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Eine Schule für Schwerhörige in Brasilien - CARITAS - Schweiz

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Tag der Gehörlosen und Schwerhörigen vom 28. September

Eine Schule für Schwerhörige in Brasilien

In Brasilien werden gehörlose Kinder oftmals von der Gesellschaft ausgeschlossen. Viele dieser

Kinder gehen nicht zur Schule, da sie dem Unterricht nicht folgen können. Im Schulzentrum

CREFAS, das von Caritas Schweiz unterstützt wird, wiederholen sie die Lektionen in der

Gebärdensprache.

«Zur Zeit sind 37 gehörlose oder schwerhörige Kinder und Jugendliche in unserem Zentrum

eingeschrieben», erklärt Juliana Gouveia Barbosa, die Koordinatorin von CREFAS (Centro de

Referência e Formação da Criança e Adolescente Surdos). CREFAS wurde im Oktober 2005 in

Nazaré da Mata gegründet. Der Bundesstaat Pernambuco im Nordosten des Landes gehört zu den

ärmsten Gegenden Brasiliens. Das Zentrum wird von Caritas Schweiz und der Gehörlosenseelsorge

der Kantone Aargau und Zürich unterstützt.

«Für gehörlose Kinder ist das Leben sehr schwierig, denn sie verstehen die anderen nicht und können

nicht kommunizieren. In Brasilien werden sie von der Gesellschaft ausgeschlossen, ja, manchmal

sogar von der eigenen Familie. Deshalb ist ihre Entwicklung verzögert. Sie bekommen aber alles mit,

und wenn sie sich abgelehnt fühlen, werden einige gewalttätig», bemerkt die Koordinatorin. Im

Schulzentrum CREFAS werden die Kinder und Jugendlichen von einem Psychologen und sieben

Lehrerinnen und Lehrern begleitet, die alle die Gebärdensprache sprechen. Zuerst lernen die Kinder

die Gebärdensprache. Mit sportlichen Aktivitäten wie Fussball und Capoeira zeigt man ihnen zudem,

wie sie mit ihren Aggressionen umgehen und soziale Kontakte pflegen können.

Für eine bessere Integration schickt man die schwerhörigen Kinder in die öffentliche Schule, die in

Brasilien nur halbtags stattfindet. Am freien Halbtag wiederholen die Lehrerinnen und Lehrer von

CREFAS die Lektionen auf spielerische Art und Weise in der Gebärdensprache. Unterrichtet werden

Portugiesisch, Mathematik, Geografie, Geschichte und Biologie. Die Lektionen gehen sehr ruhig

vonstatten, aber die Kinder kommunizieren mit wachem Blick und bewegen ihre Hände in einer

erstaunlichen Geschwindigkeit. Man spürt, dass sie diese Chance packen und die verlorene Zeit

nachholen wollen. Das Alter der Schülerinnen und Schüler ist sehr unterschiedlich, da einige später als

normal eingeschult wurden, vor allem Kinder aus abgelegenen Dörfern, wo das Angebot von

CREFAS noch nicht so bekannt ist. Die älteste Schülerin kam im Alter von 19 Jahren. Sie war noch

nie in der Schule und konnte zu Beginn weder Lesen noch Schreiben. Mit ihren Eltern und ihren

Geschwistern verständigte sie sich mit Gesten, die die Familie erfunden hatte.

Schwerhöriger Lehrer

Um die Integration von Gehörlosen zu erleichtern, werden im CREFAS auch Kurse in

Gebärdensprache für hörende Erwachsende erteilt. Die Mütter von gehörlosen Kindern sind besonders

motiviert, diese Kurse zu besuchen, weil sie sich nachher besser mit ihren Kindern verständigen

können. Die Frauen berichten, sie würden die Gebärdensprache auch ihren Ehemännern und ihren

andern Kindern beibringen. Aber auch beim Lehrpersonal und bei Studierenden stossen diese Kurse

auf ein zunehmendes Echo. Allerdings hat sich bisher erst ein einziger Mann angemeldet. Die

Erwachsenen werden von Professor Roberto Willians de Lima Santos unterrichtet, der selber


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schwerhörig ist. Wenn nötig, ist in den Lektionen eine Übersetzerin anwesend, die von Portugiesisch

in die Gebärdensprache übersetzt.

Roberto Willians konnte als Kind die reguläre Schule besuchen, da seine Eltern ihm Privatlektionen in

Lippenlesen bezahlten. Danach studierte er an der Universität Informatik und Gebärdensprache.

Obschon er Lippenlesen beherrscht, mag er die Gebärdensprache lieber, denn er findet, gehörlose

Menschen könnten sich damit besser verständigen. Wenn ihn andere Menschen nicht verstehen, so

schreibt er auf, was er sagen will. «In den Schulen gibt es nicht genügend Lehrer, die die

Gebärdensprache unterrichten, das ist das Problem», sagt Roberto Willians. Er anerkennt immerhin,

dass die Situation sich seit einigen Jahren gebessert hat. Gewisse öffentliche Schulen haben ein

Integrationsmodell mit gemischten Klassen und Spezialklassen für Schülerinnen und Schüler mit einer

Behinderung. Dieses Angebot gibt es aber bisher nur in Städten.

Katja Remane, Verantwortliche Kommunikation Westschweiz, Caritas Schweiz

E-mail: kremane@caritas.ch, Tel. 041 419 23 36

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