Infodienst Krankenhäuser Nr. 60 - Gesundheit & Soziales - Ver.di
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Klinikum Stuttgart: Es wird Zeit,<br />
dass wir unsere Arbeitssituation ändern<br />
»Führungsgrundsätze« und das neue Stationsleitungsprofil<br />
entlarven <strong>di</strong>e Strategie der Geschäftsführung:<br />
Enge Vorgaben von oben, aber volle <strong>Ver</strong>antwortung für<br />
deren Umsetzung für <strong>di</strong>e Beschäftigten und ihre <strong>di</strong>rekten<br />
Vorgesetzten.<br />
Der Druck<br />
muss raus!<br />
KADE LORCH<br />
Missliche Situation der<br />
Stationsleitungen …<br />
Sie sollen mit den »verfügbaren<br />
Ressourcen« <strong>di</strong>e mit den Zentrumsleitungen<br />
vereinbarten ökonomischen<br />
Ziele erreichen. Sie<br />
müssen <strong>di</strong>e Sachkosten- und Personalkostenbudgets<br />
beobachten<br />
und einhalten und sind gleichzeitig<br />
alleinverantwortlich für <strong>di</strong>e<br />
Personaleinsatzplanung, <strong>di</strong>e Einarbeitung<br />
neuer Mitarbeiter, Praxisanleitung,<br />
Durchführung und<br />
Dokumentation evidenzbasierter<br />
Pflege, Einhaltung von Arbeitszeit<br />
und anderen gesetzlichen Bestimmungen.<br />
Die »gute Stationsleitung kennt<br />
<strong>di</strong>e relevanten Leistungszahlen,<br />
um das wirtschaftliche Ergebnis<br />
der eigenen Station zu überprüfen<br />
und zu steuern«. Sie zeigt Kostenund<br />
Erlösbewusstsein. Geht etwas<br />
schief, hält sich <strong>di</strong>e Zentrums- und<br />
Krankenhausleitung raus, wie zuletzt<br />
bei Arbeitszeitverstößen bei<br />
Schwangeren.<br />
Bußgeldverfahren sollen sich<br />
nach dem Willen der Krankenhausbetriebsleitung<br />
ausschließlich<br />
gegen <strong>di</strong>e unterste Leitungsebene<br />
richten. Entsprechende Schreiben<br />
wurden schon an das Regierungspräsi<strong>di</strong>um<br />
gerichtet. PDL und<br />
pflegerische Zentrumsleitungen<br />
überlassen <strong>di</strong>e Gesamtverantwortung<br />
für <strong>di</strong>e Dienstplanung den<br />
Stationsleitungen.<br />
Diese müssen ihre Dienstpläne<br />
selbst genehmigen, damit <strong>di</strong>e<br />
Me<strong>di</strong>zinischen Zentrumsleitungen<br />
und <strong>di</strong>e Pflege<strong>di</strong>rektorin für <strong>di</strong>e<br />
konkreten Folgen der Stellenknappheit<br />
nicht belangt werden<br />
können. Ob <strong>di</strong>e Stationsleitungen<br />
mit den ihnen für <strong>di</strong>ese Aufgaben<br />
zugewiesenen Ressourcen klar<br />
kommen, bleibt ihnen selbst überlassen.<br />
Das Personal- und Sachkostenbudget<br />
wird aller<strong>di</strong>ngs weiterhin<br />
an oberer Stelle festgelegt. So<br />
bleibt den Stationsleitungen oft<br />
nur der <strong>Ver</strong>such der Quadratur des<br />
Kreises.<br />
… und der Pflegekräfte<br />
Immer selbstverständlicher erzwingt<br />
das alltägliche Missverhältnis<br />
zwischen Aufgaben und Personaleinsatz<br />
freiwillige Leistungen<br />
der Beschäftigten, damit der Krankenhausbetrieb<br />
und <strong>di</strong>e Patientenversorgung<br />
einigermaßen aufrechterhalten<br />
werden kann.<br />
So werden Dienstplanänderungen,<br />
Einspringen aus dem Frei,<br />
Überstunden ohne Genehmigung<br />
des Personalrats und <strong>di</strong>e damit<br />
verbundenen persönlichen Einschränkungen<br />
im privaten Bereich<br />
meist klaglos hingenommen.<br />
Sogar <strong>di</strong>e tägliche Höchstarbeitszeit<br />
von 10 Stunden wird öfters<br />
gerissen, weil es <strong>di</strong>e Situation<br />
nicht anders erlaubt. Dabei müssen<br />
sich <strong>di</strong>e Zentrumsleitungen<br />
nicht <strong>di</strong>e Finger schmutzig machen,<br />
denn sie ordnen <strong>di</strong>ese Dinge<br />
ja offiziell nicht an.<br />
Besonders Teilzeitkräfte halten<br />
als freiwillige Ersatzkräfte oft für<br />
<strong>di</strong>e zu geringen zur <strong>Ver</strong>fügung gestellten<br />
Ressourcen ihren Kopf hin.<br />
Eine Situation, <strong>di</strong>e in jeder Beziehung<br />
(auch der privaten) sehr belastend<br />
ist.<br />
Wir halten es für verantwortungslos,<br />
<strong>di</strong>e Krankenhausversorgung<br />
auf der Basis freiwilliger<br />
Leistungen zu organisieren.<br />
Wer ist wirklich<br />
verantwortlich?<br />
Viele tragen <strong>di</strong>e eigentliche<br />
<strong>Ver</strong>antwortung, ohne dass sie zur<br />
Rechenschaft gezogen werden:<br />
Die Bundespolitik, <strong>di</strong>e für <strong>di</strong>e Aufgaben<br />
immer weniger Geld zur<br />
<strong>Ver</strong>fügung stellt und damit zusätzliche<br />
Belastungen erzwingt. Die<br />
Landespolitik, <strong>di</strong>e Investitionskosten<br />
ungenügend finanziert, sodass<br />
Ressourcen, <strong>di</strong>e für Personal gedacht<br />
sind, in Baumaßnahmen und<br />
andere Investitionen umgeleitet<br />
werden. Die Krankenhausträger,<br />
<strong>di</strong>e <strong>di</strong>e politischen Fehlentscheidungen<br />
immer mehr den Krankenhäusern<br />
aufhalsen und <strong>di</strong>e Krankenhausleitungen,<br />
<strong>di</strong>e es den<br />
Beschäftigten und insbesondere<br />
der unteren Leitungsebene überlassen,<br />
mit der misslichen Situation<br />
klar zu kommen.<br />
Das Motto der Geschäftsführung<br />
an <strong>di</strong>e Stationsteams: Kommt klar<br />
mit unseren Vorgaben, denn ihr<br />
tragt <strong>di</strong>e gesamte <strong>Ver</strong>antwortung.<br />
Wir empfehlen<br />
■ den Leitungen, wenn <strong>di</strong>e zur<br />
<strong>Ver</strong>fügung gestellten Personalressourcen<br />
nicht ausreichen, um<br />
<strong>di</strong>e Aufgaben ordentlich erfüllen<br />
zu können, und wenn <strong>di</strong>e Einhaltung<br />
der Regeln aus Gesetz, Tarifvertrag<br />
und Dienstvereinbarungen<br />
– z.B. bei der Dienstplanung –<br />
nicht mehr gewährleistet werden<br />
kann, nicht mehr freiwillige <br />
<strong>Info<strong>di</strong>enst</strong> Krankenhäuser <strong>Nr</strong>. <strong>60</strong> ■ März 2013<br />
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