Hinschauen und Handeln: Gegen Kinderarmut in Europa - CARITAS ...
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Studie der Caritas Europa nimmt Folgen der Sparpolitik unter die Lupe
Hinschauen und Handeln: Gegen Kinderarmut in Europa
Eine neue Studie von Caritas Europa verdeutlicht: Sparpolitik als Antwort auf die
Wirtschaftskrise generiert nicht nur Arbeitslosigkeit und Armut, sie verschärft auch die
Situation bereits armutsbetroffener und armutsgefährdeter Menschen. Besonders für Familien
spitzt sich die Situation zu. Vor diesem Hintergrund wird Kinderarmut in Europa zum
dringlichen Thema.
Die Sparpolitik in Europa fordert ihren Tribut. Einen hohen Preis zahlen die schwächsten Mitglieder
der Gesellschaft, wie das folgende Beispiel aus Griechenland verdeutlicht:
Da die Sozialhilfe Athen momentan keine neuen Fälle übernehmen kann sucht Frau X – 38 Jahre alt –
Unterstützung bei Caritas. Frau X ist zurzeit arbeitslos. Sie hat zwei Kinder. Das ältere besucht die
Schule, das kleine wurde gerade bei der Kindertagesstätte abgelehnt – zu lange Wartelisten, so die
Antwort. Der Vater der Kinder hat die Familie nach dem Verlust seiner Arbeitsstelle verlassen.
Daraufhin zieht Frau X zu ihrer Mutter und sie teilen sich ihre Rente von 680 Euro pro Monat. Kurz
darauf verstirbt ihre Mutter. Die Familie verliert damit auch ihr Einkommen. Heute kommt Frau X zu
Caritas und bittet um Hilfe – 8 Monatsmieten sind ausstehend, Elektrizität und Wasser haben sie schon
lange abgestellt. Als nächstes droht der Verlust der Wohnung.
In Spanien ist jedes vierte Kind von Armut betroffen
Das Beispiel von Frau X ist kein Einzelfall. Im Jahr 2011 waren 24% der EU-Bevölkerung von Armut
oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Dies entspricht ungefähr 120 Millionen Menschen. Die Studie von
Caritas Europa stellt diese Zahlen in den Kontext der Sparpolitik. Sie analysiert die Auswirkung der
Austeritätspolitik auf die am meisten betroffenen Länder: Griechenland, Spanien, Portugal, Irland und
Italien. Dabei fällt auf, dass die grundsätzlichen Entwicklungen sich trotz einiger länderspezifischer
Unterschiede gleichen. Alle untersuchten Länder weisen hohe Arbeitslosigkeitsraten auf. Spanien
führt die Rangliste mit 25,8% im Jahr 2012 an. Gleichzeitig leiden alle Länder an einer sehr hohen
Jugendarbeitslosigkeit, die sich in den letzten Jahren markant verstärkt hat. In Griechenland war im
Jahr 2012 mehr als jeder zweite Jugendliche arbeitslos. Auch die Situation der Working Poor hat sich
in den letzten Jahren in allen untersuchten Ländern zugespitzt.
Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass auch die Kinderarmut in allen Ländern
angestiegen ist. Spanien führt diese Rangliste mit 27,2% an. Caritas Europa betont im Bericht, dass die
Sparpolitik in Spanien die Situation von Haushalten mit Kindern stärker tangiert als die von
Haushalten ohne Kinder. Die Sparpolitik ist zudem mitverantwortlich dafür, dass immer mehr
Menschen unter die Armutsgrenze fallen. Familien, Alleinerziehende und Kinder sind die
Leidtragenden dieser Entwicklung. Nicht überraschend ist es oft eine Kumulation von
Arbeitslosigkeit, Einkommenskürzungen, Steuererhöhungen sowie eine Reduktion an Sozial- und
Arbeitslosenunterstützung, welche dazu führt, dass mehr Familien in grösserem Ausmass von Armut
betroffen sind.
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Gemeinsam gegen Kinderarmut: Empfehlungen an EU, Nationalstaaten und Zivilgesellschaft
Der Bericht kommt zum Schluss, dass die Sparpolitik der letzten Jahre weder sozialpolitisch tragbar
noch volkswirtschaftlich gewinnbringend ist. Es kann nicht sein, dass diejenigen Menschen, die oft
über keinerlei Entscheidungsmacht verfügen, heute den höchsten Preis für die Wirtschaftskrise zahlen,
argumentiert Caritas Europa. In ihren Forderungen am Schluss des Berichtes werden neben der EU
auch die Nationalstaaten und die NGOs zum Handeln ermutigt.
Caritas fordert die EU dazu auf, Leadership in der Bekämpfung von Armut zu übernehmen. Das heisst
einerseits, hinzuschauen und ein soziales Monitoring einzuführen. Andererseits fordert der Bericht,
Kinderarmut prioritär zu bekämpfen. Insbesondere die Empfehlungen der Europäischen Kommission
sollen berücksichtigt werden. Diese decken sich zu hundert Prozent mit den Empfehlungen zur
Bekämpfung von Kinderarmut, welche Caritas Europa 2012 verfasst hat. Im Vordergrund stehen das
Sichtbarmachen der Kinderarmut in Europa, ein adäquates Minimaleinkommen für Familien sowie ein
Fokus auf Kinder, die besonders durch Armut bedroht sind. Caritas Europa ist überzeugt, dass eine
politische, soziale und ökonomisch nachhaltige Entwicklung Europas nur dann erreicht werden kann,
wenn Kinder glücklich, gesund, gut gebildet, sicher und selbstbewusst aufwachsen können.
Aber auch die nationalstaatliche Politik ist gefordert. Caritas Europa appelliert an die Nationalstaaten,
ihr Wohlfahrtssystem zu stärken und Armutspolitik als Querschnittspolitik zu implementieren. Alle
politischen Massnahmen sollen aus armutspolitischer Sicht geprüft werden. Zudem fordert der
Bericht, die Zivilgesellschaft und insbesondere armutsbetroffene Menschen in die Politik
einzubeziehen.
Nichtregierungsorganisationen werden von Caritas Europa darin bestärkt, armutsbetroffenen
Menschen eine Stimme zu geben und sie auf diese Art und Weise sichtbar zu machen.
Hinschauen und Handeln
Kinderarmut macht sich in Europa wieder breit. Im Kontext von Wirtschaftskrise und Sparpolitik
steigt die Zahl armutsbetroffener und armutsgefährdeter Familien und Kinder in Europa markant an.
Auch in der Schweiz sind 260 000 Kinder von Armut betroffen. Dieser Zustand ist deshalb
verheerend, weil Kinder, die in armutsbetroffenen Familien aufwachsen, häufig unter sozialem
Ausschluss leiden, der später nicht mehr wettgemacht werden kann. Mangelnde Zukunftsperspektiven
führen zu Ohnmachtsgefühlen und hinterlassen tiefe emotionale Spuren. Neben materieller Hilfe
brauchen Kinder deshalb dringend die Möglichkeit, Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Ihrem Recht
auf sozialen Einschluss ist Rechnung zu tragen. Wir dürfen nicht wegschauen. Wir müssen hinschauen
und handeln: Kinderarmut darf nicht sein – weder in der Schweiz noch in Europa.
Die Studie von Caritas Europa kann unter folgendem Link abgerufen werden:
http://www.caritas-europa.org/module/FileLib/CaritasCrisisReport_web.pdf