22.01.2014 Aufrufe

Als PDF Datei - Bertrandt

Als PDF Datei - Bertrandt

Als PDF Datei - Bertrandt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

KAROSSERIE + INTERIEUR<br />

Automobile Diätkur<br />

Karosserieleichtbau: Verbindungstechnologie und unterschiedliche Materialpaarungen<br />

Hier dargestellt ist der Design-<br />

Modellbau, in dessen Leistungsspektrum<br />

Cubing und<br />

Maßmodelle in CFK-Leichtbau<br />

erstellt werden<br />

Der Wunsch, ein leichtes Fahrzeug<br />

zu entwickeln, ist so alt wie das<br />

Automobil selbst. Unterschiedlichste<br />

Materialpaarungen ermöglichen<br />

heute vielfältige Karosseriestrukturen,<br />

die ein Fahrzeug<br />

trotz steigenden Anforderungen<br />

an Fahrzeugsicherheit und Insassenkomfort<br />

leichter machen.<br />

Voraussetzung hierfür ist eine<br />

Vielzahl an neuen Verbindungstechniken,<br />

die von der Automobilindustrie<br />

fortwährend weiterentwickelt<br />

werden.<br />

Autor: Michael Hage, Fachbereichsleiter Entwicklung<br />

Karosserie und Interieur, <strong>Bertrandt</strong> AG, Ehningen<br />

Gehen wir an den Anfang der Automobilproduktion<br />

zurück: Bereits beim ersten in Großserienproduktion<br />

hergestellten Fahrzeug, dem<br />

Ford T-Modell, begegnet uns eine zum damaligen<br />

Zeitpunkt moderne Bauweise aus vernieteten<br />

U-Profilen sowie ein Holzgerüst mit Stahl-<br />

Karosserie. Die Verfügbarkeit der Materialien<br />

sowie damaligen Fertigungsverfahren war sicher<br />

ein entscheidender Faktor für diese Mischbauweise<br />

zu Beginn des 20. Jahrhunderts.<br />

Heute, rund 100 Jahre später, ist die Karosserie-Entwicklung<br />

erneut von einer Mischbauweise<br />

geprägt. Wieder sind Verfügbarkeit bzw. Einsatzfähigkeit<br />

der Materialien sowie deren Fertigungsverfahren<br />

in der Großserienproduktion<br />

bestimmende Größen. Die Materialneuentwicklungen<br />

für den Karosseriebau, gepaart mit den<br />

ständig weiterentwickelten bekannten Werkstoffen,<br />

erfordern einen besonderen Fokus in<br />

der Produktion.<br />

Dominante Hybridbauweise<br />

In modernen Karosserien der Mischweise werden<br />

Stahl, Aluminium, thermoplastische Kunststoffe,<br />

Magnesium sowie Faserverbundwerkstoffe<br />

in unterschiedlicher Ausprägung einge-<br />

setzt, je nach Fahrzeugklasse und Produktionsvolumen.<br />

Diese Hybridbauweise ist aus dem<br />

modernen Karosseriebau nicht mehr wegzudenken,<br />

wobei die Materialien immer<br />

„gleichberechtigter“ angewendet werden.<br />

Stets nach dem Motto, das leistungsfähigste<br />

Material an der erforderlichen Stelle einzusetzen.<br />

Die Hybridisierung ist daher aus heutiger<br />

Sicht die zukunftsweisende Technologie, den<br />

Karosserie-Leichtbau und seine wirtschaftliche<br />

Großserienfertigung miteinander zu vereinen.<br />

Die richtige Werkstoffauswahl für jedes einzelne<br />

Karosseriebauteil wird bestimmt von fahrzeugspezifischen<br />

Anforderungen wie Styling,<br />

Sicherheit, Kundennutzen und Funktionsintegration.<br />

Zudem durch fertigungsspezifische<br />

Anforderungen wie Herstellbarkeit und Kostenbilanz.<br />

Weiterentwicklung von Stählen<br />

Die reine Stahl-Karosserie mit klassischer Widerstandspunktschweißung,<br />

Schweißverbindung<br />

und gegebenenfalls MIG-Schweißungen<br />

hat sich lange Zeit als beste Lösung für alle<br />

Fahrzeug-Anforderungen durchgesetzt. Die angewandten<br />

Stähle wurden laufend weiterent-<br />

58 AutomobilKONSTRUKTION 2/2013


wickelt, um den gesteigerten Anforderungen<br />

der Crashgesetzgebung sowie den Komfortansprüchen<br />

der OEM zu genügen. Ein Beispiel<br />

ist die Verwendung warmgeformter Stähle der<br />

Festigkeiten 1500 MPa, die heute fast durchgängig<br />

über alle Hersteller in der Karosseriestruktur<br />

zum Einsatz kommen.<br />

Verbindungstechnik in der Aluminium-Bauweise<br />

Dieses Konzept der Stahlkarosserie mit Werkzeugstählen<br />

unterschiedlicher Güte wurde evolutioniert,<br />

als das erste Fahrzeug in einer Aluminium-Space-Frame-Struktur<br />

in Serie ging,<br />

der Audi A8. Extreme Gewichtspotenziale sowie<br />

eine Performance-Steigerung bezüglich<br />

Steifigkeit und Festigkeit der Karosserie bei<br />

gleichzeitig geringerem Materialeinsatz sind<br />

die Highlights dieses Konzepts, das in den<br />

nächsten Evolutionsstufen der folgenden Space-Frame-Generationen<br />

bei Audi weiterentwickelt<br />

wurde.<br />

Die Space-Frame-Bauweise ist geprägt von<br />

Guss-, Strang- sowie Aluminium-Blechbauteilen,<br />

die in unterschiedlicher Ausprägung, je<br />

nach Fahrzeugklasse und Investitionsvolumen<br />

der Fertigungsanlagen, eingesetzt werden. Die<br />

Verbindungstechnologien sind anfangs Stanznieten,<br />

MAG- und Laser-Schweißen sowie später<br />

Kleben, Clinchen und Schrauben. Hier<br />

zeichnet sich bereits ab, dass die Verwendung<br />

unterschiedlicher Halbzeuge, selbst bei reiner<br />

Aluminium-Bauweise, eine neue veränderte<br />

Verbindungstechnologie erfordert.<br />

Etwas zeitversetzt zum ersten Aluminium-Space-Frame<br />

wurde der Jaguar XJ ebenfalls in Aluminium<br />

entwickelt – ohne werkzeugspezifische<br />

Halbzeuge in klassischer Schalenbauweise<br />

mittels Tiefzieh-Herstellung. Diese Halbschalen-Konstruktion<br />

ermöglicht die Ausprägung<br />

des klassischen Verbindungsflansches,<br />

über den fast alle Bauteile dann mit kaltem<br />

Verbindungsverfahren, dem Stanznieten, gefügt<br />

werden können.<br />

Die Leicht- und Mischbauweise<br />

ist zum festen<br />

Bestandteil des Karosseriebaus<br />

geworden<br />

Automatisierte Zuschnitte und Gelege-Fertigung<br />

bieten Kostenvorteilee<br />

Die aktuelle Vorankündigung der BMW Baureihe<br />

i3 und i8 stellt die nächste Evolutionsstufe<br />

in der Karosserieentwicklung und -fertigung<br />

dar. Faserverstärkter Kohlenstoff, CFK, ist das<br />

Material der Fahrgastzelle, das in einer Art<br />

Schalenbauweise die Unterbaugruppen der<br />

Fahrgastzelle erstellt, die dann durch Kleben<br />

zur Fahrgastzelle gefügt werden (Quelle: KU-<br />

Messe, Mannheim, Exponat Fahrgastzelle,<br />

März 2012).<br />

Die Anwendung von faserverstärktem Kohlenstoff<br />

war bis vor einigen Jahren dem Rennsport,<br />

Kleinstserien sowie dem Flugzeugbau<br />

vorbehalten, da die Taktzeiten der Bauteilfertigung<br />

einem Serieneinsatz mit höherer Taktzeit<br />

entgegenstanden. Neben der CFK-typischen<br />

Autoklave-Anwendung konnten in den<br />

letzten Jahren verschiedene Verfahren weiterentwickelt<br />

werden. Der Treiber dieser Weiterentwicklung<br />

ist das Streben nach einer Automatisierung<br />

in der CFK-Fertigung, um Herstellungskosten<br />

zu reduzieren.<br />

Nach einer Studie der SGL Group liegen 50 %<br />

der Kosten im Zuschnitt und im CFK-Gelege<br />

(Quelle: Vortrag SGL Group, KU-Messe Mannheim<br />

2013). Gelingt es nun, an dieser Stelle im<br />

Prozess anzugreifen, beispielweise durch automatisierte<br />

Zuschnitte oder automatisierte Gelege-Fertigung,<br />

können entsprechende Kostenpotenziale<br />

in der Herstellung eine Serienfertigung<br />

attraktiver gestalten. Auch spezielle Webe-<br />

und Wickeltechniken, hier u. a. die Pultrusion,<br />

führen zu einer werkstoffgerechten Ausnutzung<br />

der Potenziale.<br />

Das zunehmende Bestreben, die Automatisierung<br />

voranzutreiben, den verstärkten Einsatz<br />

von Halbzeugen zu forcieren sowie die Herstellprozesse<br />

weiterzuentwickeln wird es ermöglichen,<br />

faserverstärkte Kohlenstoffe in der<br />

(Groß-)Serienfertigung von Fahrzeugkarosserien<br />

weiter zu etablieren.<br />

Moderne Hybridstruktur in mechanischen<br />

Fügeverfahren oder Kleben<br />

Gemäß dem Ansatz, das leistungsfähigste Material<br />

an der erforderlichen Stelle einzusetzen,<br />

werden nun die Materialen der drei beschriebenen<br />

Karosseriestruktur-Konzepte in der Hybridstruktur<br />

eingesetzt, so dass alle erdenklichen<br />

Material-Paarungen in einer modernen<br />

Karosseriestruktur in Hybridbauweise aufeinandertreffen.<br />

Hier liegt die größte Herausforderung<br />

in der Verbindungstechnik.<br />

Während in den Ganzstahl-Bereichen der Hybridstruktur<br />

das Widerstandspunkt-Schweißen<br />

als bewährte Fügetechnologie zum Einsatz<br />

kommt, scheidet diese Verbindungstechnologie<br />

bei anderen Material-Paarungen weitestgehend<br />

aus. Stattdessen werden überwiegend<br />

mechanische Fügeverfahren, Kleben oder eine<br />

Kombination beider Methoden zum Einsatz<br />

kommen.<br />

Zu den mechanischen Fügeverfahren zählen<br />

beispielsweise das Stanznieten, das Nageln<br />

sowie die FDS-Schraube. Hier muss je nach<br />

Materialpaarung die Korrosion vermieden werden,<br />

indem Bauteile und Verbindungselemente<br />

zusätzlich beschichtet werden.<br />

Zur Unterstützung, insbesondere der Stanzniettechnologien,<br />

aber auch als solitäres Verfahren,<br />

wird Kleben bei der Hybridisierung unverzichtbar<br />

sein. Kleben als Fügetechnik eignet<br />

sich, wenn man verschiedene Werkstoffe verbinden<br />

und weitere nützliche Eigenschaften integrieren<br />

möchte. Hierzu gehört die Korrosions-Prävention,<br />

die schallabsorbierende Wirkung<br />

der Klebschicht und die hohe Werkstoffausnutzung<br />

durch die flächenförmige Kraftübertragung.<br />

Ein grundsätzlicher Nachteil sind<br />

die hohen Aushärtungszeiten des Klebstoffs.<br />

Bei herkömmlichen Karosseriestrukturen kommen<br />

generell zusätzliche Fixierungen an der<br />

Klebestelle zum Einsatz, damit die Bauteile gegeneinander<br />

nicht verrutschen können, bevor<br />

sie endgültig ausgehärtet sind.<br />

<strong>Bertrandt</strong>, Tel.: 07034 656-4037,<br />

E-Mail: anja.schauser@de.bertrandt.com<br />

2/2013 AutomobilKONSTRUKTION 59

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!