Zar Einleitung. - DigiBern
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<strong>Zar</strong> <strong>Einleitung</strong>.<br />
Als im Jahre 1879 die Einladung zur Subscription<br />
auf eine neue Ausgabe der Chronik Anshelm's ausgegeben<br />
wurde, glaubte man das Erscheinen eines ersten<br />
Bandes auf Mitte des Jahres 1880, und die Beendigung<br />
des ganzen Werkes auf Ende 1882 ankündigen zu<br />
dürfen. Diese Voraussetzung hat sich nicht erfüllt.<br />
Verschiedene Umstände haben dazu beigetragen, den<br />
Fortschritt der Arbeit zu verzögern, so dass Band I.<br />
erst heute abgeschlossen und in die Hände der Freunde<br />
und Leser gelegt werden kann. Auf die Zeit erscheinend,<br />
da die Berner Universität das 50ste Jahr ihres<br />
Bestehens und Wirkens festlich begeht, möchte dieser<br />
Band nun zugleich als ein Festgruss angesehen werden,<br />
welcher vom historischen Verein des Kantons<br />
Bern der wissenschaftlichen Leuchte unseres Landes<br />
dankend und glückwünschend dargebracht wird.
IV<br />
Eine eigentliche historisch-kritische <strong>Einleitung</strong> kann<br />
diesem Bande nicht beigegeben werden. Eine solche<br />
kann erst das Ergebniss des vollständigen Ueberblicks<br />
über die Arbeit im Ganzen und Einzelnen sein, und<br />
wird desshalb erst am Schlüsse folgen können. Sie soll<br />
alsdann auch begleitet werden von einem Verzeichnisse<br />
der seltenen Ausdrücke und deren sprachlichen Erklärung<br />
durch einen Fachmann. Es bringt die Verlegung<br />
dieser Worterklärung an das Ende freilich den<br />
unbequemen Nachtheil, dass die in den ersten Bänden<br />
unverstanden gebliebenen Stellen ihre Deutung erst<br />
finden, wenn auch der Druck des letzten vollendet sein<br />
wird, während in der früheren Ausgabe der Leser<br />
diese Deutung gleich am Fusse jeder Seite traf. Dennoch<br />
glaubten wir diesem letzteren Verfahren ein zusammenstellendes<br />
und übersichtliches Verzeichniss vorziehen<br />
zu sollen, weil dadurch allein wissenschaftliche<br />
Genauigkeit und Vollständigkeit, bei Vermeidung aller<br />
Wiederholungen oder gar Widersprüche, ermöglicht wird.<br />
Unter Verweisung auf diese später zu erwartende<br />
<strong>Einleitung</strong> begnügen wir uns mit der vorläufigen Erklärung<br />
einiger Punkte.<br />
Die Herstellung des Textes stiess, da wir<br />
die eigenhändige Urschrift des Chronisten direkt zum<br />
Grunde legen konnten, auf keine grossen Schwierigkeiten<br />
; eine vollständige Collationirung der verschiedenen<br />
vorhandenen Copien und ein Abdruck dieser Abweichungen<br />
schien unter diesen Umständen nutzlos. Die
auf den Text bezüglichen Anmerkungen beschränkten<br />
sich daher auf die verhältnissmässig wenigen Fälle, wo<br />
sich Zusätze, Einschiebungen oder Gorrekturen zeigten,<br />
sei es vom Verfasser selbst oder von einer anderen<br />
späteren Hand. Eine Ausnahme machte in diesem ersten<br />
Band nur derjenige Theil, welcher von Anshelm selbst<br />
zweimal in wesentlich abweichender Gestalt niedergeschrieben<br />
worden ist. Die Differenz betrifft freilich mehr<br />
nur die Form und die Anordnung der Gedanken, als<br />
den Inhalt selbst; immerhin schien es hier geboten,<br />
bei Wiedergabe der einen Fassung, die andere wenigstens<br />
theilweise ebenfalls anzumerken.<br />
Ueber die in Bezug auf die Rechtschreibung beobachteten<br />
Grundsätze wird ebenfalls erst am Schlüsse<br />
Rechenschaft gegeben werden können; hier bemerken<br />
wir nur, dass im Allgemeinen die bei der Herausgabe<br />
der Basler Chroniken angenommenen Regeln als massgebend<br />
betrachtet worden sind, und dass wir uns Abweichungen<br />
von der im Ganzen noch sehr einfachen und<br />
von den späteren orthographischen Ausartungen frei<br />
gebliebenen Schreibung Anshelm's nur dann gestattet<br />
haben, wenn entweder die allgemeinen Lautgesetze diess<br />
erforderten, oder wenn es der Regellosigkeit des Schreibers<br />
gegenüber zur Herstellung der Gleichmässigkeit<br />
nothwendig war. Einige Inconsequenzen und Schwankungen<br />
werden freilich, besonders auf den ersten Bogen,<br />
immer noch zu bemerken sein und bedürfen der Entschuldigung.<br />
V
VI<br />
Die geschichtlichen und sachlichen Anmerkungen<br />
wurden auf das Nothwendigste beschränkt und so knapp<br />
als irgend möglich gehalten. Dass damit für die Einen<br />
zu wenig, für die Anderen aber schon zu viel geschehen<br />
ist, müssen wir gewärtigen. Die Rücksicht auf ausländische<br />
Leser — und dass wir auch auf solche zählen<br />
dürfen, beweisen neuerdings die zahlreichen Citate aus<br />
unserer Chronik in der eben erschienenen Geschichte<br />
Maximilians I. von Ulmann — hat manche Erläuterungen<br />
veranlasst, welche für Berner überflüssig sein mögen,<br />
so wie umgekehrt einige Nachweise da unvermeidlich<br />
schienen, wo Anshelm, wenn auch nur beiläufig, auf<br />
die Vorgänge in den Nachbarstaaten seine Blicke wirft;<br />
diess um so mehr, da er gerade in diesen Gapiteln am<br />
allermeisten es liebt, in schwer verständlichen, gehäuften<br />
Sätzen und in blossen Anspielungen zu schreiben.<br />
Immerhin hoffen wir die Anerkennung zu finden,<br />
dass diese Erklärungen wesentlich mehr — häufig auch<br />
Richtigeres — zum Verständniss des Textes bieten, als<br />
diess in der älteren Ausgabe der Fall war.<br />
Die Möglichkeit der Verweisung auf die seither<br />
gedruckte Sammlung der Eidgenössischen Abschiede hat<br />
hier vieles erleichtert. Nicht weniger erwünscht soll, wie<br />
wir hoffen, die freilich für den Commentirenden äusserst<br />
mühsame Vergleichung mit den ungedruckten Quellen,<br />
den Raths-Manualen, Missivenbüchern u. s. w. des Berner<br />
Staatsarchivs sein.<br />
Beides diente zugleich als Controle für die Ge-
VII<br />
nauigkeit des in der Chronik Berichteten; sie hat im<br />
Allgemeinen herausgestellt, dass Anshelm, trotz seiner<br />
scharf gezeichneten Individualität und seines sarkastischen<br />
Freimuthes, doch mit ausserordentlicher Gewissenhaftigkeit<br />
sich an die vorliegenden Dokumente der<br />
Archive gehalten und unmittelbar aus denselben geschöpft<br />
hat. Der Werth seiner Darstellung ist damit<br />
ausser Zweifel gesetzt. Was die übrigen von Anshelm<br />
benutzten Quellen betrifft, so kann auch darüber später<br />
erstvon einer abschliessenden Untersuchung die Rede sein.<br />
Die Vorarbeiten sind nun soweit gediehen, dass<br />
die Fortsetzungen etwas rascher sollen folgen können.<br />
Der Text selbst ist in Abschrift fast vollständig hergestellt;<br />
und bereits können wir die Mittheilung machen,<br />
dass der letzte, bisher ungedruckt gebliebene Theil über<br />
die merkwürdigen Jahre 1526 — 1536 sich als inhaltlich<br />
viel reicher und zugleich als viel weniger lückenhaft<br />
erweist, als man nach den dürren Auszügen im Geschichtsforscher<br />
(Bd. X) bisher angenommen hat.<br />
Wenn diese Beobachtung das Unternehmen einer<br />
neuen und vollständigen Ausgabe rechtfertigt, so ist<br />
diess in anderer Weise nicht minder der Fall mit den<br />
bereits gedruckten Theilen. Die Benutzung des Originals<br />
gestattete die Berichtigung mancher bedenklichen Irrthümer,<br />
mancher argen Missverständnisse, die bei der<br />
ersten Ausgabe aus den späten Copien, mitunter auch<br />
durch die etwas leichtfertige Arbeit der dabei verwen-
VIII<br />
deten Abschreiber, sich eingeschlichen und den Text<br />
entstellt haben.<br />
Zum Verständniss unseres Druckes fügen wir<br />
schliesslich Folgendes bei:<br />
Die Seitenzahlen des Originals stehen in eckigen<br />
Klammern [—] innerhalb der Zeilen; am Rande haben<br />
wir in Parenthesen die Seitenzahlen der altern Ausgabe<br />
angebracht, um das Aufsuchen früherer Citate zu<br />
erleichtern. Die Zählung der Zeilen soll ein bequemes<br />
und zugleich genaues Anführen der Stellen möglich<br />
machen. Die im Texte stehenden Tagesdaten sind der<br />
raschen Uebersicht wegen am Rande wiederholt. Kleine<br />
Einschiebungen, welche — obwohl äusserst selten —<br />
unvermeidlich schienen, haben wir durch Parenthesen<br />
als solche kenntlich gemacht. Worte, welche umgekehrt<br />
sich als störende Wiederholungen oder sonst als<br />
Versehen des Schreibers darstellten, sind durch eckige<br />
Klammern herausgehoben worden.<br />
Bern, Juli 1884.<br />
Namens der mit der Herausgabe<br />
beauftragten Kommission:<br />
E. Blösch.
JHS<br />
Ein gemeine vorred von nutz und not kronicken ze<br />
schriben und von guets und bess regiments art und<br />
Verwandlung, i<br />
In und zu lob dem nammen, in welchem einig aller userweiten<br />
heil stat, und in im alles unser tuon und lassen in 5<br />
worten und werken sol beschehen, nämlich in dem allerheiligesten<br />
nammen Jhesu.<br />
Der alten fliss kronick ze machen, und welche die<br />
s<br />
glowwirdigesten.<br />
Als dan von weit an aller wolgeschafnen herschaften so nissig 10<br />
anseheifi (ist), ir, irer vordren und umligenden landen, luet, personen<br />
, zit, stat, rat, tat und zuoväll, nach rechter kronick art<br />
ufzesöhriben, dass semlichs ampt allein [2] den aeltsten und<br />
obristen priestern vertruwt und bevolen ist worden, — wie das<br />
klarlich bi denen erfunden, deren zitbiecher, kronick oder historienis<br />
(2) unss uf disen tag die glowbaristen sind in | aller weit, als da sind<br />
der Juden, Babillonier, Indier, Egypter und Römer; aber der<br />
Kriechen, wie wol über al beredt und schoen, um mutwilliger<br />
dichtung willen, niena den gemelten an glowen und warheit zuo<br />
i>0<br />
verglichen —<br />
Billich und notwendig Ursachen, kronicken ze schriben.<br />
— sind doch al kronicken ze schriben us billichen, ja vast<br />
notwendigen Ursachen bewegt; zuvor: sitmal der mensch, von<br />
dem Got, der das leben und die wisheit selbs ist, löblich und<br />
wis erschaffen, us eigenem guotdunken durch \der listigen25<br />
schlangen rat verraten, doetlich und toi worden, allem sich, sine<br />
lieb und sinen nutz und er us nachangeborner untrüVen art<br />
l
2<br />
sucht; und so er nun on Sicherung eincher zit von hinnen<br />
enden und sterben muoss, ist im kein ander mittel, ewig hie, [3]<br />
— wie er von eigner natur begert, als dem, wie der h%vA sagt,<br />
der tod das grusamest, — ze bliben und ze leben, vorhanden,<br />
swan in gedaechtnues der nach und nach kommenden menschen,<br />
durch die blibende gschrift.<br />
Dass, ewige gedaechtnues ze haben, etlich guets und<br />
etlich boess tuend.<br />
Dahar, da mit ir ie nit vergessen werd, etlich gutartig<br />
lofuernem fugenden, etlich aber boesaertig fuerneme | laster zuo ver- (3)<br />
bringen ir zitlich leben kecklich dran waugend, wie der Persisch<br />
keiser Darius Okus •), des grossen Aswerus sun, Hess sin muoter<br />
lebendig vergraben und achtzig brieder wuergen; vermeint nach<br />
gwon der menschen, so guottat bald vergessen, mit unmenschi5licher<br />
boesheit sin ewig gedaechtnues zuo behalten. Hargegen de:<br />
Kriechisch keiser Alexander, von sinen grossen taten gdient<br />
der gross, mit Verachtung zitlichs lebens, kart alle macht an,<br />
von redlichen taten ewigen ruom und nammen zuo erlangen.<br />
Nutz und lofo der gschrift.<br />
i>o [4] Deshalb letzt gemelter keiser und al insunders tugentrichen<br />
zum teil hoeher hond geachtet die unvergesslich gschrift<br />
und derohalb den dichter, wan die vergessliche tat und taeter<br />
Dan wo gschrift nit waere, brächte die hinloufende zit alle<br />
zitliche ding in Vergessenheit und absterben. Hiemit der mensch<br />
25 kleinen vorteil vor andren unvernueftigen tieren haette, weder vergangens<br />
noch kunftigs wissend. So der frommen löblich zu dank<br />
und volg, der boesen schmählich zuo | warnung und flucht ge- (4)<br />
daechtnues sol ufgeschxiben und behalten werden; deshalb ouch<br />
die kronick- und g,eschichtenschriber ie weit bi den erhaften und<br />
30 lobwirdigen höh und wol vereret und bezalt sind worden.<br />
') Darius, mit dem Zunamen Ochus oder auch Nothus, der Sohn des<br />
Artaxerxes L^ngimanus (Aswerus, Ahasverus), König von Persien, gelangte<br />
durch Ermordung seiner Brüder zum Throne (423—401 a. Chr.).<br />
Ueber die Angabe A's vgl. Valerius Maximus 1. IX. 7.
Gschrift ersaetzt die vergesslikeit.<br />
Ouch und fuernemlich so menschlicher rat und fuersichtikeit<br />
us vergangner dingen erfarung ermessen und erlernt wirt, istz<br />
not, [5] was des abgenden, vergesslichen menschen gedaechtnues<br />
abgat, durch die blibende gedaechtliche gschrift zuo erstatten. %<br />
Rechter kronick inhalt, not, nutz und art.<br />
Die wil ouch der mensch, us verkerter art, sin selbs lieb,<br />
eigennützig und ergitig, zuo gmeiner lieb, er und nutz untoeglich,<br />
ist zum höchsten not, menschliche biwonung und fridliche<br />
gmeinsame ze pflanzen und zuo erhalten, gebot und verbot, w<br />
belonung und straf, tugent und laster, und deren vorgoend und<br />
nachgoend exempel, personen, stat, zit, rat und tat, zuo aller<br />
nachkommenden 1er, warnung, volg oder flucht, in geschrift<br />
flissig und ordenlich zuo verfassen, empsig und ernstlich, insunders<br />
so zum regiment gehoerent, für- und inzebilden. 15<br />
Der guten art.<br />
Dannenhar die frommen und redlichen us lob, er und nutz<br />
der tugent zuo tugent, und harwider us scheltung, schand und<br />
schaden der laster gezogen, irer frommen, redlichen vordren [6]<br />
lobliche raet und taet nit allein zuo behalten und verglichen, w<br />
sunder ouch die zuo meren und höheren understandid — Hiebi<br />
der wis Socrates beniegt sich nit, dass der sun sinem edlen<br />
vater glich sie, sunder wil, dass er sines vaters tugent zevor habe,<br />
und dieselben adelicher mit eigner tugent mache; und das sie<br />
beder lob und er, so der sun in tugent den vater überwände.') 25<br />
Der bösen art.<br />
— ouch 2 ) hiemit die lasterlichen mit den lastren zuobeschmaehen<br />
und zuo vernüten, an welchen exempel und warnung verloren,<br />
allein mit schmäh und straf gezuechtiget, oder gar abgesuendret<br />
werdend. Und das ist rechter kronick inhalt, art und nutz, in so<br />
!) In Piatons Dialog Menon.<br />
2) Der Satz hängt noch vom obigen «understandid» ab. (Z. 21.)<br />
3
4<br />
kurzen worten von dem heiligen Job anzeigt, sprechend: frag<br />
die alten gschlecht, und ersuch flissig der vaeter gedächtnues, si<br />
werdent dich underwisen; denn wier sind uebernaechtigund erkennend<br />
nit, dass unsere tag [7] sind wie der schat uf erden.•)<br />
5So sagt Jeremias: stond uf die weg und lugend, und fragend<br />
nach den alten fuosswegen, welches der guot weg ste, denselben<br />
gond, so werdend ir | uweren seelen ruow tuenden. 2 ) Diss fragen (6)<br />
und lögen muoss im buoch geschehen.<br />
Wis und wol angesehen, die kronick zuevolstrecken.<br />
w Hierum ein wiser, drsamer rat diser loblichen stat Bern hat<br />
wislich, nach ir wisen eiteren vorbild, angesehen, ir und ire vergangnen<br />
zit, rat und tat, — etliche jar zuo verzeichnen underlassen<br />
— zuo volstrecken; und diss miegsame arbeit, us ir gnaden,<br />
mir ungnuogsamen vertruewt und bevolen, uf welches ir gnädig<br />
lsvertruewen und bevelh ich mir hab fuergenommen, nach minem, so<br />
Got gibt, vermögen, iedoch die fuernemsten und kuntlichsten<br />
stuck, so zuo nutz, rat und tat, ze volgen oder ze fluehen, ze<br />
riemen oder zuo schelten, den ietzt wesenden und nachkommenden<br />
dienlich, [8] in geschrift zuosamen vergriffen, darnach, mit<br />
20 der hilf Gots, so diss volendt, die ganze kronick in ein ordenlich<br />
register verkürzen, und wo not, besseren, da mit iedesse fuernemen<br />
lichtlich zuo handen kom, und kurz begriffen, was nach<br />
länge in den biecheren ist beschriben.<br />
Fiirnemen des dichters und zit diss anfangs. (7<br />
25 Nun zu einem ingang fuergenomner arbeit hat mich für<br />
guot angesehen, vor an anzuzeigen etliche menschlicher vernuft<br />
gmeine mittel, da durch ein lobliche stat Bern und alle regiment<br />
ufwachsend und bstond, oder abnemend und zergond.<br />
darnach, mit vorgönder besserung des anfangs bschribner kronick><br />
»einen gmeinen summierten durchgang tuon, von anhab der<br />
|) Hiob. 8, 8—10.<br />
2) Jerem. 6, 16.
stat Bern bis uf die underlassnen jar'); und zfi letst, nach<br />
etlicher namhaftiger sachen efferung, von jar zuo jar in beschribung<br />
ergangner gschichten fuervaren. Harzuo mir unser gnädigster<br />
Got durch Jhesum sinen sun, unsern [9] aller gnädigsten<br />
herren und Got (helfe), im zuo lob und zuo kuendigung siner uner-5<br />
gruentlichen gericht, so er on underlass wunderbarlieh in aller<br />
menschlicher sachen Verwaltung verhängt und wuerkt, ouch hiemit<br />
zuo nutz dem menschen, so us geschächnen dingen aller dingen<br />
schoepfern erkent, gegenwärtige ding ermuesst und künftige fuersicht.<br />
Und das ist aller Historien und kronicken einige und nutz- w<br />
(8) lichste frucht, welche | doch allein Got gibt. Im sie lob und er in<br />
ewikeit! Durch mich ValeriumRyd gnemt 8 ) Anshelm von Rotwyl,<br />
einer löblichen stat Bern 36 jar b ) ingesaessnen diener, den teil ir<br />
kronick angefangen im jar Cristi Jhesu, unsers einigen, ewigen<br />
heilands, 1529, der stat Bern im 338., des babsts Clementis VII. n<br />
im 6., keisers Caroli V. im 11. und kuengs Francisci von Frankrich<br />
im 15. c )<br />
5<br />
Dass wisheit und starke sind fuernaeme gmeine mittel<br />
zuenemung und bestands oller guten regiment.<br />
[10] Es ist offenbar, und us vergangner zit kronick kuntlich,äo<br />
dass ein lobliche stat Bern, in mitten under iren vigenden, us<br />
6<br />
kleinem anfang in ein soelliche grosse erwachsen, deren glich<br />
möchtig under den frien des Roemschen richs statten eine kum<br />
wirt erfunden, und in ir friheit bishar unueberwuentlich in grossen<br />
eren | bestanden, muoss warlich sin entsprossen zuo vor us des (9)<br />
5 almaechtigen Gots gab, und mit an gotzfoerchtiger, wiser, einhelliger<br />
und manhafter oberkeit und burgerschaft. Dan gwislich, wo wol<br />
geregiert wirt oder werden sol, da müssend fuernemlich zwo<br />
fugenden bienander unzertrent ordenlich ston, nämlich vor an<br />
wisheit, [11] nit ergittige, eigennutzige listikeit; und hierzu<br />
iostärke, nit der muren, gweren und hufens, sunder der einmueetigen<br />
herzhaftikeit; welche zuo pflanzen, liess der Lacedemonier<br />
kueng Lygurgus mit gebnen Satzungen die muren brechen,<br />
da mit die stärke in der manheit belibe, liess die kuender beder<br />
gschlecht ruch an spis und kleidung erziehen, hunger und durst,<br />
«kälte und hitz liden, mit den wilden thieren im gjägt vaechten,<br />
da mit si herzhaftige stärke, ob nit von art, ie doch von zucht,<br />
welche die natur ueberwindt, ueberkämid.<br />
Wisheit und starke yervahend nit onenander.<br />
So vervahend ouch gemelte tagenden nit vil onenander,<br />
2odan wisheit on stärke bi den bösartigen, widerspenigen nuet<br />
scharte, ja me veracht wurde, als wibisch und kindisch, wie man<br />
spricht: witz in des armen däschen und der wiber [12] giltet<br />
nuet. Des glich stärke on wisheit von guoten und bösen als tyrannisch<br />
und tierisch gehasst und geflohen wirt, wie der low vom<br />
25fuchs. Fuersichtige wisheit betrachtet £r und nutz, | welche (10)<br />
herzmietige stärke gewint und schirmt. Und darum alle guote,<br />
bständige rieh, wie der wis Plato lert, sind durch dis tugend<br />
ufgebracht und erhalten, und zuo glich, wie die zuonemend oder<br />
abnemend, bstond oder zergond, also ouch die rieh; wie dan<br />
so das von ie weit an harkomne und täglich erfarung gnuogsam bezögt,<br />
us welcher ouch, nach vernueftiger rechnung ufgangs und<br />
abgangs, erbuwung und Zerstörung gegenwechsel ermessen und<br />
erlernt mag lichtlich werden; nämlich uf volgend wis:
7<br />
[13] Art und wis ufgangs und afogangs aller zitlichen<br />
regimenten.<br />
Die wisheit, so da ist, wie der wis spricht, ein muoter aller<br />
guoten dingen, gebirt gerechtikeit, die') glichmaessikeit, die gmeinsame,<br />
die liebe, die ghorsame, die Ordnung, die einmietikeit,s<br />
die staerke, die arbeit, die richtuom, er und ruow. und diss ist<br />
das end und hoehe aller herschung, ouch im himmel, da si von<br />
der goetlichen, ewigen wisheit und macht unwandelbaren, ewigen<br />
bstand hat. Uf erden aber, wo dise fruecht nit mit stifen, wisen<br />
Satzungen, erhalten werden, oder Got wils umkeren, als damo<br />
alle zitliche ding, wen si ufs höchst kommen, wider abstigend;<br />
anvahend, ufwachsend, stond, widerum endend, abnemend,<br />
zergond; so gebaerend richtuom, 6r und ruow hochmietikeit,<br />
die ungrechtikeit, die vorteilikeit, die eigennuetzikeit, die<br />
(11) nid, der unghorsame, | die Unordnung, die zwitracht, die«<br />
swaeche, die miessige, die armuot, schand und verderben. [14]<br />
Wo aber Got wider helfen und ufrichten wil, so gebaerend armuot,<br />
schand und verderben demietikeit, die gotzforcht, die wisheit<br />
und die, wie si deren wurzel ist, alle gute ding, also, so spricht<br />
der wis: mit iren sind mir alle gute ding zuo kommen 5 ); der wisen %><br />
herschaft wirt bstaendig sin, und die staet werdend behalten durch<br />
die witz der fuersichtigen. Und widerum der unwis kueng verderbt<br />
sin volk, und der Hergot wirt hernider rissen die stiel der<br />
hochfaertigen, dan in siner band ist aller gwalt des erdrichs und<br />
des menschen, gibtz und nimptz wem und wan er wil, erhoecht25<br />
und ernidret waen und wen er wil 3 ). Und das ists gliickrad, darin<br />
der ganzen weit unbeständiger stand stetz umgat, welches nit,<br />
wie doch vil witziger narren meinend, das gestirn, sunder die<br />
gwaltige hand Götz tribt [15] alle sine weit, nach sinem almaechtigen,<br />
frien willen, durch gebuerliche mittel verwaltend undm<br />
verschaffend.<br />
i) seil: «die gerechtikeit gebirt». So auch im Folgenden: die = diese.<br />
2 ) Weish. Sal. 7. 11.<br />
3) Nach Jes. Sirach. 10.
8<br />
Von Got werdend zu erbuwung gut, und zii Zerstörung<br />
boes regenten geben.<br />
Der schaff nämlich, wie der prophet') sagt, us zorn regenten<br />
zuo verderbung, als da sind kindisch, wibisch, löwisch, iglisch,<br />
sfuechsisch; oder us gnaden zuo erbuwung, wis, manlich, demietig,<br />
milt, trüw, die da zuo gegen den regenten des zorns, nach allem<br />
irem ] vermoegen, ouch mit ir selbs schaden, gmein er und nutz, (12)<br />
als harzü verordnete knecht, auch hiemit an alle frommen<br />
trungenlich suchend, fuerdrend und beschirmend; was aber denen<br />
10 widrig, als insunders ßrgitikeit und eigennuetzikeit, ouch mit an<br />
alle laster und laestrer, on ansehen eincher person, gstrax [16}<br />
nach Ordnung rechtgschafner Satzung, verwerfen, hindren und<br />
nidertrucken, welche Satzung in guotem regiment zuoglich über<br />
obren und underthanen herschen sol und muoss; dan wo die<br />
15 menschen über die gesaetzt herschend, da wirt selten Satzung<br />
gehalten; hierus den, wie on gsaetz, tyrannische, mutwillige<br />
herschung zuo verderbung entspringt.<br />
Das ein lobliche stat Bern durch gemelte tugentsame<br />
mittel erwachsen und erhalten.<br />
Dannenhar nun kuntlich muoss sin, dass ein so lobliche, maech-<br />
20 tige stat Bern durch semliche tugentsame regierung angefangen,<br />
zugenommen, erhalten und so hoch gebracht, dass, nach dem si<br />
ire mur beschirmt, und ir umsaessen eintweders mit [17] williger<br />
früntschaft, oder mit genoetiger vigentschaft, hat beherschet, vor<br />
und nach Kiburgschen, Habschburgschen, Oesterrichschen herren<br />
25 und keisern, der Burgunschen, Meilandschen, Franzesischen und<br />
Schwaebschen krieglich anfechtungen Bit allein Bighaft sich erwert,<br />
sunder ouch baebst, bischof, keiser, kueng, herzogen, grafen,<br />
edlen, laender | und staet, Tuetsch und Waelsch, in fruentlich vereinung (13)<br />
gewunnen, denen vil truewer und nuetzlicher hilf und dienst getan,<br />
ie allein, und ie, wie wol mit andren ir verwanten Eidi)<br />
Hoseas 13, 11. Die weitere Charakteristik: als da sind etc. gehört<br />
nicht mehr der Prophetenstelle an.
gnossen, so ist si doch an rat, e"r und macht ie und ie bis uf<br />
disen tag ob allen Eidgnossen die fuernemst von mengklichem<br />
geacht und gehalten. Si welle und sol ir 6r wol bedencken,<br />
und Got siner richlichen [18] gaben andächtig danken, der<br />
si welle gnaediklich und glücklich zu sinem lob und zuo irem i<br />
heil ufnen, beschuetzen und beschirmen, amen.<br />
9<br />
[19] Besserung des anfangs geschribner kronick löblicher<br />
stat Bern, vor irem anhab 159 jar begriffend.')<br />
Des ander mines fuernemens, nämlich der besserung halb,<br />
halt sich also, dass, nach dem ich den anfang diser loblichen to<br />
stat Bern kronick, so bloss und in etlichen, nit den mindsten<br />
stucken, nämlich der jaren, landen, keisern und stiftherren halben,<br />
bresthaftig und gloubhaften der zit historien ungmaess erfunden,<br />
semlichen mangel in künftigem fuergenomnen register zuo besseren<br />
gedacht; so aber wir keiner stund laebens sicher sind, hat micli u<br />
fuer [20] guot und nuetz angesehen, hie zetuon einen gmeinen<br />
anfang, welcher zuo notwendikeit fuergenomner besserung inhalt<br />
vil lustiger gschichten, das land Burgun, die Roemschen keiser,<br />
(14) ouch baebst, | und die herren von Zeringen betreffend, in hundert<br />
und nuen und fünfzig jaren, vor und in anhab der stat Bern»<br />
ergangen.<br />
i) Anshelm beginnt nämlich die « Besserung» der bereits bestehenden<br />
Chronik Justinger's und seiner nächsten Fortsetzer mit einer historischen<br />
<strong>Einleitung</strong> über die Zeit vor Gründung der Stadt, welche von 1032 bis<br />
1191 gerechnet, 159 Jahre umfasst.
1032.<br />
Wie und wen das kuengrich Burgun abgangen und ans (15)<br />
Roemsch rieh kommen ist.<br />
Im jar Cristi Jhesu 1032, babst Benedicts IX. im ersten,<br />
keiser Cuonrads IL von Franken im achtenden, kueng Heinrichs<br />
0 von Frankrich im andren, und kueng Ruodolfs IL von Burgun,<br />
Franzesischs, und von der muoter Swebischs stammens, im 38.')<br />
Als ietzt genenter [21] kueng Ruodolf ein milter, schlechter,<br />
unkriegbarer man was, ward er von sinen undertanen und von<br />
den Franzesischen herren so hart veracht, beschwert und traengt,<br />
lodass er, on libserben sterbend, sine krön und rieh obgemelts<br />
keiser Cuonrads sun, Heinrichen, Roemschem kueng, von siner<br />
basen keiserin Gyssla gebornen, fri testiert und über gab. 2 ) (16)<br />
Hat ouch vor die grafschaft Waut der kilchen von Losan<br />
') Statt Rudolf IL soll es vielmehr heissen: Rudolf III., König von<br />
Burgund seit 993. Dieser aber war der Sohn Conrad's und einer Tochter des<br />
Königs Ludwig (Ultramarinus) von Frankreich. Siehe Hugo Floriac. a. a-<br />
955. (Fontes rerum Bernensium I. 272). «Von der Mutter schwäbischen<br />
Stamms» war dagegen sein Vater Conrad, der Sohn Rudolfs II. und der<br />
alemannischen Herzogstochter Bertha.<br />
2) Die freiwillige Uebergabe des Nachfolgerrechts im Burgundischen<br />
Reiche durch den schwachen Rudolf III. an den Kaiser Heinrich IL (den<br />
Heiligen), den Sohn seiner Schwester Gisela (der altern), geschah schon 101&<br />
und 1018. Heinrich IL starb aber (1024) vor seinem Oheim Rudolf III., und<br />
es folgte ihm Conrad IL der Salier als deutscher König. Dieser war verehelicht<br />
mit (der Jüngern) Gisela, einer Tochter der Gerberga, der jüngsten<br />
Schwester Rudolfs von Burgund und Wittwe des Herzogs Ernst I. von<br />
Schwaben. Conrad machte nun, theila als Gemahl von dessen Nichte, theilsals<br />
Inhaber der deutschen Königskrone und Erbe Heinrich's IL, seinerseits<br />
Anspruch auf das dem letztern angefallene Recht, und nahm, nachdem Rudolf<br />
III. kinderlos gestorben war, 1032 und 1033 Burgund gewaltsam<br />
in Besitz zu Händen seines von Gisela stammenden Sohnes, Heinrich III.<br />
(des Schwarzen). Anshelm hat sowohl die beiden Heinrich, als die beiden<br />
Gisela mit einander verwechselt. — Sowohl Graf Odo von Champagne, der<br />
Sohn einer altern Schwester Rudolfs, Bertha, als auch Herzog Ernst von
1032. 11<br />
gäbet'). Des glichen so hat sin anfrow, kuengin Bertha, geborne<br />
herzogin von Schwaben, vil und gross kilchen Stiftungen in disem<br />
land Buerginen geton. Und also so ist das Burgundisch kuengrich<br />
abermals, nachdem es uf 30 und 100 jar gwert 2 ), abgangen<br />
und ans Roemsch rieh in gemelter jarzal [22] abermals kommen. s<br />
Anfang der grafen von Saffoy, und beherschung Hochburguns<br />
von Frankrich.<br />
944. Wie wol nun keiser Ott I. von Saxen obgenants kuengrich<br />
vorlangest 3 ) uss der Franzosen haenden hat genommen, als<br />
dem Roemschen rieh zuständig, darus ein provinz des Roemschenio<br />
richs gemacht, von Franzosen des teils noch imperial proventza<br />
(17) gnent, darin das Deltinat 4 ), von Lyon am Rotten 5 ) ] hinab, und<br />
da graf Gerolten, sinem gsipten 6 ), einen teil darvon zuo lehen geben<br />
Schwaben, der Sohn der (Jüngern) Gisela aus erster Ehe, wurden von Conrad<br />
aus ihren nähern Anrechten mit Gewalt verdrängt. (Vergl. Wursteniberger<br />
Geschichte d. a. Landsch. Bern IL, 70—110 und Fontes rer. Bern. I. 307 ff.)<br />
') Die wahrscheinlich unächte Urkunde dieser Schenkung der Grafschaft<br />
Wadt, comitatus Waldensis, durch König Rudolf III. an den Bischof<br />
Hugo von Lausanne und seine jeweiligen Nachfolger ist abgedruckt und in<br />
Facsimile dargestellt in Mem. et Doc. S. R. VII. (Fontes r. B. I. p. 293).<br />
2) Das Königreich Burgund entstand schon 888 mit der Wahl Rudolfs I.<br />
zum König, dauerte also genauer 144 Jahre.<br />
s ) Otto I. hatte schon nach dem Tode Rudolf II. seine Gewalt über<br />
das Burgundische Reich auszudehnen versucht; er nahm den noch unmündigen<br />
Thronerben Conrad, den Bruder seiner spätem Gattin Adelheid, mit<br />
sich an seinen Hof und beanspruchte, wie es scheint, auch nach dessen<br />
Rückkehr (943) eine Art von Oberherrlichkeit. Zugleich bekriegte er 940<br />
und 946 den König von Frankreich, um Hochburgund zu behaupten. Siehe<br />
Flodoard und Richerus (Fontes r. B. I. 267 und 269. Dümmler, Otto der<br />
Gr. Jahrb. d. dtsch. Geschichte).<br />
4 ) Das Delphinat oder die Dauphine erstreckte sich von Lyon längs<br />
der Rhone hinab bis an die Provence.<br />
5 ) Rotten ist der Rhodan, die Rhone.<br />
6) Die Person dieses Grafen Gerold von Genf und dessen Zusammenhang<br />
mit Otto dem Grossen, sowie mit der Burgundischen Königsfamilie<br />
bildet eine viel besprochene Frage. Fr soll der Vater des Humbert Weisshand,<br />
des Anfängers des Savoyischen Hauses, gewesen sein. Vergl. Secretan,<br />
Me'm. et Doc. de Geneve XVI. Meyer von Knonau, Forschungen z. d.<br />
Gesch. VIII. Wurstemberger a. a. O. IL 87.
12 1032.<br />
dannenhar die grafen, jetzt herzogen, von Saffoy iren anfang<br />
hond, des Roemschen richs fuersten, die iren teil des küngrichs<br />
Arles, item und am Alpgebuerg vom mer haruf und harus bis<br />
gon Guemina 1 ), beherschet haben; den dritten teil, nämlich die<br />
»Helvetier, hond sich selbs fuer und fuer in ir alte friheit durch<br />
ire Eidgnossen puend gebracht, bi den usseren das Switzer land<br />
gnemt, desse ein lobliche stat Bern den grösseren teil zuo unserer<br />
zit besitzt. So haftend doch den meren teil den unmiessigen<br />
keisern die unlidigen Franzosen wider abzogen, unss dass obgewmelte<br />
Übergebung beschach; dennocht so wards dem keiser nit<br />
ganz, sunder das Hochburgun, ennert dem Bisanzer bürg 2 ) bis<br />
gon Orlienz 3 ), behielt obgenenter kueng Heinrich von Frankrich,<br />
mit keiser Heinrichen zuo Metz vertragen 4 ), [23] zuo leben, und gabs<br />
sinem sun Robert in herzogthuoms nammen. 5 ) Ist ouch also an<br />
i5 der krön von Frankrich stammen hernach beliben, welche us<br />
hinlaessikeit der keiseren den merteil des nidren Burguns abermal<br />
hat wider nah und nah zuo im gezogen, und das so hoch bracht,<br />
dass der letst ires stammens, herzog Carle, in siner person das<br />
Burgunsch küngrich | vermeint mit keiser Fridrichs gunst und (18)<br />
20gab wider ufzerichten, und sich von Frankrich frien, und einen<br />
frien kueng von Burgun ze nemmen und ze halten.<br />
Beherschung und zertrennung des nideren Burguns, und<br />
doch alles von Roemschen keisern lehen beliben.<br />
Den andren teil des kuengrichs Burgun, gnemt Nider oder<br />
25 Minder, und Usser Burgun, von Bisanz, zuvor ein richs stat, an<br />
dem gebuerg ab der Sonen 6 ) und dem Rotten nach biss gon [24]<br />
i) Gümminen an der Saane; bis dahin erstreckte sich zu Zeiten die<br />
Macht der Grafen von Savoien.<br />
2j Das Bysanzer-Bürg ist der Theil des Jura in der Gegend von Besancon.<br />
3) Orlienz = Orleans.<br />
4) Von einer Zusammenkunft Heinrichs III. mit König Heinrich von<br />
Frankreich in Metz ist in den Quellen nirgends die Rede. Vielleicht liegt<br />
eine Verwechslung vor mit den Zusammenkünften zu Ivois, 1043 und 1048,<br />
wo aber über Burgund nicht verhandelt wurde (vgl. Steindorff. Heinrich III.<br />
Bd. I. 176 und II. 43).<br />
5) Robert L, Sohn des Königs Robert von Frankreich erhielt 1032<br />
von seinem Bruder, König Heinrich, das Herzogthum Burgund.<br />
•) Die Saone, welche sich bei Lyon in die Rhone (Rotten) ergiesst.
1032. 1045. 1048. 1052. 13<br />
Arie •), dises ganzen kuengrichs houptstat, dannenhar keiserOttIV.<br />
herzog von Brunswig sich namt Roemscher keiser und ein kueng<br />
von Arie 2 ); und harusser zwischend dem Leber- 3 ) und Alpgebuergen<br />
gon Zuerich, die ein anfang und ein edel, alt houpt des<br />
maechtigen kuengrichs Swaben 4 ), und unss gon Chuur hinuf, hond &•<br />
obgemelter keiser Cuonrat und sine nachkommen mit gewerter<br />
band den Franzosen und den Burgunschen grafen anbehalten.<br />
(19) Nämlich so bezwang | keiser Conrads sun, keiser Heinrich III.,<br />
der zum andren mal selbs personlich zuo Solaturn 5 ) gewesen<br />
[1045, 1048, 1052], die zwen grafen, Reinolten von Bisanz undw<br />
Gerolten von Saffoy 6 ), und macht aber, wie vor besehenen 7 ), ein<br />
provinz oder land des Roemschen richs darus; das ouch also<br />
beliben, unss dass es, wie vor gesagt, us hinlaessikeit und<br />
i) Arles oder Arelate war die Hauptstadt des von Boao im Jahr 879<br />
gestifteten Königreichs Burgund, das daher das Königreich Arelat hiess.<br />
Zum Unterschied von Hochburgund wnrde es Niederburgund genannt.<br />
Hochburgund begriff die Gegenden nördlich vom Jura, die spätere Freigrafschaft,<br />
Niederburgund die Länder zwischen der Saone, Rhone, dem<br />
mittelländischen Meere und den Alpen. Rudolf II. vereinigte das Reich<br />
Arelat durch Uebereinkunft mit dem König Hugo von Italien 933 mit<br />
seinem transjuranisch-burgundischen Reiche. Luitprand Antapod. III. 47.<br />
(Fontes r. B. und I. 265).<br />
a ) Schon Rud. von Rheinfelden wurde so genannt, und Friedrich I.,<br />
der Rothbart Hess sich 1157 zum König von Arelat krönen.<br />
3 ) Der Leberberg ist der Jura. Das Land zwischen Jura und Alpen<br />
hiess Transj uranien, und es soll dieser Name zur Zeit Dagobert's I. allerdings<br />
über die ganze innere Schweiz bis zum Bodensee ausgedehnt worden<br />
sein. (Vergl. die Urkunde Friedrich's 1. vom 27. Nov. 1155, Fontes I, 205.)<br />
4 ) Warum Anshelm Schwaben als ein Königreich bezeichnet, ist nicht<br />
erklärlich.<br />
5) Solothurn galt als eine Hauptstadt des Burgundischen Reichs, wo<br />
öfters die Grossen sich in den Angelegenheiten des Landes versammelten.<br />
Heinrich III. hielt selbst dort zwei Reichstage, wie A. richtig angibt, 1045<br />
und 1048 und dann wieder 1052; aber schon 1038 (September) war er dort<br />
feierlich als König von Burgund proklamirt worden. Wipo, vita Chunradi.<br />
Herrn. Aiig. chron. (Fontes I. 317 u. ff., vergl. Wurstemberger IL, 109. 158,<br />
Giesebrecht, Kaiserzeit, II. S. 339, Steindorff, Jahrb. Heinrich's III. Bd. I. 219.<br />
II. 39. 169.)<br />
6 ) Zu Solothurn 1045 huldigten die beiden Burgundischen Grossen,<br />
Reinald, Graf von Hochburgund, und Gerold, Graf von Genf, dem König<br />
Heinrich III. Herrn. Aug. chron. (Fontes I, 319). Heinrich hatte sich<br />
1043 mit Agnes von Poitou, einer Nichte Reinald's vermählt.<br />
7 ) Nämlich, wie oben angeführt, zur Zeit Otto's I.
14 1045. 1048. 1052.<br />
gschaeften der keiseren, vilen herren, heimschen und fremden, in<br />
lehens [25] oder amptz wis geteilt, und nah und nach vil der<br />
teilen fri und eigen worden. Noch dennocht unsshar das ganz<br />
Burgun, was die kueng oder herzogen, von Frankrich geborn 1 ),<br />
5 die bischof von Bisanz, Basel, Jenf, Losan, Sitten, Costenz und<br />
Chuur, item die herren von Kiburg und Buochegk, bede gnemt<br />
landgrafen in Bürgenden, von Saffoy, Nuewenburg, Wyssenburg,<br />
Zeringen, Inderlacken 2 ), Habsburg, Oesterrich und zuoletst Bern,<br />
dar von ingehept, oder noch, so nit geeignet oder gefrigt, in hond,<br />
io ist alwegen vom Roemschen rieh und keisern nach lehens recht<br />
enpfangen und bestaet worden.<br />
Dass ein stat Bern alwegen in des Roemschen richs land (20)<br />
und hand ist gwesen.<br />
Us oberzaeltem grund ist kuntlich, dass dis loblich stat<br />
i5 Bern im nidren, usseren Burgun, Buerginen oder Buergental 3 ), nach<br />
oberzaelter zit [26] erbuwen, in des Roemschen richs, und deshalb<br />
in des Roemschen keisers eigenschaft ie und ie gwesen,<br />
dem herzogen von Zeringen, irem stiftherren, nit witer verpflicht,<br />
dan so wit im als belehneten Stifter oder gesetztem lantvogt<br />
so von sinem herren, dem Roemschen keiser, mocht gebueren, welchem<br />
er ouch, als erblos, mit verkoster oder erkoufter eigenschaft,<br />
der stat und lands lehen hat uebergeben oder heim lassen vallen.<br />
Das alles us der stat Bern guldinen hantveste mag erlernt<br />
werden, die nit der herzog, sunder schultes, raet und burger<br />
25 vom keiser erworben haben.')<br />
i) Von Frankrich geborn, aus französischem Stamme. Die Herzoge<br />
von Burgund waren vom Gebinte der Könige in Frankreich, wurden aber<br />
stets als Lehensträger des deutschen Reiches betrachtet.<br />
! ) Auch das Kloster Interlaken gehörte zu den bedeutenden Landesherren<br />
in Helvetien, denn ihm hatten die Kaiser all' ihr Gut an den<br />
Gletschern des Grindelwalds und der lseltwalder-Wüste gegeben. (1146).<br />
Zeerleder, Urkunden. I. Nr. 42.<br />
3 ) Schon bei Orosius (hist. Rom. VIL, 32) findet sich die sonderbare<br />
Erklärung des Namens der Burgunder von ihren Burgen: gentem ita nomen<br />
ex opere praesumsisse, quia crebra per limitem habitacula burgos vulgo<br />
vocant. Dieser Ableitung entspricht die öfter wiederkehrende populäre<br />
Verdeutschung Bürgenthal für Burgund.<br />
4 ) Ueber die Handveste siehe hernach.
1056. 15<br />
Dass die herren Ton Zeringen iren stammen von Habsburg<br />
und iren zunammen von irer herschaft Zeringen<br />
hond. Berchtold der erst.<br />
Wer aber die herren von Zeringen sigid, vindt sich zum<br />
gloublichsten also: dass in obergangnen jaren gwesen sigid g<br />
(21) grafen von Habsburg'), Schwaebscher | nation, gebrueeder, herren<br />
im Suntgoew und Brysgoew, mit nammen Gebiso, Ber[27]thilo<br />
und Betzolin, desse sun Rapot, keiser Heinrichs truewer diener,<br />
mit hilf sines bruders Beringers 2 ), bischoffen zu Strassburg, gebuwen<br />
hat das schloss Habsburg bi Brück im Argoew, und ge-io<br />
stift das kloster Mure an der Rüss, da er begraben ligt. Und<br />
von dem Berthilo sol geborn sin graf Berthold, der da die herschaft<br />
Zeringen am Schwarzwald, ietz bi Friburg im Brysgoew,<br />
hab besessen, dannen har er und sine nachkommen iren zuonamen<br />
hond behalten von Zeringen. «<br />
Wie das herzogtüm-Swaben dem ersten Berchtold, grafen<br />
von Zeringen, verheissen, aber dem graf Rudolfen<br />
von Rinfelden, ouch das herzogtiim Burgun geben<br />
ward.<br />
Dis erster Berthold von Zeringen dient keiser Heinrichen III., 20<br />
keiser Cuonrats sun, so wol, dass er [28] im das herzogtuom<br />
Swaben, nach abgang herzog Otten von Swinfurt, der alt und on<br />
lib erben was, ze geben verhiess, im ouch desse zuo Wortzeichen<br />
sinen finger ring [1056] gab. 3 ) In dem starb 4 ) der from, milt,<br />
(22) herlich | keiser, verliess einen achtjaerigen sun 5 ), jetzt Roemschen 25<br />
küng, keiser Heinrichen IV., under der Verwaltung siner herlichen,<br />
wisen muoter, keiserin Agnes, us Verordnung ires herren<br />
') Der verwandtschaftliche Zusammenhang der Zähringischen Familie<br />
mit dem Habsburgischen Stamm ist viel besprochen, aber noch nicht<br />
zweifellos hergestellt. Vergl. die Werke von Schcepflin, Guillimann,<br />
Herrgott, Eccard, Leichtlen, Roepell u. A.<br />
2) Sonst gewöhnlich Werner genannt.<br />
3 ) Ekkehardi chron. universale. (Mon. Germ. VIII.)<br />
4) 1056 den 5. October zu Botfelden.<br />
5 ) Heinrich IV. war beim Tode seines Vaters nicht acht, sondern erst<br />
sechs, nach Lambert Hersf. sogar erst fünf Jahre alt.
16 1056. 1057. 1060.<br />
seligen, herzogin zuo Beyern i); ward den Roemschen baebsten so<br />
ganz undertan, dass si inen ze willen, wider menschliche art<br />
und vernuft, iren einigen sun den keiser verliess, ja vervolgt,<br />
und zuo Rom im kloster ire zwenzigjaerige witwenschaft endet. 2 )<br />
5 Also nun hienach im nächsten jar, nämlich Cristi Jhesu im<br />
1057, obgenaemter herzog von Swaben ouch von diser zit abgescheiden<br />
was, er- [29] vordret graf Berchtold von Zeringen, uf im<br />
beschechne zuosag, das herzogtuom Swaben. Welches do die<br />
keiserin regentin gab dem wisen, herlichen graf Rudolfen von<br />
loRynvelden, als etlich achtend Habsburgs, ich aber Burgunschs<br />
geschlechtz, iedoch den Swaebschen und Burgunschen fuersten gesipt.<br />
3 ) Und da mit er das möchte behoupten, und dem jungen<br />
keiser dester beholfner und truewer solte sin, durch mittel des<br />
bischofs von Costenz, ward im vermählet des keisers swester,<br />
, 5 Mechthikl, und des nidren Burguns herzogtuom darzuo gelehnet,<br />
und also ward diser graf Rudolf herzog zuo Swaben und<br />
Burgun.<br />
Wie graf Berthold von Zeringen, zn Kernten herzog (23)<br />
gnemt, allein den nammen im und sinen nachkommen<br />
20 hat behalten.<br />
[30] Da mit aber der von Zeringen siner ansprach, Unwillen<br />
und gsuochs gestillet soelte sin, ward im [1060] das herzogtuom<br />
Kernthen geben 4 ), desse doch weder er, noch sin sun Berchtold<br />
ze ruowen (kam), sunder, mit anhang der Sachsen und Beyeren,<br />
25wider den keiser und herzog Ruodolfen so wit handlet, dass im<br />
der keiser Kernthen nam, und gabs sinem gesipten, margraf<br />
i) Das erledigte Herzogthum Baiern hatte Heinrich III. sonstiger<br />
Uebung zuwider seiner Gemahlin Agnes gegeben.<br />
2) In dem Kampfe zwischen Heinrich IV. und Papst Gregor VII.<br />
stellte sich bekanntlich des erstem Mutter, die Kaiserin Agnes, durchaus<br />
auf Seite des Papste3.<br />
3) Die Vermuthung einer Abstammung Rudolfs von Rheinfelden von<br />
dem erloschenen und verdrängten Burgundischen Königshause kehrt bei<br />
manchen Geschichtsforschern wieder. Rudolf war zuerst mit einer Schwester<br />
Heinrich's IV., (Ekkeh. chron. univ. 1057.) dann mit einer Schwester von<br />
dessen Gattin vermählt. (Vergl. auch Giesebrecht, III, S. 58. — F. 0. Grund,<br />
die Wahl Rud. v. Rh. Leipzig. 1870.)<br />
4 ) Ekkeh. chron. univ. 10G1. (Mon. Germ. VIII., 198.)
1060. 1076. 17<br />
Lupoiden von Oesterrich 1 ), und also ist denen von Zeringen<br />
bliben der nam herzog, on eigenschaft einches herzogtuoms.<br />
Urhab der schwaecherung und zertrennung des tntsehen<br />
keisertüms mit staerkung und einung des Roemschen<br />
babsttiuns.<br />
B<br />
Do nun keiser Heinrich zuo sinen tagen kommen, das regiment<br />
von siner baebstischen muoter zuo sich genommen, nach siner<br />
lob[31]lichen vorfaren keiserlichen gwalt und frien gnaden, die<br />
leientuom und priestertuom vergäbet und belenet, kam er in<br />
grossen Ungunst etlicher fuersten, bischoffen, und besunder in die w<br />
allerungnaedigste Verbannung der Roemschen baebsten, sunderlich<br />
Gregor VII., Benedictiner ordens, zuo Ruegisperg ein prior ge-<br />
(24) wesen 2 ), welcher zum fuertrefliebsten des | entcrists warfen, nämlich<br />
die bermentinen und bliginen pfil 3 ), so kräftig und so<br />
gwaltig gmacht hat, dass sid der zit, nämlich vom jar Cristiis<br />
Jesu 1076, biss uf den fuerschiessenden Luther von Saxen 4 ),<br />
in fierhundert und sechs und vierzig jaren, kein keiser, kein<br />
kueng, kein fuerst, kein land, kein stat uetzet darwider hat vermögen;<br />
so schädlich und vergift, dass in allem Roemschen rieh,<br />
Tuetschs und Welschs lands, zevor und hernach, in allen crist-20<br />
liehen nationen, in beden ständen, kein glouw, kein frid, kein<br />
ghorsame, [32] sunder uncristlich meineid, unmenschlich krieg<br />
und unzaelich bluotvergiessen vom Bin und Rom bis gon Jherusalem,<br />
Cristi selbs und der cristen maetze, und biss zuo unsern<br />
i) Ekkeh. a. 1073.<br />
Die beigefügte Bemerkung findet sich bei Bernold (Mon. Germ. VII.<br />
454) auf Berchtold IL bezüglich: Qui nondum aliquem ducatum habuit,<br />
etsi iam dudum nomen ducis habere consuevit.<br />
2) Woher A. letztere Angabe hat, ist nicht nachzuweisen. Im Leben<br />
Hildebrands findet sich keinerlei Anhaltspunkt. Vergl. Studer, Gesch. d.<br />
Kl. Rüeggisberg, im Berner Taschenbuch 1880.<br />
3 ) Die päpstlichen Bullen auf Pergament und mit bleiernen Siegeln<br />
werden als Waffen des Papsts mit Pfeilen verglichen.<br />
4 ) Luther wird als «feuerschiessend » bezeichnet, ohne Zweifel weil er<br />
im Gegensatz zu den pergamentenen und bleiernen Pfeilen des Papsts mit<br />
andern, geistigen oder feurigen Waffen den Antichrist bekämpfte.<br />
2
18 1076.<br />
erst gar tyrannischen ziten, on zal, on mass, ouch ander denen<br />
heiligsten nammen Gots, Cristi Jesu, Petri, Pauli und der kilchen,<br />
hond inueessen gwaltigen, unverhinderlichen fuergang haben. Und<br />
wo unser almaechtiger vater Got, um liebe und er willen sines<br />
ssuns, unsers war gnädigsten herren Cristi Jesu, zuo siner glori<br />
und der gleubigen heil, dem entcrist sin hand nit verkürzeret,<br />
raftss noch grimmer wieteri, dan ie vor, fuergon. Es ist on<br />
zwifel von Got recht angesehen zuo unsern ziten, durch die des<br />
entcrists waffen ze stumpfen, durch welche ers zuo siner zit hat<br />
logespitzt, nämlich die Saxen, welche da fuernemlich gemelten babst<br />
schirmtend, und irem herren, dem keiser, widerstrebten. •)<br />
[33] Tat und gebot des entcrists mordax, babsts (25)<br />
Gregorii des nammens des suebenden.<br />
Obgemelter babst Gregorius, billich von den Roemschen hochisgeriemt,<br />
und von den Tuetschen noch billicher hochgescholten,<br />
gebot: man soelte keins huorers mess hoeren; nit mit laeren haenden<br />
zur mess kommen; fleisch und bluot da glouwen; dass gewichte<br />
und onlensprofesspersonen kein öh mechtid noch soeltid bezielien;<br />
klosterluet kein fleisch essen; dass kein lei zehenden haette; dass<br />
20 als ketzerisch verbant wäre, welcher lei, ouch der keiser, so uf<br />
pfruonden und prelaturen bestetigung gebe, und die, so si von<br />
im bekantid. Von wegen des nächst gemelten gebots, und um<br />
andre herlikeiten, den keisern rechtlich zuostaendigen, nämlich ums<br />
kuengrich Napols 2 ) und andre fuerstentuoui in Italien, Saut Peters<br />
2:, Erb 3 ) genemt, zum teil mit gwalt von bäbsten den hinlaessigen<br />
oder verhindreten keiseren abgelogen oder abgezogen, und von<br />
diss keiser [34] Heinrichs basen, Mechthilden, mit geistlicher list<br />
ererbt 4 ); bi acht | keiseren, redlicher forsten, nachenander, zuo (26)<br />
') Der Aufstand der Sachsen war es gewesen, der Heinrich IV. den<br />
Kampf mit dem Papstthum erschwerte.<br />
2) Der Papst behauptete, dass dieses Königreich ein Lehen des römischen<br />
Stuhles sei.<br />
3) Patrimonium Petri, der spätere Kirchenstaat.<br />
4) Mathilde, Markgräfin von Thuscien, die eifrige Anhängerin Papsts<br />
Gregor VII., vermachte bei ihrem Tode einen grossen Theil ihrer Güter
1076. 19<br />
grossem, unsoeglichem schaden und ewiger schand aller Tuetschen<br />
nation, ja ganzer cristenheit, mit dem bann jaemerlich verberget,<br />
oder mitan ins Türken maetze gschickt sind. Und mit den nachgoenden<br />
des entcrists gwaltigste houpt buechsen, nämlich: dass<br />
der Roemsch babst us goetlichem gwalt ueber concilia, über evan-s<br />
gelia, ueber die keiser wäre, annemen oder verwerfen moechte;<br />
dass man dem babst und baebstlichem bann, bi ewiger straf, zuo<br />
glich cristo, soelte und mueesste ghorsam sin, bracht er und sine<br />
nachkomen, insunders Tuetsche land, dahin, dass semliche ufruoren<br />
und zwitracht in geistlichem und weltlichem regiment ward, 10<br />
der glichen nie gehoert; also dass ouch die nächst angebornen,<br />
muoter, [35] suenen, veter, basen, swaeger und andre gesipten und<br />
eidsverwanten, Saxen, Beier, Swaben und Walhen, den keiser,<br />
so in fünfzig jaren sines keisertuoms wider sin unghorsamen und<br />
vigend mit ufgerichter paner zwei und sechszig vaeldstrit er- 1 »<br />
harret, Rom mit gwalt ingnommen, wider er und eid, uf a ) sin,<br />
des babsts absoluz •), unss in sinen erbärmlichen tocl vervolgtend,<br />
und der babst Pascalis, fuenf jar nach sinem tod, im cristliche,<br />
gebuerliche begraebnues vorhielt, in ouch vor im leben dahin zogen,<br />
(27) dass er hie anzognem j Gregorio, 1076, gan Canuss 2 ) ruchsso<br />
winters zit uss Tuetschlanden entgegen reit, vor der stat, wullin,<br />
barhoupt und barfuoss, in drien tagen, mit sinen und aller biwesenden<br />
weineder pit kum von dem entcrist baebstliche gnad und<br />
absoluz erwarb. [36] Und das alles hiess cristlich in cristus und<br />
der heiligen kilchen nammen: wäre doch bi heiden und tuerken25<br />
unmenschlich gehandlet. Dass aber die keiserischen verbanneten,<br />
und von der gmeinsame ums babsts und siner pfaffheit selbs erdichten<br />
friheit willen usgeschlossen, den babst und sine anhaenger<br />
mit irem mutwilligen bann nuet schätzten, ouch verjagten,<br />
wuergten, klester zerissen, mess hielten, pfaffen, insunders pfarrer, 30<br />
a ) Im Mskr. vffs.<br />
(einen Theil von Mantua, Parma, Modena, Ferrara) dem päpstlichen Stuhle,<br />
über welche Mathildische Erbschaft nachher häufige Streitigkeiten ausbrachen.<br />
Vergl. Giesebrecht. Gesch. d. Kaiserzeit. III. 187 ff. G22 ff.<br />
i) Der Papst hatte den Kaiser in den Bann gethan und Jedermann<br />
des Eides und der Pflicht gegen ihn entlassen.<br />
2) Canossa, im Januar 1077.
20 1077.<br />
sich verelicheten, muench und nonnen ire klester verliessend, die<br />
leien prediten und touftend, das Messend den baebstischen so<br />
grusam gruewel, wie wol ab inen verursacht, dass si die ze dämmen,<br />
ouch mit noch nie widerbrachter zertrennung und ver-<br />
5 wirrung des ganzen Roemschen richs, ja ganzer cristenheit, keines<br />
grusamen gruewels anzerichten verschonten, ban, laestrung, verraeteri,<br />
fir und isen on erbaermd bruchtend: diss, diser zit geschichten,<br />
[37] sind hie unseren ziten zuo einem exempel in<br />
gmeiner sum angezogen; da mit (die) so die warheit des waren<br />
io evangeliums Cristi Jesu | erkennend, sich des entcrists list, hoch- (28)<br />
muot und grim dester minder verwundrid, und dester gedultiger<br />
tragid, so doch iezt und vil jaren bar die keiser mit allerlei künstlichen<br />
sägen uebergweltiget, in siner hand ballet, aller weit trutzt,<br />
und doch nuet dan zuo sinem nuz mit fremdem schaden usricht.<br />
15 Wer weisst doch nit, dass in fünfhundert jaren das grest und<br />
unzaellichst bluotvergiessen, bi Cristen und Türken ergangen, von<br />
der Roemschen allerheiligste heilikeit angericht und gefuoret; in<br />
allem Roemschen rieh Tuetscher und Waelscher landen, kein einikeit<br />
noch ghorsame gewesen. Welcher keiser den babst hat kuesst,<br />
20 hat mueessen sich siner herlikeit verzuehen, friheit, land und luet<br />
vergaben und fuossknecht bliben. [38] Welcher aber den babst<br />
nit hat wellen kuessen, hat mueessen den Tuerken kuessen. Welcher<br />
aber entwedern hat wellen kuessen, hat mueessen verachtet sin.<br />
Und also , so sind der babst und der Tuerk der blinden weit zuo<br />
25billicher straf unbilliche herren worden.<br />
Wie herzog Rudolf von Rinvelden wider sinen herren<br />
und swager, den keiser, zu Roemschem kung ward<br />
erwoelt.<br />
Im jar Cristi Jesu 1077, nach dem und obgenamter babst<br />
soGregorius hat keiser Heinrichen und alle sine bistaender, als<br />
der Roemschen kilchen widerspennige kaetzer, in höchsten<br />
ban vertuet und verschossen, im all sin undertanen und geschwornen<br />
von schuldiger ghorsame und eiden absolviert, im<br />
ghorsame und | eid ze leisten bim ban verboten, und den kur- (29)<br />
35forsten geboten, einen Roemschen kueng [39] wider den tyrannen
1077. 1073. •21<br />
Heinrichen zuo erwellen •); erwaeltend die Saxen, Swaben und ir<br />
Anhaenger, mit nammen herzog Gwelf von Beiern und herzog<br />
Berthold von Zeringen, von Keratinen vertriben, des keisers<br />
swager *) und zweier herzogtuomen gswornen lehenman, herzog<br />
Ruodolfen von Rinvelden 3 ), gekrönt zuo Mentz mits babsts be- 5<br />
stetigling, sagende: Roma dedit Petro, Petrus diadema Rodolpho.<br />
Rom hat Sant Petern und Peter die Krön Ruodolfen geben.<br />
Wie der jung herzog Berthold von Zeringen kueng Rudolfs<br />
dochterman und herzog in Swaben worden, und wie<br />
der alt Berthold gestorben.<br />
io<br />
Do nun diser herzog Ruodolf, von den baebstischen beredt,<br />
römscher kueng was worden, gab er herzog Bertholds von Zeringen<br />
sun, dem jungen Bertholten, [40] sine einige erbdochter 4 )<br />
satzt in und den vater in die herzogtuom Swaben und Burgun.<br />
Und zuo hand greif keiser Heinrich dise land, als siner abtrinnigen2o<br />
und meineidigen fienden herberg, an, schleifts und verbrants,<br />
gab bischof Burchaten von Losan die landschaft zwischen Sant<br />
Bernharz berg und dem Lebrer 5 ). Ward diser bischof hernach<br />
[1089] bim keiser in einer ufruor vom margrafen Egbert von<br />
Thüringen in Thüringen erstochen, als er des tags dem keiser25<br />
(30) die | lanzen Cristi vortragen hat, uf ein sontag des winacht<br />
abends 6 ). Derglichen so handlet ouch graf Fridrich von Stouffen<br />
in Swaben. Und do nun herzog Berthold der alt des keisers<br />
glueck sach, floh er in sin vest schloss Lintperg, ward vor leid<br />
unsinnig, und starb in acht tagen, im jar Cristi Jesu 1078 7 ).30<br />
') Die Excommnnication gegen Heinrich IV. wurde im Februar 1177<br />
ausgesprochen.<br />
2 ) Siehe oben Seite 16, Anm. 3.<br />
3 ) Den 15. März 1077 zu Forchheim. Die Krönung fand am 26. März<br />
in Mainz statt.<br />
4 ) Agnes genannt. Die Vermählung fand bald nach Ostern 1079 statt,<br />
s. Bertholdi Ann.<br />
5 ) Lebrer = Jura. Die Urkunde, datirt Speyer, 1080 (1079) s. Zeerl. I. 45.<br />
Fontes r. B. I. 340.<br />
6 ) Vergl. Cart. von Lausanne, fol. 7. (Font. r. B. I. 350.) Annales<br />
Disibodenb. (Mon. G. vol. XVII.)<br />
7 ) Berchtold 1. von Zähringen starb den 6. November 1078 auf seinem<br />
Schlosse Limburg (Ekkehard nennt 1077 als dessen Todesjahr).
22 1079.<br />
Wie küng Rudolf, vom keiser umkommen, geendt hat.<br />
Darnach im jar Cristi Jesu [41] 1079, in Saxen, an der<br />
dritten schlacht, so si bed personlich gegenenander nit mit<br />
wenig bluots geton, ward kueng Rudolfen sin rechte band abge-<br />
5 howen, der wunden er zu Moersburg •) starb, und daselbs kuenglich<br />
begraben. Bekant an sinem end die verdiente straf sines<br />
meineids, vom babst erwegt, sprach zuo den umstoenden: Nemend<br />
war! das ist die hand, da mit ich minem herren geschworne<br />
truew geben hat! Iezt verlass ich sin rieh und min leben; luogent<br />
ioir, die mich uf sinen stuol gesetzt hond, dass ir recht gehandlet<br />
habid! Do nu der keiser zuo kueng Rudolfs grab kam, und im<br />
einer sagt: worum er sinem meineidigen, toetlichen vigend kuengliche<br />
begräbt gestattete? antwort: er weite, dass j alle sine vigend (31)<br />
so herlich vergraben waerid; er gönne im totne ruow und er.<br />
15(42) Wie das Herzogtum Swafoen an die frigrafen von<br />
Stoufa kommen, und den von Zeringen enzogeu ist.<br />
In obgezaeltem jar 1079, nach dem nun keiser Heinrich<br />
sinen undankbaren widerkeiser Rudolfen hat ueberwunden und<br />
umbracht, und im der frigraf Fridrich, alts, edels, Swaebschs<br />
2ostammens von Hohenstoufa, wol und erlich gedient, an truew,<br />
wisheit und manheit bewert, vermehlet er im sine tochter<br />
Agnesen, und gab im zuo estuer das alt, edel Herzogtum Swaben.<br />
Und also hond die herren von Stoufa dis herzogtuem hundert<br />
und siben und nuenzig jar fürstlich besessen, und sechs herlich<br />
25keiser geben; alle und der ganz edel stam von baebsten, als irem<br />
gewachst untrüglich, usgeruetet.<br />
Beder") herzogen von Swafoen und Zeringen stam, krieg<br />
und foericht.<br />
[43] Und als nun dise vergabung in ob gemelter zit 1079<br />
30 beschall, erhiib sich von stund an ein krieg zwischen denen<br />
") Im Mscr. Bäder.<br />
i) Rud. v. Rh. starb zu Merseburg an einer Wunde, die er am 15.<br />
October 1080 bei Mölsen erhalten hatte.
1079. 1126. 1167. 23<br />
nuewen herzogen, dem aber der von geringen, — so Swaben zum<br />
teil ingehaebt, us ansprach, als sinem vater vor verheissen, und<br />
iezt von sinem schwaeher, kueng Rudolfen selig, mit samt Burgun<br />
geben und ererbt, — von wegen des keisers ze schwach, alle sine<br />
(32) land, on das hant-|vest houpt Zürich, hat verloren, begert eins 5<br />
Vertrags, welchen der keiser, angesehen die grechtsame und<br />
glueckvaell deren von Zeringen, also macht, dass sich der von<br />
Zeringen soelte verzuehen aller ansprach an das herzogtiim<br />
Swaben, und aber sine erbland, darein eigen die stat Zürich und<br />
den schirm oder landvogti Burgun zuo kaiserlichen lehen be-w<br />
halten'). Und also muosst er sich lassen beniegen und zefriden<br />
sin; desse weder er noch sine nachkommen zefriden, sunder alwegen,<br />
[44] wie wol geboren Swaben, als vertrungen, den Swaebschen<br />
herzogen widerwertig beliben,<br />
Von herzog Cunrat von Zeringen. «<br />
also dass sin sun herzog Cuonrat von Zeringen, nach sinem<br />
und siner dochter sun, graf Wilhelms von Burgun, tod 2 ), — mit<br />
Belehnung, gunst und hilf [1126] des Roemschen keisers Lotharii<br />
von Saxen, (denen) zuo wider, die er als unghorsam bekriegt, den<br />
Schwaebschen herzogen Fridrichen und Cünraten, Roemschen kueng 20<br />
gnemt 3 ), des ersten Fridrichs sun, — sine erbland, darinen er<br />
underm keiser Heinrich V. im Brisgoew, [1112]') nah bim schloss<br />
Zeringen, die stat Friburg gebuwen hatt, errett und Burgun<br />
behielt,<br />
i ) Erst im Jahr 1097, nach langen Kämpfen, ward diese Uebereinkunft<br />
geschlossen. Vergl. Otto Frising. de gest. Frid. I lib. I, cap. 8.<br />
2 ) Graf Wilhelm IV. (puer), der Sohn Wilhelm III. und der Agnes von<br />
Zähringen, wurde 9. Febr. 1127 zu Peterlingen ermordet und auf der St.<br />
Petersinsel begraben; (Wurstemberger IL 229.) Lothar, König seit 30. Aug.<br />
1125, sprach Burgund dem Erben, Grafen Rainold, ab und übergab es<br />
Conrad von Z. als Herzogthum. Otto Fris. a. a. 0. cap 29. (Vgl. Bernhardi.<br />
Lothar von Supplinburg. Jahrb. d. d. Geschichte. S. 132—130.)<br />
3 ) Conrad III. von Stauffen wurde am 22. Februar 1138 König.<br />
4 ) Die Gründung von Freiburg i. Br. wird gewölmlieh in das Jahr<br />
1120 getetzt. (Gaupp, Deutsche Stadtrechte.)
24 1167.<br />
Von herzog Bertholt III. und IV. von Zeringen.')<br />
desglichen desse sun Bertholt, des nammens der drit, nach<br />
dem im keiser Fridrich der erst, nächst genents herzog Fridrich<br />
von Swaben sun, alle sine land angewunnen hat, 1167 2 ), gnad<br />
5 begert, ward | ein bericht gmacht, dass der keiser im alle sine<br />
erbland in Swaben fri, und in [45] Burgund drier bistuom kastvogtlgen,<br />
nämlich Jenf, Sitten undLosan 3 ), da sin bruoder Ruodolf<br />
bischof was 4 ), item den kuenglichen sitz Arie, und die lantschaft<br />
Jenf bis gon Zürich 5 ), in welcher er in Oechtland Friburg buwt 6 ),<br />
iozu leben wider gab"). Welche land alle an sinen sun, herzog<br />
Bertholten, dess namens und dess gschlechts den letsten 7 ) kommen<br />
sind, darin er diss loblich stat Bern gestift hat b ). Diss<br />
alle von Zeringen, wie wol in drien herzogtuomen geherschet,<br />
nämlich in Kernthen, Swaben und Burgun, und herzogen gnemt r<br />
15 sind si doch on eigenschaft einiches herzogtuoms abgestorben, an<br />
adel, nammen und gelt vast rieh, und dahar, mit iren keisern<br />
gefridet, vil fürstlicher Stiftungen, kloester, schloss und staet erbuwen,<br />
geufnet oder gebessert hond 8 ).<br />
*) Am Rande steht roth, d. h. als Ueberschrift, dann aber durchgestrichen:<br />
«Vom letsten herzog Berthold von Zeringen».<br />
b ) Am Rande, viel später hinzugesetzt, aber wieder gestrichen: «und<br />
Nuchtland, bede nit von bürgen und öde, sunder von Burgunschen Volkeren<br />
genempt». Siehe hienach.<br />
i) Nach jetzt üblicher Zählung Berchtold IV. und V. genannt.<br />
2) Otto Sanblasianus; nach Otto Frising, d. g. Frid. imp. II, 29, dagegen<br />
schon 1157.<br />
3) Otto Frising, Gesta Frid. Imp. IL 29.<br />
4 ) Irrig. Rudolf von Zähringen, Bruder Berchtold IV., war Bischof von<br />
Lüttich 1167 —1191. In Lausanne war in jenen Jahren überhaupt kein<br />
Bischof Rudolf.<br />
5 ) Ueber diese Verhandlungen siehe Otto Sanblasian. a. a. 1167. Otto<br />
Frising, Gesta Frid. I. imp. IL 29 (1157). (Vergl. Wurstemberger IL 261).<br />
e ) Die Gründling von Freiburg im Uechtland wird in das Jahr 1177<br />
oder 1178 gesetzt.<br />
Oechtand, gewöhnlicher Uechtland, ist der alte Name eines Theiles<br />
der Kantone Freiburg und Bern; die Ableitung ist zweifelhaft. Siehe hienach.<br />
') Berchtold V. starb den 18. Febr. 1218 kinderlos.<br />
») Als Gründungen der Zähringer werden durch Sage oder Geschichte<br />
bezeichnet die Städte Villingen im Schwarzwald, Herten, Morges, Milden,<br />
Märten, Burgdorf, beide Freiburg und Bern, und die Klöster St. Peter im<br />
Schwarzwalde und Thennebach.
1140. 25<br />
[46] Von einem strit vor Winsberg, da die bluetigen<br />
nammen Gibel und Weif sind entstanden, in biweseu<br />
herzog Bertholds III. von Zeringen.<br />
Wie wol nun hie diss lands und der von Zeringen halb gnüg<br />
anzeigt möchte sin, doch von wegen etlicher gschichten, nit un-s<br />
(34) lustig noch unnuetzlich ze wissen, ouch die Zeringer berierend,<br />
ist witer zuo verneinen, dass der ander Bertholt von Zeringen<br />
ein so herzhafter fuerst was, dass, wan man im guote maer bracht,<br />
sagt er: es wirt bald eine fuenstre wölk komen. Bracht man im<br />
bese, sagt er: es wirt bald die Hechte sonn schinen. Liess sich»<br />
kein zuovall entsetzen •). Der clrit Bertholt hat bistand ton sinem<br />
swager, herzog Weifen 2 ) von obern Beiern, Schwaben und Riess 3 ),<br />
ouch vast alt und edel gebornen Swa[47]ben von Altorf 4 ), uss<br />
anwisung des bafosts Innocentii II. zuo verhindren den keiser,<br />
Napols und Sicilien, ouch Mechthilts erb 5 ), iezt durch in, den«<br />
(35) babst, Sant Peteren ingezogen, wider, als dem Roemi-1 sehen rieh<br />
ghoerend, abzeziehen, wider keiser Cuonrat III., herzogen von<br />
Swaben und Franken, im von siner muoter bruoder, keiser Heinrichen<br />
V., geben 6 ); kamend 1140 mitenander vor Winsberg ze<br />
strit 7 ). Was da der keiserschen krid: hie Gibel! und ders»<br />
baebstischen: hie Weif! Und als die Gibel den sig behielten,<br />
i) Nach Otto Erising. Gesta Frid. I. imp. I. 8.<br />
2) Berchtold III. war verehelicht mit Sophie, einer Tochter Herzog<br />
Heinrichs des Schwarzen von Baiern und Schwester des Herzogs Weif.<br />
3 ) Ries, alter Name eines Theils von Schwaben, der Gegend um<br />
Augsburg.<br />
4 ) Die Stammgüter des Geschlechts der Weifen lagen in Schwaben,<br />
ihr Erbbegräbniss hatten sie im Kloster Weingarten, unweit Ravensburg.<br />
5 ) Siehe oben S. 18, Anmerk. 4.<br />
Der Kaiser machte Namens des Reiches Anspruch auf die Mathildische<br />
Erbschaft dem Papste gegenüber. Vergl. darüber auch Raumer, Geschichte<br />
der Hohenstaufen I. 295 u. ff.<br />
Berchtold III. kam schon 1122 um, und es folgte ihm sein Bruder Conrad<br />
1122—1152.<br />
6 ) Kaiser Konrad III. von Hohenstaufen war der Sohn des Herzogs<br />
Friedrich I. von Schwaben und der Agnes, einer Tochter Kaiser Heinrich'sIVund<br />
Schwester Heinrich's V.<br />
') Am 21. Dezember 1140. Dass die beiden Parteinamen gerade damals<br />
entstanden seien, wird von Giesebrecht (IV. 190) bezweifelt.
26 1140. 1153.<br />
Ein redliche frowen tat.<br />
gewan der keiser das schloss und stat, hiess die frowen<br />
und kuend mit hab, so si einer burdin ertragen moechtid, abziehen;<br />
wolt die mannen erwürgt han. Do namend die fromen<br />
s wiber [48] ire mann uf ir ruggen und truogens hinuss. Sagt der<br />
keiser: das were nit sin meinung gsin; doch so sollte der<br />
frommen frowen erlicher rat und redliche tat fuergang und lob<br />
haben'). Berowt den herzog Weifen um Verletzung keiserlicher<br />
maiestat des nidren Beiern, und gabs sinem veter 2 ), margrafen<br />
io Heinrichen von Oesterrich 3 ). Dahar zwischen dem Weifen und<br />
dem margrafen ein harter span und krieg erwuchs, harnach<br />
über 13 jar von keiser Fridrichen dem ersten, beder fuersten<br />
gesipten, vom vater ein Gibel und von der muoter ein Weif, die<br />
herzog Bertholts frowen und des Weifen swester gsin was 4 ),<br />
15 also verricht, dass der herzog Weif sin land wider naem, und<br />
der margraf herzog hiesse, 1153. Und also ist uss der margrafschaft<br />
Oesterrich ein herzogtuom worden 5 ).<br />
Geschäft der blutigen uamnien Gibel und Weif in<br />
Waelschen landen.<br />
[49] Es wurdend ouch hie mitan Gibel und Weif die<br />
äoboessten ufrfierischen nammen, von den edlisten Tuetscher nation<br />
stammen geboren, vereint, sagend mitenander mit irem herren<br />
!) Die Geschichtlichkeit dieser Frauenthat hält Giesebrecht für sehr<br />
zweifelhaft. (IV. 190.)<br />
2) Oheim, nach jetzt noch vorkommendem Sprachgebrauch.<br />
3 j Schon im Mai 1139 war das Herzogthum Baiern dem geächteten<br />
Heinrich dem Stolzen genommen und dem Markgrafen Leopold von Oesterreich.<br />
Halbbruder Konrad's, gegeben worden. Nach beider Tod erhielt es<br />
1143 Markgraf Heinrich (Jasomirgott), der Gatte der Wittwe Heinrich's des<br />
Stolzen. (Giesebrecht, IV. 207.)<br />
4) Kaiser Friedrich's I. Mutter war Judith, Tochter des Herzogs Heinrich<br />
von Baiern, Schwester des Grafen Weif und der Sophie, der Gattin<br />
Herzog Berchtold's III. von Zähringen.<br />
5 ) Heinrich der Löwe erhielt im October 1156 zu Regensburg das Herzogthum<br />
Baiern zurück. Gleichzeitig wurde die Markgrafschaft Oesterreich<br />
zu einem selbständigen Herzogthum gemacht. (Giesebrecht, V. 92. ff.)
1153. 27<br />
dem keiser uss Tuetschen in Waelsche land, zuo irem allerheiligsten<br />
vater dem babst, da von ihm gsegnet, ingsessen, gwurzlet, brosset,<br />
und darnach under keiser Fridrichen dem andren, des ersten<br />
naeffeni), von erst zuo Pistoja 2 ), und nach und nach in allem<br />
Italien so grusam usbrochen, dass grössere Plag und schaedlichers<br />
vigend in diss edel land Italia nie und noch nit kommen ist.<br />
YVan da niemands, weder burt noch mag, man noch wib, her<br />
noch knaecht, gsel noch burger, des andren verschont, sundre<br />
zeichen haben, enandren doetlich hassend, schmehend, ubervallend,<br />
verratend und wuergend; [50] hond das land, das mitio<br />
wisheit und manheit einmal gar nach die ganzen weit bezwungen,<br />
da hin bracht, dass es sider des unsinnigen, omoechtigen vigends<br />
ankunft, als unsinnig und kraftlos, keinen friden hon, noch<br />
keinem krieg widerston mag. Damit aber doch nuet so schaedlichs<br />
sie, das nit etwo nütze, so honds irem heiligen vater, 15<br />
(37) so sich us der j rarsten und landen zwitracht naert, mert und<br />
erhalt, so wol gedient, dass er, die wil si lebend, nit ein betel,<br />
wie Petrus, sunder ein welt-fuerst, wie Dioclitianus, ist, und so<br />
laug der langmietig got dem entcrist kraft verlicht, belibt. Diss<br />
einig exempel, dera doch die weit, unbesint, vol ist, wäre gnuog-so<br />
sam, all herschaften ze warnen, sich mit aller fursichtikeit und<br />
macht vor partten [51] und partischen namen und zeichen zuo<br />
verhieten. Obgemelte mortliche nammen hattend sich 1516 in<br />
unsueberlichem, wie inen ouch zimt, rimen, hie zuo Bern zum<br />
narren 3 ) lassen ufschriben : 25<br />
Wir Gwelfen,<br />
Wend uns der ducaten und krönen beheben;<br />
So ir Gibel<br />
Essent kat und draeck ussem kibel.<br />
So bald ich der gewaret, sagt ich niinem herren schulthessen 30<br />
Jacoben von Wattenwyl: Hietent; diss sind die nammen, welche<br />
') Enkel (nepos); Friedrich II. war Grosssohn Friedrich's I.<br />
2) Davon findet sich keine Spur. In Pistoja sollen später die Partheinamen<br />
«Schwarze» und «Weisse» aufgekommen sein. Eine Verwechslung<br />
damit ist möglich.<br />
3 ) Auf dem Zunfthause zum Distelzwang, welche Gesellschaft sonst<br />
«zum Narren » hiess.
28 1147. 1152.<br />
das ganz Italien verderbend! Wurdend von stund an abgewischt<br />
und verboten. Wen aber, und wie das besehenen, wirt sich in<br />
sinem jar fuenden.<br />
Keiser Cüurats und kueng Ludwigs von Frankrich<br />
5<br />
schädliche reis zum heiligen grab.<br />
In obanzeigter blutiger zwitracht der edlisten hoch Tuetschen, (38)<br />
der Gibel oder Gibelin, kuenglichs und kei-| serlichs stammens,<br />
[52] der Heinricher von Gweiblingen oder Giblingen, dahar der<br />
nam Gibelin; und der Weifen oder Gwelfen, grosser forsten<br />
logschlechts von Altorf; — als der Türkisch houptman Sagwin') die<br />
grosse stat Edessa gewunnen, ein grosse zal Cristen gemetzget<br />
hat, schuof der babst Eugenius durch die heilikeit S. Bernharts,<br />
abts zuo Clarewall 2 ), fuer einen profeten gehalten, dass keiser<br />
Cuonrat Napols underliess und mit grossem hör, on das uberisfluessig<br />
fuossvolks, uf 70,000 reissiger pferde 3 ), dess glich kueng<br />
Ludwig von Frankrich, in das heilig land, des Türken maetze,<br />
mit grossem schaden zugend, 1147, und eins jars, ungeschaft und<br />
mit grösserem schaden und schänden, kum dennocht wider heim<br />
kamend 4 ). Und da der keiser verlassne zwitracht biss in sinen<br />
sotod vervolget und doch nit endet, verliess er die mit der krön<br />
sines bruoders sun, herzog Fridrichen von Swaben, welcher die<br />
zwitracht stilt und die krön erlangt.<br />
[53] Ton keiser Fridrichen, des nammens dem ersten,<br />
und foabst Alexandern III.<br />
25 Im jar Cristi Jesu 1152 5 ), ist mit willen der fuersten Roemscher<br />
keiser worden herzog Fridrichs sun von Swaben, Fridrich,<br />
i) Emadeddin Zanki oder Sanguin, seit 1126 Herrscher von Mosul und<br />
Aleppo, hatte 1144, der Sage nach am Weihnachtstage, die Stadt Edessa<br />
nach einer langen Belagerung durch Untergrabung der Mauern erobert.<br />
(Otto v. Friesing, Chr. VII. 20.)<br />
2) Der heilige Bernhard von Clairvaux.<br />
3) Diese Zahl wird auch von Giesebrecht als die wahrscheinlichste genannt<br />
(IV. 263). Mitte Mai 1147 zog Konrad von Regensburg aus. Am<br />
20. Juni brach sodann Ludwig von Frankreich von Metz auf.<br />
4) Konrad betrat am 1. Mai 1149 bei Aquileja wieder sein Reich. Er<br />
starb am 15. Febr. 1152.<br />
5) Den 4. März.
1152. 1155. 29<br />
(39) des nammens der erst, von | Walhen gnemt Barbaross, Rotbart,<br />
ein so keiserlicher fugenden ein keiser, als ongeverd undern<br />
Tuetschen ie gesin, uf welchen das ganz Roemisch rieh, gross guots<br />
zeschaffen, grosse hofnung satzt; wie ouch on zwifel ervolgt, wo<br />
sine wisheit und stärke durch die baebst nit verzert wäre. Dan,s<br />
nach dem er die Tuetschen Gibelin und Weifen, sine gesipten,<br />
vereint 1 ), vom babst Adriano riewig zuo Rom kroent 2 ), 1155, und<br />
zuo Wirzburg im graf Reinolds von Bisanz einige erb-dochter<br />
Beatrix, ein fürstlich wib, vermählet 3 ), da, der Burgunschen<br />
landen halb, [54] den von Zeringen gtridet und gfruendet 4 ), under- io<br />
stuoncl das ganz Italisch rieh im in einikeit und ghorsame ze<br />
bringen. Das so dem babst, dem kueug von Sicilien und etlich<br />
moechtigen steten widrig was, kartend si den babst Adrianum<br />
ouch mit gelt höh an, welcher ein Engenlaender was 5 ), und wider<br />
keiserlichen gwalt und friheit einen kueng in Sicilien gmacht 8 ),»<br />
dass er in den keiser soelte in hohen ban tuen, keinen cardinal<br />
oder bischof, im anhangend, machen oder annemen. Verbunden<br />
ouch sich, keinen babst ze haben, dan im widerwertigen. Und<br />
also ward der herlich keiser um ervorderung siner grechtsame<br />
unschuldig verbant, und hie mit ein zwenzigjaeriger grimmer 2 »<br />
(40) krieg 7 ) angfangen, in welchem obgenanter babst, | von einer<br />
muggen getrunken 8 ), schnei nach geschossnem bann umkam,<br />
i) Vergl. oben S. 26. Anm. 4 und 5.<br />
2j Am 18. Juni 1155, von Hadrian IV.<br />
3 j Friedrich war seit 1153 von seiner ersten Gattin Adelheid von Vohburg<br />
geschieden. Beatrix war die einzige Tochter des Grafen Reiuold III.<br />
von Hochburgund. Otto Frising. Gesta Frid. II. Cap. 29.<br />
4) Herzog Berchtold IV. von Zähringen musste in Folge der Heirath<br />
des Kaisers seine Ansprüche auf Burgund aufgeben und wurde durch Verleihung<br />
der drei Kastvogteien Genf, Sitten und Lausanne entschädigt. Vergl.<br />
oben S. 24. Anmerk. 5.<br />
5 ) Hadrian IV. hiess vordem Nicolaus Breakspeare.<br />
6 ) Im Juni 1150 übergab Hadrian IV. dem Normannen-König Wilhelm<br />
Sicilien und ITnteritalien als päpstliches Lehen und schloss mit demselben<br />
einen gegen den Kaiser gerichteten Vertrag. (Giesebrecht, V. 100.)<br />
') Von 1156—1177.<br />
8 ) Hadrian IV. starb am 1. Sept. 1159, eben im Begriff, den Bann<br />
gegen Friedrich zu erklären. Ausgesprochen wurde die päpstliche Excommunication<br />
erst von seinem am 18. Sept. erwählten Nachfolger Alexander III.<br />
(24. März 1160). Ueber Hadrian's Tod vergl. Giesbrecht V. 227.
30 1159. 1162. 1176. 1177. 11S4.<br />
1159; aber der redlich keiser fünf gwaltiger reisen in Italia tat,<br />
1162 die stat Meiland zerschleift, ackeret und salz drin seiet 1 ).<br />
Liess iren herzogen Gualfagan mit sinen hunden underm disch<br />
essen und geislen 2 ), bezwang [55] das ganz Italien und Rom,<br />
5 vermaugt im das kuengrich Sicilien, macht vier baebst wider einen<br />
Alexander 3 ), welcher 20 jar den krieg erhielt, in dessen nammen<br />
in Lamparten die stat Alexandria gebuwen 4 ), zuoletst verjagt, in<br />
kochs wis gon Venedig entran, und da erkant wol gehalten;<br />
darum der keiser sinen sun Otten, herzogen in Burgun, wider<br />
wdie Venedier schickt, ward der von inen gvangen 5 ), und do<br />
durch inzwischend sinem vater, dem keiser, und dem höh- und<br />
hartmietigen babst 1176 ein frid beschlossen, und der keiser<br />
vom Roemschen bann absolviert und ufs Türken metzbank buoss<br />
ze tun gewisen 0 ). Uf das, nach dem der keiser des richs staend<br />
iöin Italien in eid genommen, mit amptlueten besetzt, zoch er in<br />
Tuetschland gon Costenz, da hin die Lamparter beruoft 1177 und<br />
ein gmeinen richsfriden ufgericht 7 ), und den [56] 1184 hernach<br />
gebesseret und bestet uf gmeinem richstag zuo Nurenberg B ).<br />
So zoch der babst Alexander, des nammens der drit, von Senis 9 )<br />
20wider mit triumph gon Rom, muosten im die raet ghorsame<br />
swaeren, | hielt 1182 '") ein gross Concilium zuo S. Johans Lateran,<br />
bestetiget da der Roemschen kilchen gwalt und friheiten; was<br />
i) In der Woche vom 26. März bis 1. April 1162.<br />
2) Diese Nachricht findet sich in keiner der zugänglichen Erzählungen<br />
von der Zerstörung von Mailand. Der Namen Gualfagan kommt nirgends<br />
vor, und Herzoge hatte Mailand damals überhaupt nicht.<br />
3 ) Die kaiserlichen Gegenpäpste waren: Victor IV. 1159—1164. Paschalis<br />
III. 1164—1168. CalixtusIII. 1168-1178. Innocenz III. 1178-^1180-<br />
4) Im Jahr 1168.<br />
5 ) Ueber diese Geschichtsausschmückungen vergl. Bünau, Friedr. Lp. 285.<br />
6) Im Friedensschluss zu Venedig, 1. Aug. 1177.<br />
7 ) 25. Juni 1183. Die Acten des Tages, siehe Mon. Germ. Leg. IL 175.<br />
") Böhmer's Kaiserregesten verzeigen zwar einen Reichstag zu Nürnberg<br />
am 14. März 1184, aber ohne kirchenpolitische Bedeutung.<br />
9 ) Am 12. März 1178 hielt Alexander III. seinen Triumpheinzug in<br />
Rom, doch nicht von Siena aus, wie A anzunehmen scheint; vielleicht hegt<br />
auch eine Verwechslung mit Sens an der Yonne zum Grunde, wo Alexander<br />
fast zwei Jahre lang von 1163—65 sich aufgehalten hatte.<br />
i°) Vielmehr 1179 im März; 1182 war Alexander nicht mehr am Leben.<br />
Er starb 30. August 1181.
1182. 31<br />
23 jar babst, so lang nit über zwen nach S. Peter im babstuom<br />
gelebt •), zuo grosser plag der ganzen Cristenheit, und in sunder<br />
sinem Rom und Lamparten, und denen kuengen zuo Jherusalem,<br />
denen der herlich keiser wol haette mögen beholfen sin und<br />
rettung ton haben, wan er nit von dem entcrist 2 ) verhindrets<br />
und geschwächt wäre worden. Noch dennocht ward er bewoegt uf<br />
sin absoluz bim Tuerken buoss zuo reichen. Er hat uss dem herzogtuom<br />
Behem 1155 ein kuengrich 3 ), und uss der grafschaft<br />
Oesterich 1153 ein herzogtuom gmacht 4 ) a ).<br />
Nun so ist diss land genempt in Buerginen und in Nücht-io<br />
land, nit von vili wegen der bürgen 5 ) und oedi des lands, sunder<br />
von den germanischen Burgunder, deren ein teil Nuithoner")<br />
oder Nuechtlaender von Tuetschen geheissen, umb Avenza 7 ), der<br />
alten Helvecier houptstat, beliben, iren nammen da hand gelassen.<br />
Wan diss volk mit gwalt uss Tuetschen landen ueber Rin 1 »<br />
gezogen, daniden ob Luttringen an Sonen, und hiroben den Alpen,<br />
dem Rotten und der Sonen noch biss ans mer, disen zirk allen<br />
) ingenommen, beherrschet und von sich | Burgund gnempt, unz so<br />
das Arelatisch kuengrich zerteilt, wider vil nammen geben hat,<br />
wie oben gehört. 20<br />
*) Unten an der Seite, von A.'s Hand, aber offenbar in spätem Jahren<br />
gesehrieben, stehen die Worte:<br />
Weif, Im 1165.<br />
Turnier.<br />
Krieg, Behem.<br />
') Genauer 22 Jahre, von 1109—1181.<br />
2) Entchrist oder Antichrist heisst bekanntlich in der Sprache der<br />
Reformation der Papst.<br />
3) Vielmehr 1158. Ragewinus, Gesta Frid. III. 13. (Mon. Germ. XX. 424.)<br />
4) Siehe oben S. 26.<br />
5 ) Vergl. S. 14. Aninerk. 3.<br />
6 J Tacitus Germania, Cap. 40. — B. Rhenanus (Rer. Germ. C. I.) hat<br />
die Nuithoner zuerst hierher bezogen und dieser Ableitung zu liebe den<br />
Namen Cechtland in Nuchtland umgewandelt, (vergl. darüber Jahn, Geschichte<br />
der Burg. IL £95. Anmerk.)<br />
7 ) Aventicum, jetzt Wiflisburg.
32<br />
a ) Uass aber diss usser Helvetisch Burguii vil Burgen hab,<br />
und nit nüdt oder od Land sie, zeig volgend register an, von<br />
einer stat Bern seckelmeister, Bernhart Tillmann •), mir von<br />
Zürich inzeschriben zugebracht. Und zu dem ersten, so sind dis,<br />
5nach den Burgunschen klingen und herzogen, von den Tuetschen<br />
genempter landen herren gesin: nämlich die herzogen von Oesterrich,<br />
die da sind houpt- und landsfürsten ob allen gsin der<br />
landen. Item, die herzogen von Zeringen, ein kurze zit. Item,<br />
die edlen grafen von Habspurg im Argöuw, landgrafen im Elsass.<br />
10 Item, die fürstlichen landgrafen von Lenzburg. Item, die kiinen<br />
grafen von Kiburg, landgrafen in Burginen. Item, die edlen<br />
grafen von Froburg, Nmvenburg, Sternenberg, Altenburg, Wissen -<br />
bürg, Strassperg, Arberg, von Valendis, Tierstein, Falkenstein,<br />
Buchegg, landgrafen im Burgental, Gryers, Homberg, Wangen im<br />
15Waggenthal, Wangen im Burgental, Toggenburg, Rapperschwyl,j<br />
Wandelberg, Oelgge, Werdenberg, von Sanagans, Wasserstelzen,<br />
Spitzenberg, Sunnenburg, Wetz, Willisouw, Varwangen, Wintertur,<br />
Baden, Sant Gyselfluh, Oberfrouwenfeld, Seedorf, Zygenheim, Rotenburg,<br />
Zygenberg, Schenisch, Eichelberg, Regensperg, Granson, sind<br />
20 gesessen bi Sant Urban auf dem schloss Haggenberg.<br />
Hienach volgen die Frien Herren der landen :<br />
Schnabelburg, sunst von Rieden und Oberhofen, Signouw, Bgre,<br />
Spiez, Ringgenberg, Schweissberg, Kramburg, Bechburg, sunst<br />
Falkenstein, landgrafen im Syssgouw, Kien, End, Münsingen, Diessen-<br />
Böberg, Stouffen uss dem Argouw, Raron uss Wallis, Tusis, Mannenberg,<br />
Wyngarten uss Wallis, Balm, Sehnabel von Gruenenberg, Ligerz,<br />
Sträflingen, Freyenstein , Blauenstein, Brandis, Valkenstein, Gutenbürg,<br />
Frydauw, Obergossgen, Eppenstein, Wart, Arwangen, Loupen,<br />
Langenstein, Kapfenberg, Stifter zu Sant Urban, Wolhusen, Rotenso<br />
bürg, Schwanden, Wetzikon, Kempten, Thoufen, Arburg, Eschibach,<br />
*) Das folgende ist im Original von fremder Hand geschrieben, doch<br />
mit Correcturen von der Hand Anshelm's und, wie die ersten Worte zeigen,<br />
in seinem Auftrage. In der Pergamentabschrift von Paul A. fehlt das<br />
Stück ganz. Eine kritische Erklärung zu den einzelnen Namen würde zu<br />
weit führen, um so mehr, da das Verzeichniss voll lrrthümer ist.<br />
i) Seckelmeister seit 1528, vergl. über ihn: Leu, helv. Lex. 18. S. 180.
Harnstein, Utzingen, Wessenberg, Bonstetten, Schwarzenberg, Regensperg,<br />
Riisseck, Wysch, Tengen, Thorberg, Hasenburg, Rüw, Messen,<br />
Buerglen, Sax, von Hohen-Sax zu Burgion, Bussnang von Wynfelden,<br />
(44) Muntal, Seidenburen, Uster, j Matzingen, Joch, von Kry, Thiersperg,<br />
Prankingen, Wyssenburg, Bumberg, Hockenwyl, Plingen, Regen- 5<br />
storf, Wyningen ob Wettingen, Biichegk, Grunach, Dalmissfingen,<br />
Lierheim, Keyserstuel, Grünenberg, Wildenstein, Klingen, Ougspurg,<br />
Lagran, Pfaffnacht, Mülenen, Herren in der March, W Urningen,<br />
Vorkilchen, Balm, Sümiswald, Baldenwyl, Ramstein, Hagberg, Befermund,<br />
Schenken, Yfenthal, Hatstatt von Schottland, Wyssenburg 10<br />
uss dem Sibental, Blauenstein in dem Lor.<br />
33<br />
Hienach volgend ritter und edelknecht:<br />
Bild, Trossberg, Baldegk, Halwyl, Lo, Rynach, Hettlingen,<br />
Heidegk, Duttigkon, Liebegk, Klingstein, Hiinenberg, Kuessenberg,<br />
Kienberg, Ifental, Heidegk, Lielen, Urslikon, Estenz, Hurrhusen, 15<br />
Schönouw, Bottenstein, Scharrenberg, Wartenstein, Wartenfels,<br />
Bubendorf, Kriechen von Arburg, Hackburg, Rore, Hassle am<br />
Brienzersee Pannerherren, Gerenstein, Schönenfels, Romeos im Entlibuch,<br />
Wartenberg, Schofftlen, Wildenstein, Mulinen von der Muli,<br />
Gryffensee, Beinwyler, Birrwyl, Gilnnenschwyl, Triengen, Sursee, 20<br />
Tannenfels, Schenken, Sempach, Luternouw, Wolhusen, Trucksassen<br />
von Wolhusen, Schwertschwenden, Hächingen, Krienz, Seinren,<br />
Sehern, Sequen, Weggis, Mulistein von Wangen, Rychensee, Armensee,<br />
Hitzkilch, Mos, Groggenmos, Wyle, Tagerfeld, Wellenberg,<br />
Klingenberg uss dem Thurgouw, Crontal, Sengen, Hertenstein, 25<br />
(45) Hunwyl, Mecken, Blackenberg, Grimlmenstein, Friesenberg, Aergouw,<br />
Burgenstein, Wattenwyl, Brächtal, Halten, Altnacht, Softigen,<br />
Schupfen, Stein, Gouwenstein, Biberstein, Tamersellen, Kappelberg,<br />
Heiden, Biirren, Heidelberg, Duttwyl, Schlierbach, Rogwyl, Rüdischwyl,<br />
Pfaffnacht, Stemmenberg, Niderhofen, Steinbrunn, Bubenberg, 30<br />
Dunstetten, Erlach, Yberg, Scharnatal, Kluss, Hochrein, Meyenberg,<br />
Grueningen, Hilffiken, Langenberg, Schenken von Bonenschwyl, Vorkilchen,<br />
Sylinen, Ospenthal, Schenken von Schenkenberg, Nidergosgen,<br />
Besserstein, Wildenstein, Eriswyl, Hasle, Undersewen,<br />
Biimplitz, Landshut, Wald, Glaris, Liebegk, Windegk, Grasburg,35<br />
Schwarzenburg, Bumegk von ünderwalden, Landenberg von Gryffensee,<br />
3
34<br />
Landenberg von Hohen-Landenberg, Landenberg von Wellenberg, Landenberg<br />
von Werdegk, Rürnlang, Wildberg, Munchwyl, Vyschan, Hmnbrechtikon,<br />
Gachnang, Schenken von Liebenberg, Grynauw, Vrynen,<br />
Meyer von Muri, Nerniken, Valkensehwyl, Abersperg, Hunwyl, Schellensberg,<br />
von Altisshofen, Helmenstorf, Osenburg, Schenken von Büren,<br />
Schenken von Landegk, Blydegk, Walter, Adlikon, Einwyl, Roscliach,<br />
Soldenberg, Singensperg, Schwygensperg, Spiegelberg, Buechelsee,<br />
Rechberg von Entlibuch, Stuelingen, Sur, Ort Küchen, Walterscliwyl,<br />
Wetzwyl, Wangen, Erelzwyl, Rubischwyl, Trueksassen von Fron-<br />
10 bürg, Mutzwyl, Spins, Wildenburg bi Zug, Ringoltingen uss Sibental,<br />
Ergsingen, Kriegstetten, Griesenberg, Hurus von Lielen, Hogonie,<br />
Wellenberg, Usstren, Lindach, Ruetlingen, Ostren, Riimsingen, Arx,<br />
Ingwyl, Riitnlingen, Kalnach, Racheunach, Waidenburg, Gernouw,<br />
Wilden Aeptingen, Fridouw, Fryenwyl, Wettingen, SchSnegk,<br />
isSchönouw, Meyer von Merjsperg, Luttenberg, Winterberg von Ury, (46)<br />
Meyenheim, Altingen, Duernach, Schlaft, Meyer von Altstetten, Altenfar,<br />
Trueksassen von Waldegk, Falvenstein, Wichsei, Steinach, Bärenfels,<br />
Morgen, Steinegk, Rycbenbach, Schenken von Keyserstü.1,<br />
Trueksassen von Rapperschwyl, Castlen im Wyerthal, Busingen,<br />
so Bogenhofen, Lunghofen, Buchenstem, Graben, Wartensee, Schouwensee<br />
'stifter zu Rathusen, Gryffenstein , Blochingen , Strus, Zwingenstein<br />
, Sternegk Fryen, Rosenberg Fryen, Sutzberg, Heidelberg.<br />
Ryffenberg, Meyer von Appenberg, Auch, Ruch, Liebenfels, Eberhartschwyler,<br />
Mandach, Gessler, Manassen, Müller, SchäfFlin, Truck-<br />
25sässen von Diessenhofen, Trueksassen von Ringingen im Waggeutal,<br />
Hegnouw, Gundischwyler, Bosswyl, Hopler von Hettlingen, Sehonenwerdt,<br />
Rappenstein, Altiken, Mowensee, Soppensee, Ruebegk, Ersamen<br />
von Wyningen, Bouer, Ruchenstein, Grulen, Barr, Aeberburg, Rysenstein,<br />
Mannenberg, Rychenstein, Hedingen, Rychenburg in der March,<br />
soMannenbach, Pfeffigken, Sehollenberg, Wyer, Rogenwyl, Rynouw,<br />
Kalnach, Korberg, Zyniken, Boumgarten, Mittenwyl, Elsas, Louffen<br />
am Blauwen, Guenstelrein am Niiwenburgersee, Gelterkingen, Roglyschwyl,<br />
Schouwenburg, Däschli zu. St. Urban, vast gut Luet, Samen,<br />
Sehalar, Blaunberg bi Biberstein, Entz, Ebersingen, üdlingens5schwyler,<br />
Meyer von Knunouw, Schattdorf, Mulwyl, Trachsehvald,<br />
Stein, Demptingen, Gaverzingen, St. German.<br />
Die summ obgemelter geschleckten ist vierhundert sechs und<br />
vierzig, und dennoeht noch mehr, dann im Buergenthal bi sechs und
1165. 35<br />
drissig gschlecht, allein von graten und fryen, on die edling<br />
gedacht worden; den | merenteil vom hantvesten Bern mit dappen<br />
und geld eroberet.<br />
[58] Von herlichem duraler herzog Waelfen zu Zürich.<br />
Item und von einem krieg wider den pfalzgrafenc<br />
von Tübingen gehalten, da die Behem ein rnche<br />
streift durch diss land getan haben.<br />
Im jar Christi Jesu 1165, als herzog Waelf') vom keiser, sinem<br />
veter, uss Italien komen, hat er in siner houptstat Zürich ein<br />
turnier gehalten; da ingeriten mit sampt siner husfrouwen, Anna, io<br />
herzogin von Spolet, mit 480 pfaerden, 78 turner helmen, und<br />
34 fuersten vom Beierischen stammen 2 ); so sind da gewesen uss<br />
disen landen die grafen von Liinzburg, Kyburg, Buchegk, Wangen,<br />
Nidouw, Nuwenburg, Obern-Baden, Winterthuor, Alt-Frouwenfaeld,<br />
Tockenburg, Fuorwangen, Spiegelberg, Muosax, Sanggans,ir><br />
Vaeldkirch. Von frien herren: Stretlingen, Signouw. Ringenberg,<br />
Brandis, Arwangen, Witlispach, Obergessgen, Arburg, Bechburg,<br />
Falkenstein, Willendingen, Torberg, Waedischwyl, Aeschenbach.<br />
Von rittern: Halwyl, zwen; Rinach, Surse, Simpach, Christoff<br />
von | Erlach, zwen von Bubenberg, Etiswyl, Gluris, Entli- 2«<br />
buch, Schwaertschwanden, Luternouw, Landenberg. Vierzaechen<br />
fuersten, 91 grafen, 84 friherren, 133 riter, 102 edling. Aller<br />
624 heim.<br />
Das turnier was vom ersten keiser Heinrichen angesechen,<br />
den Tutschen adel bi adellichem harkomen und wesen zuo be-2-<br />
halten. Ist zu unsern ziten abgangen, so die fuersten uss schribern,<br />
schinderen und kouflueten [59] edling machen, und aber<br />
dabi der alt geborn adel verderbend, sich mit richer burgern<br />
und kouflueten verhuerung erhalten muss. Als zu unsern tagen<br />
i) Gewöhnlich Heinrich der Löwe genannt.<br />
2) Diese Nachricht scheint A. dem «Thurnierbuch» von Rixner<br />
entnommen zu haben, das im Jahr 1530 erschienen war, und auf welches<br />
auch Stumpf sich beruft. Dort sind die hier folgenden Herren als Theilnehmer<br />
am Turnier von 1165 aufgeführt. Das Thurnierbuch gibt keine<br />
Quelle. Das Verzeichniss hat natürlich keinerlei Werth. Die von Krlach<br />
und Bubenberg kommen urkundlich erst im 13. Jahrhundert vor.
36 1166. 1187.<br />
hat der waelsch scharb Fucker ') von Ougspurg, so ein waeber<br />
gesin, den alten edlen grafen von Helfenstein, item den tueren<br />
riter von Bubenhofen, durch siner doechtern verhörung müssen<br />
erhalten. Desglich in unseren | landen getan hat der rieh (49)<br />
skoufman Metteli den alten edlen friherreu von Mossax und von<br />
Bosteten 3 ). Und also wie vor ziten die tugend, also macht ietzan<br />
das gut edel; darumb auch die, so sich edelluet und edel<br />
knecht nemmen, ietzan koufluet und koufknecht werden. Ouch<br />
so ver, dass den mächtigsten, Römischen keiser und babst, dise<br />
loiiammen ietzund zugelegt werden; dan der keiser haltet koufmer<br />
uf; so hat der babst Paulus mit sinem kornkouf ganz Italien<br />
in doetliche tuere gebracht a ).<br />
Im nächsten jar, nämlich im 1166., hat obgenanter Wälf,<br />
mit hilf sines Schwagers von Zaeringen 4 ), sich wellen rechen am<br />
i5pfalzgrafen von Tübingen, mit nammenHans; deshalb die ruchen<br />
Behem, durch herzog Fridrichen von Schwaben bewegt, vom<br />
Bechamer wald an, durch Beiern, Schwaben und Burgun havuss<br />
biss an Jaenfersee, ein grime wuestung getan haben; durch den<br />
keiser, so beiden teilen gesipt, schnei uss Lamparten komen,<br />
'o und zu Ulm gefridet worden ä ).<br />
[61]") Wie Jherusalem vom Türken wider gewonen und (50)<br />
keiser Fridrich uf der fart umkomen.<br />
Im jar Cristi Jesu 1187, als der zit der fuertreff liehst, mächtigst<br />
fuerst, Türkischer keiser und soldan, Saladin, so die Cristen<br />
a ) Seite 60 des Manuscripts ist weiss gelassen.<br />
i) Ueber die berühmte Familie Fugger in Augsburg vergl. Allgem.<br />
deutsche Biogr. Bd. 8. S. 179.<br />
2) Andreas Rollo von Bonstetten, Ritter und Herr zu Uster und Hohensax,<br />
hatte seine Tochter Justina, eine Schwester Alberts v. B, des bekannten<br />
Decans zu Einsiedeln, dem Jacob Mötteli von Rappenstein zur Ehe gegeben.<br />
3 ) Ohne Zweifel ist Paul II. gemeint (1464—71), der im Interesse des<br />
Fiscns die Lebensmittel besteuerte. (Vergl. Gregorovius, Geschichte der<br />
Stadt Rom, VII. 219.)<br />
4) Der Weife Heinrich der Löwe war zuerst verheirathet mit dementia,<br />
Berchtold's IV. von Zähriugen Schwester.<br />
5 ) Nach Chron. abb. Urspergensis (ed. Basilese 1569) p. 293. Der Pfalzgraf<br />
von Tübingen hiess aber Hugo, nicht Johann.
1187. 1189. 37<br />
den verstand, zwischen dem kuengrich Jherusalem und dem Türken<br />
gemacht, gebrochen — nach dem's die Cristen in kuenglichem nammen<br />
under 8 kuengen, von Gotfrid an von Bulion bis uf den<br />
gevangnen Gwido von Lussinien •), acht und achtzig jar mit unzaelichem<br />
bluot beherschet, — Jherusalem die stat gewunnen, und 5<br />
die Cristen uss allem kuengrich ine mit giete, dan mit streichen<br />
vertriben, oder im underton gemacht, unss an Tyro, welche graf<br />
Cuonrat von Montferrar erhielt und riterlich beschirmt 2 ), do<br />
gabend abermals die baefost ir kruez us, die Cristen uf des [62]<br />
Türken maetzbank, wie ouch beschah, ze kruezgen, wie si dan ieio<br />
und ie geton, so inen gelt, oder land gebrast; hats der glueckhaftig<br />
Tuerk, des entcrists 3 ) rentmeister und houptman, miessen<br />
inziehen und gewinnen. Das kruez ouch der keiser, vor mit<br />
sinem veter seligen, keiser Cuonraten, getragen, wider uf sich<br />
nam 1189, zoch mit grossem hoer und gwaltigem sig biss in 15<br />
(51) Armenia, wolt sich da in einem fluss baden, | darin er im acht<br />
und drissigsten jar sines richs 1190, allem rieh kläglich, ertrank 4 ).<br />
Do fürt den toten keiser sin sun, herzog Fridrich von Swaben,<br />
des keiserlichen hoers houptman, gon Tyro, da er ligt vergraben.<br />
Bald hernach 5 ) starb der herzog Fridrich vor der stat Achon, 20<br />
von den Cristen belaegret. So lept dessen bruder, des enthoupteten<br />
hoers heimfuerer, herzog Ott von Burgun, hienacher ouch nit<br />
lang 6 ).<br />
i) Guido von Lusignan, König von Jerusalem, wurde 1187 den 4. Juli<br />
in der Schlacht bei Tiberias gefangen; am 3. October zog Saladin in<br />
Jerusalem ein.<br />
2) Vergl. Raumer, Hohenstaufen. IL 439 u. ff.<br />
3 ) Der Entchrist ist der Pap9t (siehe oben): «der Türke» heisst des<br />
Papstes «Rentmeister» desshalb, weil der Krieg gegen die Türken schon<br />
damals, wie später zur Zeit Aushelm's, den Vorwand bieten musste für Geldsammlungen<br />
in die päpstliche Kasse.<br />
4 ) Den 10. Juni 1190, beim Uebergang über den Fluss Saleph. (Vergl.<br />
Raumer, Hohenst. IL, 436. Annierk.)<br />
5) Den 20. Januar 1191.<br />
6) Pfalzgraf oder Herzog Otto von Burgund, der nach dem Tode des<br />
Vaters und Bruders das Kreuzheer nach Deutschland zurückführte, starb<br />
schon 1200 ebenfalls.
•<br />
38 1160. 1175. 1185. 1189.<br />
Von dem von Zeringen.<br />
Aber herzog Bertholt von Zeringen, der letst, do er gon<br />
Tyro sinen herren beleit hat •), zog er [63] wislich vom maetzbank<br />
wider heim, huob sich an in Burgun stärken und Bern<br />
sbuwen. Sin vater, herzog Bertholt der drit 2 ), 1160 was des<br />
keisers venner gsin, an einer schlacht vor Meiland erobret, und<br />
am harten stürm, do der keiser Crem 3 ) gewan, vor fuenf jaren,<br />
acht jar nach dem er Friburg in Oechtland gebuwen hat 1175 4 ),<br />
gestorben, und zuo S. Peter, von Zeringen gestift, im Swarziowald<br />
vergraben 1185 5 ). Dessen bruoder Ruodolf, bischof zuo Losen 6 ),<br />
was im 1190 gestorben.<br />
Von haudlung der klingen Frankrich und Engenland in<br />
disem kruezzug.<br />
In obgemeltem kruezzug, 1189, sind dem keiser nachzogen<br />
15 kueng Philip von Frankrich und kueng Richart von Engenlant,<br />
Loewenherz gnemt. Und als si vor Achon. vor Ptholomais geheissen,<br />
zuosamen kamend, gfiel entwedrem des andren rat, [64] und<br />
doch, nach dem si ein jar davor geloegen und die muren zerrissen,<br />
namend si die stat uf, also dass alle gvangen zuo beden siten ledig,<br />
20 und das heilig kruez, von Jherusalem entfiert, herus geben<br />
wurdid. Hiemit zoch der Franzesisch kueng heim. So bleib der<br />
Engelsch ins fierd jar. Und als der soldan nit hielt, Hess er<br />
6000 ufgebner Saracenen enthoupten 7 ), gwan die lantschaft,<br />
') Die Theilnahme Berchtold's V. von Zähringen am Kreuzzuge von<br />
1189 ist sehr zweifelhaft. (Vergl. darüber Wurstb. II. 295.)<br />
2) Nach der gewöhnlichen Bezeichnung Berchtold IV. (1152—86.)<br />
3 ) Ueber die Betheiligung Berchtold's IV. an dem Kampfe gegen Mailand<br />
und an der Eroberung von Crema, 27. Jan. 1160, siehe Chr. Ursperg.<br />
p. 288. (Vergl. Wurstemb. II. 209.)<br />
4) Vielmehr 1177 oder 1178; vergl. oben S. 24. Anm. 6. Die Jahrzahl<br />
ist wohl nur verschrieben, da die Angabe: «acht jar nach etc.» ebenfalls<br />
auf 1178 führt.<br />
5 ) Berchtold IV starb 1186 den 8. December oder (nach dem Jahrzeitbuch<br />
von St. Peter) am 8. September. Berchtold IL hatte das Kloster am<br />
1. Juli 1093 gestiftet. «Vor fünf iaren», nämlich auf 1190 bezogen.<br />
6 ) Vielmehr zu Lüttich, vergl. oben S. 24. Anmerk. 4.<br />
7 ) Vergl. Raumer, Hohenst. II. 479, wo die Zahl auf 2500 angegeben<br />
wird.
1191. 39<br />
buwt Joppe und Ascalon, gab das kuengrich Cypren, so er dem<br />
Constantinopolischen keiser um untruew genommen und entpluendret<br />
hat, dem vertribnen kueng Guido um sinen titel Jherusalem,<br />
danhar die kuenge von Engenland ouch sich kuenge Jherusalem<br />
nemend. Und von dises Guidons stammen ist nach zwei 5<br />
hundert jaren ein titel diss kuengrichs Cypren 1458 an die von<br />
Saffoy kommen; doch so bleibs den Venediern. [65] Darnach als<br />
im der Franzesisch kueng hat daheim die Normandi angriffen,<br />
macht er mit dem soldan ein fuenfjärigen bstand und fuor hin •).<br />
Und do er in Oesterrich kam, ward er vom herzog Lupoiden, 10<br />
dem er sine paner vor Achon zuo schmäh undergschlagen hat,<br />
(53) gevangen und | keiser Heinrichen übergeben, von dem er sich<br />
um 200,000 mark silbers lost. Zoch heim und kriegt grim<br />
wider geistlich, weltlich, wie ouch der Franzos tat, biss er vor<br />
Lemon 2 ) erschossen ward. So gewan keiser Heinrich mit denii 5<br />
silber bede Sicilien, im von siner husfrowen wegen, kuenginn<br />
Constantia, zuogherend 8 ).<br />
An ob beschribnem keiser Fridrichen hat der dichter diser<br />
loblichen stat Bern kronik angehaebt nach 268 jaren 4 ). Ist zu<br />
achten, er hab mangel gehaben an vergangner zit kroniken. w<br />
[66] Wie durch keiser Heinrich VI. der Swaefosch staut,<br />
in Napols und Sicilien komeu, darin geendt hat.<br />
Im jar Cristi Jesu 1191, nach dem keiser Fridrich hat einige<br />
unruow alles sines lebens diser zit fiberwunden, bevor sinen sun<br />
Heinrichen, mit willen der fuersten, lassen zuo Roemschem kueng25<br />
krönen, ist genamter Heinrich, diss nammens der sechst, herzog<br />
von Swaben, keiser worden. Welcher, nach dem er die von<br />
•) Am 9. October 1193 verliess Richard Löwenherz Syrien.<br />
2 ) Vor dem Schlosse Chaluz bei Limoges, im Jahr 1199.<br />
3) Die als Lösegeld für Richard Löwenherz aus England empfangene<br />
Summe diente Heinrich VI. zur Bestreitung des glänzenden Feldzugs gegen<br />
das Normannenreich im Sommer 1194.<br />
4) Justinger fing seine Berner Chronik mit dem Jahr 1152 an. Die<br />
Abfassung begann er 1420, also nach 268 Jahren.
40 1195. 1267.<br />
Coeln, Luetich, deren bischof im ufruor erstochen'), die Burgunner<br />
und den von Zeringen, so des jars Bern anfieng, in ghorsame<br />
bracht 2 ), darnach zuo Rom 1195 vom babst Celestino bekrönt 3),<br />
zoch mit macht in Napols und Sicilien, behouptet boede kuengrich,<br />
s welche die Normander, den Kriechen und Saracenen angewonen,<br />
hundert und fier und nuenzig jar riter[67]lich hattend beherschet 4 ).<br />
Und blibend also die rieh underm | Swaebschen stammen dri und (54)<br />
sibenzig jar. Ist do nämlich im jar Gristi 1267, mit hilf und<br />
rat, gar nah verrat, des Franzesischen babst dementen 5 ), durch<br />
»die Franzosen, so den letsten des stammens, den unbarteten<br />
Conradin, zuo Rom keiser griesst 6 ), zuo Napols uufuerstlich enthouptet<br />
hond'), diss edler stam abgangen, das herzogtuom zerteilt,<br />
und bede Sicilien kueng Ludwigs von Frankrich briider,<br />
Carln, grafen in Provantza, im von Conradins grossvater, keiser<br />
lsFridrich IL zuo östuer vergäbet 8 ), nit ungerochen, ouch nit ganz<br />
beliben; dan unsshar in unserer zit das swoert nie geruowet, ouch<br />
ein grosse zal starker Eidgnossen und Berner in der Franzosen<br />
dienst verzoert hat.<br />
Von einer reis wider den von Zeringen, vom pfalzgrafen<br />
20 fuergenomen.<br />
Diewil nun der keiser in Sicilien [68] sine gschaeft verordnet,<br />
beval er sinen briederen, Philippen die innere waelsche.<br />
i) Bischof Albert von Lüttich, der Nachfolger Rudolfs von Zähringen,<br />
wurde am 24. November 1192 zu Rheims ermordet.<br />
2) Berchtold V. als Rektor von Burgund soll 1190 und 1191 die aufständischen<br />
Burgunder besiegt haben; von einem Aufstand seinerseits gegen<br />
den Kaiser ist nirgends die Rede. (Wurstemb. IL 297.) A. hat ohne Zweifel<br />
den verunglückten Zug des Pfalzgrafen Conrad im Sinne, von dem er annimmt,<br />
dass er «auf Geheiss des Kaisers» unternommen worden sei.<br />
(Siehe das folgende Capitel.)<br />
3) Die Kaiserkrönung fand den 15. April 1191 statt.<br />
4 ) A. setzt somit, sehr approximativ, den Beginn der Normannischen<br />
Herrschaft in Süditalien in das Jahr 1000.<br />
5 ) Clemens IV., seit 1265 Papst, war aus der Provence gebürtig.<br />
6) Im Juli 1268 war Conradin im Triumph in Rom eingezogen.<br />
•>) Den 29. October 1268.<br />
8 ) Karl von Anjou gründete seinen Anspruch auf Sicilien auf den 1263<br />
mit Papst Urban IV. abgeschlossenen Vertrag. Von einer anderen Herleitung<br />
seines Rechtes ist nirgends die Rede. (Vergl. Raumer, Hohenst. IV. 482.)
1191. 1199. 41<br />
und Cuoraten dem pfalzgrafen die obertuetsche und Burgunsche<br />
land ze bewaren. Und also, uf geheiss des keisers, understuond<br />
der pfalzgraf ein zug wider herzog Bertholden von Zeringen, so<br />
Bern buwt 1191; ward er underwegen zuo Durlach, wie geacht<br />
(56) bi eim wib | oder vom wib selbs, erstochen'). Also für der vons<br />
Zeringen an sinem buw fuer; und fuerzefaren erwarb er vom keiser<br />
gunst, friheit und bestetigung 2 ).<br />
Von drien erweiten Roemschen klingen, Zeringen, Saxen<br />
und Swafoen.<br />
Im jar Cristi Jesu 1199, als keiser Heinrich, im achtdenen jano<br />
sines richs in Sicilia zuo Messan 3 ) gestorben, und zuo Panorm 4 ) vergraben,<br />
verlassen hat in der waglen [einen] einigen sun, Fridrichen 5 ),<br />
[69] von forsten erweiten und verschribnen Roemschen kueng;<br />
dennocht uss bewegnues des babsts, so den Swaebischen stammen,<br />
als im ze moechtig, schuecht, erwalt ein teil der fuersten, zuo Coelnis<br />
versamten 6 ), herzogen Bertholden von Zeringen, so an gelt,<br />
muot und list rieh, ouch mit bäbstlichen briefen harzuo ernstlicli<br />
ermant was. So erwalt aber der ander teil der fuersten, zuo<br />
Milhusen versamten 7 ), herzog Philippen von Swaben, stathaltern<br />
in Italien, doch bannigen. Welchem der von Zeringen, als ze so<br />
schwach und sines gelts verschonend, ouch mit gaben und friheiten<br />
bewegt, listiklich sich vereint und ghorsame swuor 8 ). Liess<br />
•) Am 15. August 1196.<br />
2) Nach dem Eingang der Handveste von Bern. (Fontes II. p. 2) und<br />
Justinger's Chronik (ed. Studer, cap. 13).<br />
3 ) Messina (alt Messana); den 28. September 1197.<br />
4 ) Palermo (alt Panormus).<br />
5 ) Friedrich (IL) war beim Tode seines Vaters erst 4 Jahre alt, «in der<br />
Waglen » (Wiege).<br />
6) Den 1. März 1198.<br />
7 ) Den 8. März 1198.<br />
») Der Abrede zuwider unterstützte Berchtold selbst die Wahl seines<br />
Gegners, wie es hiess aus Habsucht, indem er von Philipp für seinen Verzicht<br />
eine grosse Summe Geldes empfangen haben soll.<br />
A. folgt auch hier dem Bericht der Ursperger Chronik (p. 306 u. 307).<br />
Ueber alle diese Verhandlungen ist zu vergleichen Winkelmann, Phil,<br />
v. Schwaben, (Jahrb. d. d. Gesch.) S. 59 ff. u. Erläut. IL u. IV.
42 1199. 1206. 1209.<br />
zuo Coeln zwen siner swester suen, grafen von Urach, iezt Wirtenberg,<br />
um gehoepten kosten verston, dass si bed | uss armuot und (56)<br />
gluebt rieh muench, Cnnrat ein cardinal und Berthold ein abt<br />
warcli). Und als nun [70] der von Zeringen siner erwellung absgstanden<br />
was, erwoelt sin partl zuo Coeln den mer edlen, ergittigen<br />
und frefnen, wan glueckhaftigen und wisen herzog Otten,<br />
des namens den fierden, von Brunswig, kueng Richarts von Engenlant<br />
Swestersun 2 ), ilends zuo Aach krönten, vom babst uss entcristlichem<br />
gwalt iezt angenomnen und bestaeteten, und hernach<br />
io wider verworfnen und verbanten 3 ). Nach dem nun dis gesipten<br />
zwen kueng mit zertrennung, schand und schaden des ganzen<br />
richs einandren jagten, also dass bed teil der fuersten, mied, keiser<br />
Philippen, so gwonlich oblag, mit dem babst Innocentio, der<br />
gschworen hat, er weite disem oder diser mieste im sine krön<br />
isnemen, versientend. Und hienach machtend 1206 des babst<br />
legaten zwischen denen kuengen einen vertrag, dass Philipp<br />
richsnete, und [71] Ott mit baebstlicher dispensaz dises dochterman<br />
sin, und nach im richsnen soelte 4 ).<br />
20 Von keiser Philips tod, Ottons regiment und Fridrichs II.<br />
ingang.<br />
Im jar Cristi Jesu 1209, unlang nach gemeltem vertrag,<br />
als der from keiser Philip, on | baebstliche krön 5 ), zuo Bamberg (57)<br />
i) Berchtold hatte seine beiden Neffen seinen Freunden als Geiseln für<br />
die Erfüllung seiner Versprechen gestellt. Er Hess dieselben jedoch im<br />
Stich. Nach der unerwiesnen Vermuthung des Chron. Ursp., dem A folgt,<br />
hätten sie später ihre Freiheit nur durch den Eintritt in den geistlichen<br />
Stand («Armut und G'lübd») wieder erlangt. Vergl. Winkelmann, Philipp<br />
von Schwaben, S. 73. Note 2, und Roth von Schreckenstein, Forschungen<br />
zur deutschen Geschichte, VII. 319. 326.<br />
2) Den 12. Juli 1198. Otto von Braunschweig war der Sohn Heinrich's<br />
des Löwen und einer englischen Prinzessin.<br />
3 ) Otto IV. wurde von der weifischen Partei auf Anstiftung des<br />
Papstes den Hohenstaufen entgegengestellt, den 4. October 1209 zu Rom<br />
von Innocenz III. gekrönt, aber schon am 21. März 1211 wieder excommunicirt.<br />
(Winkelmann, Otto von Braunschweig, p. 200.)<br />
*) Chronik Ursp. a. a. p. 310. Der Friede wurde erst 1208 hergestellt.<br />
5) Philipp hat nie vom Papst die Kaiserkrone erhalten.
1203. 1209. 1210. 1212. 43<br />
in siner aderlaesse ruowend, vom Beierischen Otten von Witlispach,<br />
uss keiser Fridrichen I. erung pfalzgrafen, schantlich ermoert was<br />
1208'), zoch keiser Ott gon Rom 1209, ward da vom babst<br />
kroent 2 ), mit geswornem eid, S.Peters erb und der Roemschen<br />
kilchen guot und friheit ze schirmen, keinen krieg wider die kueng s<br />
Sicilien und Fraukrich anzevahen; hielt er von stund an nit, vermeint,<br />
dem [72] Roemschen rieh zustande land und fiiheiten ze<br />
beziehen, greif des babst und kuengs von Napols land an, nam<br />
ouch Arie, des Burgunschen richs houptstat und land in 3 ), 1210,<br />
namt sich ein Roemscher keiser und kueng von Arie, so die vomo<br />
Zeringen lang haftend ingehaept. Und also, da in der babst<br />
verbant, schiktend die kuriursten, so im vor in der waglen gelopt,<br />
mit willen des babsts, nach kueng Fridrichen von Sicilien,<br />
einigen herzogen zu Swaben, welcher von stund an hinder im<br />
liess sine Arragunische kuengin mit einem kuend Heinrichen, und20<br />
zoch heruss in Tuetsche land 4 ). Und als im keiser Ott zuo Ueberlingen<br />
engegen lag, zoch er mit hilf des bischofs von Chur, des<br />
abts von S. Gallen, und des friherren von Sack herab [73] gon<br />
Costenz, und da dannen, mit geleit deren von Kyburg und andrer,<br />
von kueng Fridrichen mit lehen, friheiten und des richs pfant-25<br />
schaften ßrlich begabten, gon Basel 5 ) 1212, und da dannen hinab<br />
(58) bis gon Aach, ward da kroent 6 ). So zoch aber keiser Ott jensit |<br />
Rins ouch hinab, dorft si nit angrifen, fuor in Flandern 1214,<br />
>) Am 12. Juni 1208. — Friedrich I. hatte 1180 den Bruder seines<br />
Vaters, Otto von Witteisbach, zum Pfalzgrafen von Baiern erhoben.<br />
2) Am 4. October 1209. Siehe hievor S. 42. Anm. 3.<br />
3 ) Otto IV. hat nie einen Zug nach Burgund gemacht, sich auch nie<br />
König von Arie genannt. Wie A. auf diesen Irrthum kam, ist unerklärlich.<br />
(Vergl. Winkelmann, Otto von Braunschweig.)<br />
4 ) Die Excommunication gegen Otto IV. wurde den 31. März 1211<br />
proklamirt, worauf Friedrich von Hohenstaufen im März 1212 von Sicilien<br />
aufbrach.<br />
5 ) Der Hülfe des Bischofs von Chur, Arnold von Matsch, und des<br />
Freiherrn Heinrich von Sax, denen ein grosser Theil der Ostschweiz und<br />
die Bischöfe von Constanz und Basel folgten, verdankte Friedrich das Gelingen<br />
jenes abenteuerlichen Zuges. (Winkelmann, Otto v. Br. p. 324 ff.)<br />
6) Friedrich IL wurde am 9. December 1212, aber nicht in Aachen,<br />
sondern zu Mainz gekrönt.
44 1218. 1198.<br />
meint, der kueng von Frankrich het in gehindret, ouch bewegt<br />
von sinem veter, dem kueng von Engenlant, Johansen'), und von<br />
den grafen von Flandern und Bolonien 2 ), zugend fuenfzigtusent<br />
stark wider kueng Philippen von Frankrich, der inen mit soelicher<br />
5 geschicklikeit begegnet, dass er, von Tuetschen gvelt, errett, aber<br />
die bed grafen gvangen wurden, der Engelsch kueng und der<br />
keiser sinen adler, höh uf eim dracken ufgericht, sampt grossem<br />
volk dahinden Hess, mit flucht kum, und nit on schaden und<br />
schand, entrannen 3 j. [74] Hernach ruowt er, von keiser Fridrichen<br />
io uberherschet. Starb 1218, im 20. jar sines richs, in welchem er<br />
allein fier jar fri gerichsnet hat 4 ).<br />
Vom foabst Innocentio III., des Entcrists erhoehung.<br />
In oberzelter fierer Boemscher keiseren sachen angezogner<br />
babst ist gwesen Innocentius der drit, von Anania 5 ), ein hoher<br />
lödoctor, sunderlich geistlich gmeinter rechten. Des billich ze<br />
gedenken, wan er ins entcrists stuol, durch den suebenden Gregorium<br />
bevestnet, am höchsten gsessen, keiser, kueng und fuersten,<br />
geistlich und weltlich, nach sinem gvallen wie ein ballen in siner<br />
hand ballet. Darzii im half und dient der Tuerk, der kueng von<br />
20Frankrich und | Engenland, item und der Tuetschen krieglich [75] (59)<br />
harte vigentschaft; item und wol des kuengs Fridrichs von Sicilien<br />
unbeholfne jugend, im mit siner alten muoter undertan;<br />
berowt die irer friheit, macht bede Sicilien von Roemscher kilchen<br />
lehen, die grafschaft Fund eigen, vertreib die keiserschen an-<br />
25waelt, und nam die fuerstentuom Bononia, Raven, Ancon etc., undergabs<br />
sinem briider Richart, in S. Peters erb zum grafen gmacht 0 ).<br />
i) König Johann (ohne Land) von England war Otto's IV. Oheim.<br />
2) Die Grafen Ferrand von Flandern und Reginald von Boulogne<br />
waren mit den Engländern verbündet.<br />
3) In der grossen Schlacht bei Bouvines, 27. Juli 1214. (Vergl. Winkelmann,<br />
Otto v. Br. 371 ff.) Otto soll als Panier einen über einem Drachenbild<br />
stehenden Adler geführt haben. (Chron. Ursperg.)<br />
4) Er starb am 19. Mai 1218.<br />
5 ) Lothar, Sohn des Grafen Trasmund von Segni aus der Stadt Anagni.<br />
6 ) Innocenz benutzte die Lage des Kaiserthums zur Vergrösserung des<br />
Kirchenstaates durch die Grafschaft Fondi und die Gebiete von Bologna,<br />
Ravenna und Ancona etc. (Vergl. Winkelmann, Otto v. Br. p. 318.)
1216. 45<br />
So übergab sich im Engenlant'), von kueng Philips von Frankrich<br />
sun, Ludwigen, ingnommen, und glich um 15,000 mark Silbers<br />
kueng Heinrichen, des vertribnen Johansen sun, gelassen, mit<br />
Hibernia 2 ), in der Roemschen kilchen schirm, iren jaerlich 100 mark<br />
silbers ze gaben, und die kuenftigen kueng von ir ze erkennen, s<br />
Lobt den baebstischen Berthold von Zeringen, begnadet keiser<br />
Philippen, so sine dochter sinem bruoder [76] ze vermeiden 3 )<br />
und nuet von S. Peters erb anzesprechen verheissen Hess; verbant<br />
keiser Otten, so wider gheiss sine, des Roemschen keisers, grechtsame<br />
hiesch; fuerdret kueng Fridrichen, sinen eigenman 4 ); ver- w<br />
flucht, so die Engeischen sine kinder anruerten 5 ).<br />
Concilhim zu Rom.<br />
Hat im achzehenden und letsten jar sines babsttuoms 1216°)<br />
(60) fuernemlich ze erobrung des heiligen grabs, | ein so herlich concilium<br />
in siner kilchen zu S. Johans im Lateran gehalten, als ie is<br />
gsin mocht. Darin nämlich zwen patriarchen von Constantinopel<br />
und Jerusalem, erzbischof 71, bischof 412, aebt, prior und probst<br />
ob 800, on zal der abwesenden praelaten boten, und on zal uss<br />
aller Cristenheit, der keiseren, klingen, fuersten, landen und<br />
staeten botschaften, dri jar lang mit gebot und ban [77] zuosamenä)<br />
berieft. Beschloss da uss goetlichem gwalt, S. Petern, sinen nachkommen,<br />
und der Roemschen kilchen Satzungen, bi heil der seien,<br />
zuo gehorsamen; hat geben ein ganz buoch geistlich gnemter<br />
Satzungen, under welchen die, dass der Römisch babst ein houpt<br />
der Cristen, ubern keiser gwalt anzenemen oder ze verwerfen»<br />
') Am 15. Mai 1213 erklärte sich König Johann von England als<br />
Vasall des Papstes.<br />
2) Irland wurde mit England dem Papst unterworfen.<br />
3) Es war vielmehr im Jahr 1208 von einer Heirath einer Tochter<br />
Philipps mit einem Neffen des Papstes, dem Sohne Richard's von Segni, die<br />
Rede. (Winkelmann, Philipp von Schwaben, pag. 458 und Erläuterungen<br />
XIV. pag. 540.)<br />
4) Fridrich war damals so vollständig in der Hand des Papstes, dass<br />
A. ihn füglich als dessen «Eigenmann», d. h. Leibeigenen, bezeichnen kann.<br />
5 ) Worauf sich diess beziehen mag, ist nicht erklärlich.<br />
6 ) Das grosse Lateran-Concil fand nicht 1210, sondern schon Ende<br />
1215 statt.
46 1216. 1206.<br />
hätte; dass, so die kurfuersten in der kur zwitraechtig, oder nit<br />
waelen, im einen keiser ze geben zustand; dass er ins keisers, aller<br />
klingen und fuersten spaenen richter si; all uf in gestelt appellatzen<br />
kraft haben; all wirdikeiten und friheiten, von im geben,<br />
s unverhindret bston soellid; welcher hand an gwichte und ordens<br />
person frevelich leg, ir guot angriff, über si rieht, Schätzung<br />
von inen zwingt, item und welcher leig zehenden besizt, [78]<br />
im höchsten ban si, allein vom babst absolviert muege werden;<br />
dass alle Cristen beder gschlecht, zuo iren tagen kommen, all<br />
io ir suend im jar einmal irem priester bichten und sacrament<br />
nemen soellid'). Wer nun Roemscher keiser? Wer Cristus? Wie<br />
möchte doch | der hochfertig Entcrist höher stigen und den (61)<br />
demietigen Cristum nidrer setzen, ja entsetzen! Zu diser zit hat<br />
gelebt und dis gschichten geschriben ein fuernemer abt von Urslsberg<br />
2 ), schribende: froew dich, unsere muoter Rom, dan dir werdend<br />
alle schloss der schätzen im ertrich ufton, dass dir zusammen<br />
fliessid baech und ufgehufet hufen der pfennigen! Fröw dich<br />
über die bosheit der kuender des menschen; wan, zuo Vergeltung<br />
irer grossen bosheit, wirt dir kostlicher Ion geben! Fröw dich<br />
20 diner hel[79]ferin, der zwitracht, welche uss dem abgrund der<br />
hellen ufbrochen, gross hufen gelts dir zuo hufen! Du hast nun,<br />
wornach dich alwegen duerst hat! Sing ein lied, dass du nit<br />
durch din geistlicheit, sunder durch der menschen bosheit hast<br />
die weit überwunden! Zuo dir zuecht die menschen nit ir andacht<br />
25 oder guot gwissen, sunder die menge irer lasterlichen Übertretung<br />
und zangs entscheidung tuer erkouft. Dis sige zuo unserer zit<br />
betrachtung nit unnuezlich erzaelt!<br />
Dominicus, Frauciscns, baettel-oerden-stifter.<br />
1206. Under disem babst hat Dominicus, ein Spanier von<br />
Calagur 3 ), den prediger-, und Franciscus, ein | Italian von Assiss, (62)<br />
den barfuoss-bettel-orden angfangen 4 ). Des babsts leithund.<br />
!) Ein Bericht über die Verhandlungen dieses Concils findet sich in<br />
einer noch aus dem 13. Jahrhundert stammenden Handschrift der Berner<br />
Stadtbibliothek (Cod. 22.)<br />
2) Conrad von Lichtenau, in der mehr erwähnten Ursperger Chronik.<br />
(Basel, 1569. p. 307 )<br />
3 ) Calahorra oder Caloroga in Castilien.<br />
4 ) Der Franciskanerorden wurde 1208 gestiftet.
1218. 1277. 47<br />
(66) [80] Von des letsten von Zeringen abgang und foeder<br />
Frlburg und Bern foeherschung a ).<br />
Der letst herzog, Bertholt von Zeringen, ist gwesen ein so<br />
grossmueetiger fuerst, dass er sich weder ab glueck noch unglueck<br />
entsazt, sprach alwegen: nach sonen komt regen, nach regen 5<br />
sonen 1 ); und ouch so listig, karg, hert, dass er an gelt vast rieh,<br />
aber an fruentschaft so arm, dass all, ouch sine landsgebornen<br />
edlen, under im in Buerginen gsessen, sines namens und stammens<br />
abgang begerten, ouch, wie einer stat Bern kronik sagt 2 )<br />
zum end hulfend; starb, nach anfaug der stat Bern im 27. jar, w<br />
on sines stammens und nammens lib-erben, zuo Friburg im Brisgow<br />
vergraben, im jar Cristi Jesu 1218 3 ), in welchem jar keiser<br />
Ott gestorben, koenig Ruodolf von Habsburg geborn was, und<br />
einer stat Bern von keiser Fridrichen zuo Frankfurt ir gülden<br />
handveste geben 4 ). Es ist gloublich, [81] dass nach abgang desis<br />
von Zeringen die stat Friburg im Brisgow sinem swager, graf<br />
Egen von Fuerstenberg, sie gevallen, und Friburg im Oechtland<br />
durch sine husfrowen, so ein lantgraefin von Kyburg was, an<br />
die grafen von Kyburg, lantgrafen in Buerginen kommen, von<br />
graf Eberharten, von Kyburg gnemten, von Habsburg gebornen>2o<br />
durch sine husfrowen, des letsten gebornen von Kyburg einige<br />
erbdochter, mit des stammens namen ererbt, sinem veteri<br />
kueng Ruodolfen von Habsburg, um 3000 mark silbers verkouft<br />
hat, im jar Cristi Jesu 1277 5 ), So ist ein stat Bern irein herreu<br />
(67) dem keiser beliben, der sie ouch hat be | vogtet, ins Roemschen »<br />
richs schirm genomen und höh gefriet.<br />
*) Die ältere Ausgabe hatte, spätem Abschriften entsprechend, diesen<br />
und den nächsten Abschnitt iu umgekehrter Reihenfolge; beide weichen auch<br />
in ihrem Wortlaut vielfach ab von unserin Original.<br />
') Vergl. oben S. 25, wo das Nämliche von Berchtold II. erzählt ist.<br />
2) Justinger's Chronik, Cap. 12.<br />
3 ) Den 18. Februar (Chr. St. Georgii in Nigra Silva), nach der von<br />
Scluepflin mitgetheilten Grabschrift dagegen am 14. Februar. •<br />
4) Ueber die Handfeste vergl. oben Seite.<br />
5 ) Die Urkunde über diesen Verkauf siehe Fontes r. B. 111. 216. Der<br />
Kaufpreis betrug 3040 Mark Silbers. Das Orignal liegtjn Wien.
48 1191. 1112.<br />
Dass ein stat Bern elters harkominens, (lau gedacht.<br />
Es ist ouch uss vil anzeigungen [82] gloublich, dass ein<br />
lobliche stat Bern aelters harkominens sie, dan von disem letsten<br />
vonZeringen; wan nit wol zuo ermessen, dass si in 27 jaren soelte<br />
sso stark sin worden, dass si sich in mitten iren so starken und<br />
vil vigenden, on schirm des abwesenden a ) keisers haette moegen<br />
erbuwen und enthalten; sunder dass der Zeringer Nideck, zuo<br />
der zit ein stark gelegene veste und staetle under dem nuewen<br />
nammen Bern gemert und gestärkt hab, nit ans rieh geben,<br />
io sunder lassen heim vallen'). Dahar die bürg Bern und ire<br />
burger ir schirm und friheit nit von irem landsfuersten von Zeringen,<br />
sunder von iren oberherren, keiseren Heinrichen 2 ) und<br />
Fridrichen hond enpfangen, von allen nachkommen Roemscher<br />
keiseren und klingen bestaet, und ie nach notturft gebessert.<br />
ir, [83] Von keiser Fridrichs, des uammens des andren,<br />
regiment.<br />
[1212] Keiser Fridrich, des nammens der ander, keiser Heinrichs<br />
sun, herzog von Swaben, kueng zuo Napols, Sicilien und<br />
Jherusalem, in der waglen Roemscher kueng und ein weis worden,<br />
20von siner muoter Constantia, kueng Rieggers 3 ) von Sicilien dochter.<br />
in des Roemschen babsts schirm geben; und als er, zuo sinen tagen<br />
kommen, regieren solt, hat der babst Innocentius III. wider in<br />
keiser Otten, und darnach, wider den selben Otten, in wider angenommen:<br />
und also nach keiser Otten tod, und nach befridung<br />
iöTuetscher landen ist er gon Rom zogen, da vom babst Honorio III.<br />
gekroent 4 ), schikt sinen sun Heinrichen in Tuetsche land, gab<br />
im herzog Luepolds von Oesterrich dochter, beval si bede hera<br />
) Das Pergamentmscr. liest statt dessen: wytlandischen, unmüssigen.<br />
1} Vergl. über das Alter der Stadt: v. Wattenwyl, Geschichte der<br />
Stadt Bern, I., 12.<br />
2) Die Handfeste Friedrich's II. von 1218 spricht von einem frühein<br />
Freiheitsbrief Heinrich's VI.<br />
3) Roger, deutsch Rudiger, Rüeger.<br />
4) Der Zug nach Rom fand im Herbst 1220, die Kaiserkrönung in der<br />
Peterskirche am 22. November statt.
1212 — 1242. 49<br />
zog Ludwigen von Beiern, und hftb an wider inziehen"), was<br />
im als weisen') sine untruewen voegt, [84] die baebst, haftend oucli<br />
sines erbs und dem rieh abzogen und veraendret. Do verbantend<br />
in die baebst Honorius und Gregorius, als so sinem, vom babst<br />
Innocentio ufgelegten kruez zum Türken, wie täglich hufen tatend, s<br />
ze tragen nit nachvolgte. Vermalet im, zuo guot dem kruezgang, Jola*),<br />
(63)des kuengs Johannes von Jherusalem | dochter, und zoch im jar<br />
Cristi Jesu 1228 ins heilig land 3 ). Da zeigtend im des Tatschen<br />
ordens brueder vil truew, aber die baebstischen tempelherren vil<br />
untruew; ward iedem, wie billich, nach verdienst wol vergolten. Und w<br />
als im diewil der babst Gregorius die kruezer, so gon Jherusalem<br />
soltend, in Napols schickt, macht er mit dem soldan ein zehenjaerigen<br />
bstand, nam Jherusalem, Joppe und Nazeret, buwts und<br />
gabs den Cristen in, hielt herliche Ostren zuo Jherusalem, liess sich<br />
da [85] krönen, danhar die küng Napols und Sicilien sich kuengis<br />
Jherusalem schribend, kart ilends wider gon Rom 4 ) zuo, brach<br />
gwaltig hinin, zerhuew undern toren kruezwis all pfaffen und<br />
leien, so's kruez wider in truogend, und ungeacht des Römschen<br />
babsts isnem und bermentem 5 ) gschuez, nam er Rom gwaltig in,<br />
verjagt den babst, fieng die cardinael, behouptet sine kuengrich, 20<br />
bekriegt und beschädiget hart in ganzem Italia die Guelfen,<br />
schirmt und belont wol die Gibellin, liess sinen sun, Roemschen<br />
kfing Heinrichen, als Guelfischen, wuergen"), macht an sine stat<br />
*) Darüber geschrieben: an sich.<br />
i) Die Königin Constanze hatte bei ihrem Tode, Nov. 1198, den Papst<br />
Innozenz III. als Vormund ihres Sohnes bezeichnet.<br />
2) Gewöhnlich Jolantha genannt. Die Vermählung fand im Jahr 1225<br />
statt. Die Kaiserin starb aber schon 1228.<br />
3 ) Am 28. Juni schiffte Friedrich sich ein zu dem längst versprochenen,<br />
vom Papst unter Androhung des Bannes geforderten Kreuzzug.<br />
4) Schon 1229 kehrte Friedrich zurück, brach in Apulien ein und<br />
zwang den Papst zum Frieden von S. Germano, 1. September 1230. (Vergl.<br />
Raumer, Hohenst. III. 455 ff. und Schirrmacher, Friedrich IL Bd. II. S. 225<br />
u. ff.). Das «kreuzweis zerhauen» ist nur bildlich zu verstehen.<br />
ä ) Das «bermentne gschüz» nennt A. die wider den Kaiser geschleuderten<br />
pergamentenen Bannbullen.<br />
6 ) Da König Heinrich sich gegen seinen Vater empörte, so sah sich<br />
Friedrich 1235 zu einem Zuge gegen ihn gezwungen. Heinrich wurde gefangen<br />
genommen, nach Italien gebracht, und starb dort im Kerker am<br />
12. Februar 1242. 4
50 1243-1250.<br />
zuo Roemschem kueng sinen sun Cuonraten. Do nun der babst<br />
Gregorius, so wider den keiser bline und isne kruez, Ave Maria,<br />
und salveglbcken angericht hat, im 14. jar sines babstuoms, und<br />
Coelestinus IV. im achtzehenden tag ge[86]sturben, a ) bleib 's babst-<br />
5tuom zwenzg | monat ledig, unss durch erwerbung des keisers (64)<br />
swoeher die cardinael und bischof, zuo Melfi) ussgelassen, zuo Rom<br />
erwaltend und kroentend Innocentium IV., der Flysca gschlecht,<br />
von Jennow 2 ); was ein herlicher, wiser, gelerter man, absolvirt<br />
den keiser um hundertundzwenzg unz golds, verbant in doch<br />
10 bald von der Guelfen wegen widerum, und floch gon Lyon ins<br />
kuengs von Frankrich schirm, beruft da ein concilium, kundt dem<br />
verbanneten keiser keiserlichen gwalt und nammen ab, macht vil<br />
cardinael, und begabt die mit roten hieten und deckten pferden,<br />
im jar Cristi Jesu 1246 3 ). So dorst doch bi des keisers leben kein<br />
lsfuerst sich des richs unterziehen; bleib in zweispalt 28 jar, biss<br />
uf keiser Rudolfen von [87] Habsburg, der da wislich weder<br />
zum babst noch zum Tuerken ziehen, e" im ban sin wolt; verantworts<br />
wie der fuchs dem kranken loewen 4 ). — So starb der hoch<br />
tuer keiser im ban und krieg zuo Panorm in Sicilien, durch sinen<br />
20basthart Manfred, wolgeachten herzog zuo Tarent, wie gemeint<br />
dem babst ze lieb vergilt 5 ); sines richs im 38. jar. Do muost<br />
sin sun Entius, kueng zuo Sardinien und | gubernator in Lam- (65)<br />
parten und Romania, zuo Bononia im kercher verderben 8 ). So<br />
zoch aber der babst gon Rom, half sinen undertruckten Gwelfen,<br />
*) ge stürben (als Partiz. unmögliche Form), Versehen beim üebergang<br />
auf die neue Seite.<br />
') Die Wahl Innoeenz IV. kam erst nach einem Interregnum von<br />
1 Jahr und 9 Monaten zu Stande, am 25. Juni 1243, nachdem der Kaiser<br />
einen Theil der von ihm zu Melfi gefangen gehaltenen Cardinäle freigelassen.<br />
*) Sinibald Fiesco, Graf von Lavagna, aus Genua.<br />
3) Das allgemeine Concil von Lyon begann am 28. Juni 1245.<br />
4) «Vestigia me terrent» (Aesops Fabeln). Siehe Nauclerus, Memorabilia,<br />
ed. Nicol. Basellius, Tubingae 1516. fol. 237 a.<br />
5 ) Friedrich IL starb zu Fiorentino am 13. December 1250 an der Ruhr.<br />
Die Sage von seiner Vergiftung, speciell durch Manfred, wird als unglaubwürdig<br />
betrachtet. (Vergl. Schirrmacher, Friedrich IL Bd. IV. S. 335 und 487.)<br />
6 ) König Enzio, der schöne Lieblingssohn Friedrichs, wurde am 26. Mai<br />
1249 im Gefecht bei Fossalto von den Bolognesen gefangen und starb nach<br />
23jähriger Haft 1272.
1191—1298. 51<br />
dempt die Gibelin, fuor gon Napols, den Swaebschen stammen usszetilgen.<br />
Do tilget in der tod uss, sines babstuoms im 12. jar')").<br />
[88] Dass ein löbliche stat Bern in 107 jaren sich<br />
erbüwen und hernach in 179 alle ire land hat<br />
überkommen. 5<br />
Im jar Cristi 1191, des babsts Clementis III. im vierden,<br />
keiser Heinrichs VI. im ersten, kueng Philips von Frankrich im<br />
IL, ist nach anzeig ir kronik dis lobliche stat Bern, vom<br />
letsten von Zeringen ze buwen angevangen, hat hernach in<br />
hundert und siben jaren, unss uf den glücklichen sig, im Jamer-10<br />
tal gewunnen, mit fuersichtigem, wisem rat, mit grosser gedult,<br />
mit recht und schirm suochung, und fruentschaft ze bekomen*),<br />
niemand veracht, mit emsiger, manhafter hand, sich ir vigenden<br />
von Kyburg, Wissenburg, Friburg, Habsburg, Oesterrich, und<br />
andrer vilen erwert, über die Aren gebrugget, an muren, bhusung, a<br />
burgern, kloestern gemert und gestärkt, [89] des Roemschen<br />
keisers hof, das schloss Nidek, abgeschlissen 3 ), e gemelten sig<br />
wider die Burgunschen oben anstossenden herren erobret, nam-<br />
*) Der frühere Druck, der hier in Ausdruck und Wortstellung eine<br />
wesentlich vom Original abweichende Fassung gibt, hat noch (Seite 65)<br />
folgende bei A. fehlende Sätze:<br />
Doch so liessent sin nachkommen nit nach, unss dass hienacher in<br />
fünfzehen jaren diss edler stamm und nam, in tütschen und wälschen landen,<br />
mit verräterey, gift und isen gar ussgetilket, und durch französische bäbst<br />
das verlassen wälsch rieh dem franzosen ingeben ward, mit semlichem Geding:<br />
dass sie den heiligen römischen stul ewig erkanntint, mit järlicher<br />
vierzigtusend Dukaten pension und g'horsame, und auch by gebnem eyd<br />
nit keiser wurdint. Was aber d'Franzosen hie gewunnen habint, ist inen<br />
und den Spaniern, ja ganz Italia und Rom, hie an in unsern tagen auch<br />
einer eidgnossschaft, nit unwissend beliben. So ist das edel Swebsch Herzogtum<br />
zertrent, ein teil am Römschen rieh fri, und ein teil sondern herren<br />
geeignet worden; wiewol der Römisch Rudolf von Habspurg das sinem sun<br />
Rudolfen, wie Oesterrich Albrechten, hat zugeschriben.<br />
!) Innocenz IV. starb in Neapel am 7. December 1254.<br />
2 ) Als regierendes Wort ist «suchung» zu ergänzen: «und indem sie<br />
suchte Freundschaft zu bekommen». Oder Zwecksatz zum Folgenden?<br />
3) Während des Zwischenreichs. (Fontes III. S. 547.) v. Wattenwyl<br />
(I. 127) nimmt an, dass es zwischen 1266 und 1268 möchte geschehen sein.
52 1298 -1477.<br />
lieh im jar Cristi Jesu 1298'), des babsts Bonifacii VIII. im vierden,<br />
— Der babst gieng in wie ein fuchs, regiert wie ein low, starb<br />
wie ein hund 2 ); lert, ob ein Roemscher babst die seien bim hufen<br />
zum tuefel hinab schickte, soelt und möcht in doch niemand hierum<br />
5rechtvertigen, so keinen richter uf erden, und alle menschen ze<br />
richten hab. Verbant kueng Philip, gnemt der huebsch von Frankrich<br />
3 ), verwarf und nam uf keiser Albrechten, keiser Rudolfs von<br />
Habsburg sun, ersten sines geschlechts herzogen von Oesterrich,<br />
welcher sinen herren keiser Adolfen von Nassow vor Wurms in<br />
io halben tag gewertem strit umbracht 4 ); ward um siner untruewen<br />
gitikeit willen zuo Windisch von sines bruoders Rudolfen sun, herzog<br />
Hansen von Swaben, ermoert 5 ). Hat Lucern um 2000 mark<br />
Silbers kouft vom abt von Murbach, sines Römschen [90] richs<br />
im ersten 6 ), — unss 7 ) uf das jar des sighaften todschlags herzog<br />
i5Carlis von Burgun, nämlich Cristi Jesu 1477, in hundert und<br />
nuen und sibenzig 8 ) jaren all ire land und herschaften mit wissem<br />
silber oder, und den meren teil, mit rotem isen überkommen<br />
und die biss har unüberwunden besessen, beschirmt und gebessert,<br />
ouch hiemitan ir undertanen mit harter, tuerer mieg uss<br />
20 hartem joch der harten herren gelediget und gefrigt, in giete,<br />
milte und gnad also verwalten und erhalten, dass, welcher der<br />
iren das nit erkent, zum undank und unerkantnues, keiner<br />
gnaden wert, under tyrannische beherschung soelte sin gebunden,<br />
und zuo glich irer altvordren gezwängt und gedrängt werden.<br />
25 So vil vom durchgang beschribner kronik, inhaltend zweihundert<br />
sechs und achzig jar.<br />
!) Das Gefecht im Jammerthal (Donnerbühl) fand statt am 2. März<br />
1298. Chronicon de Berno.<br />
2) Sprichwörtlich von diesem Papst; vergl. Kortüm, Geschichte des<br />
Mittelalters. II. 194.<br />
3) Der Streit Bonifacius VIII. mit Philipp dem Schönen von Frankreich<br />
ist bekannt.<br />
4) Kaiser Adolf kam in der Schlacht bei Göllheim am 2. Juli 1298 um.<br />
5) Am 1. Mai 1308.<br />
6) Vielmehr schon 1291. April 16. und Mai 12. Die Urkunden vergl.<br />
Geschichtsfreund der V Orte. Bd. I. S. 208 ff.<br />
7 I Schliesst an den oben unterbrochenen Satz (Zeile 1) an.<br />
") Nämlich vom Jahr 1298 an gerechnet, welches A. als den Anfangspunkt<br />
der Machtausbreitung der Stadt betrachtet.
Zu einer inleitung in volgende kronik einer loeblichen<br />
stat Bern, an den glueckhaften baeren anmanung, mit<br />
anzeig der grossen gfar, von unser untiiren weit kronik<br />
ze schriben").<br />
[91] Als nun der glückhaftig baer in sinem loch anfangss<br />
jung, schimpfig und hanzelbar gewesen, nach erwachnen zaenen<br />
und naeglen hat mueessen haben umsichtige ougen, wachende b )<br />
oren, scharpfe zaene und unverzagte dapen, und die nach siner<br />
art geschwind und truzlich bruchen; derhalb im der vigenden<br />
iebung bass denn fule ruow erscliossen, in von eim sig zum andren w<br />
gereizt, und der gwin lustig macht, also dass er in den Buerginen<br />
(85) die stolzen ochsen hat | vertriben, ein riewig, stark loch hat gemacht<br />
und wol erbuwen. So ist im nun nuet anders vorhanden,<br />
wan wo ers nit mag besseren und meren. nach siner althargebrachten<br />
wis und fuersichtigen loblichen anwisung, dass er nit is<br />
von wegen gewunner ruow und miedem alter, zag, treg und<br />
schlaeferig selich gewunnens, oder uss hochmiit, verachte und in<br />
verlust lasse kommen. Dann bi dem wisen es nit ein mindere<br />
tugent ist gewunnes behalten, denn gwinnen. Und wiewol er<br />
nun [92] von iezt oberzaelter zit an unsshar noch des sinen von 20<br />
sundrer gnad Gots und durch sine fuersichtikeit und stärke nuet<br />
verloren, sunder alles gebessert hat, so ist doch von siner jungen<br />
muotwillikeit, ergit und eigennuetzikeit, uss froemder gelt c ) erwachsen,<br />
vil hernach ergangen und gehandlet, das dem redlichen<br />
alten ganz ungemess und unlidlich wäre gewesen, iezt aber ganz 20<br />
recht und ungescholten wil sin. Das alles, so Got, den man<br />
*) Statt dieses Capitels enthält die von St. und W. benutzte Handschrift<br />
einen längern Abschnitt, Seite 67—84, unter dem Titel: «Ein verkürzter<br />
durchgang und vergriff einer löblichen stat Bern kronik, vom anfang<br />
bis zum end des Burgundischen Kriegs, haltend 280 Jahre». Da derselbe<br />
nichts anderes ist, als ein sehr gedrängter Auszug aus Justinger und<br />
Tschachtlan, so ist das Stück hier weggelassen. Am Schlüsse steht wenig<br />
verändert die obige Ueberschrift, welche auch im Original in mehrfacher<br />
Fassung sich findet.<br />
b ) In der ersten nachher erweiterten Fassung hatte A. «wachmündige»<br />
geschrieben.<br />
•) Das Manuscript hat übergeschrieben: «M«d»gelt; der ältere Druck<br />
ergänzte noch weiter und las: us fremder weit und gelt.<br />
53
54<br />
hierum bitten sol und muos, gnad verluecht durch sine, sines ewigen<br />
worts und liechts vilvaltige warnung, und durch eigens Schadens<br />
erfarung, nun hin mit einhelligem wisen rat zuo ernuewerung und<br />
besserung mag kommen. Got gebs!<br />
5 Dass von wegen diser untueren weit kronik schriben<br />
ganz gfaerlich.<br />
Wie es nun und was nach ob[93]gelassner zit ergangen<br />
und gehandlet sie, ze beschriben, wird so vil sorglicher und uss<br />
gfar der warheit gfarlicher sin, wie vil me in volgender zit, nuet<br />
10minder dann zevor, gross, schwaer, seltzam und gfarlich Sachen,<br />
durch und in gfarlicher untuerer weit begegnet und verloffen<br />
sind. Nachdem und ouch die weit für und für sich in aller<br />
gschwindikeit iebt, schaerpft, erhoecht und täglich zuonimt an art<br />
und tugent, und doch leider, | als sich ougenschinlich erfuendt, vil<br />
15 me an list und laster, die wiewol si von weit an mit dem hochfaertigen<br />
tuefel, und glich hernach mit dem ergitigen menschen<br />
ingerissen, sind si doch für und für so unverschämt und so<br />
gwaltig worden, dass si schäm und gwalt hond überwunden, ouch<br />
so wit, dass kein art oder tugent so guot nit ist, sie hat ein [94]<br />
üolaesterhietle, und kein list oder laster nit so boes, es hat ein<br />
schanddeckele überkommen. Niemand wil unrecht haben und<br />
schelten liden. Iederman wil guot geachtet und gelobt sin. Der<br />
weit, so betrogen wil sin, groest vigend ist die warheit. Dahar<br />
fliessend die, und derglichen spruechwort: Wiltu etwas sin, so daerst<br />
25 etwas gfarlichs und kercherwirdigs. — 's glueck hilft den daerstigen,<br />
lasst die zagen. — Die straf ergrift die duben, lasst die rappen<br />
fliegen. — Sags nit, so schadts nit. — D'warheit bringt hass; ja, ja,<br />
nein, nein bringt gunst. — Ich näm anhang und gunst, für brief,<br />
sigel und kunst. — Kanstu liegen und flaueren, so gat dir uf<br />
30 die gross tueren; wilt du aber der warheit nachgon, so muostu<br />
dick harusser ston 8 ). — Kanstu den herren flaueren und der frowen<br />
•) «dick harusser ston» fehlt im Manuscript und ist aus P. ergänzt.<br />
Dort heisst es noch weiter: Gunst, Ungunst, gwalt und gelt regieret<br />
dise weit.
wol hofieren, so bedarfstu nit vil sach, wo du habist gelt<br />
(87) darnach. Dahar komt, dass die ganz weit | voll fraefler, ligner<br />
und Schmeichler ist, und die zettln minder gfarlich, dann zebereden,<br />
also dass sich kluoge fromkeit wirs foerchten muos, dann<br />
kiene bosheit. Dahar komt, dass alle die, so da wisheit, erber- s<br />
keit, fromkeit, frid und ruow suochend, oder diser weit zarte hut<br />
weder mit mund noch mit feder anrieren, und all iren pracht,<br />
gwalt und 6ren schuehend und fluehend a )... Uss dem allem volgt<br />
gwiss, dass der merteil diser weit regenten boes, und inen ir<br />
undertanen glich mueessend sin, und hiemit un[95]lidigkeit, jaio<br />
vervolgung der warheit, und alle boesheit so lang oberhand nemen<br />
und herschen, so lang's die langmietikeit Gots duldet, unss zuo der<br />
weit verderbung oder widerbringung, so gwiss nit on harte straf<br />
zergon mag; deren wir ouch so gwiss erwarten, so gwiss von ie<br />
weit an der almaechtig, grecht Got und her, nach usgesaentenis<br />
siner warheit boten und propheten, — die doch geredt und<br />
geschriben, ab welchen sich die weit ie und ie geärgert, wie dann<br />
iezt zuo unsern ziten ganz frech und verrucht beschicht, —<br />
die weit nie ungestraft, und Verachtung sines heilsamen heiligen<br />
worts ungerochen nie hat underlassen. Was der predig Adam, 20<br />
Noe, Abraham, Mose, David, Helie, Jesaje, Jeremie, und aller<br />
propheten, und zuoletst des sun Gots selbs, Jesu Cristi, und<br />
aller siner nachkommen truewen boten nachgevolgt, [96] was ouch<br />
inen den predigern Cristi hierum begegnet sie, ist aller weit<br />
kund, mit plagen und bluot uberschitt, und dennocht wie der25<br />
(88) Pharon | verstopft! Got behiet uns vor dem roten mer, lasse<br />
uns sin heilsam wort nit zum urteil, sunder zuo gnaden erschiessen!<br />
So aber der vergangnen weit leben, der gegenwertigen wiz, und<br />
der künftigen fuersichtikeit, allein in muntlicher und gschriftlicher<br />
kronik stat, und behalten, und ouch, um der guten und bösen30<br />
*) Die ganze Stelle ist stark corrigirt, so dass A. die Construction verloren<br />
zu haben scheint. Am Rande ist noch beigefügt, aber ohne dass ersichtlich<br />
wäre, an welcher Stelle die Worte eingesetzt werden sollten:<br />
«ouch gfar und hass zu vermiden ires mutwilligen wesens mit mund und<br />
feder geschwigen, dan si so untur und unlidig, dass on gfar libs und gute<br />
niemand verner ir darf weder reden noch schribcn; die warheit iren von ir<br />
anfang har verhasst.»<br />
55
56 1474.<br />
willen, guots und boess geprediget und ufgeschriben muoss werden,<br />
wer wirt dann truzlich und nutzliche kronik predigen oder<br />
schriben? Warlich niemand, dann der, dem Got gnad verlicht,<br />
der warheit kruez nit ze schuehen, noch ze fluehen. Amen.<br />
ö Eferung. a )<br />
Nun zu einem grund und anzeig urhab der merteil nachvolgender<br />
gschichten und kronik ists nit ungebuerlich etlicher<br />
stuecken eferung tuen, us welchen der kroniken, so zum teil nach<br />
ander kroniken fluesst und urhab nimpt, so fuernemlich sind: der<br />
io ewig bericht zwischen dem hus Oesterrich und gmeinen Eidgnossen<br />
mit nachvolgenden pttnden, insunders zwischen der krön<br />
Frankrich und gmeinen Eidgnossen ufgericht und beschlossen,<br />
uss welchem ein stat Bern und gmein Eidgnossen [97] in den<br />
Burgunschen, und hernach in vil ander krieg und unruowen sind<br />
lögfiert und verwicklet worden. Ist, Got sie lob, wol geraten, aber<br />
am zit ufzehoeren und flissig fuerzesechen b ).<br />
*) Die folgende «Eferung», in welcher A. über die Geschichte der<br />
Jahre 1474—1477 seine Ergänzungen, Berichtigungen und Betrachtungen<br />
bringt, ist in einer kürzern und, mit Ausnahme des Eingangs, in einer<br />
zweiten ausführlichem und auch augenscheinlich besser geordneten Fassung<br />
vorhanden, beide eigenhändig geschrieben. Die eine, A. 1, steht Mspt-<br />
Bd. I S. 96—106 und 1«—32" (in Bd. II am Schlüsse eingeheftet), die andere,<br />
A.2, in Bd. II S. 33*-80" und Bd. I S. 107-127. Wir geben, wie St. und<br />
W., die letztere und fügen aus der erstem (A. 1) nur den Eingang bei und<br />
diejenigen Stellen, in welchen eine bemerkenswerthe Differenz sich zeigt.<br />
b ) Der im altern Abdruck (S. 88) gegebene Text dieses Einganges, der aber<br />
in der Handschrift A.'s nicht erhalten ist, fügte bei Erwähnung der frühern<br />
Chroniken bei: «von Schilling nit sunders flyssig oder gar nit beschriben »,<br />
und nannte noch als Gegenstände der Ergänzung: «Die vereinung mit<br />
den nidren statten und Lotringen .... item und hiuzugetan des Romischen<br />
babsts und des Ungrischen küngs bund und händel» und schloss mit den<br />
Worten: «Harzü der her aller herren sine gnad und hilf verliehe, dass<br />
semliches zu siner Wunderwerken erkanntnus und lob, ouch zu einer loblichen<br />
statt Bern er und nutz ewig diene und glücklich vollendet werde.<br />
Amen.»
1474. 57<br />
T33a] 1474.<br />
Babst: Sixtus IV. 3 1 ). Roemscher keiser: Fridrich III. 35 ä ).<br />
Franzesischer kling: Ludwig XL 14 3 ). Schultes: Niclaus von<br />
Diesbach, ritter.<br />
Wie der ewig frid zwischen dem hus Oesterrich undgmeiner<br />
Eidguoschaft, ouch mitan der nider puud<br />
wider Burguu gemacht ward. a )<br />
Im jar Cristi Jesu 1474, nachdem und das hus Oesterrich,<br />
Hapschburg stammens, von sinem ankommen har biss uf dise zit<br />
wenig fridens mit einer Eidgnoschaft, uss und under im ent-io<br />
Sprüngen, hat gehaept, und iez der loblich fuerst, herzog Sigmund<br />
4 ), ouch vor sin vater, herzog Fridrich der aelter, mit hilf<br />
drier gesipten keiseren, Sigmunden, Albrechten und Friedrichen,<br />
und desse kriegbaren bruoder, herzog Albrechten 5 ), uf 60jarane-<br />
(90) nandren von wegen der landen, so | d'Eidgnossen vom concilio zfus<br />
Costens dem verbanten und veraechten obgemelten herzog Fritlrichen<br />
ingenommen, besizend 8 ), sich also abgefochten hattend,<br />
dass er, der obge[34a]melt herzog Sigmund, die Tuetschen und<br />
Waelschen fuersten, zuo schuz und schirm sin und siner landen,<br />
um hilf wider d'Eidgnossen anruft und heimsucht, aber keine20<br />
fand'); zu letst aber, damit sine Rinstaet s ) und anstossende land<br />
») Der Abschnitt fehlt in A. 1. ganz.<br />
i) Sixtus IV. war Papst seit 9. Aug. (23. Aug.) 1471, das Jahr 1471<br />
war also das dritte seiner Regierung.<br />
2) Seit 2. Februar 1440.<br />
3) Seit 15. August 1461.<br />
4) Herzog Sigismund, Landgraf von Ober-Elsass seit 1439, zuerst unter<br />
Vormundschaft seiner beiden Oheime, Friedrich's, des spätem Kaisers, und<br />
Herzog Albrecht's.<br />
5 ) Der oben genannte Vormund Sigmund's, er starb 14Ö3, 3. December.<br />
6 ) Die eidgen. Orte hatten 1414 dem geächteten Herzog Friedrich von<br />
Oesterreich den Aargau abgenommen.<br />
7 ) Einen Aufruf des Kaisers Friedrich III. an die Fürsten des deutschen<br />
Reichs, 9. Aug. 1408, siehe bei Zellweger, Versuch die wahren Gründe des<br />
burgundischen Krieges darzustellen. Archiv f. Schweiz. Geschichte V. S. 79.<br />
• 8 ) Rheinfelden, Laufenburg, Waldshut und Säckingen, zu den Vorderösterreichischen<br />
Landen gehörig.
58 1474.<br />
nit in der Eidgnossen haend kaemid, ouch si mächtigern widerstand<br />
hättid, versazt er die selbigen dem Burgunschen herzogen,<br />
zu der zit dem kriegsgwaltigesten fuersten'). Do nun der Burgunsch<br />
herzog die verpfänte land und stät wolt nach sinem<br />
5willen streng in zwang und huot halten, aber d'Eidgnossen nit<br />
anfachten, kams darzuo, dass die verpfänte land trowten: wenn si<br />
ir fuerst nit woelte wider lösen, so woeltids eintweders gar zun Eidgnossen<br />
vallen, oder ganz Burgundisch werden. Und wie nun<br />
der Burgunsch herzog fuernaemlich sinem hern, dem Franzesischen<br />
w kueng, item dem Roemschen keiser, dem Lutringschen herzogen<br />
und dem hus Oesterrich wolt uberlaegen sin, und ouch was, zuo<br />
end nächst verschinen jars, do truog der Roemsch keiser Fridrich,<br />
durch her Ad[35a]rian von Buobenberg, schultessen zuo Bern,<br />
dozmal zuo keiserlicher majestat von der stat gschäften wegen<br />
lsgesänt 2 ), an, einen friden zwischen dem hus Oesterrich und<br />
gmeiner Eidgnosschaft ze machen. Deshalb schnei zuo Lucern<br />
und Basel tag geleistet wurden, entlich gon Costens bescheiden 3 ).<br />
In dem ward der Franzesisch küng, fuernämlich durch her Niclausen<br />
von Diesbach, diss jars schultessen zuo Bern, bewegt, an-<br />
20 getragnen | friden mit allem vermoegen heimlich und schnei ze (91)<br />
fuerdren. Harzuo der herzog von Oesterrich und die richstät verwilligeten<br />
und hulfend; also dass diser frid diss jars Merzens<br />
nach mittervasten zuo Costens uf den kueng von Frankrich ze<br />
j";i beschliessen einhellig verabscheidet, und demnach uf den 11. tag<br />
Junii, zuo Sanlis 4 ), von gemeltem kueng ufgericht und versiglet<br />
ward, wie volgt angelassen :<br />
') Durch Vertrag vom 9. Mai 1469, geschlossen zu St. Omer.<br />
2 ) Zellweger, a. a. 0. S. 38 hat diesa Sendung bezweifelt, siehe aber<br />
Bern. Missivenb. C. 76. vom 22. Juli 1473 und Eidg. Abschiede, IL 452.<br />
s ) Ueber diese Conferenzen und Tage vergl. Eidg. Abschiede, Bd. IL,<br />
pag. 452, 455, 471, 473 und die angeführte Abhandlung von Zellweger.<br />
4) Zu Senlis, wo König Ludwig den Vertrag zum Abschluss brachte.
1474. 59<br />
Sum des ewigen fridens zwischen herzog Sigmund von<br />
Oesterrich und gmeiner Eidgnoschaft, durch den<br />
kueng von Frankrich ufgericht. •)<br />
Wir Ludwig, von Gots gnaden kueng zuo Frankrich, tuond<br />
kund aller[36a]mengklichen, und bekennend mit disem brieLs-<br />
Als zwischen dem durchlichten, hochgebornen fuersten und hern,<br />
her Sigmunden, herzogen zuo Oesterrich, Styr, Kernthen und<br />
zuo Crain, grafen zuo Tyrol etc., unsera lieben oehen, an einem,<br />
— und den fuersichtigen, ersamen und wisen, gmeinen Eidgnossen<br />
von staeten und laendren, Zuerich, Bern, Lucern, Ure, w<br />
Swytz, Underwalden, Zug und Glaris, und iren zuogewanten und<br />
gehörigen, unsern besunder guoten fruenden, am andren teil; — und<br />
ir beder teilen vordren, vil ergangner jaren mit enandren in<br />
(92) kriegen, zweiungen, irrungen und stoessen gewesen | sind, und<br />
sich darin mengerlei vergangen hat, und ein gueetlicher tag zuo 15<br />
Costens zwischen beden teilen gehalten worden, und da ein abscheid<br />
begriffen und gestelt ist, wie soellichs hingetan, betragen<br />
und gericht werden moecht, und das darmit zuo entlichem usstrag<br />
und beschluss bracht möchte werden; und demnach wir, als der,<br />
so das gern gericht und betragen gesehen haette, von beder teilen 20<br />
frintschaft und liebe wegen, so wir zusammen haben, haben<br />
wir die edlen und e*rsamen und geistlichen, graf Hansen von<br />
Eberstein 2 ), und her Josen von Silinen, probst zuo Muenster im<br />
Aergoew, unsere rät, zuo den obgenanten partlen geschickt, mit<br />
bevelch, an die beder sit ze werben, uns den obgenanten abscheid, 25<br />
[37a] zuo Costens besehenen, zu überantworten; in dem füg, wie<br />
wir demnach die bericht zwischen den genanten partlen beder<br />
sit beschlussen und begriffen, dass si dabi bliben, und dem also<br />
nachgon woelten; — und si, von semlichs unsers gewerbs wegen,<br />
den begerten abscheid uns zuschicken lassen hond, mit dem 3»<br />
,) Vollständig abgedruckt in Eidg. Abschiede, Bd. IL, S. 913 ff. auch<br />
bei Zellweger, a. a. 0. S. 117.<br />
2) Graf Hans von Eberstein war der Gesandte des Herzogs von Oesterreich,<br />
vergl. Eidg. Abschiede, Bd. IL Hier erscheint er auffallender Weise<br />
zugleich als Beauftragter des Königs von Frankreich. (Vergl. auch Zellweger,<br />
a. a. 0. p. 32. Anm. 51.)
€0 1474.<br />
bescheid: wie wir demnach die bericht begrifen und setzen lassen,<br />
dass Süllichs der obgenant unser oehen, herzog Sigmund, bi sinen<br />
fuerstlichen wirden und eYen, und die vorgenanten Eidgnossen bi<br />
den eiden, so si iren staeten und laendren geschworn, nach sinem<br />
B inhalt gelobt und versprochen hond, war, vest und staet ze halten,<br />
und das gestrax zuo volziehen und zuo volenden, und dem on intrag<br />
redlich und erberlich nachzekom | men, wie das die brief zwischent (93)<br />
inen ufgericht wisend. Und demnach, als uns der berueert abscheid<br />
von Costens ist uberantwort, und wir den eigenlich und<br />
"wol verhoert haben, so setzen wir die bericht und vertrag<br />
zwischen den obgenanten partien also und wie hienach von<br />
eiin ans ander geschoben stat, und das also ist und sin sol;<br />
nämlich:<br />
1. Dass fuerahin die bed obgenanten partien, und al ir underistanen<br />
und zuogehoei enden in staeten und landen, sich er libs und<br />
guots zusammen wandlen, und ufrecht und redlich mittenandren<br />
handien mögen und sollen.<br />
[38 a] 2. Dass si um ir spaen, so die nit gueetlich vertragen<br />
moechtid werden, uf den bischof von Costens und die stat daselbs,<br />
20oder uf den bischof von Basel und die stat daselbs, zuo ustraeglichen<br />
rechten kommen soellen. Doch um erbfael, schulden und<br />
gueeter sol in ordenlichen gerichten gerechtiget werden, an Verzug<br />
und witer appellieren, etc.<br />
3. Dass, so der herzog Sigmund der Eidgnossen zuo sinen<br />
25 gschaeften bedarf, dass si im die, wo inen gepuerlich sin mag, um<br />
zimlichen sold wollen geben.<br />
4. Dass d'Eidgnossen genantem herzogen überantworten soelten<br />
al brief, urber, register, roedel und gschriften, so si hinder inen<br />
hond und der herschaft | Oesterrich zuostond, getruelich und on (94)<br />
.sogeverd; usgenommen die brief, roedel oder gschriften, so die<br />
inhabliche land, staet und schloss der Eidgnoschaft betreffend.<br />
5. Dass bed partien bi allen iren landen, staeten und<br />
schlössen, doerfern und maerkten, die si in vergangnen ziten zuo<br />
iren landen erobret und gebracht haben, soellen bliben hienach<br />
wrüewig und unangesprochen.
1474. 61<br />
6. Dass kein parti der andren die iren in puentnus, burgrecht,<br />
landrecht, schuz oder schirm ufnaemen solt, dem andren<br />
teil zuo schaden und unfuog; es zuge dan einer hushaeblich zum<br />
andern.<br />
[39a] 7. Dass, so iemant etwas gwaltigs und ufrueerischss<br />
handlete, sol von stund an der oder die selbigen angriffen und<br />
förderlich mit recht gestraft werden.<br />
8. Dass kein teil dem andren sine viend, widerwertigen und<br />
beschaediger, wissentlich nit husen, holen, aezen, tränken, noch<br />
underschüb, noch hilf tun, ouch das ze tuond niemand gestaten,
62 1474.<br />
14. Dass d'Eidgnossen nun und hienach soellen ofnung [40a]<br />
haben, zuo allen iren noeten, der gemelten vier staeten.<br />
15. Dass, ob eintwederer teil an dem andren dis frintlich (96)<br />
bericht nit hielte, so sol doch darum kein fecht noch ufruor fuer-<br />
•s genommen, sunder die brüchig parti mit recht angevordret<br />
werden, und dem selben nach getaner gelipt gnuog tuen; und<br />
welcher das nit tun woelte, der sol darzuo gehalten werden, etc.<br />
16. Dass alles das, so sich in kriegs und andren wisen<br />
zwischen beden teilen und iren vordren hat verloffen, biss uf<br />
lodatum diss briefs, sol bestaendeklich hin und ab, vertragen und<br />
bericht sin.<br />
17. Dass dem allen von beden partien und iren zugehörigen<br />
sol gestrax und on intrag nachkommen werden, bi getanen<br />
pflichten.<br />
ls Und zu einer ewigen bestätnus soellicher bericht, und dem<br />
almaechtigen zuo lob, und diser bericht zuo vestem, iemerwaerendem<br />
urkuend, dass dero, wie obstat, also von beden partien und iren<br />
zuogewanten nachgangen werd, so haben wir obgenanter kueng<br />
unser kuengklicher majestat insigel offenlich lassen henken an<br />
M diser brief, zwen glich, und iedwederm teil einen geben.<br />
Wir obgenanter Sigmund, herzog zuo Oesterrich, etc., und<br />
wir vorgenanten Eidgnossen von stäten und laendren, etc., bekennen<br />
und verjehen der obgeschribnen rich^tung, und alles des, (97)<br />
so hierin von uns geschriben stat, und wollen wir obgenanter<br />
25 herzog Sigmund fuer uns und unser erben, die unsern und unser<br />
zügehoerenden; und wir, die genanten Eidgnossen, fuer uns und<br />
unsere nachkommen [41a], die unsern und unser zuogewanten,<br />
dabi gestrax bliben, und dem allen nach sinem inhalt nachgon.<br />
Wir herzog Sigmund bi unsern fürstlichen exen und wirden, und<br />
so wir, die genanten Eidgnossen, bi den eiden, so wir unsern staeten<br />
und laendren geschworn hond. Und des zuo warer guoter zuegnus,<br />
so haben wir, herzog Sigmund, unser insigel, und wir, vorgnanten<br />
Eidgnossen, staet und laender, unsere insigel öffentlich haenken<br />
lassen an der vorgenanten briefen, zwen glich. Geben und be-<br />
35schehen in unser stat Sanlis uf den 11. tag des monats Juny,<br />
anno Domini 1474.
1474 63<br />
Und wie nun d'Eidgnossen disen vast erlichen, loblichen<br />
und nuzlichen friden, wider viler des adels gunst, aber mit<br />
grosser beder landen froeud erobret hatten, und ieztan hie<br />
Oesterrich und hie Swytz die ingewurzlete viendschaft gestillet<br />
und versueent was"), do tratend von stund an disem der Eid-*<br />
gnossen glueck zuo nuewe frind und puntgnossen, nämlich ennet<br />
Ryns die riehen grafen Ulrich und zwen Eberhart von Wirtenberg<br />
mit irer grafschaft Muempelgart •), und die vest richstat<br />
Rottwyl 2 ), — deren venner gon Nuess 3 ) zum keiser und gon<br />
Murten zun Eidgnossen, min grossvatter gewesen, Boley der Ryd b ), w<br />
wirt Anshelm genant — und diset Ryns alle staet und land [42 a],<br />
(98) von Strassburg biss | gon Basel, der nider pund gnemt 4 ), der<br />
herzog von Lutringen 5 ), und zuvor herzog Sigmund mit sinen<br />
anstossenden landen 8 ) 0 ); item und fuernemlich der Franzesisch<br />
kueng 7 ) d ).<br />
is<br />
Und also angends uf verabscheideten bericht und pund zuo<br />
Costens, wie da angesehen, do verkunt herzog Sigmund dem<br />
") A. 1. hat hier noch: Wie nun gluck, als man wol spricht, gsellen<br />
und fründ bringt, also ....<br />
b ) A. 1. nennt ausser Neuss und Murten auch «Nanse», hat aber den<br />
Namen seines Grossvaters nicht angegeben.<br />
°) A. 1. nennt Herzog Sigmund hier nicht, hat dagegen den Satz: Des<br />
pfalzgrafen und markgrafen von Baden beger (um Aufnahme in den « Nidern<br />
Bund ») wurdend angestelt.<br />
d ) A. 1. fügt bei: zum furnemsten er, und al verursacht US hochniietikeit,<br />
macht und kriegischer Übung herzog Carlis von Burgun.<br />
i) Abgeschlossen zu Zürich den 8. November 1469, abgedruckt Eidg.<br />
Absch. IL p. 906, und (mit Datum 1474?) Zellweger a. a. 0. S. 126.<br />
2 ) Der Bund mit Rotwyl wurde am 18. Juni 1463 auf 15 Jahre geschlossen<br />
und 1477 erneuert. Den Vertrag siehe Eidg. Absch. IL 890.<br />
') Ueber die Belagerung von Neuss bei Cöln (Juli 1474 — Juni 1475),<br />
zu dessen Entsetzung das Reichsheer auszog, vergl. J. Müller, Schw. Gesch.<br />
IV. 689. De Barante, hist. des ducs de Bourg. (Paris 1825.) XX. 12—17.<br />
4 ) Strassburg, Bischof und Stadt, Basel, Bischof und Stadt, Colmar,<br />
Schlettstatt und der Markgraf von Baden schlössen am 31. März 1474 zu<br />
Constanz die «Niedere Vereinigung» mit den 8 Orten und Solothurn. Den<br />
Vertrag siehe Eidg. Absch. II, 911.<br />
5 ) Aufgenommen in die Niedere Vereinigung den 16. April 1475.<br />
(Eidg. Absch. IL 537.)<br />
6) Es ist unklar, warum Herzog Sigmund hier noch einmal genannt wird.<br />
7 ) Darüber vergl. nachher.
64 1474.<br />
Burgunschen herzogen losung siner versezten landen, und legt<br />
das losung-gelt, 80,000 Rynsch gülden, vom nuewen pund entlehnet,<br />
und vom Franzesischen kueng zuo bezalen verheissen, gon<br />
Basel, und huob an die land wider in sine pflicht ze nemen. Und<br />
»wie wol der Burgunsch herzog sich hoch erklagt, dass wider<br />
gebne verschribung gehandlet wurde, nuet dester minder fuor der<br />
Oesterrichisch herzog mit dem nuewen punt, uss sunderlichem<br />
triben des Roemschen keisers und Franzesischen kuengs, fuer, wie<br />
das Schilling beschribt'), der ein fuernem ufsehen zur Franiozesischen<br />
a ) pratick und zum Burgunschen krieg hat gehaept. b )<br />
[43 a] Vertrag zwischen Meyland und Ure, zu Bern gemacht.<br />
Item botschaft gon Meyland, frid ze halten. c )<br />
Diss jars Meyen 2 ) hat ein löbliche stat Bern einen vertrag<br />
gemacht von wegen irrung der Meylaendischen capitlen, zwischen<br />
isiren Eidgnossen von Ure und herzog Galeatzen von Meyland,<br />
ouch im dem herzogen ire botschaft zugeschickt, frid zehalten<br />
und dem Burguaschen herzogen nit bizeston; das er zetuon (99)<br />
zusagt, aber sine Lamparter 3 ) nit hielten. Das schuf die<br />
Saffoysche herzogin 4 ) und der kueng Alfons von Napols 5 ), der<br />
a ) «und Oesterrichischen» ist von fremder (Paul's ?) Hand in A. 2.<br />
hinzugefügt.<br />
b ) In A. 2. ist später hinzugefügt und dann wieder (aber schwerlich<br />
von Anshelm selbst) gestrichen : «aber sust der zit und handhing nut sunders<br />
geachtet.» In A. 1. fehlen die letzten Sätze ganz.<br />
=) Das Stück fehlt in A. 1.<br />
') Gedruckte Ausgabe von 1743, S. 116 u. ff.<br />
2 ) Abschied zwischen dem Herzog von Mailand und den Eidgenossen,<br />
zu Bern geschlossen am 6. Juni 1474. (Missiv-Buch C. p. 262.) In der Sammlung<br />
der Eidg. Abschiede fehlt das Aktenstück.<br />
3 ) Die Lombarden waren sehr zahlreich als Söldner im Heere Karls.<br />
4) Jolantha, die geistreiche und thatkräftige Gattin des Herzogs Amadeus,<br />
Ludwigs XI. Schwester, Regentin für ihren Sohn Philibert.<br />
5) Prinz Friedrich von Tarent soll nach J. Müller (V. 1. S. 3.) mit<br />
15000 (?) Mann zum Heere Karls gestossen sein. Sein Vater, der König von<br />
Neapel, hiess aber nicht Alphons, sondern Ferdinand L, 1458—94. Friedrich<br />
folgte ihm 1497, wurde aber von Ludwig XII. 1501 seines Throns beraubt.<br />
Vergl. über den Prinzen: Commines V. III. und Ochsenbein, Urkundenbuch<br />
der Schlacht bei Murten. S. 416.
1474. 65<br />
sinen sun, herzog Fridrichen, mit 400 pferden dem Burgunschen<br />
herzogen züsandt, welcher, zuo Murten entrunnen, nachmals kueng<br />
zuo Napols, von Franzosen und den Eidgnossen ufgenommen, und<br />
dem kueng Ludwig XII. von Frankrich zugebracht ward.<br />
Einer stat Bern botschaft gon Rom um ablas; item und 5<br />
um gwalt das kloster Hinterlappen') ze reformieren.<br />
Diss jars Jenner 2 ) hat ein stat Bern iren wol[44a]gelerten<br />
statschriber, meister Thuering Frickern 8 ), gon Rom zuo baebstlicher<br />
heilikeit geschickt, deren andächtige ghorsame zu erpieten, und<br />
(100) von ira | vollen ablas, item und sunderlich gwalt und friung zuio<br />
erwerben, die ungeistlichen korhern zuo Hinderlappen ze begwaltigen<br />
und ze reformieren 4 ). Da ward der bot wol, doch nit<br />
on gelt, enpfangen, doctor der geistlosen rechten geheissen, und<br />
mit ablas und gwalt heimgevertiget. Do wurden die Hinterlapper<br />
korhern, die sich geistlich lebens heftig sperten, mit irem probst, u<br />
Heinrich Bluomen, dahin gebracht, dass ir etlich gfangen, uss<br />
Wyssnow 5 ) mit den ledigen gon Bern gefueert, muostend schweren<br />
und verschriben, ein lobliche stat Bern für iren kastenvogt, und<br />
ouch einen vogt von ira ze haben 6 ); item und die reformation<br />
!) Das Kloster Interlappen oder Interlachen, gestiftet 1131 (?) durch<br />
Seliger von Oberhofen, hatte Chorherren des regulirten Augustiner-Ordens.<br />
Die Stadt Bern war seit 1224 Kastvogt desselben. (Stettier, Regesten der<br />
Bern. Klöster, S. 44. — Fontes r. B. II. S. 43).<br />
2) Aber nicht 1474, sondern schon 1473 (Miss.-Buch C. 33).<br />
3) Thüring Fricker aus Brugg, geboren 1429, gestorben 1519, Stadtschreiber<br />
von 1465—94. Siehe über ihn: Quellen zur Schweizergeschichte<br />
Bd. I. Th. Fr. Twingherrenstreit, hgg. von G. Studer, im Vorwort p. V-IX.<br />
4) Bern verlangte päpstliche Vollmacht zur Abstellung der im Kloster<br />
eingerissenen Missbräuche und zur Wiedereinführung der bei Seite gesetzten<br />
Ordensregeln.<br />
5 ) Weissenau, ein jetzt zerstörtes Schloss bei Interlaken, am Einfluss<br />
der Aare in den Thunersee.<br />
6) Propst H. Blum von I. war auf Anordnung des Propstes Stör von<br />
Amsoldingen, des bischöflichen Verwesers, kurze Zeit verhaftet, 1473, und<br />
wurde entsetzt. Die Erklärung vom Juli 1474, in welcher das Kloster sich<br />
seiner Souveränetät zu Gunsten der Stadt begab und in die Annahme eines<br />
Vogtes einwilligte, siehe R. Man. 16, S. 236.
66 1474- 1476.<br />
anzenemen und ze halten, nach anwisung der geistlichen korhern<br />
S. Augustins orden, inen von S. Lienhart von Basel zuoverordnet').<br />
Bestund nit lang, ward loser dan vor ie gwesen, ouch hiemit vil<br />
mueeg und kostens verloren.<br />
5[45a] Vom wesen kueng Ludwigs XI. von Frankrich, und<br />
dem pund, so er mit gmeiner Eidgnoschaft ufgericht<br />
hat 2 ).<br />
Wie dann in kurz vergangnen jaren der eigensinnig, listig,<br />
frefel Delfin, Ludwig von Frankrich, nachdem er zuo dienst dein<br />
loRoemschen babst und keiser das Baseisch concilium hat zertrent 3 ),<br />
und d'Eidgnossen da geschlagen 4 ) und dem nach bald von sinem<br />
muten, gueetigen und wisen vatter, kueng Carlin VIL, — der sich und (101)<br />
die krön von Frankrich uss der Engeischen hand wunderbarlich<br />
hat errettet und widerbracht 5 ), ouch mit gmeinen Eidgnossen<br />
i5 vast frintlich vereint und verpunden was, — als ein unghorsamer<br />
und ufrueerischer sun, vor einst ist versient, ietz zum Burgunschen<br />
herzogen Philippen geflohen, bi dem sich 10 jar 6 ), unss nach<br />
sines lobwirdigen vatters tod, hat enthalten, 6 an Türken ze ziehen,<br />
dann sines herlichen vatters angesicht ze sehen vermeinende; und<br />
20 als er nun sine kröne solt enpfahen 7 ), beleitet in sin schirmer,<br />
[46a] herzog Philipp, heim gon Paris, mit ernstlicher bit und<br />
ermanung, dass er keinen nid noch räch an sines richs fuersten<br />
und amptluet soelte legen, ouch sunderlich sinen wolgeachten bruoder<br />
Carlin erlich und lieb halten, und in alweg sines richs einung<br />
i) Zwei Brüder der Stift St. Leonhard in Basel, gleichen Ordens, erhielten<br />
den Auftrag die Klosterreform durchzuführen.<br />
! ) Ueber den ganzen Abschnitt ist zu vergleichen: Zellweger's « Versuch,<br />
die wahren Gründe des burgund. Krieges darzustellen». Archiv für Schweiz.<br />
Geschichte, Bd. V., sowie Eidg. Absch. Bd. IL 482 ff.<br />
3 ) Der Anzug des Dauphins Ludwig mit den Armagnaken gegen Basel,<br />
1444, hatte die Auflösung des dort noch versammelten Kirchen-Concils zur<br />
Folge.<br />
4) Bei St. Jakob an der Birs, 26. Aug. 1444.<br />
5 ) Mit Hülfe der Jungfrau von Orleans, und endlich im Jahre 1444.<br />
6 ) Der Aufenthalt Ludwigs am Burgundischen Hofe dauerte v. 1456—61.<br />
7 ) Karl VII. starb am 22. Juli 1461.
1474-1476. 67<br />
suchen und fuerdren. Des truwen rats, ouch schuldigen danks<br />
ungeacht, huob disev kueng Ludwig XL von stund an, nach eignem<br />
sin, einem unadelichen tyrannen glich (an), ze herschen, unachtpar,<br />
lichtvertig, ouch froemd luet lieben, ufwerfen und rieh machen;<br />
aber die fuersten, ouch sinen bruoder, die edlen und die gelerten.s<br />
mit nuewen aendrungen, ufsaetzen und verbotten also vast traengen<br />
und verachten, dass sines richs die fuernemsten fuersten und sin<br />
bruoder in mit fr macht zuo Paris belaegreteni), anzeigend und<br />
hoch erklagende, wie der kueng das land und die fuersten ungwonlicher<br />
mauss beschwaere und trucke, allen adel verachte, alle w<br />
ding on parlament, on rat, on gsatz, on recht, allein nach sinem<br />
(102) willen handlete, | sinen stat uf kriegsluet [47 a] und unedel<br />
Schmeichler sezte, die den gebornen fuersten und edlen glich<br />
machte; also dass den fuersten kein friheit noch achtung me über<br />
sie, alles vol verraetteri und betrug, und niemand sin leben sicher w<br />
sin; um lichten argwon oder verleidung vil getoet oder vertriben<br />
werdid; dass fich und gwild me friheit haben, wan die menschen;<br />
den kuengklichen a ) und die jaerlichen pensionen den fuersten abgebrochen,<br />
unnuezen und unverdienten lueten ussgeschuet werden<br />
woelle, und werde dahin kommen, dass allein uf einem, on mauss 20<br />
und Ordnung, alle ding standid. Und hierum zuo schirm ir friheit<br />
und eren, so waerids b ) versampt, dass den sacken geraten wurde;<br />
also dass alle staend, hoch und nider, bi altem harkommen und<br />
in guter Ordnung wesen und beliben moechtid. Si bekennid den<br />
kueng iren hern; aber dabi so stand inen zuo, in zuo ermanen25<br />
und ze wisen, dass er nach loblichem harkommen sines richs,<br />
mit rat, recht, mauss und Ordnung regiere.<br />
Und als nun der kueng mit siner fuersten krieg und klag<br />
überladen was, schickt er sinen canzler zuo inen hinuss, iedem,<br />
[48 a] wass er zu friden begerte, zuo verschriben; als aber der canzler 30<br />
sagt: ir vermoegends nit zuo halten, antwurt er: magstu s' von en-<br />
") Hier scheint ein Wort ausgefallen zu sein.<br />
b ) Corrigirt aus «sigids».<br />
») Der Aufstand der Liga, welche Ludwig dem XL seinen Jüngern<br />
Bruder Karl, Herzog von Berry, entgegenstellte, fand im Jahre 1465 statt.
68 1474-1476.<br />
andren uss dem veld schriben, so hastu genüg getan, und demnach<br />
wird minem halten ouch rat gefunden. Wie dann fuer und<br />
für beschach, mit vil hoher köpfen bluot, und mit grossem schaden<br />
an land und lueten, insunders zwischen dem kueng und dem Burä<br />
gunschen Carlin ergangen; ouch mit so grimmem hass, dass wass<br />
mit isen nit mocht gerochen werden, mit gift j understanden wurde. (103)<br />
Der gstalt des kuengs frommen bruoder, dem ouch sin vatter, wo<br />
fuogklich gwesen, die krön geben hätte, todi), item und der kueng<br />
und der Burgunsch herzog") beid gegenenandren verluemdet waren.<br />
io Und wie wol zwischen inen oft vertraeg und anstand gemacht<br />
wurden, so vertruwt doch keiner dem andren nuet; sunder ouch<br />
wo und wie si enandren mochtend vientschaft anrichten, das<br />
beschach on kostens beduren b ). Also ze diser [49 a] zit richtet<br />
der Burgunner die Engeischen ubern kueng 2 ); so richtet der kueng<br />
ishargegen ubern Burgunner die Tuetschen, und insunders d' Eidgnossen,<br />
durch die dem kueng geholfen und der Burgunner getaempt<br />
ward.<br />
„. Deshalb der vilgemelt kueng Ludwig hat zuvor im 70. jar,<br />
".'• uf den 13. tag Ougst zuo Bern, in gmeiner Eidgnossen namen,<br />
2osines vatters seligen vereinung uf sich volstreckt, mit sundrem<br />
usstruck, dass kein teil wider den andren soelte dem Burgunschen<br />
herzogen zuoston 3 ). Dann vor d'Eidgnossen bim kueng und bim<br />
a ) In A. 1 ist die Charakteristik Karl's (siehe nachher) mit derjenigen<br />
Ludwig's in ein Capitel zusammengezogen [S. 105 und 106].<br />
b ) A. 1 hat hier: so vertruwt er (Ludwig) doch dem Burgunner mit,<br />
hierum [1 a] er kostens on alles beduren sucht mit heimlicher hilf und rat,<br />
wis und weg, in allenthalben gschaft und vigend zu machen und zu enthalten,<br />
als: an dem keiser, herzogen von Lutringen und Oesterrich, an den<br />
Eidgnossen; und doch den punt mit inen nit e beschloss, dan er befridet<br />
und si mit dem Burgunner in ofhem krieg waren — vom keiser angfangen,<br />
aber dem herzog von Lutringen, den Eidgnossen und iren pundgnossen zu<br />
volfüren gelassen. Mitten in diesem Gedanken bricht A. 1 am Ende des<br />
Blattes 106 ab und hat seine Fortsetzung am Schlüsse von Band II der<br />
Handschrift auf Seite 1 a — 32 *.<br />
') Karl, Herzog v. Berry, Ludwig's XL Bruder, starb 1472 den 18. Mai.<br />
2) Im Juli 1475 schloss Herzog Karl einen gegen Frankreich gerichteten<br />
Bund mit den Engländern.<br />
3) Eidg. Absch. IL 413 u. 908.
1474 - 1476. 69<br />
herzogen redlich gedient hatten und dienten, biss si in ofne<br />
vientschaft mit dem herzogen kamend.<br />
Und ieztan, in fuergenommenem 74. jar, do bracht der kueng<br />
zu wegen, dass der Oesterrichisch bericht gefuerdret, und uf in<br />
zuo bevestnen gestelt ward, welchen er zuo end Ougstens, ufgericht 5<br />
und versiglet, mit siner treffenlichen botschaft durch Lutringen<br />
H04)haruss gon Bern | schickt 1 ) [50 a] und demnach uf den 3. tag «1.<br />
Octobrer gon Veldkilch, zum fuersten von Oesterrich zuo gmeiner ""<br />
Eidgnossen und der nidren statten botten 2 ), mit ernstlicher und<br />
illender Werbung, einen hilftragenden pund mit ime ze machen,io<br />
und angends wider den Burgunschen herzogen den krieg anzevahen,<br />
harzuo er sine macht geruest hätte, ouch sin lib und guot<br />
inen trostlich zuosaezen woelte, dem fuersten, sinem oehenn, das<br />
losgelt'), ouch im und sinen sundren fruenden, den Eidgnossen,<br />
ßrliche pensionen geben 4 ). Da ward im, uf sin vertröste zuosagis<br />
und erpietung, begerter pund zuogesagt, zuo Lucern vergriffen,<br />
und von Bern schnei zuogesaent 5 ), und ouch mitan der krieg<br />
angehaben"). Uf dise handhaben, wider alle hofnung, trost und<br />
manung der Eidgenossen, machet er drimoenigen bestand mit dem<br />
a ) Der ganze Abschnitt lautet in A. 1, S. 1*:<br />
Wie der Franzesisch punt, ilends von der stat Bern versiglet,<br />
sich noch fünf jar zu bestaten verzoch.<br />
Also ward diser Franzesischer pund mit semlicher il gepratticiert, dass<br />
ein stat Bern, als von inen gwalt habend, für alle ort der Eidgnossen allein<br />
den versiglet, begerte hilf der 6000 knechten vertröst, illends durch iren<br />
schultheissen, her Niclausen von Diessbach, dem küng zuschickt; daruss sich<br />
etwas Unwillens bi den undertanen erhüb, darzü etliche ort sich oucli<br />
sperten.<br />
Dann folgt sofort die Erzählung der Vermittlungsversuche.<br />
i) Die Verhandlungen fanden meistens zu Luzern statt, 6. u. 17. Sept.<br />
(Eidg. Absch. II. S. 496 ff.) Die Leitung lag dagegen ganz in der Hand<br />
der Berner.<br />
«) 2.—12. October. Eidg. Absch. II. 505 ff.<br />
3 ) Das Geld zur Wiederlösung der verpfändeten Gebiete wurde dem<br />
Herzog Sigmund von König Ludwig vorgeschossen.<br />
4 ) Das Verzeichniss dieser ersten Pensionen siehe Eidg. Absch. 11. 521<br />
und 533.<br />
5 ) 26. Oktober 1474 zu Luzern. (Eidg. Absch. IL 516.)
70 1474-1476.<br />
Burgunner, so ietz von Eidgnossen viendlich angriffen 1 ), und<br />
schickt erst in kuenftigs 75. jars Merzen sinen pund versiglet<br />
durch Bern gon Lucern, da derselb aber mit vil verheissens<br />
ward verknüpft 2 ). — Indes do hat der Burgunsch herzog sinen<br />
5schwager, [51a] kueng Edoard von Engenland, in Frankrich<br />
ze ziehen bewegt, zuo dem sich er, der Franzesisch kueng, personlich<br />
verlfueegt, und machet einen 7jaerigen bericht mit 75,000(105)<br />
krönen schenke, und fünfzig tusent jaerlicher pension. Schankt<br />
darzuo gross gaben den Engeischen hern, und besunder dem<br />
io herzog von Klarentz, der nachmals von sinem bruoder, egenanten<br />
kueng, in Malvasier ertränkt und enthoptet ward 3 ). Und glich<br />
uf disen bericht machten der Engelsch kueng und der Brittenisch<br />
herzog einen nuenjaerigen bestand zwischen im und dem Burguner<br />
4 ). Nuet desterminder wist er 5 ) nach siner listikeit, d'Eidlö<br />
gnossen staets an, vom krieg nit abzeston , ouch keinen friden<br />
noch bestand ze losen ; sunder uf sin macht trostlich ze beharren.<br />
Und also, wie wol er zuo allen noetten der Eidgnossen zum<br />
höchsten um zustand gemanet ward, dennocht, durch kunst und<br />
glueck siner verpensionierten jägermeistren 6 ), enthielt er sich den<br />
»0 ganzen krieg uss, dass er um halb gelt, zuoluogend wie der fuchs<br />
uf den roub, stil sass, und liess si uf ire weg und glueck angehoezt<br />
jagen. Hiess [52 a] dennocht der heilig aette, kueng Ludwig<br />
von Frankrich 7 ).<br />
i) Am 25. October 1474 erliessen die Stände den Absagebrief an Karl.<br />
Am 15. Juni hatte Ludwig seinen Waffenstillstand mit demselben bis zum<br />
Mai 1475 verlängert. (Eidg. Absch. II. 498.)<br />
2) Luzern. 20. März 1475. (Eidg. Absch. IL 521-533.)<br />
3 ) Der Herzog von Clarence, Eduard's IV. von England Bruder, wurde<br />
aus Argwohn von seinem Bruder 1478 zum Tode verurtheilt. Nach eigener<br />
Wahl soll er in einem Fasse Malvasier ertränkt worden sein. Die Todesart<br />
ist zweifelhaft. (Vergl. Pauli, Engl. Geschichte V. 436.)<br />
4) Bezieht sich wahrscheinlich auf den vom Herzog Franz von Bretagne<br />
vermittelten Waffenstillstand vom 4. April 1473 zwischen Ludwig XI.<br />
und Herzog Karl. (Vergl. Eidg. Absch. II. 443.)<br />
5 ) Nämlich Ludwig XL Anschliessend an Z. 4.<br />
6 ) Trifft ohne Zweifel die französisch gesinnten Führer in der Eidgenossenschaft.<br />
r ) Unter Ludwig XI. ist der Titel «allerchristlichster König» für den<br />
Monarchen Frankreichs Uebung geworden.
1474-1476. 71<br />
Nun so haftend sine anwaelt und fuerminder den friden, pund<br />
(106) und krieg so mit grossem gelt erworben, | dass si darum von im<br />
ungnad entsassen. Do sagt er zu inen: si haettids wol geschaft,<br />
wenn nun d'Eidgnossen sin gelt genommen und nemen woeltid;<br />
dann so das beschaehe, so werde einer krön von Frankrich von 5<br />
inen niemerme kein baerlicher schaden zuogefueegt werden"). Es<br />
war vil waeger gelt, dann land und luet verloren.<br />
[53a] Von wesen herzog Karlis von Burgun, wie er ouch<br />
gern gmeiner Eidguossen fruend war gsyn; aber um<br />
hochmftts willen von inen und iren puntgnossen w<br />
muesst gedoemueetiget werden.<br />
Zuoglich wie der kueng von Frankrich gegen sinen tugentrichen<br />
vatter ein tyrann geachtet, also ward geachtet der herzog<br />
Karlin von Burgun gegen sinem tugentrichen vatter Philippen'),<br />
welcher zuo sinen ziten über al köstliche fuersten so hoch geachtet«<br />
was, dass in ouch die Asianischen kueng und fuersten, gloebig und<br />
ungloebig, durch ire treffenliche hotten, under denen der patriarch<br />
von Anthiochia selbs person, widern grossen Machmet um rat<br />
und hilf heimsuochten 2 ). Er hat von sines vatters, herzog Johansen,<br />
todschlags 3 ) wegen, dahar der hopt-nid zwischen Frankrich und 20<br />
Burgun entsprungen, die krön Frankrich mit irem kueng und der<br />
stat Parys in des Engenlaendischen kuengs hand übergeben, darnach<br />
versueent, geholfen widernaemen ; hat d'Eidgnossen, und<br />
insunders ein stat Bern geliept, da er personlich unlang vor<br />
») Hier fügt A. I [104] bei: Sind da gegenwärtig gsin her Wilhelm<br />
von Diessbach und her Heinrich Matter, von welchen beden ich dise red<br />
gehört hab.<br />
•) Philipp der Gute, Herzog von Burgund von 1419—1467.<br />
2) Vergl. Dunod, hist. du comte de Bourg., tome III. p. 346.<br />
3 ) Philipp's Vater, Herzog Johann, war am 10. Sept. 1419 zu Montereau<br />
in Gegenwart des französischen Dauphins ermordet worden. Diess bewog<br />
schon Philipp, wie nach ihm Karl, zu dem Bündniss mit England.
72 1474—1476.<br />
sinem tbd sine nachpur | liehe verstaentnus hat bevestneti), ouch(107)<br />
eigenlich sinem sun bevolhen, die selben truewlich ze behalten;<br />
mit vil andren vätterlichen wisheit-leren. Aber der sun, zuoglich<br />
sinem mit erzognen kueng Ludwig, dem er doch sin leben lang<br />
5ungünstig was gsin, huob an, ouch bi sines alten vatters leben,<br />
tyranni und hochmuot ze triben, wie das die stat Luetich fuer eins<br />
bezueget, die er, zuo räch ires bischofs, mit luet und guot on underscheid<br />
und verschonen, me dann Tuerkisch, zu boden zerschlissen 2 ),<br />
ouch vil ander staet und plaetz wueest gelegt hat. Wolt niemand<br />
io achten, noch voerchten, also dass er, zusamt andren fuersten<br />
der krön Frankrich, und ouch fuer sich selbs, sinen hern kueng<br />
dahin bracht, dass er sich muosst mit inen ires gefallens vertragen,<br />
und gegen im demueetigen 3 ); zuo dem dass er im an der<br />
schlacht vor Monleherik 4 ) kum entrunnen was a ); hat sinen<br />
15 swager, kueng Edoard von Engenland, von dem grafen von<br />
Varvick mit hilf [55 a] der Franzesischen vertribnen, wider ingesezt<br />
5 ). Er was in alweg wie sin swarzer loew und fuerschlag 6 )<br />
bedütten, gneigt fyr anzeschlahen, räch, sig, macht und er ze<br />
suchen. Benueegt sich nit sines kuengklichen harkommens, und<br />
wdass er under den 12 glichen fuersten 7 ) der krön von Frankrich<br />
der obrist was b ), sunder zalt sich mit dem guljdinen widers-(108)<br />
*) A. 1 fügt hier [106] bei: Dabi gwesen der von Bübenberg und mit<br />
im Wilhelm Alwan, der mir diss erzält hat.<br />
b ) A. 1 hat [105]: under den zwelf Glichen, einer krön von Frankrich<br />
zu hanthab vom grossen Carle verordneten, der obrist.<br />
') Am 22. Mai 1467 wurde zwischen Herzog Philipp dem Guten und<br />
den Ständen Zürich, Bern, Solothurn und Freiburg ein «Verständniss» abgeschlossen.<br />
(Eidg. Absch. IL 366 u. 899 und Zellweger a. a. 0. S. 77.)<br />
2) Am 30. October 1468.<br />
3 ) Im Frieden von St. Maur vom 29. October 1465.<br />
4 ) Montlhe'ri, in der Nähe von Paris, den 16. Juli 1465.<br />
s ) Eduard IV. (von York), 1470 von dem «Königsmacher» Warwick<br />
vertrieben, nahm 1471 mit Hülfe Karls sein Reich wieder ein (14. April<br />
Schlacht bei Barnet).<br />
6 ) Herzog Karl führte als Wappen einen von Flammen umgebenen<br />
Feuerstahl (Feuerschlag).<br />
7 ) Die « Pairs» der französischen Krone.
1474-1476. 73<br />
fael •) in des Kriechischen Jasons halbgoettische bruoderschaft; vermeinende<br />
selbs ein edler frier kueng ze werden, und das edel<br />
kuengrich von Burgun wider ufzerichten; hat ouch hierum den Roemschen<br />
keiser zuo Trier mit uberschwenklichem pracht angesucht 2 ).<br />
Als aber der keiser im anmutet, ime und dem Roemschen rich 3<br />
ghorsam ze tuon, das hus Oesterrich fri ze lassen, und angends<br />
widern Türken ze ziehen, wolts im nit vor dem Franzesischen kueng<br />
gelegen sin, und nam andre unruow zur hand, und schlug ein fyr<br />
wider dem stift und bischof von Koeln, desse kastenvogt er vermeint<br />
ze sin, so aber dem Roemschen rieh zuogehort, und zoch mitio<br />
gwalt [56 a] fuer die stat Nuess 3 ). Do bewoegt der kurfuerst von<br />
Koeln den Roemschen keiser und das rieh wider in zuo vaeld, dass<br />
da gescheiden ward. Indes aber hat im der Roemsch keiser und<br />
der Franzesisch kueng einen andren herten fyrstein zuogericht,<br />
dass ein ewiger bericht zwischen dem hus Oesterrich und einer«<br />
Eidgnoschaft, item der nider und ouch der Franzesisch pund<br />
gemacht was worden, und der Oesterrichisch herzog Sigmund<br />
sine verpfänte land zum pfandschilling wider zuo sinen handen<br />
nam, und d'Eidgnossen uf des Roemschen keisers und irer nuewen<br />
pundgnossen manung in an sinen landen angriffend. 20<br />
So hat aber er sinen puntgnossen, den vast jungen herzogen<br />
(109) Reinharten von Lutringen 4 ) angriffen, von | wegen schulden, und<br />
dass er zuo ghorsame des Roemschen keisers wider in gezogen<br />
was. Vertreib ouch den von allem sinem land, dass er allein<br />
mit 12 pferden zuo sinen truewen Eidgnossen kum entran. 25<br />
Und wie sich nun dise sacken in obren [57 a] Tuetschen<br />
landen unversehenlich und gaechlingen erhept hatten, do was im<br />
vast leid einer Eidgnoschaft und besunder Bern vientschaft; war<br />
vast gern mit ir in friden und fruentschaft, wie von altem har,<br />
gestanden und beliben, dann er von irem kriegs volk me, wenn der 30<br />
•) Anspielung auf den von Karl's Vater gestifteten Orden vom goldenen<br />
Vliess.<br />
2 ) Die Zusammenkunft der beiden Fürsten zu Trier fand statt 1473,<br />
Ende Novembers.<br />
3) Neuss. Siehe oben.<br />
4 ) Renatus, geb. 1451, trat sein Herzogthum am 4. August 1473 an,<br />
wurde aber schon 1475 von Karl vertrieben.
74 1474-1476.<br />
kueng, bi welchem me vernaempter zuo hof waren, zuoloufs hat gehept.<br />
Desshalb im ersten gemuormel diser haendlen sant er sine<br />
treffenliche botschaft zuo gmeinen Eidgnossen gon Zürich *); da hievolgender<br />
artikel verabscheidet ward.<br />
5 Item so hat der herzog von Burgun sin treffenliche botschaft<br />
mit einem hohen glowirdigen credenz bi unsern Eidgnossen zuo<br />
Zürich gehept, die da geret hat: sin her verneme, dass in der<br />
Eidgnoschaft ein red ussgang, dass er wider uns Eidgnossen sin,<br />
und darum sine krieg woelle anstellen oder gestelt hab. Dess sie<br />
io er unschuldig; dann er welle die alten guten fruentschaft, die sine<br />
vordren und ein Eidgnoschaft mittenandren hargebracht, und nie<br />
wider enandren kriegt hond, in guter frintschaft halten, als im<br />
das von sinem hern und vatter seligen in bevelchnus geben sie.<br />
Und | dass wir Eidgnossen dess sicher slen, wellen wir dann die(no)<br />
iöverstaentnus, so zwischen im und etlichen uns Eidgnossen, die<br />
schlecht sie, [58a] besseren, und in die ewikeit machen, dass<br />
wir beder sit enandren wider mengklich hilflich sigid; so solle<br />
das an im nit erwinden.<br />
Und ob siner gnaden lantvogt und amptlüt uns Eidgnossen<br />
20 keinerlei 2) taetid, daran wir missvallen haettid, oder das uns nit<br />
eben waer, dass wir sinen gnaden das kund tuon soelten, so woelle<br />
er das wenden, und si darum also strafen, dass wir dabi bericht<br />
werden, dass im das leid und missvaellig sie.<br />
Demnach a ) wurden zuo Basel uf bestimpten tag 3 ) mancherlei<br />
25 klagen gestillet, also dass er verhoft, in obren landen kein unruow<br />
ze haben, und sich in die nidre land hinab taet, grosse gschaeft<br />
zuo verwalten. Als aber indes zum stillesten egemelte Sachen<br />
waren volzogen, schickt er abermals sine treffenliche botschaft<br />
*) Das folgende bis Fürhaltung fehlt in A. I. Die Rede des Gesandten<br />
selbst dagegen ist mit der vorhergehenden verbunden.<br />
•) Bezieht sich vermuthlich auf die Sendung des Abts von Casanova<br />
nach Zürich und an die Tagsatzung zu Luzern, 5. Mai 1473. (Eidg. Absch.<br />
II. 446 ff. 452.)<br />
2) Keinerlei = irgend etwas.<br />
3) Davon findet sich nichts in der gedruckten Sammlung der Eidg.<br />
Absch.
1474—1476. 75<br />
gon Zürich, Bern und Lucern'), mit ernstlicher fuerhaltung: dass<br />
ein from, loblich Eidgnoschaft wol woelte bedenken, warum si<br />
ein alten erb viend um einen alten erb fruend, item einen gezwungnen<br />
nuewen fruend, um einen unwilligen [59 a] nuewen viend,<br />
ungegruendter ursach, allein um besundrer löten eignen nutzes s<br />
willen, vertuschete und übergäbe. Ira wäre wol ze wissen, dass<br />
si von keinem Burgunseken hern nie kein leid enpfangen hätte,<br />
als eines lands luet 2 ), dass ire edlen am hof, item ire burger<br />
(111) und koufluet, | im land Burgun erlich und wol gehalten, ouch ira<br />
nuet, so zuo gmeinem handel und wandel dienete, verhalten"). io<br />
Daneben iren unvergessen mag sin, was uebels si von anfang ires<br />
loblichen punds har, unss uf dise zit, vom hus Oesterrich, item<br />
unlang hievor von disem Franzesischen kueng hab enpfangen.<br />
Warum si sich froemder sachen woellid annaemen, insunders die im<br />
von sinem vetter, herzog Sigmunden, unredlich und unbillich zuo- a<br />
gefueegt werdid, und nämlich der landen halb, so der im versezt,<br />
uss Ursachen ira wol ze gedenken; welchen, so er hätte wollen<br />
volgen, als er aber nie hab wollen, noch fuergenommen ze tuen,<br />
so stueende es minimalen anders. Sin meinung und will in annemung<br />
der pfantschaft, deren er nie begert habe, sie beden»<br />
teilen zuo friden beschehen, uf [60 a] dass sin vetter, herzog Sigmund,<br />
dem Waltzhuotischen vertrag möchte nachkommen, damit<br />
er und ein Eidgnoschaft zuo ruowen käme und blibe. Das aber<br />
er nit getan, sunder das gelt anders wohin, und villicht im uss<br />
fruenden viend zemachen, verbracht habe. In dem, so habe er25<br />
sich, als so nuet uebels verschult, alwegen guots zuo einer frommen<br />
*) A. 1 verweist noch [100] speziell auf die burgundisehen Salzlieferungen<br />
und fügt bei: und inen alwäg zu guter nachbarschaft gneigt, so doch<br />
ein kimg von Frankrich, ungelegen, inen wenig guts mochte tun, und der<br />
küng Ludwig inen vor Basel einen grossen schaden zügeßegt hätte. Ouch<br />
so gienge si kein not an, sich der span, so er mit andern handlete, ze<br />
beladen.<br />
i) Betrifft wahrscheinlich die Sendung von Heinrich von Colombier<br />
und Jean Allart, den 6. März 1474. (Eidg. Absch. IL 482.)<br />
2) Hinweis auf den alten Zusammenhang der burgundisehen Lande<br />
diesseits und jenseits des Jura.
76 1474-1476.<br />
Eidgnoschaft versehen, und insunders zuo den vier stäten Zürich,<br />
Bern, Friburg und Solaturn, die mit im durch margraf Rudolfen<br />
von Nuewenburg ein verschribne nachpurliche verstaentnus habid ');<br />
das sich nun anders durch list und betrug des Franzesischen<br />
skuengs und des Oesterrichischen herzogen woelle befinden. Und<br />
so dann ein from Eidgnoschaft ie weit har den namen habe gehaept,<br />
dass si glowen und recht liebe und schirme, und hierum<br />
bi aller weit hohen ruom er | langt, warum si nun [61 a] irem erb-(112)<br />
viend, dem Oesterrichischen herzog, wider in, iren erbfruend, zuoloston<br />
koennid, so der wider sin fürstlich wort und er, und wider<br />
sin brief und sigel, gegen im handle und ouch der gstalt einer<br />
Eidgnoschaft fuergebe: nämlich für eins, wie er gelegten pfandschilling<br />
nit woelle nemen; das aber nit sie, wie wol er den selben<br />
nit an das ort, das die verschribung wist, sunder da (hin, wo)<br />
15 der selbig wider zuo sinen handen komme, gelegt habe. Darzuo so<br />
sien die verpfante land nit so nuzbar, dass er einichen verzig<br />
um die selbige ton woelte haben. Wenn der Oesterrichisch herzog,<br />
wo im wolgelegen, nun durch botschaft in um die losung ankert<br />
und abgerechnet hätte, des glichen wo billichkeit und ruow,<br />
soso vast als betrug und krieg, gesucht war und wurde, so wärid<br />
al ansprachen, ouch Hagenbachs halb, den er im zum lantvogt<br />
angeben hab, wol mit gueete vertragen worden. Nun, so es ie nit<br />
anders moege sin, mueesse er got lassen [62a] walten und des<br />
glucks erwarten.<br />
25 Und wie wol nun dis treffenliche und uss heftiger Instruction<br />
gekürzte, ouch vil andre fürhaltungen und ermanungen, zuosampt<br />
des fyrschlags guldnen flammen 2 ), vast stark und schinbar waren,<br />
noch so | ward's alles vom gilgechten sunnenglanz 3 ) und vom vil-(113)<br />
farbigen pfawenschwanz 4 ) so gar geschwecht und vertunklet, dass<br />
i) Vergl. oben S. 72, Anm. 1. Markgraf Rudolf von Neuenburg hatte<br />
damals vermittelt.<br />
•) Anspielung auf das Wappen des Herzogs, dessen sprühende Flammen<br />
als goldene, die Augen blendende Schenkungen gedacht sind.<br />
3) Der Glanz der französischen Sonnenkronen mit der Wappenlilie.<br />
4) Der Pfauenschweif war bekanntlich Helmkleinod und daher Abzeichen<br />
Oesterreicbs.
1474—1476. 77<br />
Schilling vom loewen 1 ), ouch nach sinem tod, nuet denn Übermut<br />
und Verachtung weist ze schriben, und es sich doch befindt,<br />
dass er in semlichem val keinem fuersten noch hern, noch keiner<br />
natura, nie so tugentlich begegnet sie, als einer Eidgnoschaft;<br />
wie ein stat Bern selbs zum Franzesischen kueng schribt, sin ufs<br />
ire botschaft sittiklich erzoegnen, und ßrber mitlen, und dass es<br />
muost gewagt und gekriegt sin"). Dann wie in disen ziten diser<br />
herzog und d' Eidgnossen allein über al Tuetsch und Waelsche<br />
[63 a] nationen kriegs halb hoch geachtet und gevoerchtet waren;<br />
also ward von Tuetschen und Waelschen flissig gesucht, si, nämlich w<br />
den schwarzen loewen und schwarzen stier'), anenandren ze<br />
hetzen. Do aber der loew, als gschider, nit wolt anbissen, do ward<br />
gefunden, dass der stier, als einvaeltiger, mit 's baeren vorpiss 3 ),<br />
anbeiss, ouch der maussen, dass er den loewen um sin gross gut,<br />
hohen muot und edel bluot bracht.<br />
is<br />
(114) Ein Missiv b ) des herzogen von burgun an den herzogen<br />
von Oesterrich, von wegen der ablosung 4 ), welche vom<br />
herzogen, von Eidgnossen und iren bundsgnossen<br />
als ein absagbrief verstanden ward.<br />
Dem durchluechtigen, unserm allerliebsten vetern, herren2o<br />
Sigmund, herzogen zu Oesterrich etc. Karolus, von gotes gnaden<br />
») Die Stelle ist unverständlich, wohl in Folge eines Schreibfehlers.<br />
St. und W. lasen: (dass er) sich uf ire botschaft sittiklich erzogen und erber<br />
mittlen (anerbotten), und doch musst es . .<br />
b ) Das Schreiben fehlt sowohl in der ersten als der zweiten Fassung,<br />
wurde aber wohl aus einer besondern Copie A's. in die spätem Abschriften<br />
aufgenommen und wird hier als Beilage gegeben. Bei Chmel., Mon. habsb.<br />
I. S. 105 ist dasselbe lat. abgedruckt nach dem im k. k. Archiv in Wien<br />
liegenden Original. Bei Lichnowsky, Oesch. des Hauses Habsburg, Bd. 7,<br />
S. CCCCXXIX ist das Document nur zitirt. Woher A. seinen etwas gekürzten<br />
deutschen Text hat, ist unbekannt.<br />
!) So nennt A. den Herzog Karl seines Wappenthiers wegen.<br />
2 ) Der schwarze Stier soll natürlich die Eidgenossen bezeichnen.<br />
3 ) Der Bär (Bern) biss zuerst an und riss die Eidgenossen mit sich.<br />
4) D. h. Wiedereinlösung der verpfändeten Lande Herzog Sigmunds.
TS 1474-1476.<br />
herzog zuo Burgund etc. In den briefen, so ir uns in uewerem<br />
namen uf datum zuo Costenz, des sechsten tags diss monats,<br />
und durch Caspern ueweren erhalten!),<br />
hat uns beducht, dass ir uns verkiindent, dass ir die landgraf-<br />
5 schaff im Elsass und die grafschaft zuo Pfirt, so ir uns in pfantschaft<br />
wis übergeben habent, wider meinent zuo uewerenhanden<br />
zuo bringen, und darum das geld, darum die versazt gewesen<br />
sient, der stat zu Basel meinent zuo legen, wiewol ir meinent des<br />
nit verbunden ze sin. Darnach ir ouch (meinent), von etlicher<br />
10 redlichen Ursachen wegen uechdenselben schlössen und undertanen<br />
zuo naecheren, und so erst ir moegent die zuo uewerenhanden ze<br />
bringen, und darnach in aller buerlikeit darin zuo handien. —<br />
Solcher uewer dunklen gschaeften wir uns nit gnuog verwunderen<br />
koennen; denn die vorgenampte landgrafschaft im Elsass, die grafjsschaft<br />
zuo Pfirt, mit anderen herlichkeiten, ouch | nie von uns an (115)<br />
uech begert ist zuo versetzen, sunder von uech, der dasselb land<br />
vor macht der Swyzeren nit beschirmen möchten, uns das ufgeboten<br />
worden ist, mit soelichen gedingen, dass soelich summ guldin,<br />
die ein teil den Swyzeren, wir ouch uech ussgricht haben, ouch<br />
20 ander geld, so wir durch unser amptluet bi iren gschwornen eklen<br />
on ander bewisung bibringen wurden, in unser stat Bisanz durch<br />
uech geleit werden soelten, als ir uech des hoch und tuer verschriben<br />
habent. Darum wir dieselbe land und riterschaft und<br />
gemeine darin in gehorsame nemen lassen hand und sie in guoter<br />
25gewarsame und guotem friden gehalten hand. Darum ir nuet<br />
dester minder sit dem letsten monat februarii, als uewerbotschaft<br />
bi uns zuo Dision 2 ) gwesen sind, habent ir understanden zuo suchen,<br />
das ir gfunden hand. Wir versechen uns ouch uss soelichen<br />
üweren gschriften, das ir doch vor nit gloubt hattent; danne ir<br />
so von dem sechsten tag dis monats uech denselben ueweren landen<br />
und lueten zuo naecheren, und zuo ueweren handen ze bringen so<br />
erst ir mochtent. Wiewol uns das wider alle gerechtikeit und<br />
den bschluss der pfantbriefen begegnet ist, und wiewol ir die<br />
i) Im lat. Text, siehe oben Anmerk. a, lautet die Stelle: nobis per<br />
Casparum regem, armorum heraldum vestrum . .<br />
«) Dijon.
1474—1476. 79<br />
stat Basel bestirnt band, dass ir das geld der losung da geleit<br />
habent, so ist doch die stat Bisanz bestirnt, dasselb geld darin<br />
zuo legen. Harum so verkuendent wir uech: ob die ueweren zuo<br />
der vorgenamten stat Bisanz, die mit gleit nach notdurft<br />
versorgt werden sol, uf einen bstimten tag nach inhalt derr.<br />
(116) pfantbriefen schicken wellent; so wellent | wir unser rät oucli<br />
dahin schicken, mit den uewern zuo verkomen, und die herschaft,<br />
schloss, land und luet wider zuo ueweren handen zuo geben, wie uns<br />
das gebueret; waere aber sach, dass ir, als ir in ueweren briefen<br />
troewen gsechen werden, die vorgnamten lande zuo ueweren handen io<br />
bracht oder zuo künftigen ziten bringen wurdent, so dann uewerer<br />
gluepd, bi uewerem fuerstlichen wort und eren getan, nit glebt<br />
(wäre), wurde uech nit minder widerstand begegnen, dann uech<br />
die Swyzer vor ziten getan hand. Und als ir fuerrer mit ueweren<br />
dunklen worten in ueweren briefen meldent, dass ir meinet in«<br />
den Sachen gebuerlichen ze handien, das wir doch nit eigentlich<br />
verstan koennent: so tund wir uech eins zuo wuessen, dass, wie ir<br />
die sachen anfachen werdent, also wellent wir gedenken die<br />
fuerrer ouch zuo volzien. — Geben in unserm schloss Luetzelburg,<br />
am 22. Aprilis, anno 1474. 20<br />
[64 a] Vom wesen und handlung einer löblichen stat Bern,<br />
und der Iren in diser zit grossen Sachen, durch si<br />
fuernemlich verschaffet.<br />
Als ein stat Bern in disen vast fuernemer gschaeften jaren einen<br />
vast fuernemen wisen rat hat, besunder vom adel, burgers-ge-25<br />
schlechten und hantwerken, deren etlich bim Franzesischen kueng,<br />
(117)ietlich aber bim | Burgunschen herzogen zuo hof oder zuo reis waren<br />
gesin, und deshalb für ander Eidgnossen bi beden fuersten, und<br />
dise fuersten bi inen, kuntschaft und gunst hatten; do nun der<br />
Roemsch keiser zuo Basel zwischen dem hus Oesterrich und gmeiner M<br />
Eidgnoschaft einen friden, aber heimlich widern Burgunschen<br />
herzogen einen krieg, hat angetragen!), do gefiel ira diser antrag<br />
i) Friedrich III. war in Basel vom 3. bis 9. September 1473. Ueber<br />
die Unterhandlungen vgl. Eidg. Absch. IL 455 ff.
80 1474-1476.<br />
so wol, [65 a] dass si, zuo fuerderung desse, der orten boten, so zuo<br />
Basel waren gsin, har beschreib '), sich mit inen witer zuo beraten,<br />
und nämlich von Zürich her Heinrich Roesten, burgermeistern;<br />
von Lucern Heinrich Hasfurtern, schultheissen; von Ure bed<br />
s amman, in der Gassen und Wollaeb; von Swytz amman Dietrich<br />
in der Halden; von Underwalden amman Hentzlin und sinen<br />
bruoder, seckelmeistern; und von Solaturn her Hansen vom Stall,<br />
statschribern. Dise bi den iren und in einer Eidgnoschaft fürnem<br />
und wolgeachtet waren 2 ). Wie a ) nun hie des Franzesischen küngs<br />
«infierung bedacht ward, do erzeigten sich zuo Bern sunderlich<br />
zwei edle geschlecht, eins alt und abgond, und das ander nuw<br />
und ufgond. Und wie sichs dann gwonlich begibt, dass sich die<br />
alten und nüwen geschlecht nit wol lassend verglichen, und aber<br />
die alten, stenden oder abgonden, sich ires alten guoten harkommens<br />
15und bekomner eren [66a] und glowens vertrösten, und ouch hinlaesslich<br />
| benüegen, ouch deshalb ungmeinsam wesen fueeren: so (118)<br />
aber, diewil die nuewen für- und ufgonden mit frintlicher gmeinsame<br />
allen iren fliss emsig und unverdrossen darstrecken, iren<br />
anfang hoch und wit ze bringen, über die alten sich zu erheben,<br />
2o oder ie glich ze machen, darzuo do, und iezt noch me, richtuom,<br />
wie vor ziten tugent, zum adel, er und gwalt förderlich und<br />
hilf lieh sin mocht, was und ist, deshalb ouch die abgoetische<br />
gitikeit, mit al irem untruewen anhang, dis unbständige hochfaertige<br />
weit regiert und regieren muoss. Und also hat sich's hie<br />
25 begeben in diser zit grossen und nüwen gwerben, darin grosses<br />
») Das Folgende erzählt A. 1 [101] in einem eigenen Capitel mit<br />
der Ueberschrift: «Handlung zweier edlen gschlechten zu Bern, in der<br />
fftrsten Werbung vervasset, darin das küngsch obligt» und mit den Eingangsworten:<br />
«In disem werben beder fftrsten, nämlich des küngs von<br />
Frankrich und des Burgunschen herzogs, welches sunderlich zu Bern und<br />
durch die iren erhoben und gehandlet ist, ffirnemlich durch zwei gschlecht..»<br />
') Nämlich nach Bern; 3. Oktober 1473 (R. M. 13, S. 118). Die Berathung<br />
sollte Mittwoch vor Galli stattfinden. Von der Verhandlung steht<br />
jedoch nichts im R. M.<br />
2) Die Genannten waren alle in jenen Jahren die ständigen Vertreter<br />
ihrer Orte an den Tagsatzungen.
1474-1476. 81<br />
an nammen, gunst und guot ze gwinnen was; dan ieztan mit<br />
einmueetikeit und fridens vergiftesten gift, nämlich mit gelt, ist<br />
angfangen in einer frommen Eidgnoschaft [67 a] und voran zuo<br />
Bern, durch partiische pratick ires gwaltigen adels, um der kuengen<br />
und fuersten, landen und litten, gunst und Ungunst, frintschaft s<br />
und vientschaft, frid und krieg, ja ouch um ir eigen tuer bluot<br />
und edle friheit ze markten und gwerb ze triben.<br />
Da was zuo Bern der alt, edel, wis, tapfer und streng riter,<br />
her Adrian von Buobenberg, her zuo Spietz, mit kleinem anhang<br />
Burgunsch. Der haette gern zum Oesterrichischen bericht ouch w<br />
die Burgundische verstaentnus, frintschaft und friden erhalten"),<br />
(119) aber die Fran | zesische kriegspratick hinderhalten. Aber des fyrschlags<br />
guldne flammen warend so schwach, und der gelen gilgen<br />
gschmack so stark, dass im, wiewol von allem sinen geschlecht<br />
vor und von anfang der stat Bern har wolgeacht und verdient, w<br />
nach beschlossnem Franzesischen pund, in ofnem Burgunschen<br />
krieg, uf den tag, do her Niclaus von Diesbach, houptman, gon<br />
Blamond usszoch, ward bi [68 a] gloertem eid hoch verboten, so<br />
lang dise loeuf weretid, in keinen rat ze gon, ouch keine Sachen<br />
und heimlikeiten, den kuong oder anders berueerende, so ze ver-ao<br />
schwigen geschworen, in keinen weg ofnen, noch uetzetze handien').<br />
Im ward ouch antwort und beruf fuer gtnein burger, item und<br />
der Waelschen wandel abgeschlagen 2 ), und bleib ouch also mueessig<br />
zuo Spietz, unso dass in sine stubengsellen in zuosatz gon Murten<br />
gaben 8 ); daselbs er sich so riterlich hielt, dass im mit Sr undss<br />
lob sin alte stat ward wider geben 4 ).<br />
a ) A. 1 [103] hatte hier noch den Zusatz: harzü im der from markgraf<br />
Rudolf von Nüburg und stathalter herren von Columbier und etliche<br />
gekirnte Berner hulfend.<br />
i) Am 10. Juli 1475 (Raths M. 18, S. 6). Ueber A. v. B. siehe Bern.<br />
Neujahrsblatt 1859.<br />
2) Bubenberg wollte gegen diesen Beschluss an die Gemeinde appelliren;<br />
aber diess ward ihm verweigert. 29. Dez. 1475 (Raths M. 18, S. 216).<br />
3) Die Mannschaft wurde nach der militärischen Organisation Berns<br />
durch die Zünfte (Stuben) gestellt und theilweise auch ausgerüstet (vergl.<br />
Rodt, Gesch. d. bern. Kriegswesens).<br />
4) Am 16. August 1476 erschien A. v. B. wieder im Rathe, und zwar<br />
sogleich als Statthalter des Schultheissen.<br />
«
82 1474—1476.<br />
So was aber der nuew edel, wis, wolerfaren und beredt,<br />
gmeinsam und gastfri riter, her Niclaus von Diesbach, her zuo<br />
Signow, und der zit des 74. jars uf den von Bäbenberg zuo Bern<br />
Schultheis, mit starkem anhang franzesisch, und in disen haendlen<br />
5so tätig und | gschwind, dass im der fuernemer teil des rats und ('20)<br />
22 -adels zustund, mit volgendem beschluss"), uf den 22. tag Sep-<br />
Hit teinber, [69 a] nach verhör der Franzesischen botschaft im kleinen<br />
rat mit 22 burgern beschlossen, nämlich: die ding mit dem kueng<br />
von Frankrich, von der pension und aller andrer Sachen wegen,<br />
loufzenemen und ze beschliessen, wie dan das die brief, darum<br />
gemacht zuo beden teilen, wisend; sol man an d'Eidgnossen bringen<br />
und mit den selben mit vollem gwalt uf dem tag zuo Zürich,<br />
dahin ouch der fuerst von Oesterrich kommen wirt, beschliessen;<br />
doch dass am ersten der ewig frid besiglet und die staet am Ryn<br />
i5 in eid gnommen werdid, und sol man ouch die boten mit vollem<br />
gwalt uf den selben tag vertigen, die sachen also zu vorziehen.<br />
Und man hat ouch dabi geraten und ganz beschlossen, bi er<br />
und eid wie am hohen Donstag, dass niemant nüt von disen<br />
dingen reden noch offenbaren, sunder in gheimd bliben lassen<br />
20sol, ouch niemand dem andren das verwissen noch in argem<br />
fuerhalten sol; dann wer das täte, den woellen min hern on gnad<br />
darum strafen'). Und haben min hern dem schultheissen vollen<br />
gwalt geben, dise ding ze handien.<br />
Nun was im vor, im anfang diser dingen, ze raten und ze<br />
sä handien gwalt geben, den er dermaussen brucht, dass er al furnem<br />
tag verstund J ), die | fuernemsten der Eidgnossisch boten an(121)<br />
sich zoch, den osterrichischen bericht von Costens zum Franzesischen<br />
kueng, item den Franzesischen pund an d'Eidgnossen. und<br />
*) Das Folgende fehlt in A. 1, dagegen findet sich an dieser Stelle<br />
die Schilderung Ludwigs XL angehängt.<br />
') Fast wörtlich nach dem Raths Man. (18 S. 82). Der Donnerstag vor<br />
Ostern war der Tag der Regimentsbesetzung.<br />
») Nicl. v. D. leitete die ganze diplomatische Verhandlung der Tagsatzungen.<br />
(Eidg. Absch. IL 516, 524.)
1474 - 1476. 83<br />
von denen durch Bern dem kueng [70 a] selbs person bracht 1 ),<br />
ouch mitan den Burgunschen krieg gefuerdret und angericht hat.<br />
Und als er nun dem Franzesischen kueng, und ouch dem<br />
oesterrichischen herzogen, ire gefallen wol, item und sin selbs<br />
grossen namen, er und gut hat verschaffet, und ieztan in froeli-5<br />
eher wolvertroester begird sines glueklichen ufgangs ganz oben<br />
schwebet, do traf in unversehen ein pestilenz-pfil, das im schnei<br />
allen sinen mit vil sorg und grosser mueeg erobreten gwin abzoch<br />
undhinnam 2 ). Allein so ward im, wider das gedaechtlich Arthmy<br />
Zelitis exempel 3 ), in Themistocle von Plutarcho beschriben, zuow<br />
lob und ewiger gedaechtnus zuo S. Vincenzen in sine kappel an<br />
d'wand geschriben, dass er, der tuer, edel riter, erster anfaenger<br />
sie gsin des loblichen punds und der riehen pension von Frankrich<br />
4 ). Ein gedieht der tat würdig. Es ward angends an sine<br />
stat in rat gesaezt sin veter und erb, her Wilhelm von Diesbach 8 ), IS<br />
(122)so mit im zuo Jherusalem was riter worlden, welcher [71a]<br />
ouch geflissen und wolgeschickt dis angerichte Sachen half fuerbringen<br />
und beharren.<br />
Als aber der Franzesisch pund mit semlicher 11 ufgericht<br />
ward, dass in ein stat Bern in gmeiner Eidgnossen namen unter 20<br />
irem sigel vervasset, durch iren schultheissen dem kueng, item<br />
und mitan dem Burgunschen herzogen, ouch in gmeiner Eidgnossen<br />
namen, durch iren riter den absagbrief hat zuogeschikt 6 ),<br />
') Die Instruktion für die Sendung Niki. v. D. an Ludwig XI. ist vom<br />
29. Okt. 1474. (Eidg. Absch. II, 516). Am 4. Jan. 1475 gab derselbe der<br />
Tagsatzung zu Luzern seinen Bericht. (Eidg. Absch. II, 522.)<br />
2) Nicl. v. Diesbach starb im Juli oder August 1475 zu Pruntrut an<br />
der Pest; der genaue Todestag ist nicht bekannt.<br />
3 ) Arthmius von Zela (Zelite3) wurde durch einen Beschluss des Athenischen<br />
Volkes als ehrlos erklärt, weil er vom König Xerxes Geld nach<br />
Griechenland gebracht hatte, um dem Perserkönig Anhänger zu erkaufen.<br />
Siehe Plutarchs Themistocles (ed. Coray 1, 210).<br />
4 ) Die Grabstätte N. v. Diesbachs in der noch bestehenden Familienkapelle<br />
ist verdeckt, und der Wortlaut der Inschrift nicht bekannt.<br />
ä ) Wilhelm v. D. erscheint am 13. Oct. 1475 zum ersten Mal im täglichen<br />
Rathe.<br />
•) Wiederholt kam Bern bei diesen Verhandlungen in die Lage, Namens<br />
der übrigen Stände 7.11 handeln (Eidg. Absch. II, 504, 505, 509, 514.)
84 1474—1476.<br />
erwuchs ira gegen iren undertanen in stat und land und bi Eidgnossen<br />
nit kleine sorg, hinderred und unruow daruss, durch<br />
ghiklichen fuergang und guotes end diser sachen gestillet. Dan<br />
zuo einem, so wolten etliche ort nit siglen'); so waren vil Eid-<br />
»gnossen, item der Römisch babst und keiser und andre staend,<br />
die vi] lieber den Burgunschen friden, wen den Franzesischen<br />
pund, haettid gehaben. Zuom andren, so hat der Franzesisch kueng,<br />
und Bern von sinetwegen, den Eidgnossen alwegen zuogesagt, bi<br />
inen ze gnesen uud ze sterben, ouch sine gerueste macht on hinderwnus<br />
und on verzug darzestrecken, und aber er sinen pund nit<br />
e versicheret, denn do d'Eidgnossen uf sine manung in ofnem<br />
krieg waren 2 ), und er mit gmeinem viend einen bestand [72a]<br />
hat gemachet, zuoluoget und anwiset, ouch harzuo das verschriben<br />
hilfgelt unrichtig bezalt, aber mit richtiger, sundrer und heimülicher<br />
pension sine Sachen fuerdret und | ufenthielt, und zuo dem (123)<br />
allem, wiewol oft und dick durch brief und eigne ratsboten<br />
hierum ernstlich angelangt, dass er dem baeren, der im sinen<br />
pund gemachet und versiglet, und nit allein 6000, sunder gnuogsame<br />
hilf vertroest hat 3 ), nit wolt harussgeben und ledig lassen<br />
M bis nach sinem tod 4 ) a ); muost den sorglichen pund und krieg<br />
mitan fuerdren, anlieben und beharren. Geriet desmals wol; dan<br />
der almaechtig Got wolt des hochmuetigen fuersten hochmuot durch<br />
ein nider volk demütigen und hinnemen.<br />
*) Statt dessen steht in A. 1 [2*]i Ward ouch noch fünf jar verzogen<br />
bis dass nach berichtung des Meylandischen kriegs, durch den küng gemacht,<br />
alle ort versigleten und verschribne hilf mit ofnen zeichen gon<br />
4'schalon dem küng zügschikten und hie mit erst ein stat Bern, wie si oft<br />
darum geworben, ward irer sorg, doch nit gar, entlediget, wan si iren<br />
baren, durch eigen ratsboten oft vom küng ervordret, nit kont wider<br />
heim bringen, Brost in lassen bi im sterben.<br />
'<br />
•) So namentlich ünterwalden. (Eidg. Absch. IL 528, 531, 532.)<br />
2) Der Absagebrief der Eidg. an Burgund ist vom 25. October 1474<br />
(Eidg. Absch. II, 516). Der Bund mit Frankreich wurde erst am 2. Jan.<br />
1475 von Seiten des Königs ratifizirt. (Eidg. Absch. II, 521 u. 918)<br />
3) Vergl. den Text (Eidg. Absch. IL 921.)<br />
4) Die Versprechungen Ludwig's XI, betreffend die Zahlung der Pensionsgelder,<br />
waren, trotz wiederholter Reclamationen, zum grossen Theil<br />
noch unerfüllt, als der König am 30. August 1483 starb.
1474- 1476. 85<br />
Dass des Burgunschen kriegs bericht am Bnrgunschen<br />
herzogen erwand.<br />
Und darum, so halfs gar nuet, dass vor und von anfang bis<br />
zum end [73 a] des kriegs friden gesucht ward vom Burgunschen<br />
herzogen selbs, desse treffenliche boten, der apt von Kluny, her 5<br />
Gwido von Rochefort und her Simon von Kleron, durch mittel<br />
margraf Rudolfs von Nuowenburg und sines stathalters, her Anthonis<br />
von Columbier, mit her Wilhelm Heitern von Hertnegk,<br />
in Oesterrichs namen; her Peter von Wabren und doctor<br />
Thuering von Bern in gmeiner Eidgnossen namen zuo Nuewenburgi»<br />
tag leisten, friden ze machen'). Daselbs ist egenamter her<br />
Simon mit einem treffenlichen doctor erschinen, noch uf den<br />
3. tag Jenners 2 ), demnach uf den andren tag ir fürst ward er-<br />
(124)schlagen 3 ), vermeinende, ouch | wider sines fuersten willen einen<br />
bestand gegen der frien grafschaft Burgun ze erwerben, wan«<br />
diser krieg den Burgunern und Flemmingen so widrig was,<br />
dass si sich nach der Gransonschlacht widreten reisscliatzung<br />
ze geben 4 ), sagten dem canzler: da waer kein ursach wider d'Eidgnossen<br />
ze kriegen, und si um Hb und guot ze bringen; woelte aber<br />
ir fuerst sich heim [74 a] und in ruow setzen, darzii woeltids im willig so<br />
helfen. Warum er sich Hesse die zwifachen Saffoyer, die Herzogin<br />
und den von Remont verfüren? So") hat der Römsch babst<br />
*) Der folgende Abschnitt lautet in A. 1 wesentlich abweichend und<br />
vollständiger [2»]: Dan noch bis uf die Zit des Burgunners lezten lägers für<br />
Nanse ward frid gsdchet von den Burgunschen selber, vom babst, vom<br />
') Den 26. November 1475 (Eidg. Absch. II, 572 nach Schilling). Ein<br />
schriftlicher Abschied scheint nicht vorhanden zu sein. Neben dem Markgrafen<br />
Rudolf von Baden (Röthein), Herrn von Neuenburg, werden Simon von<br />
Cle'ron und Heinrich (nicht Anton) von Colombier und Wilhelm Herter von<br />
Herteneck aus Strassburg mehrfach in den Eidg. Absch. als Vermittler<br />
genannt; dagegen ist weder von dem Abt von Cluny noch von Guido<br />
von Rochefort je die Rede. (Vergl. Eidg. Absch. Register.)<br />
*) Am 2. Januar kam derselbe vor den Rath zu Bern (R. M. 18. 218).<br />
Der Doctor ist wahrscheinlich Dr. Philipp Häsler.<br />
3 ) Die Schlacht bei Nancy fand am 5. Januar 1477 statt.<br />
•) Vergl. Job. v. Müller, V. 1, S. 44.
86 1474-1476.<br />
einen cardinal legaten zuo Metz •), welcher zwischen dem Roemschen<br />
keiser, item dem kueng von Frankrich und dem Burgunschen<br />
herzogen hat geholfen friden machen, ouch ieztan mit<br />
sampt des Roemschen keisers botschaft, graf Hugen von Montfort<br />
5 und her Heinrichen von Roechberg, an herzog von Oesterrich und<br />
gmein Eidgnossen um friden liess werben. Des glichen taet<br />
ouch der Ungerisch kueng Mathias, durch her Joergen vom Stein 5 ),<br />
wan in denen jaren der gross Machmet den kristen grossen<br />
schaden zuofueegt 3 ). So reit der kueng von Portugal, Alfons, des<br />
io Burgunschen herzogen muoter bruoder, von Paris im vast kalten<br />
Kristmonat ins letst laeger gon Nanse, friden ze machen 4 ). | Er-(125)<br />
wand aber allenthalb an im, allein darum dass er sich schampt<br />
einen einmal ueberwund[75a]nen und mintuoren fuersten 5 ) vorzegeben<br />
und abzeston. So woltend aber d'Eidgnossen und ire puntlsgnossen,<br />
kontend ouch nit mit keinen eren, iren puntgnossen, den<br />
Lutringischen herzogen, verlassen, und also muost diser krieg,<br />
wie aller tyrannen, mit des hochmuetigen, unbeweglichen fuersten<br />
tod ein end nemen und haben.<br />
keiser, vom kung von Ungern und andern, denen der Burgunsch frid lieber<br />
wäre gsin, denn die franzesische verpundung, sunderlich und mit nammen<br />
dem babst Sixto und keiser Fridrich, wan der babst verklagt den kung<br />
Ludwig von Frankrich vor gemeinen Eidgnossen als ein offenlichen durechter<br />
und vind sin und der heiligen Römschen kilchen. So gebot der<br />
keiser gmeinen Eidgnossen bi verlust ir friheit eid und er, so si dem Römschen<br />
rieh verpflicht wand, von disem pund zu ston, denn der küng ein be<br />
Schädiger sin und des R&nschen riches wäre.<br />
,) Von dem Vermittlungsantrage des Bischofs von Metz war am<br />
ii. September 1476 zu Luzern die Rede (Eidg. Absch. II, 618). Die eigentliche<br />
Verhandlung fand dann am 2.—10. November 1476 zu Basel statt.<br />
(Eidg. Absch. II, 625). Sie wurde im Namen des Kaisers und des Papstes<br />
von Dr. Philipp Häsler und Graf Heinrich von Rechberg geführt. Graf<br />
Hugo von Montfort war früher, 5. März 1475, zu Zürich und 20. März gl. J.<br />
in Luzern, als Gesandter des Kaisers erschienen, als es galt, die Eidgenossen<br />
zum Zuzug zum Reichsheere nach Neuss zu bewegen.<br />
2) Tagsatzung zu Luzern, 23. Sept. 1476 (Eidg. Absch.II,617).Missb.D.p.7.<br />
») Unter dem gewaltigen Sultan Mohammed II kamen die Türken<br />
damals schon bis Temesvar.<br />
4) Alphons V., vergl. Commines (Lenglet) I. p. 284.<br />
5 ) Nämlich den Herzog Renat von Lothringen.
1474-1476. 87<br />
[76 a] Inpflanzung und frucht der pension, zu diser zit uss<br />
Frankrich in ein fromme Eidgnoschaft ankommen.<br />
Mit obgemeltem Frankrichischen punt ist ein nuewer gwerb<br />
durch nuewe und keiser Julio •) unbekante koufluet in ein fromme<br />
Eidgnoschaft ankommen, dises punds und kriegs ouch aller 5<br />
nachkomnen puenden und kriegen die fuernemste ursach und urliab,<br />
mit nammen die grossmaechtige, huldriche pension, einfach<br />
gmeine und ofne, aber zwifach sundre und heimliche, und so stark<br />
ingesessen, dass weder babsts noch keisers, noch einicher gwalt,<br />
(126) denn geltsmangel, nuet wider si hat vermögen. Unangesehen und | w<br />
ganz unbedacht oder veracht a ), dass die ewige fuersichtikeit Moysi<br />
gebuet, er solle fuerstaender saetzen, die da gotsfuerchtig, wis, warhaftig<br />
und froms [77 a] wandeis sien, den git hassid und nit<br />
gaben naemid 2 ), wan die gaben verblendid die äugen der wisen,<br />
und verkerid die wort der gerechten 3 ) Wass tuonds dan bi den«<br />
weltlistigen und ungerechten?") So beschilt Got der Juden forsten<br />
um der gaben willen als untruew und gsellen der dieben 4 ). So<br />
sagt David: in welcher haenden die ungerechtikeit, der selben<br />
rechte band sie vol gaben 5 ) 0 ). So ist, wie der gross Paulus bezögt,<br />
gittigkeit ein abgoeteri und ein wurzel aller laster 6 ). Sow<br />
bald der Machabeisch fuerst, Jonathas, fromden gaben vertruwt,<br />
*) Das folgende ist in A. 1, [5"—7 a ] weiter ausgeführt in zwei besondern<br />
Capiteln: Verwerfung der gitigen pension von gotlicher gschrift, —<br />
und: Verwerfung der gitigen pension von heidnischer 1er und tat, nainlich<br />
durch Rom anzeigt.<br />
b ) Von Paul Anshelm's Hand ist am Rande beigefügt: Darumb ouch<br />
Moysis die gabnemer verbaut und verflucht. (V. Mos. 27, 25.)<br />
°) A. 1 fügt noch bei [5*]: Christus Jesus unser hergot sagt: Ir mögt<br />
nit got und dem mammon dienen. (Matth. 6, 24.)<br />
!) Julius Caesar, vergl. hienach.<br />
2) II. Mos. 18, 21.<br />
3) IL Mos. 23, 8.<br />
4) Jes. 1, 23.<br />
5) Psalm 20, 10.<br />
6) Ephes. 5, 5. — 1. Tim. 0, 10.
*s 1474-1476.<br />
do was er verraten'). So bald der Kriechen frie pundsstaet<br />
des Macedonischen kuengs Philippi pund und gaben annamend,<br />
wurdends zertrent und verlurend ire lobriche friheit und herlikeit.<br />
So bald zuo Rom, aller weit regimenten spiegel, gaben<br />
5 und gastungen ufgiengen, do gieng ire aller weit verwundrete<br />
herlikeit ab, und ward der gmein nuz zerstört. Do der erst<br />
Roemsch burgermeister, Brutus, 6 wolt sine siin wuergen [78a],<br />
dan si lassen kuengisch sin, und der stat Satzung brechen 2 ); do<br />
Marcus Curius lieber wolt uss hilziner schuesslen und praten<br />
lorueeben essen, wen der Samniter gold oder kriegsguot, oder me<br />
ackers denn ander burger haben 3 ); do Fabritius lieber wolt in<br />
siner frien stat arm sin, dan bim kueng ein vierteil des kuengrichs<br />
besitzen 4 ); do der blind alt Claudius zuo | siner blintheit e wolt(127)<br />
oucli tum sin, wen den gidigen kueng hoeren um friden markten 5 );<br />
i5 do in allem Rom niemand, oucli weder wib noch kind, wolt dem<br />
kluogen kuengschen boten einiche gab abnemen 6 ); — do ward Rom<br />
in aller weit gepruest und ungwinlich geschaezt, ire hueser für<br />
goettertempel, und ire burger für itel kueng gehalten").<br />
b ) On zwifel so sind in einer ersamen, frommen, wisen stat<br />
20 Bern oberzaelte goetliche leren und exempel ouch vor ougen gwesen,<br />
do si von irem schirmhern, dem grafen von Saffoy, um ira<br />
verdienst nit mueet, sunder friheit hiesch und erlangt; do si iren<br />
alten [79 a] edlen burger und schultheissen, den herlichen riter,<br />
her Hansen von Buobenberg, mit etlichen andren, um verargter<br />
20mueet willen usstiess 7 ), und ire fromme Satzung wider mueet und<br />
») In A. 1 folgt noch ein eigenes Capitel [7*]: Pontii wünsch und<br />
Jugurthae trennung der stat Rom.<br />
h ) In A. 1 Ueberschrift [8*]: Die alten Berner hond ouch pension nit<br />
regieren lassen, sunder als schädlich usstriben.<br />
i) I. Makk., cap. 10.<br />
') Livius II, cap. 5.<br />
3) Valer. Max. IV. m, 5.<br />
4) Valer. Max. IV. m, 6 u. Plutarch, Pyrrhus, cap. 20.<br />
5 ) Appius Claudius, siehe Plutarch. Pyrrhus, Cap. 19.<br />
6 ) Plutarch, Pyrrhus, Cap. 18.<br />
7 ) Im Jahr 1350. Nach Justinger (ed. Studer, S. 114).
1474—1476. 89<br />
gaben 3 ) — dan pension ward erst hiernach ueber 170 jar Tuetsch, —<br />
jaerlich uf den Ostermentag gelesen und geschworen, unss zuo dises<br />
nuewen gwerbs ingang', und von weichesse wegen der heilig Eidgnoss,<br />
bruoder Klaus von Fluee, angefragt, ernstlich und treffenlich<br />
riet und ermant, dass d'Eidgnossen soeltid der froemden hern und<br />
ires gelts muessig gon, irer landen und friheiten truwlich und<br />
einhellig warten, und der gereclitikeit fromklich anhangen. Und b )<br />
also ward in Pfingsten, zuo Swytz uf gmeinem tag, vor dem volzug<br />
dises iezt werbenden gwerbs, eine alt fromme Satzung wider<br />
(128)mueet, gaben, leben, dienst und jargelt bi hoher biiss angesehen |io<br />
zuo 10 jaren mit den gmeinen puenden ze schweren!). Und wiewol<br />
ein stat Bern, iezt durch ire nuewen werber beredt, ouch den<br />
gwerb anzenemen iren truewen Eidgnossen und ireu lieben mitburgeren<br />
von Friburg flissig riet, so gaben doch die von Friburg<br />
dis alte fromme antwort, die nit zuo vergessen, aber bald ver-io<br />
30. Sept.gessen ward, im rat zuo Bern, uf letsten tag September 2 ), wie<br />
volgt verzeichnet:<br />
Es haben die boten von Friburg, der von Wippingen und<br />
ir seckelmeister, von der pension wegen des kuengs, minen hern<br />
geantwort in namen irer hern: nach dem und dan ir seckel-20<br />
meister das vorhin ouch abgeseit hat, dass si da ire raet und<br />
sechszig bi enandren gehept haben, und ganz einhellig sind, damit<br />
nuet ze tuen haben, und desse muessig ze gon, dan si wenig<br />
volks habid, die woellid si nit also ums gelt hinweg senden, noch<br />
sich mit dem kueng noch keinem andren fuersten niemerme ver-*><br />
binden, sunder mine hern und ire Eidgnossen fuer ir fruend be-<br />
*) A. 1 hat an der entsprechenden Stelle [4»]: Und ist also die vilmächtig<br />
huldrich pension zu Bern von erst und in aller Eidgnoschaft ietzan Tutsch<br />
worden und als gmeinem nuz erlich und flissig geriemt und gsücht, also<br />
die vor ewig zit Welsch was und als gmeinem nuz schmählich und schädlich<br />
flissig gescholten und verboten. — Das Nächstfolgende fehlt dagegen.<br />
b ) Fehlt in A. 1 ganz bis S. 90, Z. 19: «Es ist ie war....»<br />
') Ein solches Verbot gegen Mieth und Gaben ist in der Abschiedesammlung<br />
nur vom 6. September 1474 erwähnt, von einer Tagsatzung zu<br />
Luzern. (Eidg. Absch. IL 487 u. 498.)<br />
2) 30. Sept. (Freitag nach Michaelis) 1474. Das Folgende ist wörtlich<br />
ans R.-M. N. 15, S. 93.
90 1474-1476.<br />
halten, und sich des ewiglich benuegen lassen; und wen si des<br />
herzogen von Burgun brief und vereinung ouch wider') und<br />
sich mit im nit verbunden haettid, so woeltid si das ouch nimme<br />
tuon; mit mer worten.<br />
5 Es ist noch zuo der zit von einem Franzosen, so disen<br />
Burgunschen krieg hat [107] beschriben 2 ), einer frommen Eiclgnoschaft<br />
zuo lob getichtet:<br />
Egregius bellis, terra et jam notus in omni,<br />
Helvetus 3 ); — ardentis quem non trahit anchora lucri 4 );<br />
wSed pietas, et rara fides, sancti et amor sequi 5 ). (129)<br />
Aber von den fuersten:<br />
Sola dat omnipotens et sancta pecunia robur<br />
Principibus, qui si frigent, nee prodigit horum<br />
Dextra, nih'li fiunt, nee habent ad vota sequaces.<br />
i5 Hie meta est, quaerunt haac regem ssecula numum 6 ).<br />
Dan ein tyran muoss anhang koufen und verkoufen, dan er<br />
hat niemand lieb, so liebt in ouch niemand, wan um gaben und<br />
vorcht.<br />
Es ist ie war, dass der vermiett, oder verpensioniert, oder<br />
20 mit gaben verheft zuo verdienst sinem Vermieter oder gaber verpflicht<br />
ist, und deslialben nit frig, wie aber in ufrechtem regiment<br />
einer sol und muoss sin a ); dan ie, so, nach des wisen<br />
spruch, dem pfennig alle ding gehorsamen, so volgt on zwifel,<br />
•) A. 1 [8", 9*]: denn miet ist ein alt verständig Tytsch wort, so etwas<br />
um Ion vermiet oder verdingt wirt, worum, ist ring zu verston, sunderlich<br />
denen, so diser hantierung wissen oder ufsehen hond. So nun der vermiet<br />
oder ufWelsch verpensionirt dem fremden mietgelt müs verheft sin, ist er<br />
deshalb als nit frig, zu heimschem frien regiment untöglich, ja ganz, als<br />
die alten frommen wol verstanden hond, unlidlich.<br />
i) Nämlich: wider hättid.<br />
2) Petri de Blarrorivo Parhisiani insigne Nanceidos opus, in 6 Büchern,<br />
gedruckt 1518, fol. mit Holzschn.<br />
3) Nanceis, lib. IL v. 1, 2.<br />
4) » » IV. v. 100.<br />
5 ) Unauffindbar, entweder ungenau zitirt oder dann von A. ganz hinzugedichtet.<br />
•) Nanceis, lib. V. v. '244—243.
1474-1476. 91<br />
wo der pfennig regiert, dass denen regenten niemands angenein,<br />
dan wer da gibt oder lügt oder schmeichlet, oder dise stuck zuzamen<br />
wol kan, ist meister und kumpt rar; aber der arm und<br />
from gilt nuet und blibt [108] dahinden. Und so dan, ouch nach<br />
des wisen spruch, die undertanen iren fuerstaenderen glich ge-s<br />
(130)sint und | gesitt werden, wass daruss fuer ein regiment, ja ein<br />
gitige, untruewe rotung erwachse, mag der from, fuersichtig wol<br />
verstan. In summa, so wird uss aller weit kroniken bezuegt, dass<br />
bi disem gwerb nie kein 6r, nie kein glow, noch warheit; ouch<br />
kein regiment, wie stark ioch das, hat moegen verharren undw<br />
unzerstoert bliben.<br />
Mit was Pensionen hond die alten redlichen Eidgnossen ein<br />
Eidgnoschaft angefangen, und die über all Tuetsche nationen in<br />
aüe weit erhaept uud erhalten? —<br />
Mit was pension haben die alten redlichen baeren eine fuerst-1»<br />
liehe stat erbuwen und ein fuerstentuom überkommen; den fürstlichen<br />
buw irer kilchen und hof angenomen; item ein reisige<br />
paner gehalten, bi der riehen pension abgangen?<br />
Nun wolan! wie man spricht: andre zit, andre weit, andre<br />
regenten, andre [109] luet, recht und sitten; wie bi'n Gots Juden, w<br />
wie bi den wisen Kriechen, wie ouch zuo Rom, der weit hopt,<br />
besehenen, also hat ein Eidgnoschaft und ein stat Bern") nach<br />
aendrung diser zit, weit, regenten, luet, recht und sitten, uf ir<br />
guot bedunken und gmeins nutzes insehen, an disem ort irer altvordren<br />
hart und tuer erobrete friheit, nämlich tri, ie doch nie- 8 s<br />
mand um gelt verbunden ze sin, wider oberzaelte leren, exempel<br />
und raet veraendret, also dass ein fromme stat Bern, im namen<br />
(131) gmeins nutzes, vom eignen nuz uberfueert, jezunder | nit allein<br />
die gmeine Ordnung, zuo Swiz vergriffen 1 ), nit wolt annemen,<br />
sunder ouch, so der kueng pension gebe, ire eigne alte Satzung M<br />
nimme ze lesen, noch ze schweren, hat abgeraten und beschlossen<br />
5 ). Und also so ist die vilmaechtig pension, so vor alwegen<br />
») A. 1 hat statt dessen [10*]: so hond die jüngeren Eidgnossen und<br />
Berner.<br />
•) Siehe oben S. 89, Zeile 7 u. Anm. 1.<br />
2) Findet sich im Raths-Manual nicht.
92 1474-1476.<br />
Waelsch, und als gmeinem nuz unlidlich gescholten und verboten,<br />
ieztan von ersten zuo Bern und in aller Eidgnoschaft Tuetsch,<br />
und als gmeinem nuz förderlich, geriempt und ingepflanzet, also<br />
dass in einer Eidgnoschaft on si und ire mitgnossen, sold, [110]<br />
5 erung, guotjar, zerpfenning, item hie fuerahin nuet namhaftigs, aber<br />
vi! unnamwirdigs, verhandlet ist worden.<br />
") Was frucht aber si gebracht habe, wirt für und für uss<br />
volgender jaren geschienten erkent werden. Aber in einer summ,<br />
so hat si gebracht, oder ie geufnet und erzogen, under vilen<br />
io andren unpurten, fuernamlich: eigennuz, unghorsam, unglowen,<br />
untruew, hochfart und allerdingen unmuoss, so verruochte, unverschampte<br />
kinder, dass si von wegen irer huldrichen muoter keiner<br />
eren ouch eigens pluots nit verscliont, und irer frommen, redlichen<br />
altvordern Tuetsche tapferkeit, ufrechtikeit, hoch und v#it<br />
isgelopten namen, ouch von ireu liebsten pensionierherren, mit<br />
groben unnamen beflekt und in unachtung verfueert haben. | (131)<br />
b ) Wohar kumpts, dass in einer wol und loblich harkonen<br />
stat Bern, wie in aller Eidgnoschaft, uss einigem rat so vil rat<br />
als pensionierherren? dass statliche und Tuetsche burgerschaft<br />
2ogemindret, aber Waelsche kraemeri und [111] baetlert gemeret?<br />
dass uss zweien, drien, vieren ein hus, und uss sässhueseren<br />
stall und schüren, und doch etliche, von irer muoter uberguelt, den<br />
schuldneren fuergeschlagen? dass uss vil nutzen werkhaenden mueessig<br />
junkeren 0 ) sind worden?<br />
25 Wohar kumpts, dass einer grossmaechtigen stat und land<br />
Bern ersam regiment sich hat on einiche froemder herren pension,<br />
bis zuo ingang derselben hexen, 284 jar so richlich, redlich und<br />
erlich erhalten, ouch mitan oberzaelte grosse ding verwalten,<br />
iezt aber, so sich die hex nun verbirgt, in erobreter, rueewiger,<br />
so ja ouch zwifacher macht und richtüm, sich muoss uss gmeinem<br />
*) Das folgende in A. 1 in späterem Zusammenhang und stark abweichend;<br />
am Schluss [17*]: . . . gitikeit und unbänstige frefne Verachtung<br />
in aller Eidgnoschaft hond also überhand gnommen, dass si ouch von iren<br />
köuferen wit und breit darum übel und schmählich rerlumdet und veracht<br />
wirt.<br />
b ) Fehlt in A. 1, bis: «junkeren worden?»<br />
°) Im Mscr. juckhern. Satire oder Schreibfehler?
1474-1476. 93<br />
seckel erhalten, und kummerlich mag gewunne sachen verwalten ?<br />
Nit dass semliche gmeine besoldung unrecht ste, wan zuo erhaltung<br />
gmeins regiments werden styr, Schätzung, zoel und ander<br />
derglichen beladnuss gebillichet und geben, dass arme wiz und<br />
(133)fromkeit ouch zuo ören kommen | mag. Allein ist hie ganz flissig»<br />
und tapfer inzesehen, dass im versoldeten regiment frie wal bestände,<br />
und nit durch muomerl, gunst, anhang und pratik der<br />
sold- und ergit diss pfruondregiment in korherren-, ja kornherrenwis<br />
vervasse und besitze; uss rat rap, und uss ratherren rapherren<br />
mache a ). 10<br />
[112] Nun uf angezogene wunderfragen mag niemand bass<br />
antworten, wan die eigennuetzig, untruewe pension selber, so dise<br />
ding und on zal andre der glichen hat mit merer hand und<br />
gwalt ingepflanzt und bevestnet, also dass si sich von allem widerstand<br />
hat entschittet und beschirmt; wie wol von iretwegen i><br />
in aller Eidgnoschaft sich vast schädlich partien hond staets erhaet:<br />
dan vor und von irem zuokomen an biss uf unsere tag ist si von<br />
etlichen altkoepfischen frommen Eidgnossen, insunders z'Baeren, item<br />
und vom unbuenstigen kib') nie unangefochten bliben, aber nie<br />
gar und umendum, oder ie nit lang, uberstriten; wan da sind diew<br />
») An Stelle der letztern Sätze hatte A. 1 [19 a , 20»]: sind zins, zehenden,<br />
zöl, styr und Schätzungen verordnet und ouch von Got zugelassen;<br />
aber doch in der frien stat Bern nuw und wunderlich, und dennocht nach<br />
gstalt der zit und Sachen billich und nuzlich, damit die, so fremden seklen<br />
zu eignem nuz flissig und wol gedient hond, iezt irem gemeinen seckel zu<br />
gmeinem nuz alle dienstbarkeit und liebe züwendid; item dass ouch die,<br />
so zum regiment gschikt, uss mangel zitlicher hab dem nit gewarten, gewärtig<br />
mögid sin; item dass ouch das ganz regiment von eigennutzikeit<br />
und von betrug der gaben dester unargweniger blib, ouch in alweg deater<br />
williger und flissiger diene. Und zudem das wol und recht angelegt ist,<br />
so kosts dennocht ein stat niena so vil, als wen si, die ein fürstentum ist,<br />
eins rarsten stalbüben solte verkosten und bishar an unnützen, ja schädlichen<br />
kilchen und kilchenlüten järlich hat verkostet. Allein so ist in der<br />
Ordnung, durch ufrechte gmeine wol flissig zu verkommen, dass nit, von<br />
wegen »der besoldung, untögenlicher personen ergit und eigennutzikeit<br />
durch anhang und pratick das fri, gmein regiment inziehe, vervasse und<br />
besitze.<br />
i) Manche bekämpften die Pensionen nur aus Missgunst und Neid,<br />
weil sie keinen Theil daran empfingen.
94 1474-1476.<br />
gwaltigesten und kriegbaren uf irer siten gstanden, die si nit<br />
allein mit einein oder me, sunder | ouch mit widerwertigen herren,(<br />
als iezt anfangs mit dem Franzesischen kueng und Burgunschen<br />
herzogen, erretteten und beschuezten. Harzuo, wo si nit hin komen<br />
swolt oder mocht, [113] da kam ir frecher knecht, der sold hin,<br />
der iren ie zuo lieb und ie zuo leid dienet*); doch also, dass si<br />
iren stand bis hit so vest hat erhalten, dass si niemand, wen<br />
das ewig, unuberwinlich wort Gots, ouch nit on kämpf, an etlichen<br />
von Got harzuo begnadeten orten hat mögen abtriben und<br />
ioüberwinden. Got verlihe bestand!<br />
Dis hie, von Franzesischem puud und pension getane efrung,<br />
wie wol vil und lang, aber doch nit ze vil, noch ze lang, wan<br />
davon nimer ze vil, noch ze lang geredt noch geschriben mag<br />
werden, da von nimer genüg, als dise ding sind gmein heil, e"r<br />
ir, und nuz berueerend b ), wird niemand frommer — dan den unfrommen<br />
allein sin glich gefalt — verargen, sunder Got zuo lob und<br />
kristlicher gmeinsame zuo lieb wol bedenken und ermessen, und<br />
ouch insunderheit zuo truwer ermanung sin beschehen, dass ein<br />
erenriche, lobriche stat Bern, wie si nun uss sunders gnädiger<br />
20 berueefung unsers wargnaedigsten heren Gots hat fuergenomen, also<br />
nach angeben goet [114] lieber warheit und kristlicher 1er, bi geschworner<br />
reformation und verschworner pension, zuo glich irer<br />
frommen altvordren vesten redlikeit, fromklich und redlich beharre<br />
und bestände, also dass die er Gots und kristliche gmeinschaft<br />
25 in gotsforcht und brüderlicher liebe trungenlich fuergange, des<br />
*) A. 1 [22», 23" | hat noch: Die so nit harheim ins apunetament niochtend<br />
kommen, woltends gon daiussen verdienen. Und wan iren schon ein<br />
teil an ein ort nach manung der vereinung oder pension in besoldung verordnet<br />
ward, so lief der ander teil, der sich ouch solds und kriegs gnoss<br />
achtet, ouch wider pünd und pension um sold an das ander (ort), ouch<br />
(zum) vigend.<br />
b ) A. 1 fährt fort [21», 22"]: Dise sach ist ie die, wie alle der weit kroniken<br />
bezügent, da mit kein er, kein warheit, kein from regiment nie hat<br />
mögen bston. Niemant gibt it vergebens, so gibt man dem mindr'en teil<br />
ouch dem selben nit glich, daruss von stund an verbunst, zweiung, tyranni.<br />
ufrur und zu lezt zersterung, wo Got und fromkeit nit hilft, müss erwachsen.<br />
Wie ouch hie glich mit und nach der bestätigeten pension ingang widerwertig<br />
und unghorsam partien sich in alle Eidgnoschaft hond erhebt und<br />
biss uf unsere teg mit unersäzlichem schaden verharret.
1474—1476 95<br />
gelt-, gwalt-, bluot-duerstigen tuefels macht wo nit zerstört, iedoch<br />
(135) 8' e " I schwaecheret, und der iren pluot, so tuer von unserm erloeser<br />
Cristo Jesu erkouft, nime, wie nun lang, dan kaelber wolfeiler, so<br />
verruochtlicb in d'metze verhängt werde: ouch si, die iren, nach<br />
pflichter, billicher schuld, zuo Gots und irem lob, vor schand, unds<br />
schaden truewlich beware und errette. Das verluehe Got!<br />
[115] Rat und burger, so zu diser treffenlichen zit einer<br />
loblichen stat Bern ersam regiment hond verwalten.<br />
1474-1476.<br />
In angezaeltem jar und nächsten dabi haben einer loblichen io<br />
stat Bern ersam regiment verwalten hie volgende rät und burger,<br />
uss gestuktem manual •) zusammen gelesen:<br />
Vom kleinen rat:<br />
Her Niclaus von Diesbach, her zuo Signow, riter, schultheiss.<br />
Her Adrian von Buobenberg, her zuo Spiez, riter, alt schultheiss. u<br />
Her Niclaus von Scharnental, her zuo Oberhofen, riter, alt schultheiss.<br />
Her Peterman von Wabren, her zuo Belp, riter, alt schultheiss.<br />
Tuering von Ringoltfi'wzJen, her zuo Lanzhuot, alt schultheiss.<br />
Peter Kistler, alt schultheiss. Hans Ruodolf von Erlach. Petermann<br />
vom Stein, riter. Hans Fraenkle, seckelmeister. Gilg Achs- 20<br />
(136)halm, vener von | schmiden. Antoni Archer, vener zuo pfistren.<br />
Ludwig Bruegler, vener von gerberen. Hans Kutler, vener von<br />
mezgeren. Urban von Muolern, erster vogt zuo Murten. Peter<br />
von Balmos. Bendict Tschachtlan. Jörg Friburger. Heinrich<br />
Matter, erster vogt zii Granson, vertaedinget mit dem kueng ums<br />
sinen vater, zuo Basel erschlagen. Peter Schopfer. Peter Bomgartner.<br />
Peter Simon. Peter Irene. Peter Stark. Heinrich<br />
i) Die erst seit 1465 schriftlich geführten Manuale oder Rathsprotokolle<br />
zeigen in den ersten Zeiten noch vielfache Lücken. Die Rathsmitglieder<br />
und höhern Beamten sind übrigens in eigenen Osterbüchern zusammengestellt,<br />
doch erst von 1485 an.
96 1474—1476<br />
Ditlinger. Hans Wanner. Bendict Krummo. Barthlome Huober.<br />
Immer Grafhans. Hans Schlitz. Cuonrat Rietwyl. Heinrich Zimmerman.<br />
Doctor Thuering Fricker, statschriber. Heinrich Cuonrieder,<br />
grossweibel. Da sind bi enandren gsessen in einem rat<br />
•> sechs schultheissen, 12 gnempt junkhern, under denen 5 riter,<br />
mit sampt einem doctor [115] statschribern. Deshalben kein<br />
wunder, dass ein stat Bern allenthalb fuer all Eidgnossen an wisheit,<br />
rat und tat hochgeachtet und gerueemt ward. So sind ouch<br />
da 9 Peter gsin.<br />
'o<br />
Burger des grossen rats.<br />
Her Cuonrat von Scliarnenthal, ein selzam wit erfarner riter •),<br />
Hans Wilhelm, des fromen und unredlich erstochnen Wilhelms<br />
schantlich gelepter und also gestorbner sun 2 ), desse Schwester<br />
Elsbet, do si in anwesen irer aeptissin und probsts zuo Hinderi.läppen<br />
| profess solt tuon, ruoft si Thoman Guentschin, einen huep-(l37)<br />
sehen Hinderlapper ordens-jungling, so zuo wiche solt gon, durch<br />
Gots willen um die heilig e an, die ouch iren gelanget. —<br />
Her Wilhelm von Diesbach, riter. Ruodolf von Erlach, letster<br />
vogt zuo Erlach des grafen Wilhelms von Tschalang, prinzen zuo<br />
2o Orenie, und erster einer stat Bern daselbs a ), schultheiss zuo Burgdorf<br />
und verordneter guberuator in die Waut. Hans Ruodolf von<br />
Erlach, nachmals vogt zuo Nidow, da er mit einem pferd über die<br />
brugk ab viel und ertrank. Jacob Petermann, vogt zuo Lenzburg.<br />
Hans, Jörg, Brandolf vom Stein. Bendict von Roemerstall. Thue-<br />
25 ring, Hans, vogt zuo Arburg; Hans Heinrich, vogt zuo Erlach, von<br />
Balmos. Matheus von Bollingen, schultheiss zuo Bueren. Gilgian<br />
von Rimlingen, vogt zuo Schenkenberg. Hemmann Hetzel, schult-<br />
') Vergl. Sinner im Schw. Geschichtsforscher Bd. III. S. 166—186.<br />
Hienach war aber Conr. v. Seh. schon 1472 gestorben.<br />
«) Vergl. a. a. 0. S. 189 u. 196—204.<br />
3 ) Zur Zeit des Burgunderkrieges gehörte Erlach zwei Linien des<br />
Hauses Chalons. Bern besetzte es 1474. Die eine Hälfte wurde als Eroberung<br />
behalten, die andere nachher gekauft. Die Gemeinde huldigte der<br />
Stadt Bern Donnerstag nach Lucie (14. Dec.) 1475. Rudolf von Erlach, Vogt<br />
daselbst im Namen Wilhelms von Chalons, verwaltete dann dieses Amt<br />
noch einige Zeit im Namen von Bern.
1474—1476 97<br />
heiss zuo Undersoewen; Anthoni, vogt zu Bipp; Hans, vogt zu Arwangen.<br />
Schoeni, Niclaus, tschachtlan •) zuo Obersibenthal; Peter,<br />
(138) tschachtlan zuo Frutingen. Hans zer | Kinden; Niclaus, tschachtlan<br />
zuo Nidersibenthal. Simon Tormann. Peter Steiger, nach Niclaus<br />
Bomer von Sanen erster vogt zuo Aelen, Ormont und Boess 5 )..-,<br />
[117] Joss Steiger, vogt zuo Arberg. Peter Bomgarter, vogt zuo<br />
Nidow. Niclaus Meienberg, vogt zuo Wangen. Hans Schnoew],<br />
vogt zu Loupen.<br />
Sechszechner im 74..jar: Her Wilhelm von Diesbach. Peter<br />
Subinger. Lienhart Huepsche. Cuonrat Ilantz. Barthlome Kueng. io<br />
Peter im Hag. Peter Boner. Lienhart Wysshan. Hans Schoeni.<br />
Hans Berger. Hans Wyler. Gilg Eschler. Bendict Irenei. Ludi<br />
Swinghart. Peter Selzach. Imer Gueder. Anthoni Brfigler. Peter<br />
Ross. Meister Hans, buechsenmacher und Ludwig Tillier. Peter<br />
Wyler. Ludi Archer. Dietrich und Ludi Hüpsche. Niclaus, Wil-is<br />
heim Alwand. Hans im Gfel. Hans von der Grub. Lapo. Rapo.<br />
Ribo. Bischof. Keiser. Schlipfen. Gosteli. Grafenried. Linder.<br />
Truechner. Strub. Stral. Vogt. Vischer. Bickhart. Schindler.<br />
Hoewer. Stuerler. Lombach. Holl. Spiller. Ebischer. Hofman. Zwen<br />
Ditlinger. Duebi. Ster. Kloss. Vint den Tribel. Rotenbiel. Kistler. m<br />
Krochtaler. Frisching. Hans Schaller von Tan, ein gliickhafter<br />
schnider. Spoeting. Gasel. Brunner. Korber. Broesemli. Hubler.<br />
Eigensatz. Peter von Wyngarten. ein glueckhafter schuochmacher.<br />
Rudolf von Küchen, grichtschriber. Diebold Schilling, seckel-<br />
(139) und underschriber. | 2-,<br />
Dis a ) sind die bekantisten namen der bürgeren, so zuo<br />
diser zit moegent zuesamen gelesen werden. Wan diss hinlaessigen,<br />
*) Fehlt in A 1; statt dessen der Zusatz [14 a]: Diser rat, klein und gros,<br />
ist hie nit allein von iezt gehandleter sach wegen, sunder nie von des und<br />
vorgendes jars, darin als namhaftig, redlich geschichten under iezt erzaltem<br />
regiment ergangen sind, als ie vor von anfang der stat Bern, im zu<br />
loblicher gedachtnis. Wisheit und dorheit, schük und unschük vermischend<br />
sich umendum.<br />
') Die Bernischen Amtleute auf einigen Landvogteien behielten bis<br />
1798 den Titel Castellan oder Tschachtlan.<br />
2) Bex.<br />
7
98 1475—1476.<br />
schädlichen verlusts sich groesslich ist zu verwundern, dass einer<br />
fuersichtigen stat Bern statbuecher, vor diser zit gemachet, gar<br />
keines, und zuo diser zit dienende keins oder nit ganzes wirt gefunden,<br />
so doch einer fuersichtigen stat nit allein eigne, sunder<br />
souch fremde, namhaftige brief und gschaeft soeltid ingeschriben,<br />
und wie ein kostlicher schaz wol behalten werden.<br />
[118] Fleischschatzuug b ).<br />
Im 74. jar, um Sanct Johans des toefers tag, ist hie folgende<br />
fleischschatzuug beschehen, unsern ziten zu wunder hie<br />
io verzeichnet. Nämlich guot urferis 1 ) und schwinis, ein pfund um<br />
7 pfennig; guot rinds, heilboecken und wideris, ein pfund um<br />
6 pfennig; boeckis, stieris, kueegis, alt schaefis und kaelberis, ein pfund<br />
um 5 pfennig. Und sind schaetzer gewesen von der mezger stuben:<br />
Peter Kistler, alt schultheiss und venner. Hans Kutler, venner.<br />
16 Peter Simon. Anthoni Schoeni.<br />
1475-76.<br />
Schultheiss: Niclaus von Scharnathal, riter.<br />
[119] Von eroforuug der alten lantmark der uralten Eid-(140)<br />
gnoschaft, und wie von der landen wegen gehaudlet.<br />
In jaren Christi Jesu 76 hat ein gluecksame stat Bern, mit<br />
bistand irer Eidgnossen, pundgnossen und burgern von Friburg<br />
und Solatern, nach dem der grossmaechtig Burgunsch herzog<br />
und aller sin anhang was mit gwaltiger hand uss disen landen<br />
geschlagen, erobret und gewunnen der uralten Eidgnoschalt ur-<br />
») Fehlt in A. 1.<br />
i) Fleisch von einem Urfel, d. i. Hammel oder Schöps.
1475-1476. 99<br />
alte landmark, gegen sunnennidergang reichend!), nämlich das<br />
land zwischen dem Laebrer-gebuerg und dem Rotten, von Erlach<br />
und Murten an bis gon Jenfan die bruk, darin uss keiser Julii 2 )<br />
anzeig das ort Orban 8 ), item und derselben Eidgnossen hoptstat<br />
Aventica, iez genemt Wibelspurg. welche mark, iezund redlicher5<br />
Ursachen ingenomen, der stier wol haette moegen und sollen zii<br />
gmeiner hand, ouch vil bass und fueglicher behalten, dan ussert<br />
(141)siner mark uebers Lampartisch gebuerg uss 4 ) | husen; aber es was<br />
im nit gelegen, wan iezundan der nuewen kouflueten sin stuond<br />
nit wie der alten, so der kouflueten unbekant waren, [120] ufio<br />
gmein land und luet, sunder uf eignem gut und gelt ze gwinnen<br />
und ze haben. Und also, wie wol die stolz witfrow Jolanda,<br />
Saffoysche herzogin und regentin, mit sampt irem swager, graf<br />
Jacoben von Remont, gerueempt hat, durch ufgewiste macht des<br />
Burgunschen herzogen uss Bern und Friburg eine ebne ze ma-is<br />
chen ä ), in ansehen des unschuldigen herzogen 6 ) und alter guoter<br />
frintschaft des huses von Saffoy, so half eine truewe stat Bern uf<br />
dem grossen tag zuo Friburg 7 ), dass die land, so gemeltem hus<br />
waren zugestanden, item und des richs stat Jenf mit einer<br />
Schätzung gelediget wurden; half ouch durch eigne botschaft,2o<br />
dass die egenemt herzogin uss ires bruoders, des Franzesischen<br />
kuengs, hand und ungnad erlöst, und wider in ir regiment gesezt<br />
ward. Aber die herschaften Orban, Etscharlen 8 ), Granson und<br />
Murten behielt si mit Friburg gemein, uss liebe, welche si ouch<br />
(142) hies | vor ankunft der Saffoyschen anwaelten uf den egemeltem>-,<br />
tag [121], das Saftbysch kruez ab iren toren und andren orten<br />
abtun, um fuergenomner friung willen 9 ). Behielt ir selber die heri)<br />
Die natürliche Westgränze Helvetiens.<br />
2) Julius Caesar, vergl. oben.<br />
3) Orbe.<br />
4 ) Die Tessinischen Landvogteien jenseits des Gotthards.<br />
5) Vergl. Schillings Chron. S. 221 u. ff.<br />
6 ) Des jungen Herzogs Philibert I.<br />
7 j Friede zu Freiburg zwischen den Eidgnossen und Savoien 13.—16.<br />
August 1476. (Eidg. Absch. II. 608). Savoien versprach Bezahlung von<br />
50,000 Gld.<br />
B ) Echallens (Tscherliz) in der Waadt.<br />
') Ueber die Befreiung von Freiburg aus Savoiischer Unterthanenschaft,<br />
siehe hienach.
100 1477<br />
schaffen Erlach, Aelen, Ormunt und Baess; hat doch einist verwilliget<br />
Aelen wider zuo geben •). Als aber die Waliser ire gewunne<br />
land, Chables 8 ), Gundis 3 ), St. Mauritzen, nit wolten dem<br />
hus von Saffoy widerkeren, do wolt ein stat Bern iren teil ouch<br />
5nit me von handen lassen, aber hat sich nachmals darum gueetlich<br />
vertragen, und die Walliser mit vil mueeg geholfen in löjärigen<br />
bstand bringen 4 ). Und hat also ein truewe stat Bern, ouch<br />
besunder iezt in disem schweren val, wie dan vor und nachmalen<br />
oft, dem loblichen hus von Saffoy truewe und vast notwendige hilf<br />
io und dienst bewisen.<br />
1477.<br />
Babst: Sixtus IV. 6. Roemscher keiser: Fridrich HI. 38.<br />
Franzesischer kueng: Ludwig XI. 17. Schultheiss: von Bubenberg a ).<br />
[122] Von teilung der verlassnen landen des erschlagnen<br />
io<br />
herzog karlis von Burgun.<br />
Im jar Christi Jesu 1477, als uf den fünften tag 5. h«„<br />
Jenner nämlich, der herzog, 1 der in 10 jaren siner regierung,(143)<br />
und davor 7, garnah nie, oder vast wenig zit, sinen grossmueetigen<br />
herzhaften und kriegsgirigen kueriss hat abgetan, und sich<br />
so selb in semliche achtung gebracht, dass er weder keiser, kuengen,<br />
noch herzogen nuetzit vor, ja ouch nit glichs, vermeint ze lassen<br />
sunder fuer all oben ze Schwaben; was von verachter macht mit<br />
siben schlich ertrichs zuo ruowen gesaezt und vernueegt. Do Hess<br />
er angends hinder im nuewe krieg und unruow, die noch zuo unsern<br />
*) Steht am Rande.<br />
') Vergl. hienach.<br />
2) Chablais, so hiess damals der unterste Theil des Wallis am See.<br />
3) Gundis, jetzt ein Dorf, ehemals ein Städtchen und Schloss mit einer<br />
Herrschaft, im untern Wallis.<br />
4) Am 31. October 1478 wurde zu Luzern durch Vermittlung der Eidgenossen<br />
ein 15jähriger Waffenstillstand zwischen Wallis und Savoien geschlossen<br />
(Eidg. Absch. III. 17).
1477 101<br />
tagen kum gestillet sind: nämlich von beherschung wegen siner<br />
verlassnen landen, in zal sines namens erstem biichstaben [123] C<br />
begriffen'); dan nachdem er on manstams glichen erben, und<br />
nur ein einige tochter Maria, von der engelschen kuengin Margrethen<br />
2 ), hat verlassen, welche im Nuessischen bericht 3 ) des5<br />
Roemschen keisers sun, erzherzogen von Oesterrich, was angesagt,<br />
und ieztan zu leid dem franzesischen kueng, der si, sine<br />
toufgoten, gesipte und siner krön landsfuerstin, understuond sinem<br />
sun, delfin Karlin, zuo verglichen 4 ); do fuoren die Burguner und<br />
Flemming fuer, und namen egenemten Maximilian an, irer fuevstin w<br />
(144) zuo einem | gemahel und inen selb zuo einem fuersten 5 ). Und also<br />
ist der nam und der merteil des Burgunschen edlen herzogtiims<br />
land an das wib-glueckhaftig 6 ), edel hus Oesterrich komen.<br />
Und wie nun die witzigen, ouch listigen herren, der Roemsch<br />
keiser und der Franzesisch kueng, mit zusehen erlustrete pyt ieder u<br />
[124] verhoffet, ouch fuemam ganz ze beziehen: do befunden sich<br />
schnei fünf gerüster partien, die da vermeinten an die land gut<br />
ansprach ze haben, nämlich der Franzesische kueng, als des Burgunschen<br />
herzogtiims oberherr, nam ouch das angends dis monats<br />
in 7 ); so nam herzog Maximilian, im namen sines gemahelsw<br />
als erb, die nidre land, Brabant, Flandern und andre in*). Um<br />
Arthois, Picardi und um die Burgunsche grafschaft kriegtens; die<br />
gewan Maximilian 9 ). So wolten die herzogen, Sigmund von Oesterrich,<br />
als hoptsaecher, und Reinhart von Lutringen, als siger,<br />
ouch am nächsten zuogrifen und teil haben. Desglichen d'Eid-25<br />
i) C, der erste Buchstabe des Namens Carolus, bedeutet 100; so gross<br />
nahm man an, sei die Zahl seiner Herrschaften gewesen.<br />
a ) Carl von Burgund war verheirathet mit Margaretha, Schwester de<br />
Königs Eduard IV. von England.<br />
3 ) Im Lager vor der Stadt Neuss schloss Carl mit dem Kaiser einen<br />
Friedensvertrag, 26. Juni 1475.<br />
4 ) Ueber den Plan der Vermählung der Maria von B. mit dem Dauphin<br />
Carl vergl. Commines I. 299.<br />
5 ) «Joyeuse entree» Maximilians in Gent, am 18. August 1477.<br />
6) «Tu felix Austria mibe!»<br />
7 ) Im Mai 1477.<br />
8 ) Im August 1477 zog Ludwig XL seine Besatzungen zurück.<br />
') In Folge der Schlacht von Guiuegate, am 17. August 1479.
102 1477<br />
gnossen, als die, so des kriegs fuernemste hand und stand, und<br />
noch gegen denen landen in ofner vecht waren. Ein fuersichtig<br />
stat Bern riet ernstlich und wol, die Burgunsch grafschaft inzenemen,<br />
vand aber nit volg 1 ).<br />
5 Nun von stund an, nach dem ir fuerst [125] umkomen, als ir<br />
botschaft noch nit von Nuewenburg abgeschei | den, do huob die( l4 5)<br />
Burgunsch grafschaft an, so trungenlich und treffenlich an gmein<br />
Eidgnossen und ire bundgnossen um gleit, bestand und friden<br />
ze werben 2 ), dass d'Eidgnossen, und fuernemlich ein stat Bern, die<br />
ionun nit mit kleinerer arbeit sich mueegt friden, denn vor krieg<br />
ze machen, die naechstbenemten herzogen abwisten und vermanten,<br />
sich des iren, das si durch hilf einer Eidgnoschaft völlig erobret<br />
hätten, ze benueegen, und ward derhalb in volgendem jar zu Zürich,<br />
uf einem grossen tag, so vil gehandlet, dass gmein Eidgnoschaft,<br />
15 zu sampt iren pundgnossen, der gemelten grafschaft ewigen friden<br />
um anderthalb hunderttusend Rinischer gülden gabend und verschribend<br />
3 ).<br />
Ein wunderbare sach, dass die uralten Eidgnossen so vil uf<br />
dise grafschaft gesaezt hatten, dass e si darvon ston woeltid, e ire<br />
wland, lib und guot gegen Roemschen keiser Julio 4 ) unabwislich<br />
wagten, und verluren mit iren puntgnossen 156,000 erschlagner,<br />
und 130,000 gfangner, und aber ieztan [126], so diss land sich<br />
selbs als ein frie herschaft inen erbuet und bittet, sich einig,<br />
oder ie doch mit Saffoy in gmein ufzenemen 5 ), und da der Francs<br />
zesisch kueng, ir pundgnoss, sinen schirm ouch zusagt, oder mit<br />
i) Vergl. z. B. Eidg. Absch. III. 34, vom 24. Mai 1479.<br />
2) Schon Anfangs 1477 (Eidg. Absch. IL 647. 680.)<br />
3) Durch den Vertrag vom 24. Jan. 1478 versprachen Maximilian und<br />
Maria von Burgund, dem Herzog Sigmund von Öesterreicb, dem Herzog<br />
Renat von Lothringen, der Niedern Vereinigung und den Eidgenossen,<br />
nebst Freiburg und Solothurn, 150,000 Goldgulden zu bezahlen als Ent-<br />
Schädigung, «Friedgelds. (Eidg. Absch. III. S. 12. und Beilagen I. 661. 663.)<br />
4 ) Julius Caesar, vergl. Bell. gall. lib. I.<br />
5 ) Nach einer Zuschrift Berns an die Eidgenossen verlangte der Markgraf<br />
von Baden im Namen der Grafschaft Burgund deren Anschluss an die<br />
Eidgenossen und an Savoyen, 12. Juli 1478 (Missiv. D. 141 *). Im Raths-Manual<br />
ist die bezügliche Verhandlung nicht erwähnt, dagegen ist hier (9. Juli)<br />
von der Absicht Berns die Rede, Salins zu besetzen. (R.-M. 24, S. 169.)
1477 103<br />
im ze teilen, oder gar um 200,000 Rinscher gülden ze lassen'); —<br />
(146) das aber der grafschaft, als den Franjzosen haessig, ganz was<br />
ungemeint, — da namends ein so gring gelt darfuer, dass der<br />
einig salzprun 2 ) um zwifach so vil nit soelte hin gelassen sin<br />
worden. In dem aber, als die grafschaft sich muosst der Fran--,<br />
zosen erweren, do nam si von erst der Eidgnossen frien knecht<br />
zu schirm, und demnach herzog Maximilian zuo irein hern an,<br />
der ouch angends in den gemachten bericht verwilliget, und bestimpte<br />
bezalung ze tuon verhiess 3 ). Als aber das vor verderpt<br />
land, und noch mit schwerem krieg überladen, dis bezalung ver-io<br />
laengeret, und ouch der Bisanzisch erzbischof, wie zugesagt, nit<br />
versiglet; do bracht der Franzesisch kueng ze wegen, dass im<br />
d'Eidgnossen, ouch mit irer pundgnossen [127] missvallen, ire<br />
ansprach uf Burgun um obgedingte sumen golds, nämlich um die<br />
150,000 und 200,000 Rinscher gülden gold, ubergabend 3 ), doch 15<br />
also, dass er das land in sinen kosten erobrete, und in gutem<br />
wesen, insunders die Salzpfannen, hielte, ouch clannen zimlichen<br />
kouf, wie versprochen, inen zuokomen Hesse.<br />
Und wie wol nun die Burguner und ir nüwer fürst ein grosse<br />
beschwerd ab disem vertrag hatten, so dankten si doch vast hoch 20<br />
den Eidgnossen und iren pundgnossen um gebnen friden, durch<br />
welchen si noch bishar, wie wol an gut verderpt, ir friheit errettet<br />
und behalten haettid, und darum, Got gebe wer si behersche,<br />
so woellids, nach Inhalt gemachts fridens, mit ir lib und<br />
gut nimmer von einer Eidgnoschaft abtreten, sunder sich ira 2 .-,<br />
(147)vertrösten und halten; mit hoechster beiger und pit: ein from<br />
loblich Eidgnoschaft wolle si nit verlassen, sunder so wit mueg-<br />
•) Vergl. Tagsatzung zu Luzern, 25. April 1477 (Eidg. Absch. IL 671).<br />
A. fasst hier Anfang und Abschluss der diplomatischen Verhandlungen<br />
öfters zusammen, so dass er nicht immer mit der chronologischen Folge<br />
der amtlichen Abschiede stimmt. Die beiderseitigen Geldangebote standen<br />
sich längere Zeit gegenüber, ohne dass ein Abschluss erfolgte.<br />
2) Bern und der grösste Theil der Schweiz bezog nämlich den Salzbedarf<br />
fast ausschliesslich aus den Werken von Salins.<br />
3) Eidg. Absch. II. 691 u. 702.<br />
4) Eidg. Absch. IL 710 vom December 1477, vergl. auch den Vertragsentwurf<br />
vom 26. April gl. .1. (Eidg. Absch. II. 926).
104 1477<br />
lieh vor unbillichem gwalt helfen schirmen!). Und also kam die<br />
teilung der riehen landen allein uf den kueng Ludwig von Frankrich<br />
und uf herzog") Maximilian, und uf ire nachkomen, die bis<br />
in unsere zit also geteilt hond, dass, was ieder mit gwalt oder<br />
5list innemen mocht, das ward sin erbteil. Darum angends zwischen<br />
disen beiden vil und grosse strit, schlachten und stürm<br />
in obren und nidren landen sind ergangen, darbi alwegen uf<br />
beiden siten ein merkliche zal unghorsamer frier Eidgnossen sind<br />
gewesen. Es wurden ouch und sind vil anstand und vertrag<br />
10 durch fliss einer Eidgnoschaft und andrer herren zwischen inen<br />
gemacht, deren doch keiner keinen bestand nie hat behalten,<br />
und ieder teil dem andren nach siner gelegenheit des brechens<br />
schuld gibt, da zuo beklagen kumt, dass ouch bi den fürnemsten<br />
herren der Cristenheit glow und warheit so arg und boes exeinpel<br />
istragen, dass [129] vom ungloebigen und lugenhaftigen bessers<br />
gcrueem])t wirt. Got, der allein selbs wesens glow und warheit<br />
ist, bessers!<br />
Werbung des Franzesischen kuengs an gniein Eidgnossen,<br />
und gmeiner Eidgnossen an kueng, von wegen gegen-<br />
20 waertiger kriegsloeufen und eigner sachen.<br />
Als nun der franzesisch kueng Ludwig den Burgunschen krieg<br />
uss obgemelten Ursachen hat enpfangen, | do schikt er angends (148)<br />
sine botschaft zuon Eidgnossen 2 ), im sinen pund ganz zuo besiglen<br />
und zuo bestaeten, ouch inhalt derselben 6000 knecht mit iren<br />
2shoptlueten und zeichen ze geben; item die Burgunsch grafschaft,<br />
so on des im gehorte, wie das herzogtuom, das er iezt ingenomen<br />
hätte, [130] einen teil oder gar, um ein summ gelts ze<br />
«) Hier endet A. 1 mit den an A. 2 anschliessenden Worten: Also<br />
bleib der zang zu eim teil dem küng von Frankrich und sinen nachkommen,<br />
und zem aiidren teil herzog . . .<br />
i) Vergl. Eidg. Absch. II. 698. Schreiben der Stände von Burgund,<br />
Salins, 9. Septbr. 1477, also noch vor dem Abschluss des Vertrages mit<br />
Frankreich.<br />
2) Eidg. Absch. IL 691 u. ff.
1477 105<br />
lassen; das einer Eidgnoschaft zuo guot und ruowen dienen werde, so<br />
die kuongliche majestat ir truewer pundgnoss sie, und aber herzog<br />
Maximilian sich verbunden habe, sines schwehers tod ze rächen.<br />
Als aber der Roemsch keiser und sin sun herzog Maximilian<br />
durch den bischof von Metz, grafen Hugen von Montfort und5<br />
her Hansen von Ems, item die Burguner und ir edel froewle selbs<br />
durch den erzbischof Karlin von Bisanz, den probst von Selis'),<br />
her Simon von Kleron und her Wilhelm von Rochefort, ritern<br />
und doctorn, und ander von iren drien lands staeten 2 ), so treffenlich<br />
und ernstlich gmeinen Eidgnossen und iren Tuetschen pund-io<br />
gnossen anhielten, mit dem gwalt-tribenden kueng von Frankrich,<br />
wider des heiligen Roemschen riclis land und fuersten, als dan Burgun<br />
und ir nuewer herzog wäre 3 ), [131] keinen pund ze haben, iedoch<br />
ime bi er und pflicht, so si gemeltem rieh schuldig, in einiche<br />
wis kein hilf ze geben; so doch die Burguner, ir fürst und fürstin,«<br />
nuet dan rechts und fridens und keiner räch begerten. Und ob<br />
{149)joch räch ze [ suchen, so wistids wol, wer an ires zuo vil kriegbaren<br />
fuersten tod me schuld trüge, wen die, so in ufgewiglet.<br />
in*) erschlagen haettid. Do hinderhielten und woerten d'Eidgnossen,<br />
ouch fuertreffenlich ein wise stat Bern mit allem»)<br />
ernst 4 ); damit ie doch die Burgunsche grafschaft nit ubergwaeltiget<br />
und zerstört, sunder ze friden gebracht wurde, verbittend<br />
streng den iren, entwederem teil zuozeloufen, manetend<br />
ire loufenden und gelofnen durch brief und ratsboten ab; ermanetend<br />
ouch mitan beder teil hern und hoptluet 5 ), stil zesr,<br />
•) Am Rande ist beigefügt: « an ofnem strit. »<br />
•) Salins.<br />
2) Ueber diese Verhandlungen mit den Gesandten des Kaisers, des<br />
Herzogs Sigismund, des Herzogs Maximilian und der Hochburgunder, vergl.<br />
Eidg. Absch. IL 680, 681. 702, und ferner III. 11. 34. 36 ff. 57, 58, 59. Statt<br />
Hans von Ems sollte es heissen: Jakob von E. (III. 36.)<br />
3 ) Hochburgund wurde als Reichsland, der neue Herzog, Maximilian,<br />
als Reichsfürst erklärt.<br />
4 ) Bern neigte anfangs, unter dem Einflüsse des Adr. v. Bubenberg,<br />
entschieden zur Behauptung von Hochburgund. (Vergl. Eidg. Absch. IL 671<br />
und oben S. 92, Anm. 1.)<br />
5 ) Bern. Miss. D. p. 62 vom 7. Juni 1477. Vergleiche auch Eidg.<br />
Absch. II. 684.
106 1477<br />
ston, biss ein erlicher vertrag, wie darum bestand geben, mit<br />
güete moecht erfunden werden, damit das grim bluotvergiessen<br />
und der kristlichen landen und lueten verderbung einist in disen<br />
nachburlichen landen ufhoerte und gestillet wurde. Und von diser<br />
Ö[132] und andrer sachen wegen, und nämlich einen vertrag oder<br />
anstand des kriegs ze machen, den hern von Tschattegyon ze<br />
ledigen 1 ) die Jenfer mess ze retten 2 ), item und die usstaendige<br />
schulden und pensionen, da von dem kueng hindernus, inzebringen<br />
und ze furchen; do vertigeten si im Ougsten von Zuerich zuom<br />
10 kueng in Frankrich ire zuo der zit nit die mintueriste boten, nämlich<br />
von Zuerich her Hansen Waldman, | zuo Murten riter geschla-(150)<br />
gen, von Bern her Adrian von Buobenberg, schultheissen, und<br />
von de Hansen Imhof 3 ). Die wurden ans kuengs hof zuo Paris so<br />
lang ufgehalten, dass ein stat Bern iren schultheissen beschreib,<br />
15 geschalt oder ungeschaft heim zekomen 4 ). Und in dem kam er<br />
selb, mit list und sorg dem ufsaz entrunnen, dass er abermals<br />
dem kueng wider Burgun nit wolt raten 5 ). Demnach kamend<br />
die andren boten ouch wolgehalten, brachtend guote wort und vil<br />
verheissens, aber wenig bars und haltens 0 ). Und also so half<br />
•io der Eidgnossen und besunder [133] einer truewen stat Bern geflissne<br />
mueeg etwas, nämlich enthalt und bericht der Burgunschen<br />
grafschaft 7 ), aber doch nit so vil, wen dass si weder froemd noch<br />
die iren vermochten ze meistren, dan die huldrich pension, mit<br />
irem vil ze willigen knecht sold, was zuo gewaltig.<br />
') Chäteauguyon. Davon findet sich nichts in der gedruckten Ausgabe<br />
der Eidg. Abschiede. S. dagegen: Schilling, S. 213 u. 288.<br />
2 ) Der König von Frankreich verbot, um die Lyoner Messe zu begünstigen,<br />
seinen Unterthanen den Besuch derjenigen von Genf. Die Sache gab<br />
zu langen Verhandlungen Anlass. (Vergl. Eidg. Absch. II. Regist.)<br />
3) Eidg. Absch. IL 694.<br />
4) Am 16. Oct. Miss. D. p. 95.-100, 101.<br />
5) Bubenberg fürchtete für seine Sicherheit am französischen Hofe. Er<br />
kam zurück: «in schlechtem stat und mit yl» (Missb. D. p. 101).<br />
6) Die Abfertigung der Gesandten durch Ludwig XL und den Bündniss-<br />
Entwurf siehe Eidg. Absch. IL 705.<br />
') Friedensvertrag vom 24. Jan. 1478. (Eidg. Absch. III. 1 u. 661.)
1477 10T<br />
Wie der pensiongwerb, ze Bern ernueweret und bestaet,<br />
grossen git, zwitracht und ungehorsam gewunnen hat.<br />
Und wie wol nun die meisterlose pension obren gwalt hat<br />
uberkomen, so ward si doch iez, als ob si nur krieg und zwitracht<br />
und nit friden und einmueetikeit machen koente, ja ouchs<br />
(151) den baeren um eigennuetzigs gits | willen versaezt haette, bim gmeinen<br />
man und etlichen gmeinsamen raeten und bürgeren so wit<br />
verluembdet, dass si in semliche sorg und gfar kam, dass si mit<br />
listiger pratik irer ersten gwerbsgnossen muost sich selb und<br />
ires kuengs gschaeft demueetiklich und höflich beschirmen, und be-1*<br />
21.Aug. staetung erwerben; [134] beschach also: Nach dem uf den 21. tag<br />
Ougst, zu Bern vor gmeiner Eidgnossen boten, die Franzesisch<br />
botschaft, fuernemlich her Jos von Silinen von Lucern, probst zuo<br />
Münster im Argow, Verwalter des bischtuoms Granobel •), des<br />
kuengs rat und aller pensionierer advocat, mit verheissner be-is.<br />
zalung der schulden und pensionen, hat obgemelte artikel abermals<br />
angebracht, do vereinbart sich demnach von ersten der<br />
klein rat, darnach am andren tag mit einer gelegnen zal der<br />
burgern, am dritten mit noch me burgern, und am vierden, — was<br />
27. Aug. mitwochen und der 27. tag Ougst — mit gmeinen bürgeren 2 ), ufs*<br />
disen fuertrag des kleinen rats, der kuenglichen gschaeften, vereinung<br />
und pensionen halb, es berueer mine hern in einem oder<br />
andrem, ouch des guoten jars, so der kueng minen hern den raeten<br />
jaerlich gibt: wenn es inen 3 ) gfaellig sie, so woellid si das nemen,<br />
(152)und | dennocht anders niemer raten noch reden, denn from luet;25<br />
angesehen dass si dem kueng nit, weder eids noch e"ren halb,<br />
sien verbunden. Sie es inen aber widrig, so woellid si des mueessig<br />
gon, und [135] ganz in irem willen leben. Also ward inen das<br />
gueetlich vergönnen, und dabi gesagt: si woeltid, dass inen der<br />
i) Grrenoble in Frankreich. Ueber Jost von Silinen, nacher Bischof von<br />
Sitten, siehe G. v. Wyss, in der Allg. deutschen Biographie.<br />
') D. h. der Grosse Rath der Zweihundert.<br />
3) Nämlich den Burgern des Grossen Rathes.
108 1477<br />
kueng noch vil me täte'). Und also ward der huldrichen pension<br />
ir siz in Sicherheit bevestnet, und ouch diser wünsch so<br />
gflissen zuo herzen genommen, dass nah und nah ein einzig hus<br />
sich nit benueegt, daran sich anfangs ein ganze stat wol hat lassen<br />
sbenueegen; dass fuer und fuer, welchem me hat mögen werden, der<br />
hat sin Hb, leben, er und eigen guot dar gewagt; und welcher<br />
am meisten hat geben, der hat bi disen gwerbslueten den stärksten<br />
gunst und anhang gewunnen, so doch ir lobrichen fromen altvordren<br />
über 250 jar über alle Tuetsche nationen gerueemt und<br />
logeachtet sind worden, als die, so einige gerechtigkeit und firbarkeit<br />
ansehid und dieselben ouch mit irem bißt, on iemands verschonen,<br />
vest handhabid und schirmid. Von disem hochtueren ruom<br />
hat der pension erstgeborner sun, mit namen der eigennützig<br />
gwalt- und geltgit, unverschaempt, wie blind, schier gar nuet lassen<br />
i5 uberbliben, und an d'stat desselben in einer fromen Eidgnoschaft<br />
nuet kuentlicheres angericht, dan unversueenliche und unersaezlichs<br />
Schadens zwitracht; wie das zuo ewigen ziten zuo Zürich<br />
Waldmaus handel, und zuo Bern der Kuenitz-krieg | kläglich be-(153)<br />
zögen 1 ); und so verruchte unghorsame, dass iezt angends nach<br />
so des Burgunschen herzogen tod ein Eidgnoschaft, und besunder<br />
ein loblich stat Bern, froemde kriegsgloeuf ze wören, hond grösser<br />
und sorglicher unruow mueessen haben und doch nit vermögen 3 ),<br />
dan vorhin in eignen kriegen, da si mit guoter ghorsame hond er<br />
und guot, land und luet gewunnen und irer redlichen vordren ach-<br />
2stung so hoch und wit erhaept, dass ir schat und nam in aller<br />
weit me hat gölten, dan nachmalen irer nachfaren mit Pensionen<br />
ueberschuettmacht und tat. Da kein hilf noch besserung zu<br />
erwarten, dan so der gnadrich hergot gnad verluehe, dass ein<br />
loblich Eidgnoschaft, in goetlichem wort vereint und verpunden,<br />
so die alte friheit, einmueetigkeit, hantveste und truew wider ernuewerete<br />
und zuo hand naeme. Das gebe Got!<br />
') Raths M. 22, S. 116—117.<br />
2) Vergl. über den Könitzer Auflauf hienach zum Jahr 1513.<br />
3 ) Betrifft den Zug der «Gesellschaft vom Thörrichten Leben» (Sauund<br />
Kolben-Aufstand), den Bern im Februar 1477 nicht zu verhindern vermochte.<br />
Vergl. hienach.
1477 109<br />
[137] Was achtung und kriegsart ein Eidguoschaft zu<br />
disen ziten gehaept habe.<br />
Was achtung und kriegsart eine veste redliche Eidgnoscliaft<br />
in diesen jaren gehaept habe, mag wol ermessen werden uss hie<br />
volgenden versen, uss einem blich gezogen, das ein Pariser, mit 5<br />
namen Petrus de Blarrorivo, vom Burgunschen krieg hat getichtet").<br />
Von der Murtenschlacht. L. 2.<br />
Alpestres clarum excipiunt adamantque Renatum<br />
(154) Helvetii, claro quamvis a sanguine abhorrent. |<br />
*<br />
Pugna diu durum Martern oblectarat, at ipsis<br />
H<br />
Non placet Helvetiis belli dilata cruenti<br />
Gloria, sed geminant animos, mulgentque cruorem,<br />
Non alio quam si peterent convivia vultu.<br />
Quos si respicias, mors posset amica putari<br />
Indulsisse illis, non bella timentibus aspra. 15<br />
Hinc Iseti ad letum, sed nudi, in praelia currunt;<br />
* *<br />
*<br />
Et jam, pro patria fortes, obstantia frangunt<br />
Castra, viros, vexilla, genusque necatur equinum,<br />
Parcitur hie nulli, proceres et vulgus eodem<br />
Nomine censentur. Pius est homieida, tueri<br />
^<br />
Qui patriam ferro valet, et se ostendere morti,<br />
Ut pacem redimat, ars est hie una: ferire,<br />
Et prosternere humo pugilem, jugulare cadentem,<br />
Una est; his validum clarus domat Helvetus hostem.<br />
*<br />
•) Vergl. oben S. 90, Anm. 2. Die Verszeilen des Originals sind oft willkürlieh<br />
zusammengestellt und mehrfach verändert. Da der alte Druck weder<br />
Seiten noch Zeilenzahlen angibt, so ist eine genauere Nachweisung der<br />
Citate unmöglich.
110 1477<br />
Sed genti Helvetica? est mos, plus audere recepta<br />
Vulnera post, fusique solo post damna cruoris,<br />
[138] Laus fuit Helvetiis, nam sanguinolentior iisque<br />
Vis fera, miscendis atque oportunior armis.<br />
h Inde cadaveribus miscere cadavera, mortes<br />
Mortibus, et rubri profundere sanguinis aequor,<br />
More student patrio, et belli monumenta relinquunt<br />
Dira, suosque volunt pro testibus affore campos.<br />
Optimus hie pro re, cui nomen publica, miles<br />
10 Quisque fuit, pro se et pugnans, arisque, focisque.<br />
Im zug gon Nanse.<br />
L. 4. 6 •).<br />
Justitia ac pietas nos nostro ab limite vellunt.<br />
Intrepidi valido sua verbere timpana tundunt, | . (155)<br />
*<br />
Et patrio pro more tonant ad praelia lseti<br />
15 Helvetii, qui tunc velut ad convivia currunt,<br />
Missuri ad manes multos, aut forsan ituri.<br />
*<br />
Et color, et gestus saltantis, et ipse superbus<br />
Gentis gressus, humumque tremor pressam oecupat omnem.<br />
*<br />
Helvetii, postquam sua ventis signa dederunt,<br />
so Ingentem datura metum, quoeunque feruntur,<br />
Tunc fuerant, nisi qua noseuntur adesse saluti.<br />
* *<br />
Et nomen totiens hostes 2 ) umbramque timentes<br />
Helveticas tantum gentis, ne corpora dicam.<br />
Hi dimissa 3 ) domi jurant charissima sese<br />
25 Pignora visuros nunquam, fera donec ad arma<br />
i) Die zwei ersten Zeilen aus L. 6, die nächsten 5 aus L. 5, dann<br />
wieder aus L. 6.<br />
8 ) Nanceis (L. 6): Ni fractos totiens hostes?<br />
s j Nanceis: Hie dimissa.
* -_ . 1477 111<br />
"*""1 •- -»<br />
Ius veniat titubans, patriamque resumere siccis<br />
Ensibus esse nefas credunt, ducuntque pudori.<br />
Dulcius Helvetiis nil strage aut sanguine, justi<br />
Quem belli rabies prtelarge effundit honesta.<br />
* *<br />
*<br />
Helvetica? mos est intranti pralia genti, 5<br />
Non tortis resonare tubis, laetatur at Ura<br />
Se primam in bellis, et pnelia clangere tali<br />
Tamque gravi, et noto per coelum et tartara cornu<br />
Arte cavo'), quod dum hello tonat, hostibus aegrum<br />
Horrorem arrecto solet inspirare capillo.<br />
io<br />
L. 1. Klag der baeren wider die lutringschen jaeger.<br />
En ingrata Deo es, et 2 ) oblita recepti<br />
Obsequii, quo te ditem de paupere fecit<br />
(156) Ursus, agens acies primas, vexillaque belli |<br />
[139] Prima tui, quo tu victrix ex hoste redires. , 5<br />
Anne quod Andreios tibi proculcaverit hostes<br />
Berna, vel ursus, edax nostri, Lotharingia! parvi<br />
Pendis, ebes? . . sie, sie, obliviscendus an ille<br />
Ille dies fuerat, quo nomen et arma Renati<br />
Extulimus crelo, fragili pro principe fortes? %><br />
An den Burgunschen herzogen, sin achtung,<br />
art und end anzeigend.<br />
Te te, ego, dive loco hoc aquike socer! alloquor efflens,<br />
O decus armorum et formidatissime prineeps,<br />
Carole! progenies humani clara Philippi! s»<br />
Die, qua cote novos semper variosque furores<br />
Exacuis, vel qua spirant fornace tot »3stus<br />
Irarum? Quid qua3ris opes perdives, agrosve<br />
Terrarum locuples? Quid Tantale siecus in unda es?<br />
Dii majora tibi debent, hoc forte putasti? 30<br />
i) Nanceis: Arte cavum est.<br />
2 ) In der Nanceis steht: nee non; «et» passt auch nicht in den Vers.
112 1477<br />
Multa sed in tenues vanescunt somnia fumos,<br />
Et voti authores eludunt saepe, vagasque<br />
Spes hominum ridet jucunda curia celi.<br />
Quod loquor hie, audis: amplectitur omnia nemo.<br />
5 Nec de prineipibus, quos clarior efficit ortus,<br />
Terrarum dominos, animosior affuit ullus,<br />
Sed neque vel famse aut 1 ) laudis amantior, immo<br />
Ante omnes vehemens palmar quaesitor et acris.<br />
*<br />
Hunc posses dixisse ducem, regemque vel ipsum<br />
io Gradivum, nempe is solus, ni fata vetarent, | (157)<br />
Mille viros poterat hello terrere potentes.<br />
Fecit is in foites, quic quid fortissimus, audet.<br />
Umbra fuit metuenda viri, metuenda leonis,<br />
Principis et nomen, cujus cum litera centum<br />
15 Prima sonet, totidem dux terras Carolus implet.<br />
*<br />
Armipotens 2 ) olim prineeps, modo perditus atque<br />
Infelix pauca lnec moribundo interrogat ore:<br />
CaroLVs hIC Ianl qVInta sIC VInCo RenatVM? 3 )<br />
* *<br />
Ore locum mortis, mensemque, annumque, diemque,<br />
£0 Vi periens, multa, versu complectitur uno.<br />
') Sollte wohl eher heissen «vel».<br />
') Nanceis: Fata: potens . .<br />
Die Stelle ist aus dem 6., die vorhergehenden aus dem 1. Buch.<br />
3) Ein Chronostichon, dessen grosse Buchstaben als lateinische Ziffern<br />
das Jahr 1470 bezeichnen.
[140] Erniiwerung und bestätung des punds zwischen<br />
Saffoy und den staeten Bern und Friburg, da die<br />
stat Frifourg vom Saffoyschen gwalt ist gelediget<br />
worden.<br />
Dis jars Ougsten hat des heilig geachten herzogs Amedei,.-><br />
im angang des Burgunschen kriegs verscheiden'), hochmueetige,<br />
maennische witfrow, Jolanda, des kuengs von Frankrich swester,<br />
mit sampt den drien staeten 2 ) des loblichen huses von Saffoy, im<br />
(158)namen | ires jungen suns Philiberts, vierden herzogen egenemts<br />
huses, ein treffenliche botschaft gon Bern geschikt, mit einerto<br />
langen credenz, voller und ze vil hoher schmaechlerl, doch mit gebuerlichem<br />
lob: dass ein stat Bern ire puend und glouwen von keines<br />
glueks wegen nie veraendret habe; nämlich: her Urban von Chiveron,<br />
Roemschen protonotari und apt St. Amedei, her Bernhart<br />
von Menton, her Bertrand von Deyra 3 ), doctorn, rat und präsi-15<br />
denten zuo Jenf, Stefan Paccoti, sitzen [141], mit einer loblichen stat<br />
Bern, die alten puend zu ernuewern, wider ufzerichten und ze bestaeten<br />
4 ). Do wurd uss treffenlichem anhalten einer truewen stat<br />
Bern, von wegen irer lieben mitburgeren, diser handel uf den<br />
20. in?. 20. tag obgenemts monats also beschlossen und verbriefet, dass 20<br />
ein stat Friburg von aller oberkeit und pflicht des huses von<br />
Saffoy in d'ewikeit soelte fri und ledig, aber gegen dem gemelten<br />
hus, glich mit Bern, im pund verpflicht und verbunden<br />
sin 5 ). Dabi sind von Friburg boten gsin: Jacob Velg, schultheiss,<br />
her Rudolf von Wippingen, riter, her Peter von Fossyne, riter,25<br />
Wilhelm und Hans Taechterman, venner, Heinrich Larer, al des<br />
•) Herzog Amadeus IX. war am 28. März 1472 gestorben.<br />
a ) Nach St. 11. W. waren es: Chamberi, Evian und Thonon. In den<br />
Akten sind die drei Städte weder genannt noch erwähnt.<br />
3 ) Soll heissen Bertrand de Jvrea (vergl. Eidg. Absch. IL 941). Ebenda<br />
wird auch noch Johannes Lestelley als Gesandter genannt.<br />
4) Vergl. Eidg. Absch. II. 694, 695. Das Bündniss selbst vom 20. Aug.<br />
1477 steht Eidg. Absch. IL 936.<br />
5 ) Die Entlassung von Freiburg aus der Souveränetät Savoiens ist<br />
datirt vom 23. August und 10. September 1477; die Urkunden siehe Eidg.<br />
Absch. IL 941-943.<br />
8
114 1477 } , - '"<br />
rats; und Hans Furer, grossweibel •). Demnach hat ein stat<br />
Friburg das Saffoysch Rodis-kruez 2 ) ab, und des Roemschen richs<br />
adler an{genommen. Der friung si ewig einer truewen stat Bern (159)<br />
truew hat und schuldig ist ze danken und nimmer zuo vergessen.<br />
5 Burgrecht her Hans Ludwigs von Saffoy mit Bern und<br />
Friburg.<br />
[142] Unlang nach obgemeltem Saffoyschen handel ist her<br />
Hans Ludwig von Saffoy, des jungen herzogen vaters Bruder-,<br />
ewiger Verwalter des bischtuoms zuo Jenf, zuo Bern und Friburg<br />
ioburger worden 3 ); half im und der stat Jenf, gegen den ungestindigen<br />
Eidgnossen, schulden halb, vastwol, derenhalb ein truewe<br />
stat Bern 11,000 Rinscher gülden zuo Strassburg und Basel ufbrach<br />
4 ).<br />
Ein stat Bern hiesch zuo Jenf durch Barthlome Meyen etliche<br />
lskleider, so des Burgunschen herzogen solten sin gewesen 5 ).<br />
So begert frow Margret, graefin zuo Wirtenberg, ögenemts<br />
hern von Saffoy Schwester, von einer stat Bern ze koufen des<br />
Burgunschen herzogen wunderbars gemaechts baetbuch. Darum<br />
ward von ir ein eigne botschaft gevordret, gon Bern ze schicken 0 ).<br />
so So hat diser schwester, Bona, herzogin zuo Meiland, sich und iren<br />
Sjaerigen sun, herzog Johan Galeatzen, einer stat Bern ernstlich<br />
bevolhen und die alte verstaentnuss ernueweret 7 ). | (160)<br />
[143] Erste Erbeiuung") zwischen dem hus Oesterrich und<br />
ein teil orten der Eidguoschaft.<br />
25 Diss jars, uf den 13. tag October ist zuo Zürich die erste 13. Od<br />
•) Diese Namen sind im Berner llaths-Man. nicht genannt.<br />
2) Das dem Maltheser- oder Rhodiserkreuz ähnliche Wappen von Savoien.<br />
•) 14. Novb. 1477. Raths-Man. 23, S. 17 u. 34.<br />
4) 13. Februar und 14. März 1478. Raths.-Man. 23, S. 184 ff.<br />
5) Schon im Mai 1477 (vergl. Raths-Man. 21. S. 194. 213, 214.)<br />
6) Missb. D. p. 86 vom 19. Sept. 1477.<br />
') Freundschaftavertrag von Mailand mit den 8 Orten und St. Gallen<br />
vom 10. Juli 1477 (Eidg. Absch. II. 689 u. 930.)<br />
8 ) Erbeinung, so genannt, weil sie nicht nur mit Herzog Sigmund,<br />
sondern auch mit seineu Erben auf ewig gelten sollte.
"""- --^ 1477 115<br />
Erbeinung gemacht worden zwischen herzog Sigmund von Oesterrich<br />
und disen orten der Eidgnoschaft, nämlich Zürich, Bern,<br />
Lucern und Ure, und der stat Solatern, über den erbfriden,<br />
hilf und schirm tragend der anstossenden landen, ins fuersten<br />
sold, wider froemde viend und heimsche ufrueerer'). 5<br />
Burgrecht der fuenf staeten Zuerich, Bern, Lucern, Friburg<br />
und Solatern.<br />
Nach ergangner ufrueerischen süw- und kolbenreis, uss den<br />
ländren und Zug erhaben'), hond die fuenf staet Zuerich, Bern,<br />
Lucern, Friburg und Solatern ein ewig burgrecht, ein andren 10<br />
vor gwalt und ufruor ze schirmen, verbriefet und geschworen 3 ).<br />
Das haben angends die dri laender [144] als ein nuewe ungmein-<br />
(161)same suenderung so lang widerfochten 4 ), bis dass uss ewig j<br />
wenig jar wurden, wie vast joch das als £rlich und niemands<br />
nachteilig man vermeint ze erhalten. Wie es aber zerbrochen sie, 15<br />
wirt an sinem ort erzaelt werden.<br />
Einer wisen stat Bern from, löblich insehen wider allerhand<br />
laster und schaden, mit anrichtung alles desse,<br />
so zue Gots und irer herschaft lob und er dienlich<br />
bedacht a ). 20<br />
Wie dan krieg bi den alten ist manlicher tugent ein semliche<br />
ueebung gwesen, dass haruss die frien und edlen sind er-<br />
») Dieses und das folgende Kapitel findet sich auch in A. 1 [27 * u. ff. ],<br />
aber in wesentlich veränderter Redaktion.<br />
') Die Urkunde ist abgedruckt Eidg. Absch. IL 944.<br />
2) Ein Schwärm ausgelassenen Volkes aus der innern Schweiz hatte<br />
im Februar 1477 wider den Willen ihrer Obrigkeiten einen Zug unternommen,<br />
um die Stadt Genf zu brandschatzen. In ihrem Panner führten sie<br />
einen Eber mit einem Kolben, daher die Benennung. Missb. D. p. 38—43.<br />
(Vgl. darüber Tillier, Gesch. Berns IL 315 ff.)<br />
3) 23. Mai 1477. Die Urk. siehe Eidg. Absch. IL 929.<br />
«) Vergl. namentlich Eidg. Absch. III. 1, S. 5. 8. 9 ff. vom 8. April,<br />
1. Mai und 8. Juli 1478.
116 1476—147&--<br />
wachsen, also dass niemand denn fri, und edelmanszucht ze<br />
lernen und ze bewisen, darzuo gebracht wurden; aber nach und<br />
nach ist dise ueebung dahin [145] verwachsen, dass si ist worden<br />
ein unverschaempte schuol aller untugent und laster, ja ein sunders<br />
5 grime plag, da mit der gerechte Got als suend mit suend plaget, und<br />
erst hiemit witer ze plagen gereizt wirt; wie dan ouch disem<br />
Burgunschen krieg nach fuenf jar vil ungewiter, gross, schädlich<br />
wasserguessen, gross tuere, gross sterben, vil ufrueerischer emboerungen,<br />
rotungen, suendrungen, vil reuberi und mort entstunden;<br />
io das alles von aller Grbarkeit ward wolverdienter straf Gots zugeben,<br />
von wegen grosser und viler misstaten, so, unverschaempt<br />
und unverschont Gots und menschens, in ergangnem und noch<br />
hangendem grimen krieg an vil orten und enden beschehen waren<br />
und noch nit ufhorten, sunder sich fuer und fuer meireten. Darzuo (162)<br />
i5 so waren die bischtuom Costens und Losan mit zwifachen bischofen •)<br />
so ganz verwirret, dass ire priesterschaft auch so ein ganz zomlos<br />
leben fueert, dass der weltlich gwalt drin muost sehen und weren.<br />
[146] Nun diser dingen halb, da vereint sich mit gschwornem<br />
eid einer loblichen stat Bern Örsam, wis regiment, klein<br />
20und gross raet: Ordnungen, gepot und verpot, wider allerhand<br />
laster und missbruech angesehen, unverschont ze hanthaben, die<br />
unghorsamen und frefnen Übertreter ouch mit gwaltiger hand abzewisen<br />
und ungestraft nit hinzelassen; und Hess bi hohen buossen<br />
in stat und land streng verbieten: gotslaesterung, swueer, huorl, boes<br />
25 sitten, schamliche kleidung, fuerkouf, wuocher, ufrueerisch emboerung<br />
rotungen, suendrungen, kriegsgloeuf, und alle ofne laster und missbruech,<br />
und daneben geboten und hoch vermant, gotsforcht, erbarkeit,<br />
frid, liebe, truew, ghorsame, einhellikeit, gmeiner schirm, und<br />
alles, was zuo gmeinem nuz dienlich, fuerzenemen, fuerdren und<br />
') Im Bisthum Constanz stand seit Sept. 1474 der vom Papst erwählte<br />
Ludwig von Freiberg dem vom Capitel ernannten Otto IV., Grafen von<br />
Sonnenberg gegenüber (Stalin, würtemb. Gesch. III., 582 ff.). — Im Bisthum<br />
Lausanne widerstand das Domkapitel der Einsetzung des vom Papste erwählten<br />
Cardinais Julian della Rovere (nachher Papst Julius II). Ueber den<br />
langen Streit vergl. Bern. lat. Missb. ß. und Ruchat, histoire des troubles<br />
arrivez dans le diocese de Lausanne en 1472—74, in Mspt. H. H. III, 70-<br />
Bern. Stadtbibl.
"*"•--J^I6—1478 117<br />
ze halten, item uf die mueessige juffkind, loterbuoben, landstricher<br />
und gutzer acht ze haben und ab weg ze wisen').<br />
[147] Item und in al ire gebiet allen dechan strenge mandat,<br />
von den bischofen rass ervordret und ussgebracht, zugeschickt,<br />
(163) die priesterschaft zuo reformiren und | zuo geflissnem gotsdienst zes<br />
triben"), darzuo dem almaechtigen Got zuo lob und dank um das<br />
gehaepte gluek, ouch das fuerbass ze behalten, frid, gnad, und ergangner<br />
misstaten versueenung ze erwerben, und egemelte strafen<br />
abzepitten, in stat und land ufgesaezt, vil gepet, kruezgaeng, vil<br />
unser frowen, S. Vinzensen, S. Bastians, und insunders vil seien-1„<br />
messen und selentag 2 ), uss angeben ires geleiten, aber zuo aberglouben<br />
gneigten statschribers, der ouch in sinen letsten tagen<br />
liess an sine messtaflen messhaltende toten malen, und dem erdichten<br />
prediergeist 3 ) glowt"). Und") damit nuet underlassen wurd,<br />
so zuo der reisenden seien besserung und heil reichen möchte, i5<br />
volkomne begnadung, ablegung und gnügtieung [148] ir aller suenden<br />
und schuld wuerkte und brächte, zuo Rom tueren ablass durch<br />
eigne boten, nämlich iren statschriber, probst Stoeren von Anseltingen")<br />
und probst Kistlern von Zofingen 4 ), erkouft, und ouch<br />
denselben nach siner heilikeit und kraft hoch ze prisen, tuer, •&<br />
kostlich und koeflich ze machen, den hochgelerten und verrueempten<br />
•) Das Folgende in A. 1 [27*] mit eigner Ueberschrift: Von gotsdiensten<br />
verordnet.<br />
b ) Statt dieses Satzes steht in A. 1 [28 *]... zu denen der rechten hochgelart<br />
doctor Thuring Frieker, der zit zu Bern statschriber, so geneigt was,<br />
dass er in sinen letsten tagen uf siner caplonig altar liess malen döten,<br />
die mess für ire güttäter, für sich und ir mitseien hieltid, deshalb er ouch<br />
recht und gut achtet die meisterliche, gmeinsame luge von einem dötneu<br />
pryel hie zun predigern erdacht.<br />
c ) Das Folgende in A. 1 [28*] mit eigener Ueberschrift: Vom Römschen<br />
ablass.<br />
d ) A. 1 fügt hier bei: die wolverdienten grossen pfründen krümmer,<br />
bäbstlichen prothonotarien und erzdiacone.<br />
') Bezieht sich wahrscheinlich auf das Mandat vom 7. April 1481<br />
118 1476-147£, • "'"<br />
der heiligen gschrift doctor und praedicanten, her Johansen<br />
vom | Stein, pfarhern, zuo Margrafen-Baden, von sinem forsten(164)<br />
erworbnen, haruf und harzuo e"rlich versoldet und bestelt'). Das<br />
doch alles, wie Schilling schribt, nuet oder wenig erschoss, unss<br />
sdass die unrueewigen, verwildeten, unpaendigen mit der Franzesischen<br />
puendnuss uss dem land ze loufen ein loch gewunnen J ); ouch<br />
dasselb hienach so vest behielten, dass hiefuerahin kein zun, kein<br />
mur, kein schloss, kein verpot das mocht verriglen; und [149],<br />
wen die frommen, fridsamen understuonden die pensionischen, krieiogischen<br />
puend abzeraten, dass des amman Redings von Swytz<br />
uebel bedachter, aber vast gebrachter spruch, nämlich: « d'Eidgnossen<br />
mueessen ein loch haben», ouch ein fuergang muost haben.<br />
Nun semlicher miss- und aberglowen pensionischer kriegscher<br />
puenden und mutwilliger kriegsgloeufen missbruch ist sich<br />
lö Bit vast zuo verwundren, noch zuo verargen an ein from, schlechtharkomne<br />
Eidgnoschaft, ouch insunders an ein stat Bern, so ie<br />
und ie den baebsten als Gots stathaltem ghorsam, und den geistlich<br />
gnemten gevelgig und gneigt ist gwesen, so da nit allein<br />
der kristenheit obriste weltfuersten, sunder ouch ira Gots geist-<br />
20 lieh verwoente stathalter, die baebst selber, die bischoef, die geistlichen<br />
und gierten, vor | und von diser zit an biss uf unsere(165)<br />
tag, si mit allem vermögen in semliche Sachen erkouft, gewist,<br />
bracht und bracht hond. Got bessers noch!<br />
[150] Schätzung loeuflger münz.<br />
25 Als zuo disen ziten mancherlei muenz ist gangen, hond rat<br />
und burger zuo Bern volgende beschaetzung angesehen, uf fritag<br />
nach Verene 3 ):<br />
i) Ueber Dr. Joh. von Stein, a Lapide, und seinen Aufenthalt in Bern<br />
siehe Berner Taschenbuch, Jahrg. 1881. Vergl. auch hienach zum Jahr 1480.<br />
2 ) Im März 1480 kam endlich der Bund mit der Krone Frankreich zur<br />
Ausführung, durch welchen die Eidgenossen 6000 Söldner versprochen hatten.<br />
(Eidg. Absch. III. 1. S. 57.)<br />
3) 5. Sept. 1477 (R.-Man. 22, S. 138). Damit ist zu vergleichen die<br />
Eidgenössische Münzschätzung vom 23. Jan. 1487 (Eidg. Absch. III. 1. S. 257).<br />
Dort sind Mailänder Groschen «mit Federn» und solche mit einem F erwähnt.<br />
Der Krähenplappart war eine Züricher, der Karlin eine Italienische<br />
Münze. Spagyrle wurden auch in Luzern geprägt. In weitere Untersuchung<br />
kann hier nicht eingegangen werden.
- H*6—1478 119<br />
Plaphart. Baseler kruezplaphart: 18 pfennig; Bern, Friburg,<br />
Solatern, Frankrich, Meiland mit strussfedren: 15 pfennig; mit<br />
dem p: ein Schilling, pabst und alt plaphart, stiber, Behemsch:<br />
20 pfennig; Saffoyer, Burgunner, alt Züricher: 14 pfennig; kreienplaphart:<br />
16pfemiig; wiss pfennig: 1 Schilling; ruehling: 10pfennig,s<br />
zwen kruezer: ein plaphart; einen guoten karlin: 9 fuenfer; einen<br />
guoten Arragunischen und Senis plaphart: 5 fuenfer; ein spagyrle:<br />
3 pfennig; fuenfer und kart: 5 pfennig; zwen angster: 3 pfennig;<br />
Bern angster: 2 pfennig; Basel Sechser: 5 pfennig: mag nemen<br />
(166) wer da wil. I w<br />
Gold. Einen gülden: 28 plaphart; einen bischlag: 18 plaphart;<br />
einen Uetrischen gülden: 26 plaphart; einen ducaten: 36<br />
plaphart; einen Franchricher schilt: 34 plaphart; einen Saffoyer<br />
schilt mit dem kruez: einen Rinschen gülden.<br />
Von erschrocklichem weter. 15<br />
Diss jars Brachat, als der grusam donderschlag mit sichtbaren<br />
grossen flammen zum dritenmal hat angezint den alten<br />
kilchturn S. Vinzensen, der neben dem kor, schatenhalb, da iezt<br />
unser frowen bruoderschaft kappel, ist gestanden: do ist im turn<br />
am löschen [151] der alt schultheiss, her Niclaus von Scharnental, 20<br />
riter, getroffen, also dass er an einer siten gelaempt, hienach über<br />
etliche jar des schlags ist gestorben'). So bliben da tod her<br />
Hans Willisower, tuetsch ordens, ein priester, und Jacob Lombachs><br />
der zit des richesten und vernantisten wirts, so zwischen Nuerenberg<br />
und Lyon was 2 ), knecht, zwo schenkgelten mit win, ze 25<br />
löschen, uftragende. Morndes kam erst ein grosser hagel.<br />
[152] 1478.<br />
Babst: Sixtus IV. 7. Roemscher keiser: Fridrich III. 39. Fran-<br />
(167)zesischer kueng: Ludwig XL 18. Schultheiss: von Buobenberg 2.|<br />
') Niclaus von Scharnachthal, geb. um 1419, gest. 1488 oder 1489, vergl.<br />
Stettier, Genealog. Mscpt. Stadtbibl. Bern H. H. XII. 10, p. 28 u. ff.<br />
2) Jakob Gurtenfrei, genannt Lonibach, soll Wirth «zur Krone» gewesen<br />
sein; er starb 1501. (Leu. helv. Lex.)