Ratschläge und Perspektiven<br />

für einen geschlechtergerechten Umbau der Feuerwehr zu übersetzen in einzelne Schritte der<br />

Veränderung, an deren Realisierung zahlreiche Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner in den verschiedenen<br />

Bundesländern mit großem Engagement beteiligt sind“ (Wetterer, Poppenhusen und<br />

Voss 2007, S. 16). Mit den Leitlinien werde an vielen Stellen bereits gearbeitet und sie hätten sich in<br />

der Praxis bewährt.<br />

In den Handreichungen für die Praxis werden von den Autorinnen eine Reihe von Empfehlungen gegeben<br />

und erläutert. Diese beziehen sich auf die Vereinbarkeit von Feuerwehr und Beruf, von Feuerwehr<br />

und Familie, Schwangerschaft und Feuerwehrdienst sowie auf den Übergang von der Jugendfeuerwehr<br />

in die Einsatzabteilung.<br />

Zu den Wirkungen des Projektes:<br />

In vielfältiger Weise habe das Projekt – nach Einschätzung der Expertin – inzwischen Früchte getragen,<br />

z. B. in Bundesländern, in denen der Frauenanteil in der Freiwilligen Feuerwehr zuvor sehr gering<br />

war. Nicht nur Feuerwehrfrauen, auch viele Feuerwehrmänner hätten sich die Leitlinien zu Eigen<br />

gemacht. In einer Jahresaktion, die 2007 begann, wurde Werbematerial auch an die lokale Ebene<br />

weitergegeben. Viele Anstöße, die von dem Projekt ausgegangen seien, kämen z. T. erst jetzt auf<br />

lokaler Ebene an. „Der Stein ist angestoßen und läuft weiter“, so die Expertin. Das Klima in der Feu-<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 89


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

erwehr und das Bild von Frauen in der Feuerwehr hätten sich zugunsten von Frauen geändert. Es<br />

gehe dabei um die Entwicklung von Normalität, wobei gesehen werden müsse, dass Stereotype nicht<br />

aussterben. Der DFV steht hinter dem Projekt und unterstützt es, jedoch könne die Arbeit vor Ort<br />

nicht zentral geleitet werden.<br />

Seit Durchführung des Projektes und seiner Implementierung in die Freiwilligen Feuerwehren kämen<br />

von Feuerwehrfrauen wesentlich weniger Beschwerden, es gebe mehr Ehrungen für Frauen und sie<br />

seien auch in Publikationen stärker vertreten. So wurde am 8. 10. 2011 jedes dritte Feuerwehrehrenkreuz<br />

in Bronze an eine Frau verliehen.<br />

Einmal im Jahr treffen sich im DFV Arbeitsgruppen und der Fachbereich Frauen, um die Situation und<br />

Entwicklungsperspektiven und -maßnahmen zu beraten und zu erarbeiten. Unter anderem gehe es<br />

dabei um Fragen der Sichtbarkeit von Feuerwehrfrauen, ihrer Anerkennung und Förderung.<br />

Es müsse gesehen werden, dass das Engagement, das mit der Durchführung des Projektes und der<br />

weiteren Bestrebungen zur Implementierung der Ergebnisse auf enger Personalbasis mit hohem zusätzlichem<br />

Arbeitsaufwand verbunden war und ist. Niemand könne sich aus zeitlichen Gründen<br />

hauptamtlich um diese Fragen kümmern.<br />

Die Studie von Wetterer, Poppenhusen und Voss (2007) sei sehr hilfreich gewesen. Ein Folgeprojekt<br />

wäre jedoch sinnvoll, um zu untersuchen, wie die Leitlinien vor Ort angekommen sind. Der Nachbesserungsbedarf<br />

müsste herausgearbeitet werden. Jedoch fehlen der Feuerwehr selbst die Mittel für<br />

eine Anschlussuntersuchung.<br />

3.5.6 Verankerung der Frauen im DFV (Leitsätze, Frauensprecherinnen, Fachgruppe Frauen)<br />

Dass Frauen ausdrücklich in den Freiwilligen Feuerwehren gewollt sind und der Deutsche Feuerwehrverband<br />

sich ihre Förderung zu Eigen gemacht hat, kann an Folgendem abgelesen werden:<br />

- Es gibt seit den 90er Jahren eine Fachgruppe Frauen(arbeit) im Deutschen Feuerwehrverband.<br />

- Der Deutsche Feuerwehrverband hat das Projekt von Wetterer, Poppenhusen und Voss mitgetragen.<br />

- Der Deutsche Feuerwehrverband trägt die aus den Ergebnissen des Projektes hervorgegangenen<br />

Leitlinien mit.<br />

- Im Deutschen Feuerwehrverband gibt es auf Länderebene Frauensprecherinnen. Der DFV hat<br />

2005 eine Fachempfehlung für die „Aufgaben und Tätigkeiten für Frauensprecherinnen in der<br />

Freiwilligen Feuerwehr“ herausgegeben.<br />

Nicht alle Positionen der Landesfrauensprecherin konnten besetzt werden. Insgesamt sind<br />

derzeit zwölf Frauensprecherinnen aktiv (vgl. Deutscher Feuerwehrverband (2011), Feuerwehr-Jahrbuch,<br />

S. 144 f.).<br />

3.5.7 Das Netzwerk Feuerwehrfrauen e. V.<br />

Das Netzwerk Feuerwehrfrauen e. V. mit Sitz in Münster wurde 2006 von der Essener Berufsfeuerwehrfrau<br />

und Wachabteilungsleiterin Susanne Klatt gegründet. Inzwischen wurde es vom Finanzamt<br />

(Münster Innenstadt) als Berufsverband eingestuft. 2009 gehörten dem Netz 500 Feuerwehrfrauen<br />

an (vgl. Joeres 2009). Vereinsmitglieder sind auch Feuerwehrmänner, Firmen, Institutionen und sonstige<br />

Personen, die das Netz unterstützten. Die Mitglieder treffen sich mehrmals und halten ihre Kon-<br />

90 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Freiwillige Feuerwehr (FF)<br />

takte über E-Mail und Telefon. Das Netzwerk ist u. a. mit einer Internetpräsentation vertreten, die<br />

sich als Informationsplattform für Freiwillige und Berufsfeuerwehrfrauen versteht und sich an Interessierte,<br />

Dienststellen und Gleichstellungsstellen richtet (http://www.netzwerk-feuerwehrfrauen.<br />

com/).<br />

In dem Netz werden verschiedene Ziele verfolgt:<br />

- Förderung des weiblichen Nachwuchses,<br />

- Werben bei Frauen für den Feuerwehrberuf, denn "Sehr viele Frauen könnten bei der Feuerwehr<br />

einsteigen, sind aber noch nie auf die Idee gekommen" (vgl. Joeres 2009),<br />

- Informationen und Broschüren zum ehrenamtlichen und beruflichen Dienst in der Feuerwehr,<br />

- Bekanntmachen des Feuerwehrdienstes für Frauen durch Teilnahme an Jobmessen und am<br />

Girls Day, Entwicklung von Malbögen etc. für Kinder,<br />

- Unterstützung der Vernetzung von Kolleginnen,<br />

- Informationsplattform und Sprachrohr für die Interessen von Feuerwehrfrauen zu sein,<br />

- Mitwirkung an der Organisation des jährlichen Bundeskongresses der Feuerwehrfrauen sowie<br />

von Regionaltreffen, Sportveranstaltungen und der Bereitstellung von Kontaktdaten,<br />

- Ansprechpartner der Medien und – je nach Thema – Kontaktherstellung zur geeigneten Ansprechpartnerin,<br />

- Ansprechpartnerin für Dienststellen und Gleichstellungsstellen (Bereitstellung von Informationen<br />

zu Themen wie Einstellungstests, Werbung für den Dienst in der Feuerwehr, Vereinbarkeit<br />

von Familie, Beruf und Ehrenamt, Schutzkleidung, Unterbringung, Uniformen u. a.),<br />

- aktive Einbringung in unterschiedliche Projekte.<br />

3.5.8 Geschlechtsspezifische Konnotierung von Technik<br />

Nach Auskunft der Expertin gibt es weder bei der Jugendfeuerwehr noch bei der Freiweilligen Feuerwehr<br />

eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung. „Jeder macht, was er oder sie kann und was ihm<br />

oder ihr liegt. Dies ist keine Frage des Geschlechts. Es ist nicht so, dass die Frauen etwa funken und<br />

die Brötchen schmieren. Frauen machen auch nicht mehr nur den Rettungsdienst.“ Das heißt, prinzipiell<br />

steht allen alles offen. Die Mitarbeit bei Freiwilligen Feuerwehren in Städten bzw. Kommunen, in<br />

denen es auch eine Berufsfeuerwehr gebe, z. B. in Berlin, erfordere allerdings Atemschutztauglichkeit.<br />

Eine Argumentation, Frauen seien für die Freiwillige Feuerwehr ungeeignet (Defizitargument),<br />

habe es noch in den 70er Jahren gegeben. Heute werde die oder der Einzelne als Individuum angenommen,<br />

das egal ob Mann oder Frau, die normale Ausbildung zu absolvieren hat. Auch bei Vorstandspositionen<br />

gehe es um Qualifikation.<br />

Bezogen auf die Frage der Bedeutung von Feuerwehrfrauen hebt die Expertin hervor, dass z. B. in<br />

Bayern viele Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr Dienst leisten, weil bei einem Brand im Verlauf des<br />

Tages Männer nicht zur Verfügung stünden, da letztere als Pendler anderen Ortes arbeiteten.<br />

Die Frage, ob das technische Equipment der Feuerwehr so geändert werden könnte, dass Frauen, ggf.<br />

auch Männer, damit leichter zurecht kommen können, beantwortet die Expertin dahingehend, dass<br />

sich die Materialien lange bewährt hätten. Schläuche würden seit einigen Jahren in Schlauchtragekörben<br />

transportiert. Atemschutzgeräte seien dank Karbonflaschen erheblich leichter als früher. So<br />

könne man mit Schneidgeräten von vor 20 Jahren heute kein Auto mehr aufschneiden. Die Geräte<br />

müssten heute schwerer sein, weil die Autos stabiler gebaut seien. Sie sehe daher keinen Ansatz<br />

dafür, wie das Equipment geändert werden könne.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 91


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

Zum beruflichen und Bildungshintergrund der Mitglieder Freiwilliger Feuerwehren sowie zur Altersstruktur<br />

liegen dem Deutschen Feuerwehrverband keine Daten vor.<br />

3.5.9 Frauen in Leitungspositionen bei Freiwilligen Feuerwehren<br />

Statistische Angaben zu Frauen in Führungspositionen liegen – bezogen auf die Freiwilligen Feuerwehren<br />

– nicht vor. Beispiel Berlin: Bei den 45 Freiwilligen Feuerwehren Berlins arbeiten eine Wehrleiterin<br />

und mehrere stellvertretende Leiterinnen. Die Expertin gibt bezogen auf Frauen in Führungspositionen<br />

Folgendes zu bedenken: Wenn Frauen in einer Freiwilligen Feuerwehr eine verschwindende<br />

Minderheit sind, wollen sie nicht unbedingt die Führungsposition übernehmen. Manche<br />

stehen lieber in der zweiten Reihe. 1 Es wird jedoch „angestrebt, den Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit<br />

ebenso wie Module zur sozialen Kompetenz in die Ausbildungspläne“ von Führungskräften zu<br />

integrieren (Darmstädter 2008/09). In den Gremien des DFV und der Landesfeuerwehrverbände sind<br />

Frauen inzwischen vertreten. Ausgewählte Führungskräfte auf Bundes- und Länderebene werden zu<br />

Fragen von Führungskompetenz und Geschlechtergerechtigkeit als MultiplikatorInnen geschult (vgl.<br />

Darmstädter 2008/09).<br />

3.5.10 Die Jugend bei der Feuerwehr und der Übergang zur Freiwilligen Feuerwehr<br />

Die Deutsche Jugendfeuerwehr (JF) bildet die wesentliche Grundlage für die Rekrutierung des Nachwuchses<br />

für die Freiwillige Feuerwehr. Der Frauenanteil liegt bei der Freiwilligen Feuerwehr erheblich<br />

niedriger als bei der Jugendfeuerwehr und ist bei der Berufs- und Werksfeuerwehr fast verschwindend<br />

gering.<br />

Mitte der 90er Jahre wurde in der seinerzeit einzigen einschlägigen Untersuchung zur Jugendverbandsarbeit<br />

bei der Jugendfeuerwehr im Auftrag des DFV, in der auch Mädchen und ihre Situation<br />

thematisiert wurde (Homfeldt et al. 1995, S. 20; zitiert nach Wetterer, Poppenhusen und Voss 2007,<br />

S. 26) im Ergebnis festgestellt, „daß Mädchen in den Jugendfeuerwehren gar nicht als eigenständige<br />

Persönlichkeiten, mit eigenen Stärken und Schwächen gesehen werden“ (Homfeldt et al. 1995, S. 20)<br />

und im Fazit: „Es entsteht der Eindruck, daß der Feuerwehrverband nach wie vor die Ausbildung von<br />

Mädchen sozusagen zu Feuerwehrmännern statt zu Feuerwehrfrauen anstrebt“ (Homfeldt et al.<br />

1995, S. 204). Seither gab es erhebliche Bemühungen in der Jugendfeuerwehr, die Chancengleichheit<br />

von Mädchen zu verbessern. So hat sich die Deutsche Jugendfeuerwehr u. a. in mehreren Arbeitsheften<br />

und Broschüren mit Modernisierungsfragen befasst (vgl. Deutsche Jugendfeuerwehr im DFV,<br />

2003 und 2004; zitiert nach Wetterer, Poppenhusen und Voss 2007, S. 27).<br />

Nach Wetterer, Poppenhusen und Voss (2007) ist 2006 im Auftrag des Deutschen Feuerwehrverbandes<br />

ein Arbeitsheft zum Thema „Gender Mainstreaming in der Jugendfeuerwehr“ erschienen, „das<br />

ausdrücklich das Geschlechterbewusstsein bei den Betreuern und Betreuerinnen schärfen und auf<br />

diese Weise Chancengleichheit für Mädchen und Jungen herstellen will“ (S. 27). Dieses Arbeitsheft<br />

wird auf der Website nicht oder nicht mehr vorgehalten. Bei einer Internetrecherche findet sich jedoch<br />

unter der Web-Adresse www.Jugendfeuerwehr.de ein dreiseitiges Manuskript zum Thema<br />

„Gender Mainstreaming“. In diesem Manuskript wird auf Gleichstellungsfragen nicht und auf die<br />

1 Seit 2012 gibt es die erste Frau, die eine Berufsfeuerwehr leitet (Brandrätin Martina Berger in Gießen). Sie ist<br />

über die Freiwillige Feuerwehr eingestiegen. Die erste Frau, die seit 2006 hauptamtlich eine große Feuerwehr<br />

leitet (in Dormagen), ist Sabine Voss (Branddirektorin).<br />

92 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Freiwillige Feuerwehr (FF)<br />

Motivation von Mädchen und Jungen in der Jugendfeuerwehr nur kurz eingegangen. Der DFV verweist<br />

auf seiner Website darauf, dass Gender Mainstreaming seit 2003 Leitprinzip für die verbandliche<br />

Arbeit des Deutschen Feuerwehrverbandes und der Deutschen Jugendfeuerwehr sei. Allerdings<br />

wird unter Gender Mainstreaming insbesondere verstanden, dass die Leitlinien, die darauf abzielen,<br />

„die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein<br />

und regelmäßig zu berücksichtigen, noch mit mehr Leben erfüllt werden. Die Feuerwehren möchten<br />

Mädchen und Frauen verstärkt für bürgerschaftliches Engagement gewinnen. Langfristig strebt der<br />

Deutsche Feuerwehrverband an, den jetzigen Mitgliederstand der Feuerwehrfrauen im aktiven<br />

Dienst zu verdoppeln. Letztlich hängt davon auch ab, die Leistungsfähigkeit des Brand- und Katastrophenschutzes<br />

langfristig zu sichern“ (vgl. Deutscher Feuerwehrverband, Projekt Frauen am Zug. Mädchen<br />

und Frauen in den Freiwilligen Feuerwehren). Mit der unterschiedlichen Lebenssituation von<br />

Frauen und Männern wird insbesondere auf Probleme von Frauen Bezug genommen, Ehrenamt und<br />

Familie, gegebenenfalls auch den Beruf, miteinander vereinbaren zu können, einer nach Wetterer,<br />

Poppenhusen und Voss (2007) der wichtigen Gründe für die mangelnde Präsenz von Frauen in der<br />

Freiwilligen Feuerwehr (vgl. auch Darmstädter 2008/09).<br />

Mitglied Jugendfeuerwehr (JF) Als Aktive in FF übernommen Aus Jugendfeuerwehr ausgetreten<br />

Bundesland JF Gesamt JF Mädchen M-ant. in% gesamt Mächen M-ant. in% gesamt Mächen M-ant. in%<br />

(M)<br />

Baden-Württemberg 28.841 4.604 16,0% 2.935 353 12,0% 3.202 764 23,9%<br />

Bayern 49.140 11.824 24,1% 8.839 1.898 21,5% 4.080 1.224 30,0%<br />

Berlin 811 119 14,7% 56 17 30,4% 88 22 25,0%<br />

Bremen 218 26 11,9% 17 3 17,6% 20 12 60,0%<br />

Hamburg 889 174 19,6% 71 9 12,7% 144 19 13,2%<br />

Hessen 29.506 8.184 27,7% 2.191 444 20,3% 4.630 1.583 34,2%<br />

Niedersachsen 31.957 8.766 27,4% 2.926 661 22,6% 5.115 1.740 34,0%<br />

Nordrhein-Westfalen 21.270 3.259 15,3% 2.189 277 12,7% 2.714 532 19,6%<br />

Rheinland-Pfalz 13.545 2.769 20,4% 1.431 287 20,1% 1.899 494 26,0%<br />

Saarland 4.060 824 20,3% 366 59 16,1% 470 129 27,4%<br />

Schleswig-Holstein 9.537 2.235 23,4% 734 141 19,2% 1.520 432 28,4%<br />

Brandenburg 11.204 3.905 34,9% 777 159 20,5% 509 205 40,3%<br />

Mecklenburg-Vorpommern 6.788 2.082 30,7% 465 119 25,6% 825 270 32,7%<br />

Sachsen 10.530 2.261 21,5% 851 163 19,2% 1.386 397 28,6%<br />

Sachsen-Anhalt 9.391 2.717 28,9% 475 101 21,3% 748 273 36,5%<br />

Thüringen 11.780 3.213 27,3% 752 155 20,6% 1.100 381 34,6%<br />

Summen 239.467 56.962 23,8% 25.075 4.846 19,3% 28.450 8.477 29,8%<br />

Abb. 3.4.<br />

Mädchen in der Jugendfeuerwehr. Quelle: Deutscher Feuerwehrverband, Feuerwehr-<br />

Jahrbuch 2011; eigene Berechnungen.<br />

Abb. 3.4 zeigt, dass immer noch mehr Jungen bzw. Männer von der Jugendfeuerwehr (JF) in die Freiwillige<br />

Feuerwehr wechseln als Mädchen bzw. Frauen. Die Expertin vermutet, dass dies mit Einflüssen<br />

aus dem privaten Freundeskreis zu tun haben könne. Die Gründe sind jedoch nicht näher bekannt<br />

und sollten genauer erforscht werden, wenn Interesse besteht, mehr Mädchen bzw. Frauen,<br />

die in der Jugendfeuerwehr aktiv sind, für die Freiwillige Feuerwehr zu gewinnen.<br />

Auffällig an Abb. 3.4 ist, dass die Mädchenanteile zwischen den Bundesländern stark divergieren. Die<br />

höchsten Mädchenanteile haben drei östliche Bundesländer: Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern<br />

und Sachsen-Anhalt. Bremen bildet demgegenüber das Schlusslicht, gefolgt von Berlin, Nordrhein-Westfalen<br />

und Baden-Württemberg, während die Mädchenanteile in Hessen, Niedersachsen<br />

und Bayern über dem Mittelwert liegen. Dies könnte auf eine unterschiedliche Förderung von Mädchen<br />

in den Landesverbänden und bei den Ortsvereinen deuten. Die Deutung relativiert sich oder<br />

wird verstärkt, wenn betrachtet wird, wie der Frauenanteil unter denjenigen ist, die in die Freiwillige<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 93


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

Feuerwehr übernommen worden sind. Hier liegen die Anteile in Baden-Württemberg, Nordrhein-<br />

Westfalen, Hamburg, dem Saarland und Bremen teils erheblich unter dem Mittelwert. Die Austrittsquote<br />

aus der Jugendfeuerwehr ist – bei geringen Fallzahlen – in Bremen am höchsten. Sie liegt aber<br />

auch in Brandenburg, Thüringen, Niedersachsen und Hessen beträchtlich über dem Mittelwert. Hamburg<br />

hebt sich demgegenüber durch eine niedrige Austrittsquote von Mädchen aus der JF ab. Bei der<br />

Betrachtung von Stadtstaaten ist zu sehen, dass sie durch starke Berufsfeuerwehren geprägt sind.<br />

Das bedeutet, dass in ihnen die Freiwilligen Feuerwehren nur einen kleinen Ausschnitt der Feuerwehraktivitäten<br />

repräsentieren. Aufgrund der niedrigen Zahl Aktiver und möglicher besonderer Einflüsse<br />

ist eine vorsichtige Interpretation angebracht. Die Zahlen der Austritte aus der JF können ebenfalls<br />

Hinweise darauf sein, dass hinsichtlich der Förderung von Mädchen in zahlreichen Jugendfeuerwehren<br />

mehr getan werden könnte. Zumindest sollten die Austrittsgründe von Mädchen vergleichend<br />

untersucht werden und es sollte geprüft werden, inwiefern günstige Übernahmequoten in<br />

die Freiwilligen Feuerwehren mit einer Förderung von Mädchen bzw. Frauen zusammenhängen.<br />

Bezogen auf den Übergang Jugendfeuerwehr – Freiwillige Feuerwehr (Einsatzwehr) zeigt sich wie<br />

dargestellt, dass im Vergleich zu den Männern ein größerer Teil der Frauen „verlorengeht“. Für junge<br />

Männer und Frauen stellen sich beim Eintritt in die Einsatzwehren mehrere Probleme:<br />

- Die für Jugendliche wichtige freie Jugendarbeit fällt weg und damit die Kommunikation unter<br />

Gleichaltrigen sowie das spielerische Element, denn bei der Ankunft in den Einsatzwehren<br />

geht es im Wesentlichen um Einsätze und Übungen. Der strenge Einsatzdienst wirke auf Jugendliche<br />

häufig ernüchternd und ihnen fehlten gemeinsame Aktivitäten.<br />

- Junge Männer und Frauen sehen sich bei den Einsatzwehren oft mit einer Dominanzkultur älterer<br />

Feuerwehrmänner konfrontiert, was auch das Festhalten an alten Positionen beinhalten<br />

kann. D. h., der Übergang ist für Jugendliche mit einem krassen Wechsel der Organisationskultur<br />

verbunden.<br />

- Jugendlichen Frauen und Männern werde beim Wechsel in die freiwillige Feuerwehr, jedoch<br />

auch bei einem Wohnortwechsel und damit Wechsel der lokalen Einsatzorganisation z. T. mit<br />

Misstrauen begegnet. Ihnen werde signalisiert, sie hätten wieder von vorne zu beginnen (vgl.<br />

Wetterer, Poppenhusen und Voss 2007, S. 100 ff.).<br />

Nach Auskunft der Expertin werde an der Verbesserung der Schwelle zwischen Jugendfeuerwehr und<br />

Freiwilliger Feuerwehr derzeit gearbeitet.<br />

3.5.11 Rekrutierung von Nachwuchs und das Halten aktiver Mitglieder<br />

Die Deutsche Jugendfeuerwehr hat ein Alleinstellungsmerkmal, da sie einer der größten, wenn nicht<br />

der größte Jugendverein in Deutschland ist, der flächendeckend vertreten ist. Selbst wenn für Jugendliche<br />

die sonstige Infrastruktur in den Dörfern fehlt, gibt es die Jugendfeuerwehren noch und sie<br />

sind beliebt, obwohl auch sie von den Folgen des demographischen Wandels betroffen sind (langsamer<br />

Rückgang der Mitgliederzahlen). Auch die Feuerwehr spüre den sozialen Wandel. Ihr Luxus sei,<br />

dass sie breit aufgestellt ist.<br />

Frauen werden – initiiert durch das Projekt von Wetterer, Poppenhusen und Voss (2007) – durch eine<br />

Werbekampagne im Rahmen der Feuerwehr-Jahresaktion 2007/08 „Frauen am Zug“, „mit charmantirritierende(n)<br />

Slogans auf Plakaten, Postkartenflyern und Aufklebern“ angeworben, zudem durch ein<br />

begleitendes Handbuch und eine „Präsentation der Motive durch Bundesministerin Ursula von der<br />

Leyen“ (Darmstädter 2008/09). Die Anwerbung von Frauen für Freiwillige Feuerwehren unter dem<br />

Slogan „Frauen am Zug“ erfolgt auch weiterhin.<br />

94 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Freiwillige Feuerwehr (FF)<br />

Die Übernahme der Leitlinien in den Feuerwehralltag, eine verstärkte Berücksichtigung sozialer Medien<br />

und die Weiterentwicklung der Vielfalt in der Feuerwehr könnten aus Sicht der Expertin zudem<br />

wichtig sein, um Frauen – auch in leitenden Funktionen – für das Ehrenamt im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

(insbesondere der Feuerwehr) zu gewinnen.<br />

Bezogen auf die Beweggründe für die Wahrnehmung von Ehrenämtern bei Männern und Frauen<br />

gebe es keine Hinweise auf Änderungen. Nach Auskunft der Expertin gibt es keine belastbaren Zahlen<br />

bezogen auf die Fluktuation von Frauen und Männer bei Freiwilligen Feuerwehren. Um Männern und<br />

Frauen – angesichts steigender Mobilität auf dem Arbeitsmarkt – das Leben zu erleichtern, ist inzwischen<br />

z. B. eine Doppelmitgliedschaft möglich. D. h., wenn jemand an seinem Wohnort bei der Freiwilligen<br />

Feuerwehr ist und es für ihn bzw. sie günstiger ist, von einer in einem anderen Ort liegenden<br />

Arbeitsstätte aus zur Freiwilligen Feuerwehr zu gelangen, ist es jetzt möglich, dass er bzw. sie bei<br />

beiden Feuerwehren tätig ist und je nachdem zur einen oder anderen Feuerwehr fährt.<br />

Aufwandsentschädigungen werden nach Landesfeuerwehrgesetz geregelt und können sich auch von<br />

Kommune zu Kommune unterscheiden. Bei erheblichem Zusatzaufwand werden z. B. 2,56 Euro pro<br />

Stunde bis zu einem Volumen von 24 Std. pro Monat als Aufwandsentschädigung geleistet. Jugendwarte<br />

erhalten 20 Euro monatlich an Aufwandsentschädigung.<br />

Arbeitgebern, die es ihren Beschäftigten z. B. durch Freistellungen erleichtern, bei einer Freiwilligen<br />

Feuerwehr mitzuwirken, wird als Dank die Auszeichnung „Partner der Feuerwehr“ verliehen.<br />

Als Anerkennung für Leistungen werden Orden und Ehrenzeichen auf Länderebene und vom Deutschen<br />

Feuerwehrverband verliehen. So gibt es das vom Deutschen Feuerwehrverband verliehene<br />

Ehrenkreuz in Bronze als Auszeichnung (vgl. „Feuerwehr-Ehrenkreuz in Bronze macht Engagement<br />

sichtbar“). Es handelt sich dabei um eine neue Stufe der Auszeichnung von Einzelleistungen, Projektarbeit<br />

oder Gruppenleistungen. Zudem gibt es die Jugendflamme in drei Stufen, ein Abzeichen für<br />

Jugendfeuerwehrmitglieder. Es handelt sich dabei um einen Ausbildungsnachweis in Form eines Abzeichens.<br />

Die Leute seien stolz, wenn ihnen eine solche Auszeichnung verliehen werde. Auch bei der<br />

Jugend seien Auszeichnungen aktuell.<br />

3.5.12 Gleichstellungsbeauftragte, Frauensprecherinnen und Frauenförderung<br />

Im Deutschen Feuerwehrverband gibt es auf Bundesebene eine Gleichstellungsbeauftragte für das<br />

Hauptamt. Auf Länderebene wurden seit 2005 in der Freiwilligen Feuerwehr Frauensprecherinnen<br />

institutionalisiert. Der DFV hat 2005 eine Fachempfehlung für die „Aufgaben und Tätigkeiten für<br />

Frauensprecherinnen in der Freiwilligen Feuerwehr“ herausgegeben. Die Frauensprecherinnen sind<br />

nach Auskunft der Expertin Ansprechpartnerinnen für beide Seiten.<br />

Nicht alle Positionen der Landesfrauensprecherinnen konnten besetzt werden. Insgesamt sind derzeit<br />

zwölf Frauensprecherinnen aktiv (vgl. Deutscher Feuerwehrverband (2011), Feuerwehr-Jahrbuch, S.<br />

144 f.), die im Feuerwehr-Jahrbuch namentlich und unter Angabe des Landesfeuerwehrverbandes,<br />

für den sie zuständig sind, verzeichnet sind.<br />

Bei der Berufsfeuerwehr ist die kommunale (städtische) Frauenbeauftragte oft auch zuständig für die<br />

Berufsfeuerwehr in Kommunen oder Kreisen. Auch Frauen, die in der freiwilligen Feuerwehr tätig<br />

sind, dürfen sich bei Problemen in ihrer lokalen Organisation an die kommunale Frauenbeauftragte<br />

wenden.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 95


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

Die Frauensprecherinnen organisieren Veranstaltungen für Frauen auf Ebene des jeweiligen Bundeslandes,<br />

z. B. Atemschutzlehrgänge und eigenständige Praxisseminare, da Frauen z. T. „komisch angeguckt“<br />

werden, wenn sie an einem Lehrgang mit vornehmlich männlichen Teilnehmern teilnehmen.<br />

Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des DFV in und für die Feuerwehr ist paritätisch besetzt (vgl.<br />

Darmstädter 2008/09). Dies ist wichtig dafür, dass Gender Mainstreaming in der Öffentlichkeitsarbeit<br />

des Verbandes nach innen und in der Außendarstellung vertreten und weiterentwickelt wird.<br />

Nachdem die Untersuchung von Wetterer, Poppenhusen und Voss (2007) Probleme der Vereinbarkeit<br />

von Familie, Ehrenamt und Beruf ergab, wurde zur Förderung der Vereinbarkeit eine Handreichung<br />

für die Praxis entwickelt und Schriften zu den Themen „Schwangerschaft und Feuerwehrdienst“<br />

und „Übertritt statt Austritt – Übergang von der Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung“) an<br />

die 480 Stadt-, Kreis-, und Landesfeuerwehrverbände verteilt (vgl. Darmstädter 2008/09).<br />

Der im Rahmen des Projektes von Wetterer, Poppenhusen und Voss (2007) entwickelte Mentoring-<br />

Ansatz fand bei den Freiwilligen Feuerwehren keinen Anklang. Da sich insgesamt nur vier Frauen als<br />

Mentorinnen beworben hatten, wurde das Vorhaben aufgegeben.<br />

Eine Quotierung sei – so die Einschätzung der Expertin – in der Feuerwehr nicht sinnvoll. Es könne<br />

hoch riskant sein, Frauen aufgrund ihres Geschlechts und nicht ihrer spezifischen Qualifikation Führungsaufgaben<br />

zu übertragen.<br />

3.5.13 Politischer Handlungsbedarf bezogen auf Rettungsdienste aus Sicht der Expertin der Feuerwehr<br />

Die Expertin wünscht sich als Unterstützung seitens der Politik, dass die Rahmenbedingungen günstig<br />

gestaltet werden. Auf keinen Fall sollten Quotierungsvorgaben für die Freiwillige Feuerwehr entwickelt<br />

werden.<br />

3.5.14 Vernetzung von Feuerwehrfrauen in Deutschland und Vernetzung mit Feuerwehrfrauen<br />

aus anderen Ländern sowie Erkenntnisse über die Situation von Frauen bei der Feuerwehr<br />

im Ausland<br />

Feuerwehrfrauen haben sich vor und seit dem Projekt von Wetterer, Poppenhusen und Voss (2007)<br />

verstärkt auf Bundes- und Landesebene vernetzt. Allein während des ersten Jahres der Projektlaufzeit<br />

(2005) fanden fünf Regionalkonferenzen statt, an denen mehr als 300 Frauen und Männern teilnahmen.<br />

Die Deutsche Jungendfeuerwehr veranstaltete zudem eine Bundeskonferenz. Im zweiten<br />

Jahr der Projektlaufzeit folgten Regionalkonferenzen auf Landesebene, in denen u. a. Möglichkeiten<br />

einer verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt erörtert wurden. Zudem fand eine<br />

„Schulung in geschlechtergerechter Öffentlichkeitsarbeit“ statt und ein „fließender Übergang von<br />

Jugendfeuerwehr in Einsatzabteilung“ wurde diskutiert. Weitere Konferenzen folgten im dritten Jahr<br />

der Projektlaufzeit (2007). Auch 2012 findet der jährliche Bundeskongress der Feuerwehrfrauen wieder<br />

statt.<br />

Der Ausschuss Frauen in der Feuerwehr des Weltfeuerwehrverbandes CTIF wurde gegründet und<br />

kam unter Beteiligung von Feuerwehrfrauen aus 7 Nationen 2012 während des CTIF-Kongresses in St.<br />

Petersburg zum konstituierenden Treffen zusammen. Anlässlich dieser Veranstaltung wurde auch die<br />

Situation in den Ländern, aus denen die Feuerwehrfrauen kamen, dargestellt und von Silvia Darm-<br />

96 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Freiwillige Feuerwehr (FF)<br />

städter dokumentiert (vgl. Darmstädter 2012, S. 8). Sie wird im Folgenden (mit Ausnahme der Situation<br />

in Deutschland) wiedergegeben:<br />

- Frankreich: Der Frauenanteil in den Feuerwehren liegt im Mittel bei 13% (30.435). 2010 startete<br />

ein Projekt zur Frage, wie mehr Frauen für die Feuerwehr interessiert werden können.<br />

- Großbritannien: Mit bedingt durch die Finanzkrise wurde ein Einstellungsstopp für Berufsfeuerwehrangehörige<br />

verfügt. Gleichheitsziele wurden von der derzeitigen Regierung aufgegeben.<br />

- Österreich: Frauen sind zur Freiwilligen Feuerwehr erst seit den 1990er Jahren zugelassen.<br />

Der Frauen- und Mädchenanteil in den Feuerwehren liegt im Mittel bei vier Prozent. Bei der<br />

Berufsfeuerwehr Wien arbeiten neben einer Offizierin zwei Frauen im mittleren Feuerwehrdienst,<br />

bei insgesamt 2500 Beschäftigten.<br />

- Russland: Ein Verein „Women for fire safety“ verbreitet Brandschutzkenntnisse für (Haus-)<br />

Frauen und fordert den gleichwertigen Einsatz von Frauen in der Feuerwehr. Dies ist vor dem<br />

Hintergrund zu sehen, dass Frauen zwar zur Feuerwehr zugelassen sind, jedoch nicht in der<br />

Brandbekämpfung, das heißt in Einsätzen, arbeiten.<br />

- Schweden: Ca. 10% der BewerberInnen für die Berufs- und Teilzeitfeuerwehr sind Frauen. In<br />

einer Studie wurde untersucht, was Frauen – bezogen auf Feuerwehren – abschreckt. Dazu<br />

gehören körperliche Anforderungen und fehlende Kenntnisse über die „Kultur der Feuerwachen“.<br />

- Serbien: In Serbien gibt es viele aktive Frauen im Sport und als Wettkampfrichterinnen. Bezogen<br />

auf die Feuerwehr stehen Frauen mangels Gesetzgebung auf regionaler Ebene Barrieren<br />

entgegen. Zudem fehlt es an statistischem Material.<br />

Die Expertin des DFV schätzte im Übrigen ein, dass bezogen auf die Integration von Frauen in die<br />

Feuerwehr die Niederländerinnen „sehr weit“ seien, dass Deutschland und Österreich auf Grund des<br />

Ehrenamtssystems sehr viel weiter als andere seien und dass Amerikanerinnen ein anderes Verständnis<br />

von Feuerwehr hätten als Deutsche. Sie merkte an, dass es in Rumänien ein Gesetz gebe,<br />

wonach Frauen maximal 5 kg tragen dürfen. Dadurch sind sie vom Feuerwehrdienst quasi ausgeschlossen.<br />

3.5.15 Zusammenfassende Bemerkungen<br />

In der Freiwilligen Feuerwehr, die auf lange Zeit ein allein männerdominierter Bereich war, hat sich<br />

spätestens seit der Durchführung eines wissenschaftlichen Projektes und der Implementierung vieler<br />

seiner Ergebnisse ein Strukturwandel angebahnt, der langsam bis in die lokalen Organisationen<br />

durchdringt. Insbesondere die Beachtung der Leitsätze, die gemeinsam mit Feuerwehrfrauen erarbeitet<br />

wurden, trägt zur Veränderung des Freiwilligen Feuerwehrwesens in Deutschland bei. Frauen sind<br />

von einer unsichtbaren zu einer sichtbaren Minderheit geworden. Verglichen mit den Frauenanteilen<br />

in Schweden, Frankreich oder Australien (siehe Abschnitt 2.2) besteht jedoch noch erheblicher Nachholbedarf.<br />

Insbesondere in Leitungs- und Führungsstrukturen sind Frauen, soweit ersichtlich, wenig<br />

repräsentiert.<br />

3.5.16 Literatur<br />

Darmstädter (2008/09), Silvia Darmstädter, Mädchen und Frauen in den Freiwilligen Feuerwehren.<br />

Ein Projekt des Deutschen Feuerwehrverbandes im Rahmen des Programms „Generations-<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 97


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

übergreifende Freiwilligendienste“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen<br />

und Jugend. Hg. Deutscher Feuerwehrverband, Ms., 4 S., Berlin 2008/09.<br />

Darmstädter (2012), Silvia Darmstädter, CTIF-Ausschuss: Frauen in der Feuerwehr, in: Deutsche Feuerwehr-Zeitung,<br />

Juli 2012, S. 8.<br />

Darmstädter (o. J.), Silvia Darmstädter, Projekt „Mädchen und Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr“<br />

des Deutschen Feuerwehrverbandes im Rahmen des Programms „Generationen übergreifen<br />

Freiwilligendienste“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend,<br />

Ms. 3 S., o. J.<br />

Deutsche Jugendfeuerwehr, Gender Mainstreaming, Ms., 3 S.<br />

(http://www.jugendfeuerwehr.de/files/gender_mainstreaming.pdf; Zugriff: 13. 8. 2012).<br />

Deutscher Feuerwehrverband (2005), Aufgaben und Tätigkeiten für Frauensprecherinnen in der<br />

Freiwilligen Feuerwehr. Fachempfehlung Nr. 4/2005 vom 25. 11. 2005, Berlin<br />

(http://www.dfv.org/fileadmin/dfv/Dateien/Fachthemen/FB_Frauen/<br />

051124_Fachempfehlung_Frauensprecherin.pdf; Zugriff: 12. 7, 2012).<br />

Deutscher Feuerwehrverband (2011), Feuerwehr-Jahrbuch 2011. Das Feuerwehrwesen in der Bundesrepublik<br />

Deutschland, Bonn 2011.<br />

Deutscher Feuerwehrverband, Projekt Frauen am Zug. Mädchen und Frauen in den Freiwilligen Feuerwehren<br />

(http://www.dfv.org/feuerwehrfrauen-netzwerk-projekt.html; Zugriff: 12. 9. 2012).<br />

Engelsing (1990), Tobias Engelsing, Im Verein mit dem Feuer. Die Sozialgeschichte der Freiwilligen<br />

Feuerwehr von 1830-1950, Faude, Konstanz 1990.<br />

Homfeldt et. al. (1995): Hans Günther Homfeldt et. al., Jugendverbandsarbeit auf dem Prüfstand. Die<br />

Jugendfeuerwehr - Perspektiven für das verbandliche Prinzip der Jugendarbeit. Weinheim:<br />

Juventa-Verl (Juventa-Materialien).<br />

Joeres (2009), Annika Joeres, Feuerwehr. Heldinnen im Einsatz, EMMA 2/2009<br />

(http://www.emma.de/hefte/ausgaben-2009/emma-das-heft-2009-2/feuerwehr-2009-02/;<br />

Zugriff: 15. 8. 2012).<br />

Netzwerk Feuerwehrfrauen e. V., Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr<br />

(http://www.netzwerk-feuerwehrfrauen.com/25.html; Zugriff: 15. 7. 2012).<br />

o. V. (2012), „Feuerwehr-Ehrenkreuz in Bronze macht Engagement sichtbar“, in: Deutsche Feuerwehr-Zeitung,<br />

Juli 2012, S. 7.<br />

Plehnert-Helmke (2005), Karin Plehnert-Helmke, Aufgaben und Tätigkeiten für Frauensprecherinnen<br />

in der Freiwilligen Feuerwehr, Fachempfehlung Nr. 4/2005 vom 25. 1. 2005;<br />

DFV-Empfehlung, Bundesgeschäftsstelle, Berlin 2005<br />

(http://www.dfv.org/fileadmin/dfv/Dateien/Fachthemen/FB_Frauen/<br />

051124_Fachempfehlung_Frauensprecherin.pdf; Zugriff: 18. 8. 2012).<br />

Voss (2006), Anja Voss, Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr. Handreichungen für die Praxis. Hg.<br />

Deutscher Feuerwehrverband, Berlin 2006<br />

(http://www.lfv-bb.de/dokumente/09131122%20-%20Handreichung%20Endfassung.pdf;<br />

Zugriff: 15. 7. 2012).<br />

Wetterer, Poppenhusen und Voss (2007), Angelika Wetterer & Margot Poppenhusen unter Mitarbeit<br />

von Anja Voss, Mädchen & Frauen bei der Feuerwehr. Empirische Ergebnisse – praktische<br />

98 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Freiwillige Feuerwehr (FF)<br />

Maßnahmen, Band 2, Forschungsreihe des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen<br />

und Jugend, 1. Nomos Verlag, Berlin 2007.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 99


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

3.6 Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. (JUH)<br />

Die Johanniter-Unfall-Hilfe 1 beging am 8. Mai 2012 ihr 60jähriges Jubiläum. Gegründet wurde sie im<br />

April 1952. Sie sieht sich mit ihrer humanitären Hilfe in der Tradition des evangelischen Johanniterordens<br />

(Die Johanniter, Seit 60 Jahren Freunde fürs Leben).<br />

3.6.1 Zur Geschichte des Johanniterordens<br />

Die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. ist ein Ordenswerk des Johanniterordens (Balley Brandenburg des<br />

Ritterlichen Ordens Sankt Johannis vom Spital zu Jerusalem). Letzterer umfasst ca. 4.000 Ritter und<br />

ist seit 1852 als altrechtlicher Verein verfasst. Seine wechselvolle Geschichte lässt sich bis auf die<br />

Gründung des Ritterordens der Johanniter im 11. Jahrhundert in Jerusalem zurückverfolgen. Im Jahre<br />

1099 wurde Jerusalem durch ein Kreuzfahrerheer erobert. Dort gab es ein Hospital, das sich der Pflege<br />

erkrankter christlicher Pilger widmete und das bereits 1048 urkundlich erwähnt wird. 2 Die dort<br />

tätige Hospitalbruderschaft gilt als Keimzelle des Johanniterritterordens, die sich etwa 1220 bis 1253<br />

zu einem geistlichen Ritterorden mit zwei Kernaufgaben<br />

• Dienst an kranken Menschen<br />

• Bekämpfung des Unglaubens (aus christlicher Sicht) und der Schutz der Pilger, auch mit militärischen<br />

Mitteln<br />

wandelte. Mit dieser Doppelfunktion, die sich in der Errichtung von Spitälern und dem Bau bzw. der<br />

Übernahme militärischer Befestigungen manifestierte, breitete sich der Orden im Mittelmeerraum<br />

und in Europa aus. Nach der Rückeroberung Jerusalems (1187 durch Saladin; 1244 durch die Choresmier)<br />

und Akkons (1291 durch ein mameluckisches Heer) wurde der Hauptsitz des Ordens schrittweise<br />

nach Westen verlagert (1291 nach Zypern, ab 1306 nach Rhodos, 1530 nach Malta, 1798 (nach<br />

der Besetzung Maltas durch napoleonische Truppen) nach Rom. Der Hauptsitz auf Malta über 2½<br />

Jahrhunderte lieferte auch die Bezeichnung „Malteser“ für den katholischen Zweig des Ordens.<br />

Der evangelische Zweig des Ordens ging aus der seit dem Mittelalter bestehenden Balley Brandenburg<br />

hervor, die mit dem Übertritt des Kurfürsten Joachim II. von Brandenburg zur Lutherischen Konfession<br />

im Jahre 1538/39 ebenfalls evangelisch wurde. Sie führte die alte Bezeichnung „Johanniter“<br />

fort. Im Zuge der Säkularisation 1811 wurde die Balley Brandenburg aufgehoben. Die Bezeichnung<br />

Johanniter lebte 1812 bis 1852 in einem königlich-preußischen Verdienstorden fort. 1852 wurde die<br />

Balley durch preußische Kabinettsorder als Johanniterorden wiederhergestellt, die Träger des erwähnten<br />

Verdienstordens wurden als „Ehrenritter“ übernommen. Die enge Verbindung des Ordens<br />

zum brandenburgischen bzw. preußischen Adel und Königshaus zeigt eine bemerkenswerte Kontinuität,<br />

die auch darin zum Ausdruck kommt, dass die Ordensleiter (Herrenmeister) seit 1693 bis heute<br />

ausschließlich aus dem Kreise der Prinzen in oder von Preußen rekrutiert werden.<br />

Der Johanniterorden versteht sich als geistlicher Ritterorden. Der „entmilitarisierte“ Doppelauftrag<br />

lautet in der Ordensregel: „Der Johanniter lässt sich rufen, wo die Not des Nächsten auf seine tätige<br />

1 Die folgende Darstellung und Analyse basieren auf einem Expertengespräch und der Auswertung von Dokumenten.<br />

2 Das Jahr 1048 wird teilweise, u. a. auf der Website der Malteser, auch als Gründungsjahr des Johanniterordens<br />

genannt (Malteser in Deutschland 2012, Malteserorden – 960 Jahre Geschichte).<br />

100 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. (JUH)<br />

Liebe und der Unglaube der Angefochtenen auf das Zeugnis seines Glaubens warten" (Die Johanniter,<br />

Aus Liebe zum Leben, 2012).<br />

1951 wurden die Johanniter-Hilfsgemeinschaften (JHG) gegründet, 1952 die Johanniter-Unfall-Hilfe e.<br />

V. (JUH) in Deutschland.<br />

3.6.2 Aufgaben und MitarbeiterInnen der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.<br />

Zu den Aufgaben der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. gehören Rettungsdienst, Krankentransport und<br />

Notfallfolgedienst, Bevölkerungsschutz und Notfallversorge, Ambulanzflug- und Auslandsrückholdienst<br />

sowie eine Vielzahl von Aufgaben in karitativen, sozial- und wohlfahrtspflegenden Bereichen<br />

(vgl. Die Johanniter, Jahresbericht 2011). Das innere Ziel der Organisation kann als „Dienst am Nächsten“<br />

umschrieben werden.<br />

Die Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. hat mehr als 13.000 hauptamtliche und ca. 30.000 ehrenamtliche<br />

Mitarbeiter. Dabei sind die ehrenamtlich Engagierten jung (im Mittel 33 Jahre alt).<br />

Sanitätsdienst, Rettungsdienst und Bevölkerungsschutz sind am stärksten ehrenamtlich besetzt. Im<br />

operativen Zivil- und Katastrophenschutz gibt es – nach Auskunft des Experten – keine hauptamtlich<br />

Tätigen. Zwei Drittel der bei den Johannitern ehrenamtlich Engagierten seien in diesem Bereich tätig.<br />

Die Regionalverbände haben allerdings einen hauptamtlichen Vorstand für die materielle Infrastruktur.<br />

Im Bevölkerungsschutz gebe es keine durchlaufende Alterspyramide, weil die meisten in diesem<br />

Bereich Aktiven mit 40-45 Jahren ausscheiden.<br />

Zwischen Ehrenamt und Hauptamt besteht Durchlässigkeit. So habe ein Mitglied des Bundesvorstandes<br />

mit 16 Jahren im Ehrenamt begonnen. Später sei er ins Hauptamt gewechselt.<br />

Generell seien bei der JUH etwa 60% der ehrenamtlich Engagierten Männer. Speziell im Bevölkerungsschutz<br />

liege der Frauenanteil niedriger – bei 30%.<br />

3.6.3 Frauen in Leitungs- und Führungspositionen der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.<br />

In den ehrenamtlichen Führungspositionen ist der Frauenanteil gering (10-15%). Nach Einschätzung<br />

des Experten spiegelt das die Geschlechterverhältnisse bei den operativen Kräften wider.<br />

Dem Jahresbericht 2011 lässt sich die geschlechtsspezifische Zusammensetzung der Bundesorgane<br />

entnehmen. So besteht der Bundesvorstand aus drei Männern, das Präsidium aus einem Präsidenten,<br />

zwei Vizepräsidenten und einer Vizepräsidentin. Unter den neun Präsidiumsmitgliedern sind zwei<br />

Frauen. Im Präsidialrat sind 20 Männer und keine Frau. Auf der Ebene der Bundesleitung der Gremien,<br />

die Bundesarzt, Bundespfarrer, Bundesjugendleiter, Bundesausbildungsleiter, den Bundesbeauftragten<br />

für Auslands- und Katastrophenhilfe und die Bundesbeauftragte für Gesundheitsdienst und<br />

Pflege umfasst, ist nur bei der letztgenannten Leitungsposition eine Frau zuständig. D. h., die Bundesorgane<br />

der JUH können durchaus als männerdominiert bezeichnet werden. Frauen bilden lediglich<br />

seltene Ausnahmen.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 101


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

3.6.4 Aus-, Fort- und Weiterbildung in der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.<br />

Die Ausbildung im Bereich Rettungsdienst sei grundständig und reiche von Erster Hilfe über die Ausbildung<br />

zum Sanitätshelfer und Rettungssanitäter bis zum organisatorischen Leiter Rettung.<br />

Auch die Fachausbildung im Bereich Katastrophenschutz ist eher männlich dominiert (ca. 85% Männer<br />

zu 15% Frauen). In anderen Bereichen seien die FachausbilderInnen überwiegend weiblich. Es<br />

gebe jedoch keine Geschlechterkonkurrenz um Ausbildungsplätze. Diese seien auf keiner Ebene<br />

knapp.<br />

Die Lehrgänge zum Gruppenführer bzw. zur Gruppenführerin werden relativ regional angeboten. Je<br />

höherwertig der Lehrgang sei, desto zentraler finde er statt. Auch in Bad Neuenahr werden Lehrgänge<br />

angeboten und wahrgenommen.<br />

Bezogen auf das Problem betreuender Eltern, insbesondere Mütter, die Betreuung ihrer Kinder im<br />

Laufe eines zentral (d. h. außerhalb ihres Wohngebietes) stattfindenden Lehrgangs oder einer sonstigen<br />

Veranstaltung zu gewährleisten: Es gibt keine Kinderbetreuungsangebote.<br />

3.6.5 Die Johanniter-Jugend<br />

Jugendliche sind in einem eigenen Jugendverband, der Johanniter-Jugend (JJ), organisiert. In diesem<br />

Rahmen findet eine thematische Heranführung an die relevanten Aufgaben der Johanniter statt. Die<br />

Jugendlichen seien im selben Gebäude untergebracht wie die Erwachsenen, wobei es Berührungspunkte<br />

gebe. Jeder Fünfte aus dem Jugendverband engagiert sich beim Johanniter-Sanitätsdienst im<br />

Bevölkerungsschutz. Jeder Vierte aus dem Jugendverband engagiert sich bei der Johanniter-Unfall-<br />

Hilfe.<br />

Insgesamt sind 12.000 Jugendliche bei den Johannitern, davon 7.000 Schulsanitäter. 5.000 sind in der<br />

klassischen Johanniterjugend. Die Geschlechterproportionen bei Jugendlichen sind relativ ausgeglichen.<br />

An Schulen wird ein Schulsanitätsdienst organisiert. Dies läuft wie folgt ab: Ein Jugendleiter der Johanniter<br />

geht an eine Schule und gründet eine AG für Erste Hilfe und Sanitätsdienst. Das Interesse bei<br />

Jugendlichen am Schulsanitätsdienst sei relativ groß. Jedoch sei bei den Jugendlichen, die sich im<br />

Schulsanitätsdienst engagieren, das Interesse am Verbleib bei den Johannitern und einer Mitgliedschaft<br />

eher gering. Schulsanitätsdienst habe teilweise einen unverbindlichen Projektcharakter. Jungen<br />

und Mädchen sind im Schulsanitätsdienst in etwa paritätisch vertreten.<br />

Die Jugendverbände der Hilfsorganisationen kooperieren miteinander und treffen sich, auch zum<br />

Austausch über Probleme und Lösungskonzepte.<br />

3.6.6 Gender Mainstreaming bei der Johanniter-Jugend<br />

Bemerkenswert ist, dass die Johanniter-Jugend Gender Mainstreaming vertritt und anstrebt. In einer<br />

Internetpublikation zu diesem Thema aus dem Jahr 2005, die von der AG Gender Mainstreaming der<br />

Johanniter-Jugend verfasst wurde, wird zunächst Gender Mainstreaming erläutert. Es wird auf Artikel<br />

2 der Jugendordnung (JO) verwiesen, in der als Aufgabe der Johanniter-Jugend (JJ) bezeichnet wird:<br />

„Die Förderung der individuellen Entwicklung junger Menschen und die Erziehung zur Achtung vor<br />

anderen Menschen: Die JJ will Kinder und Jugendliche in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung<br />

102 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. (JUH)<br />

fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden und abzubauen“ (Johanniter-Jugend,<br />

Gender Mainstreaming ist (für) uns wichtig). Nicht nur in der Jugendordnung, sondern auch „im ersten<br />

Satz unseres Leitbildes“ erklärt die JJ, „dass wir Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ‚unabhängig<br />

von Nationalität, Geschlecht, politischer und religiöser Weltanschauung … eine lebendige<br />

Gemeinschaft [bieten], die in vielfältigen Aktivitäten konkret umgesetzt und damit erfahrbar wird‘“.<br />

Des Weiteren wird erläutert, dass beide Geschlechter der JJ gleich viel wert sind, dass sie „gleiche<br />

Chance, Rechte und Pflichten haben“ und dass leitbildgemäß „Demokratie und deren praktisches<br />

Erleben“ der JJ wichtig seien.<br />

Ein Blick auf die Besetzung ehrenamtlicher und hauptamtlicher Positionen bei der JJ zeigt ein relativ<br />

ausgewogenes Geschlechterverhältnis, dass überwiegend als paritätisch bezeichnet werden kann.<br />

Ebene/Veranstaltung<br />

Anzahl Mädchen/Frauen<br />

Anzahl Jungen/Männer<br />

Frauenanteil<br />

in %<br />

Landesjugendleitungen 22 25 47<br />

Landesjugend-<br />

Dezernenten/Dezernentinnen<br />

4 5 44<br />

Hauptamtliche in der BG 0 2 0<br />

Fachausbilder/Fachausbilderinnen 12 9 57<br />

Kongress 2003 37 23 62<br />

Bundespfingstzeltlager 2004 504 516 49<br />

Summer School 2004 33 34 49<br />

DEKT 2005 95 85 53<br />

Abb. 3.5.<br />

Geschlechterproportionen bei der Johanniter-Jugend. Quelle: Johanniter-Jugend<br />

(2005), Gender Mainstreaming ist (für) uns wichtig.<br />

Die Zahlen in der Tabelle sind nur teilweise datiert. Zu vermuten ist, dass sie weitgehend den Stand<br />

2003-2005 wiedergeben.<br />

Selbstkritisch wird darauf verwiesen, dass die Ausgewogenheit in der Besetzung der Führungskräfte<br />

der JJ noch keine Aussagen darüber zulässt, ob auch „Mitsprache, Mittel und Interessenvertretung<br />

zwischen den Geschlechtern“ paritätisch verteilt sind. So sei die Frage des Mitteleinsatzes im Verhältnis<br />

zum Gesamthaushalt eine offene Frage, ebenso wie die Geschlechterverteilung an den jeweiligen<br />

Standorten. Es sei daher unklar, inwieweit das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit bereits erreicht<br />

sei. Daher sei die Einführung von Gender Mainstreaming die geeignete Strategie, 1. um die<br />

Situation im Verband genau zu analysieren, 2. um sich darauf beziehende Maßnahmen zu entwickeln<br />

und umzusetzen. D. h., „Gender Mainstreaming dient uns also dazu, die in Leitbild und Jugendordnung<br />

ausgedrückte Gleichstellung von Mädchen und Jungen bzw. Frauen und Männern zu überprüfen,<br />

und darüber hinaus eine tatsächliche Gleichberechtigung der Geschlechter im Jugendverband zu<br />

erreichen“. Gender Mainstreaming wird als eine alle Ebenen einbeziehende Querschnittsaufgabe<br />

gesehen. Insbesondere Leitungskräfte und Funktionstragende seien für deren Umsetzung verantwortlich.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 103


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

In der Internetpublikation „Gender Mainstreaming ist (für) uns wichtig“ werden schließlich Ziele formuliert,<br />

die der Implementierung von Gender Mainstreaming in die Verbandskultur der JJ dienen<br />

sollen. Da dieses Vorhaben – entsprechend unserer Recherchen und ExpertInnengespräche – der<br />

Johanniter-Jugend derzeit noch Alleinstellungsmerkmale verleiht – keine andere der untersuchten<br />

Organisationen einschließlich ihrer Jugendverbände hat eine so fundierte und reflektierte Erklärung<br />

zum Gender Mainstreaming verfasst 1 –, sollen die Ziele zur Implementierung von Gender<br />

Mainstreaming hier in voller Länge wiedergegeben werden:<br />

„1. In der JJ wird eine Kultur der Offenheit, Ehrlichkeit, Gleichberechtigung und des gegenseitigen<br />

Respekts gelebt.<br />

2. Frauen und Männer, Mädchen und Jungen partizipieren im gleichen Maße an den Entscheidungen,<br />

üben im gleichen Maße Einfluss aus und haben gleichen Zugang zu Informationen und Ressourcen.<br />

Damit meinen wir auch, dass vorhandene informelle Kommunikationswege benannt und Entscheidungen<br />

transparent gemacht werden.<br />

3. Unsere ehren- und hauptamtlichen Funktionstragenden haben Genderkompetenz und arbeiten<br />

gleichberechtigt zusammen. Ehren- und hauptamtliche Funktionstragende agieren gleichberechtigt<br />

und partnerschaftlich.<br />

Damit meinen wir insbesondere<br />

- Unsere Gremien und Arbeitsgruppen sind geschlechterbewusst besetzt.<br />

- Die Ausschreibungen von Ämtern und Stellen sind geschlechtergerecht.<br />

- Unsere Mitarbeitenden achten bei der Besetzung von ehren- und hauptamtlichen Stellen auf<br />

Chancengleichheit.<br />

- Bei der Gestaltung von Arbeitsbedingungen wird auf die individuellen Bedürfnisse von Frauen<br />

und Männern gleichermaßen Rücksicht genommen.<br />

- Ehren- und hauptamtliche Funktionstragende agieren gleichberechtigt und partnerschaftlich.“<br />

Hervorzuheben ist, dass in den formulierten Zielen auch geschlechtergerechtes Budgetieren angesprochen<br />

und vertreten wird (vgl. Eckhart, Hilbert und Moser-Simmill 2011). Diese Internetpublikation<br />

der AG Gender Mainstreaming der Johanniter-Jugend ist durchdacht und könnte anderen Hilfsorganisationen<br />

als Anregung dienen.<br />

3.6.7 Gleichstellungsbeauftragte und Frauenförderung<br />

In der JUH gibt es für ehrenamtlich engagierte Frauen keine Gleichstellungsbeauftragte.<br />

Frauen seien im Bevölkerungsschutz der Johanniter noch rar gesät. Dies ergebe sich zufällig. Die Johanniter<br />

hätten dies als gegeben hingenommen. Es finde – so die Auskunft des Experten – auch keine<br />

bewusste Frauenförderung statt.<br />

1 Die Arbeiter-Samariter-Jugend verweist lediglich auf eine Internetseite des BMFSFJ Bundesministeriums für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend (http://www.gender-mainstreaming.net/), auf der Gender Mainstreaming<br />

erläutert wird. Zum Gender Mainstreaming in der Jugend-Feuerwehr siehe Abschnitt 3.5.10.<br />

104 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. (JUH)<br />

Generell ist allerdings auf das Leitbild in der Jugendordnung der Johanniter zu verweisen, in dem<br />

ausdrücklich Frauen und Männern die gleichen Zugangsmöglichkeiten und Chancen zugebilligt werden<br />

(vgl. Abschnitt „Gender Mainstreaming bei der Johanniter-Jugend“).<br />

3.6.8 Rekrutierung von Nachwuchs und das Halten aktiver Mitglieder<br />

Die Rekrutierung von Nachwuchs, der bei den Johannitern dauerhaft blieb, erfolgte in der Vergangenheit<br />

vielfach über den Zivildienst und Rettungsdienst. Die JUH braucht nach Auskunft des Experten<br />

keine Werbekampagnen durchführen. Ehrenamtlich Engagierte werden über Ausbildungskurse<br />

und Führerscheinkurse gewonnen. Die eigentlichen Werbeträger seien die ehrenamtlich Tätigen.<br />

Zudem brächten viele Ehrenamtliche ihren Partner oder ihre Partnerin mit oder sie hätten ihn oder<br />

sie bei den Johannitern kennengelernt. Oft sind beide Partner im Ehrenamt bei den Johannitern. Bislang<br />

seien die Zahlen ehrenamtlicher Mitglieder stabil (vgl. Johanniter-Unfallhilfe, Jahresbericht 2011,<br />

S. 29).<br />

Zu verzeichnen sei, dass es biographische Brüche im Ehrenamt gebe, wenn eine Familie gegründet<br />

wird oder voll in den Beruf gestartet wird. Zudem sei die Bereitschaft, sich längerfristig zu engagieren,<br />

nicht mehr so gegeben wie früher. Dabei müsse jedoch auch gesehen werden, dass die zeitliche<br />

Verfügbarkeit allein nichts über die Qualität des Engagements aussagen würde.<br />

Der Frage, wie die Bindungsbereitschaft der ehrenamtlich Engagierten an die Johanniter erhöht werden<br />

könne, werde im Oktober 2012 in einem Fachforum nachgegangen. Der Experte sah als wesentliches<br />

Problem gegeben, dass durch die vielfachen biographischen Brüche in den Lebensverläufen die<br />

Vereinbarkeit von Ehrenamt und Beruf problematisch sei.<br />

Bislang werde die Mitgliederverwaltung ehrenamtlich Engagierter noch nicht informationstechnisch<br />

unterstützt. Sobald ein IT-System zur Mitgliederverwaltung aufgebaut sei, werde bei Austrittsvorgängen<br />

auch der Austrittsgrund mit erhoben werden. Bisher sei das Vorgehen so, dass man Austrittswillige<br />

ohne weitere Intervention gehen lasse. Wenn es allerdings erkennbare Konflikte gebe, versuche<br />

man, Austrittswillige zu halten.<br />

3.6.9 Zusammenfassende Bemerkungen<br />

Bei den Johannitern ist der Frauenanteil bei den operativen Kräften gering, aber mit 30% nicht unerheblich.<br />

Auf der Ebene von Führungskräften halbiert er sich. Es ist nicht erkennbar, dass die Johanniter-Unfall-Hilfe<br />

sich um Frauenförderung bemüht. Anders ist dies bei der Johanniter-Jugend, die sich<br />

bereits 2005 Ziele gesetzt haben und Maßnahmen vorgesehen haben, um Gender Mainstreaming zu<br />

realisieren. Bezogen auf die Konsequenz der Umsetzung von Gender-Mainstreaming-Strategien zeigt<br />

das Leitbild der Johanniter-Jugend Alleinstellungsmerkmale.<br />

3.6.10 Literatur<br />

Die Johanniter, Aus Liebe zum Leben<br />

(http://www.johanniter.de/die-johanniter/johanniterorden/; Zugriff: 9.9.2012).<br />

Die Johanniter, Seit 60 Jahren Freunde fürs Leben, Berlin, 8. Mai 2012<br />

(http://www-johanniter.de/index.php?id=112383; Zugriff: 26. 8. 2012).<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 105


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

Eckhart, Hilbert und Moser-Simmill (2011), Elisabeth Eckhart, Sabine Hilbert und Maria Moser-<br />

Simmill, Leitfaden Geschlechtergerechtes Budgetieren. Schwerpunkt regionale und kommunale<br />

Budgets, hgg. von der NÖ Landesakademie, Pölten Juni 2011.<br />

Johanniter-Jugend (2005), Gender Mainstreaming ist (für) uns wichtig. Erarbeitet im Auftrag der Bundesjugendleitung<br />

von der AG Gender Mainstreaming in der Johanniter-Jugend unter Berücksichtigung<br />

der Beschlüsse der aej, August 2005<br />

(http://www.johanniter.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/JUH/JJugend/<strong>Download</strong>/<br />

Gender_Mainstreaming.pdf; Zugriff: 25. 8. 2012).<br />

Johanniter-Unfall-Hilfe e. V., Jahresbericht 2011. Der Leistungsbericht<br />

der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V.<br />

(http://static2.johanniter.de/user_upload/Bilder/JUH/BG/Publikationen/Jahresbericht/<br />

P120262_JB_2011_120622_web.pdf; Zugriff: 26. 8. 2012).<br />

Malteser in Deutschland, Malteserorden – 960 Jahre Geschichte<br />

(http://www.malteser.de/ueber-die-malteser/geistig-religioese-grundlagen/geschichte-desmalteserordens.html;<br />

Zugriff: 24. 8. 2012).<br />

106 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Malteser Hilfsdienst e. V. (MHD)<br />

3.7 Malteser Hilfsdienst e. V. (MHD)<br />

Der Malteser Hilfsdienst (MHD) begann 1953 seine Ausbildungstätigkeit in Erster Hilfe und ist seit<br />

1955 ein eingetragener Verein, der sich durch gemeinsame geistige Grundlagen, seine Satzung und<br />

seine Praxis eng mit dem Malteser-Ritterorden und dem Deutschen Caritasverband e. V. verbunden<br />

sieht. 1<br />

3.7.1 Zur Geschichte des Malteserordens<br />

Der Malteserorden (Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom Heiligen Johannes zu Jerusalem, genannt<br />

von Rhodos, genannt von Malta) ist der römisch-katholische Zweig des im 11. Jh. in Jerusalem<br />

gegründeten Johanniterordens. Anmerkungen zur gemeinsamen Geschichte des Johanniterordens<br />

bis zur konfessionellen Trennung (in Deutschland 1538) finden sich im Abschnitt 3.6.1.<br />

Der Malteserorden, bis 1798 mit Hauptsitz auf Malta und mit Besitzungen in ganz Europa, seither mit<br />

Hauptsitz In Rom, beansprucht auch nach dem Verlust staatskonstituierender Territorien vor und im<br />

Zuge der Säkularisation (Rheinbund 1806 ff.) Souveränität, die von über 100 Staaten anerkannt wird.<br />

Er hat damit, auch gestützt durch die enge Verbindung zur römisch-katholischen Kirche, eine mittelalterliche<br />

Form personenverbandlicher Internationalisierung bis in die an Nationalstaaten und ihren<br />

Verbindungen orientierte Gegenwart bewahren können.<br />

In Deutschland wurde der Malteserorden in Form der Genossenschaft der Rheinisch-Westfälischen<br />

Malteser Devotionsritter (1859) und des Vereins Schlesischer Malteserritter (1867) reinstitutionalisiert.<br />

Beide widmeten sich dem Sanitätsdienst in Kriegszeiten. Im Zuge des deutsch-dänischen Krieges<br />

1864 wurde aufbauend auf das dortige Militärlazarett 1865 von der Genossenschaft der Rheinisch-<br />

Westfälischen Malteser Devotions-Ritter e. V. das St.-Franziskus-Hospital in Flensburg als erstes Ordenskrankenhaus<br />

gegründet (Malteser Krankenhauses St. Franziskus-Hospital, Wie alles begann).<br />

1993 schlossen sich die beiden genannten Assoziationen des Ordens zur Deutschen Assoziation zusammen.<br />

Sie hat ca. 550 Mitglieder (Malteser in Deutschland, Deutsche Assoziation des Malteserordens).<br />

3.7.2 Aufgaben und MitarbeiterInnen des Malteser Hilfsdienst e.V.<br />

Der Malteser Hilfsdienst engagiert sich im Katastrophenschutz, in Erster Hilfe-Ausbildung und im<br />

Sanitätsdienst sowie in vielfältigen Sozialdiensten. 2 Seit mehr als zwanzig Jahren haben die Malteser<br />

zudem die Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) in ganzheitlicher Perspektive als eine der ersten<br />

Organisationen in ihre Tätigkeitsbereiche aufgenommen. Bei den Maltesern handele es sich um eine<br />

1 Der Malteser Hilfsdienst ist lt. Satzung (vgl. Präambel) ein Werk des Malteser-Ritterordens. Er wurde im Jahre<br />

1953 von der Genossenschaft der Rheinisch-Westfälischen Malteser-Devotionsritter, dem Verein Schlesischer<br />

Malteserritter und dem Deutschen Caritasverband e.V. gegründet. Die Deutsche Malteser Assoziation als<br />

Rechtsnachfolgerin der rheinisch-westfälischen und der schlesischen Assoziationen und der Deutsche Caritasverband<br />

e. V. sind als Gründer ordentliche Mitglieder des Malteser Hilfsdienst e. V. (§ 3 Abs. 4 der Satzung).<br />

Umgekehrt ist der MHD als Fachverband dem Deutschen Caritasverband e. V. angeschlossen (§ 2 Abs. 3 der<br />

Satzung).<br />

2 Grundlage für die folgende Darstellung und Analyse ist ein Gespräch mit zwei Experten des Bundesverbandes<br />

der Malteser und die Auswertung von Dokumenten.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 107


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

Organisation mit (methodisch) deutlichem Profil und spezifischen Chancen. Ihr Alleinstellungsmerkmal<br />

ist laut Einschätzung der Experten die Wertorientierung als Basis für die Akquise.<br />

Unter den 44.000 aktiven Mitgliedern der Malteser sind 20.000 Frauen und 24.000 Männer.<br />

Im Zivil- und Katastrophenschutz sind 10.000 Kräfte ehrenamtlich engagiert, zudem – in etwa entsprechend<br />

der Zahl der Diözesen – 30 Vollzeitkräfte. Die Führungsgespanne in den 27 Diözesen bestehen<br />

jeweils aus einer hauptamtlich und einer ehrenamtlich tätigen Person. Auf operativer Ebene<br />

sind die Malteser zu 100% ehrenamtlich engagiert.<br />

Zur Trennlinie zwischen Ehrenamt und Nicht-Ehrenamt: Je nach Tätigkeit ist die Aufwandsentschädigung<br />

pauschaliert und geht nicht über die Auslagen hinaus. Dann kann von einem rein ehrenamtlichen<br />

Engagement gesprochen werden. D. h., soweit die Beträge pauschaliert sind, handelt es sich um<br />

eine ehrenamtliche Tätigkeit. Jedoch brauchen Ehrenamtliche nichts „mitbringen“. Wenn Personen<br />

jedoch fast wöchentlich engagiert sind, z. B. bei häufigen oder regelmäßigen Großveranstaltungen,<br />

handelt es sich nicht um eine ehrenamtliche Tätigkeit, weil stundenweise abgerechnet wird. Es gibt<br />

häufige oder regelmäßige Großveranstaltungen, die betreut werden; dies erfolgt nicht ehrenamtlich.<br />

In ihrer Abgrenzung folgen sie Herrn Warmbrunn (vgl. Warmbrunn 2011).<br />

2007 wurde eine Mitarbeiter- und Helferbefragung zur internen Organisation durchgeführt. Insgesamt<br />

wurden 7.500 hauptamtlich Tätige in die Befragung einbezogen, bei den ehrenamtlich Engagierten<br />

wird die entsprechende Grundgesamtheit nicht genannt. Der Rücklauf betrug insgesamt 1116<br />

beantwortete Fragebögen, davon 67% in Papierform und 33% online. An der Befragung beteiligten<br />

sich 722 Männer und 362 Frauen. Bei der Befragung sollte der interne Informationsfluss bewertet<br />

werden (Die Fragen betrafen insbesondere: 1a Qualität der fachlichen Information, 1b Information<br />

über anderes Interessante, 1c Menge an Informationen, 2 Informationen von übergeordneter Stelle<br />

und deren Ansprechbarkeit.) Im Mittel ergibt sich aus der Befragung, dass die Bewertungen zwischen<br />

Haupt- und Ehrenamt nicht differieren, wohl aber zwischen den Geschlechtern, wobei zu sehen ist,<br />

dass unter den männlichen Befragten 40% Führungskräfte waren, unter den weiblichen nur 18%. Im<br />

Ergebnis der Befragung war bei Frauen die Zufriedenheit mit den Informationsflüssen durchgängig<br />

geringfügig höher als bei Männern. Hier wäre zu prüfen, ob die geschlechtsspezifischen Unterschiede<br />

in der Zufriedenheit mit dem Informationsfluss durch den höheren Anteil der Führungskräfte bei den<br />

männlichen Antwortenden als intervenierende Variable beeinflusst sein könnte (vgl. Malteser Hilfsdienst<br />

(2007), Projekt interne Kommunikation).<br />

3.7.3 Geschlechterproportionen im Malteser Hilfsdienst e.V.<br />

Der Frauenanteil liegt bei den sozialen Diensten (Besuchs- und Begleitungs- und Pflegedienste, Hospizdienst)<br />

erheblich höher als im Katastrophenschutz und Rettungsdienst. Die Seelsorge werde vielfach<br />

von Frauen geleistet. Dafür sei kein Theologe erforderlich, auch eine Diakonin könne diese Aufgabe<br />

übernehmen. Der MHD verfügt nicht über differenzierte statistische Daten der ehrenamtlichen<br />

weiblichen Mitarbeiter im Zivil- und Katastrophenschutz. Der Katastrophenschutz werde stark durch<br />

das operative Geschehen geprägt. Das Alltagsgeschäft bestehe in der Vorbereitung auf den Einsatz.<br />

Im Katastrophenschutzbereich herrsche eher ein männlicher Stil (Frauenanteil ca. 20%).<br />

In der Satzung und den Leitsätzen (Malteser Hilfsdienst e. V., Unsere Leitsätze) des MHD finden sich<br />

keine Hinweise auf Gleichbehandlung und Frauenförderung.<br />

108 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Malteser Hilfsdienst e. V. (MHD)<br />

Die Struktur der Organisation des Malteser Hilfsdienst e. V. hänge stark damit zusammen, dass es<br />

den Zivildienst gab. Gezielt wurden künftige Mitarbeiter aus den ihren Zivildienst leistenden Männern<br />

rekrutiert. Das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) werde häufiger von Frauen absolviert. Alles laufe daher<br />

darauf hinaus, dass der Katastrophenschutz bei den Maltesern weiblicher werde. Dadurch werde sich<br />

die Verbandskultur grundlegend ändern.<br />

3.7.4 Frauen in Leitungs- und Führungspositionen im Malteser Hilfsdienst e.V.<br />

Die Leitung der Diözesen besteht aus je einer hauptamtlich und einer ehrenamtlich tätigen Kraft. Die<br />

27 ehrenamtlichen Diözesanleitungen sind mit Ausnahme von zwei Frauen durch Männer besetzt.<br />

In Erwägung der Gründe für den niedrigen Frauenanteil in Leitungs- und Führungspositionen, insbesondere<br />

auch im operativen Bereich des Zivil- und Katastrophenschutzes, wurde von den Experten<br />

angeführt, dass Frauen im operativen Bereich eher gefühlsorientiert seien als Männer. Im Katastrophenschutz<br />

müssten jedoch rationale Entscheidungen getroffen werden. Allerdings seien Frauen in<br />

Führungspositionen und solche, die an Lehrgängen für die Ausbildung von Führungsqualifikationen<br />

teilnähmen, anders. Sie seien anders strukturiert und werden als analyseorientiert charakterisiert.<br />

Frauen seien zudem in männerdominierten Organisationsbereichen ein Korrektiv mit höherer Sozialkompetenz.<br />

Zu sehen sei, dass die operative Führungsausbildung eine bestimmte Bewusstseinsebene<br />

voraussetze. Ein „Checklistenmanagement“ sei wenig hilfreich. Vielmehr müsse ein Bewusstsein dafür<br />

entwickelt werden, wie man auf vernünftige Weise zu Lösungen kommen kann, die situativ an die<br />

zu führenden Personen und an die jeweilige Lage angepasst sein sollten.<br />

Eine Voraussetzung für die Gewinnung von Führungskräften bei den Maltesern sei, dass die Kandidaten<br />

bereits im Alltag über einen gewissen Erfolg verfügen müssten. Wenn jemand im Beruf keinen<br />

Erfolg habe, habe er diesen auch nicht im Ehrenamt.<br />

Das bedeutet, dass für die Malteser Frauen, die vornehmlich Kinder betreuen und den Haushalt versorgen<br />

und daher nicht oder nur in untergeordneten Positionen arbeiten, weil sie der Familie den<br />

Vorrang vor ihrem beruflichen Erfolg gegeben haben, für eine Führungsposition wohl kaum in Frage<br />

kommen. Bei Arbeitslosen ist in vielen Fällen nicht davon auszugehen, dass die Arbeitslosigkeit selbst<br />

verschuldet wurde (z. B., wenn das Arbeit gebende Unternehmen insolvent wurde). D. h., der Schluss<br />

vom beruflichen Erfolg auf den entsprechenden Erfolg im Ehrenamt ist problematisch.<br />

Wie an den geringen Frauenanteilen bei den Maltesern auf Leitungsebene abgelesen werden kann,<br />

ist es offenbar immer noch schwierig und konfliktbehaftet, Frauen z. B. als Geschäftsführerinnen<br />

einzusetzen. Unter allen GeschäftsführerInnen der Malteser in Deutschland sind zwei Frauen. Nach<br />

wie vor werden auch Geschlechterrollenkonzepte vertreten, in denen Frauen auf familiale Rollen<br />

verwiesen werden.<br />

3.7.5 Die Malteser Jugend<br />

Die Malteser Jugend ist ein Verband im Verband mit eigenen Regularien und eigener Vertretungsstruktur.<br />

Weder in der Jugendordnung (Malteser Jugend, Jugendordnung) noch in den Qualitätszielen<br />

der Malteser Jugend (Malteser Jugend (2001), Qualitätsziele der Malteser Jugend) finden sich Hinweise<br />

auf eine Förderung von Mädchen und jungen Frauen unter Gleichstellungsaspekten. Frauen<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 109


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

werden auch sprachlich nicht adressiert. Alle Positionen, z. B. „Gruppenleiter“, „Jugendsprecher“,<br />

„Rechnungsprüfer“ etc. werden in der männlichen Form bezeichnet.<br />

Die Jugendorganisation wurde 1979 gegründet. Sie wurde von den Maltesern nie als reine Nachwuchsorganisation<br />

betrachtet. Die Malteser Jugend hat ca. 9.000 Mitglieder und ca. 600 Gruppen in<br />

Deutschland (vgl. Malteser Jugend, Grundlagen). Bis zum Alter von 18 Jahren gehören junge Männer<br />

und Frauen zur Malteser Jugend. Die Grundlage für das Mitwirken in der Malteser Jugend ist eine<br />

christliche Einstellung. In kleinen Gruppen treffen sich 10 Jugendliche wöchentlich mit 1-2 GruppenleiterInnen.<br />

Die Gruppen werden überwiegend von Frauen gleitet. Bei den Treffen geht es um Spiele,<br />

Spaß, Bildungsarbeit, soziales Engagement und Grundlagen im Sanitätsbereich. Diverse junge Menschen<br />

bleiben auch nach Verlassen der Malteser Jugend im Sanitätsbereich der Malteser. Die Malteser<br />

Jugend leistet z.B. Einsätze bei den Viertelszügen im Kölner Karneval.<br />

Seit einigen Jahren gibt es eine starke Aktivitätslinie im Schulsanitätsdienst (SSD). Die Gründung eines<br />

solchen Dienstes an einzelnen Schulen erfolgt folgendermaßen: An einer Schule gründen einzelne<br />

Personen eine AG. Dies können Malteser sein oder auch Lehrer an der Schule oder andere Personen.<br />

Dadurch erfüllt der Schulleiter seine Pflicht, die Betriebssicherheit aufrecht zu erhalten. Zugleich<br />

werden potentielle Nachwuchskräfte ausgebildet. Der Schulsanitätsdienst ist klar ausgerichtet auf<br />

„Blaulicht“. Schulsanitäter sind Schüler aller Schularten. Die Malteser betrachten sich als marktführend<br />

im Schulsanitätsdienst. Der Schulsanitätsdienst kann je nach Gemeinde finanziell unterstützt<br />

werden. Im Schulsanitätsdienst sind nicht auffällig mehr Mädchen oder Jungen. Beim letzten Bundeswettbewerb<br />

von Einsatzsanitätern, Schuljugend und Schulsanitätern waren zwei von drei Wettbewerbern<br />

(Jugendlichen) weiblich.<br />

Der Schulsanitätsdienst fördere die Chancen von SchülerInnen in der Gesellschaft. Auch für benachteiligte<br />

Jugendliche kann das ehrenamtliche Engagement Chancen eröffnen, es verschafft ihnen mehr<br />

Möglichkeiten gesellschaftlicher Teilhabe. Das Ehrenamt kann in diesem Sinne als Ein- und Aufstiegskanal<br />

gesehen werden. Feststellbar ist für die Malteser, dass der Zusammenhang zwischen bürgerschaftlichem<br />

Engagement und Bildung im Allgemeinen stark ist.<br />

3.7.6 Gleichstellungsbeauftragte und Frauenförderung<br />

Bei den Maltesern gibt es keine Gleichstellungsbeauftragte. Eine durch den Bundesverband institutionalisierte<br />

Frauenförderung findet nicht erkennbar statt. Die örtliche Verbandskultur der Malteser<br />

könne stark differieren, so dass in der einen Diözese eher Frauen gefördert würden, in einer anderen<br />

weniger.<br />

Die Experten sprachen sich gegen Quotierungen für das Ehrenamt (auch in leitender Funktion) aus.<br />

Quoten könnten allerdings als Zielvorgaben durchaus sinnvoll sein, um verkrustete Strukturen aufzubrechen.<br />

3.7.7 Rekrutierung von Nachwuchs und Halten von aktiven Mitgliedern<br />

Die Rekrutierung von ehrenamtlich tätigen Kräften erfolgt im Wesentlichen über Mund-zu-Mund-<br />

Propaganda. Bei der Rekrutierung und Ansprache von Männern und Frauen seien etwa 85% aller<br />

Aspekte bei beiden Geschlechtern gleichgelagert, ca. 15% seien frauenspezifisch. Bei der Kommunikation<br />

mit Frauen fehle z. T. die erforderliche Sensibilität.<br />

110 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Malteser Hilfsdienst e. V. (MHD)<br />

Bezogen auf die Frage, ob es heutzutage mehr Schwierigkeiten als früher gebe, das Ehrenamt mit<br />

sonstigen Tätigkeiten zu vereinbaren, waren die Experten der Auffassung, dass die Individualisierung<br />

von Menschen und ihren Lebensverläufen entscheidend seien. Maßnahmen müssten dort ansetzen.<br />

Sie sollten für Männer und Frauen gleich sein. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass bei gleichen<br />

Maßnahmen für Männer und Frauen übersehen werden kann, dass die Lebenswirklichkeit von Männern<br />

und Frauen häufig ungleich ist (allein schon, wenn an die überwiegend noch vorherrschende<br />

Verteilung von Aufgaben im familialen Bereich gedacht wird).<br />

Die Mitgliederstruktur entspreche den Befunden in den Freiwilligensurveys. Im Unterschied zu diesen<br />

gebe es jedoch im MHD, anders als in den Freiwilligensurveys – keine Familienlücke im Katastrophenschutz<br />

und Sanitätsdienst bei den jüngeren ehrenamtlich Engagierten (bis 40 Jahre). Wie in den<br />

Freiwilligensurveys sei eine Lücke bei den 50-59jährgen aktiven Mitgliedern zu konstatieren. Im Katastrophenschutz<br />

ist die Mitgliederentwicklung stagnierend stabil, während sie in sozialen Diensten<br />

ansteigt.<br />

Die Malteser haben früher nicht ausdrücklich mit der Freistellung vom Wehrdienst geworben. Sie<br />

sehen jedoch durch den Wegfall des Wehrdienstes einen wesentlichen Umbruch in der Struktur. Die<br />

Gesprächspartner vermuten, dass sich der männliche Stil im Katastrophenschutz reduzieren wird.<br />

3.7.8 Motivation im Ehrenamt<br />

Im Ehrenamt gebe es ein bewusstes Suchen nach dem alter ego. Bei jemandem, der im Alltag als<br />

Ingenieur arbeite, könne das ehrenamtliche Engagement (als Ausgleich) z.B. in der Hospizarbeit liegen.<br />

Dabei sei die Ausgangsqualifikation im Zivil- und Katastrophenschutz ebenso hoch wie im Hospizdienst,<br />

in letzterem vielleicht sogar noch höher.<br />

In der Erfüllung ihrer ehrenamtlichen Aufgaben suchten insbesondere Männer stärker nach spezifischen<br />

Formen öffentlicher Anerkennung. Sie möchten gerne vorne stehen, etwas bestimmen. Darin<br />

spiegele sich etwas Traditionelles. Frauen könne man demgegenüber mit Zutrauen in ihre Fähigkeiten<br />

„locken“. D. h., „Man kann sie damit locken, dass man ihnen etwas zutraut!“<br />

Durch Individualisierungsprozesse verändert sich die Motivlage. Ehrenämter müssten so gestaltet<br />

werden, dass sie den Motivlagen entsprechen. Junge Menschen wollen etwas lernen, ältere wollen<br />

ihre Erfahrungen einbringen und weitergeben. Ein ganz altes Motiv sei das Gemeinschaftsmotiv sowie<br />

der Wunsch nach Anerkennung.<br />

Eine wesentliche Aufgabe in den Hilfsorganisationen sei es, das Aufgabenspektrum auf die individuellen<br />

Motivlagen hin zu organisieren. Die Aufgabenverteilung könnte in Abhängigkeit von den jeweiligen<br />

Motivlagen unterschiedlich geschnitten werden. Menschen sollten aufgabenspezifisch eingesetzt<br />

werden. Dabei sollte nicht schematisch auf Alter und Geschlecht geachtet werden. So könnten Tätigkeiten<br />

unterschiedlich zu Aufgaben oder Aufgabenbündeln zusammengefasst werden. Diesen Aufgabenbündeln<br />

sollte wiederum das passende Personal zugeordnet werden. Zentrale Grundmotive sind<br />

1. der geistige Anspruch, 2. die Gemeinschaft und 3. muss die Aufgabe ansprechen.<br />

Als Motivationsgrundlage für eine Mitarbeit in Organisationen sei zudem ein weltanschauliches Leitmotiv<br />

wichtig. Dabei habe jede Organisation ihr eigenes weltanschauliches Leitmotiv. Bei den Maltesern<br />

werde es durch religiöse und wertorientierte Motive gebildet.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 111


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

3.7.9 Ausbildung, Fort- und Weiterbildung<br />

Die Malteser bieten eine gemeinsame Grundausbildung im Umfang von ca. 60 Std für diejenigen, die<br />

später im Katastrophenschutz ehrenamtlich tätig sind, ebenso wie für diejenigen, die nach der<br />

Grundausbildung im sozialen Bereich arbeiten. Die auf den Katastrophenschutz zugeschnittene Rettungssanitäter-Ausbildung<br />

umfasst insgesamt 520 Stunden.<br />

Zudem werden von den Maltesern Gruppenführer-, Zugführer- und Einsatzleiterlehrgänge durchgeführt.<br />

Diese Lehrgänge umfassen ebenfalls jeweils ca. 60 Unterrichtseinheiten. Die Ausbildung soll die<br />

MitarbeiterInnen dazu befähigen, eine Einheit von bis zu 100 Menschen zu führen.<br />

Der Frauenanteil bei den Führungslehrgängen liegt in der Regel bei 10-15%. Jedoch seien diejenigen<br />

Frauen, die die Lehrgänge besuchen, in der Regel besonders gut. Sie seien von analytischem Verstand<br />

geprägt, sehr präzise, ließen sich leiten und seien auch in der Lage, Konzepte umsetzen. In den letzten<br />

10 Jahren habe sich der Anteil der Frauen, die an Lehrgängen für das Ehrenamt teilnahmen, deutlich<br />

erhöht, z. B. in der organisatorischen Leitung.<br />

Eine zentrale Frage sei, welche Rahmenbedingungen für ehrenamtlich Engagierte geschaffen werden.<br />

Denn auch bei ehrenamtlich Tätigen werden professionelle Qualitäten erwartet. Keiner frage nach<br />

einem Einsatz (z. B. bei der Love-Parade), ob die Aufgaben im Haupt- oder Ehrenamt wahrgenommen<br />

worden seien, wenn z. B. die Staatsanwaltschaft die Ehrenamtlichen (hier: den Einsatzleiter der Malteser)<br />

befragt. Dass die Frage der Ehrenamtlichkeit ausgeblendet bliebe, würde die Ehrenamtlichen z.<br />

T. ziemlich verärgern. Erforderlich seien u. a. deshalb Investitionen ins Ehrenamt. „Wenn ich den<br />

Leuten eine gute Ausbildung gebe, sind sie durchaus bereit, zu kommen.“ Zudem sollte in der Organisation<br />

überlegt werden, wie viel Mehrwert durch das Ehrenamt gewonnen werde.<br />

3.7.10 Politischer Handlungsbedarf bezogen auf Rettungsdienste aus Sicht der Experten der<br />

Malteser<br />

Als ein Problem wird von den befragten Experten gesehen, dass die Rahmenbedingungen des Ehrenamtes<br />

noch nicht hinreichend eingegrenzt sind. In Deutschland werde das Ehrenamt als Luxus betrachtet,<br />

für Leute, die über mehr Bildung und Zeit verfügen, so dass sie für das Ehrenamt Zeit aufwenden<br />

können. So gebe es nur bei einigen großen Unternehmen eine Ehrenamtsförderung, z. B. bei<br />

VW. Bei kleinen Unternehmen sei dies kaum der Fall.<br />

Zudem fehle es an vertraglichen Regelungen für das Ehrenamt, wie es sie in anderen Ländern gebe. Z.<br />

B. würden in den Niederlanden und in Großbritannien dreiseitige Verträge zwischen Staat, Arbeitgeber<br />

und der ehrenamtlich tätigen Person geschlossen. In dem Vertrag werde alles geregelt (Fragen,<br />

die die Freistellung betreffen, Zeiten der Freistellung, Aufwandsentschädigung). Eine solche Regelung<br />

wäre auch in Deutschland wichtig, um die Pflichtabhängigkeit für Übungen oder Einsatzwochen im<br />

Ausland klarzulegen. Derzeit müssten sich die ehrenamtlich Engagierten für solche Einsätze oft Urlaub<br />

nehmen, sofern er ihnen genehmigt werde.<br />

3.7.11 Zusammenfassende Bemerkungen<br />

Der Frauenanteil unter den im Katastrophenschutz ehrenamtlich Engagierten liegt bei 10 bis 15% in<br />

Führungslehrgängen. Eine explizite und konzeptuell unterlegte Frauenförderung ist auf Bundesebene<br />

nicht erkennbar. Eine über etliche Jahrhunderte auch militärisch geprägte Tradition und eine noch<br />

112 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Malteser Hilfsdienst e. V. (MHD)<br />

ältere und fortwirkende Orientierung auf die römisch-katholische Kirche haben zu relativ fest gefügten<br />

Geschlechtsrollenbildern geführt, die bei den Maltesern noch einflussreich sind und die einer<br />

Sicht von Frauen als Normalität im Katastrophenschutz entgegenstehen. Gleichwohl könnten dem<br />

Malteser Hilfsdienst e. V. aus der Aussetzung der Wehrpflicht erhebliche Nachwuchsgewinnungsprobleme<br />

erwachsen, die auch ein konzeptionelles Überdenken der Geschlechterrollen und<br />

-verhältnisse erforderlich machen wird.<br />

3.7.12 Literatur<br />

Malteser Hilfsdienst e. V. (2007), Projekt interne Kommunikation: Ergebnisse der Mitarbeiter- und<br />

Helferbefragung. Befragungszeitraum: 30. Juli bis 14. September 2007, Ms.<br />

Malteser Hilfsdienst e. V., Satzung des Malteser Hilfsdienst e. V.<br />

(http://www.malteser.de/fileadmin/Files_sites/malteser_de/Ueber_die_Malteser/Satzung/<br />

MHD_Satzung.pdf; Zugriff: 10. 8. 2012).<br />

Malteser Hilfsdienst e. V., Unsere Leitsätze<br />

(http://www.malteser.de/ueber-die-malteser/malteser-hilfesdienst-ev.html;<br />

Zugriff: 15. 8. 2012).<br />

Malteser in Deutschland, Deutsche Assoziation des Malteserordens<br />

(http://www.malteser.de/ueber-die-malteser/deutsche-assoziation-desmalteserordens.html;<br />

Zugriff: 16. 8. 2012).<br />

Malteser in Deutschland, Malteserorden – 960 Jahre Geschichte<br />

(http://www.malteser.de/ueber-die-malteser/geistig-religioese-grundlagen/geschichte-desmalteserordens.html;<br />

Zugriff: 24. 8. 2012).<br />

Malteser Jugend (2001), Qualitätsziele der Malteser Jugend, erarbeitet vom Qualitätszirkel der Malteser<br />

Jugend, vorgelegt im Juli 2001, beschlossen von der Bundesjugendversammlung am 28.<br />

Oktober 2001, Malteser Bundesjugendreferat, Oktober 2001<br />

(http://www.malteserjugend.de/uploads/media/QualitaetszieleMalteserJugend_05.pdf;<br />

Zugriff: 15. 8. 2012).<br />

Malteser Jugend, Grundlagen<br />

(http://www.malteserjugend.de/wir-ueber-uns/grundlagen.html; Zugriff: 16. 8. 2012).<br />

Malteser Jugend, Jugendordnung<br />

(http://www.malteserjugend.de/uploads/media/Jugendordnung2010_03.pdf; Zugriff: 10. 8.<br />

2012).<br />

Malteser Krankenhaus St. Franziskus-Hospital, Wie alles begann<br />

(http://195.227.11.236/Malteser_Krankenhaus_St_Franziskus-<br />

Hospital/C._Ueber_Uns/05.03.Geschichte/Geschichte.htm; Zugriff: 16. 8. 2012).<br />

Malteserorden, Tätigkeitsbericht 2010. Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom Hl. Johannes zu<br />

Jerusalem von Rhodos und von Malta<br />

(http://www.orderofmalta.int/wp-content/uploads/2010/10/Malteserorden-<br />

T%C3%A4tigkeitsbericht-2010_web.pdf; Zugriff: 15. 8. 2012).<br />

Warmbrunn (2011), Johannes Warmbrunn, Monetarisierung im Engagement. Vorlage zur Diskussion<br />

in der AG 7 des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement. Zwischenstandspapier<br />

"work in progress“, <strong>BBE</strong>, Stand 14.06.2011<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 113


Hilfsorganisationen im deutschen Katastrophenschutz<br />

(http://www.caritas-nrw.de/downloads/Monetarisierung%20im%20Engagement,<br />

%20J.Warmbrunn,%20AG%207%20<strong>BBE</strong>%20WK%202.pdf; Zugriff: 15. 8. 2012).<br />

114 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Lösungsansätze<br />

4. Veränderungsstrategien<br />

4.1 Lösungsansätze<br />

Im Folgenden werden Vorschläge für Änderungsstrategien unterbreitet. Dabei werden jeweils eine<br />

These und der ihr zugeordnete Strategieansatz vorgestellt. Im Abschnitt 1.4 finden sich auch ausführliche<br />

Begründungen der einzelnen Thesen.<br />

Ungleichheit der Verteilung von Arbeit und Freizeit bei Männern und Frauen<br />

These 1: Durch die geschlechterbezogen ungleiche Verteilung zwischen bezahlter und unbezahlter<br />

Arbeit haben Männer erheblich mehr Freizeit als Frauen.<br />

Veränderungsstrategie: Interessant wäre zu prüfen, ob in der Tschechischen Republik, in der der<br />

Frauenanteil freiwillig Engagierter höher ist als der Anteil unter den Männern, eine andere Aufgabenverteilung<br />

im Bereich der Haus- und Familienarbeit herrscht oder ob es hierfür andere Gründe gibt.<br />

Zeitliche Mehrfachbelastung von Frauen<br />

These 2: Die zeitlichen Belastungen von Frauen schränken ihr ehrenamtliches Engagement ein (Summe<br />

Erwerbsarbeit, Haus- und Familienarbeit einschließlich Kinderbetreuung).<br />

Strategieansatz: Kinderbetreuungsangebote, insbesondere im Verlauf von Lehrgängen für die Leitungs-<br />

und Führungsebene (ggf. Vorhalten von Kinderbetreuungsmöglichkeiten bei Gremiensitzungen).<br />

Lebensphasengeprägtes Engagement von Frauen<br />

These 3: Das freiwillige Engagement von Frauen ist stärker durch die verschiedenen Lebensphasen<br />

geprägt (Berufseinstieg, Familiengründung, Karriere) als dasjenige von Männern.<br />

Strategieansatz: Erhebung der Gründe für die Beendigung des freiwilligen Engagements (in keinem<br />

der in Deutschland befragten Bundesverbände wurden die Gründe erhoben). Sind bei Frauen und<br />

Männern die Gründe der Aufgabe des Engagements bekannt, lassen sich ggf. Haltestrategien – auch<br />

gemeinsam mit Frauen – entwickeln (z.B. Flexibilisierung des Engagements, partielles Engagement<br />

von zu Hause (wie bei der Telearbeit) etc.).<br />

Soziale Vernetzung und Ehrenamt<br />

These 4: Die geschlechtsspezifischen Segregationsmuster in der Freiwilligentätigkeit reflektieren die<br />

Positionen von Frauen und Männern im privaten, öffentlichen und erwerbsbezogenen Leben. Männer<br />

verfügen durch ihre stärkere Integration in das Erwerbsleben auch persönlich über Netzwerke<br />

und soziale Strukturen, die ihnen den Eintritt in das Ehrenamt erleichtern.<br />

Strategieansatz: Gezielte Ansprache nicht erwerbstätiger Frauen sowie Angebot von Qualifizierungsmöglichkeiten<br />

einschließlich anerkannten Zertifikaten, die ihnen auch im Erwerbsleben helfen<br />

könnten.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 115


Veränderungsstrategien<br />

Negative Erwartungen bezogen auf die Situation im Ehrenamt<br />

These 5: Frauen erwarten eine für sie ungünstige Situation, Diskriminierungen, sich durchkämpfen<br />

müssen, etc. und sind daher nicht motiviert (siehe auch Abschnitt 2.2).<br />

Strategieansatz: siehe Abschnitt 2.2.3 (Lösungsansätze und -initiativen zu Australien und Großbritannien).<br />

Fortwirken genderbezogener Stereotype und Auswirkungen<br />

These 6: Frauen wird z. T. noch eine weniger rationale und eher gefühlsmäßig-empathische Orientierung<br />

zugeschrieben (nach dem Motto, Ausnahmen bestätigen die Regel). Das macht sie aus Sicht der<br />

Zuschreibenden weniger geeignet für Leitungs- und Führungspositionen.<br />

Strategieansatz: Feedbackgestützte kontinuierliche Überprüfung der Organisationskultur.<br />

Ergänzende These 6a: Die gefühlsorientierte Selbstdarstellung von Frauen nach außen kann gerade<br />

gegenüber Männern auch eine Unterwerfungsgeste unter die in der Organisation dominanten Männer<br />

sein und gibt nicht zwingend ihre innere Disposition wieder, denn „wir alle spielen Theater“, wie<br />

der Soziologe Erving Goffman uns aufgezeigt hat.<br />

Strategieansatz 1: Stereotype und Rollenzuweisungen der Organisation überprüfen.<br />

Strategieansatz 2: Sichere Lern-, Übungs- und Arbeitsmöglichkeiten schaffen.<br />

Strategieansatz 3: Frauen das Zutrauen der Organisation und der Vorgesetzten und „Kollegen“ in ihre<br />

Fähigkeiten vermitteln und ihre Erfolge anerkennen und bestätigen.<br />

Genderspezifische Praktiken und doing gender im Ehrenamt<br />

These 7: In der zwischengeschlechtlichen Interaktion bilden sich ein doing gender und soziale Praktiken<br />

heraus, die Frauen eher dem privaten und Männer eher dem öffentlichen Bereich zuordnen (vgl.<br />

Krüger 2004).<br />

Strategieansatz: Frauen und Männer für ihre genderspezifischen Konnotationen sensibilisieren und<br />

das Selbstverständnis der Organisation überdenken.<br />

Genderspezifische Konnotierung von Bezeichnungen<br />

These 8: Durch Verwendung des generischen Maskulinums für bestimmte Funktionen verschwinden<br />

die Frauen symbolisch (Beispiele auf Operationsebene: Truppführer, Gruppenführer, Einsatzleiter,<br />

Zugführer. In Satzungen auch: Vorsitzender, Präsident etc.).<br />

Strategieansatz: Daher sollte dem Zugführer die Zugführerin, dem Truppführer die Truppführerin etc.<br />

sprachlich zur Seite gestellt werden. Das große I (sog. Binnen-I) wird am ehesten beiden Geschlechtern<br />

gerecht, wenn etwa eine Ausbildung für GruppenführerInnen angeboten werden soll, weil es<br />

eindeutig ist und dadurch beide Geschlechter angesprochen werden können.<br />

116 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Lessons learned<br />

Vertikale Segregation nach Geschlecht<br />

These 9: Die hierarchische Verteilung im freiwilligen Engagement differiert größtenteils erheblich in<br />

Abhängigkeit vom Geschlecht (vertikale Segregation).<br />

Strategieansatz: Siehe den Strategieansatz zu These 10 „Die weitgehende Ausgrenzung von Frauen<br />

aus Decision-Situationen“.<br />

Die weitgehende Ausgrenzung von Frauen aus Decision-Situationen<br />

These 10: Frauen werden traditionell, manchmal auch unbewusst, in eine Non-Decision-Situation<br />

gebracht. Sehr deutlich wird dies daran, dass sie in den entscheidungsgeneigten operativen Rollen<br />

sehr viel seltener vertreten sind als Männer.<br />

Strategieansatz: Getrennte Leitungs- und insbesondere Führungsseminare für Männer und Frauen.<br />

Bewusst darauf achten, dass Frauen in Decision-Prozesse möglichst paritätisch eingebunden werden.<br />

Genderkonnotierungen von Technik<br />

These 11: Da es sich bei Technik um eine Sozialbeziehung (Volker von Borries) handelt, werden auch<br />

Genderkonnotierungen in die Technik selbst und ihre Handhabung eingeschrieben. So sind bestimmte<br />

Techniken, Technologien und Prozesse geschlechtsspezifisch besetzt.<br />

Strategieansatz: Die spezifischen Wechselwirkungen zwischen Geschlecht und Technik sind ein wichtiges<br />

Untersuchungsfeld, insbesondere was technikbetonte Hilfs- und Rettungsdienste wie THW und<br />

Feuerwehr betrifft. Dazu gibt es eine wissenschaftliche Tradition von Untersuchungen (vgl. Callerstig,<br />

Harrison und Lindholm 2008, S. 32 ff.). U. a. gibt es eine geschlechtsspezifische Konnotierung von<br />

Techniken, Geräten, Informationstechnologien und technischen Prozessen. Diese gälte es zu untersuchen<br />

und entsprechend aufzubrechen, soll eine wirkliche Chancengleichheit für Frauen in diesen<br />

Bereichen hergestellt werden. Dabei wäre auch zu prüfen, wie die Gestaltung und der Einsatz von<br />

Technik im Spannungsfeld zwischen Anforderungen an Gendergleichheit und traditionell männlich<br />

dominierten Handlungsmustern ausgehandelt werden, um daraus Konsequenzen für einen Organisationswandel<br />

zu ziehen.<br />

4.2 Lessons learned<br />

Im Folgenden werden einige Erfahrungen aus dem In- und Ausland rekapituliert, aus denen in Übereinstimmung<br />

mit den Ergebnissen der Untersuchung gelernt werden könnte.<br />

12 Leitlinien der Freiwilligen Feuerwehr, die sich in Deutschland inzwischen bewährt haben, sind:<br />

1 „Frauen sichtbar machen im Erscheinungsbild der Feuerwehr (sowohl feuerwehrintern wie<br />

für die allgemeine Öffentlichkeit)<br />

2 Kultur der Anerkennung (Vertrauen statt Misstrauen)<br />

3 Abbau Frauen diskriminierender Einstellungen und Verhaltensmuster<br />

4 Aktive Förderung statt passiver Toleranz<br />

5 Kultur der Vielfalt statt männliche Monokultur (offen sein für Frauen und Männer und Gruppen<br />

unterschiedlicher sozialer Herkunft)<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 117


Veränderungsstrategien<br />

6 Berücksichtigung veränderter Lebensverhältnisse (Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt<br />

– nicht nur für Frauen)<br />

7 Lernende Organisation: Institutionalisierung von Lernprozessen, Verbesserung des Informationsflusses<br />

8 Kooperation statt Hierarchie und Konkurrenz<br />

9 Vorbildfunktion von Vorstandsgremien (Frauen sichtbar machen, an Entscheidungen und<br />

Gremien beteiligen)<br />

10 Öffentliche Anerkennung und Auszeichnung vorbildlicher Leistungen und Modelle zur Frauenbeteiligung<br />

11 Kontinuierliche Berichte in den Feuerwehr-Medien über Fortschritte bei der Integration von<br />

Frauen<br />

12 Neue Schwerpunkte bei der Ausbildung von Führungskräften (Vermittlung von sozialer Kompetenz<br />

und Genderkompetenz“ (vgl. Darmstädter 2008/09).<br />

Von den sieben Organisationen der Einzelstaaten Australiens wurden folgende Initiativen ergriffen,<br />

um mehr Frauen für die Freiwillige Feuerwehr zu gewinnen. Einige der hier genannten Ansätze werden<br />

bereits in Deutschland praktiziert, andere wären erwägenswert nicht nur für die Feuerwehr,<br />

sondern sinngemäß auch für andere Organisationen wie das THW und die Hilfsorganisationen (vgl.<br />

Beatson und McLennan 2005, S. 24):<br />

- Mund- zu-Mund Werbung durch einzelne Feuerwehren.<br />

- Periodische Durchführung von Veranstaltungen, um Frauen über die Chancengleichheit im<br />

Feuerwehrdienst zu informieren.<br />

- Etablierung von Fokusgruppen mit Feuerwehrfrauen, um zu erfahren, was ihnen wichtig ist.<br />

- Forschungen über die Gründe, welche Freiwilligen die Feuerwehr warum verlassen.<br />

- Forschungen zum Bedarf an Kinderbetreuung von Engagierten in der Freiwilligen Feuerwehr.<br />

- Rekrutierung mit dem Ziel der Erhöhung von Diversität.<br />

- In einem Handbuch für Freiwillige werden alle Feuerwehren angewiesen, sich zu öffnen, und<br />

solche mit niedrigem Frauenanteil werden gedrängt, Frauen zu ermutigen, Mitglied zu werden.<br />

- Untersuchung der Teilhabe von Frauen an herausgehobenen Funktionen der Feuerwehrorganisation<br />

des Einzelstaates. Empfehlungen des Senior Managements, wie Flexibilität und inkludierende<br />

Orientierung in Feuerwehreinheiten verbessert werden können, um die Zahl von<br />

Feuerwehrfrauen zu erhöhen.<br />

- Ein Fokusgruppen-Forschungsprogramm, initiiert von CFA, in dem die oben genannten Barrieren<br />

für Frauen herausgearbeitet wurden.<br />

- Policy für schwangere Frauen in der Freiwilligen und der Berufsfeuerwehr.<br />

- Alle Angehörigen, Männer wie Frauen, haben Zugang zum Wohlfahrts-Unterstützungsprogramm.<br />

- Konferenzen und Workshops, in denen eine Umgebung herrscht, in der Frauen sich an neuen<br />

Herausforderungen versuchen können (LKW-Fahren, Umgang mit Spritzen, Nutzung von<br />

Atemschutzgeräten, schwerem Equipment etc.) ohne Furcht vor Fehlern oder davor, ausgelacht<br />

zu werden. Das Ziel ist, Frauen die Zuversicht zu vermitteln, dass sie die Grundausbildung<br />

und das übliche Training in der Feuerwehreinheit schaffen können.<br />

- Entwicklung einer Policy, wie Kinder in Feuerwehrstationen betreut werden können.<br />

118 – Frauen im Ehrenamt – ISOKIA 2012


Lessons learned<br />

- Etablierung eines Willkommensereignisses, zudem Peer Support für neue Mitglieder, Stressverhinderung<br />

und Stressmanagement sowie Hinweise, wo Frauen und Männer Hilfe bei Konflikten<br />

in der Einheit finden können.<br />

Der australische Verband der Feuerwehrfrauen, Women in the Fire Service, hat eine Liste von Vorteilen<br />

zusammengesellt, die sich für Freiwillige Feuerwehren ergeben, wenn sie besser in der Lage sind,<br />

mit Diversität umzugehen und mehr Frauen sich in der Einheit engagieren. Dazu gehören:<br />

- eine bessere Arbeitsumgebung<br />

- höhere Produktivität<br />

- mehr Vertrauen und Respekt<br />

- verbesserte Problemlösungsfähigkeiten in Gruppen<br />

- verminderter Stress und weniger Verletzte<br />

- verbesserte Public Relations<br />

(Women in the Fire Service 1999; zitiert nach Beatson und McLennan 2005, S. 25).<br />

Aus den Barrieren für Frauen in den Freiwilligen Feuerwehren leiten Beatson und McLennan (2005, S.<br />

23) eine Forschungsagenda mit folgenden Punkten ab:<br />

- Glauben Frauen, dass sie in der Freiwilligen Feuerwehr nicht willkommen wären?<br />

- Sind sich Frauen über die Vielfalt der Tätigkeiten in der Freiwilligen Feuerwehr im Klaren?<br />

- Glauben Frauen von sich selbst, dass sie physisch in der Lage sind, die Arbeit zu verrichten,<br />

die in einer Freiwilligen Feuerwehr gefordert ist?<br />

- Unterscheiden sich die derzeitigen Rekrutierungspraktiken männlicher und weiblicher Freiwilliger<br />

durch die Feuerwehren?<br />

- Gibt es Unterschiede zwischen den Motivationen von Männern und Frauen, sich in der Freiwilligen<br />

Feuerwehr zu engagieren, und was ergibt sich daraus für die Rekrutierungsstrategien?<br />

- Bis zu welchem Ausmaß ist das Kinderbetreuungserfordernis ein Hinderungsgrund für das<br />

Engagement von Frauen und ggf. von Kinder betreuenden Männern in der Freiwilligen Feuerwehr?<br />

Die hier vorgestellten Vorteile von Diversität sowie die Forschungsagenda für Australien sind auch für<br />

deutsche Feuerwehren und sinngemäß für andere Hilfsorganisationen im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

von Interesse. Die in der Forschungsagenda aufgeführten Fragen sind bisher nicht systematisch<br />

untersucht wurden.<br />

ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 119


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ISOKIA 2012 – Frauen im Ehrenamt – 129

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