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JOrl 1\1 C,{ E.RAfI\<br />

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Erläuterungen<br />

zum zweiten Abdruck<br />

der neunten Auflage der<br />

Geologischen Übersieh tskarte<br />

von<br />

Württemberg und Baden,<br />

dem Elsass, der Pfalz<br />

und den<br />

weiterhin angrenzenden Gebieten.<br />

Mit 17 Profilen im Text und einer Erdbebenkarte<br />

Südwestdeutschlands.<br />

Bearbeitet<br />

von<br />

C. Regelmann.<br />

Herausgegeben<br />

von dem<br />

K. Württ. Statistischen Landesamt.<br />

Stuttgart.<br />

Kommissionsverlag der Buchhandlung H. Li n dem a n n (P. Kur t z).<br />

19 14.<br />

~d


Druck von W. K 0 h 1 h a m m er in Stuttgart.


Vorwort.<br />

Die im August 1905 erschienene 5. Auflage der geologischen<br />

Übersichtskarte des Königreichs Württemberg brachte<br />

eine namhafte Erweiterung des Kartengebietes nach Westen hin,<br />

bis an den Meridian von Belfort. An diesem Umfang wurde<br />

bis zur jetzigen Auflage festgehalten. Dadurch wurde ein<br />

einheitliches Bild der geologischen Verhältnisse<br />

von ganz Südwestdeutschland gewonnen. Nun erscheint<br />

die Geologie Württembergs im vollen natürlichen Zusammenhang<br />

mit derjenigen der mittelrheinischen Gehirge und des Rheintales.<br />

Diese Abgrenzung entspricht demnach einer geologischen Einheit.<br />

Dadurch ergeben sich mancherlei neue und wichtige Gesichtspunkte<br />

und Beziehungen, so daß die Darstellung auch als<br />

L ehr mit tel bedeutend gewonnen hat. Es schien nun angezeigt,<br />

um den geäußerten Wünschen entgegenzukommen, den<br />

neuen Auflagen zum Kartenbild noch das er I ä u t ern d e Wo l' t<br />

in einem kurz ge faßten Texte beizugeben. Durch das Entgegenkommen<br />

der Deutschen Geologischen Gesellschaft konnte hiezu<br />

ein Vortrag verwendet werden, den der Verfasser am 14, August<br />

1905 bei der 50. Hauptversammlung in Tübingen gehalten<br />

hat, und der im L. Band der Zeitschrift dieses Vereins im Druck<br />

erschienen ist. Zahlreiche Umformungen und Nachträge waren<br />

durch den neuen Zweck gegeben.<br />

Da für die 8. Auflage der Karte ein Neudruck der "Er-<br />

1 ä u te run gen" vollzogen werden mußte, so konnten auch hier<br />

die nötigen Ergänzungen und Verbesserungen eingefügt werden,<br />

damit so das Ganze wiederum dem neuesten Stand der geologischen<br />

I


4 -<br />

Die 9. Auflage (März 1913) hat sich im Farbenbild nur wenig<br />

verändert (am meisten im "B au I an d") ; dagegen hat das<br />

System der te k ton is ch en Li ni en wesentliche Vervollständigungen<br />

erfahren.<br />

Der rasche Absatz der 9. Auflage hat im Juli 1914 einen<br />

unveränderten Neu d r u c k nötig gemacht, welchem die vorliegenden<br />

- noch weiter ergänzten - Er 1 ä u t e run gen beigegeben<br />

werden.


Geschichte und Inhalt der Karte.<br />

Die Karte ruht durchaus auf geologischen Spezialaufnahmen<br />

und .konnte - durch das freundliche Entgegenkommen der geologischen<br />

Landesanstalten von WUrttemberg, Elsaß-Lothringen,<br />

Baden, Hessen, Bayern und Preußen - auch für die 9. Auflage<br />

namhafte Originalbeiträge aus ungedruckten geologischen<br />

Manuskriptkarten verarbeiten. Bei den "E r I ä u tel' u n gen"<br />

wurde die geologische Literatur des Gebietes bis zum Schluß<br />

des Jahres 1913 berücksichtigt.<br />

Die E i gen art der Karte erklärt sich aus ihrer Entstehungsgeschichte,<br />

sie ist kurz gesagt "technischer Art" und<br />

hat vor allem den ernsten wissenschaftlichen Gebrauch im Auge.<br />

Die Präzision der topographischen Grundlage und des geologischen<br />

Bildes ist so weit getrieben, als es überhaupt der Maßstab zuläßt.<br />

- Der Verfasser hatte im Auftrage seiner Behörde fUr<br />

die K. Württ. Ministerialabteilung für Straßen- und Wasserbau<br />

- im Jahre 1885 - vier Karten für die hydrographische<br />

Beschreibung des Neckargebietes im Maßstab 1:600000<br />

zu liefern: Flußgebiete, Höhenschichten, Bodendurchlässigkeit<br />

und geologische Verhältnisse. Diese bildeten einen Teil der Beiträge<br />

Württembergs an die Reichskommission zur Untersuchung.<br />

der Rheinstromverhältnisse. Da das K. Statistische Landesamt<br />

für die damals beendigte "Geognostische Spezialkarte<br />

Württem bergs" (55 Blätter in 1: 50000) eine Üb ers i ch tskar<br />

t e haben wollte, dehnte der Verfasser die genannten Darstellungen<br />

bis zur Landesgrenze und bis darüber hinaus zu<br />

einem - etwas eng bemessenen - Kartenrand aus (etwa bis<br />

zum Meridian der Hornisgrinde); so entstanden folgende vier<br />

Karten zur Naturgeschichte Württembergs in<br />

1: 600000:<br />

1. Die hydrographische übersichtskarte des Königreichs<br />

Württemberg (mit einem Verzeichnis der Flächeninhalte<br />

der Flußgebiete [1891]).<br />

2. Die hydro grap h is ch e Durchi äss ig k ei ts karte<br />

des Königreichs Württemberg; mit einer Schraffierung


- 6 -<br />

der Gebietsteile nach den drei Stufen der B 0 d e n­<br />

durchlässig kei t: Undurchlassend, Mitteldurchlassend<br />

und Sehrdurchlassend (1892).<br />

3. Die Gewässer- und Höhenkarte des Königreichs<br />

Württemberg; mit abgetönten Höhenschichten von 100<br />

zu 100 m (1893), und<br />

4. die g e 0 g nos t i s ehe übe r sie h t s kar t e des<br />

Königreichs Württemberg (1893 erstmals erschienen).<br />

Nach Abdruck der 4. Auflage der letzteren Karte im Jahre<br />

1903 erschien eine völlige Erneuerung der 16 Farbplatten notwendig.<br />

Bei diesem Anlaß verfügte das K. Württ. Statistische<br />

Landesamt eine namhafte Ausdehnung der Karte nach Westen,<br />

welche in der 5. Auflage (1905) erstmals ans Licht getreten ist.<br />

Der 6. - wiederum verbesserten - Auflage ist erstmals ein<br />

e r1 ä u t ern der Text beigegeben worden, welcher in etwas<br />

erweiterter Gestalt auch die 7. Auflage begleitete. Für die<br />

9. Auflage ist dieser Text besonders gründlich durchgesehen<br />

und vielfach verbessert und erweitert worden.<br />

Diese Erläuterungen beschränken sich absichtlich auf die<br />

Schilderung des Gebirgsbaues im großen. Für die stratigraphischen<br />

und paläontologischen Einzelheiten verweisen wir auf die "E r­<br />

I ä u t e run gen", welche von den geologischen Landesanstalten<br />

unseres Kartengebietes den einzelnen geologischen Spezialkarten<br />

im Maßstab 1 : 25000 beigegeben'werden. - Auch eine Reihe von<br />

"F ü h I' ern" dient solchen speziellen Zwecken. So: 'rH. ENGEL,<br />

Geognostischer Wegweiser durch Württemberg. Stuttgart 1908.<br />

(Ein kleiner, sehr brauchbarer "Geologischer Exkursionsführer<br />

durch Württemberg" desselben Verfassers<br />

erschien 1911.) - E. FRAAS, Führer durch die 1(. Naturalien­<br />

Sammlung zu Stuttgart, 3. Aufl., 1910. - E. v. KOKEN, Führer<br />

durch die Sammlungen des Geologisch-Mineralogischen Instituts<br />

in Tübingen. Stuttgart 1905. - G. STEINMANN und GRÄFF,<br />

Oeologischer FUhrer der Umgegend von Freiburg. Freiburg i. B.<br />

1890. - J. RUSKA, Geologische Stl'eifzüge in Heidelbergs Umgebung.<br />

Leipzig 1908. - C. CHELIUS, Geologischer Führer<br />

durch den Odenwald, 2. Aufl. Gießen 1907. - G. KLEMM, GeologischCl'<br />

FUhrer durch den Odenwald. 1910. - E. W. BENECKE,<br />

H. BÜCKING, K SCHUMACHER und L. VAN WERVEKE, Geologischer


- 7<br />

FUhrer durch das Elsaß. Berlin 1900 und D. HÄBEBLE, Der<br />

POOzerwald. Kaiserslautern 1911.<br />

Die tektonis eh en Ver h ältni s s e Slidwestdeutschlands<br />

finden auf der Karte gleich den ge 0 10 gi s c he neingehende<br />

Darstellung. Farben und Zeichen entsprechen - mit geringen<br />

Abweichungen - durchaus den Vereinbarungen der internationalen<br />

Geologenkongresse. Die Anordnung der Farbenschilde ist derart<br />

getroffen, daß sie eine Ge 010 gie Sü d westd eu tsch lan ds<br />

"i n nu c e" darstellen und auf die Faziesunterschiede einzelner<br />

Gebiete hinweisen. Auch die eigenartige Namengebung der<br />

schweizerischen und französischen Jurageologen ist mit QUEN­<br />

STEDTS Stufen in Parallele gebracht. Der Darstellung des<br />

Qua r t ä r s ist besondere Sorgfalt gewidmet. Nicht nur treten<br />

die großen Vergletscherungen Oberschwabens in der Karte<br />

plastisch heraus, sondern auch die Schotter der vier Eiszeiten<br />

(Günz-, Mindel-, Riß- und Würmeiszeit) konnten im Alpenvorlande<br />

nach den Originalaufnahmen von Geh. Rat Prof. Dr. A. PENCK<br />

(Berlin), Dr. AnoLPH E. FORSTER (Wien) und Prof. Dr.<br />

MARTIN SCHMIDT (Stuttgart) ausgeschieden werden. Auch im<br />

Rheintal konnte mit freundlicher Unterstützung der Herren:<br />

Prof. Dr. GUTZWILLER (Basel), Prof.Dr. KLEMM (Darmstadt), Bergrat<br />

Dr. SCHUMACHER (Straßburg), Geh. Oberbergrat Dr. VAN WER­<br />

VEKE (Straßburg) und Prof. Dr. A. SAUER (Stuttgart) einheitliche<br />

Ordnung geschaffen werden. Letzterem verdankt der<br />

Verfasser auch als dem Referenten - des K. Statistischen<br />

Landesamtes - manche freundliche Anregung.<br />

Die B ru chi i nie n der Erdkruste sind in drei Abstufungen<br />

in die Karte eingetragen worden: Verwerfungsspalten mit über<br />

1000 m Sprunghöhe am kräftigsten, solche mit 100 m leichter<br />

und solche unter 100 m mit zarten Linien; dabei ist stets der<br />

ti efere Fl ü gel durch Zacken markiert. Als neue Signatur<br />

erscheint auf der 9. Auflage - nach dem Vorschlag von Prof.<br />

Dr. PAULKE (Karlsruhe) - die "senkrechte Schubfläche".<br />

Sie erscheint von Bedeutung für die Tektonik der Schwäbischen<br />

Alb und fand erstmalige Verwendung bei E bin gen, wo sie<br />

das Gebirge in der Richtung N 13 0 0 durchschneidet. (Vergl.<br />

Blätter des Schwäbischen Albvereins. XXI. Jahrg. 1909. S. 46 f.)<br />

Um den innigen Zusammenhang dieser Bruchlinien mit den<br />

Erdbebenherden und Herdlinien im südwestdeutschen


- 8 -<br />

Gebirgsbau klarzustellen, wurde im Anhang (auf Tafel I) eine<br />

übersichtliche Zusammenfassung dieser Verhältnisse gegeben.<br />

Die absolute Höhenlage ist allenthalben in der Karte durch<br />

zahlreiche H ö h e n z a h I e n übe I' No r mal null festgestellt.<br />

Hinzugefügt ist auch in der neuesten Ausgabe ein Gebirgsprofil<br />

auf dem unteren Rande, das - quer zum Streichen -<br />

folgende Linie einhält: Hochwald im Hunsrück, - Saarbrücker<br />

Steinkohlengebirge, - N ordvogesen, - Rheintalgraben, - Nördlicher<br />

Schwarzwald, - Schwäbische Alb, - Donautal, - Oberschwäbische<br />

Hochebene, - Algäu. Das Profil gibt ein deutliches<br />

Bild von dem Aufbau des südwestdeutschen Bodens entlang<br />

der 4:4:0 km langen Schnittebene. - Um auch für andere Gebietsteile<br />

Einblick in den Gebirgsbau zu gewähren, ist überdies noch<br />

eine Anzahl von Spezialprofilen in den Text eingefügt worden.<br />

Von der 6. Auflage an konnten auch die alp i n e n Übe 1'­<br />

s chi e b u n gen (im Algäu) zur Darstellung gelangen, nach gefälligen<br />

Mitteilungen von Prof. Dr. A. ROTHPLETZ (München).<br />

Die Karte zeigt nun die Algäuer und die Lechtaler Überschiebungen<br />

durch den Verlauf der Stirnränder und das<br />

Gebirgsprofil deutet die Sc hub fl ä c h e n an. - Am Nordrand<br />

des S ä n t i s wurde der Stirnrand der Überschiebung nach dem<br />

schönen Säntiswerk von Prof. Dr. A. HEIM (Zürich) nachgetragen.­<br />

Im und am R i e s sind die Ergebnisse der Forschungen graphisch<br />

dargestellt nach den Auffassungen des Geheimen<br />

Bergrat Dr. W. v. BRANcA (Berlin) und Prof. Dr. E. FRAAS<br />

(Stuttgart).<br />

Die 7. Auflage war der 6. gegenüber nur wenig verändert,<br />

doch brachte das Erscheinen einer ganz neuen Ausgabe der<br />

"Carte geologique de la France a l'echelle du million<br />

I e m e. Paris (Janvier 1906), Ministere des travaux publies" ,<br />

für den Südwesten unseres Kartengebietes mehrere Verbesserungen.<br />

Auch das damals erschienene 1. Blatt "Saarbrücken",<br />

der "Geolugischen und tektonischen Übersichtskarte<br />

von Elsaß-Lothringen" (12 Blätter in 1:200(00),<br />

mit Brläuterungen, bearbeitet von Bergrat L. VAN WERVEKE<br />

(Straßburg i. E. 1906) brachte viel Neues für diese Ausgabe.<br />

)1~Ur die bayerisclte Pfalz waren die 1906 ausgegebenen "Geognostischen<br />

Jahreshefte (XVII, 1904:)" von besonderer Wichtigkeit.<br />

- Neu wal' in der 7. Anflage eine eingehende Verwer-


- 9 -<br />

tung der Arbeiten der sl1dwestdeutschen Erbebenkommissionen<br />

zur Bestimmung der Erdbebenherde und Herdlinien,<br />

welche durch S tel' nein der Karte ausgezeichnet worden<br />

~~ ,<br />

Die 8. Auflage brachte wiederum eine stattliche Reihe von<br />

Nachträgen und Verbesserungen. Auf Grund einer eig'enen<br />

Spezialarbeit wurde dem Zusammenhang zwischen dem Gebirgsbau<br />

Südwestdeutschlands und den hier beobachteten Erd beb e llerscheinungen<br />

nachgespürt und die Karte in diesem wichtigen<br />

Punkt durch 42 Nachträge noch weiter ergänzt. - Auch die<br />

"Bemerkungen zur 7. Auflage der geologischen Übersi<br />

c h t s k arte" von W. KRANZ (Zentralblatt für Mineralogie,<br />

Geologie und Pa!., Jahrg. 1908, Nr. 18, Stuttgart, S. 556 f.) habe<br />

ich dankbar verwertet, soweit ich die gegebenen Anregungen mit<br />

den mir bekannten Tatsachen vereinigen konnte. Das SpaItensystem<br />

im Hochsträß bei DIrn kann ich freilich vorläufig nicht<br />

anerkennen. Ich habe meine Ablehnung auf der 41. Versammlung<br />

des 0 bel' I' h ein i s c h eng e 0 log i s c h e n Ver ein s<br />

(Ostern 1908) näher begründet und verweise dieserhalb auf den<br />

gedruckten Bericht (Karlsruhr. 1909) über diese Versammlung.<br />

Das Auskeilen der Triasschichten unter dem Donautal bei Beuron<br />

scheint mir ebenfalls sehr unwahrscheinlich und ist jedenfalls<br />

nicht nachgewiesen. (Im übrigen verweise ich auf meine Erwidemng<br />

im Zentralblatt für Min., Geo!. und Pa!., Jahrg. 1910,<br />

Nr. 10, S. 307 f.) Wertvolle Ergänzungen für die 9. Auflage<br />

lieferten die neueren Arbeiten der Gl'oßh. Badischen Geologischen<br />

Landes:rnstalt, welche mil' - mit Ermlichtigung des Vorstands<br />

Prof. Dr. DEECKE (Freiburg) - von den Landesgeologen Geheimer<br />

Bergrat Dr. SCHALCH, Bergrat Dr. THÜRACH, Dr. SCHNARRENBERGER<br />

und Assistent SPIZ giitigst mitgeteilt wurden. - Überdies wurde<br />

die Tektonik des Schwarzwaldes wesentlich aufgeklärt durch die<br />

Freiburger Geologenschule. Wir nennen die Dissertationen von:<br />

S. v. BUBNoFF; T. WILSER; E. BRÄNDLIN; F. SPIEGELHALTER;<br />

O. WURZ, K. STIERLIN und J. GLASER. (Verg!. Mitt. der Großh.<br />

Bad. Geo!. Landesanstalt, VI. u. VII. Bd.) - Zur Tektonik des<br />

schweizerischen Tafeljura konnten wichtige Beiträge des Herrn<br />

Dr. :E. BLÖSCH (Zürich) verwertet werden. - Das Te rt i ära m<br />

Ha r d tr a n d e und im Mainzer Becken konnte llbersichtlicher<br />

zusammengefaßt werden durch freundliche Beiträge 'der Heidelberger<br />

Geologen: Geh. Hofrat Prof. Dr. SALOMON, Dr. D. HÄBERLE


10 -<br />

und Dr. W. BueHER. - Auch sonst habe ich manchen freundlichen<br />

Beitrag verwerten können und ich danke an dieser Stelle<br />

besonders den Herren Prof. Dr. SAUER (Stuttgart); Prof. Dr.<br />

BuxToRF (Basel); Geh. Bergrat Dr. L. VON AMMON (München)<br />

und Direktor W. SCHMIDLE (Konstanz) für gütige Mithilfe.<br />

Die neue Auflage der Karte zeigt auch die Ortslagen der<br />

wichtigen Tiefbohrungen von Krotzingen (südwestlich<br />

von Freiburg), von K ö ni g s bI'o n n (südlich von Aalen) und<br />

von He i den h e i m. Neuestens ist auch bekannt geworden, daß<br />

ein gegen 900 m tiefes Bohrloch bei E I' I e n b ach im Tale der<br />

Sulm (4,3 km südöstlich von Neckarsulm) niedergebracht wurde,<br />

das im nördlichen Württemberg Zechstein und Rotliegendes<br />

erschloß.<br />

Klar überschaut man nun auf der erweiterten Karte den<br />

Bau des ganzen Schwarzwaldes und des Odenwaldes, des<br />

Schwäbischen Unterlandes, der S eh w ä bis ehe n Alb mit ihrer<br />

Fortsetzung im Randen und Aargau bis zum "Clos du Doubs",<br />

ferner die Schwäbisch-Schweizerische Molassehochebene mit<br />

dem Grabenbruch des Bodensees, im Süden begrenzt von den<br />

Kreidezügen des Säntis und der Algäuer Kalkalpen. Im Westen<br />

finden sich im Sundgau und längs der Rheintalspalten weithin<br />

verbreitet die Ablagerungen der 0 I i g 0 z än z e i t, welche die<br />

Tiefen des Rheintalgrabens füllen. Die V 0 ges en sind von der<br />

Burgundischen Pforte bei Belfort an dargestellt - mit dem<br />

Zaberner Bruchfeld - bis zum Anschluß an die Hardt; darüber<br />

hinaus diese selbst und das Gebiet bis hinab nach Kreuznach.<br />

Im Hinterlande findet sich noch das Lot h I' i n ger S tu fe nl an d<br />

bis Avricourt, samt dem anschließenden Wes tri eh; also die<br />

P fa I z ganz, neben dem S t ein k 0 h I eng e b i eta n der S aar<br />

bis zum Anschluß an die Taunusquarzite des Hoc h - und I d a r­<br />

wal des.<br />

Die vorzügliche technische Ausführung des Farbendruckes<br />

durch das Typographische Institut von Gi e sec k e & D e v r i e n t<br />

in Leipzig hat es auch jetzt wieder ermöglicht, das viele geologische<br />

Detail so zu verstecken, daß es den klaren Überblick<br />

iiber die großen Verhältnisse in keiner Weise stört und doch<br />

von dem gesehen werden kann, der es sucht.


Die wiohtigsten Struktur linien im geologisohen<br />

Aufbau des Kartengebietes.<br />

Allgemeiner Überblick.<br />

Es handelt sich darum, den<br />

von der N atnr auf das Antlitz<br />

der Erde geschriebenen P 1 a n<br />

der Lei tl in i e n zu ermitteln.<br />

E. SUESS. Das Antlitz<br />

der Erde. III. S. 6.<br />

Die neunte Auflage der "Geologischen Übersichtskarte<br />

von Württemberg und Baden" umfaßt (gleich der<br />

fünften, sechsten, siebenten und achten) das Elsaß, die Pflllz,<br />

Teile der preußischen Provinz Rheinland, den südlichen Teil<br />

des Großherzogturns Hessen, das westliche Bayern bis zum Ansbacher<br />

Meridian, ein beträchtliches Stück der Voralpen und des<br />

Schweizerischen Molasselandes, sowie endlich größere Gebiete des<br />

Schweizerisch-Französischen Jurazuges und des Lothring-ischen<br />

Tafellandes. Die Karte ist mit einem reichen Tatsachenmaterial<br />

der Te k ton i k ausgestattet. Es ist deshalb auch in den Erläuterungen<br />

der S chi I der u n g des ge 0 log i s ehe n Au f­<br />

bau e s die erste Stelle eingeräumt. Dies geschieht am besten<br />

durch Heraushebung der w ich t i g s t e n S t r u k t ur) in i e n im<br />

Grundplan des schönen Schichtstufenlandes, das den Sammelnamen<br />

"Südwestdeutschland" trägt.<br />

Vielgestaltig erscheint der geologische Aufbau dieses Landes,<br />

und doch zeigen sich auch hier ruhende Pole in der Erscheinungen<br />

Flucht; einfache einheitliche Grundgedanken eines<br />

weisen großzügigen Schöpfungsplanes.<br />

Als solche sind zu betrachten die wichtigsten Strukturli<br />

nie n des Schichtengebäudes. Richtung und Stärke der gebirgsbildenden<br />

Kräfte haben ihre deutlichen Spuren hinterlassen<br />

in den Elementen der Te k ton i k: S tr ei c h e n und Fall e n<br />

der aufgerichteten Schichtentafeln; Richtung und Art der Faltenzüge<br />

; Richtung und Sprunghöhe der Zerreißungen an den Bruchlinien<br />

der Erdkruste, den Verwerfungsspalten; Bau und


12<br />

Richtung der großen M u 1 den (Richtung der S y n k I i na I e n) ;<br />

Bau und Richtung der .großen Sättel (Richtung der Antik<br />

I i n ale n); endlich die Gestaltung der F I e x ure n, d. h. der<br />

Schichtenabbiegungen und diejenige der Überschiebungen.<br />

Darin spiegeln sich vor allem die großen Gebirgsbewegungen,<br />

welche schon in alten Zeiten im "Varistischen 1) Grundge<br />

bi I' g e" stattfanden, aber auch diejenigen, welche bei der<br />

Alpenfaltung und beim Einbruch des Rheintalgrabens<br />

das Antlitz Südwestdeutschlands umgestaltet haben.<br />

Der geologische Aufbau des Landes zwischen dem Rheinischen<br />

Schiefergebirge im Nordwesten und den Voralpen<br />

Vor a r I b erg s im Südosten unseres Kartengebietes ist so einheitlich,<br />

daß es möglich war, ein Querprofil von der Nordwestecke<br />

nach der Südostecke in ziemlich gerader Linie so zu zeichnen,<br />

wie es am nnteren Rande der Karte zu sehen ist und demselben die<br />

Überschrift zu geben: "Gebirgsprofil quer zum Streichen".<br />

Damit ist bereits gesagt, daß die Streichlinien im großen und<br />

ganzen die Richtung Süd wes t -N 0 l' dos t einhalten. Das Fallen<br />

geht vorwiegend nach Südost, aber auch entgegengesetzt nach<br />

Nordwest. Es wird sich sofort im einzelnen zeigen, daß viele<br />

Fa I t e n z ü g e, F I e x ure n, BI' U eh li nie n, sowie M U I den -<br />

und Sattelachsen Südwestdeutschlands diesem Varistischen~)<br />

Gen er als t r eie he n folgen. Durch drei Welten alter hindurch<br />

haben sich die gebirgsbildenden Kräfte so geäußert, wie wenn<br />

ein gewaltiger horizontaler, tangentialer Druck aus Südost in<br />

dem siidwestdeutschen Schichtengebäude immer von neuem ausgelöst<br />

worden wäre, oder wie wenn die Last der stets im Siid-<br />

1) Das zum Teil abgetragene "Varistische Grundg'ebirge"<br />

erstreckt sich bekanntlich - meist unter Tag - von dem französischen<br />

Zentralplateau bis zur Böhmischen Masse, bildet also für ganz Südwestdeutschland<br />

die vormesozoische Unterlage. CE. SUESS.)<br />

2) Der Verfasser möchte vorschlagen, das gebirgsbildende System,<br />

welches - in der Tiefe - weithin alles Gebirge in eine ziemlich einheitliche<br />

Folge nordöstlich streichender Falten gelegt hat, nicht mehr<br />

das Rheinische oder das Niederländische, sondern das "Va r ist i s ehe<br />

S y s t e m" zu nennen, um die stets naheliegende Versuchung der<br />

Verwechselung mit den B r u c h s p alt endes Rheintalgrabens zu beseitigen.<br />

- Die Varisken (oder wie neuerdings von E. ZIMMEHMANN<br />

vorgeschlagen ist, die Varisten) waren eine germanische Völkerschaft.<br />

En. SmJK.~ hat dem alten - nach NO Atreichellden - Faltengebirge<br />

Mittcleuropas ihren Namen beigelegt. (Das Antlitz der Erde. 2. S.116.<br />

Wien 1888 und ZeitschI'. der Deutsch. geol. Ges. 190G. Bel'. S. 51.)


13 -<br />

osten in der Geosynklinalen - in einem tiefen Trog der Erdkruste<br />

- sich anhäufenden Se dirn e n te eine Aufpressung der<br />

Grundgebirgskerne - dem heutigen Rheintal entlang - bewirkt<br />

hätte. L. VAN WERVEKE hat es (ebenso wie A. DE LAPPARENT)<br />

neuerdings mit voller Bestimmtheit ausgesprochen (Geol. Zentralblatt.<br />

Bd. VIII. 1906. S.671): "Vogesen, Schwarzwald,<br />

Hardt und Odenwald sind Teile von Gewölben. Nicht<br />

ein Zug der Tafelländer in die Tiefe hat demnach die höhere<br />

Lage der Gebirge bedingt, sondern eine infolge seit I ich e n<br />

D I' 11 C k e s erfolgte Emporwölbung dieser selbst. Die Tafelländer<br />

wurden bei diesem Vorgang mitgehoben, wenn auch in<br />

geringerem Maße und mitgefaltet. " Die Entstehung dieser Falten<br />

der Erd I' i nd e ist auf dieselbe Ursache zurückzuführen, wie<br />

die Faltung der Alpen und des Jura. Als wirkliches<br />

Sen ku n g s fe I d bleibt nur das Rheintal übrig.<br />

Auch heute noch bestehen ganz ähnliche Verhältnisse, wie<br />

die neuere Erdbebenforschung gezeigt hat. Die großen Bruchli<br />

nie n der Erd k I' U s t e, welche Südwestdeutschland durchziehen,<br />

sind auch jetzt noch die Linien des geringsten Widerstands<br />

gegen die durch die Abkühlung und die stellenweise Abtragung<br />

der Erdkugel fortwährend hervorgerufenen Spannungen.<br />

An ihnen lösen sich die tektonischen Kräfte - nach dem Gesetz<br />

der Isostasie - von Zeit zu Zeit ,aus; es gehen von ihnen die<br />

te k ton i s c h e n Erdbeben aus. Auch die vom Ausland her<br />

verpflanzten Erdbebenwellen branden stark an den Hauptspalten<br />

an, lösen sich aber häufig auch dort aus und treten auf die<br />

Nachbargebiete nur abgeschwächt oder gar nicht mehr hinüber. -<br />

Noch immer - wie zu den Zeiten der mittelkarbonischen varistischen<br />

Faltung (in N 50 0 0) - liegen unsere Gebirgskerne und<br />

unser Schollenland unter einem kräftigen tangentialen Druck, der<br />

aus SO und S wirkt. Die Alpen wollen vorrücken und pressen<br />

das ganze Zwischenland gegen die mittelrheinischen<br />

Grundgebirgskel'ne und gegen das böhmische Massiv.<br />

(Vergl. C. REGELMANN, Erdbebenherde und Herdlinien in Südwestdeutschland.<br />

Württ. naturwiss. Jahreshefte. Jahrg. 1907.<br />

S.11O-176.) -- Die Beeinflussung der Fortpflanzung der seismischen<br />

Energie durch die t e k ton i s c h e n B I' U chi i nie n<br />

zeigte sich auch neuerdings wieder augenfällig bei dem mäßig<br />

starken Erd beb e n vom 26. Mai 1910. Dasselbe ging vom<br />

Schweizer Jura (sUdlich von Basel) aus und erschütterte das


- 14 -<br />

Rheintal bis zum Parallel von Pforzheim. Aus der Rheinebene<br />

selbst liegen nur wenige Beobachtungen dieses Bebens vor. Dagegen<br />

drängen sie sich an den bei den großen Rheintalspalten<br />

ganz dicht zusammen. (VergL DE QUERVAINj in der Monatl.<br />

Übersicht der Kais. Hauptstation für Erdbebenforschung in<br />

Straßburg, 1910, Nr. 5, S. 7.) -<br />

Über "D a s Mit tel e ur 0 p ä i s ehe Erd beb e n vom<br />

16. No v e m be r 1911" hat die Kais. Hauptstation für Erdbebenforschung<br />

(Straßburg) durch R. LAIS und A. SIEBERG eine<br />

Arbeit veröffentlicht, welche die engen Beziehungen dieses Bebens<br />

zum geologischen Aufbau Süddeutschlands klar hervortreten läßt.<br />

Auf Grund der Tektonik, welche unsere Übersichtskarte zur<br />

Darstellung bringt, gelang es, die Wirkungsweise der "Verwerfungslinien"<br />

Südwestdeutschlands auf den Verlauf des<br />

genannten Bebens festzustellen. (VergL GERLANDS Beiträge zur<br />

Geophysik. XII. Bd., 1. Heft. Leipzig. 1912.)<br />

Die Erdbebenherde und Herdlinien sind daher in der<br />

neuesten Auflage der Karte noch weiter ergänzt worden und<br />

eine übersichtliche graphische Darstellung derselben ist _. wie<br />

gesagt - am Schlusse dieses Heftes beigefügt worden. (Tafel I.)<br />

Betrachtet man vom Nordwesten unserer Karte aus gegen<br />

Südosten vor3chreitend, die einzelnen Schollen des Landes, so<br />

zeigen sich folgende geologische Einheiten:<br />

1. Der Bau des Hoch- und Idarwaldes im Huusrück.<br />

Der Hoc h wal d, ein Teil des großen Rheinischen Schiefergebirges<br />

besteht aus unterdevonischen Hunsrückschiefern<br />

und Tau n u 8 qua r z i t z ü gen 1). Man sieht die über 1000 m<br />

mächtigen Schichtenstöße dieses alten Festlandes in steile Falten<br />

gelegt, welche hier die Richtung 2) N 47 0 0 (d. h. nahezu Südwest<br />

-Nordost) einhalten. In diese Faltenziige sind eingewickelt<br />

si I u I' i s c he bunte Schiefer und Phyllite (seidenglänzende Tonschiefer).<br />

Die Fallwinkel der Schichten sind groß, sie betragen<br />

1) Vergl. uie von ucr Kgl. Preußischen geologischen LandesaDstalt<br />

voröffentlichten Spezialkarten 1: 25 000 nnd die dazngehörigen Er·<br />

läuterungen. Berlin lS70-1911.<br />

2) Derartige Z"hlcn angaben sind als Mit tel wer t e zu betrachten,<br />

wolche einen wahrschcinliehcn Fehler von + 3 0 in sich tragen. Es<br />

ist stets das w a h r e (red.) Streichen gemeint.


15<br />

50"_90') lIud neigen meist gegen Nordwest. Diese Faltung ist<br />

vorpermisch, denn auf der SUdseite des Hochwaldes breiten<br />

sie,h die Schichten des unteren Rotliegenden ab w e ich e 11 d und<br />

ungestört über die Falten des Devonkörpers Ilinweg. Die Zeit<br />

der Faltuug ist ahcl' noch näher bestimmbar durch die Art der<br />

Auflt\gerUllg des Saarbriicker Oberkarbons auf die Devonfaltell<br />

- unter Tag - , sie el'Weiilt sich sicher als pos t k 11 I m i s c h<br />

oder kurz gesagt vom Alter des mittleren Karbon. Die<br />

Faltullg des Hoch- uud Idarwaldes stimmt überein mit der Fa 1-<br />

tungsrichtullg des Rheinischen Schiefergebirges<br />

überhaupt, welche wir durchweg die Yaristische Strukturlinie<br />

(ideal N 50 11 0) nennen.<br />

2. Der Bau des Saa.rbrücker Steinkohlengebirges.<br />

Abweichend und muldenförmig lagern sich die kohlenfiillJ'enden<br />

Schichten de~ Saat-Nahe-Gebietes l ) an<br />

den gefalteten Devonkörpel' des Hochwaldes und Idarwaldes an.<br />

Fig. 1.<br />

Die Lagel'uug des Steiukolllengebirges und des Rot.­<br />

liegenden im Saar-Yahe-Gebiet.<br />

(Nach NASSE, WI':ISS, LASPEnlE8, GÜ~n\);r.<br />

UDd CLl\'ER.)<br />

Der Pet e rs b erg \)e~tellt uus oberem Rotliegenden. Darunter<br />

folgt UDterrotJiegendeB ('l'holeyer-, Lebacher- und Cuselerschichten).<br />

Die eingeschalteten schwarzen Lager bezeichnen die sog. Gre n z lager<br />

(Eruptivgesteine deB mittleten Rotlieg'enden, r.ielaphyre usw. in Deckenform).<br />

- Die St,eiukohlenfliize liegen (wie ::mgcdeutet) tiefer in den<br />

S a ar b r ü c k e rs chi c h t endes oueren Steinkohlengebirge~.<br />

Die 30 km hreite gralJcnartigc BinsellkUlI;.\· crstrcekt sich Illel'kwlirdigerweise<br />

genau wieder in lIer Richtung SW -NO; die<br />

1) VergI. A.<br />

koblellgebil'ges.<br />

Berlin 1\104.<br />

L'JPI'LA, Geologische Skizze des Saarbrücker Stein­<br />

:Fc~tschrift zum IX. allgemeiuen BCl'g'llla.IlU~tllg.


16<br />

richtenden Kräfte der mittleren Karbonzeit haben also bis und<br />

nach dem Schluß der Permzeit gleichartig fortgewirkt, nur<br />

brachten sie statt der Faltung dem gegen 5000 m mächtigen<br />

produktiven Stein kohlen gebirge 1) an der Saal' nur M u I d e n­<br />

und Satt e I bi I dun g und kräftige Ein b rü ch e. Letztere,<br />

sowie das Aufsteigen der Eruptivgesteine, erfolgten wohl am<br />

Schluß der Ablagerung der Tholeyer Schichten; sie haben also<br />

das Alter des mit tl e ren Rotliegenden. Bezeichnend ist der<br />

Verlauf des sog. "Saarbrücker Kohlensattels"2) (die<br />

Firstlinien sind in der Karte durch rote Kreuze angedeutet),<br />

welcher nördlich von St. Avold ins Blatt einzieht, um über<br />

Saarbrücken nach Neunkirchen und Altenkirchen zu verlaufen;<br />

es ist im Mittel die Richtung N 51 0 0. Auf derselben Linie<br />

erscheinen auch in der Verlängerung die kuppelförmigenAufwölbungen<br />

der "Ottweiler Schichten" des Bayerischen Kohlengebietes<br />

am Potzberg und Königsberg. Das Kohlengebirge wird,<br />

unter Tag, einige Kilometer südlich von Neunkirchen durch eine<br />

annähernd dem Sattel parallele Verwerfung (dem sog. großen<br />

südlichen Rauptsprung) abgeschnitten (siehe das Profil<br />

am Fuß der Karte), deren Sprunghöhe nach OLIVER bei St. Ingbert<br />

4000 m beträgt. Diese riesige Verwerfung durchschneidet<br />

den Nordflügel des Kohlensattels, deshalb steigen auf der Linie<br />

Saarbrücken-Neunkirchen die Steinkohlenflöze der unteren und<br />

mittleren "Saarbrücker Schichten" unter einem Winkel<br />

von 35 °-40 0 an den Tag herauf. Südlich von dieser Verwerfung<br />

erreicht dagegen der Bohrer nur die flözarmen, 1400 m<br />

mächtigen "Ottweiler Schichten". Auf der Ostseite wird<br />

1) Das Oberkarbon gliedert sich nach den Arbeiten der KgJ.<br />

.Preußischen Landesaufnahme an der Saar von oben nach unten wie<br />

folgt: 0 t t weil er(Breitenbacher-Potzberg)schichten (flözarm) 1400 m;<br />

Obere Saarhrückerschichten (flözal'm) 100 m, im Liegenden<br />

das sog. Holzer Konglomerat; Mittlere Saarhrückerschichten<br />

mit 2 Flammkohlenzügen 1360m; Untere Saarbrückerschichten<br />

mit vielen Fettkohlenzügen 1600 m (soweit bis jetzt erschlossen). Vergl.<br />

auch L. v AN WERVEKE; Erläuterungen zu Blatt Saarbrücken 1 : 200000.<br />

Straßburg 1906, S. 56.<br />

2) Durch die neuesten Untersuchungen ist eine Teilung des Hauptsattels<br />

in zwei "N e ben sät tel" nötig geworden, so wie dies unsere<br />

Karte nunmehr zeichnet. Vergl. L. v AN WE)~WEKE. Erläuterungen zu<br />

Blatt Saarbrücken der geolog. und tekton. Ubersichtskarte von Elsaß­<br />

Lothringen, in 1: 200000, Straßburg i. E. 1906, S. 22 und O. M. REIS.<br />

Der Potzberg, seine Stellung im Pfälzer Sattel; in: Bayer. Geogn.<br />

Jahreshefte. XVII. 1904. München 1906, S.93-233.


17<br />

der Sattel durch den "östlichen Hauptsprung" N500W<br />

bei Neunkirchen plötzlich abgeschnitten, so daß auch dort ostwärts<br />

die ertragreichen Flöze tief versenkt erscheinen. Doch hat<br />

am Pot z bel' g' eine neUeI'e Tiefbohrung die "F I a m m k 0 h I e n­<br />

g'ruppe" etwa 1000 m unter Tag mit hinreichender Sicherheit<br />

festgestellt. (Vergl. L. VAN WERVEKE. Erl. z. BI. Saarbrücken,<br />

S. 122.)<br />

Nach den Ermittelungen des Oberberghauptmann H. v. DECHEN<br />

finden sich im Ostfelde bei Neunkirchen in den "Saarbrücker<br />

Schichten" 88 bauwürdige }'!öze mit zusammen 92,4 m Kohle;<br />

neben 145 unbauwürdigen Flözen mit 34,5 m Kohle in einer<br />

Gebirgsmächtigkeit von 1604 m. Die größte Mächtigkeit einer<br />

Kohlenbank beträgt 3,9 m. Nur die liegendsten Schichten sind<br />

flöz reich (Fettkohlen und Flammkohlen). (GeoI. und paläont.<br />

Übersicht der Rheinprovinz. Bonn 1884.) - Die preußischen<br />

Gruben des Saarreviers haben von 1816-1903 im ganzen<br />

255 464 508 t Kohlen g'eliefert, von deren Verkauf an die<br />

Staatskasse 509,7 Mill. Mark abgeführt wurden. Vorhanden<br />

sind im Saarbecken bis zu einer Abbautiefe von 1000 m derzeit<br />

noch 3817250000 t verfügbare Kohle: dies reicht nach dem<br />

Ausbringen 1) der letzten Zeit noch auf etwa 270 Jahre. (VergI.<br />

L. VAN WERVEKE, Erläut. zu BI. Saarbrücken. Straßburg 1906,<br />

S. 56.)<br />

Südöstlich vom großen südlichen Hauptsprung liegen nach<br />

dem Ergebnis der neuesten Tiefbohrung bei St. Ingbert<br />

die Kohlenflöze der Saarbrückerschichten in so großer Tiefe,<br />

daß derzeit - auch im Falle der Fündigkeit - eine vorteilhafte<br />

Ausbeute unmöglich erscheint. Das Bohrloch liegt an der Sengscheiderstraße<br />

und wurde 1407 m tief abgestoßen. Es folgen<br />

sich von oben nach unten: Buntsandstein (500 m) durchbohrt<br />

230 m; mittlere Ottweilerschichten 570 m; untere<br />

Ottweilerschichten 607 m bis vor Ort. (L. v. AMMON,<br />

Bayr. Geogn. Jahreshefte. XXI. 1908, S. 195 f.)<br />

1) Das Aus b r i n gen an Steinkohlen ergab im Jahre 1906 in<br />

dem Saar-Nahe-Gebiet 14300225 t im Wert von 163976000 Mark;<br />

wovon auf Preußen 133785000 Mark, auf Lothringen 22502000 Mark<br />

und auf Bayern 7716600 Mark entfielen, (Zeitschrift für prakt. Geologie.<br />

1909, S. 484.)<br />

2


18<br />

3. Der Aufbau im Hügellande an der Glan und Nahe.<br />

Betrachtet man weiterhin das Hügelland des Rotliegenden<br />

1), das sich zwischen Saarwellingen und Kreuznach bis zur<br />

Breite von 35 km ausdehnt, so sieht man nicht nur in der<br />

Längenachse die Varistische Strukturlinie: SW-NO herrschen,<br />

sondern auch die Eruptivgesteine des sog. Grenzlagers<br />

- aufgepreßt in der Zeit zwischen der Ablagerung des mittleren<br />

und oberen Rotliegenden - folgen in ihrer Längenausdehnung<br />

aufs deutlichste der richtenden Kraft des Va r ist i s ehe n<br />

S y s t e m s. Viele Kilometer weit ziehen (in nordöstlicher Richtung')<br />

die Felsenkuppen der Quarzporphyre, Porphyrite<br />

und Me I a p h y I' e in ausgezeichneter Weise orientiert durch das<br />

Hügelland dahin. Die eingepreßten Magmen folgten eben den<br />

Spalten und Bruchlinien der genannten Strukturlinie. Auf dieser<br />

Linie sind auch die merkwürdigen "S chi eh t e n k u p p eIn" des<br />

Potzbergs, des Hermannsbergs und des Königsbergs (die Intrusivmassen<br />

im P f ä 1 zer S at tel) angeordnet. Der Verlauf<br />

1) Das Rotliegende (Perm) gliedert sich, nach den Arbeiten der<br />

beteiligten geologischen Landesanstalten, in der Glan-Nahemulde (von<br />

oben nach unten) wie folgt.<br />

In Preußen:<br />

o b er rot I i e gen des.<br />

Kreuznacherschichten (100 m)<br />

Wadernerschichten (300 m)<br />

Söternerschichten (100 m)<br />

In der Pfalz:<br />

Ob er rot I i e gen des.<br />

Staudenbühlerstufe (100 m)<br />

Winnweilerstufe (150 m)<br />

Hochsteinerstufe 100 m).<br />

Eruptivgesteine des sog. Grenzlagers.<br />

(Quarzporphyre, Melaphyre und Porphyrite.)<br />

Un te rro tliege n de s.<br />

Tholeyerschichten (60 m)<br />

Lebacherschichten (450 m)<br />

Obere KuseJerschichten<br />

(etwa 1000 m)<br />

Untere Kuselerschichten<br />

(130-150 m)<br />

U n t err 0 tli eg e nd e s.<br />

Obere Lebacherschichten (60 m)<br />

Untere Lebacherschichten (50 m)<br />

Hooferstufe (350 m)<br />

AJsenzer Sandsteinstufe (450 m)<br />

Odenbacherstufe (250 m)<br />

Königsborner- oder Börsbornerstufe<br />

(370-750 m).<br />

Die Schichten keUen vielfach aus und transgredieren von unten<br />

nach oben immer mehr gegen NW, so daß sich schließlich Ober~otli<br />

e gen des direkt über dem gefalteten Devonkörper ausbreItet.<br />

(Siehe Fig. 1.)<br />

Vergl. L. VAN WlmVgKE. Erlltuterungen zu Blatt Saarbrücken<br />

1: 200000. Strallburg 1906, S.96 und K. BURCKHARDT. Bayer. Geognostische<br />

Jahreshefte. XVII. Hl04, S.9-19,


- 19<br />

der Flußrinnen der Nah e von den Quellen bis nach Kirn und<br />

der Glan auf der Strecke von Niederalben bis in die Gegend<br />

von Sobernheim folgen ebenfalls genau der gleichen Strukturlinie.<br />

Die heute an der Oberfläche sichtbaren Ver wer fu n g s­<br />

li nie n in dem weiten Hügellande des Rotliegenden an Nahe<br />

und Glan verlaufen in der mittleren Richtung N 56 0 0 oder<br />

stehen nahezu senkrecht darauf, wie Kluft und Gegenkluft. Sie<br />

folgen also annähernd der va r ist i s c he n Struktur in Kombination<br />

mit derjenigen, welche nach NW gerichtet ist, und welche<br />

wir nach alter Übung "h erz y n i sc h" nennen. Nur in zwei<br />

Fällen macht sich auch hier schon das "alpine" System geltend,<br />

welches Bruchlinien hervorgebracht hat, die von West nach Ost<br />

verlaufen; wenn man nicht diese Sprünge als Komponenten der<br />

heiden erstgenannten Systeme ansehen will.<br />

4. Der Dau der Pfälzer Mulde und des Lothringer<br />

Stnfenlandes.<br />

Im Aufbau der großartigen, aber flachen Lot h r i n ger<br />

Qder P fälz e l' ~ful d e (S a ar gern ü n d - Pfälz is ch e n<br />

M u 1 d e) zeigt sich wiederum sehr schön die varistische<br />

Strnkturlinie SW -NO als Beherrscherin der Schichtenstellung,<br />

Qbgleich dieses Tafelland aus Trias- und Juraschichten gebildet<br />

ist. Den ausgezeichneten Arbeiten der preußischen, reichsländischen<br />

und bayerischen Landesgeologen 1) verdanken wir<br />

die gen aue Kenntnis des Zusammenhangs. Die Muldenlinie<br />

(in der Karte durch eine blau gestrichelte Linie angedeutet)<br />

hält die Richtung ein N 56 0 0 und fällt etwa zusammen mit<br />

der Linie Nancy-Saargemünd-Hochspeyer. Nur ganz<br />

sachte - mit 1 °-3 0 heben sich die beiden Muldenflügel gegen<br />

SO und NW empor bis hinaus an den Rand der Hardt und<br />

an die Erosionsgrenze auf den älteren karbonischen und permischen<br />

Schichten des Nordwestens. Diese riesige flache Mulde<br />

besteht aus eiuer etwa 550 m mächtigen Schichten folge des<br />

Buntsandsteins, auf welche sich gegen Südwesten hin der<br />

Muschelkalk (210 m mächtig) aufgelagert hat und weiterhin<br />

1) E. WEISS, A. LEl'PI,A, L. VAN WERVEKE, E. SCHUMACIIER,<br />

lj:. TnüHAcH, L. VON AMMON, O. REIS u. a. - Insbesondere A. LEl'l'LA,<br />

lTbcr den Bau der pfälzischen Nordvogesen und des triadischen Westrichs.<br />

Jahrb. Kgl. Preuß. geol. L.-A. für 1892. Berlin 1893.<br />

2*


- 20 -<br />

gegen SW der Lothringer Keuper (230 m mächtig) obenauf<br />

liegt. Die ~Iulde umschließt reiche Salzlager 1). Unser Profil<br />

schneidet die .,Pfälzer Muldenlinie" im Großen Kahlenberg<br />

(396 m) nordöstlich von Sam'gemünd; dieselbe neigt sich nach<br />

LEPPLA im Mittel 0 0 40' ge gen SW, also gegen das Pariser<br />

Senkungsfeld hin. Dies bewirkt, wie schon berührt, daß auf<br />

der Karte, gegen Südwesten hin, immer jüngere - von der<br />

Abtragung übrig gelassene - Formationsterrassen erscheinen,<br />

so bei Großtännchen: Rhät und uuterer Lias. - Beide<br />

Mnldenfiügel sind von zahlreichen Störungen durchsetzt.<br />

Diese Bruchlinien verlaufen teils annähernd parallel der genannten<br />

1Iuldenlinie (varistisch), teils annähernd senkrecht<br />

darauf (herzynisch). Sehr klar zeigt sich die varistische (oder<br />

NO) Strukturlinie am Einbruch der Nordvogesen bei Niederbronn<br />

im Verlauf der großen Rheintalspalte. Bei Weißenburg<br />

dagegen biegt dieser Bruchrand allmählich um, so daß<br />

bei Dürkheim a. d. Hardt die alpine Süd-Nordrichtung ausgeprägt<br />

ist. (Vergl. die Karte und das Gebirgsprofil am unteren<br />

Rande derselben.)<br />

5. Ban der Vogesen (des Wasgenwaldes).<br />

Auch in den Süd v 0 g e sen 2) findet sich die varistische<br />

Strukturlinie SW-NO; liegt doch gerade hier das varistische<br />

Grundgebirge offen am Tage. Dasselbe ist aufgebaut aus<br />

1) Auf dieses Vorkommen gründen sich große chemische Industrien<br />

und die Salinen bei S aar alb e n und Die uze. Das Profil der Trias<br />

ist nach der neuesten Tiefbohrung in Dieuze (etwa 210 m ü. d. 1\1.)<br />

folgendes: K e u per: Schilfsandstein un d Gipsmergel 244 m; Lettenkohlenformation<br />

34 m; - Oberer Muschelkalk 64 m; Mittlerer Muschelkalk<br />

105 m; Unterer Muschelkalk 43 m; (also Mus c hel kai k im<br />

ganzen 212 m). - Oberer B u nt san d s t ein 77 m; Mittlerer Bunt­<br />

Randstein bis vor Ort 80 m. Ganze Teufe 647 m. - Die Salzlager<br />

von Saaralben setzen nnter Dieuze fort. In den Gipsmergeln des<br />

Keupers fanden sich 70 m Salz in 19 Lagern; in der Anhydritgruppe<br />

des Muschelkalks ferner 6 Salzlager mit 16 m totaler Mächtigkeit. -<br />

(L. VAN WINBUSCH, P. GRO'l'H,<br />

E. Co liEN 11. a.; sowie den trefflichen "Geologischen Führer dnrch<br />

daR EIsl~ß" von E. W. BENJ.]CKE, H. BÜCKING, E. SCHUM~CHER und<br />

L. VAN W~jRVElm. Berlin 1900. - Ferner: W. BIWIINS, Uber Granit<br />

und Gneis in den Vogesen. Mitt. d. philomath. Ges. in Straßbnrg ..<br />

1800. Bd. II. 8. 13~ ff.


21<br />

GI\{'i8Cll, Graniten lind Gesteinen des {Tlltcl'karbons<br />

(Kulm). In letzterem hensehen Schiefer, Gl'lUtwacken, Konglollwrate<br />

IllHl zahll'cicllC Decken alter El'upti~'gesteine (branne<br />

lind grane Porphyre, Labratlorpol'phyre, (]lw.rzfl'eie Porphyre und<br />

Qn:lI'ZllOrphYl'e). .Mit wenigen Ausnahmen zeigen die Schichteu<br />

;; te i I e A 11 f r ich t un g in einem umlaufenden Bau. Diese<br />

Sdlichtenstelluug if;t kill!" ersichtlich ans dem nachstellenden Profil.<br />

Fig. 2.<br />

Pl'oftl durch eInen Teil der siidlichell Yogeaen.<br />

(Vierfach überhöht; Schnittebene von S\V nach NO.)<br />

(Xa1)h L. VAX \VERVEKE, Begleitworte zur Höhenschichtenkarte von<br />

Eh:>f:i-Lothringen, 1906, S. 26 und Geol. .Führer durch das Elsaß, S. 307.)<br />

GII' = Grauwacke; S + Gw = Schiefer und Grauwacke; S = Schiefer;<br />

cm = contactwetaworph; Cp = Konglomerate mit Geröllen von Eruptivg&


22<br />

Silberbergwerk S y I v es tel' bei Urbeis im obersten Weiler Tal<br />

im Betrieb (38 Bergleute). Der Haupterzgang streicht fast ostwestlich<br />

(N 83 0 0) und fällt unter 700 bis 75 0 nach Süden.<br />

Er setzt im W eil e r sc h i e fe r auf, nahe der Grenzzone gegen<br />

den Gneis von Urbeis. - Das Dreieck Saal e s - U rma tt-A nd lau<br />

umschließt das besonders mannigfaltige G l' an i t m ass i v des<br />

Hoc hf eid es. Daran reihen sich im Süden alte paläozoische<br />

Schiefer des Weiler Tales an, die glänzenden Steigerschiefer<br />

und W eil e r sc h i e fe r, welche dem Silur zugeschrieben werden<br />

und an die ältesten Vogesengesteine, die Ur bei seI' G n eis e<br />

anstoßen. -~ Nördlich von der Brensch kann man D e von<br />

studieren (Gesteine des rheinischen Schiefergebirges) und darüber<br />

breiten sich die Schichten und Porphyrdecken des Rotliegen den,<br />

für welche die sagenreiche Burg Nie d eck berühmt geworden<br />

ist. - Über der Abrasionsfläche des Grundgebirgs aber erhebt<br />

sich die prachtvolle Steilwand des B u n t san d s t ein s (die Südstirne<br />

der Nordvog'esen), der von hier an nordwärts ausnahmslos<br />

den Wasgenwald bildet. Auf dieser Steilwand erhebt sich kühn<br />

und formenschön der Götterberg Don 0 n, der das ganze Gebirge<br />

beherrscht. - Ein merkwürdiges Vorkommen im Granitmassiv<br />

des Hoch waldes sind die einst sehr berühmten Eis e n erz lag e 1'­<br />

S t ä t te n von Rothau und Framont im Breuschtal. Die Eisenglanz-Magnetitgänge<br />

setzen bei Rothau durchweg im Granit auf;<br />

sie streichen N 50 0 0 im Mittel. Der Eisenbergbau ist eingegangen,<br />

einst aber zogen die Arsenale das Rothauer Eisen allen anderen<br />

Marken vor. Die Augen dei' Mineralogen ruhten seinerzeit mit<br />

besonderem Wohlgefallen auf diesen Gruben, weil sie eine Menge<br />

der seltensten Mi n e r a 1 i e n in die Kabinette der ganzen Welt<br />

lieferten.<br />

Der große "Vogesensattel" (rote Kreuze der Karte)<br />

zieht von Luxeuil aus (südlich von Gerardmer) hinüber zur Hohkönigsbl1rg,<br />

um weiterhin - jenseits des Rheintalgrabens im<br />

Schwarzwald - nach der Hornisgrinde und an Wildbad vorüber<br />

bis nach Liebenzell vorzudringen. Er hält in den Hochvogesen<br />

die Richtung N 56 0 0 ein und schneidet das Rheintal schräg<br />

anf der Linie Benfeld-Appenweier. Die SC'hichtenstellung in<br />

diesem mittleren 'l'eile der V ogesen ist aus dem nachstehenden<br />

Gebirgsprofil zu crsehen. Sehr schUn hebt sich hier der Gegensatz<br />

zwischen dem Urnndgebirge und dem abweichend gelagerten<br />

BuntsamlHtein heraus.


23<br />

Fig. 3. Proßl durch einen TeU der mittleren Yogescu.<br />

(Vierfach überhöht; Schnittebene VOll SW nach NO.)<br />

(Xach L. \').X WBRYEKE, Begleitworte zur Höhenschichtenkarte von<br />

Elsaß-Lothringen, 1906, S. 25 und Geol. Füluer durch dns Eleaß, S. 319.)<br />

Gn = Gneis; Kgr. = Kammgranit ; G1gr = Gl8.llhüttengranit (Randaus.<br />

bild\lng des Kammgranits); Brgr = Bressoirgranit; Bigr = Bilsteingra.nit<br />

mit scbiefrigen Salbändern (Sa); Ggr = Ganggranit ; ro = Oberrot·<br />

liegelides ; sm '"" :Mittlerer Buntsandstein; h = Hauptkonglomerat des<br />

mittleren Buntsandsteins j St = Störung.<br />

VOll Belfol1 his nach Thanll verläuft die stldliche Abbruch­<br />

I j 1\ i e det' Vogesen in det' gleichen SW-NO-RichtUllg genaner<br />

~ 50 ~ 0; während der Rheintnlbruch gegen Gebweller zu umbiegt<br />

nnd auf der Strecke Rufach-Ksyael'sberg ganz meridional (a.lpin)<br />

gerichtet ist. Der NordflUgel des Vogesenssttela reicht bis zur<br />

Linie Epinal- Raon-I'Etappe-Schneeberg, welche dem Sattel parallel<br />

verHillft IlJId als Erosionsgl'enze zwischen Bun1aandstein und<br />

Grundgebirge Beachtung verdient, a.uch die Hocllvogeaen gegen<br />

Nonhre8t :Im t1lglichsten nbgl'enzt. Diese Linie war frllher als<br />

durchlaufendo V erw er fu 11 g von den französischen Forschel'1l<br />

itllfgefaßt worden, und demgemäß erklärte SUESS die Vogesell<br />

als einen "Horst u • Das kann llieht aufrechterlJalten werden, die<br />

T1oehvogC


- 24 -<br />

ältesten Sedimente der kristallinell Vogesen sind "G n eis e".<br />

Ihr Auftreten beschränkt sich auf die Gebiete westlieh und östlich<br />

von dem Granitzug, der den "Col du Bonhomme und die "St. Didlel'­<br />

höhe" trägt. Die Streichrichtungder enggestelltenFalten istvaristisch<br />

(SW-NO), das Einfallen meist steil gegen Nordwest. - In diese<br />

Sedimente drangen die G r an i te ein, welche zu verschiedenen<br />

Zeiten aufgepreßt wurden (Welscher Belchen 1245 m). Die Längserstreckung<br />

der "Massive des Kammgranits" folgt gehorsam<br />

annähernd der val' ist i s c h e n S t l' U k t u I' 1 i nie,<br />

wie der St. Didlerzug' schön zeigt. Der Kammgranit wirkte<br />

verändernd auf die Grauwacken des Kulm (Unterkarbon), er ist<br />

also jünger als diese. Dagegen ist das "Oberkarbon" nicht<br />

gefaltet und liegt übergreifend auf den Falten der Sedimente und<br />

über den gequetschten Graniten. Die s e G r an i t e sind also vom<br />

Alter des mittleren Karbon. Dagegen sind die Zweiglimmergranite<br />

des Bressoir (1146m) jünger; ihr Massiv<br />

streckt sich von West nach Ost; bezeichnet also wohl eine älteste<br />

Vorbereitung der alpinen Faltung. - Das ° b er kar bon lagert<br />

in den Vogesen ziemlich horizontal. Es sind aber nur spärliche<br />

Reste der Abwaschung entgangen; doch fand bei St. Pilt, Hury,<br />

Laach, Erlenbach und Rodem Abbau von brauchbaren Steinkohlen<br />

statt. - Das Rotliegende der Vogesen setzt mit seinen<br />

älteren Schichten (bei Trienbach 300 m) die Ausfüllung der<br />

Mulden im alten Faltengebirge fort; ebnet also dasselbe ein und<br />

schafft eine "A b ras ion s fl ä c h e", doch so, daß die die Mulden<br />

trennenden Rücken meist noch unbedeckt bleiben. So wurde die<br />

Senke des W eil e I' Tal e s durch mächtiges Rotliegendes vollständig<br />

ausgefiillt. Erst das ,,0 b e 1'1' 0 tl i e gen d e" griff weiter<br />

über, hat daher eine viel größere Verbreitung (Breuschtal). -<br />

Wie im Schwarzwald brachen auch in den Vogesen zur Zeit des<br />

mittleren Rotliegenden gewaltige Massen von Qua r z pol' P h Y I'<br />

an den Tag; sie sind erhalten geblieben z. B. in dem malerischen<br />

Felsenkranze der Ruine Niedeck. - Der Z e c h s t ein fehlt vollständig<br />

im Gebiet des Wasgenwaldes. Dagegen wurde der B u n t­<br />

san d s t ein in einer 25-500 m mächtigen Schichten reihe abgelagert.<br />

Die Mächtigkeit der Buntsandsteinahlagerungen schwankt<br />

also in den Vogesen, wie im Schwarzwald, sehr stark. Die<br />

Forts. v. S. 23.<br />

sind, wie die Fa I tun g der Alp e n und des .Jura. (L. VAN W~~RVEKE,<br />

neol. ZentraliJlatt. Bd. VIII. 1906. S. 671.)


26<br />

La g(' l' 1111 ~s \' C I' h Hit n i Si! e im Gehiet der KonhQgeseu wel'~le\1<br />

gilt angedeutet dnl'


26<br />

weiler 16 m; bei Saarreinsburg 4, m. - Die Ha r d t zeigt aber<br />

wieder ganz andere Verhältnisse. Der B u nt san d s te i n bildet<br />

in den "Nordvogesen" weithin das Deckgebirge, d. h. die wichtige<br />

"Mulde von Pfalzburg" (N 56° 0), welcher die bekannte große<br />

Viilkerstraße nach Zabern folgt. Südwärts von der Linie Donon­<br />

Schneeberg hat aber die lange Erdperioden hindurch wirksame<br />

Abtragung nur geringe Reste des Buntsandsteins auf den Hochflächen<br />

übriggelassen. Diese Reste bilden öfters spitze, hochragende<br />

Kuppen; so die weitschauende Frankenburg, die stolze Hohkönigsburg,<br />

den Königstuhl und Tännchel (siehe Fig.3), sowie den<br />

Ung'ersberg, Climont, Donon u. a. - Sowohl in den Vogesen als<br />

in der Rardt lagert der Buntsandstein "diskordant" (ungleichförmig)<br />

auf dem älteren Gebirge. Gegen Westen beginnt er mit<br />

den Konglomeraten des Eckschen Geröllniveaus und weiterhin<br />

sogar mit dem Hauptkonglomerat ; es feh 1 e n als 0 dort der<br />

untere und teilweise der mittlere Buntsandstein<br />

v ö 11 i g, während sie im Osten gut ausgebildet sind. Das Buntsandsteinmeer<br />

(oder die Wüste) ist also in der Weise gegen NW<br />

vorgedrungen, daß bei St. lngbert und Neunkirchen der obere<br />

Buntsandstein direkt auf Karbon lagert.<br />

6. Bau der Hardt (des Pfälzerwaldes).<br />

Die Tektonik der Hardt ist beherrscht von der Zugehörigkeit<br />

zu der "P f ä 1 zer M u 1 d e" (Muldenlinie Saargemünd­<br />

Altleiningen; varistisch N 56 (\ 0), welche erst in der Tertiärzeit<br />

die heutige Gestalt erhalten hat. Bei dieser Gelegenheit hat<br />

auch - allerdings nur an einem Punkte - tertiäres Eruptivgestein,<br />

sog. Limburgit, den Schichtenmantel der Hardt durchbrochen.<br />

Am Pe c h s t ein k 0 p f südlich von Dürkheim stehen in hohen<br />

Säulen ausgebildete, von Tuffen umhüllte Ba s alt f eis e n (ß)<br />

mitten zwischen Buntsandstein am Tag. Der Buntsandstein 1)<br />

1) Die Gliederung dieser Formation in der Hardt siehe bei<br />

H. THÜltAmr. Bericht~. des Oberrhein. geol. Vereins. 27. Versanllnl. zu<br />

Landau. 1894. S. 32. Uber den geologischen Aufbau des H.ardtgebirges.<br />

- Die Tektonik ist eingehend geschildert: A. LEPPI,A. Über den Bau<br />

der pfälzischen Nordvogesen und des triadischen Westrichs. Jahrb.<br />

der k. preuß. Landesanstalt für 1892. Berlin 1893. S. 23 - 90. Ferner:<br />

A. LlcI'I'LA. (rhor das Grundgebirge der pfälzischen Nordvogesen<br />

(Hftrdtgebirge). Zeitschrift der deutsch. geol. Ges. Bd. XLIV. 1892.<br />

S. 40ü f. (Gneis VOll Alber~weiler.) - Ferner: C. W. v. GÜMBI


27<br />

bildet eine mächtige Tafel und tlamit den Hauptboden fill' das<br />

(11("ht bewaldete Berglnntl, den "P fit I zer wal d". Durch die Tätigkeit<br />

des tlit'llendell Wassers wurde nuer diese Hnntsandsteillplattc<br />

reie]l gegliedert llJl(l vielfach entstandm reizvoll geformte, spitze<br />

lügelberge (Madellul\l'g, Trifels, Kalmit, Rehberg n. H. ). Gegen<br />

Ü"t('1l bl'kht die Pl:ltte in m e r i d ion a I gericllteten Staffeln ab<br />

(nm i"J50 m bis 200 III N.X.), wie das nachstehende Pro:fil fUr<br />

die Gpgend YOIl Lalldun zei/:,>1:. (Ebenso Fig. ! fitr die Gegend<br />

\'011 Zabern.)<br />

,.~<br />

,<br />

Fig.5. Schematisches Proftl durch den Hardtgebirgsrand lind die<br />

Yorbergzone (südlich von Albersweiler). (Ost links.)<br />

(Xach C, BOTZONG, Bel'. über die Vers. des Oberrheinischen geol. Vereins<br />

7.U Bad Dürkhcim, 1910, S.63.)<br />

g: = gnei~artiger Granit; or', or " "" OherrotliegeJldes; z = Zechstein;<br />

nbs = Unterer Buntsandatein; Tr = Trifelsschiehten mit (E) ECKsehem<br />

Gertillhorizont; ba = abgestürzte Buntsandstein- und llusehelkalkseholle;<br />

ug = unterer Gipskeuperj S = ScllilIsanclsteinj r = Rhiltj li = Lias;<br />

ml = mitteloligozäne Kilstenkonglomeratej 01 = Cyrenenmergel; cl',<br />

d ' und d l = diluviale Schotter und Sande: Is = Löß und Lehm;<br />

v '-' VCl'werfungsspalten.<br />

Die hiiehste F:rhebung ist die Kuppe der "Gl'OASen Kal ­<br />

mit" 11 ci Neustadt a, 41. 11. (683 m), welehe vom Hall p tk 0 n g 10-<br />

me rat deR Buntsandsteins gebildet wil'll. An dem steilen Ost­<br />

),[llule tilHlet man einen G5 km langen Zug hober Berge, ausgehend<br />

von Wiirth im gJSIl/.\, z. B.; II 0 h c n b e rg (5:12 lll), Re 11 b c r g<br />

(mG 111) IllHlllic "Ilohe Weinbiet" bei Nenstadt lt. (]. H.<br />

(tlo4 111; lI au)ltkong]mllcrat). Im Innem des Gebirgs nimmt dei'<br />

Fort.". Y. I;;. 2(;.<br />

'10:'·, A. 1.1


_I';sdlk'lpr- (610 m) eine oehClTsdleude Lage ein. Er sendet<br />

nm 81'ill(.) 111 ureiten Hik ken n:lch all(!n tieiten Wasserrinnen ius<br />

I.alld hiuau. Die Weslgffillze des Gebiets bildet wie oei Jeo<br />

'- (l~,.estlt Ilie Grenze zwi!ld len B \lLlt~audstein lIud Muscllel kalk ;<br />

mit letzterem begiunt tler ., n- e 8 tri c h". Im Siiden legt man<br />

Heul:Il'dings tlie Grenze an den Pal) \'011 Zabern.<br />

Oe\' iistliche Hand der Hartlt zeigt !In mehreren Stellen tiefe<br />

QlIcrtillt,l', welclle in das Bergland einiIchneiden und bis in das<br />

Grll1Idgebil'ge nieo ergehell. So hcs()nderg bei Weißen\)ul'g, Klingcllmlln,.te'·.<br />

Alucl'sweiler \Ind KeulIbdt :1.. H. Dort zeigen sich noc!,<br />

:llte 1' :11 ;l o1.o i 8c ll e S e ll i e fer und G I' I\ Il Waeke ll , G u e ise<br />

lind G r a 11 i t e. Yiel hesncht werden illl~ be80ndere die scbönen<br />

Allf~ hli lil8e \'on Albersweilt'l', d(ll'en spezielle V e rhliltni~e .Iie<br />

1\:\chstehel\(le l-'i[lll' 6 zeigt.<br />

Fil,l'. 6,<br />

.Al/.>.. ... "',,".<br />

~ I<br />

SCIUml8.tiscIHll! Profil des Grundgebirges bei Alberl!welll'l'<br />

( Sch!li~t von SUd pach Ko rd).<br />

Mit, Benützllng "on A . LEI'I'I,M Profilen gezeicbnet VOD C . ßcrrz"x\;.<br />

(Rer. lies Oberrliein. gcol. Vereills. 43. Vers. 1910. S. CL)<br />

G = g n ci8:utig~ r GflInit mit bmpropbyriseheo Gängen ; Me = qU Il I7.­<br />

ftlh rcnder Melaphyr ; TO "" Rottiegcndes; d· = Diluvium.<br />

,<br />

. ~,.<br />

Jlie ill tt! re~sllllten geologischen VcrJlältnisse der H:mlt 1I1l (1<br />

ilm:r weim'cie.hcn YOl'berge 8illll weiteren Kreisen bekannt ge­<br />

\\'(>]'(lcII \ln"c]J die 43. Veuammlung aeg Oberrheini8chen geol.<br />

Vr.l'(lin>l zu Bil,1 J) ii rkh ci m im J\Hlrz 1910. Vergl die BerirlJtc<br />

ilhcl' litt, in (]je U lI1geLuug :1.lIsg'efullrwn lo~x kursioncn Hm 0, M. H1WI<br />

( ;"IIU .. dl1'lI) , H . fl ÄU ERI,F. (lI ('ideluerg), A. S TKUI.:R (Jln.rlllst:ldt)<br />

1111tl U. lIono"u ( llcide.llll'rg). (K:,rlsl'l1l1e 1910. 11. S. 13-ßö.)<br />

l .i\,81· AII:d lll~I" mhrtmJ lIie!Jl ll llr ill ,1111 ('rllluI;.."Cbirgc- \'011 Albcl'!l­<br />

\\'('il('l' 1I1Id ill die IbIll1 ~ t'ILHlkll tlcl' lIartlt, ~0I11 1 en l IlIIch in 11:\)1<br />

'I'('diär deri llaiuz(lr Bt'l'k('n ~ lIud ,I ().~ llartltl'llllucs.<br />

"'111' Ilie 1'f:J ! ~ g-:lht'l1 ~wci ~dll'ift(ln von lJr. n. ]lÄll.EltL Y.<br />

tKni~ . 1 :(~I', li11Il11g'~l'at i11 IIei(iI'lh i\l'~): " I) C l' I' fä I ~ C I' will d",<br />

Ih:lIlll ~ dlw e i;.: , WI'~!i'I'Jll:mll, 1H!:1 IIw\ .,n i t1 11 a t ii r I j c h (1 11<br />

1.: I JI,I ~ I· \I : l f t l '!I dt'r H h ('illpfal~~. 1\ :ti~l'r~ lanterll, J!11 3V{)J'o


29<br />

anlassung, den Namen .,Pfä 1 zer wal d" in die Karte einzutragen<br />

für die westlichen "\Valdgebiete der Hardt.<br />

Das Blatt K n seI der geognostischen Karte des Königreichs<br />

Bayern in 1 : 100000 ist erschienen. Damit sind von den vier<br />

Blättern der Rh ein p fa 1 z drei fertiggestellt : Speyer, Zweibrücken<br />

und Kusel. Die reichhaltigen Erläuterungen zu Blatt<br />

Kusel sind von L. VON AMMON, O. M. REIS, M. SCHUSTER und<br />

W. KOEHNE bearbeitet worden (186 S.).<br />

7. Der Bau des Rheinta1grabens.<br />

(Vergl. das Gebirgsprofil der Karte und die Fig.4, 5, 7, 8 und 9 im Text.)<br />

Der Rh ein tal g r a ben des Mittelrheintales ist zu beiden<br />

Seiten von kräftigen Ver wer fun g s p alt e n begrenzt. Die<br />

Sprung'höhe derselben beträgt narh STEINMANN bei Freiburg i. Br.<br />

bis zu 1800 m und wird noch bei Landau auf über 1200 m angegeben.<br />

Um diese Beträge sind also die auflagernden Sedimente<br />

- im Graben - in die Tiefe versunken 1), während sie an<br />

den Bruchrändern der Halbhorste : Vogesen, Schwarzwald, Odenwald<br />

und Hardt noch hochliegen. Der Gedanke, dieses riesenhafte<br />

Senkungsfeld als eine einheitliche N 20 0 0 streichende versunkene<br />

Platte aufzufassen, kann bei näherer Untersnchung nicht<br />

festgehalten werden. Die einzelnen Strecken zeigen verschiedenen<br />

Ban und sind als eine Kombination von einander durchdringenden<br />

Au fw ö 1 b u n gen und Zu s am m e nb r ü ehe n anzusehen, welche<br />

teils dem NO verlaufenden varistischen System, teils dem no rdw<br />

ä r t s drängenden alpinen System angehören. - Etwas näher<br />

kommt man wohl den rratsachen, wenn das Rheintal von Basel<br />

bill Mainz in drei Teilstrecken zerlegt wird.<br />

1) Der große Einbruch des Rheintales muß erfolgt sein in der<br />

Tertiärzeit, und zwar genauer im 0 be ren E 0 z ä n und in der 0 ligozän-Periode.<br />

Von Süden und Norden ist damals das Meer in<br />

diese tiefe Spalte eingedrungen und hat den Graben mit seinen Ablagerungen<br />

erfüllt. Die Brandung hat von den Seiten große Schuttmassen<br />

aus Jura- und Triasgesteinen aufgehäuft, nämlich die<br />

" K 0 n gl 0 m er at e ", die wir am Rande von Schwarzwald und<br />

Vogesen als einen ununterbrochenen Zug beobachten. - Es macht<br />

den Eindruck, als wenn diese in der älteren Tertiärzeit beginnende<br />

" G ra ben b i 1 dun g " dadurch schärfer ausgeprägt wäre, daß in<br />

der jüngeren Tertiärzeit und im Diluvium die heiden Ränder<br />

langsam hochstiegen, während die Mitte entsprechend einsank. -<br />

(Vergl. W. DEEUKF. in: Das Großherzogtum Baden. Band I. Karlsruhe<br />

1912, S. 25.)


- 30 -<br />

1. Basel-Altbreisach N 01) 0; Alpines System, mit der<br />

meridional gerichteten Schwarzwaldspalte St. Chrischona-Kandern.<br />

Das hohe Granitmassiv des Blauen überragt hier machtvoll<br />

das triadische Senkungsfeld des D i n k e I b erg s und das<br />

jurassische Sc h 0 II e n I a n d, das sich - steil aufgerichtet - im<br />

Büden von Müllheim an diese Hauptvel"Werfung anlehnt.<br />

11. Al t br ei s ach-Ge rm er s h ei m N 42 () O. Varistisches<br />

System mit den varistischen Randspalten Lahr-Bruchsal und<br />

Ingweiler-Niederbronn, aber auch durchkreuzt von den Richtungskräften<br />

des alpinen Systems. - Wichtig ist hier der Erdbebenherd<br />

von Kandel in der Rheinpfalz. Er liegt in der Verlängerung<br />

der Schurwaldspalte und der Filderspalten und wirkt<br />

manchmal bis tief ins Herz Schwabens hinein. Bei dem Beben<br />

vom 22. März 1903 zeigte sich eine "Herdlinie", welche das<br />

Rheintal quert, etwa in der Richtung N 66 0 W, d. h. Grötzingen­<br />

Kandel-Kling"enmünster. (H. LEUTZ, Die süddeutschen Erdbeben<br />

im Frühjahr 1903. Verh. des naturw. Vereins in Karlsruhe,<br />

18. Bd. Karlsruhe 1905.) - Diesen 'feil des Rheintalgrabens<br />

zeichnen die großen "B r u c h fe I der" von Zabern und<br />

von Lahr aus. Die Ein b r u c h s c ho II e n bei L a h r sind<br />

dem Schwarzwald vorgelagert und aus Buntsandstein und<br />

unterem Muschelkalk aufgebaut.. Sie haben sich bei Erdbeben<br />

wiederholt als ein selbständiges Schüttergebiet erwiesen.<br />

Das riesenhafte Z ab ern erB ru eh fe I d zeigt eine weitg"ehende<br />

Zerstücklung der Schollen und - den Vogesen gegenüberein<br />

sehr ye r s chi e den ti e fes Ab si t zen derselben in parallelepipedischen<br />

und keilförmig'en Schichtenpaketen, so daß die Oberfläche<br />

von den verschiedensten Horizonten der 'J'rias und des<br />

Jura gebildet wird. Merkwürdigerweise ist dadurch der geologisch<br />

tiefste Punkt (0 b er e 0 z ä ne Kalke am Bastberg bei Buchsweiler)<br />

der orographisch höchste geworden.<br />

IH. Germersheim-Mainz NooO; Alpines System mit<br />

den meridionalen Randspalten Heidelberg-Darmstadt und Dürkheim-GrÜnstadt.<br />

Hier fehlen vorgelagerte Einbruchschollen fast<br />

ganz, nur bei Albersweiler und Grünstadt finden sich noch<br />

schmale Streifen VOll Muschelkalk, Keuper, unterem und mittlerem<br />

Lias. Sie legen sich enge an den Gebirgsfuß der Hardt an und<br />

sind statt'elförmig' gegen die Tiefe abgesunken. (Vergl. Fig. 5.)<br />

Auch Hiidlich von Weinhcim findet man eine kleine Scholle von<br />

Buntsandstein dcm krystallincn Odenwald vorgelagert. Die große


- 31<br />

KraichgauerSenke mit der "Juraversenkung bei Langenbr<br />

U c k e n" breitet sich dagegen nur im Osten der Rheiutalspalte<br />

aus.<br />

m I Kalktertiär, ) Corbiculakalke,2)<br />

Farbe von m 5 , Cerithienkalke 2) }<br />

(siehe Karte).<br />

_---~Meeressande<br />

o I und<br />

Farbe von ozLettentertiär<br />

(siehe Karte).<br />

Cyrenenmergel.<br />

Rupelton<br />

(Septarienton),<br />

Meeressande<br />

(Ktistenkonglomerate)<br />

Die tel' t i ä I' e Au ffti II u n g des Rheintalgrabens ist keineswegs<br />

eine gleichartige, sondern nach Alter, Material, Mächtigkeit<br />

und Lagerung (von Süd nach Nord) recht mannigfaltigem Wechsel<br />

unterworfen. Gerade dies nördliche Gebiet im Rh ein tal e -<br />

n Ö rdl i ch von Weiß e n b ur g und im MaiIlzer Bet'ken -<br />

ist im Tertiär so eigenartig ausgebildet, daß die Signaturen der<br />

Legende (am rechtsseitigen Rand der Karte) hier nicht ausreichen.<br />

Wir geben daher - nach A. STEUER 1), D. HÄBERLE und<br />

W. BUCHER 2) - (als eine Ergänzung' der Kartenlegende) noch<br />

folgende weitere Zeichen und Erläuterungen:<br />

I m H I Pli 0 z ä n e Kiese, Sande und Tone.<br />

I<br />

5-20 m.<br />

F b (Dinotheriensande von Eppelsheim.)<br />

ar e vonm"<br />

(siehe Karte). , Hydrobien-<br />

Untermiozän,<br />

I .<br />

J schichten,2)<br />

Oberoligozän<br />

MitteIoligozän<br />

, ~<br />

~§<br />

I<br />

l s<br />

(~<br />

I ~<br />

, 0<br />

Als Unterlage des 'rerWirs in Rheinhessen und in der Mainniederung<br />

findet sich immer das Rot I i e gen d e (Perm) mit den<br />

Melaphyrdecken, welche die Grenzlager zwischen unterem und<br />

oberem Rotliegenden bilden. Der Aufbau des Tertiärs von den<br />

Me e res san den im Liegenden aufwärts bis zu den H y d r 0 bi e n­<br />

kaI k e n lind den pliozänen Dinotheriensanden, Kiesen und Tonen<br />

zeigt die nachstehende Profilskizze.<br />

1) Berichte des Oberrhein. geol. Vereins, 37. Offcnbach a. M. 1904.<br />

S. 10-14.<br />

. . 2) Vergl. ~. ·BuCHl


32<br />

Cerithiel!-ko.lk<br />

R:-!peltoll<br />

''-,:",., I,,,,<br />

Fig'.7.<br />

Entwicklnng des TCl1Uirs im iIIaim:er Recken.<br />

(Xiirdlich VOll W eiß e n bu r g und um HaJ.·dtrande.)<br />

(X,leh A. STlo:mm, Ber. deR Oberrheillischen geol. Vereins.<br />

zn Offellbach. 1904. S. 12.)<br />

37. Vers.<br />

o = 1Ieeressand und Letten t ertiitr: Mitteloligozällj lll = Kalk.<br />

tc r t i ä r: Obcroligozän und 'Untermiozän ; lll" = Pliozän; L~ß = Diluvial.<br />

Die tiefste Schiehte im 'l'ertHir (11'8 ~lainzer Beckens bildet<br />

der ~reel'es;;an(l, der nilmentlich in der Gegend von Alzey<br />

Ilnd Wil.ldhrii('kelheim gilt stndiert werden kann, Er liegt hl den<br />

Spalten Imd Tuschen des Hotliegenden, bald grob k Oll g 10 rn e·<br />

ratisch IllH1 nnr wenige ~Ieter mächtig', bald fcinsandig oder<br />

zn 8audstein verkittet, his zu 30 oder 40 m Dicke ansehwelleJld.<br />

Er i~t seIn' reieh an rncm-ischell Vcrsteillerllngen (.Allsternhiinke)<br />

«( lstren. eaLlifera Sum.). Auf Iiell ~reeressan(l folgt ein blaugrauer<br />

ziiher ~Icr;;el mit l\alkknollen (Septarien) von 100-120 m<br />

:\Ull'hti;;:keit, der Hlljleltoll, Seine FmuUI. ist rein marin,<br />

h'itend ist Le(la l1eshnycsi Duell. - Der Rllpelton geht nach<br />

olwlI ill eille Ill"1l('kwa~serbi\(lull;;: Uber, in den Cyrenenlllel'gel.<br />

1


- 33<br />

silHl grane Hydrobieulllergel nachgewiesen. - Weit vom<br />

Gebirgsrande entfCl1lt erhebt sich nönllich von Lauterburg die<br />

aus IIl1termiozänem Corbieula-LitorinellenknJk bestehende merkwiirdige<br />

Kuppe des B Ii ehe I b erg s. Hier erreicht der Kalk in<br />

tli{'ken BiinkeJl eiDe :.\Iäcllt.igkeit bis zu 90 mund liefel1 in groß~<br />

m1igen Steinbrllchen dns Material zn Bau- und Straßensteinen.<br />

lY. GÜllBEL, Erläut. zn lllatt Speyer. Kassel 1897, S. 65.) -<br />

Yüllig gleich dem Büchelberg lagern auf dem Hoc h ger ich t,<br />

niirdlich von Brnchsal, 50 m mächtige Hydrobien- lInd Corbiculakalke;<br />

159 1Il Uber No N. (auf 225 m mächtigen mitteloligoz!iJ1en<br />

Cyrenenmergeln). - :Nördlich von Ubstatt stehen obereozäne<br />

Salldkalke IIml )[ergel (Bastbergkalke mit Planorbis pseudo·<br />

ammonins SCHLOTH; bei 134 m über N. N. an. Südlich von<br />

tlieser Stelle finden sich im Rheintalgraben nirgends mehr eozäne<br />

Schichten. (H. THÜRACH, Erl. z. BI. Bruchsal. Heidelberg 1907,<br />

S. 16.)<br />

Die Rnpeltone (Septarientone) im Dämmelwald nnd an<br />

der Holme bei Wiesloch (verg!. Fig.8) haben eine SToßartige<br />

Fig.8. QuerproßI durch das Tertiär neben der Rheintalspalte<br />

bei Wiesloch.<br />

(Ost rechts, West links.)<br />

(Nach H. TnÜltA CH, Erl. zu BI. Wiesloch, 1904.)<br />

Tonwarenindustrie ins Leben gerufen. Näheres Uber diese äußers<br />

zähen, bis 270 m Tiefe abgebohrten, meist blaugrauen, mitt€luligozänen<br />

'rone mit ihren 3llsge.sueht sehtinen Gipskristallen<br />

lind den eingclagel'ten Kiistenkonglomeraten findet sich<br />

bei A. SAt:ER, Erl. ~. BI. NeckargemUnd. Heiddberg 1898,<br />

8 . .j.() f.<br />

Auf Ilern Schnittpunkt der Teilstrecken I 1111(1 11 sind die<br />

Basalte, Tephrite UI1(! Phonulithe des K:t i s e r s t U 11 I s ,) empor-<br />

1) Sn;I:-':MA),[N und GItÄr~', Geol. Fllhrer der Uml!ebung von Freiburg.<br />

Frcibllrg i. Br. 18!Kl, ~owie O. WILCKgN.~, Über die Verbreit.<br />

der ßn~altgiinge bei Freiburg im Breisgau. (Zentmlbl. f. Min. usw.<br />

Jahrg. m08. S.2Hl).


34 -<br />

gepreßt worden, und zwar in der Tertiärzeit. In diese Periode<br />

der Erdgeschichte fallen also - der Hauptsache nach - auch<br />

die großen vertikalen Bewegungen, welche den Rheintalgraben<br />

gesehaffen haben, der so tief absank, daß vom Norden her das<br />

tongrische Oligoz än meer eindringen und am Boden bis 1200m<br />

mächtige Schlammabsätze (Septarientone usw.) - an den Küsten<br />

Konglomerate und Sande - ablagern konnte. Mi 0 z ä n e Schichten<br />

finden sieh fast nur nordwärts vom Parallel von Karlsruhe,<br />

d. h. vom Büchelberg an. Die Senkung des Grabens und die<br />

Hebung der angrenzenden Halbhorste dauerte an bis weit hinein<br />

in die Diluvialzeit und scheint bis heute noch nicht völlig zur<br />

Ruhe gekommen zu sein. Basel ist noch jetzt einer der von<br />

leichten Erd beb e n meist erschütterten Orte Südwestdeutschlands,<br />

und die Erdbeben von G l' 0 ß ger a u 1) (im Rheintal bei Darmstadt)<br />

in den Jahren 1869 bis 1870 sind noch in frischer Erinnerung.<br />

Im Kai s er s tu h I gibt es noch in unseren Tagen hie<br />

und da Erdbeben, die auf die tief hinabgreif'ßnden Stiele der<br />

Eruptivgesteine zurückgeführt werden müssen. - Der Abfluß des<br />

Rheins nach Norden gelang dem Strome erst in der mittleren<br />

Diluvialzeit (Riß-Eiszeit). Vom oberen Pliozän an wälzte er seine<br />

Fluten vom heutigen Basel aus in die Burgundische Pforte bei<br />

Mömpelgard und durch den Doubs und die Saone zur Rhöne<br />

ins Mittelmeer. Die "Oberelsäßischen Deckenschotter"<br />

(Gerölle der Günz- und Mindel-Eiszeit) auf den niedrigen Plateaus<br />

des Sundgaus - zwischen Belfort und Basel - sind Zeugen.<br />

Die merkwürdigen, meist aus Quarziten und kristallinen Alpengesteinen<br />

bestehenden Geröllablagerungen konnten auf der Karte<br />

erstmals dargestellt werden nach den Originalaufnahmen von<br />

Prof. Dr. FÖRSTER (Mülhausen).<br />

Die Ra nd s p alt e n am Rheintalgraben stehen meist steil,<br />

nahezu senkrecht im Gebirge und schneiden messerscharf ab,<br />

1) Vergl. über ganz junge Verwerfungen: A. STEUER, Geologische<br />

Beobachtungen im Gebiet der alten Mündungen von Main und Neckar<br />

in den Rhein. Notirilbl. d. Ver. für Erdkunde u. d. Großh. hessischen<br />

geol. L.-A. (4) 24. Darmstadt 1903. - Ferner: R. LANGENBECK,<br />

Die Erdbebenerscheinungen in der oberrheinischen Tiefebene und ihrer<br />

Umgebung; in GERLAND, Geogr. Abhandl. aus Elsaß-Lothringen. Stuttgart<br />

1892. - Endlich: K. FUTTERER, Die Erdbebenforschung in Baden;<br />

in GEIU,AND, Beiträge zur Geophysik. Ergänzungsband 1. 19U2. S. 158 f.<br />

und C, REGELMANN, Erbebenherde und Herdlinien in Südweetdeutsch·<br />

land; in Württ. naturw. Jahreshefte. 1907. S.110f.


- 3ö -<br />

wie man an den polierten Rutschfiäehen des Blauengranits bei<br />

K&lIdern gll!t beobaehten kann. - In den zerbrochenen Kreuzgewölben<br />

der Bruchfelder ..,.on. Z a be l' n Ilnd La n gen b r ü e k e n<br />

- Achse N M 0 0 - h.erl1scht deutlich die varistische Strukturlinie<br />

SW -NO und se 1'1 k I' e C' b. t e s Ab s i t zen der triadischen<br />

und Jura.ssisch~n SchicMenstöße; ntl'r südlich vom BremlChtal<br />

- um den Odilienberg - domini~lrt die Nordrichtung des alpinen<br />

Syst~s.<br />

Die Südgrenze des Rheintalgrabens weicht in drei<br />

Aus b u c h tun gen ~ nach Süden hin - von der geraden 0 s t­<br />

wes t I i nie ab. A. TOl'lLER 1) hat diese einspringenden Winkel<br />

mit den Namen Largbucht (bei Köstlach), Illbucht (bei<br />

Burg) und B ir sec k (bei Aesch) bezeichnet und ihre tektonische<br />

Bedeutung klargestellt. Der Kampf der beiden Strukturlinien 0 s t­<br />

wes t und Süd w es t- N 0 r dos t ist Ursache der Entstehung<br />

dieser merkwürdigen Buchten. In der sog. "P fi r t" greift das<br />

jurassische Gebiet mit 4 Kettenpaaren in das vorliegende Tiefland<br />

ein; westlich mit der Bürgerwaldkette (665 m) und der<br />

Blochmontkette (GIaserberg 811 m) und im Osten mit der Landskronkette<br />

(500 m) und der Blauenkette (767 m). Verlängert man<br />

die Vogesenverwerfung~) bei Rufach an den Westrand<br />

der Largbucht, so hat man die Ostgrenze des Tafeljura (nur<br />

oberen Malm) im Elsgau und eine wichtige Strukturscheide im<br />

J·ura iiberhaupt. Ganz ähnliche Bedeutung hat die Verlängerung<br />

der Sc h war z wal d fl e x u I' bei Lörrach bis zur "Hohen Winde"<br />

und an die "Röthifluh". Zwischen diesen Linien steckt der Faltenjura<br />

(Kettenjura), welcher hier 12 km weiter gegen Norden in<br />

das mittelrheinische Tiefland vorgedrungen ist, als sonst im Osten<br />

und Westen. Der Gem~nstoUen und das ganze Baselgebiet gegen<br />

1) Der Jura im Südosten der obel'rheinischen Tiefebene. Verhand!.<br />

Naturf.-Ges. in Basel. n. 1897.<br />

2) L. VAN WERVEKE hat neuerdings gegen Verlängerung der<br />

" V 0 il e sen I in i e" Einsprache erhoben und den genaueren Verlauf der<br />

Störungen im Sundgau festgestellt, soweit die Bohrungen zur Aufsuchung<br />

von Kalisalzen im Ober-Elsaß dieselben bis jetzt erkennen<br />

laiBen. - Eine Bohrung im Non n e n b ru c h (nordwestlich von Mülhausen),<br />

angesetzt in der Höhe von + 26ö m N. N., blieb bei 1119 m<br />

Tiefe !loch im U nt e r 0 1 i go J ä n stehen. - Näheres siehe: Die Tektonik<br />

des Sundgaues und ihre Beziehungen zur Tektonik der angrenzenden<br />

']lalle des Juragebirges. (Mitt. der G.L.A. von Elsaß-Lothringen. ßd. VI.<br />

1908. $, 320 f.)<br />

3*


36<br />

Osten gellUrt dem Plattenjl1ra an. 1m SUden wird dieser begrenzt<br />

yon Iler Linie ReclCre-Mont 'l'errible-Reigoldsweil-Bötzberg.<br />

Bemerkenswert ist noch, daß zwischen den Dislokationslinien<br />

lIes Vogesenrandes lInd des Schwarzwaldrandes auch die größten<br />

\lud zahlreichsten Tertiäl'becken liegen: Deisberg, MOlltier IlSW.<br />

Die Ostgrenze der Largbucht wird gebildet durch die außerordentlich<br />

wichtige Fl ex n r der sog. ,,8 und g a ulin i e" N 41 00<br />

(Köstlach-Kcmbs), welche die tektonisehen Verhältnisse im<br />

badischen Oherlande weitllin beherrscht. und in der Verlängerung<br />

iibergeht in die große Breisgaller l ) Verwerfung am Schwarzwald.<br />

In den Tiefen des Rheintalgrabens sind neuerdings durch<br />

'1' i e fb 0 h ru n g ungeahnte Schätze erschlossen worden. Gegen<br />

Fig. fI.<br />

Querproftl durch den Rheintalgraben im Parallel VOn<br />

Mttlhausen im Elsaß.<br />

(Nach den Bohrergebnissen im Kalirevier gezeichnet von W. WAUNER<br />

und A. TORl>QlTH!T.) (Verg1.: Grundzüge der geologischen Formationsund<br />

Gebirgskunde von A. TOHNQUIST. Berlin, Bornträger 1913. S.239.)<br />

Die Schichten gehoIen - mit Einschluß del reichen S tein salz· und<br />

K alilager -- dem Oligozän an, das auf oberem Br a unjura<br />

la.gert.<br />

En(1e des .Jallrell 1904 wurde ein mltclltiges oligozänes Kalisalzhlgcr<br />

im 0 b e r- EI saß erstmals angebohrt; ungefähr 3,5 km<br />

sudliell vun Wittelsheim (nordwestlich von Miilhausen). Das<br />

Uo1Lrluch erreiellte eine Tiefe von 1119 m und zeigte von oben<br />

nn('h ullkn folgc1Hle 8chichtenreihe; 39 IIL Vogesenschottel' un(l<br />

RaJl(le; B1!} Tl! mittcloligozliue Mergel nnd KalkslllulRtein; 154 1Il<br />

1) }liesc S!lalte dc~Rhcintalgrabens Imt noch in den letztcnJahry,ehnt"ll<br />

i;fler" selbstli.ndig al~ ,,~;rregcr yon Erdbeben" gewirkt,<br />

durch Verschiebullg" der (jcbirg:s~chollen liinga der Hauptverwerfung:>.<br />

spaltl'; iushcH(lIHkrc tritt dip 8treeke Staukn-Freihurg wiederh()lt als<br />

~ .s t()ß I i nie" auf. -- Vergl. z. B. Kl,IU'S, DM Erdbehen vom 24. Januar<br />

1SS:1. Vcrh. dc~ natltrwis~ensel!. Vereins Karlsruhc. X. 1887.


- 37 -<br />

I. Salzlager mit Anhydrit und 1,5 m Kalisalze; 108 m harter<br />

schiefriger (unteroligozäner) Mergel; 327 m 11. Salzlager und<br />

Anhydritschichten, dabei 3-5 m Kalisalze, 172 m graugrüne<br />

unteroligozäne Mergel; Tiefstes vor Ort. - Diese wichtige Salzablagerung<br />

findet sich in dem 200 qkm großen Gebiet zwischen<br />

den Ortschaften Heimsbrunn, Sausheim-Ensisheim, Regisheim,<br />

Ungersheim, Sultz, Sennheim und Schweighausen. Der Nonnenbruch<br />

bei Mülhausen hat dadurch eine große volkswirtschaftliche<br />

Bedeutung gewonnen. Die Salzablagerung hängt aufs deutlichste<br />

zusammen mit der Mulde vo n M ö mp el g ar d (N 49 0 0),<br />

deren Achse etwa auf der Linie Bourogne--Wittelsheim­<br />

Kai se l' s t u h I verläuft. - Das Salzlager zeigt ein Absinken gegen<br />

Norden - in der Form eines tiefen Grabens - in der Richtung<br />

Wittelsheim-Regisheim. (Vergl. B. FÖRSTER, Zeitschr. f. prakt.<br />

Geologie. XVI. Jahrg. 1908. S. 517 f.). - Die Gesamtlagerung<br />

im Kalirevier von Mülhausen ergibt sich aus dem Querprofil<br />

auf voriger Seite.<br />

Die Kenntnis dieses volkswirtschaftlich so außerordentlich<br />

wichtigen Steinsalz- und Kalisalzlagers im Nonnenbruch<br />

bei Mülhausen hat neuerdings große Fortschritte gemacht durch<br />

eine Arbeit von Professor Dr. B. FÖRSTER; Ergebnisse der<br />

Untersuchung von Bohrproben aus den seit 1904 im Gange befindlichen,<br />

zur Aufsuchung von Steinsalz und Kalisalzen<br />

ausgeführten 'riefbohrungen im Tertiär (Oligozän) des Oberelsaß".<br />

(Mitteilungen der Geologischen Landesanstalt von Elsaß­<br />

Lothringen. Bd. VII. Heft 4. Straßburg. 1911. S. 349 - 524.) -<br />

Die Salzlagerstätte ist nun durch 51 Bohrlöcher festgestellt. Der<br />

Salzreichtum ist enorm; im Bohrloch Ensisheim 11 488 m. Sie<br />

enthält zwei S y I v i n i t lag er (KOI) mit 52,4 % Kali, VOll je<br />

etwa 1 m Mächtigkeit.<br />

Auch im badischen Rheintal wird neuerdings auf Kali gebohrt.<br />

Am 26. Nov. 1911 wurde bei Krotzingen zunächstin<br />

400 m Tiefe - eine sulfatisch-salinische Bit tel' q u e 11 e erschlossen,<br />

die in 3 m hohem Sprudel aufstieg und sich durch<br />

hohe Temperatur (40,3 0 0) und außerordentlich reichen Gehalt<br />

an Kohlensäure auszeichnet. Die Quelle liefert in einer Sekunde<br />

80 l' Mineralwasser und ist damit die wasserreichste Thermalquelle<br />

in Europa. Die Quelle liefert täglich über 2000 kg gasförmige<br />

und 10000 kg gebundene Kohlensäure. Nach einer<br />

Analyse von Prof. G. Rupp, Karlsruhe, enthält das Wasser in


- 38 -<br />

einem Liter 4: Gl'Wlm f-este Bestandtttie, die im wesentieh.en<br />

a.us schweCelsaurem Calzium ,md Natrium, Walenaa1U8'l Erdnlkali~<br />

Eisen, .Alkalichlorid.ea, wie Kalium, Natrium und Lithiumchlorid<br />

bestehe.. Dies begründet die Vermutung, daß die Quelle<br />

mit d.eft K a H lag ern ill VerbindBng steht, naeh OODoM ~_<br />

bohrt wurde.<br />

8. Bau des Schwarzwaldes.<br />

Der am Eßde der Kulmptlri0de al!lfgefaltete Grund'gebirg!!­<br />

kern des Sc b. w a'l'll wal des ist d'lloohaus nach .der varistisehe:n<br />

Strukturlinie gebaut. Die Karte Miigt im Kinziggebiet zwisehtl'lll<br />

Gengenba.ch und Hausoolt - auf Grund der AufnahmenJ.) der<br />

Großh. Badischen Geologischen Landesanstalt - die langhin von<br />

S W na c h NO sich 6l'streekenden Faltenzlig>e der GneiMoO!"mati-on.<br />

Renehgneifle, Kinzigitgneise und g,ehapbachgncit!


39<br />

ECKsehcn Aufnahmen ergeben. Vergl. auch die nachstehende<br />

Figur 10. Die Randschollen gegen Rnstatt hin bestehen aus<br />

Buntsandstein, der an der Rheintalspalte bis auf200m}l",N.<br />

Fig.10. l'roftl durch die .M:erkurschollfl bei Bade.·Baden.<br />

(Xaeh E. HECKER, Monatsbericht der Deutschen geo!. GeB, Bd. 62.<br />

Jahrg. 1910. S.657.)<br />

Gr = Granit; Kb = Oberes Karbon; ru = Unt.eres Rotliegendes;<br />

ro 1-4 = Oberes lliItJiegendes; sn = Unterer Buntsandstein; sm = Mitt·<br />

lerer Buntsandstein; so = Oberer Buntsandstein und dl = Diluvium.<br />

abgeslluken ist, während er auf den H()chfläehen vom Kniebis<br />

bis zum Hohloh bis zu 965 mund 988 m ~.N. aufragt. Von<br />

dieser nahezu meridional verlaufenden Firstlinie senkt sich der<br />

(im Mittel) 300 m mächtige Buntsandsteinmantel des nördlichen<br />

Schwarzwaldes 1 ) sachte hinab in das Schwäbische Becken.<br />

(Verg!. llierzu das Gebirgspl'ofil am unteren Rand der Karte.)<br />

Auch das "Tribel'gel' Gl'auitmassiv" folgt der varistischen<br />

Struktur, gleich den beiden Granitziigcn von WittiCllCll<br />

und \'on Schapbach. - Von TodtmOOB bis gegen Vi11ingen hin<br />

1) Der nürdliche Schwarzwald hat neuerdings auch von württem·<br />

bergi8cber Seite gen:lUc geologiache Spezialkarten in 1 : 25 üOO erhalten.<br />

Aufgenommen und in eingehenden Erläuteruugen beschrieben Rind diese<br />

Bliitter von K. RE(fELMA NN, M. SClIlIIlV'l', A. SUlIMlDT, M. B){ÄUHÄ\J~ ~J R ,<br />

A. SAmJll. (Leiter: A. SA\T]


- 40<br />

halten sich die Granitstöcke 1) von "S chi u c h see und<br />

Hammereisenbach" wieder in der Richtung N40 0 0. Auch<br />

diese Intrusionen beherrscht die richtende Kraft der varistischen<br />

Struktllrlinie. Dagegen ist das "B lau e n m ass i v" ganz und gar<br />

(nachträglich?) von der alpinen Faltungsrichtung W -0 beein­<br />

Hußt, wie im Norden die Faltung der Schichten des Kulm, im<br />

Süden der Abbruch an der Dinkelbergspalte lehren. - Der<br />

Schwarzwald ist ein einseitiges Bruchgebirge, ein "H alb ho r s t"2),<br />

wie auch E. SUESS gegenüber mit Nachdruck betont werden<br />

muß, denn er ist von Basel über Waldshut nach Donaueschingen,<br />

Horb und Pforzheim bis nach Durlach von einem Mantel triadischer<br />

und jurassischer Sedimente umlagert, der nach Osten hin<br />

nicht zerrissen ist. (Vergl. das Ge b i r g s pro fil am unteren<br />

Rand der Karte.)<br />

Die mesozoischen "H ü II m ass e n" bedeckten einst auch<br />

die jetzigen höchsten Gebirgsteile (Feldberg 1493 m), doch in<br />

geringerer Mächtigkeit als dies im schwäbischen Becken<br />

der Fall ist. Der Beweis für die frühere Bedeckung ist neuerdings<br />

von G. STEINMANN 3) einwandfrei erbracht worden durch<br />

Aufschlüsse in dem Explosionsschlot (Vulkanembryo) von ALPERs­<br />

BACH am Feldberg. Hier fanden sich Gesteine mit den Tierresten<br />

des Lias und des Braunen Jura. - Jenseits der Rheintalspalte<br />

haben sich noch ganze Schichtenreihen der Trias und des Jura<br />

erhalten; so z. B. am Sc h ö nb erg bei Freiburg i. B. Dieser<br />

ist aufgebaut aus einer regelmäßigen Schichtenfolge von Buntsandstein,<br />

Muschelkalk, Keuper, Lias und Braunem Jura. Die<br />

Spitze des Berges wird gebildet von den oligozänen Küsten-<br />

1) Der wichtigste Erd beb e n her d im Schwarzwald liegt hiN'<br />

bei Ti ti see und Neu s t a d t, nahe der Grenze zwischen der großen<br />

Gneisscholle und dem Schluchseer Granitmassiv. Von 19 Erdbeben des<br />

ganzen Schwarzwaldes gingen neuerdings 14 von diesem Herde aus.<br />

Näheres: Verh. des naturw. Vereins Karlsruhe. Bd. X-XVIII und<br />

Württ. naturw. Jahresh. 1907. S. 136 f.<br />

2) Die Hebung ist durch Faltenbildung infolge seitlichen Zusammenschubs<br />

bedingt. Die Gründe für diese neuere Auffassung hat<br />

L. VAN WJilRVEKE nochmals ausführlich dargelegt in dem Vortrag über:<br />

"Die Trierer Bucht und die Horsttheorie.". (Versammlung<br />

des Niederrheinischen geol. Vereins in Trier vom 4.-6. April 1910.)<br />

(Vergl. dessen "Bericht" S.12.-37. Herausgegeben vom Naturhistorischen<br />

Verein der preußischen Rheinlande und Westfalens.)<br />

3) Berichte über die Versammlung des Oberrheinischen geol. Vereins<br />

zu Froiburg im Jahre 1902.


41<br />

konglomeraten. Auch andere vereinzelte Schollen blieben in der<br />

Rheinebene stehen, wie der Tuniberg, die Marchhügel und<br />

die Jurakalke in den Schelinger Klippen im Kaiserstuhl.<br />

Verg!. die llachstehende Figur 11 sowie G. STEINMANN und<br />

Fr. GRÄFF. Geologischer Fiihrcr der Umgebung ,"on Fl'ciburg.<br />

Freiburg i. B. 1890.<br />

Fig, 11.<br />

QuerprofLl dnrell die Freibürger Ducht und das Gneisund<br />

GranitmassiT des südlichen Schwarzwaldes.<br />

(,2,5 mal Uberhllht.)<br />

(Nach G. 8TEINl lAJS"Y und Fr. GRÄFF. Geol. Flihrer der Umgebung<br />

von l


42<br />

Heilbronn) 517 In. Schon das flache Bunts&1dstainmßer transgradierte<br />

auf der Ab ras i 'Ü n 8 fU, ehe 1) -des vuistischen Grundgebirges<br />

gegen Westoo. Deshalb fehlt z. B. am Stöcklewaldk~:Pltf<br />

bei Triberg der ganze untere lInd mittlere BllntBandstein, un61<br />

es lagern sich die Geröllbänke des HauptkonglomerattJ<br />

direkt auf Granit. Das allgemeine Gesetz derAnschwel-<br />

1 u n g, welchem die den Ostrand des Schwarzwaldes umgebenden<br />

Flözbildungen unterworfen sind, hat auf den Verlauf der im<br />

Liegenden des Buntsandsteins m e ri d ion a I gerichteten S tr e i c h­<br />

Ii nie n die bemerkenswerte Wirkung, daß sie sich beim Aufsteigen<br />

durch die Schichtenreihe bis zum Lias hin dreh en und schließlich<br />

0 s t w ä r t s verlaufen. - Die S t.ö ru n gen in dcer Hüllmalilse<br />

des Schwarzwaldes sind herzynische, etwa die Richtung N 45 0 W<br />

einhaltende Verwerfungen: so im Dornstetter 2) GrabeneinbruchS)<br />

bei Freudenstadt, so in den Filderspalten des<br />

Schönbuchs. Die Abtragung der Schichtenreihe foJgt durchaus<br />

den Strukturlinien, und ZWM' wirkte sie wegen der größeren<br />

Niederschlagsmengen auf den höchsten Höhen am stärksten.<br />

9. Bau des Odenwa!des.<br />

In dem kristallinen Teil des Odenwaldes liegt wiederum<br />

ein Stück des varistischen Rumpfgebirges offen am Tage. Der<br />

nordöstlich gerichtete Faltenwurf herrscht hier in solchem<br />

Grade, daß die älteren hessischen geologischen Spezialkarten<br />

1) Nachdem am Ende der Kulmperiode die altpaläozoischen A,b·<br />

lagerungen des Schwarzwaldes aufgefaltet und die Granitmassive in s,ie<br />

eingedrungen waren, setzte in der Folgezeit eine tiefgreifende<br />

Den u d at ion (Abtragung) der "Karbonischen Alpen" ein, durch welche<br />

das Dach der Granitlakkolithen allmählich abgetragen und der Granit<br />

selbst mit seinen Kontakthöfen angeschnitten wurde; so entstand die<br />

im Schwarzwald weithin verebnete per mi s c h e Ab ras ion s fl ä c h e.<br />

2) Die "Dornstetter Scholle" ist noch nicht völlig zur Ruhe<br />

gekommen. Sie verursacht hie und da leichte Dislokationsbeben mit ganz<br />

lokalem Schüttergebiet (z. B. am 30. Dezember 1893; Württemb.<br />

naturwissensch. Jahreshefte, 50. Jahrgang 1894, S. 503). Schon die<br />

Oberamtsbeschreibung von Freudenstadt, Stuttgart 1858, schreibt<br />

S. 218: "In DOl'Dstetten und Freudenstadt verspürt man nicht Reiten<br />

Erd s t ö ß e, welche man eu gleicher Zeit in anderen Gegenden nicht<br />

wahrnimmt".<br />

.. 3) Vergl. A. SCHl\! IDT. Der N eubulacher und Freudenstädter Graben.<br />

I1bcrsicht über die Ve r wer fu n gen und Erz g ä n g e im Deckgebirge<br />

des östlichen Schwarzwaldes. (Zeitschr. für prakt. Geologie. XVIII. Jahrg.<br />

1!l10, S. 4fJ f.)


- 43 -<br />

' ·Oll LUDWIG teil ..... eise ~r;,dezu .UB8eheu, als seien sie mit dem<br />

PIU':l.lIrllillenl über ßSl"g und 'l'Rl hinweg VOll SW IInch NO<br />

~t:llrnl'firrt. Auch in den neneren Bliittern der geologischen<br />

Spezialkartel) des Großhel"Zogtums Hessen tritt UllS diese ge,.­<br />

waltige Riehtungskraft uoch deutlich genllg entgegen. So z. B.<br />

iu der Richtung N ö7 ·' 0, welche die Falten der si tpaläozoischen<br />

Se hiefe r bei Lindenfels einhalten, nnd in den kontaktmeta mol"phen<br />

Salbändern der mittelkarbOllisc h e n 01'30it- und Dioritin<br />

tru iouen, welelle in gleicher Richtung streichen. Aber auch<br />

..<br />

Fig. 12. Proftl durch den mittleren OdenwRld von ~w DRell SO.<br />

(Vom Buch bis zum Knabenberg bel Lindenfels t O.)<br />

lNach C. CHEf.WS, Noti2blatt der Geol. L!\udeIJ8UMalt zu Darml tadt..)<br />

108 (die Ltll.zelriSder) =' Metam()rpbe Schiefer, durchzogeo '"00 Grg =<br />

GrOonil>ischeGänge: Di - Diorit, durchzogen 'on Grh = Horoblendegranit;<br />

Gr = Grauit; v = Verwerfuogen.<br />

die t.erWire alpin e Nord-SUd und West..Ost-Richtung dlll'('.htrümert<br />

lIeben dem permischen Quarzp0l'phyrerguß dieSe& Gebiet,<br />

das deshalb an Kontaktgl\i!te.inen ungemein reich ist. Selbst die<br />

H h e i n taillp alte ist nicI.t e.lnheiilieb meridional gelichtet, 80ndern<br />

h;11 einen etwas unregelmäßigen Verlau(i ) lind 86tzt sich ans teilll<br />

nordsUdlieh, teils nortlUst1ich, teils 811 Cll westöstlich verlaufenden<br />

'l'eillrll'ceken zusammen, - Auch im Sandstein-Oll en w a ld ,<br />

der stru'k durehsetzt ist von N ord-SUd-streichellden jungen<br />

1) Die KartiefWIg du Odenwaldee in 1 : 25000 liegt nllht1.tl<br />

vollendet vor. Die Aufnahmen und Erliiuwungen lltammen "Von den<br />

Lllnde8j,'llologen C. C''':I,1t18, G. KU';loIl11 , A. S· ' · EV~:I!, W. SCHO'l"r u :: lI.<br />

Varetand der gool. Lanlleunst.a.lt ist R. LKi'IIU;s (Darlllst.adt). - Gute<br />

f"l benicht bieten: C. CIH;,.llll1, GooIOgtIChH Führer durch den Oden­<br />

Wild, Gie/ku, 2. Anti., 1907, F . .TA(JKlI, ÜLClr OLerftächcngeijtaltung im<br />

Odenwald, Heidelberger Diu., Stnttglil"t 1904, endlicll: G. Kt.r·;IoIM:<br />

IfUhrer bei geologischen Exkursionen iIll Odenwald. Berlin, 1!)10.<br />

2) Verg!. G. K],HMIoI, ErliLutenlngen ;t;UlU ß I I\t.~ Birkennu-Wdnh cjtn.<br />

Dl\tln~tAdt HIO!). 1:).67.


44<br />

alpinen Verwerfungen 1) und Gräben 2) taucht nebenbei noch<br />

die vielgenannte varistische Strukturlinie wieder auf. So in der<br />

Verwerfung südlich vom Stüber-Centwald und in der Spalte,<br />

welche der Talstrecke Neckargemünd-Eberbach die Richtung<br />

vorgeschrieben hat, und welcher am Spessart die Mainstrecke<br />

Miltenberg-Wertheim entspricht. Auch die Abtragung der Schichten<br />

folgt im Oden wald wesentlich der uralten Strukturlinie. Wie die<br />

neuen Funde von Liasgesteinen 3) auf der Westseite des weitschauenden<br />

Basaltberges Katzenbuckel (626 m) beweisen, war<br />

auch hier einst noch eine Juradecke vorhanden. Heute ist alles<br />

abgetragen bis auf den 500 m mächtigen Buntsandstein. Das<br />

Einfallen der Schichten gegen SO und die Erosionsgrenz e<br />

gegen den Muschelkalk auf der Linie Mosbach-Wertheim scheinen<br />

ebenfalls noch den Weisungen zu folgen, welche im tiefen Untergrund<br />

die alten varistischen tektonischen Leitlinien vorschreiben .<br />

.s(~I",~or,'<br />

I<br />

l1tcl-.Y ...•.. ~ .••.......••..••_•••_ .•••••_ •.• _••••••••••••••.•.••••••.••. J!!).r.'t;z<br />

Fig. 13. Profil durch den südlichen Odenwald bei Heidelberg.<br />

(Nach W. SALOMON, Ber. des Oberrhein. geol. Vereins. 42. Vers. zu<br />

Heidelberg, S.9.)<br />

Der nahezu meridional über das N eckartal geführte Schnitt zeigt<br />

sehr schön über dem G r a n i t (meist Biotitgranit) die per m i sc h e<br />

Ab ras ion s fl ä c h e des Grundgebirges, bedeckt von der Arkose des<br />

Rotliegenden und der Schichtenfolge des Buntsandsteins,<br />

welche am Königsstuhl bis zum Hauptkonglomerat hinaufreicht.<br />

Der sü dli che Odenwald ist durch die Arbeiten der badischen<br />

Geologen erforscht worden. Besonders kommen in Betracht die<br />

1) G. KLEMM, Die Muschelkalkversenkung bei Michelstadt. Blatt<br />

Erbach und Micbelstadt der geol. Spezialkarte von Hessen. 1900.<br />

2) W. SALOMON, Über eine eigentümliche Grabenversenkung bei<br />

Eberbach im Odenwald. Mitteil. Großh. Bad. geol. L.-A. 4. (2.) 1901.<br />

3) W. SALOMON, Muschelkalk und Lias am Katzenbuckel. Zentralbl.<br />

f. Min. 1902, S. 651 f. und W. FREUDENBERG, Exkursion auf den<br />

Katzenbuckel. Ber. des Oberrhein. geol. Vereins, 42. Vers. zu Heidelberg,<br />

Karlsruhe 1909, S. 17. f. (Außerhalb des Eruptionsschlotes wurden<br />

auch Brocken von Keupersandsteinen, von Oolith des oberen Braunjura<br />

und von Weiß Jura ~ gefunden.)


- 45 -<br />

Blätter der Spezialkarte in 1: 25 000: He i dei bel' g von A. ANDREÄ<br />

und A. o SANN, H. Aufl. von H. THÜRACH, 1909 und Blatt<br />

Neckargemünd von A. SAUER, 1898, mit dem Fundorte des<br />

berühmten Homo Heidelbergensis, welcher 24 m tief in den<br />

Sanden von Ma u er gefunden wurde. - Gute Übersicht gibt auch:<br />

J. RUSKA, Geologische Streifzüge in Heidelbergs Umgebung, Leipzig<br />

1908; sowie die Berichte über die 42. Versammlung des Oberrheinischen<br />

geol. Vereins zu Heidelberg im April 1909, Karlsruhe<br />

1909.<br />

Für den Odenwald hat Prof. Dr. A. STRIGEL den dankenswerten<br />

Versuch unternommen, die permische Abtragungsfläche<br />

durch Streichkurven von 10 und 25 m Äquidistanz<br />

gen au darzustellen. (Vergl. Verhandlungen des N aturhistorischmedizinischen<br />

Vereins zu Heidelberg. N. F. XII. Bd. 1. Heft.<br />

Heidelberg. Winter, 1912.) Leider gibt diese graphische Darstellung<br />

nicht überall die heu t i geLage der Abrasionsfläche, sondern<br />

eine ideale, welche die nachkarbonischen Verwerfungen auszugleichen<br />

sucht.<br />

Die Gliederung der Quartärbildungen am Westabhange<br />

des Odenwaldes hat Dr. W. FREUDENBERG geklärt durch eine<br />

Abhandlung im Notizblatt des Vereins für Erdkunde zu Darmstadt<br />

für das Jahr 1911: "Beiträge zur Gliederung des Quartärs<br />

von Weinheim an der Bergstraße, Mauer bei Heidelberg,<br />

J 0 c k g r imin der Pfalz u. a. m. und seine Bedeutung für den<br />

Bau der Oberrheinischen Tiefebene" S.76-149.<br />

Der Odenwald ist reich an Hartsteinen. Weithin bekannt<br />

ist die Granit- und Syenitindustrie (Kreuzer & Böhringer) in<br />

Li nd e n fe I s, Bensheim und Elmshausen. Auch die Straßenschotter<br />

aus den Porphyrwerken von S chri e s h ei mund D ossenheim<br />

an der Bergstraße sind hervorragend und haben ein weitgedehntes<br />

Absatzgebiet.<br />

10. Bau des Kralchgaues.<br />

Auch im Kr a ich gau - der tiefen Einsenkung zwischen<br />

Oden~ald und Schwarzwald - zeigt das Hügelland der Lettenkohle<br />

und des Keupers deutlich den machtvollen Einfluß der<br />

varistischen Strukturlinie (N 50° 0); viele Höhenrücken<br />

und Täler sind danach angeordnet. Die Verwerfungen verlaufen


- 46 .-<br />

im Kraichgau vorwiegeud in dieser Richtung. Die H ll; u poils<br />

t ö run g 1 i nie am Sfidostrand de3 Odenwaldes ist glefchfall8<br />

entschieden va r ist i sc h gerichtet (N 52 0 0 im Mittel der Strecke<br />

Hoffenheim a. d. Elsenz-Trienz-Builhen). Sie zerfällt in zwei<br />

wesentlich verschiedene Teilstrecken: Im Kraichgau bis 2'Illm<br />

N eckar ist an ihr die n ö r d li c h e, vom N eckar bei Neekargerach<br />

ostwärts die süd}i c he Scholle abgesunken. (E. HECKER,<br />

Berichte des Oberrhein. geol. Vereins über die 42'. Vers. zu<br />

Heidelberg. 1909. S.72.)<br />

Die Kr a. ich gau sen k e stellt eine eigenartig gebaute Mulde<br />

dar, welche neben tiefen Verwerfungsspalten auch eine ADIZJlhl<br />

von aufgepreßten S chi c h t e n ku pp ein und Sätteln zeigt. Diesem<br />

Aufbau entspricht es, wenn wir im inneren Teil der S~nke die<br />

jüngsten Schichten antreffen. Nach Nord und Süll folgen. immer<br />

ältere Schichten. Der Boden des fiachwelligen Landes erhebt<br />

sieh im Westen kaum 100 m über das Rheintal, erreicht aber<br />

im Osten der Muldenachse Höhen von etwas über 300 m N.N.<br />

Die Schichten des Muschelkalkes, der Lettenkohle und des Keupers<br />

bieten, meist mit tiefgründigem Löß bedeckt, vorzügliches Ackerland.<br />

- Bei dem Schwefelbad Langenbrücken, dessen Heilquelle<br />

aus dem Posidonienschiefer des Lias kommt, treffen wir<br />

neben der tiefen Hauptspalte (in N 49 00) nordwärts ein j urassi<br />

s ch e s Ge biet. Vom Bahnhof Langenbrücken (Brauner Juraß)<br />

ersteigt man im Dorfe die Opalinustone, um dann weiter nordostwärts<br />

in den mittleren und unteren Li a s und endlich tiber den<br />

Bonebedsandstein zum Keuper aufzusteigen. Also die Terrassenfolge<br />

Schwabenl3 in umgekehrter Reihe. Dabei stimmen die Sehichten<br />

und Petrefakten bis ins einzelne mit Schwaben überein. Der<br />

Einbruch ist so tief, daß das Liegende der Lettenkohle bei<br />

LangenprUcken auf - 340 m N.N., also tief unter dem Meere&­<br />

spiegel, lagert. (Vergi. C. DEFFNER und O. FRAAS, Die Jura;.<br />

versenkung bei Lallgenbrticken. Neues Jahrb. fUr Min., Geol.<br />

l1SW. 1859 und die Blätter der neuen geologischen Karte von<br />

Baden in 1: 25000, welche samt den auch tektonisch vorzUglich<br />

ausgearbeiteten Erläuterungen vom ganzen Kraichgau<br />

vollendet vorliegen.)<br />

11. Der Schichtenaufbau im Schwäbiselten Trlasbe"ek.e.D.<br />

(Vergl. das Gebirgsprofil am unteren Rand der Karte.)<br />

Das Sc h w ä bis c he 'F ri as b ecke n (Neekarland), die


"i'I'tl.nkia.ehe Platte" und die Frankenhöhe mit dem<br />

8t ei ger w al d gehören durchweg einem einheitlichen mesozoischen<br />

Senkußgefelde 1 ) an, das durch gegen lOOOm m!iclltige Sedimentanhäufungen<br />

nach 8Udosten hin allmlthlich ausgeebnet wurde.<br />

h.,<br />

~m n; '<br />

Fig. 14. Schematisches Profil durch den Untergrund und die<br />

Berge Stutt.garls.<br />

Der Schnitt geht von Südo~t nach Nordwest quer dnrch den varistisch<br />

gerichteten Stu t tg arte r G r a ben. Er zeigt die konkordante<br />

AUfeinBDderfolge der Triaitchichten auf dem kristaUinen Grundgebirge<br />

und dM Abbrechen derselben an den Verwerfungsspalten.<br />

1) H. ECK bat ia den WÜfttemb. naturwisseasch. Jahresheftea 1887<br />

S. 367 f., 1888 S. 271 t., 1889 S. 34-1 f. eine Üben!ich ~ über die in der<br />

Zeit vom 1. Januar 1867 bu. zum 28. Februar 1889 in Württemberg<br />

und Hohenzollem wahrgenommenen Erd er9ch Ü tternngen gegeben,<br />

welche zum Teil als Senknngeerschelnungen, zum Teil aber al8 beginnende<br />

alpine Auffaltung des Schollenl:mdes aufzufas!!en sind. Die<br />

Fortsetlung dieser wertvolleu Erdbebenberichte hat August Sc h m i d t<br />

in den genannten Jahreahelten 1891-19(M, gegeben.


48 -<br />

Diese Einebnung des Beckens geht so weit, daß das normale<br />

Hangende des Stubensandsteins im Mainhardter Wald fast eine<br />

Horizontalebene bildet, welche 550 m über dem Meere liegt.<br />

Bun tsandstein (400m), Muschelkalk (250m) und Keuper<br />

(im Mittel 250 m) legen sich in der Ausbildungsform der germanischen<br />

Trias, Bank für Bank, konkordant 1) aufeinander bis<br />

hinauf zum rätischen Sandstein und zu den Arietenkalken des<br />

Lias, welche sich weithin noch als Erosionsreste auf den Hochflächen<br />

erhalten haben; zum Zeichen, daß das ganze Gebiet einst<br />

eine Juradecke getragen hat.<br />

Die varistische Struktur schwächt sich in dem schwäbischen<br />

Triasbecken etwas ab, und die Süd-Nordrichtung der alpinen<br />

Faltung mit der zugehörigen Ost-Westrichtung treten stärker<br />

hervor (Neckarstrecke : Cannstatt-Kochendorf ; Enzstrecke:<br />

Mühlacker-Bietigheim; Filsstrecke : Plochingen-Göppingen;<br />

Remsstrecke : Gmünd-W aiblingen). Doch taucht das Einfallen<br />

des Schichtengebäudes gegen SO immer wieder auf. Die Landesterrassen<br />

werden daher an den nordwestlich gerichteten Steilrändern<br />

am stärksten abgetragen. Aber gerade diese zahlreichen<br />

Te r ras sen, welche steil aufsteigen und sachte (mit etwa 1 (l/o<br />

gegen Südost) zurücksinken, sind Grund und Ursache der<br />

landschaftlichen Reize im schwäbischen Lande. Die Abgrenzung<br />

des N eckarlandes ist nicht ganz einfach; im großen ganzen liegt<br />

es innerhalb des Dreiecks: Schwenningen-Ellwangen-Eberbach.<br />

Gegen Schwarzwald und Oden wald bildet die Formationsgrenze<br />

des oberen Buntsandsteins gegen den unteren Muschelkalk die<br />

anerkannte Grenze; am Fuß des Steilrandes der Schwäbischen<br />

Alb mag das Liegende des mittleren Lias dafür gelten und gegen<br />

Nordosten schließt die wichtige te k ton i s c h e S t ö run g s li nie<br />

ab, welche aus dem Ries ausstrahlt und auf den Basalt des<br />

Katzenbuckels hinüberzielt. Diese herz y n i sc h e Verwerfung<br />

- N 54 0 W - zeigt sich zwar nur streckenweise: auf der Linie<br />

Hürnheim-Bopfingen (Granit), bei Vellberg und an den Pfitz-<br />

1) Das beim Schwarzwald schon berührte Anschwellen der Schichten<br />

gegen Norden und Osten zeigt sich insbesondere auch bei dem Stubensandstein<br />

des Keupers. Er ist bei Schwenningeu nur 4 m mächtig,<br />

Hchwillt aber bis Löwenstein auf 161 man. Württemb. Jahrb. f. Statistik<br />

lind Landeskunde. Jahrg. 1877, 5. S. 224.


- 49 -<br />

höfen bei MöckmUhl, aber KARL DEFFNER 1) hat längst ihre<br />

Bedeutung für die Tektonik des Rieses el'kannt und sie "Sigart­<br />

L i nie" genannt. - Gleiche Richtung halten die S c h u r wal d­<br />

spalte: Plochingen-Enzweihingen und die Schar der Fildersp<br />

alten ein (im Mittel N 51 0 W). E. FRAAS nennt dieselben<br />

daher mit Recht herzynische Störungen. Sie dürften auf den<br />

Bau des unterlagernden varistischen Grundgebirges hinweisen.<br />

Es ist bekannt genug, daß auch im Fichtelgebirge, im Bayerischen<br />

Wald und sonst in der Böhmischen Masse das "E r z g e bi r gis c he<br />

System", das identisch ist mit dem varistischen (N 50 ° 0) der<br />

·interkarbonischen Faltung, so oft alterniert mit dem herzynischen<br />

S tr e ich e n der alten Schieferfalten (N 56 ° W), daß sich beide<br />

Systeme geradezu durchdringen und ersetzen; oder, wie schon<br />

früher angedeutet, sich wie Kluft und Gegenkluft verhalten. -<br />

Die in Südwestdeutschland tonangebende varistische Strukturlinie<br />

zeigt sich aber wieder deutlich in dem - mit den Filderspalten<br />

gleichalterigen (oligozänen) - System von Störungen, das in<br />

der Gestalt von schmalen G r ä ben oder als einfache V e r­<br />

werfungen von Ergenzingen aus über Bebenhausen und Plochingen<br />

gegen den Hohenstaufen hinzieht und die mittlere Richtung<br />

N61 0 0 einhält.-Die "Fränkische Platte" breitet sich wie<br />

ein Teppich am Fuß der Frankenhöhe und des Steigerwaldes<br />

aus und umfaßt die fruchtbaren lehmbedeckten Hochflächen der<br />

Lettenkohle und des Muschelkalks. Main, Tauber, Jagst und<br />

Kocher, haben sich hier meist über 100 m tiefe Täler eingenagt,<br />

deren Verlauf in vielen Strecken auf den hier vorherrschenden<br />

EinHuß des her z yn i s c h e n Systems hinweist; so die Strecken<br />

Ochsenfurt-Würzburg, Mergentheim-Wertheim, und Langenburg-Dörzbach;<br />

sowie in der Abßußrichtung von Altmühl, Rezat<br />

und Bibart. Der alp in e EinHuß spielt aber auch noch deutlich<br />

herein in der W -0 gerichteten Mainstrecke bei Ochsenfurt, im<br />

Taubergrund ostwärts von Mergentheim, im Umbiegen der Jagst<br />

bei Dörzbach und im Verlauf der Nord-SUd streichenden Gipfelhöhen<br />

der Frankenhöhe und des Steigerwaldes. Hierher gehört<br />

auch die m er i d ion a I verlaufende tektonische Höhenlinie Ingelfingen-Tauberbischofsheim<br />

(in der Karte mit roten Kreuzen<br />

1) K. DE}''FNER und O. FRAAS, Begleitworte zur geognostischen<br />

Spezialkarte von Württemberg. 1: 50 000. Atlasblätter Bop f i n gen<br />

und Ellenberg. Stuttgart 1877. S.27.<br />

4


- 50 -<br />

bezeichnet), welche bei Ingelfingen und Dörzbach den 0 b e ren<br />

Buntsandstein im Talgrunde an den Tag heraufhebt und die<br />

merkwürdige Ablenkung der SchwesterflüBse Kocher und Jagst<br />

ver anlaßt. - Die Schichten liegen übrigens Bonst im ganzen Gebiet<br />

fast ungestört, abgesehen von wellenformigen Au fw öl b u n gen<br />

und kleinen Verwerfungen fallen sie im großen ganzen schwach<br />

(mit etwa 0,5 %) gegen Südosten ein. Das bedeutendste<br />

Schichtengewölbe steigt vom Neckar an gegen Osten mehr<br />

als 350 m hoch hinanf - unbeirrt durch die zahllosen lokalen<br />

Störungen - bis zu dem 15 km breiten horizontalen Gewölbscheitel,<br />

der auf der Hochfläche (500 m NN) bei Langenbur<br />

g und Sc h I' 0 z b erg liegt, von dem sich so dann der Ostflügel<br />

gegen den Franken- und den Steigerwald hin absenkt. Das<br />

normale mittlere Streichen hält etwa die Richtung N 53 0 Wein,<br />

erinnert also lebhaft an das Streichen des her z y n i s c h e n<br />

Ur g e b i I' gs r a n d e B, welcher von dem nahen Fichtelgebirge<br />

aus mehrere hundert Kilometer weit fortzieht und auch an<br />

dem Südwestrande des Thüringerwaldes an der Richtung N 46 0 W<br />

festhält.<br />

Die Kenntnis des Untergrundes im Schwäbischen Triasbecken<br />

ist durch eine Tiefb 0 h rung bei Erlen bach in der Aue der<br />

Sulm (etwa in der Mitte zwischen N eckarsulm und Weinsberg)<br />

aufgeklärt worden. Die Hängebank des 856 m tiefen Bohrlochs<br />

liegt 163,68 m über N.N. Es wnrden durchteuft : Alluvium 9,3 m;<br />

Kenper 22,3; Lettenkohle 27,5 m; Muschelkalk 237,8 m; Buntsandstein<br />

517,3 m; Zechstein 23,6 m. Tiefstes vor Ort: Rotliegendes<br />

(18 m erschlossen). - Vergl. E. FRAAS. Das Bohrloch<br />

von Erlenbach bei Heilbronn. Württ. naturwiss. Jahreshefte.<br />

70. Jg. 1914. S. 37-42.<br />

12. Bau der Schwäbischen Alb.<br />

(Vergl. hierzu das Gebirgsprofil am unteren Rand der Karte.)<br />

Die S c h w lt bis ehe Alb ist nach einer früheren Vorstellung<br />

eine einheitlich nach der v a r ist i s ehe n S tr u k t u r 1 i nie N 51 0 0<br />

aufgerichtete Platte, deren Hochfläche, von den felsgekrönten<br />

Gipfeln des nordwestlichen Steilrandes aus, in gleichmäßiger Abdachung<br />

gegen SO Zur Donau hinabsinkt. Das ist z. T. richtig,<br />

trifi't aber z. B. in der mittleren Alb nicht zu. Hier findet


51<br />

man im Innern des Albkörpers auf der tektonischen Höhenlinie 1 )<br />

Augstberg-EisenrüttelN35 0 0 (auf der Karte mit roten<br />

Kreuzen bezeichnet), die höchsten Gipfel Augstberg (849 m),<br />

Stel'llenberg (844 m), Guckenberg' (852 m), Buchhalde (870 m),<br />

Eisenriittel (847 m). Am Nordwestrande dagegen (12 km entfel'llt)<br />

hat der "Grüne Fels" nur 805 m. Gegen Südost zeigt<br />

das Albmassiv (14 km entfernt) eine Knickung bei 730 m absoluter<br />

Höhe, und an der Donau (weitere 9 km gegen SO) ist<br />

die Hochfläche auf 500 m abgesunken. Wir haben also hier<br />

eine nördliche Zone mit 0-0,5% Gefälle gegen Nord; eine<br />

Mittelzone mit 1 Ofo Gefälle ge gen Süd und eine südliche Zone<br />

mit 2,4 Ofo Gefälle gegen Süd. Die letztere trägt zum großen<br />

Teil schon eine Tertiärdecke (Rugulosakalk der unteren Süßwassermolasse).<br />

Die Stabilität der Albplatte hat also in diesem<br />

Gebiet bei der Aufrichtung durch den tangentialen Schub<br />

aus dem Süden nicht standgehalten. Die Nordzone brach ab<br />

und sank etwas gegen Norden ein, auf der tektonischen Höhen~<br />

linie entstand ein Knick und eine Spalte, auf welcher Basaltmassen<br />

aufgestiegen sind. Die Vulkanembryonen 2) BRANCAS sind<br />

meist tufferfüllte Pufflöcher, deren Entstehung 3) mit dem Einbrechen<br />

des nördlichen Gebirgsstücks gewiß irgendwie zusammenhängt.<br />

Noch heute ist die tektonische Linie Au g s t beI' g-­<br />

Eis e n I' Ü t tel von Bedeutung; an derselben haben sich z. B.<br />

die leichten Erd beb e n 4) vom 7. und 14. Oktober 1890<br />

ausgelöst.<br />

1) Vergl. die geotektonische Untersuchung in Württemb. Jahrb.<br />

f .. Statistik und Landeskunde. Jahrg. 1877, 5. S. 123 ff. '<br />

2) W. BRANCA. Schwabens 125 Vulkan-Embryonen. Jahreshefte<br />

des Ver. für vaterl. Naturkunde in Württemberg 1894 und 1895.<br />

3) H. LENK hat neuestens - auf Grund der Forschungen von<br />

J. E. HmscH im Böhmischen Mittelgebirge - darauf hingewiesen, daß<br />

es nicht auf die Lagerungsverhältnisse der Juratafel im U ra c her<br />

V ulk a n g e b i e t ankomme, sondern auf die Zerspaltung des tieferen<br />

U.ntergrundes. Der Verlauf der herzynischen Schönbuchs<br />

pa 1 t e n deute entschieden darauf hin, daß der triadische Untergrund<br />

der Uracher Basaltdurchbrüche zerspalten und stark disloziert sei.<br />

Monatsber. d. Deutschen geolog. Ges. 1908. S. 201. (Die Unabhängigkeit<br />

der Uracher Vulkanembryonen von der Lagerung der etwa 600 m<br />

mächtigen jurassischen Schichten, bleibt aber trotzdem bestehen.<br />

Anmerk. d. Verf.)<br />

4) Vergl. den Erdbebenbericht im Jahrg. 1891 der Württemb.<br />

natul'wissensch. Jahreshefte 4:7. S. 243-245.<br />

4*


Der von SUdwest naeh :Soruost hinziehende S t eil r a n d<br />

der AI b ist die sehönste Zierde des schwäbischen Landes. Er<br />

ist aufgebaut allS den zahllosen Schichten des Lias (90 m), des<br />

Brannen Jura (280m) und deB Weißen Jura (über 200 m),<br />

welche uns FR. A. QUENSTEDT so trefflich beschrieben hat.<br />

(FR. A. QUENSTEDT, Dm' .Jura, Ttibingen 18ö6-1858.) In seine<br />

Fußstapfeu traten TB. ENGEL 1 ) und E. SCHÜTZE. (Geognostißeher<br />

Wegweiser durch WtirUemberg, III. Aufl., Stuttgart 1908 sowie<br />

'rH. ENOEL. Geologischer ExknrsionsfUhrer durch Württemberg.<br />

Stuttgart 1911.)<br />

Fig. 15. Schematisches Sellichtcoprofil am Nordl'lcstrand der<br />

SchwlU)lschcll Alb.<br />

(Nach E. FRAAS, Führer durch die K. Naturaliensammlung zu Stuttgart<br />

I. Die geognostische Sammlung Württembergs, In. AufL, Stuttgart 1910,<br />

S.42.)<br />

Der Persona tcnsandB tein (Murchisonäsandstein) des Braunen<br />

Jura nmscilließt Eiscnerzfliize von praktischer Bedeutung.<br />

Aalen, Wasseralfingen und Knchen sind die Mittelpunkte des<br />

wcitgedeilnten Erzreviers am Kocher und an der Fils. Abgebaut<br />

wird der..:eit nur noch in Waaseralfingen (45 Bergleute),<br />

wo sieh zwei Erzflöze (ein oberes 1,4m und ein untereß 1,7m<br />

mlLchtig, getrennt (lurch 11 m Sandsteine und Tone der Murchisonä­<br />

Ilchiehten) weit in den AlbkUrper als Schieilte hineinziehen. Es<br />

wnrdcn z. H. erzeugt bei einern Ausbringen von etwa 35 % im<br />

.hhre 1903: 3:)82 t EiRen im Wert von 379157 Mk. (Vergl.<br />

1) Für den Gehrauch de~ Albwande-rers findet ~ich eine allgemein<br />

v('r~täudliche Ühersicht in T11. E){{U;}" Die Sehwaben,\lb uud ihr geo­<br />

IObo1_eher Aufl,uu . .Mit 60 Abbildungen. H. Auflage. Tübingen 1!)().i ..


53<br />

R. FLUHR, Die Eisenerzlagerstätten Württembergs und ihre volkswirtschaftliche<br />

Bedeutung. ZeitschI'. für praktische Geologie, 1908,<br />

S.1-23.)<br />

Die absolute Höhe der Albhochfläche nimmt vom Heuberg<br />

(Lemberg 1015m) nach dem Ries l ) hin allmählich ab (Braunenberg<br />

725 m), deshalb fällt das wahre Streichen nicht mit der<br />

Längenerstreckung zusammen, sondern beträgt im Mittel etwa<br />

N 46 0 O. In Wahrheit besteht aber das Juramassiv der Schwäbischen<br />

Alb aus einer Menge verschiedenartig geneigter Platten,<br />

deren Streichrichtung schwankt zwischen N 28 0 0 und N 63 0 O.<br />

Der Süd 0 s tr a n d der Alb wird seit 50 Jahren als Bruchrand<br />

in der gesamten Literatur betrachtet. Nach meiner Auffassung<br />

hat ein Abbruch 2) der Juratafel am Donautalrand niemals statt-<br />

1) Das R i e s ist nach der Auffassung von W. BRANCA und<br />

E. FRAAS äußerlich ein Einbruchkessel, innerlich aber ein aufgetriebener<br />

Grundgebirgspfropfen. Während der Fränkische Jura - gleich dem<br />

Schwäbischen - höchstens einmal ein kleines "E i n 8 t u r z beb e n" zu<br />

verzeichnen hat, gehört das Ries zu den unruhigen "S t 0 ß zen t ren",<br />

von denen je und je Erdbeben ihren Ausgang nehmen. Es scheinen<br />

hier die schlummernden tertiären jungvnlkanischen Kräfte zeitweise<br />

wieder etwas zu erwachen. Die Annalen von Nöl' d li n gen wissen<br />

davon zu erzählen. Vergl. S. GÜN'l'HER, Die seismischen Verhältnisse<br />

Bayerns; in GERLAND, Beitr. z. Geophysik .. Ergzbd. 1. 1902. S. 138.­<br />

Ferner: W. BRANCA und E. FRAAS, Das vulkanische Ries bei Nördlingen<br />

in seiner Bedeutung für Fragen der allgemeinen Geologie.<br />

Abh. der K. Preuß. Akademie der Wissenschaften. 167 S. und 2 Tafeln.<br />

Berlin 1901. - Neuerdings zeigt sich in der Schwäbischen Alb<br />

(Gegend um Ebingen) ein Erdbebenherd, der sich am 16. November<br />

1911 als "Epizentrum" des Mitteleuropäischen Erdbebens gezeigt<br />

hat. (Vergl. R. LAIS und A. SIEDERG in GERLANDS Beiträgen zlIr.<br />

Geophysik. XII. Bd. 1. Heft. Leipzig. 1912.)<br />

2) Die nenen Bohrungen im La n gen aue r r i e d haben meiner<br />

Ansicht nach diese Auffassung bestätigt. Die stratigraphischen Rechnungen<br />

ergaben ein Streichen im Hangenden des Jura e (unter dem<br />

Torfmoor) von N 56 ° 0 und ein Ansteigen gegen NW von 1 : 55.<br />

Damit erreicht man den Jurarand beim Bahnhof Rammingen (458 m N.N.)<br />

ohne erhebliche Anschlußdifferenz. - Im B 0 h rio c h 23 (1560 m vom<br />

Albrand im Moor gelegen, 2600 m vom Bahnhof Rammingen gegen<br />

OSO, ~60<br />

(Terrainhöhe 450,90 m N.N.):<br />

Torfiger schwarzer Humus<br />

Gelber Mergel. . . . .<br />

Blaue fette Tone. . . .<br />

Kies der Niedertermsse<br />

Brauner Letten . . . . . . . . . . .<br />

m südlich vom Kimmiggraben) zeigte sich folgendes Proftl<br />

Kirchberger (Brackwassermolasse) - Schichten<br />

Weißj ura Ep sil onk al ke<br />

(bei 421,30 m N.N. beginnentl).<br />

....<br />

0,50 m<br />

1,10 "<br />

1,00 "<br />

3,70 "<br />

0,20 "<br />

23,10 ,.<br />

(Hangendes.)


54<br />

gefunden. Es ist ein Er 0 si 0 n s I' an d gleich der Albtraufe im<br />

Nordwesten. Die JuratafeP) taucht nur unter den 'l'ertiäl'mantel<br />

Oberschwabens hinab, welcher deutliche Spuren eines Aufschubs<br />

aus Südost zeigt. (Näheres: Bericht über die Vers. des Oben·hein·<br />

geol. Vereins zu tam. 1908. Karlsruhe 1909. S. 39 f.y - Die tektonische<br />

Höhenlinie Wildenstein-Lemberg (s. Karte) verläuft<br />

so dann in herzynischer Richtung (N57°W), was Beachtung<br />

verdient. - Von hier aus gegen Südwest schmiegt sich der JUl'azug<br />

in elegantem Bogen an den· Südfuß des Schwal'zwaldes und an<br />

die Vogesen. Er zeigt hier so recht deutlich sein Verhältnis zu<br />

diesen kl'istallinen Gebirgskernen, als ein Teil ihrer ehemaligen<br />

Sedimenthülle. (Vergl. das Profil am unteren Rand der Karte.)<br />

An der "Länge" (924 m) und am Randen (924 m) erleidet<br />

die Juratafel eine große Einschränkung ihrer Breite und in<br />

dem Vulkangebiet des II e ga u einen tiefen Einbruch.<br />

13. Bau des Schweizerischen und Französischen Jurazuges.<br />

Der Schweizerische und der Französische Jura<br />

zeigen sich in den gefalteten Ketten durchaus abhängig von der<br />

Alpenfaltung, welche in der oligozänen und in der pliozänen<br />

Tertiärzeit ihren Höhepunkt erreicht hat. Fast genau in der<br />

Richtung N 90° 0 scheidet die wichtigste Strukturlinie in<br />

diesem .Jul'azug, die "Mont Terrible-Kette" (etwa in der<br />

• Richtung Blamont-Aarau), den nördlichen Tafeljura von dem<br />

südlichen Kettenjnra. In der Übel'schiebungszone Hauenstein­<br />

Bötzbel'g rückt diese Grenze dann im Norden der Stadt 'Aarau<br />

allerdings etwas gegen Nordost vor.<br />

1) Eine Verwerfung von erheblicherem Betrage (südöstlich von<br />

Langenau) scheint mir nicht vorhanden zu sein. Sie wurde auf<br />

speziellen WunRch des Prof. Dr, E. FRAAS, der aus verschiedenen<br />

Gründen eine solche annimmt und dieselbe durch jene Bohrungen<br />

begründet, eingetragen. - Nach meiner Auffassung liegt hier lediglich<br />

eine mittelmiozäne S t r a n d ver sc h i e b u n g vor j die Juratafel ist<br />

nicht zerbrochen. (Vergl. dagegen: E. FRAAS. Das Tertiär der Ulmer<br />

Hegend, Verein f. vat. Naturk. 1911, und C. R~~GELMANN. Zur Tektonik<br />

der Schwäbischen Alb. Oberrhein. geo!. Verein. 44. Vers, JahreRber.<br />

uud Mitt. 1911.)


55<br />

-----<br />

Fig. 16. Zwei ProJlle durch den Schweizerischen Jura von<br />

A. ßu:dorf.<br />

I'rofil t: Vo .. der LiI ..",..\ o.b . r die I' ~ B8r .. zU S.h ...... rn. bei W eld.but.<br />

Profil:?: Vo .. der Aer. bei SOlo\btl= üb


- 56 -<br />

G. STEINMANN1) hat nachzuweisen versucht, daß im Bau<br />

des Jurazuges sowohl die Nord-Süd verlaufende Vogesenspalte<br />

(Rappoltsweiler-Altkirch) als auch die ebenso durchgreifende<br />

D in k el berg spalte (Schwarzwaldflexur Lörrach-Hohe Winde)<br />

maßgebenden Einfluß geübt haben. Zwischen diesen beiden<br />

Rh ein t al s palt e n seien dann die Falten der Ketten nordwärts<br />

vorgedrungen hinaus über den Blauen zu der B ü r ger wal d­<br />

k e t t e bei Pfirt. Aber sowohl im Elsgau bei Pruntrut, als im<br />

Basler Jura hören die Ketten mit derjenigen des Mont-Terrible<br />

auf, und der Tafeljura herrscht in den nördlich anschließenden<br />

Gebieten. B. FÖRSTER~) konnte - durch das Ergebnis der<br />

Bohrungen auf Erdöl - deu Nachweis geben, daß der Weiße<br />

Jura unter den Schichten des Oligozän im Sundgau vorhanden<br />

ist. Allerdings ist derselbe in der Breite von Sierenz schon<br />

30 m; bei Foussemagne (11 km östlich von Belfort) 437 m; bei<br />

Heimsbrunn tiefer als 800 m und im Nonnenbruch bei Luttenbach<br />

sogar tiefer als 853 munter N.N. abgesunken. Vom Isteiner<br />

Klotz gegen Westen hin findet also ein treppenförmiges Absinken<br />

des Jura gegen die Mittellinie der Mulde von Mömpelgard<br />

(varistisch N 48° 0) statt; unterbrochen von einem Rücken<br />

östlich von Altkirch. - In den Kettenjura sind merkwürdige<br />

Tertiärbecken eingesenkt: Die Becken von Deisberg, Laufen,<br />

Moutier (Münster) und Balsta!. Die wichtigsten Ketten sind in<br />

unserem Gebiet diejenigen, welche nach dem Weißenstein, Moron<br />

(Hauenstein), Raimeux (Paßwang) und Mont-Terrible benannt<br />

werden. - Im Ta fe lj ur a zeigt sich nebenbei wiederum ein<br />

Schimmer von v aris tis ch er S t ru k tur in der merkwürdigen<br />

jungen (miozänen?) Flex ur, welche vom Bruchrande des Schwarzwaldes<br />

bei Freiburg ausstrahlt und den Sundgau durchquerend<br />

in dem Winkel bei Köstlach endet, sie hält die Richtung ein<br />

N 41 0 O. Wie bereits auf S. 35 ausgeführt wurde, zeigen die<br />

merkwUrdig gebauten "J u l' abu eh t e n" am Sundgau - die<br />

1) Bemerkuugen über die tektonischen Beziehungen der oberrheinischen<br />

Tiefebene zu dem nordschweizerischen Kettenjura. Berichte<br />

naturf. Ges. zu Freiburg i. B. 1892. 2. (4.) S. 150 f. - FerJ.1er<br />

A. 'rOlll,~m, Verh. der Naturf. Ges. in Basel. 11. Basel 1897. S. 284:f. -<br />

Dagegen hat L. v AN WERVEKE auf Grund von neuen Bohrergebnissen<br />

im Sundgau andere Anschauungen gewonnen. (Mitt. der geoJ. L.-A.<br />

VOll Elsaß-Lothr. Bd. VI. 1908. S. 3:20 f.)<br />

2) Weißer Jura unter dem Tertilir des Sundgaus im Oberelsaß.<br />

Mitteil. der geoJ. L.-A. VOll Elsaß-Lothr. ö. 1904. S. 381 f.


57 -<br />

Largbucht, die IlIbucht und die Bucht von Birseck bei Basel -<br />

besonders schön das Eingreifen der varistischen Strukturlinie in<br />

das alpine System. - Südlich davon treten am Mont-Terrible<br />

wiederum nach NO gerichtete S t ö run gen 1) auf, welche den<br />

D 0 u b s veranlaßt haben, seinem Laufe bei st. Ursanne plötzlich<br />

eine ganz entgegengesetzte Wendung zu geben. - Südlich VOll<br />

Rheinfelden ist der Tafeljura bei Liestal und Gelterkinden durch<br />

eine ganze Schar von (nach NO gerichteten u n tel' mi 0 z ä 11 e 11)<br />

varistischen Ver wer fun gen 2) zerstückelt, GI' ä ben und<br />

Ho rs te erscheinen als schmale Streifen, welche mit der Köstlacher<br />

Flexur übereinstimmend streichen und ein ziemlich senkrechtes,<br />

aber ungleich tiefes Einbrechen der Schollen erkennen<br />

lassen. In dem Wechsel von stehengebliebenen Horsten und<br />

eingesunkenen Gräben ist die Sedimentreihe natürlich verschieden<br />

abgetragen worden. In den eingebrochenen Partien sind z. T.<br />

die Betakalke des Weißen Jura noch erhalten, während in den<br />

Horsten gewöhnlich alles abgetragen ist bis auf den Hauptrogenstein<br />

des Braunen Jura.<br />

Die Tektonik des Sc h w e i zer J u l' a hat weitere Aufklärung<br />

erhalten durch Profile in einer Arbeit von A. BUXTORF: "B e­<br />

rn e r k u n gen ii b erd enG e b i l' g s bau des N 0 r d s c h w e i z e­<br />

rischen Kettenjura, im besonderen der Weißensteink<br />

e t t e". (Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft,<br />

Bd. 63, Jahrgang 1911, Abh. Heft 3.)<br />

Die Te k ton i k des Eis gau e s ist neuerdings von KARL<br />

L. HUMMEL näher untersucht worden. Dieser fand in diesem<br />

"Berne)' Tafcljura" (Gebiet nordwärts von Pruntrut und<br />

BI am 0 n t) mehrere meridional streichende Ver wer fu n gen;<br />

radiale Krustenbewegungen des Elsgaues vom Alter des unteren<br />

Oligozän, welche die Transgression des tongrischen Meeres mit<br />

veranlaßt haben. - Die Auffaltung des Kettenjura verlegt dieser<br />

Autor,' ebenso wie die Entstehung der kleineren Antiklinalen<br />

im Elsgauer Tafellande in das jüngere Pliozän. -- (Vergl. Be-<br />

1) VergI. F. MÜHLBERG, Bericht über die Exkursionen des Oberrheinischen<br />

geol. Vereins. Beilage zum Bel'. über die XXV. Vers. zu<br />

Basel im April 1892.<br />

2) Vergl. FR. v. HUFlNE, Geologische Beschreibung der Gegend<br />

von Liestal im Schweizer Tafeljura. Verhand1. N aturf. Ges. Basel 12.<br />

Basel 1900 und A. BuxToRl" Ec10gae geo1. Helvetiae 6. NI'. 2. 1900.<br />

'Über vor- oder altmiozltne Verwerfungen im Basler Tafel-Jura.


- 58 -<br />

richte der Naturforschenden Ges. zu Freiburg i. Br.<br />

1914.)<br />

Band XX.<br />

H. Bau des Oberschwäbischen Molassebeckens.<br />

(VergJ. das Gebirgsprofil am unteren Rand der Karte.)<br />

Der Bau des Moll ass e be c k en s zwischen dem Jurazug<br />

und den Alpen ist ziemlich einfach. Der obere Weiße Jura verschwindet<br />

auf der Linie Aarau-Schaffhausen-Ulm endgültig<br />

unter den Schichten der mi 0 z ä ne n Molasse; das ist die nahezu<br />

geradlinig (etwa 570 m über dem Meere) verlaufende Mantellinie<br />

einer tonnengewölbeartigen M u I d e, welche der va r ist i­<br />

sc he n S t r u k t u I' li nie N 51° 0 gehorcht. In der miozänen<br />

Tertiärzeit lag in dem langgestreckten Dreieck Genf-Regensburg-Linz<br />

eine Ge 0 s y n k I i n ale, in welcher eine unermeßliche<br />

Fiille von feinen Sanden nach Hnd nach zur Ablagerung gelangte.<br />

Die ~Iächtigkeit der oberen Süßwassermolasse mit Unio<br />

fiabellata und Helix sylvana schwillt in der Mitte des Beckens<br />

wohl auf 400 m an, die Me e I' e s mol as se darf man dort auf<br />

mindestens 300 m schätzen, und die u nt e I' e Süß was se r­<br />

mol as semit Helix 1'ugulosa dürfte mehr als 600 m erlangen.<br />

Auf und am Jura keilen die Schichten aus. Die beiden<br />

Siißwasserbildungen sind dort als Kalkfazies (Landschneckenkalke)<br />

ausgebildet, während beckeneinwärts, wie gesagt, die Sande<br />

weit vorherrschen. Die Mol ass emu I d e hat im Gebiet unserer<br />

Karte - auf der Linie Ehingen-Sonthofen - eine Breite von<br />

95km. Die große An tiklin ale Hochham-Hauchenberg (etwa<br />

12111 m über dem Meere), in N 63 0 0 verlaufend, schließt die<br />

tonnenförmige Mulde am Rande der Voralpen ab; hier steigt<br />

auch die sonst meist von der oberen Süßwassermolasse<br />

iibcrdeckte Me e I' e s mol ass e wieder an den Tag. (Siehe<br />

Profil der Karte.)<br />

In Ochsenhausen (Oberschwaben) wollte man -'29km<br />

VOll der Mantellinie Schaffhausen _. Ulm gegen SO entferntmioziinc<br />

BI' a unk 0 h 1 e n erschließen. Die Hängebank des BohrloehR<br />

liegt dort 59!) m üher dem Meere; der Bohrer drang hinab<br />

his 141 m unter den Meeresspiegel; der Löffel brachte aber fast<br />

niehtH heranf :111, feinen Sand und immer wieder feinen Sand<br />

(l'fohHand); d. h. er dnl'chtenfte 736 m Sand- und Mergelschichten,<br />

ohne deli .Jnra zn el'l'ei('hen; leider auch olme die hegehrten


59<br />

Kohlen. zu treffen .. Doch gelang es, durch Muschelreste und Haifischzähne<br />

festzustellen, daß das Hangende der hier 207 m mächtigen<br />

Meeresmolasse bei 319 m tiber N.N. liegt.-Zieht man<br />

von Mengen aus eine gerade Linie in N 67° 0 nach Burtenbach<br />

an der Mindel, so hat man eine wichtige Knickung'linie<br />

(flache Antiklinale) im oberschwäbischen Schichtenbau eingezeichnet,<br />

welche wenigstens bis zur Iller gültig ist. Nördlich von<br />

Biberach und bei Baltringen, sowie südlich vom Bussen hebt sich<br />

auf dieser tektonischen Linie die Me e I' e sm 0 las s e (Muschelsandstein)<br />

aus der Mulde 1) empor, das Hangende im Mittel 597 m<br />

über dem Meere; im Bohrloch Ochsenhausen (16 km gegen SO)<br />

dagegen fand man nur noch 319 m; wir haben also gegen das<br />

)Iuldentiefste hin, im Hangenden der Meeresmolasse ein Schichtengefälle<br />

von 1,7 %. - Faßt man die gleichartigen Ablagerungen<br />

auf der Juraplatte ins Auge, so findet man für ihre mittlere<br />

Meereshöhe etwa 584 m. Nur die etwas jüngere tertiäre Jurana<br />

gel fl u h transgredierte noch viel höher hinauf auf die Juraplatte<br />

(bis 860 m). Von der Baltringer Knickungslinie aus finden<br />

wir gegen Nordwest über die Donauspalte hinüber merkwürdigerweise<br />

nahezu hol' i z 0 n tal e Lagerung im Hangenden der<br />

mal' i n e n Sc h ich t e n; gegen Süd 0 s te n findet dagegen zum<br />

Mnldentiefsten hinab ein relativ s ta I' k es Ein fall e n der Schichten<br />

statt. - Die tiefsten Tiefen der Molassemulde sind bis heute<br />

unbekannt, keine Tiefbohrung hat sie erschlossen. Doch wird<br />

man nicht viel fehlgehen, wenn man die Muldenachse etwa auf<br />

die Linie Zürich-Ravensburg verlegt; das wäre N 59 0 O.<br />

Für das B 0 den see g e b i e t sind - neben den trefflichen<br />

Arbeiten von Oberrealschuldirektor W. SCHMIDLE 2) (Konstanz)­<br />

für die Tektonik von Bedeutung geworden: S. G. GUTMANN.<br />

Gliederung der Molasse und 'l'ektonik des östlichen Hegaus.<br />

1) In dieser Mulde treten noch heute leichte Erderschütterungen<br />

ziemlich häufig auf. Biberach war sogar im Januar 1842<br />

der Schauplatz eines kleinen Erdbebenschwarms. Die meisten oberschwäbischen<br />

Erdbeben kommen aber von den Her den der V 0 T­<br />

alpen, aus der Schweiz und dem AIgäu. Andere aber stammen aus<br />

dem Hegau und aus dem Bodensee und haben nur ein kleines<br />

Schüttergebiet.<br />

2) Die zahlreichen einzelnen Beiträge SUHMIDLES sind nun zusammengefaßt<br />

in dem Werke: W. SUHMIDLE; Die diluviale Geologie<br />

der Bodenseegegend. Mit 42 Abb. und 7 Tafeln. Westermann, 1914.)


- 60<br />

(Mitt. d. Großh. Bad. Geol. L.-A. VI. Bd., 2. Heft. 1911. S.469<br />

bis 514.) und:<br />

S. KNuPFER. Molasse und Tektonik des südöstlichen Teiles<br />

des Blattes S t 0 c k ach der topographischen Karte des Großh.<br />

Baden. (Berichte der Naturforsch.-Gesellschaft zu Freiburg i. Br.<br />

Bd. XIX. 1912.)<br />

Aus diesen Arbeiten und unserer neugestalteten Karte geht<br />

unzweifelhaft hervor: "Das Bodenseebecken ist ein<br />

Grabenbruch".<br />

Die Gebilde der vier Eiszeiten (Günz-, Mindel-, Riß-,<br />

und Würm-Eiszeit nach A. PENCK), deren alpiner Schutt n-50 m<br />

mächtig ganz Oberschwaben überdeckt, sind nun auch von der<br />

geologischen Landesaufnahme Württembergs in Angriff genommen<br />

werden und haben in den Blättern in 1: 25000: 179 Friedrichshafen;<br />

180 Tettnang; 1S1 N eukirch und 184 Langenargen<br />

spezielle Darstellung gefunden. (Vergl. auch die zugehörigen<br />

"E r I ä u t e run g s heft e" und MARTIN SCHMIDT. Die geologischen<br />

Verhältnisse des Oberamts Tettnang. Oberamtsbeschreibung ;<br />

zweite Auflage. Stuttgart 1914.)<br />

Unsere Übersichtskarte gibt von der Ausdehnung des Rheingletschers<br />

- während der dritten und vierten Vergletscherung<br />

- ein klares Bild. Auch die Rückzugsphasen der vierten<br />

Eiszeit sind aus der Karte zu ersehen.<br />

11). Aufbau der Voralpen (Säntis, Allgäu und Vorarlberg).<br />

(Vergl. das Gebirgsprofil am unteren Rand der Karte.)<br />

Die Strukturlinien in dem kleinen Stück der Voralpen,<br />

das in der Südostecke unserer Karte noch zur Darstellung gelangt<br />

ist, hängen natürlich aufs engste mit der Alp e n falt u n g der<br />

Tertiärzeit zusammen, und doch schimmert auch in den S än tisketten<br />

und den Algäuer Kalkalpen in der teilweisen<br />

SW -NO-Richtung der Faltenziige noch die va I' ist i sc he<br />

Strukturlinie durch. Das nordwärts ziehende Rheintal, südlich<br />

vom Bodensee, scheidet bekanntlich die verschieden gebauten<br />

Ost- und Westalpen voneinander. Das spricht sich deutlich aus<br />

in dem Faltenwurf der Vorarlberger Kreidezüge 1), welche ent-<br />

1) Diese Tektonik ist geschildert in: MICH. V ACEK, Über Vorarlherger<br />

Kreide. Eine Lokalstudie. Jahrb. k. k. Geol. R.-A. 2D. Wien,<br />

Forts. s. S. 61.


61<br />

6


~ 62 -<br />

nichts; hier ist alles solid und "wurzelecht". Daß übrigens<br />

die Keuperschichten der Kai kai p e n auf den tertiären Flysch<br />

überschoben sind, läßt sich auf dem heutigen Ausbiß (Zitterklapfen--Oberstdorf-Hindelang-Vilstal)<br />

überall beobachten und<br />

ist auch aus unserem Profil deutlich zu ersehen. Die bahnbrechenden<br />

Arbeiten von A. ROTHPLETZ haben das Einzeichnen<br />

der "Stirllränder" der rätischen Überschiebungell in unsere<br />

Karte ermöglicht, dank den direkten Mitteilungen des genannten<br />

Herrn. Über Ausdehnung und Herkunft der ,,1' ä t i s c h e n<br />

Schnbmasse" gibt der Ir. und IH. Band seiner "Geologischen<br />

Alpenforschungen" , München 1905 und 1908, überraschende<br />

Nachweise.<br />

Für das A 19'ä u zwischen Breitach und Still ach hat H. PON­<br />

TOPPIDAN eine Neuaufnahme in 1 : 25000 geliefert, welche die<br />

"Algäuer Schubmasse" und einen kleinen Teil der "Lechtaler<br />

Schubmasse" in ihrem Aufbau speziell darstellt. (VergI.<br />

Bayer. Geognostische Jahreshefte. XXIV. Jahrgang. 1911. München.<br />

1912, S. 1-22.)<br />

A. TORNQUIsT hat (I. c. S. 111) versucht, die tektonischen<br />

Vorgänge im Gebiet der Algäuer und Vorarlberg'er Voral<br />

p en zeitlich festzustellen. Das heutige Gebirgsbild setzt sich<br />

zusammen aus der Algäuer Schubmasse (Hauptdolomit, Rät<br />

und Lias), wurzellos auf Flysch stehend, südlich, östlich und nordöstlich<br />

von Oberstdorf ; auf diese Schubmasse gelangte durch<br />

späteren Aufschub die Lech talsch u bmasse, welche die Mädelergabel<br />

und den Hochvogel aufgebaut hat. Der Hauptdolomitdieser<br />

höheren Schubmasse ruht überall auf den weichen Fleckenmergeln<br />

des Lias. In dem Ausbiß der Lechtaler Überschiebung<br />

beobachtete auch G. SCHULZE nirgends 0 beI' j ur a; an den<br />

Höfats aber sind auf der Algäuer Schubmasse noch mächtige<br />

Komplexe von Oberjura erhalten. Es erregt nun das allergrößte<br />

Interesse, daß auch in der äußeren Flyschzone - nördlich von<br />

den Kreidekettell - beim Feuerstätterkopf (westlich vom Bolgen)<br />

eine 1~ kill lange, ostweststreichende, seiger im Gebirge stehende<br />

GesteinRplatte VOll 0 b e rem W eiß e m J ur a nachgewiesen worden<br />

ü;t (TORN


- 63 -<br />

teils aus groben Kong'lomeraten bestehenden Flysches erfolgte<br />

während des Eozäns und des Olig·ozäns. Das außerordentlich<br />

wechselnde Gesteinsmaterial des Flysch kann nur VOll den inneralpinen<br />

Gebieten abgeleitet werden. Das gTobe kristallinische<br />

Basalkonglomerat stammt von der ersten kräftigen Heraushebung<br />

der Alpen im Eozän (also auch der rätselhafte Bolgengranit).<br />

Der Deckenschub der Algäuscholle erfolgte - während der<br />

Ablagerung des jüng'eren Flyschs - im älteren Olig·ozän; die<br />

IJechtaldeckl\wurde während des oberen Oligozäns aufgeschoben.<br />

- Die energische Auffaltung der Kreideketten und der<br />

Flyschzone, sowie die Überschiebung der Kreide auf den<br />

Flysch war das Werk der gebirgsbildenden Kräfte während des<br />

älteren Miozäns. - Die F alt u n g der Mol ass e und die<br />

Überschiebung des Flysch auf die Molasse geschah sodann im<br />

o her· Miozän. - Diese gewaltigen tektonischen KraftäußeruilgeIl<br />

wirkten naturgemäß auch auf den gesamten süddeutschen Schichtenbau<br />

hinüber und haben insbesondere die Juraplatte der Schwäbischen<br />

Alb in Mitleidenschaft gezogen.<br />

Riickblick auf das ganze Gebiet.<br />

Blickt man zurück nach dem niederrheinischen Schiefergebirge<br />

und überschaut den geologischen Aufbau unseres Gebietes<br />

nochmals in allgemeiner Übersicht, so ergibt sich,<br />

daß hier die Strukturlinien der gebirgsbildenden Kräfte<br />

mit einfachen Mitteln eine außerordentliche Mannigfaltigkeit im<br />

Antlitz der Erdkruste hervorgebracht haben. Durch Aufrichtung<br />

der Schichtentafeln, Niederbrechen der Senkungsfelder und durch<br />

die Abtragung der "Hüllmassen der emporstrebenden kristallinen<br />

Gebirgskerne - alles nach den festen Regeln, welche die<br />

Strukturlinien vorgezeichnet haben - ist eine reizvolle vielgestaltige<br />

Landschaft entstanden. Was wäre Siiddeutschland<br />

für ein eintöniges Flachland ohne dieses Walten der gebirgsbildenden<br />

Kräfte! - Nun aber zeigt sich eine überwältigende<br />

Mannigfaltigkeit in den Landschaftsformen, in den Höhenverhältnissen,<br />

in der Zusammensetzung der Böden, in der Bewachsung<br />

und infolge davon in dem unendlichen Reichtum an yerschiedenartigen<br />

Schichtquellen und an nutzbaren Flußgefällen.<br />

Damit sind sehr wichtige und mannigfaltige Lebensbedingungen<br />

für die Volkswirtschaft geschaffen worden.


- 64<br />

Die wichtigste Strukturlinie ist diejenige der interkarbonischen<br />

varistischen Faltung, welche sich im Mittel - in<br />

unserem Kartengebiet - in der Richtung N 1)0 0 0 zeigt •. Sie<br />

herrscht offenbar vor in der gesamten kristallinen Unterlage<br />

Südwestdeutschlands und verschafft sich in den Strukturlinien<br />

immer wieder Geltung bis herab auf unsere Zeit; selbst durch<br />

Sedimentdecken hindurch von 1000 m bis 2000 m Mächtigkeit.<br />

Den Richtlinien dieses alten Faltenwurfs folgen noch in unseren<br />

Tagen die glücklicherweise meist leichten Erdbebenwellen ; sie<br />

ziehen vorherrschend in der Richtung von Südwest nach Nordost<br />

durch unser Land.<br />

In naher Beziehung zu dem eben genannten Generalstreichen<br />

steht die vielleicht ältere, vielleicht aber auch etwas<br />

jüngere herzynische Faltung, welche bei uns die Strukturlinien<br />

im Durchschnitt in die Richtung N 51 0 W stellt. Sie<br />

scheint ebenfalls einen Teil des kristallinen Untergrundes für<br />

sich in Anspruch zu nehmen und das varistische System zu<br />

durchkreuzen, wie dies ja aus dem Fichtelgebirge und dem<br />

großen Böhmischen Massiv wohl bekannt ist. Die beiden<br />

Systeme verhalten sich in der Sedimentdecke wie Kluft und<br />

Gegenkluft.<br />

Das größte geologische Ereignis in unserem Gebiet - das<br />

allmähliche tiefe und immer tiefere Einbrechen des Rheintalgrabens<br />

- steht niit den eozänen, mitteloligozänen, obel'miozänen, pliozänen<br />

und diluvialen Alpenfaltungen, Überschiebungen und<br />

Hebungen in innigstem Zusammenhang. Die hierdurch entstandenen<br />

Richtlinien verlaufen ungefähr in No 0 0 und N 90 0 0;<br />

das sind die überaus wichtigen alpinen Strukturlinien.<br />

Die vorliegende Arbeit sucht die gesamte Tektonik Südwestdeutschlands<br />

einheitlich darzustellen. Was die gewaltigen<br />

Störungen der Tertiäl'zeit auseinandergerissen haben und<br />

was auch mit der früheren politischen Trennung der einheitlichen<br />

Darstellung entbehrte, faßt nun unser Kartenrand friedlich<br />

zusammen. Möge diese einheitliche Darstellung auch - im<br />

Neudruck 1914 - der 9, Auflage dazu dienen, die Kenntnis der<br />

geologischen Verhältnisse Slidwestdeutschlands nicht nur in<br />

weiteren Kreisen zu fördern, sondern auch zu vertiefen und<br />

einheitlicher als seitdem auszugestalten!


Inhaltsübersioht.<br />

Vorwort . . . . . . . . . . .<br />

Geschichte und Inhalt der Karte . .<br />

Die wichtigsten Strukturlinien im geologischen Aufbau des<br />

Kartengebietes, und zwar:<br />

Seite<br />

3<br />

;)<br />

Allgemeiner Überblick ............ 11<br />

1. Bau des Hoch- und Idarwaldes im Hunsrück (Devon) . . 14<br />

2. Bau des Saarbrücker Steinkohlengebirges (Karbon) 15<br />

3. Der Auf bau im Hügellande des Rot 1 i e gen den an der<br />

Glan und Nahe. . . . . . . . . . • . . . ; 18<br />

4. Der Bau der Pfälzer Mulde (Trias und Jura im<br />

Westrich und im Stufenland Lothringens) 19<br />

5. Bau der Vogesen (des Wasgenwaldes) 20<br />

6. Bau der Ha r d t (des Pfälzerwaldes) 26<br />

7. Bau des Rheintalgrabens 29<br />

8. Bau des S eh war z wal des 38·<br />

9. Bau des 0 den wal des. . . 42<br />

10. Bau des Kr a ich gau es 45<br />

11. Der Schichtenaufbau im Sc h w ä bis ehen Trias be c k e n 46<br />

12. Bau der Sc h w ä bis c h e n Alb. . • . . . . . . . 50<br />

13. Bau des Schweizerischen und Französischen J u ra zug e s<br />

14. Bau des Oberschwäbischen Molassebeckens .<br />

15. Aufbau der Vor alp e n (Säntis, Allgäu und Vorarlberg)<br />

Rückblick 3_uf das ganze Gebiet ...... .<br />

54<br />

58<br />

60<br />

63


Erdbebenherde und Herdlinien<br />

."im südwestäeutschen Gebirtsbau.<br />

Oargestellt von C. Regelmann.<br />

Tafel 1.<br />

b't/~h6nMrrh, 7f>kmni(/:he linien: -. --Herdlmfe(rinfoche}<br />

Kfu/eI:* lrJrme~no/J H++' '!,:::/::~'(J:f;J};':;~) _·.~--;;-Wl!tdl"*auf1Mdenl;,,;e<br />

• I: *EJ,.fllad:lJU"9U1l~m .......... 8ruchlillie_l'OI:lOm -.l!:!!!tJ:fHerdllmilo~<br />

• 1/[: .t'flillf>/~~f#O«n~ ~:~:;-:: +*.+*+* HMi!ini.ovf!irflinie<br />

~ l SlrJaf!icheErdhebenltYJrf(~än1'Jn.<br />

-- -- OteP{e,/e<br />

-- --;fJJjMda$<br />

QefH!ralll!'Pkhen derSc.-fllch~ntafeln .<br />

~Krifo/I


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