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11.natbur September 2013

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In Streuwiesen mit Goldrutenvorkommen ist die Häufigkeit von Wildbienen und Schmetterlingen geringer. Goldruten<br />

produzieren bis zu 19.000 Samen pro Pflanze. Der Wind verteilt diese im ganzen Land. (Bilder umg®)<br />

NATBUR<br />

11. Infoblatt aus dem „Natura 2000-Gebiet Gleggen/Köblern“<br />

Herbst <strong>2013</strong><br />

Die Arbeit im Naturschutz ist eine an sich schöne Aufgabe, da sie die Möglichkeit bietet, sich<br />

viel in der Natur aufzuhalten. Arbeit im Naturschutz heißt aber auch Einsatz. Wenn die Natur<br />

nicht so will wie der Mensch oder umgekehrt, dann gilt es die Ärmel hochzukrempeln. Wenn<br />

so genannte Neophyten (Neuzuwanderer) wie Kanadische Goldrute, Indisches Springkraut<br />

oder Japanischer Knöterich beginnen, sich ein geschütztes Gebiet einzuverleiben, heißt das,<br />

dem entgegen zu wirken um den heimischen Pflanzen den Lebensraum zu erhalten.<br />

Natürlich kann dabei die Frage auftauchen, wozu denn das? Goldruten sind doch auch<br />

schön. Das sind sie zweifelsohne. Allerdings wird man ein bisschen nachdenklicher wenn man<br />

weiß, dass von jeder heimischen Pflanzenart zehn bis fünfzehn heimische Tierarten abhängig<br />

sind. Und da die Goldrute die Tendenz hat, diese restlos zu verdrängen, kann man erahnen,<br />

dass mit diesen Pflanzen auch ganz viele Tiere wie Schmetterlinge, Vögel und Insekten<br />

unbemerkt verschwinden.<br />

Und nebenbei bemerkt: Unser in den Riedwiesen heimischer Blutweiderich macht in Amerika<br />

dieselben Problem wie bei uns die Kanadische Goldrute. Es fehlen ihm, wie der Kanadischen<br />

Goldrute bei uns, die natürlichen Gegenspieler. Lesen Sie mehr.<br />

Goldruteneinsätze<br />

Wie auf den Luftbildern (s.u.) ersichtlich, haben sich die Kanadischen Goldruten trotz bereits<br />

versuchter Bekämpfungsmaßnahmen explosionsartig ausgebreitet. Wie kam es dazu?<br />

Ursprünglich wurden die Neophyten von den Imkern eingesät, um den Honigertrag zu<br />

steigern. Dass sich die Pflanzen derart unkontrolliert vermehren, war wohl niemandem<br />

bewusst. Die Samen der Kanadischen Goldrute brauchen offenen Boden um sich<br />

anzusiedeln. Im Dornbirner Ried kann beobachtet werden, dass sich die Goldruten dort<br />

ansiedeln, wo zum Beispiel Grabenaushubmaterial nicht entfernt wurde oder Senken mit<br />

Erdreich aufgefüllt wurden. Die Samen schwirren durch die Luft und suchen sich genau<br />

solche Stellen aus um sich massiv auszubreiten (was ja eigentlich sehr klug ist). Ihr<br />

Überlebenstrieb ist so groß, dass sie keine anderen Pflanzen neben sich mehr aufkommen<br />

lassen. Und unsere heimischen Pflanzen erwehren sich dagegen nicht. Das macht es<br />

notwendig, dass Menschen als die noch größeren Gegenspieler einschreiten.<br />

Am besten bekämpft man diese Ausbreitung indem die Goldruten frühzeitig, also vor der<br />

Versamung, gemäht werden. In einem Naturschutzgebiet mit Betretungsverbot und anderen<br />

naturschutzrelevanten Auflagen ist das gar nicht so einfach. Als Vorarbeit muss erst einmal<br />

das Einverständnis der Grundbesitzer bzw. Pächter eingeholt werden. Das sind im Dornbirner<br />

Ried an die hundert Personen. Dann muss für die betroffenen Flächen um Ausnahme vom<br />

Betretungsverbot und um eine naturschutzrechtliche Bewilligung zur vorzeitigen Mahd<br />

1


Japanknöterich Indisches oder Drüsiges Springkraut überwuchert Grabenränder der heimische<br />

Blutweiderich<br />

angesucht werden. Mit ortskundigen Vogelkundlern wurden Begehungen durchgeführt, um<br />

Störungen der Vogelbruten im Voraus zu besprechen und möglichst gering zu halten. Einige<br />

Grundbesitzer wollten sich die Sache vor Ort anschauen. Das heißt: Mit jedem Einzelnen<br />

einen Besichtigungstermin vereinbaren. Erst wenn alle Vorarbeiten erledigt und alle<br />

Bewilligungen eingelangt sind, kann die Arbeit losgehen. Dann taucht als erstes die Frage<br />

auf: Wer kann denn eigentlich noch mit der Sense mähen?<br />

Entlang dem Gleggenweg konnte Hermann Wohlgenannt Anfang Juli mit Traktor und<br />

Mäharm den Goldruten Herr werden. Es wurden tatsächlich nur die Goldrutenbestände<br />

gemäht, um die restliche Vegetation so gut wie möglich zu schonen. Daraus ergab sich<br />

natürlich ein zerzaustes Bild. Ein paar Meter wurden gemäht, ein paar Meter wieder nicht.<br />

Das brachte uns auch prompt einen Anruf eines besorgten Bürgers ein, der einen<br />

Vandalenakt von einem „Besoffenen“ vermutete.<br />

Einige Flächen, die von der Goldrute bereits total vereinnahmt waren, wurden von Karl<br />

Danner gemäht und auf die gemähten Flächen „gesunde“ Streue dünn aufgebracht (1m²<br />

auf 2m² verteilt). Damit ist der offene Boden zu, heimische Samen können abfallen. Eine<br />

neuerliche Vereinnamung durch den Neophyt wird dadurch verhindert und gleichzeitig die<br />

standortgerechte Vegetation wieder gefördert. Arbeitsaufwändig aber lohnend!<br />

Im Inneren des Riedes war Handarbeit angesagt. Hier konnten die jungen kräftigen Bauern<br />

ihre Sensenmähkünste zeigen. Die Bauern scheinen an Stellen Muskeln zu haben, wo andere<br />

nicht einmal Stellen haben. Sie legten mit ihrer Kraft die Latte für die Naturschützer in schier<br />

unerreichbare Höhen. Die Nacharbeiten wurden von den Gebietsbetreuern und einer<br />

Truppe der Dornbirner Naturwacht mit Sensen und Sicheln erledigt.<br />

Erfreulich ist, dass die Stellen, die letztes Jahr bereits gemäht wurden, merkbar weniger<br />

Goldrutenbewuchs aufwiesen. Ob das ausschließlich mit der früheren Mahd zu tun hat, oder<br />

ob die nasskalten Wetterverhältnisse im Frühjahr mitgeholfen haben die Goldruten, die keine<br />

„nassen Füße“ mögen, hintan zu halten, wissen wir natürlich nicht. Jedenfalls sollte in zwei bis<br />

drei Jahren intensiver Zurückdrängung das Goldruten-Problem im Griff sein.<br />

Luftbilder: Goldrutenbestand im Gleggen 2011 (links) und 2012 (rechts)<br />

2


Für die Zurückdrängung der Kanadische Goldrute ist viel Arbeitseinsatz notwendig: Hermann, Tobias, Günter, Jutta und<br />

Mitglieder der Dornbirner Naturwacht lassen die Sensen singen.<br />

Beschilderung und Freizeitbetrieb<br />

Die Beschilderung der Natura 2000-Tafeln konnte verbessert werden. Die Beschwerden<br />

einzelner Hundehalter und Reiter, die auf den Natura 2000-Tafeln den Hinweis auf<br />

Leinenzwang und Reitverbot nicht fanden, wurden ernst genommen und die vorhandenen<br />

Tafeln mit gut sichtbaren Piktogrammen ergänzt. Die „Moral“ bei Hundehaltern und Reitern<br />

ist insgesamt gesehen sehr gut. Der überwiegende Teil zeigt sich sehr verständnisvoll für die<br />

Schutzmaßnahmen im Naturschutzgebiet. Der Einsatz von Ranger Dietmar Hollenstein mit<br />

seiner freundlich bestimmten Art hat sich sehr bewährt.<br />

Zum Bruterfolg der Vogelwelt<br />

Die neuen Piktogramme Dietmar Hollenstein mit Ramses -<br />

freundlich aber bestimmt<br />

Was sich für die einen möglicherweise günstig ausgewirkt hat, ist für die anderen schlecht<br />

ausgegangen. Die nasse erste Jahreshälfte hat sich auf die bodenbrütenden Vögel fatal<br />

ausgewirkt. Die Großen Brachvögel bemühten sich zwar sehr um ihre Bruten, konnten aber<br />

keine Jungen erfolgreich aufziehen. Auch die Kiebitze taten sich schwer.<br />

Da hatten es die Vögel, die ihre Nester in Büschen und Bäumen anlegen können, schon<br />

einfacher. Aber auch für diese war das Nahrungsangebot knapp. Insekten brauchen<br />

ebenfalls Wärme um sich zu entwickeln. Die Angewohnheit des Neuntöters, sich an Dornen<br />

Insekten als Nahrungsvorrat für kalte Tage aufzuspießen hat ihm heuer auf jeden Fall zum<br />

Vorteil gereicht. Der Wachtelkönig wurde zur Brutzeit nur im Auer Ried verhört. Erst am ersten<br />

August konnte ein rufendes Exemplar in der Kernzone des Gleggen ausgemacht werden.<br />

Vogelarten im Dornbirner Ried<br />

Aufgrund des großen Interesses, das der letzte NATBUR an den im Dornbirner Ried<br />

vorkommenden Vogelarten ausgelöst hat, hier nochmals ergänzend eine Auswahl einiger<br />

Arten (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Für die Vögel sind natürlich nicht nur die Wiesen<br />

interessant, sie sind genauso Bewohner, bzw. Nutznießer der Hecken und Bäume, die im<br />

Gebiet vorkommen. Wer genaueres wissen will, wird auf der Homepage der Vogelwarte<br />

Sempach (www.vogelwarte.ch) fündig. Wer mehr über die Vogelwelt erfahren möchte,<br />

kann sich auch bei einem Vogelkundekurs, der von BirdLife Vorarlberg (www.birdlifevorarlberg.at)<br />

angeboten wird, Kenntnisse erwerben.<br />

3


Um derart unscheinbare Vogelarten wie Feldschwirl, Sumpfrohrsänger, Zilpzalp und Fitis auseinander zu halten braucht es<br />

schon einige Fachkenntnisse, bzw. ist es notwendig, die Stimmen der Vögel zu erkennen.<br />

Artenliste - unvollständig<br />

Feldschwirl<br />

Braun- und<br />

Schwarzkehlchen<br />

Großer Brachvogel<br />

Ringeltaube<br />

Wachtelkönig<br />

Kiebitz<br />

Bekassine<br />

Gartenbaumläufer<br />

Feldsperling<br />

Mönchsgrasmücke<br />

Baumpieper<br />

Baumfalke<br />

Turmfalke,<br />

Mäusebussard,<br />

Schwarz- und Rotmilan<br />

Bunt- und Grünspecht<br />

Pirol<br />

Kleinspecht<br />

Zilpzalp und Fitis<br />

Sing-, Wacholder- und<br />

Misteldrosseln<br />

Sumpfrohrsänger<br />

Rohrammer<br />

Brutvogel, der sein Nest am Boden baut. Er wird auch Heuschreckensänger<br />

genannt, weil sein Gesang von dem der Heuschrecken kaum zu<br />

unterscheiden ist.<br />

Brutvögel die am Boden nisten. Brauchen extensive Bewirtschaftung um<br />

ihre Jungen ungestört aufziehen zu können.<br />

Der allseits bekannte Bodenbrüter.<br />

Brutvogel, nistet auf Bäumen aber auch am Boden.<br />

Möglicher Brutvogel, der seine Jungen auf Wiesen großzieht.<br />

Brutvogel, der gern auch auf Äckern brütet.<br />

Nahrungssuchend im Gebiet anzutreffen. Von einer Brut ist leider nichts<br />

mehr bekannt.<br />

Brutvogel, der Bäume mit abstehender Rinde als Brutmöglichkeit benötigt.<br />

Brutvogel, der Hecken in der offenen Landschaft als Lebensraum benützt.<br />

Er ist der schüchterne Verwandte des „frechen“ Hausspatzes.<br />

Die häufigste unserer Grasmücken, Heckenbewohnerin.<br />

Brutvogel, der sein Nest am Boden baut. Er fällt durch seinen speziellen<br />

Singflug auf.<br />

Nutzt das Gebiet zur Jagd.<br />

Brutvögel, die auf Bäumen oder Balken nisten und das Gebiet zur Jagd<br />

nützen. Immer wieder eine Attraktion!<br />

Brutvögel die ihre Höhle in alte Bäume zimmern.<br />

Brutvogel, der sein Nest auf Bäumen anlegt. Sein einzigartiger Gesang<br />

kann immer wieder einmal gehört werden.<br />

Möglicher Brutvogel. Er wird vor allem im Winter gehört und beobachtet.<br />

Im Sommer ist er durch sein heimliches Verhalten so gut wie unsichtbar.<br />

Die beiden Laubsängerarten brüten bei Bäumen und Sträuchern in<br />

Bodennähe. Sie sind nur an ihrer Stimme zu unterscheiden, optisch<br />

schauen sie fast gleich aus.<br />

Brutvögel, die auf Bäumen und gern in Kolonien nisten und vor allem im<br />

Frühling mit ihren Gesängen dominieren.<br />

Brutvogel, der in die Stängeln von hohen Riedgräsern kunstvoll sein Nest<br />

hineinflicht. Er hat auch als Stimmenimitator Berühmtheit erlangt.<br />

Sie baut ihr Nest ebenfalls zwischen den Halmen der Riedgräser und<br />

bewohnt das Ried das ganze Jahr.<br />

„Um einen Weg von 1000 Meilen zu gehen kommt man um den ersten Schritt nicht herum.“<br />

Chinesisches Sprichwort, und Glaubenssatz der Neophyten-Bekämpfer<br />

Wir geben auch gerne (fast) jederzeit persönlich Auskunft.<br />

Tobias Ilg<br />

0664 / 300 56 33<br />

tobias.ilg@biomassehof.at<br />

Jutta Soraperra<br />

0664 / 893 999 0<br />

buero@naturspuren.at<br />

Dornbirn, im <strong>September</strong> <strong>2013</strong><br />

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