Wirtschaftspolitische Leitlinien der IHKs in NRW.pdf
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<strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik<br />
<strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen
2 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
Vorwort<br />
Paul Bauwens-Adenauer,<br />
Präsident<br />
IHK <strong>NRW</strong> – Die Industrie- und Handelskammern<br />
<strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen e.V.<br />
Die Unternehmen <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen blicken<br />
wie<strong>der</strong> zuversichtlicher nach vorne. Die schlimmsten<br />
Folgen <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzkrise sche<strong>in</strong>en vorerst überwunden<br />
– dank <strong>der</strong> Umsicht <strong>der</strong> Unternehmen,<br />
aber auch <strong>der</strong> Unterstützung durch die Politik.<br />
Wichtigstes Ziel muss es jetzt se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> ausreichendes<br />
Wachstum <strong>der</strong> Wirtschaft zu ermöglichen.<br />
Alle Wachstumsbremsen müssen dafür gelöst<br />
werden. Bund, Län<strong>der</strong> und Kommunen müssen<br />
mittelfristig ihre Haushalte konsolidieren, um ihre<br />
künftige Handlungsfähigkeit sicherzustellen.<br />
Die vorliegenden wirtschaftspolitischen <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong><br />
<strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
Westfalen sollen e<strong>in</strong>en Beitrag dazu leisten, wie<br />
Wachstum und Handlungsfähigkeit wie<strong>der</strong> erreicht<br />
werden können. Sie s<strong>in</strong>d als Empfehlung an die<br />
Landespolitik zu verstehen, wie sie die Voraussetzungen<br />
dafür <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen schaffen<br />
kann. Die Unternehmen müssen durch mehr Freiräume<br />
<strong>in</strong> die Lage versetzt werden, Innovationen<br />
e<strong>in</strong>zuführen und ihre Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft<br />
zu erhöhen.<br />
Viele Voraussetzungen für mehr Wachstum müssen<br />
auch von <strong>der</strong> Bundesregierung geschaffen<br />
werden. Unternehmen werden durch das Steuerrecht,<br />
Regelungen des Arbeitsmarktes o<strong>der</strong> z.B.<br />
durch hohe Energiekosten <strong>in</strong> ihrer Wettbewerbsfähigkeit<br />
gegenüber globalen Mitbewerbern massiv<br />
e<strong>in</strong>geschränkt. Der Deutsche Industrie- und<br />
Handelskammertag legt dazu jährlich im Namen<br />
aller Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Deutschland<br />
– auch <strong>der</strong>jenigen aus Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
– entsprechende Vorschläge an die Bundespolitik<br />
vor. Bundesangelegenheiten s<strong>in</strong>d folgerichtig<br />
nicht Gegenstand <strong>der</strong> vorliegenden <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong>.
3<br />
Für die Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
gibt es zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
verankerten Marktwirtschaft ke<strong>in</strong>e Alternative.<br />
Die Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Zukunft können nur<br />
mit <strong>in</strong>novativen Produkten, Dienstleistungen und<br />
Fachkräften aus <strong>der</strong> Wirtschaft bewältigt werden.<br />
Die Unternehmen s<strong>in</strong>d schon jetzt Teil <strong>der</strong> Lösung<br />
und ke<strong>in</strong>eswegs – wie vielfach angenommen – das<br />
Problem. Das muss die Politik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
künftig konsequenter berücksichtigen.<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen muss sich als <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ne<br />
Unternehmensstandort präsentieren, <strong>der</strong> er ist.<br />
Es muss deutlich werden, dass man <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
Westfalen <strong>in</strong>novative Produkte und Dienstleistungen<br />
herstellt und qualifizierte Fachkräfte hat.<br />
Investitionen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Voraussetzungen dafür<br />
und sie müssen gewollt se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e weitere Voraussetzung<br />
ist es, das gesamte Potenzial an Fachund<br />
Führungskräften zu mobilisieren – zum<strong>in</strong>dest<br />
durch e<strong>in</strong>e bessere Vere<strong>in</strong>barkeit von Familie und<br />
Beruf. Dazu müssen alle beitragen: Die Unternehmen,<br />
die Bürger/<strong>in</strong>nen, die Politik, die Verwaltung<br />
und die Industrie- und Handelskammern.<br />
Paul Bauwens-Adenauer<br />
Präsident<br />
IHK <strong>NRW</strong> – Die Industrie- und Handelskammern<br />
<strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen e.V.
4 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
2 Vorwort<br />
5 Zehn Positionen für e<strong>in</strong>e wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
8 1. <strong>Wirtschaftspolitische</strong> Grundsätze<br />
10 2. Bildung, Innovation und Internationalisierung<br />
10 2.1. Berufliche Bildung <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> zukunftsfähig machen<br />
14 2.2. Innovationen werden durch Bürokratie und Steuern beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t<br />
16 2.3. Internationale Position <strong>der</strong> <strong>NRW</strong>-Wirtschaft ist verbesserungsfähig<br />
18 3. Umwelt, Energie und Rohstoffe<br />
18 3.1. Ökonomie und Ökologie gleichrangig betrachten<br />
20 3.2. Energie- und Klimapolitik muss realisierbar und bezahlbar se<strong>in</strong><br />
22 3.3. Bei <strong>der</strong> Versorgung mit Rohstoffen drohen Engpässe<br />
24 4. Verkehr, Raumordung und Stadtentwicklung<br />
24 4.1. Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur ist Engpass für Wachstum und Beschäftigung<br />
26 4.2. Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen muss Raum für Wirtschaft se<strong>in</strong><br />
28 4.3. Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalens Städte verlieren wirtschaftliche Basis<br />
30 5. Steuern, Abgaben, Bürokratie und Verwaltungsstrukturen<br />
30 5.1. Steuerwettbewerb und Haushaltslöcher schaden Standort <strong>NRW</strong><br />
32 5.2. Bürokratielast reduzieren und Verwaltungen effizienter machen<br />
34 Die Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> <strong>NRW</strong><br />
35 Impressum
5<br />
Zehn Positionen<br />
für e<strong>in</strong>e wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
Die Duale Ausbildung muss Vorrang haben: E<strong>in</strong>e betriebliche Ausbildung muss Vorrang vor „schu lischen<br />
Warteschleifen“ haben. Jugendliche müssen früher, jünger und mit e<strong>in</strong>er guten Qualifikation direkt<br />
nach ihrem Schulabschluss <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Berufsausbildung e<strong>in</strong>treten. Die Landesregierung sollte darum Qualifizierungsmaßnahmen<br />
zwischen Schule und Ausbildung auf ihre Wirksamkeit h<strong>in</strong> überprüfen und auf<br />
e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum reduzieren. Die <strong>IHKs</strong> bekennen sich zum Ausbildungskonsens <strong>NRW</strong>. Sie werden auch weiterh<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e kle<strong>in</strong>e und neue Unternehmen für die betriebliche Ausbildung motivieren. Staatliche<br />
E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> das System <strong>der</strong> Ausbildung sowie Versorgungsgarantien lehnen die <strong>IHKs</strong> ab. Viele Jugendliche<br />
und Eltern halten e<strong>in</strong>en höheren Schulabschluss für karriereför<strong>der</strong>lich. Die Duale Ausbil dung wird <strong>in</strong><br />
diesem Punkt unterschätzt. Im Gegensatz zu schulischen Angeboten wird durch die betriebliche Ausbildung<br />
die Beschäftigungsfähigkeit und <strong>der</strong> Anschluss an den Arbeitsmarkt gewährleistet. Darum erwarten<br />
die <strong>IHKs</strong> von <strong>der</strong> Landesregierung e<strong>in</strong>en Rückzug aus den entsprechenden schulischen Angeboten.<br />
1.<br />
E<strong>in</strong>heitliches Schulsystem und verlässliche politische Entscheidungen schaffen: Schulpolitik<br />
braucht e<strong>in</strong>e schlüssige Konzeption, die auch e<strong>in</strong>e Planung für die Umsetzung und verlässliche Pers pektiven<br />
e<strong>in</strong>schließt. Die E<strong>in</strong>heitlichkeit <strong>der</strong> Schulstruktur <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen ist zu gewährleisten, um<br />
ke<strong>in</strong>e zusätzlichen Mobilitätshemmnisse aufzubauen, und um für Unternehmen vergleichbare Abschlüsse<br />
zu schaffen. Das Schulsystem muss für alle durchlässig se<strong>in</strong> und bei entsprechen<strong>der</strong> Leistung jeden<br />
Schulabschluss ermöglichen. Die Landesregierung muss dafür sorgen, die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen schulischen<br />
Handelns so zu gestalten, dass Schulen junge Menschen auf e<strong>in</strong> selbständiges und eigenverantwortliches<br />
Berufsleben vorbereiten können.<br />
2.<br />
E<strong>in</strong>führung von Innovationen erleichtern: Künftig muss es <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen möglich se<strong>in</strong>, Genehmigungsverfahren,<br />
sofern diese zur E<strong>in</strong>führung von Innovationen (Produkten, Verfahren) durchlaufen<br />
werden müssen, auf e<strong>in</strong>en Zeitraum von maximal 3 Monaten zu begrenzen. Verwaltungen, Behörden und<br />
<strong>IHKs</strong> sollten geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong>en Masterplan zur Verfahrensbeschleunigung bei Innovationen entwickeln.<br />
Deutlicher als bisher muss sich <strong>NRW</strong> nach außen und <strong>in</strong>nen als <strong>in</strong>novatives Bundesland mit leistungsfähigen<br />
Hochschulen/Forschungse<strong>in</strong>richtungen sowie Hochtechnologie- und Industrieunternehmen darstellen.<br />
Nur bei konstant gutem Innovationsklima lassen sich erfolgreich neue Produkte und Verfahren<br />
e<strong>in</strong>führen und damit Erfolge erzielen. Bei <strong>der</strong> Breitbandversorgung sollte zur kurzfristigen Bedarfsdeckung<br />
auf die Nutzung von frei werdenden Rundfunkfrequenzen gesetzt werden. Für längerfristige<br />
Bedarfe s<strong>in</strong>d flächendeckend Glaserfaser-Netze anzustreben.<br />
3.
6 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
4.<br />
In <strong>NRW</strong> muss die Industrie mehr Akzeptanz erfahren: Die Industrie ist die Basis für die Entwicklung<br />
des Wirtschaftsstandortes Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen. Ohne <strong>in</strong>dustrielle Produktion wird es hier we<strong>der</strong> ausreichend<br />
Wachstum noch Beschäftigung geben. Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen braucht „se<strong>in</strong>e“ Industrie daher<br />
auch <strong>in</strong> Zukunft: Als Arbeitgeber, Impuls- und Auftraggeber für den Dienstleistungssektor sowie als<br />
Innovationstreiber und Konjunkturträger. Immer wie<strong>der</strong> scheitern wichtige Investitionsvorhaben von<br />
Industrieunternehmen am Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Bevölkerung, aber auch an kommunalen Partikular<strong>in</strong>teressen<br />
und fehlerhafter Planung. Wertschöpfungs-, Arbeitsplatz- und E<strong>in</strong>nahmenverluste s<strong>in</strong>d die Folge.<br />
Zukunftsträchtige Investitionen f<strong>in</strong>den an an<strong>der</strong>en Standorten <strong>in</strong> Deutschland, aber auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Län<strong>der</strong>n statt. Bei wirtschaftlich wichtigen Projekten muss deshalb weiterh<strong>in</strong> mit Befürwortern und<br />
Gegnern e<strong>in</strong> landesweiter Dialog geführt werden. In diesem S<strong>in</strong>n muss auch die „Allianz pro Industrie<br />
und Nachhaltigkeit“ mit Nachdruck betrieben werden.<br />
5.<br />
Umweltpolitik mit Augenmaß gestalten: Die Wirtschaft steht zu ihrer umweltpolitischen Verantwortung.<br />
Sie leistet viel für den Umweltschutz und unterstützt das Vorsorgepr<strong>in</strong>zip als umweltpolitische<br />
Leitl<strong>in</strong>ie. Zusätzliche Reglementierungen sollten nur akzeptiert werden, wenn die Risiken für Mensch<br />
und Umwelt nachweisbar, die angestrebten Maßnahmen die Wettbewerbsfähigkeit <strong>der</strong> Unternehmen<br />
nicht gefährden und <strong>in</strong>sgesamt verhältnismäßig s<strong>in</strong>d. Nach diesem Pr<strong>in</strong>zip sollten auch die Vorgaben<br />
<strong>der</strong> Wasserrahmenrichtl<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> umgesetzt werden. Umwelt politik muss die Bedürfnisse nach e<strong>in</strong>er<br />
<strong>in</strong>takten Umwelt ebenso berücksichtigen wie die nach Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit.<br />
Künftige Generationen haben e<strong>in</strong>e Erwerbs- und Bildungsperspektive nur mit e<strong>in</strong>er prosperierenden<br />
Wirtschaftsstruktur.<br />
6.<br />
Kostenlose Zuteilung von CO 2 -Zertifikaten dr<strong>in</strong>gend nachverhandeln: Durch den Emissionshandel<br />
drohen Wettbewerbsnachteile <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für die Grundstoff<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> und für die heimischen<br />
fossilen Energieträger. Die Landesregierung sollte sich dafür e<strong>in</strong>setzen, dass die im Dezember 2008 EUweit<br />
beschlossene Vollauktionierung nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternational (OECD) abgestimmten und damit wettbewerbsneutralen<br />
Form e<strong>in</strong>geführt wird, damit auch künftig Investitionen <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> getätigt werden und<br />
Unternehmen am Standort bleiben können. Zudem muss <strong>der</strong> bürokratische Aufwand zur Abwicklung<br />
des Emissionshandels auf e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum beschränkt werden.
Zehn Positionen für e<strong>in</strong>e wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen 7<br />
Mehr Rationalität <strong>in</strong> <strong>der</strong> verkehrsbezogenen Umweltpolitik e<strong>in</strong>führen: Maßnahmen wie die E<strong>in</strong>führung<br />
von Umweltzonen, Lärmaktionsplänen o<strong>der</strong> Straßensperrungen für Lkw-Verkehr müssen künftig<br />
<strong>in</strong> <strong>NRW</strong> vorab e<strong>in</strong>er systematischen Bewertung unterzogen werden. Nutzen und Kosten müssen dabei<br />
gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgewogen werden. Übersteigen die Kosten den Nutzen, dürfen die Maßnahmen nicht<br />
e<strong>in</strong>geführt werden. Ist die E<strong>in</strong>führung unumgänglich, müssen Regelungen gefunden werden, die mit e<strong>in</strong>em<br />
vertretbaren Aufwand durchgeführt werden können. Die gesellschaftlichen Wi<strong>der</strong>stände gegen den Verkehr<br />
s<strong>in</strong>d erheblich gestiegen. Nahezu alle wirtschaftlich für notwendig befundenen Projekte im Wasserstraßen-,<br />
Schienen- und Straßenbau sowie <strong>der</strong> Flughafenausbau treffen <strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong> Teilen <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
auf e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Akzeptanz. Die Argumente gegen die Projekte f<strong>in</strong>den nicht selten e<strong>in</strong>en starken<br />
Wi<strong>der</strong>hall. Die Klage ist die Regel – nicht die Ausnahme. Verkehrspolitik hat die vordr<strong>in</strong>gliche Aufgabe,<br />
Entscheidungen zu treffen, auch gegen Wi<strong>der</strong>stände vor Ort. Die Notwendigkeit e<strong>in</strong>es weiteren Ausbaus<br />
muss <strong>in</strong>tensiver erklärt und mo<strong>der</strong>iert werden, um gesellschaftliche Zustimmung zu gew<strong>in</strong>nen.<br />
7.<br />
Neues Verständnis des Flächengebrauchs erzeugen: Der Flächengebrauch erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e Def<strong>in</strong>ition,<br />
möglichst auf Basis e<strong>in</strong>er Nettoberechnung. In <strong>der</strong> öffentlichen Diskussion dürfen nur solche Flächen<br />
berücksichtigt werden, die tatsächlich gewerblich nutzbar s<strong>in</strong>d. Abstandsflächen, Grünflächen und<br />
sonstige nicht überbaubare Flächen, werden nicht versiegelt und somit auch nicht verbraucht. Die<br />
aktuelle demografische Entwicklung ist ohne Relevanz bei <strong>der</strong> Begründung o<strong>der</strong> Begrenzung e<strong>in</strong>es gewerblich/<strong>in</strong>dustriellen<br />
Flächenbedarfs. Gewerbe- und Industrieflächen s<strong>in</strong>d flexibel dort auszuweisen,<br />
wo die Unternehmen Flächen benötigen, gegebenenfalls auch an emissionsvorbelasteten Hauptverkehrsachsen.<br />
8.<br />
Gewerbesteuer abschaffen und durch alternative Steuer ersetzen: Die dramatischen E<strong>in</strong>brüche<br />
bei <strong>der</strong> Gewerbesteuer zeigen e<strong>in</strong>mal mehr, dass diese ke<strong>in</strong>e verlässliche F<strong>in</strong>anzierungsquelle für die<br />
Städte und Geme<strong>in</strong>den <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen darstellt. Als e<strong>in</strong>seitige Son<strong>der</strong>steuer für die gewerbliche<br />
Wirtschaft ist die Gewerbesteuer abzuschaffen und durch e<strong>in</strong>e konjunkturunabhängige Kommunalsteuer<br />
zu ersetzen. Dazu wären alle H<strong>in</strong>zurechnungen und Kürzungen im Rahmen <strong>der</strong> bisherigen Gewerbesteuerermittlung<br />
ersatzlos zu streichen. Das Ergebnis ist dann e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> gew<strong>in</strong>norientierte Steuer.<br />
9.<br />
Durch Landesrecht und -verordnungen verursachte Bürokratiekosten messen und abbauen:<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen braucht e<strong>in</strong>e Messung <strong>der</strong> Bürokratiekosten auf Basis des Standardkosten-Modells.<br />
Dabei wird z.B. <strong>der</strong> für die Bearbeitung von Formularen benötigte Zeitaufwand gemessen und bewertet.<br />
Erst dadurch wird die Belastung <strong>der</strong> Wirtschaft sichtbar. Dann erst können Ziele für den Bürokratieabbau<br />
formuliert werden. Ziel <strong>der</strong> Landesregierung muss es se<strong>in</strong>, alle durch Landesrecht und -verordnungen<br />
verursachten Kosten zu verr<strong>in</strong>gern. Weniger und bessere Regulierungen können dabei helfen.<br />
10.
8 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
1<br />
<strong>Wirtschaftspolitische</strong><br />
Grundsätze<br />
Grundsätze für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
Die Wirtschaft <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen braucht<br />
verlässliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen. Die Politik selbst<br />
benötigt klare Orientierung für ihr wirtschaftspolitisches<br />
Handeln. E<strong>in</strong>e solche Orientierung<br />
sollen die wirtschaftspolitischen <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> <strong>der</strong><br />
IHK-Organisation <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen bieten.<br />
Diese richten sich nach dem Leitbild <strong>der</strong> Sozialen<br />
Marktwirtschaft – auch und gerade <strong>in</strong> Krisenzeiten.<br />
Das vielfach verantwortungslose Handeln von<br />
privaten und staatlichen Akteuren hat die F<strong>in</strong>anzmarktkrise<br />
herbeigeführt, nicht die Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong><br />
Sozialen Marktwirtschaft: Freiheit und Verantwortung.<br />
Die IHK-Organisation <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
bekennt sich ausdrücklich zur Sozialen Marktwirtschaft.<br />
Freie Preisbildung und Wettbewerb, offene<br />
Märkte, Privateigentum, Vertragsfreiheit, <strong>in</strong>dividuelle<br />
Haftung und die Konstanz <strong>der</strong> Wirtschaftspolitik<br />
s<strong>in</strong>d grundlegende Pr<strong>in</strong>zipien e<strong>in</strong>er solchen<br />
Wirtschaftsordnung.<br />
Innerhalb e<strong>in</strong>es verlässlichen Ordnungsrahmens<br />
s<strong>in</strong>d Grundvoraussetzungen für mehr Wachstum<br />
und Beschäftigung:<br />
• Markt statt noch mehr Staat<br />
• Unternehmerischer Freiraum<br />
statt Bürokratie<br />
• Subsidiarität statt Zentralismus<br />
Mit diesen Kriterien Markt, Unternehmertum und<br />
Subsidiarität lässt sich e<strong>in</strong>fach und schnell überprüfen,<br />
ob die praktische Wirtschaftspolitik im<br />
S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Sozialen Marktwirtschaft Kurs hält.<br />
Wer für Maßnahmen e<strong>in</strong>tritt, die von diesem Kurs<br />
abweichen, muss dies überzeugend begründen.<br />
Die IHK-Organisation <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen verpflichtet<br />
sich <strong>in</strong> zentralen wirtschaftspolitischen<br />
Handlungsfel<strong>der</strong>n auf sechs Orientierungsmarken:<br />
Ergänzend tritt die staatliche Sozialpolitik <strong>in</strong> unverschuldeten,<br />
<strong>in</strong>dividuellen Notlagen h<strong>in</strong>zu. Das<br />
Soziale <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sozialen Marktwirtschaft ist nicht<br />
zu verwechseln mit dem Volumen öffentlicher<br />
Sozialausgaben. Vielmehr bemisst sich das Soziale<br />
daran, ob die Menschen die Chance haben, ihren<br />
Lebensunterhalt soweit wie möglich selbst zu<br />
erwirtschaften. Sozial ist, was Beschäftigung<br />
und Wachstum schafft und damit „Wohlstand<br />
für alle“.
1 | <strong>Wirtschaftspolitische</strong> Grundsätze 9<br />
1. Märkte öffnen – Wettbewerb stärken<br />
Die Politik muss Märkte konsequent öffnen bzw.<br />
offen halten. Der Wettbewerb ist zu stärken und<br />
gleichzeitig durch e<strong>in</strong>en verlässlichen Ordnungsrahmen<br />
zu schützen.<br />
2. Staat auf Kernaufgaben konzentrieren<br />
Die IHK-Organisation <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
setzt auf das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Subsidiarität. Die For<strong>der</strong>ung<br />
nach „weniger Staat“ ist nicht gleichzusetzen<br />
mit <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach e<strong>in</strong>em „schwachen<br />
Staat“. Im Gegenteil: Def<strong>in</strong>ition und Durchsetzung<br />
e<strong>in</strong>es verlässlichen Ordnungsrahmens, Schutz des<br />
Wettbewerbs, Sicherstellung e<strong>in</strong>er leistungsfähigen<br />
Infrastruktur und des gleichberechtigten Zugangs<br />
zu Bildung s<strong>in</strong>d staatliche Aufgaben. Weitere<br />
Staatse<strong>in</strong>griffe s<strong>in</strong>d erst e<strong>in</strong>zuleiten, wenn<br />
private Akteure Aufgaben unzureichend erfüllen<br />
und nur <strong>der</strong> Staat wirklich bessere Ergebnisse<br />
herstellen kann.<br />
3. Auf Subsidiarität und wirtschaftliche<br />
Selbstverwaltung setzen<br />
5. Sozialpolitik marktkonform gestalten<br />
Zur Sozialen Marktwirtschaft gehört die Unterstützung<br />
<strong>der</strong>er, die sich nicht vollständig selbst<br />
versorgen können. E<strong>in</strong>e wirksame Sozialpolitik<br />
muss hierbei an <strong>der</strong> Eigenanstrengung <strong>der</strong> Bürger<br />
und Bürger<strong>in</strong>nen ansetzen. Daher sollte z.B. <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Arbeitsmarktpolitik das Pr<strong>in</strong>zip „Ke<strong>in</strong>e Leistung<br />
ohne Gegenleistung“ stärker als bisher betont<br />
werden – statt z.B. e<strong>in</strong>en „Dritten Arbeitsmarkt“<br />
e<strong>in</strong>zuführen, <strong>der</strong> Langzeitarbeitslose dauerhaft<br />
von regulärer Beschäftigung ausschließt und<br />
zudem vorhandene Jobs verdrängt.<br />
6. Staatliche E<strong>in</strong>griffe eng begrenzen<br />
E<strong>in</strong>griffe des Staates <strong>in</strong> die Marktmechanismen<br />
müssen grundsätzlich die Ausnahme, eng begrenzt<br />
und gut begründet se<strong>in</strong>. Sonst drohen<br />
langfristig Beschäftigungs- und Wachstumsverluste.<br />
Mit Blick auf die F<strong>in</strong>anzmarktkrise gilt es<br />
auf <strong>in</strong>ternationaler Ebene mit klaren Regeln e<strong>in</strong>en<br />
verlässlichen Ordnungsrahmen zu setzen, <strong>in</strong> dem<br />
Markt und Wettbewerb dauerhaft funktionieren.<br />
Subsidiarität und wirtschaftliche Selbstverwaltung<br />
ermöglichen e<strong>in</strong>e bürger- und unternehmensnahe<br />
Politik; sie för<strong>der</strong>n Vielfalt und regen<br />
Innovationen an.<br />
4. Mehr Eigenverantwortung wagen<br />
E<strong>in</strong>e umfassende Staatstätigkeit lähmt die Eigenverantwortung<br />
E<strong>in</strong>zelner und verursacht pauschales<br />
Anspruchsdenken. Die Politik muss jedem und<br />
je<strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelnen mehr Eigenverantwortung zutrauen,<br />
ihnen Freiheit für <strong>in</strong>dividuelle Entscheidungen<br />
e<strong>in</strong>räumen und e<strong>in</strong>e Kultur <strong>der</strong> Selbstständigkeit<br />
<strong>in</strong> allen Teilen <strong>der</strong> Gesellschaft för<strong>der</strong>n. Vor allem<br />
Bildung ermöglicht den Menschen, die Chancen<br />
wirtschaftlicher Freiheit zu nutzen.
10 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
2<br />
Bildung, Innovation und<br />
Internationalisierung<br />
Zahl <strong>der</strong> Schulabgänger nimmt künftig dramatisch ab – Prognose für Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
110<br />
Quelle:<br />
M<strong>in</strong>isterium für Schule<br />
und Weiterbildung <strong>in</strong><br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen,<br />
eigene Darstellung<br />
Index (Schuljahr 03/04 = 100)<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
04/05 06/07 08/09 10/11 12/13 14/15 16/17 18/19 20/21 22/23 24/25 26/27 28/29<br />
Schuljahr<br />
Primarstufe Sekundarstufe I Sekundarstufe II Gesamt<br />
wie es ist<br />
2.1. Berufliche Bildung <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> zukunftsfähig machen<br />
S<strong>in</strong>kende Schulabgängerzahlen führen zu<br />
vakan ten Ausbildungsplätzen: Die demografische<br />
Entwicklung wird die Versorgung <strong>der</strong> Wirtschaft mit<br />
qualifizierten Schulabgänger<strong>in</strong>nen und Schulabgängern<br />
zunehmend erschweren. Gleichzeitig wird <strong>der</strong> Wettbewerb<br />
zwischen dem Dualen Ausbildungssystem und<br />
schulischen bzw. hochschulischen Bildungsangeboten<br />
<strong>in</strong>tensiver werden.<br />
Übergang <strong>in</strong> den Beruf verbesserungswürdig:<br />
Der E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> das Berufsleben fällt Jugendlichen<br />
schwer, da sie häufig zu wenig <strong>in</strong>formiert s<strong>in</strong>d. Circa<br />
30 Prozent <strong>der</strong> Schulabgänger/<strong>in</strong>nen gelten als nicht<br />
unternehmens reif – vor allem bei den sozialen Kompetenzen<br />
bestehen erhebliche Defizite. Verpflichtende<br />
Beratungs- und Orientierungsstrukturen dazu gibt es<br />
<strong>in</strong> den Schulen nicht. Woh<strong>in</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />
nach dem Schulabschluss wechseln (Schule, Ausbildung,<br />
Studium) wird nicht schulbezogen veröffentlicht, so<br />
dass Eltern nur un zureichende Informationen über die<br />
Vernetzung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Schule im Berufsorientierungsprozess<br />
besitzen.<br />
Bildungssystem ist zu wenig durchlässig: Noch<br />
immer s<strong>in</strong>d Duales und schulisch/hochschulisches System<br />
schlecht aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgestimmt. Zu viele Schüler/<strong>in</strong>nen<br />
e<strong>in</strong>es Altersjahrgangs f<strong>in</strong>den ke<strong>in</strong>en direkten Weg <strong>in</strong><br />
die Berufsausbildung und landen <strong>in</strong> kosten<strong>in</strong>tensiven<br />
„Warte- und Orientierungsschleifen“. Auch nach e<strong>in</strong>em<br />
Berufsabschluss ist es oft schwer, e<strong>in</strong>e höhere Qualifikation<br />
zu erwerben.<br />
Fachkräfte werden künftig knapp: Mittelfristig ist<br />
damit zu rechnen, dass sich <strong>der</strong> Mangel an Fachkräften<br />
weiter verstärkt. Wer heute nicht ausbildet, wird künftig<br />
kaum Zeit haben, Fach- und Führungskräfte auszubilden<br />
und zu entwickeln.<br />
E<strong>in</strong>heitlichkeit und Verlässlichkeit <strong>der</strong> Schulstruktur<br />
schwer erkennbar: Immer neue Experimente<br />
und E<strong>in</strong>zelmaßnahmen treten an die Stelle konstanter,<br />
nachhaltiger und nachvollziehbarer Weiterentwicklung.<br />
Struktur- und Organisationsfragen haben <strong>in</strong>zwischen<br />
Vorrang vor Inhalt und Qualität des schulischen Unterrichts.<br />
Die Durchlässigkeit des Schulsystems ist trotz<br />
entsprechen<strong>der</strong> Leistung oft nicht gegeben und die<br />
Vergleichbarkeit <strong>der</strong> Abschlüsse s<strong>in</strong>kt.<br />
Verständnis für wirtschaftliches Handeln <strong>in</strong> den Schulen<br />
wirkt unterentwickelt: Das Selbstverständnis von<br />
Schulen für wirtschaftliches Handeln und e<strong>in</strong> dezen tra les<br />
Ressourcenmanagement <strong>in</strong> Personal- und Sachkostenbudgets<br />
ist noch wenig ausgeschöpft. Das Verständnis<br />
für soziale Marktwirtschaft und Wirtschaftswissen<br />
kommt im Unterricht zu kurz. Auch werden die Möglichkeiten<br />
alternativer Unterrichtsmodelle im Interesse<br />
<strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler zu wenig genutzt.
2 | Bildung, Innovation und Internationalisierung<br />
11<br />
Schule und Berufsvorbereitung, Berufsausbildung <strong>in</strong> Unternehmen,<br />
Berufsbildung und Hochschulbildung<br />
wie es se<strong>in</strong> sollte<br />
Jugendliche sollten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule auf die Berufsausbildung gut vorbereitet werden, damit sie<br />
ohne Zeitverzögerung e<strong>in</strong>e Ausbildung aufnehmen und Ausbildungsplätze besetzt werden können.<br />
E<strong>in</strong>e <strong>der</strong> größten Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> nächsten Jahre ist die Versorgung <strong>der</strong> Wirtschaft mit<br />
Fachkräften. Schulisches und berufliches, Duales und hochschulisches System müssen <strong>in</strong> Zukunft<br />
noch stärker aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgestimmt werden, um allen Menschen e<strong>in</strong>en Schulabschluss und den<br />
E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> Aus- und Weiterbildung zu ermöglichen.<br />
Verpflichtende Beratung und Verbleibsh<strong>in</strong>weise<br />
e<strong>in</strong>führen: Verpflichtende Beratungs- und Orientierungsstrukturen<br />
gibt es <strong>in</strong> den Schulen nicht. Der Verbleib<br />
<strong>der</strong> Schüler/<strong>in</strong>nen nach Abschluss <strong>der</strong> Schule <strong>in</strong><br />
den verschiedenen Bildungsangeboten (Schule, Berufsausbildung,<br />
Studium) wird <strong>der</strong>zeit nicht aufbereitet und<br />
veröffentlicht. Die <strong>IHKs</strong> for<strong>der</strong>n mehr Transparenz für<br />
Eltern und Ausbildungsbetriebe über den Verbleib von<br />
Schulabgängern/-<strong>in</strong>nen. Damit verbunden se<strong>in</strong> muss<br />
die Anerkennung <strong>der</strong> Schulen, die e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>s<br />
erfolgreichen Übergang von <strong>der</strong> Schule <strong>in</strong> den Beruf<br />
für ihre Schüler/-<strong>in</strong>nen organisieren und sich aktiv<br />
z.B. an Lernpartnerschaften beteiligen.<br />
Transparenz bei Berufsorientierungs- und<br />
Übergangsangeboten schaffen: Die Vielzahl von<br />
Berufsorientierungs- und Übergangsangeboten, die von<br />
Landesregierung, Arbeitsagentur, Bund o<strong>der</strong>/und Kommunen<br />
u.a. f<strong>in</strong>anziert werden, ist für Schüler<strong>in</strong>nen und<br />
Schüler, Eltern, Lehrkräfte, aber auch Unternehmen<br />
kaum zu überblicken. Die Landesregierung sollte die mit<br />
öffentlichen Gel<strong>der</strong>n geför<strong>der</strong>ten Maßnahmen e<strong>in</strong>er<br />
kritischen Wirkungs analyse unterziehen.<br />
E<strong>in</strong>heitliches Schulsystem und verlässliche<br />
politische Entscheidungen schaffen:<br />
Schulpolitik braucht e<strong>in</strong>e schlüssige Konzeption, die<br />
auch e<strong>in</strong>e Planung für die Umsetzung und verlässliche<br />
Perspektiven e<strong>in</strong>schließt. Die E<strong>in</strong>heitlichkeit <strong>der</strong> Schulstruktur<br />
ist zu gewährleisten, um ke<strong>in</strong>e zusätzlichen<br />
Mobilitätshemmnisse aufzubauen und vergleichbare<br />
Abschlüsse für Unternehmen transparent zu machen.<br />
Das Schulsystem muss durchlässig se<strong>in</strong> für alle und<br />
bei entsprechen<strong>der</strong> Leistung jeden Schulabschluss<br />
ermöglichen. Die Landesregierung sollte die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
schulischen Handelns so gestalten, dass<br />
Schulen junge Menschen auf e<strong>in</strong> selbständiges und<br />
eigenverantwortliches Berufsleben vorbereiten können.<br />
Wirtschaftswissen <strong>in</strong> Schulen stärken:<br />
Unterrichtsangebote sollten die Begabungen und Potenziale<br />
von Schülern/-<strong>in</strong>nen berücksichtigen. Dazu bedarf<br />
es differenzierter Curricula und Unterrichtsmethoden<br />
sowie e<strong>in</strong>e Klassengröße und Lehrausstattung, die zur<br />
pädagogischen Aufgabe passen. Auch das Verständnis<br />
von Wirtschaft muss auf diese Weise durch die Schule<br />
vermittelt werden. Die Schule sollte außerdem selbst<br />
e<strong>in</strong> Verständnis für wirtschaftliches Handeln entwickeln.<br />
Erst dann können Unternehmen und Schulen erfolgreich<br />
kooperieren. Die Landesregierung ist aufgefor<strong>der</strong>t,<br />
Schulen dabei zu unterstützen, diesen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
gerecht zu werden, und dass sie sich stärker dem Wettbewerb<br />
stellen und ihre Leistungen transparent machen<br />
können. Es müssen klare und messbare Anspruchsniveaus<br />
für alle Jahrgänge und Fächer def<strong>in</strong>iert und durchgesetzt<br />
werden. Evaluationen müssen schulbezogen veröffentlicht<br />
werden.<br />
>><br />
Folgende <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong><br />
müssen das<br />
wirtschaftspolitische<br />
Handeln bestimmen
12 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
wie es se<strong>in</strong> sollte<br />
Schule und Berufsvorbereitung, Berufsausbildung <strong>in</strong> Unternehmen,<br />
Berufsbildung und Hochschulbildung<br />
>><br />
Kooperation zwischen Schule und Wirtschaft<br />
stärken: Das Engagement von Unternehmen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Kooperation mit allgeme<strong>in</strong> bildenden Schulen hat sich<br />
<strong>in</strong> den vergangenen Jahren deutlich verbreitert. Jedoch<br />
fehlen weiterh<strong>in</strong> geeignete Strukturen und Qualitätsstandards<br />
für diese Kooperationen. Die <strong>IHKs</strong>, die selbst<br />
vielfältig auf diesem Gebiet engagiert s<strong>in</strong>d, treten für<br />
M<strong>in</strong>deststandards für Schulpartnerschaften e<strong>in</strong>, die<br />
Schulen und Wirtschaft gleichermaßen verpflichten.<br />
Integration von Jugendlichen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />
<strong>in</strong>tensivieren: E<strong>in</strong>e Schlüsselgröße<br />
gegen den Fachkräftemangel ist die bessere Integration<br />
von Jugendlichen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund <strong>in</strong> das<br />
Bildungssystem. Unzureichende Sprachkenntnisse und<br />
fehlende spezifische Beratungsangebote erschweren<br />
die Information Jugendlicher und ihrer Familien und<br />
dadurch die berufliche Integration dieser jungen Menschen.<br />
Die meist kommunalen Konzepte erfüllen die Erwartungen<br />
bislang nicht. E<strong>in</strong>e geeignete Initiative <strong>der</strong><br />
Landesregierung, um die Berufsorientierung von Jugendlichen<br />
mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund zu verbessern,<br />
könnte e<strong>in</strong> Weg se<strong>in</strong>.<br />
Mathematisch-technisches Wissen bei Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schülern verbessern: Die Ausrichtung<br />
des gesamten Schulsystems auf die mathematischtechnischen<br />
Fächer muss durch geme<strong>in</strong>same Anstrengungen<br />
von Landesregierung und Wirtschaft verstärkt<br />
werden. Darauf gerichtete Initiativen müssen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Öffentlichkeit bekannt se<strong>in</strong>.<br />
Erfolgsmodell Ausbildungskonsens <strong>NRW</strong><br />
fortsetzen: Die <strong>IHKs</strong> bekennen sich zum Ausbildungskonsens<br />
<strong>NRW</strong>. Sie werden auch weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
kle<strong>in</strong>e und neue Unternehmen für die betriebliche Ausbildung<br />
motivieren. Staatliche E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> das System<br />
<strong>der</strong> Ausbildung sowie Versorgungsgarantien lehnen<br />
die <strong>IHKs</strong> ab.<br />
Duale Ausbildung muss Vorrang haben: Viele<br />
Jugendliche und Eltern halten e<strong>in</strong>en höheren Schulabschluss<br />
für karriereför<strong>der</strong>lich. Die Duale Ausbildung<br />
wird <strong>in</strong> diesem Punkt unterschätzt. Im Gegensatz zu<br />
schulischen Angeboten wird durch die betriebliche Ausbildung<br />
die Beschäftigungsfähigkeit und <strong>der</strong> Anschluss<br />
an den Arbeitsmarkt gewährleistet. Darum erwarten die<br />
<strong>IHKs</strong> von <strong>der</strong> Landesregierung e<strong>in</strong>en Rückzug aus den<br />
entsprechenden (vollzeit-)schulischen Angeboten. E<strong>in</strong>e<br />
betriebliche Ausbildung muss Vorrang vor „schulischen<br />
Warte schleifen“ haben.<br />
Jugendliche ohne Umwege <strong>in</strong> Ausbildung<br />
br<strong>in</strong>gen: Jugendliche müssen früher, jünger und mit<br />
e<strong>in</strong>er guten Qualifikation direkt nach ihrem Schulabschluss<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Berufsausbildung e<strong>in</strong>treten. Die Landesregierung<br />
sollte darum Qualifizierungsmaßnahmen<br />
zwischen Schule und Ausbildung auf ihre Wirksamkeit<br />
h<strong>in</strong> überprüfen und auf e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum reduzieren.
2 | Bildung, Innovation und Internationalisierung<br />
13<br />
Schule und Berufsvorbereitung, Berufsausbildung <strong>in</strong> Unternehmen,<br />
Berufsbildung und Hochschulbildung<br />
wie es se<strong>in</strong> sollte<br />
>><br />
Ehrenamt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung hervorheben: Die<br />
ehrenamtliche Tätigkeit <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> von Prüfungsausschüssen<br />
für die Berufsausbildung und das vielfältige<br />
unternehmerische Engagement <strong>in</strong> <strong>der</strong> beruflichen<br />
Bildung verdient mehr Anerkennung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
und durch die Politik. Dies schließt auch die E<strong>in</strong>beziehung<br />
des Prüferehrenamtes <strong>in</strong> die landesweiten<br />
Ehrenamtstage e<strong>in</strong>.<br />
Qualifikationen aus dem Ausland transparent<br />
machen und bestätigen: Die Bestätigung und Anerkennung<br />
ausländischer beruflicher Qualifikationen ist<br />
für Migrant<strong>in</strong>nen und Migranten wichtig. E<strong>in</strong> funktionierendes<br />
Verfahren <strong>der</strong> Anerkennung ist im Interesse<br />
<strong>der</strong> Wirtschaft. Die Landesregierung sollte bei <strong>der</strong> Umsetzung<br />
e<strong>in</strong>es Anerkennungsverfahrens auf die bestehenden<br />
Strukturen <strong>der</strong> Prüfungen und Zertifizierungen<br />
beruflicher Qualifikationen zurückgreifen.<br />
Für Weiterbildung werben und gute Beratung<br />
anbieten: Sich lebenslang weiterzubilden ist für die<br />
erfolgreiche Teilnahme am Wirtschaftsleben wichtig.<br />
Die Landesregierung sollte daher für mehr Weiterbildung<br />
werben und bewährte Instrumente (z.B. Bildungsscheck)<br />
fortentwickeln. Vorhandene Beratungsstrukturen sollten<br />
besser vernetzt werden.<br />
Neue akademische Abschlüsse verständlich<br />
machen: Unternehmen können die neuen Bachelorund<br />
Masterabschlüsse häufig nicht beurteilen. Die Landesregierung<br />
sollte daher noch besser über den Wert<br />
<strong>der</strong> neuen Abschlüsse <strong>in</strong>formieren und das e<strong>in</strong>gerichtete<br />
Stipendiensystem fortentwickeln.<br />
Bildungssysteme durchlässig machen: Berufliches<br />
und hochschulisches Bildungssystem müssen durchlässig<br />
se<strong>in</strong>. Damit werden Übergänge erleichtert und Qualifikationswege<br />
bleiben offen. Die Landesregierung sollte<br />
daher auf e<strong>in</strong>e entsprechende Öffnung <strong>der</strong> Hochschulen<br />
h<strong>in</strong>wirken.
14 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
Wie es ist<br />
2.2. Innovationen werden durch Bürokratie und Steuern beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t<br />
Quelle:<br />
Vere<strong>in</strong>igung <strong>der</strong><br />
Industrie- und<br />
Handels kammern<br />
<strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2009,<br />
Auswertung e<strong>in</strong>er<br />
Befragung von<br />
240 Unternehmen<br />
im Sommer 2009<br />
Was ist aus Sicht Ihres Unternehmens jetzt<br />
prioritär für den Innovationsstandort Deutschland?<br />
(Drei Antworten möglich)<br />
Ausbau <strong>der</strong> Fachkräftebasis<br />
E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er steuerlichen Forschungsför<strong>der</strong>ung<br />
Vere<strong>in</strong>fachung des Zugangs zu öffentlicher Projektför<strong>der</strong>ung<br />
Nachbesserung <strong>der</strong> Unternehmenssteuerreform 2008<br />
Grundsätzliche Vere<strong>in</strong>fachung des Steuerrechts<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Innovationsf<strong>in</strong>anzierung<br />
För<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>er technologie-freundlichen Gesellschaft<br />
Verbesserung des Zugangs zu Erkenntnissen<br />
aus <strong>der</strong> öffentlichen Forschung<br />
Bürokratieabbau<br />
(z.B. bei Genehmigungs- und Zulassungsverfahren)<br />
Sonstiges<br />
5<br />
14<br />
17<br />
25<br />
27<br />
32<br />
36<br />
40<br />
53<br />
56<br />
0 10 20 30 40 50 60<br />
<strong>in</strong> Prozent<br />
Innovationen scheitern an Genehmigungs- und<br />
Zulassungsverfahren: Viele Innovationen könnten<br />
e<strong>in</strong>geführt werden, scheitern aber an e<strong>in</strong>er Genehmigung<br />
o<strong>der</strong> verzögern sich dadurch. Ob es sich um neue<br />
Materialien o<strong>der</strong> Produkte, Prozesse o<strong>der</strong> Betriebsanlagen<br />
handelt, häufig dauern die Zulassungsverfahren<br />
zu lange.<br />
Steuerrecht beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t Innovationen: Komplizierte<br />
bundesgesetzliche Steuervorschriften lenken unternehmerische<br />
Entscheidungen <strong>in</strong> die falsche Richtung und<br />
verunsichern die Unternehmen. Besteuerung <strong>der</strong> Funktionsverlagerung,<br />
Z<strong>in</strong>sschranke und Mantelkauf haben<br />
die F<strong>in</strong>anzierung von FuE erschwert und zu e<strong>in</strong>em unsicheren<br />
Wagnis gemacht.<br />
Fachkräftemangel ist Innovationshemmnis vor<br />
allem für KMU: Mittelständische Unternehmen benötigen<br />
für die Umsetzung ihrer Ideen Fachkräfte. Nur<br />
mit ihnen können sie kundenorientierte Verbesserungen<br />
an ihren Produkten vornehmen. Da gerade natur- und<br />
<strong>in</strong>genieurwissenschaftlich gebildete Arbeitskräfte fehlen,<br />
werden beson<strong>der</strong>s KMU <strong>in</strong> ihrer Innovationskraft<br />
beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t.<br />
Teile <strong>der</strong> Bevölkerung s<strong>in</strong>d zuwenig technologiefreundlich:<br />
Immer wie<strong>der</strong> scheitern Innovationen<br />
am Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Bevölkerung. Umweltpolitische Bedenken<br />
führen zur Ablehnung. Vorherrschend ist das<br />
Pr<strong>in</strong>zip, generell für Innovationen zu se<strong>in</strong>, aber nicht<br />
vor <strong>der</strong> eigenen Haustür.<br />
Zugang zu F<strong>in</strong>anzierung und staatlicher För<strong>der</strong>ung<br />
verbesserungswürdig: E<strong>in</strong>e aktuelle Befragung<br />
<strong>in</strong> <strong>NRW</strong> ergibt, dass jedes sechste Unternehmen se<strong>in</strong>e<br />
Innovationsvorhaben nicht f<strong>in</strong>anzieren kann. Unter an<strong>der</strong>em<br />
könnte <strong>der</strong> Zugang zu öffentlicher Projektför<strong>der</strong>ung<br />
leichter se<strong>in</strong>.
2 | Bildung, Innovation und Internationalisierung<br />
15<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für die Innovationsfähigkeit erhöhen<br />
wie es se<strong>in</strong> sollte<br />
Damit die Unternehmen <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen beim Thema Innovation noch besser werden,<br />
sollte mit den Behörden des Landes e<strong>in</strong> Masterplan „Innovation“ entwickelt werden.<br />
E<strong>in</strong>führung von Innovationen erleichtern:<br />
Künftig muss es <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen möglich se<strong>in</strong>,<br />
Genehmigungsverfahren, sofern diese zur E<strong>in</strong>führung<br />
von Innovationen (Produkten, Verfahren) durchlaufen<br />
werden müssen, auf e<strong>in</strong>en Zeitraum von maximal 3<br />
Monaten zu begrenzen. Verwaltungen, Behörden und<br />
<strong>IHKs</strong> sollten geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong>en Masterplan zur Beschleunigung<br />
von Innovationen entwickeln.<br />
Wissens- und Technologietransfer stärken: Der<br />
richtige Weg zu noch mehr Autonomie und Eigenverantwortung<br />
<strong>der</strong> Hochschulen führt beim Technologietransfer<br />
über professionell gemanagte Transfere<strong>in</strong>richtungen.<br />
Die Landesregierung sollte sich dafür e<strong>in</strong>setzen,<br />
neue Ansiedlungen <strong>der</strong> bundesweiten FuE-Organisationen<br />
(Max-Planck-Institute, Fraunhofer-Institute, Leibniz-E<strong>in</strong>richtungen)<br />
<strong>in</strong> <strong>NRW</strong> vorzunehmen. Damit können<br />
thematische und geografische Lücken <strong>in</strong> <strong>NRW</strong><br />
geschlossen werden.<br />
Landesför<strong>der</strong>programme vere<strong>in</strong>fachen und<br />
ausbauen: Die För<strong>der</strong>wettbewerbe im Rahmen <strong>der</strong><br />
Clusterstrategie des Landes s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> gutes Instrument<br />
zur Spitzenför<strong>der</strong>ung. Die Abläufe müssen aber für die<br />
Unternehmen transparenter gemacht werden. Themen<br />
von Wettbewerben müssen praxisgerecht gestaltet<br />
werden, Fristen aber auch die Information über Erfolg<br />
o<strong>der</strong> Misserfolg e<strong>in</strong>es Antrags müssen den Unternehmen<br />
zeitnah mitgeteilt werden.<br />
F<strong>in</strong>anzierungen für Innovationen erleichtern:<br />
Das <strong>NRW</strong>-Innovationsdarlehen ist e<strong>in</strong> Schritt <strong>in</strong> die<br />
richtige Richtung. Dennoch reichen die bisherigen<br />
Anstrengungen nicht aus. Der Informationsfluss von<br />
<strong>der</strong> <strong>NRW</strong>.Bank zu den Unternehmen kann verbessert<br />
werden. Auch die Wagniskapital- und Bürgschaftsf<strong>in</strong>anzierung<br />
muss verbessert werden – <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
im „Pre-Seed-Bereich“ (Vorgründungsphase).<br />
<strong>NRW</strong>-Clusterstrategie: <strong>NRW</strong>-Cluster müssen sich<br />
strikt nach den Bedarfen <strong>der</strong> Unternehmen ausrichten<br />
und vor allem auf Wachstumsmärkte konzentrieren –<br />
nach dem Motto „Stärken stärken“. Mehrwerte für<br />
Unternehmen und e<strong>in</strong>e Stärkung <strong>der</strong> regionalen Branchennetzwerke<br />
s<strong>in</strong>d mehr als bisher <strong>in</strong> <strong>der</strong> konkreten<br />
Arbeit zu berücksichtigen.<br />
Image <strong>NRW</strong>: Deutlicher als bisher muss sich <strong>NRW</strong><br />
nach außen und <strong>in</strong>nen als <strong>in</strong>novatives Bundesland mit<br />
leistungsfähigen Hochschulen/Forschungse<strong>in</strong>richtungen<br />
sowie Hochtechnologie- und Industrieunternehmen<br />
darstellen. Nur bei konstant gutem Innovationsklima<br />
lassen sich erfolgreich neue Produkte und Verfahren<br />
e<strong>in</strong>führen und damit Erfolge erzielen.<br />
Breitbandversorgung verbessern: Bei <strong>der</strong> Breitbandversorgung<br />
sollte zur kurzfristigen Bedarfsdeckung<br />
auf die Nutzung von frei werdenden Rundfunkfrequenzen<br />
gesetzt werden. EU-weit wird die Rundfunkübertragung<br />
bis 2012 von analoger auf digitale Technik umgestellt.<br />
Dadurch werden <strong>in</strong> erheblichem Maße Funkfrequenzen<br />
im UHF-Band frei. Für längerfristige Bedarfe s<strong>in</strong>d flächendeckend<br />
Glaserfaser-(Lichtwellenleiter-)Netze anzustreben.<br />
Folgende <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong><br />
müssen das<br />
wirtschaftspolitische<br />
Handeln bestimmen
16 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
Wie es ist<br />
2.3. Internationale Position <strong>der</strong> <strong>NRW</strong>-Wirtschaft ist verbesserungsfähig<br />
<strong>NRW</strong>-Außenhandel (<strong>in</strong> Milliarden Euro)<br />
200<br />
Export<br />
Import<br />
150<br />
100<br />
50<br />
Quelle:<br />
Eigene Darstellung <strong>in</strong><br />
Anlehnung an ISA 2009<br />
0<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
2007<br />
2008<br />
Export bleibt unverzichtbare Basis des Wohlstands:<br />
Die Unternehmen <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> haben im Jahr 2008<br />
Güter und Dienstleistungen im Wert von rund 170 Milliarden<br />
Euro exportiert. Das zeigt, dass Wohlstand <strong>in</strong> <strong>NRW</strong><br />
<strong>in</strong> erheblichem Maße über Exporte geschaffen wird. Die<br />
B<strong>in</strong>nenwirtschaft alle<strong>in</strong> kann zuletzt krisen bed<strong>in</strong>gt<br />
rückläufige Exporte nicht kompensieren.<br />
Wachstumspotenziale <strong>in</strong> Übersee durch Internationalisierung<br />
erschließen: Vor allem die großen<br />
asiatischen Volkswirtschaften wachsen überproportional<br />
und haben e<strong>in</strong>en Nachholbedarf. Das schafft Marktpotenziale,<br />
die durch die weitere konsequente Internationalisierung<br />
<strong>der</strong> <strong>NRW</strong>-Wirtschaft erschlossen werden<br />
können.<br />
Marktanteile <strong>der</strong> <strong>NRW</strong>-Wirtschaft entwickeln<br />
sich anhaltend rückläufig: <strong>NRW</strong> ist nach wie vor<br />
das exportstärkste Bundesland. Allerd<strong>in</strong>gs ist <strong>der</strong> Anteil<br />
<strong>der</strong> <strong>NRW</strong>-Wirtschaft am bundesdeutschen Export seit<br />
Jahren rückläufig. Dies ist e<strong>in</strong> Indiz für bestehende<br />
Strukturschwächen.<br />
Attraktivität des Standorts für ausländische<br />
Unternehmen erhalten und ausbauen: <strong>NRW</strong> steht<br />
weiterh<strong>in</strong> bei Standortentscheidungen ausländischer<br />
Unternehmen hoch im Kurs. Dies ist wesentlich e<strong>in</strong> Ergebnis<br />
se<strong>in</strong>er geografischen Lage und se<strong>in</strong>er Ballung an<br />
Unternehmen und Konsumenten. Dass es aber auch e<strong>in</strong><br />
Land mit mo<strong>der</strong>nen Technologien ist, ist zu wenig im<br />
Bewusstse<strong>in</strong> ausländischer Entscheidungsträger.
2 | Bildung, Innovation und Internationalisierung<br />
17<br />
AuSSenwirtschaftsför<strong>der</strong>ung konsequent weiter entwickeln<br />
wie es se<strong>in</strong> sollte<br />
Damit die Unternehmen <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
Westfalen ihre Internationalisierung<br />
noch besser gestalten können, brauchen<br />
sie die Unterstützung <strong>der</strong> Landesbehörden,<br />
Kommunen und <strong>der</strong> Selbstverwaltung.<br />
Zusammenarbeit <strong>der</strong> Landesregierung mit <strong>der</strong><br />
Wirtschaft ausbauen: Die enge Partnerschaft <strong>der</strong><br />
Landesregierung mit den Selbstverwaltungsorganisationen<br />
<strong>der</strong> Wirtschaft im Rahmen von <strong>NRW</strong>.International<br />
sichert e<strong>in</strong>e am Bedarf <strong>der</strong> Wirtschaft ausgerichtete<br />
Außenwirtschaftsför<strong>der</strong>ung. Dieser Weg ist konsequent<br />
weiterzugehen.<br />
Outgo<strong>in</strong>g- und Incom<strong>in</strong>g-Aktivitäten 1 <strong>in</strong>stitutionell<br />
trennen: Mit <strong>der</strong> organisatorischen Trennung<br />
von Maßnahmen <strong>der</strong> Außenwirtschaftsför<strong>der</strong>ung (über<br />
<strong>NRW</strong>.International) und <strong>der</strong> Standort- und Investitionswerbung<br />
(über <strong>NRW</strong>.Invest) hat die Landesregierung die<br />
Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e effiziente Gestaltung ihrer<br />
<strong>in</strong>ternational angelegten Wirtschaftsför<strong>der</strong>ungsmaßnahmen<br />
geschaffen. Durch die projektbezogene Verknüpfung<br />
von <strong>in</strong>com<strong>in</strong>g- und outgo<strong>in</strong>g-Aktivitäten<br />
lassen sich weitere Synergien erzielen.<br />
Außenwirtschaftsför<strong>der</strong>ung nicht e<strong>in</strong>seitig als<br />
<strong>in</strong>ternationale Komponente <strong>der</strong> Clusterpolitik<br />
verstehen: Auch Cluster können Nutznießer von Projekten<br />
<strong>der</strong> Außenwirtschaftsför<strong>der</strong>ung se<strong>in</strong>. Außenwirtschaftsför<strong>der</strong>ung<br />
darf jedoch nicht an den Clustern Halt<br />
machen, son<strong>der</strong>n muss immer am Bedarf <strong>der</strong> Gesamtwirtschaft<br />
ausgerichtet bleiben.<br />
Folgende <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong><br />
müssen das<br />
wirtschaftspolitische<br />
Handeln bestimmen<br />
1<br />
Outgo<strong>in</strong>g-Aktivitäten s<strong>in</strong>d Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen, die auf o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Auslandsmärkten tätig s<strong>in</strong>d bzw. werden wollen.<br />
Incom<strong>in</strong>g-Aktivitäten s<strong>in</strong>d Maßnahmen, die dazu geeignet s<strong>in</strong>d, ausländische Unternehmen am Standort Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen anzusiedeln.
18 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
3<br />
Umwelt, Energie und Rohstoffe<br />
Umwelt- und Ressourcenbelastung trotz Wirtschaftswachstum verr<strong>in</strong>gert –<br />
Än<strong>der</strong>ung des E<strong>in</strong>satzes von Umweltressourcen für wirtschaftliche Zwecke sowie<br />
Än<strong>der</strong>ung des Brutto<strong>in</strong>landsprodukts und <strong>der</strong> Abschreibungen (1995 bis 2005)<br />
Quelle:<br />
Statistisches<br />
Bundesamt, Umweltwirtschaftsbericht<br />
2009 BMU/UBA<br />
Brutto<strong>in</strong>landsprodukt (preisbere<strong>in</strong>igt)<br />
Abschreibungen (preisbere<strong>in</strong>igt)<br />
Arbeitsstunden<br />
Wasserabgabe an die Natur<br />
NH 3<br />
NMVOC<br />
NOX<br />
SO 2<br />
CH 4<br />
N 2 O<br />
CO 2<br />
Treibhausgase<br />
Siedlungs- und Verkehrsfläche<br />
Wasserentnahme aus <strong>der</strong> Natur<br />
Rohstoffentnahme und Import<br />
Primärenergieverbrauch<br />
-67,6<br />
-41,6<br />
-36,5<br />
-33,5<br />
-17,0<br />
Angaben <strong>in</strong> Prozent -80 -60 -40 -20 0 20 40<br />
-2,7<br />
-1,9<br />
-14,7<br />
-4,7<br />
-8,6<br />
-17,0<br />
-5,3<br />
1,4<br />
9,5<br />
17,2<br />
31,6<br />
wie es ist<br />
3.1. Ökonomie und Ökologie gleichrangig betrachten<br />
Wirtschaft leistet viel für den Umweltschutz:<br />
Ausgeprägteres Umweltbewußtse<strong>in</strong>, ambitionierte Umweltstandards,<br />
stetig zunehmende Kosten für Ressourcen<br />
und die große Innovationsfähigkeit, Effizienzsteigerung<br />
und verbesserte Verfahrenstechnik machen es möglich:<br />
Trotz wachsen<strong>der</strong> Produktion s<strong>in</strong>ken die Belastungen<br />
von Umwelt und Natur.<br />
Unternehmen leiden an Fülle von Umweltvorschriften:<br />
Die Zahl <strong>der</strong> Umweltvorschriften <strong>der</strong> EU, des<br />
Bundes, <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> und <strong>der</strong> Kommunen wächst ständig.<br />
Oftmals s<strong>in</strong>d sie untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> nicht abgestimmt. Politische<br />
Kompromisse führen zu unkonkreten und teilweise<br />
wi<strong>der</strong>sprüchlichen For<strong>der</strong>ungen.<br />
Standorte durch raumbezogene Restriktionen<br />
gefährdet: Industrie, Gewerbe und Verkehr werden<br />
nicht nur <strong>in</strong> den Städten, son<strong>der</strong>n auch <strong>in</strong> den Flächenregionen<br />
des Landes durch Vorgaben zu Luftqualität,<br />
Umgebungslärm o<strong>der</strong> Naturschutz e<strong>in</strong>geschränkt. Darunter<br />
leidet die Multifunktionalität unserer Städte.<br />
Verkehrsbeschränkungen, Flächenengpässe o<strong>der</strong> Nutzungskonflikte<br />
halten die Unternehmen aus den Städten<br />
fern. Verlagerungen mit <strong>der</strong> Konsequenz e<strong>in</strong>es erhöhten<br />
Flächengebrauchs s<strong>in</strong>d die Folge. An vielen Flächenstandorten<br />
schränken umweltbezogene Restriktionen<br />
zunehmend entsprechende Verlagerungsmöglichkeiten<br />
e<strong>in</strong>. Gleichzeitig begegnet die notwendige Anpassung<br />
<strong>der</strong> Infrastruktur vermehrt lokalen Wi<strong>der</strong>ständen.
3 | Umwelt, Energie und Rohstoffe<br />
19<br />
Umweltschutz muss Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit berücksichtigen<br />
wie es se<strong>in</strong> sollte<br />
Erfolgreicher Umweltschutz setzt auf Partnerschaft von Ökonomie und Ökologie. Die Politik kann<br />
dies unterstützen, wenn sie verstärkt auf die Handlungs- und Innovationsfähigkeit <strong>der</strong> Wirtschaft<br />
setzt und dadurch e<strong>in</strong>en Beitrag leistet, die wirtschaftlichen Potenziale z.B. mo<strong>der</strong>ner Umwelttechnologien<br />
zu erschließen.<br />
Umweltpolitik mit Augenmaß gestalten: Die<br />
Wirtschaft steht zu ihrer umweltpolitischen Verantwortung.<br />
Sie leistet viel für den Umweltschutz und unterstützt<br />
das Vorsorgepr<strong>in</strong>zip als umweltpolitische Leitl<strong>in</strong>ie.<br />
Zusätzliche Reglementierungen sollten nur akzeptiert<br />
werden, wenn Risiken für Mensch und Umwelt nachweisbar,<br />
die angestrebten Maßnahmen die Wettbewerbsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> Unternehmen nicht gefährden und <strong>in</strong>sgesamt<br />
verhältnismäßig s<strong>in</strong>d. Nach diesem Pr<strong>in</strong>zip<br />
sollten auch die Vorgaben <strong>der</strong> Wasserrahmenrichtl<strong>in</strong>ie<br />
<strong>in</strong> <strong>NRW</strong> umgesetzt werden.<br />
Balance von Ökonomie und Ökologie schaffen:<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen muss Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für<br />
e<strong>in</strong>e Balance von Ökonomie und Ökologie schaffen. Umweltpolitik<br />
muss die Bedürfnisse nach e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>takten<br />
Umwelt ebenso berücksichtigen wie die nach Wirtschaftlichkeit<br />
und Wettbewerbsfähigkeit. Künftige Generationen<br />
haben e<strong>in</strong>e Erwerbs- und Bildungsperspektive nur<br />
mit e<strong>in</strong>er prosperierenden Wirtschaftsstruktur.<br />
Umweltrecht verschlanken und harmonisieren:<br />
Die Wirtschaft for<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>heitliche Umweltvorschriften<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> EU, im Bund und im Land. Das nationale Umweltrecht<br />
muss mo<strong>der</strong>nisiert und <strong>der</strong>eguliert werden. Notwendig<br />
s<strong>in</strong>d schnellere Zulassungsverfahren – z.B. für<br />
Produktionsstätten. Das Planungsrecht ist anzupassen,<br />
um mo<strong>der</strong>ne Infrastrukturentwicklung und Anlage<strong>in</strong>vestitionen<br />
zu erleichtern.<br />
An Zukunftsmärkten teilhaben: Umwelttechnik<br />
aus <strong>NRW</strong> genießt im globalen Wettbewerb e<strong>in</strong>en guten<br />
Ruf. Die Umweltbranche <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> setzt <strong>in</strong>sgesamt 45<br />
Milliarden Euro um und beschäftigt rund 250.000 Arbeitnehmer<br />
und -<strong>in</strong>nen. Die Landesregierung sollte über<br />
den Bundesrat sowie direkt E<strong>in</strong>fluss auf an<strong>der</strong>e Staaten<br />
ausüben, um diese zu noch größeren Anstrengungen im<br />
Umweltschutz zu motivieren. Damit kann das Potenzial<br />
für Umwelttechnologie aus Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen noch<br />
besser erschlossen werden. Daran beteiligen sich die <strong>IHKs</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>NRW</strong> durch zielgerichtete, geme<strong>in</strong>same Initiativen<br />
und Aktivitäten – z.B. über den Dialog „Wirtschaft und<br />
Umwelt <strong>in</strong> <strong>NRW</strong>“ bis h<strong>in</strong> zur Organisation von Unternehmerreisen<br />
sowie <strong>der</strong> Bewerbung von Umwelttechnologie<br />
messen.<br />
Bessere Verzahnung von Projekten: Ökologische<br />
und ökonomische Projekte können häufig aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
abgestimmt werden, so dass es zu e<strong>in</strong>em frühzeitigen<br />
und fairen Interessenausgleich kommt. Dies zeigen<br />
Beispiele wie Hochwasserschutzmaßnahmen und Infrastrukturentwicklungen,<br />
z.B. im Lippemündungsraum.<br />
Folgende <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong><br />
müssen das<br />
wirtschaftspolitische<br />
Handeln bestimmen
20 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
wie es ist<br />
3.2. Energie- und Klimapolitik muss realisierbar und bezahlbar se<strong>in</strong><br />
Deutschland ist abhängig von Energieimporten<br />
Mt SKE<br />
200<br />
M<strong>in</strong>eralöl<br />
196<br />
Erdgas<br />
Ste<strong>in</strong>kohle<br />
Kernbrennstoffe<br />
Braunkohle<br />
Wasser-,<br />
W<strong>in</strong>d-,<br />
Solarkraft<br />
Sonstige<br />
160<br />
150<br />
Quelle:<br />
Bundesanstalt für<br />
Geowissenschaften und<br />
Rohstoffe, BGR (2008)<br />
100<br />
50<br />
0<br />
98<br />
%<br />
97<br />
%<br />
1997 2007<br />
101<br />
76<br />
%<br />
114<br />
82<br />
%<br />
1997 2007<br />
Aufkommen/Eigenför<strong>der</strong>ung<br />
70<br />
33<br />
%<br />
68<br />
67<br />
%<br />
1997 2007<br />
Importe<br />
64<br />
52<br />
1 % 54 55<br />
1997 2007 1997 2007<br />
2<br />
7<br />
1997 2007<br />
8<br />
24<br />
1997 2007<br />
<strong>NRW</strong>-Energiewirtschaft ist stark <strong>in</strong> Braunund<br />
Ste<strong>in</strong>kohle: Die Energieunternehmen <strong>in</strong> <strong>NRW</strong><br />
erzeugen 33 Prozent des deutschen Stroms. Hier werden<br />
50 Prozent <strong>der</strong> deutschen Braun- und 90 Prozent <strong>der</strong><br />
deutschen Ste<strong>in</strong>kohle geför<strong>der</strong>t. Die <strong>NRW</strong>-Stromerzeugung<br />
setzt sich wie folgt zusammen: 43 Prozent Braunkohle,<br />
35 Prozent Ste<strong>in</strong>kohle, 10 Prozent Gas, 5 Prozent<br />
erneuerbare Energien, 7 Prozent sonstige Energien.<br />
Risiken für die Kraftwerksplanung s<strong>in</strong>d erheblich:<br />
Der Kraftwerksbau setzt zum Teil bis zu zehn Jahre<br />
dauernde und teure Planungs- und Genehmigungsverfahren<br />
voraus. Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gesetzeslage und Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
müssen stets flexibel berücksichtigt<br />
werden. Beson<strong>der</strong>e Unwägbarkeiten ergeben sich aus<br />
kommunalpolitischen Interessen und gesellschaftlichen<br />
Überzeugungen, aber neuerd<strong>in</strong>gs auch aus Mängeln <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Planung.<br />
Aktuelle Energie- und Klimapolitik belastet<br />
Wirtschaft: Alle<strong>in</strong> durch das Integrierte Energie- und<br />
Klimapaket werden <strong>in</strong> Deutschland Zusatzkosten ab 2015<br />
von ca. 30 Milliarden Euro pro Jahr erwartet. Zudem<br />
werden auf die deutsche Wirtschaft <strong>in</strong> Folge <strong>der</strong> Novellierung<br />
<strong>der</strong> EU-Emissionshandelsrichtl<strong>in</strong>ie Kosten <strong>in</strong><br />
Milliardenhöhe zukommen. Alle<strong>in</strong> die Stromkosten werden<br />
sich um bis zu 50 Prozent erhöhen. Beson<strong>der</strong>s betroffen<br />
s<strong>in</strong>d hiervon die energie<strong>in</strong>tensiven Industrien.<br />
Stromkosten s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> entscheiden<strong>der</strong> Faktor für Produktion<br />
und Standortwahl.<br />
Deutsche Politik will die EU-Ziele „übererfüllen“:<br />
40 Prozent Verr<strong>in</strong>gerung <strong>der</strong> Treibhausgasemis sionen im<br />
Vergleich zu 1990, 25 bis 30 Prozent Anteil Erneuerbarer<br />
Energien bei Strom, Verdoppelung <strong>der</strong> gesamtwirtschaftlichen<br />
Energieproduktivität gegenüber 1990. Die EU<br />
for<strong>der</strong>t lediglich e<strong>in</strong>e Verr<strong>in</strong>gerung <strong>der</strong> Treibhausgasemissionen<br />
um 20 Prozent im Vergleich zu 1990, e<strong>in</strong>en<br />
Anteil Erneuerbarer Energien von nur 20 Prozent am<br />
Gesamtenergieverbrauch und e<strong>in</strong>e Steigerung <strong>der</strong><br />
Energieeffizienz um 20 Prozent.
3 | Umwelt, Energie und Rohstoffe<br />
21<br />
Wettbewerbsfähige Preise und breiter Energiemix<br />
wie es se<strong>in</strong> sollte<br />
Versorgungssicherheit zu wettbewerbsfähigen Preisen ist e<strong>in</strong>e elementare Voraussetzung für<br />
die Wirtschaft <strong>in</strong> <strong>NRW</strong>. Mit e<strong>in</strong>em breiten Energiemix, zu dem die fossilen Energien ebenso<br />
wie die Kernenergie und die erneuerbaren Energien unverzichtbar gehören, können die energiepolitischen<br />
Ziele bestmöglich erreicht werden. Die Bezugsquellen für Importenergien und die<br />
Transportwege s<strong>in</strong>d zu diversifizieren. Heimische Energien müssen konsequent genutzt werden.<br />
Es ist e<strong>in</strong> effizienter Umgang mit Energie zu gewährleisten. Ebenso s<strong>in</strong>d Funktionsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> Netze und e<strong>in</strong> freier Marktzutritt unerlässlich.<br />
Heimische Energieträger s<strong>in</strong>d unverzichtbar:<br />
Die wirtschaftlich s<strong>in</strong>nvolle Nutzung <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> heimischen<br />
Energiequellen wie Braun- und Ste<strong>in</strong>kohle,<br />
erneuerbare Energien und brennbare Abfälle stärkt die<br />
Versorgungssicherheit. Braunkohle ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternational<br />
wettbewerbsfähiger Energieträger mit langfristigen<br />
nationalen Reserven und sollte e<strong>in</strong>e feste Größe im<br />
Energiemix se<strong>in</strong>.<br />
E<strong>in</strong>nahmen aus klimapolitischen Instrumenten<br />
s<strong>in</strong>nvoll verwenden: Die E<strong>in</strong>nahmen aus Emissionshandel<br />
und Ökosteuer sollten <strong>der</strong> Wirtschaft <strong>in</strong> <strong>NRW</strong><br />
aufkommensgerecht zu Gute kommen o<strong>der</strong> für s<strong>in</strong>nvolle<br />
Klimaschutzmaßnahmen (z.B. Energieeffizienz von<br />
Gebäuden) <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> e<strong>in</strong>gesetzt werden. Zudem sollten<br />
die hohen Belastungen energie<strong>in</strong>tensiver Industrien<br />
durch Strompreissteigerungen <strong>in</strong>folge des Emissionshandels<br />
zum<strong>in</strong>dest teilweise kompensiert werden. Mit<br />
den E<strong>in</strong>nahmen dürfen ke<strong>in</strong>e sozialpolitischen o<strong>der</strong><br />
allgeme<strong>in</strong>en politischen Maßnahmen f<strong>in</strong>anziert werden.<br />
Auch dürfen die Mittel <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en EU-Mitgliedstaaten<br />
nicht für wettbewerbsverzerrende Maßnahmen e<strong>in</strong>gesetzt<br />
werden.<br />
Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen:<br />
Künftig muss es <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> im Regelfall<br />
möglich se<strong>in</strong>, mit dem Bau e<strong>in</strong>es Kraftwerks nach e<strong>in</strong>er<br />
höchstens dreijährigen Vorlaufzeit zu beg<strong>in</strong>nen. Doppelzuständigkeiten<br />
und Entscheidungsverzögerungen<br />
zwischen Behörden müssen vermieden werden.<br />
Gesetzes- und Verfahrensän<strong>der</strong>ungen verlässlich<br />
gestalten: Investitionsentscheidungen bei <strong>der</strong><br />
Stromerzeugung dürfen durch nachträglich e<strong>in</strong>geführte<br />
Regelungen nicht gefährdet werden. Investoren müssen<br />
mit berechenbaren Rahmenbed<strong>in</strong>gungen planen können.<br />
Das muss bei <strong>der</strong> Belastung von Energieträgern z.B. mit<br />
Abgaben o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Zuteilung von Emissionsrechten beachtet<br />
werden.<br />
Kostenlose Zuteilung von CO2-Zertifikaten<br />
dr<strong>in</strong>gend nachverhandeln: Durch den Emissionshandel<br />
drohen Wettbewerbsnachteile <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für<br />
die Grundstoff<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> und für die heimischen<br />
fossilen Energieträger. Die Landesregierung sollte sich<br />
dafür e<strong>in</strong>setzen, dass die im Dezember 2008 EU-weit<br />
beschlossene Vollauktionierung nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternational<br />
(OECD) abgestimmten und damit wettbewerbsneutralen<br />
Form e<strong>in</strong>geführt wird, damit auch künftig Investitionen<br />
<strong>in</strong> <strong>NRW</strong> getätigt werden und Unternehmen<br />
am Standort bleiben können. Zudem muss <strong>der</strong> bürokratische<br />
Aufwand zur Abwicklung des Emissionshandels<br />
auf e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum beschränkt werden.<br />
Energieeffizienz stärken: Bestehende Informationsdefizite<br />
müssen abgebaut, Transparenz bei <strong>der</strong> Preisgestaltung<br />
geschaffen, das Contract<strong>in</strong>g 2 ausgebaut und<br />
mehr Forschung für Energieeffizienz durchgeführt<br />
werden. Produktkennzeichnungen sollten von <strong>der</strong> Wirtschaft<br />
freiwillig umgesetzt und nicht per Gesetz e<strong>in</strong>geführt<br />
werden.<br />
Folgende <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong><br />
müssen das<br />
wirtschaftspolitische<br />
Handeln bestimmen<br />
2<br />
Contract<strong>in</strong>g ist die Übertragung von eigenen Aufgaben auf e<strong>in</strong> Dienstleistungsunternehmen (Contractor). Beim so genannten Energie-E<strong>in</strong>spar- o<strong>der</strong><br />
Performancecontract<strong>in</strong>g gibt <strong>der</strong> Contractor e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>spargarantie und plant, baut, f<strong>in</strong>anziert sowie betreibt alle Maßnahmen die zur Erreichung <strong>der</strong><br />
Energiee<strong>in</strong>sparung erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d. Als Gegenleistung erhält er dafür e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> e<strong>in</strong>gesparten Energiekosten.
22 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
wie es ist<br />
3.3. Bei <strong>der</strong> Versorgung mit Rohstoffen drohen Engpässe<br />
<strong>NRW</strong>-Anteil an den Industriebeschäftigten<br />
Betriebe mit 50 und mehr Beschäftigten im Jahr 2008<br />
Industrie gesamt<br />
21 79<br />
Rohstoff<strong>in</strong>dustrie<br />
Quelle:<br />
IT.<strong>NRW</strong>,<br />
Statistisches Bundesamt,<br />
Verarbeitendes Gewerbe,<br />
Bergbau und Gew<strong>in</strong>nung<br />
von Ste<strong>in</strong>en und Erden,<br />
Monatsberichte,<br />
eigene Berechnungen<br />
59 41<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
<strong>in</strong> Prozent<br />
<strong>NRW</strong> übrige Bundeslän<strong>der</strong><br />
<strong>NRW</strong> ist Rohstoffland: <strong>NRW</strong> verfügt über zahlreiche,<br />
auch nichtenergetische, Rohstoffe, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Baustoffe,<br />
Salze, Ste<strong>in</strong>e und Erden, die für die Wirtschaft<br />
von großer Bedeutung s<strong>in</strong>d. Es besteht die Gefahr, dass<br />
es zu Engpässen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Versorgung mit heimischen<br />
Rohstoffen kommt und die Importabhängigkeit <strong>NRW</strong>s<br />
und Deutschlands weiter ansteigt.<br />
Konkurrierende Nutzungsansprüche erschweren<br />
Gew<strong>in</strong>nung von Rohstoffen: E<strong>in</strong>e Reihe von Rohstofflagerstätten<br />
ist durch Schutzgebietsausweisungen<br />
und Festsetzungen mit an<strong>der</strong>en Nutzungen überplant<br />
und damit <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> <strong>der</strong> Rohstoffgew<strong>in</strong>nung de facto<br />
versperrt. Ursachen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Gewässer-,<br />
Natur- und Landschaftsschutz (z.B. im Rahmen von<br />
„Natura 2000“ 3 ). An<strong>der</strong>s als <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n<br />
und auch an<strong>der</strong>s als <strong>in</strong> weiteren EU-Mitgliedsstaaten<br />
führt e<strong>in</strong>e Schutzgebietswidmung rohstoffführen<strong>der</strong><br />
Flächen <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> regelmäßig und grundsätzlich zu e<strong>in</strong>er<br />
Versagung <strong>der</strong> raumordnerischen Ausweisung als Rohstoffgew<strong>in</strong>nungsstätte<br />
bzw. <strong>der</strong> Gew<strong>in</strong>nungsgenehmigung<br />
selbst (Tabuflächen).<br />
Industriearbeitsplätze erhalten: Die Rohstoffbranche<br />
ist e<strong>in</strong> wichtiger Wirtschaftsfaktor. Alle<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bereich<br />
Ste<strong>in</strong>e und Erden stellt rund 30.000 Arbeitsplätze, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Branche selbst und zugleich mittelbar bei Zulieferanten<br />
und Abnehmern. Die Beschäftigungsmöglichkeiten s<strong>in</strong>d<br />
dort subventionsfrei, wettbewerbsfähig, betreffen häufig<br />
Menschen mit e<strong>in</strong>er soliden handwerklichen Ausbildung<br />
und haben <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> den ländlichen Gebieten, <strong>in</strong><br />
denen es nicht so viele Arbeitsplätze gibt, erhebliche<br />
Bedeutung.<br />
3<br />
Natura 2000 ist die offizielle Bezeichnung für e<strong>in</strong> zusammenhängendes Netz beson<strong>der</strong>er Schutzgebiete, das <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Europäischen Union errichtet wird.<br />
Se<strong>in</strong> Zweck ist <strong>der</strong> län<strong>der</strong>übergreifende Schutz gefährdeter wildleben<strong>der</strong> heimischer Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume.
3 | Umwelt, Energie und Rohstoffe<br />
23<br />
Versorgungsengpässe vermeiden und Zugang planerisch sichern<br />
wie es se<strong>in</strong> sollte<br />
Damit die Versorgung <strong>der</strong> Wirtschaft mit heimischen Rohstoffen gewährleistet ist, muss die<br />
Landesregierung den Zugang zu geeigneten Flächen <strong>in</strong> ausreichendem Maße sicherstellen.<br />
Versorgungsanspruch <strong>der</strong> Wirtschaft <strong>in</strong><br />
Landespolitik verankern: Bei Lockergeste<strong>in</strong>en muss<br />
<strong>der</strong> Zugang zu Rohstofflagerstätten <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> für m<strong>in</strong>destens<br />
30 Jahre gesichert werden. Bei Festgeste<strong>in</strong>en und<br />
hochre<strong>in</strong>em weißen Quarzkies s<strong>in</strong>d z.B. aufgrund <strong>der</strong><br />
hohen Kapital<strong>in</strong>tensität 50 Jahre erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Genügend Flächen durch e<strong>in</strong>deutige Widmung<br />
sichern: Bei Gebietsausweisungen muss das Vorhandense<strong>in</strong><br />
von Lagerstätten und nicht <strong>der</strong> voraussichtliche<br />
Rohstoffbedarf maßgeblich se<strong>in</strong>. Zeitlich gestaffelte<br />
Landschaftsnutzungen – z.B. Forstwirtschaft, Rohstoffgew<strong>in</strong>nung,<br />
Naturschutzgebiet o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Nachfolgenutzungen<br />
– müssen ermöglicht werden. In <strong>der</strong> Raumordnung<br />
und den Genehmigungsverfahren ist e<strong>in</strong>e<br />
gleichrangige Abwägung zwischen Rohstoffgew<strong>in</strong>nung<br />
und an<strong>der</strong>en Aspekten sicherzustellen. Die Kompatibilität<br />
verschiedener Raumnutzungen bzw. Flächenwidmungen<br />
ist ergebnisoffen zu prüfen.<br />
Natura 2000-Richtl<strong>in</strong>ien anpassen: <strong>NRW</strong> muss<br />
sich <strong>in</strong> Brüssel weiterh<strong>in</strong> dafür e<strong>in</strong>setzen, dass e<strong>in</strong>e<br />
Anpassung vorgenommen wird. Bei Entstehen e<strong>in</strong>es Bedarfs<br />
muss e<strong>in</strong>e Überprüfung <strong>der</strong> betreffenden Flächenwidmung<br />
unter gleichrangiger Abwägung <strong>der</strong> ökologischen,<br />
ökonomischen und sozialen Belange mit dem<br />
Ziel e<strong>in</strong>er Doppel- bzw. Parallelnutzung erfolgen. Für<br />
<strong>NRW</strong> selbst ist e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltlich entsprechende Regelung<br />
rechtlich zu verankern.<br />
Standortgebundenheit stärker berücksichtigen:<br />
Sowohl aus Sicht <strong>der</strong> rohstoffgew<strong>in</strong>nenden Wirtschaft<br />
wie auch aus Gründen <strong>der</strong> Versorgungssicherheit mit<br />
Rohstoffen muss dem Merkmal <strong>der</strong> Standortgebundenheit<br />
entsprechen<strong>der</strong> Ressourcen Vorrang e<strong>in</strong>geräumt<br />
werden. Soweit Alternativen nicht zur Verfügung stehen,<br />
müssen an<strong>der</strong>e Belange zurückstehen.<br />
Kiesabgabe wäre e<strong>in</strong> falsches Signal: Der auf<br />
kommunaler und regionaler politischer Ebene geäußerte<br />
Vorschlag zur E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er Kiesabgabe ist<br />
ordnungspolitisch bedenklich. Er stellt sich als regional<br />
begrenzter E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> den freien Markt dar, <strong>der</strong> zu e<strong>in</strong>er<br />
Verzerrung des Wettbewerbs <strong>in</strong>nerhalb und außerhalb<br />
Deutschlands führt und nordrhe<strong>in</strong>-westfälische Unternehmen<br />
massiv benachteiligen würde. Dies gilt umso<br />
mehr, als diese <strong>in</strong> großem Ausmaß mittelständisch<br />
strukturiert s<strong>in</strong>d. Außerdem wären erhebliche Preissteigerungseffekte<br />
im Hoch- und Tiefbau zu erwarten<br />
– gerade auch für die öffentliche Hand als e<strong>in</strong>en <strong>der</strong><br />
größten Auftraggeber <strong>in</strong> diesen Bereichen.<br />
Freien Warenverkehr sicherstellen: Die EU garantiert<br />
e<strong>in</strong>en freien Austausch von Waren und Dienstleistungen.<br />
Diese Errungenschaft darf nicht durch planerische<br />
Maßnahmen und E<strong>in</strong>schränkungen beim Export<br />
von Rohstoffen ausgehebelt werden. Dies gilt auch für<br />
mittelbare Auswirkungen durch die Ausweisung von<br />
Flächen als Schutzgebiete nach nationalen o<strong>der</strong> EUweiten<br />
Kriterien.<br />
Folgende <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong><br />
müssen das<br />
wirtschaftspolitische<br />
Handeln bestimmen
24 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
4<br />
Verkehr, Raumordnung und<br />
Stadtentwicklung<br />
Stauanteile <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />
Übrige<br />
Nie<strong>der</strong>sachsen<br />
6<br />
12<br />
Berl<strong>in</strong><br />
7<br />
39<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
Baden-Württemberg<br />
8<br />
8<br />
Quelle:<br />
Institut für<br />
Verkehrswissenschaft<br />
(IVM Münster), 2007<br />
Hessen<br />
20<br />
Bayern<br />
wie es ist<br />
4.1. Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur ist Engpass für Wachstum und Beschäftigung<br />
Wachstumsbremse Dauerstau: <strong>NRW</strong> ist Stauland<br />
Nr. 1 <strong>in</strong> Deutschland. Rund 40 Prozent aller Staus auf<br />
den Straßen <strong>in</strong> Deutschland f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> <strong>NRW</strong>. Unternehmen<br />
und Privatpersonen verlieren Milliarden im<br />
Stillstand. Dies hat negative Wirkungen auf Wachstum<br />
und Beschäftigung.<br />
Infrastruktur chronisch unterf<strong>in</strong>anziert: <strong>NRW</strong><br />
partizipiert nur zu 15 Prozent an den Ausgaben des<br />
Bundes für Straßen, Schienen und Wasserwege. Der Bedarf<br />
liegt ungleich höher. Der Stauatlas des Deutschen<br />
Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zeigt für<br />
die Straßen überdeutlich, dass e<strong>in</strong> Großteil <strong>der</strong> stauanfälligen<br />
Strecken <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> liegt. H<strong>in</strong>zu kommt, dass<br />
aus <strong>der</strong> Unterf<strong>in</strong>anzierung auch e<strong>in</strong> hoher Mittelbedarf<br />
alle<strong>in</strong> für Erhalt und Instandsetzung von Straßen und<br />
Brücken sowie <strong>in</strong>nerstädtischen und überregionalen<br />
Schienennetzen resultiert. Staus und zunehmende<br />
Geschw<strong>in</strong>digkeitsbeschränkungen sowie „Langsamfahrstellen“<br />
im Schienenverkehr s<strong>in</strong>d die Folge.<br />
Kollaps droht im Transitland <strong>NRW</strong> wegen überdurchschnittlichen<br />
Verkehrswachstums: Der Güterverkehr<br />
wird bis 2025 <strong>in</strong> Deutschland um rund 71 Prozent<br />
zunehmen. <strong>NRW</strong> – als Haupttransitland – wird<br />
überproportional zulegen. Die negativen Wachstumsund<br />
Beschäftigungseffekte werden aufgrund <strong>der</strong> unzureichenden<br />
Infrastrukturentwicklung zunehmen. Nicht<br />
nur die Straßen, auch Eisenbahnstrecken und Wasserwege<br />
weisen Engpässe auf. Gerade <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rhe<strong>in</strong>schiene,<br />
aber auch h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Wasserstraße im Ruhrgebiet<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft Engpässe programmiert. Auch hier<br />
gilt: Die Bundesmittel reichen nicht, dem notwendigen<br />
Bedarf rechtzeitig mit Aus- und Neubau zu begegnen.<br />
Zudem fehlen nach wie vor wichtige Lückenschlüsse im<br />
Fernstraßennetz <strong>in</strong>nerhalb und außerhalb <strong>der</strong> Ballungsräume,<br />
die ebenfalls zu erheblichen Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen des<br />
überregionalen, aber auch regionalen Verkehrs führen;<br />
auch hier besteht Handlungsbedarf.
4 | Verkehr, Raumordnung und Stadtentwicklung<br />
25<br />
Investitionen <strong>in</strong> die Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur zügig angehen<br />
wie es se<strong>in</strong> sollte<br />
Mobilität ist Grundvoraussetzung für die Unternehmen <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, um auch <strong>in</strong><br />
Zukunft wettbewerbsfähig zu se<strong>in</strong>. Das Verkehrswachstum, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e im Güterverkehr,<br />
erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong> sofortiges Handeln.<br />
Was muss Verkehrspolitik leisten? Trotz f<strong>in</strong>anzieller<br />
Anspannung muss das Land <strong>NRW</strong> mehr <strong>in</strong>vestieren.<br />
Die bisher allzu maßvollen Erhöhungen des Haushaltstitels<br />
für den Landesstraßenbau reichen nicht aus.<br />
Zudem müssen die Mittel dort e<strong>in</strong>gesetzt werden, wo<br />
die größten Engpässe auftreten.<br />
<strong>NRW</strong> muss den Bund zur stärkeren Nutzerf<strong>in</strong>anzierung<br />
bewegen: Um die Entscheidungen über<br />
die F<strong>in</strong>anzierung von Vorhaben von jährlichen Haushaltsberatungen<br />
zu entkoppeln, müssen die Maute<strong>in</strong>nahmen<br />
<strong>der</strong> Verkehrs<strong>in</strong>frastrukturf<strong>in</strong>anzierungsgesellschaft (VIFG)<br />
zweckgebunden für den Fernstraßenbau übertragen<br />
werden. Sie entscheidet nach gesamtwirtschaftlichen<br />
Prioritäten. E<strong>in</strong>e entsprechende Bundesrats<strong>in</strong>itiative<br />
ist das richtige Mittel.<br />
Verstärkt E<strong>in</strong>fluss auf die Bundesverkehrswegeplanung<br />
nehmen: <strong>NRW</strong> ist <strong>in</strong>nerhalb Deutschlands<br />
das verkehrsreichste Land mit <strong>der</strong> höchsten Verkehrsdichte.<br />
Diesem Fakt muss <strong>in</strong> <strong>der</strong> bald beg<strong>in</strong>nenden<br />
Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans Rechnung<br />
getragen werden. Die Landesregierung muss diesen<br />
Umstand für e<strong>in</strong>e bedarfsgerechte Verteilung <strong>der</strong><br />
Mittel nutzen.<br />
Mehr Rationalität <strong>in</strong> <strong>der</strong> verkehrsbezogenen<br />
Umweltpolitik e<strong>in</strong>führen: Maßnahmen wie die<br />
E<strong>in</strong>führung von Umweltzonen, Lärmaktionsplänen o<strong>der</strong><br />
Straßensperrungen für Lkw-Verkehr müssen künftig<br />
vorab e<strong>in</strong>er systematischen Bewertung unterzogen<br />
werden. Nutzen und Kosten müssen dabei gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
abgewogen werden. Übersteigen die Kosten den<br />
Nutzen, dürfen die Maßnahmen nicht e<strong>in</strong>geführt werden.<br />
Ist die E<strong>in</strong>führung unumgänglich, müssen Regelungen<br />
gefunden werden, die mit e<strong>in</strong>em vertretbaren<br />
Aufwand durchgeführt werden können.<br />
Mehr Akzeptanz für Vorhaben aller Verkehrsträger:<br />
Die gesellschaftlichen Wi<strong>der</strong>stände gegen den<br />
Verkehr s<strong>in</strong>d erheblich gestiegen. Nahezu alle wirtschaftlich<br />
für notwendig befundenen Projekte im Wasserstraßen-,<br />
Schienen- und Straßenbau sowie <strong>der</strong> Flughafenausbau<br />
treffen <strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong> Teilen <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
auf e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Akzeptanz. Verkehrspolitik hat die vordr<strong>in</strong>gliche<br />
Aufgabe, Entscheidungen zu treffen, auch<br />
gegen Wi<strong>der</strong>stände vor Ort. Die Notwendigkeit e<strong>in</strong>es<br />
weiteren Ausbaus muss <strong>in</strong>tensiver erklärt und mo<strong>der</strong>iert<br />
werden, um gesellschaftliche Mehrheiten zu gew<strong>in</strong>nen.<br />
Flughafen<strong>in</strong>frastruktur weiterentwickeln: Als<br />
Exportland benötigt <strong>NRW</strong> e<strong>in</strong>e leistungsstarke und<br />
wettbewerbsfähige Flughafen<strong>in</strong>frastruktur. Diese muss<br />
bedarfs- und nachfragegerecht weiterentwickelt werden.<br />
Auch muss <strong>der</strong> Flugbetrieb an die wirtschaftlichen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
angepasst werden. Die Flughäfen dürfen <strong>in</strong><br />
ihren Betriebsgenehmigungen nicht weiter e<strong>in</strong>geschränkt<br />
werden.<br />
Hafenvorranggebiete für die Leistungsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> B<strong>in</strong>nenschifffahrt sichern: Die B<strong>in</strong>nenschifffahrt<br />
kann die ihr zugewiesene Rolle nur ausfüllen,<br />
wenn ausreichend wassernahe Umschlagflächen zur<br />
Verfügung stehen. Hafenvorranggebiete im Landesentwicklungsplan<br />
auszuweisen wäre e<strong>in</strong> geeignetes Instrument,<br />
die Flächen zu sichern und entwickeln zu können.<br />
Folgende <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong><br />
müssen das<br />
wirtschaftspolitische<br />
Handeln bestimmen
26 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
wie es ist<br />
4.2. Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen muss Raum für Wirtschaft se<strong>in</strong><br />
Der Chemiepark Marl<br />
Foto:<br />
Infracor<br />
Diskussion über den Flächengebrauch zu Lasten<br />
<strong>der</strong> Wirtschaft geführt: In den Diskussionen über<br />
den Flächengebrauch wird die Wirtschaft als Flächenfresser<br />
dargestellt. Neue Gewerbeflächenausweisungen<br />
werden vor diesem H<strong>in</strong>tergrund beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t. Investitionen<br />
gehen an an<strong>der</strong>e Standorte außerhalb von <strong>NRW</strong> und<br />
Deutschland. Dabei nutzt die Wirtschaft weniger als<br />
3 Prozent <strong>der</strong> Fläche <strong>in</strong> <strong>NRW</strong>.<br />
Infrastruktur ist den Anfor<strong>der</strong>ungen des Güterverkehrs<br />
nicht gewachsen: Alle<strong>in</strong> <strong>der</strong> Straßengüterverkehr<br />
wird bis 2025 um rund 80 Prozent wachsen. Die<br />
B<strong>in</strong>nenschifffahrt benötigt bis 2025 325 Hektar zusätzlicher<br />
Umschlagfläche. Der Infrastrukturausbau bleibt<br />
weit h<strong>in</strong>ter dem Bedarfsanstieg zurück.<br />
Flächenpolitik verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t Wachstum: Emittierende<br />
Unternehmen benötigen Standorte abseits von Wohnlagen.<br />
Diese s<strong>in</strong>d kaum vorhanden. Verkehrsvermeidende<br />
Standorte an Hauptverkehrsachsen dürfen wegen<br />
landesplanungsrechtlicher Vorgaben nicht <strong>in</strong> Anspruch<br />
genommen werden. Wohnnutzungen rücken immer<br />
näher an emittierende Unternehmen heran. Die kosten<strong>in</strong>tensiven<br />
Auflagen für den Immissionsschutz und die<br />
Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung von Ansiedlungs- und Erweiterungsvorhaben<br />
gehen zu Lasten <strong>der</strong> Wettbewerbsfähigkeit <strong>der</strong><br />
Unternehmen und verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n Wachstum.
4 | Verkehr, Raumordnung und Stadtentwicklung<br />
27<br />
Flexible und ausreichende Flächenangebote für Unternehmen<br />
wie es se<strong>in</strong> sollte<br />
Der Wohlstand Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalens fußt <strong>in</strong> erheblichem Maße auf e<strong>in</strong>er exportorientierten<br />
<strong>in</strong>dustriellen Wirtschaft und e<strong>in</strong>em mo<strong>der</strong>nen Verkehrs- und Logistiksystem. Auch <strong>der</strong> Erfolg<br />
vieler Dienstleistungsunternehmen ist verbunden mit den Wertschöpfungsprozessen <strong>der</strong> <strong>in</strong>dustriellen<br />
Wirtschaft. Will Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen se<strong>in</strong>e Standortvorteile weiterh<strong>in</strong> effizient nutzen,<br />
so s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> qualitativ differenziertes und quantitativ ausreichendes Flächenangebot sowie e<strong>in</strong>e<br />
leistungsfähige Infrastruktur unverzichtbar.<br />
Neues Verständnis des Flächengebrauchs:<br />
Der Flächengebrauch erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e Def<strong>in</strong>ition, möglichst<br />
auf Basis e<strong>in</strong>er Nettoberechnung. In <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Diskussion dürfen nur solche Flächen berücksichtigt<br />
werden, die tatsächlich gewerblich nutzbar s<strong>in</strong>d.<br />
Abstandsflächen, Grünflächen und sonstige nicht überbaubare<br />
Flächen, werden nicht versiegelt und somit auch<br />
nicht verbraucht. Die aktuelle demografische Entwicklung<br />
ist ohne Relevanz bei <strong>der</strong> Begründung o<strong>der</strong> Begrenzung<br />
e<strong>in</strong>es gewerblich/<strong>in</strong>dustriellen Flächenbedarfs.<br />
Gewerbe- und Industrieflächen nach Bedarf:<br />
Gewerbe- und Industrieflächen s<strong>in</strong>d flexibel dort auszuweisen,<br />
wo die Unternehmen Flächen benötigen, gegebenenfalls<br />
auch an emissionsvorbelasteten Hauptverkehrsachsen.<br />
Umgebungsschutz für Vergangenheit und<br />
Zukunft: Sowohl vorhandene als auch künftig auszuweisende<br />
gewerblich/<strong>in</strong>dustrielle Flächen s<strong>in</strong>d mit<br />
e<strong>in</strong>em Umgebungsschutz zu versehen, um durch e<strong>in</strong><br />
klares Trennungsgebot bei konkurrierenden Flächennutzungen<br />
langfristige Investitionssicherheit für<br />
Unternehmen zu gewährleisten.<br />
Bessere Infrastruktur für Güterverkehr: Der<br />
bedarfsgerechte Ausbau <strong>der</strong> Supra- und Infrastruktur<br />
muss den Güterverkehrsprognosen Rechnung tragen.<br />
Unverzichtbar ist dabei e<strong>in</strong> klares Bekenntnis <strong>der</strong> Landesregierung<br />
zu konfliktfreien Infrastruktur-Vorrangstandorten<br />
und <strong>der</strong>en verkehrsträgerübergreifenden<br />
Ausbau. Auf e<strong>in</strong>e „Schiene-Vorrang-Politik“ muss<br />
verzichtet werden. Auf e<strong>in</strong>e Gleichbehandlung aller<br />
Verkehrsträger ist zu achten.<br />
Kulturlandschaften nicht konservieren: Kulturlandschaften<br />
als Ergebnisse jahrhun<strong>der</strong>telanger, dynamischer<br />
Flächennutzung durch Landwirtschaft, Wohnen,<br />
Gewerbe und Industrie müssen auch <strong>in</strong> Zukunft die Möglichkeit<br />
des Wandels zulassen und dürfen nicht auf die<br />
Ziele des Naturschutzes reduziert werden. Dies gilt auch<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für die Nutzung <strong>der</strong> Naturräume im Rahmen<br />
von Rohstoffabbauvorhaben und durch touristische<br />
Angebote.<br />
Folgende <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong><br />
müssen das<br />
wirtschaftspolitische<br />
Handeln bestimmen
28 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
wie es ist<br />
4.3. Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalens Städte verlieren wirtschaftliche Basis<br />
Bewilligung von Städtebauzuschüssen <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen (<strong>in</strong> Milliarden Euro)<br />
250<br />
Landesmittel Bundesmittel EU-Mittel<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
Quelle:<br />
ILS, trends, Ausgabe 03/07<br />
0<br />
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005<br />
2006<br />
E<strong>in</strong>zelhandel an falschen Standorten kann<br />
Innenstädten schaden: Der E<strong>in</strong>zelhandel prägt viele<br />
Innenstädte und Stadtteilzentren. Die Ansiedlung von<br />
großflächigem E<strong>in</strong>zelhandel außerhalb <strong>der</strong> Zentren<br />
führt nicht selten zur Aufgabe von E<strong>in</strong>zelhandelsangeboten<br />
<strong>in</strong> Innenstädten. In <strong>der</strong> Folge kann das Stadtzentrum<br />
veröden. Deshalb muss die Ansiedlung des<br />
E<strong>in</strong>zelhandels gesteuert werden. Der Verfassungsgerichtshof<br />
<strong>NRW</strong> und das Oberverwaltungsgerichtes<br />
<strong>NRW</strong> attestieren <strong>der</strong> raumordnerischen Steuerung<br />
auf Landesebene Defizite.<br />
Innerstädtischer Verkehr wird zunehmend<br />
e<strong>in</strong>geschränkt: Durchfahrtsverbote, Umweltzonen,<br />
Verknappung und Verteuerung des Parkplatzangebotes<br />
sowie Lieferzeite<strong>in</strong>schränkungen prägen den <strong>in</strong>nerstädtischen<br />
Verkehr. Damit werden Innenstädte als Orte des<br />
Handels, <strong>der</strong> Dienstleistung, <strong>der</strong> Kultur, des Wohnens<br />
und <strong>der</strong> Freizeit benachteiligt. Die „Grüne Wiese“ hat<br />
demgegenüber Wettbewerbsvorteile.<br />
Flexibilität des Baurechts (Baugesetzbuch und<br />
Baunutzungsverordnung) wird unzureichend<br />
berücksichtigt: Großflächiger E<strong>in</strong>zelhandel kann auf<br />
<strong>der</strong> Basis des Baurechts (BauGB und <strong>der</strong> BauNVO) flexibel<br />
gesteuert werden. In <strong>der</strong> Praxis berücksichtigen die<br />
Planungs- und Genehmigungsbehörden die Spielräume<br />
oft nicht h<strong>in</strong>reichend. Dadurch werden Handelsunternehmen<br />
bei Ansiedlungswünschen unverhältnismäßig<br />
beschränkt.
4 | Verkehr, Raumordnung und Stadtentwicklung<br />
29<br />
Innenstadtentwicklung wirtschaftsfreundlich gestalten<br />
wie es se<strong>in</strong> sollte<br />
Die Innenstädte <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen brauchen e<strong>in</strong>e wirtschaftliche Basis. Nur wenn sie gut<br />
erreichbar s<strong>in</strong>d, kundenorientierte Dienstleistungen sowie Kaufangebote aufweisen und zukunftsfähige<br />
Arbeitsplätze vorhanden s<strong>in</strong>d, bleiben sie attraktiv. Dies muss die Stadtentwicklung<br />
künftig berücksichtigen.<br />
§ 24a Landesentwicklungsprogramm-LEPro<br />
überarbeiten: Die Landesregierung sollte den Defiziten<br />
<strong>der</strong> landesplanungsrechtlichen Steuerung von großflächigem<br />
E<strong>in</strong>zelhandel begegnen. Im Rahmen e<strong>in</strong>er Novellierung<br />
des § 24a Landesentwicklungsprogramm-Gesetz<br />
sollten Ziele def<strong>in</strong>iert werden, an die Kommunen<br />
zw<strong>in</strong>gend gebunden s<strong>in</strong>d.<br />
Zentrenkonzepte entwickeln und bauplanungsrechtlich<br />
ordnen: Kommunen sollten kommunizieren,<br />
wo sie großflächigen E<strong>in</strong>zelhandel zulassen wollen. In<br />
Zentrenkonzepten sollten Innenstädte und Stadtteilzentren<br />
als „Zentrale Versorgungsbereiche“ ausgewiesen<br />
und ergänzend Standorte für großflächige E<strong>in</strong>zelhandelsbetriebe<br />
mit nicht-zentrenrelevanten Kernsortimenten<br />
def<strong>in</strong>iert werden. Dabei muss nachvollziehbar festgelegt<br />
se<strong>in</strong>, welche Sortimente zentren- und welche nichtzentrenrelevant<br />
s<strong>in</strong>d. Zudem müssen die aus gewiesenen<br />
„Zentralen Versorgungsbereiche“ und ergänzende<br />
Standorte bauplanungsrechtlich gesichert se<strong>in</strong>.<br />
Spielräume des Baurechts (BauGB und BauNVO)<br />
flexibel nutzen: Kommunen sollten die Flexibilität<br />
von BauGB und BauNVO <strong>in</strong>tensiver als bisher im S<strong>in</strong>ne<br />
wirtschaftsfreundlicher Entscheidungen nutzen.<br />
Großflächigen E<strong>in</strong>zelhandel nach Sortiment<br />
beurteilen und ansiedeln: Die Sortimente des großflächigen<br />
E<strong>in</strong>zelhandels müssen mit Blick auf ihre Bedeutung<br />
für Angebote <strong>in</strong> Innenstädten bewertet werden.<br />
Betriebe mit so genannten zentrenrelevanten<br />
Kernsortimenten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> die Innenstädte und Stadtteilzentren<br />
zu verweisen. Für alle an<strong>der</strong>en großflächigen<br />
Betriebe sollten auch Standorte außerhalb von Zentren<br />
möglich se<strong>in</strong>. Dann sollten zentrenrelevante Randsortimente<br />
e<strong>in</strong>e deutlich untergeordnete Rolle spielen.<br />
Erreichbarkeit <strong>der</strong> Innenstädte verbessern: Der<br />
öffentliche Personennahverkehr kann die Mobilitätsansprüche<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stadt nur teilweise befriedigen. Er<br />
kann den motorisierten Individual- bzw. Güterverkehr<br />
<strong>in</strong> den Innenstädten nicht ersetzen. Individual- und<br />
öffentlicher Verkehr tragen beide zur Erreichbarkeit <strong>der</strong><br />
Innenstädte bei. Sie haben ihre beson<strong>der</strong>en Stärken und<br />
müssen entsprechend behandelt werden. Unabhängig<br />
von <strong>der</strong> Verkehrsmittelwahl muss die städtische Verkehrspolitik<br />
die Erreichbarkeit und reibungslose Verkehrsflüsse<br />
für alle Verkehrsteilnehmer sicherstellen.<br />
Städtebauför<strong>der</strong>ung des Landes weiter aufrechterhalten:<br />
Die kommunale Infrastruktur bildet<br />
die Grundlage für die Funktionsfähigkeit unserer Städte.<br />
Für ihren Erhalt und Ausbau kommt <strong>der</strong> Städtebauför<strong>der</strong>ung<br />
des Landes herausragende Bedeutung zu. Sie ist<br />
zugleich Auslöser für die Aktivierung wirtschaftlichen<br />
Engagements im Rahmen <strong>der</strong> Stadtentwicklung. Deshalb<br />
muss die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> bisher praktizierten<br />
Städtebauför<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> Quantität und Qualität vordr<strong>in</strong>glich<br />
sichergestellt werden.<br />
Folgende <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong><br />
müssen das<br />
wirtschaftspolitische<br />
Handeln bestimmen
30 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
5<br />
Steuern, Abgaben, Bürokratie<br />
und Verwaltungsstrukturen<br />
Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften<br />
35<br />
Gewerbesteuer Körperschaftssteuer Solidaritätszuschlag<br />
30<br />
28,08<br />
29,13<br />
29,83<br />
30,18<br />
31,58<br />
Quelle:<br />
IHK Köln 2009<br />
Gesamtsteuerbelastung <strong>in</strong> Prozent<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
22,83<br />
12,25<br />
13,30<br />
14,00<br />
14,35<br />
7,00<br />
15,00<br />
15,00<br />
15,00<br />
15,00<br />
15,00<br />
0,83<br />
0,83<br />
0,83<br />
0,83<br />
0,83<br />
200 350 380 400 410<br />
Gewerbesteuerhebesatz <strong>in</strong> Prozent<br />
15,75<br />
15,00<br />
0,83<br />
450<br />
wie es ist<br />
5.1. Steuerwettbewerb und Haushaltslöcher schaden Standort <strong>NRW</strong><br />
Gewerbesteuer <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> vergleichsweise hoch:<br />
In <strong>NRW</strong> s<strong>in</strong>d die Hebesätze für die Gewerbesteuer hoch.<br />
Mit e<strong>in</strong>em durchschnittlichen Gewerbesteuerhebesatz <strong>in</strong><br />
Höhe von 433 Prozent im Vergleich zum bundesweiten<br />
Durchschnitt <strong>der</strong> Flächenlän<strong>der</strong> (389 Prozent) belegt<br />
<strong>NRW</strong> e<strong>in</strong>en traurigen Spitzenplatz.<br />
F<strong>in</strong>anzen von Städten und Geme<strong>in</strong>den besorgniserregend:<br />
Zum Jahresende 2009 werden von den<br />
360 kreiszugehörigen Kommunen nur lediglich knapp<br />
50 e<strong>in</strong>en ausgeglichenen Haushalt aufstellen. Bei den<br />
Großstädten s<strong>in</strong>d ausgeglichene Haushalte ebenfalls<br />
eher die Ausnahme.<br />
Öffentlicher Schuldenberg wächst ungebremst:<br />
Die öffentliche Verschuldung hat <strong>in</strong> den letzten 10 Jahren<br />
erheblich zugenommen. Im Jahr 2009 hat <strong>NRW</strong> 5,9 Mrd.<br />
Euro neue Schulden gemacht.<br />
Schuldendienst reduziert Handlungsspielräume:<br />
Ende 2008 beliefen sich die gesamten Verb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />
bei Städten und Kreisen auf 50,3 Mrd. Euro. Hierfür<br />
mussten alle<strong>in</strong>e rund 1,7 Mrd. Euro Tilgungsleistungen<br />
aufgewendet werden. Erschreckend ist <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die<br />
stetige Zunahme <strong>der</strong> Kassenkredite auf 14,6 Mrd. Euro,<br />
da hier den Schulden ke<strong>in</strong>e Vermögenswerte gegenüberstehen.
5 | Steuern, Abgaben, Bürokratie und Verwaltungsstrukturen<br />
31<br />
Gewerbesteuer abschaffen – F<strong>in</strong>anzen konsolidieren<br />
wie es se<strong>in</strong> sollte<br />
<strong>NRW</strong> trägt aufgrund <strong>der</strong> Zustimmungspflichtigkeit <strong>der</strong> Steuergesetze im Bundesrat e<strong>in</strong>e hohe<br />
Verantwortung. Geme<strong>in</strong>sam mit an<strong>der</strong>en muss Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen Reformen auf den Weg<br />
br<strong>in</strong>gen. Land und Kommunen bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> F<strong>in</strong>anznot. Statt weiter Schulden aufzutürmen,<br />
müssen die öffentlichen Haushalte konsolidiert und Schulden abgebaut werden. Das senkt die<br />
Z<strong>in</strong>sausgaben und vergrößert den f<strong>in</strong>anziellen Spielraum für öffentliche Investitionen.<br />
Gewerbesteuer abschaffen und durch alternative<br />
Steuer ersetzen: Die dramatischen E<strong>in</strong>brüche<br />
bei <strong>der</strong> Gewerbesteuer beweisen e<strong>in</strong>mal mehr, dass diese<br />
ke<strong>in</strong>e verlässliche F<strong>in</strong>anzierungsquelle für die Städte<br />
und Geme<strong>in</strong>den <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen darstellt. Als<br />
e<strong>in</strong>seitige Son<strong>der</strong>steuer für die gewerbliche Wirtschaft<br />
ist die Gewerbesteuer abzuschaffen und durch e<strong>in</strong>e<br />
konjunkturunabhängige Kommunalsteuer zu ersetzen.<br />
Dazu wären alle H<strong>in</strong>zurechnungen und Kürzungen<br />
im Rahmen <strong>der</strong> bisherigen Gewerbesteuerermittlung<br />
ersatzlos zu streichen. Ergebnis ist dann e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong><br />
gew<strong>in</strong>norientierte Steuer.<br />
Geme<strong>in</strong>def<strong>in</strong>anzierung reformieren: E<strong>in</strong>e Neuordnung<br />
des kommunalen F<strong>in</strong>anzausgleichs <strong>in</strong> <strong>NRW</strong><br />
muss dr<strong>in</strong>gend gefunden werden. Angesichts des bundesweit<br />
höchsten Hebesatzniveaus ist es erfor<strong>der</strong>lich, die<br />
fiktiven Hebesätze im Rahmen <strong>der</strong> Steuerkraftmessung<br />
auf e<strong>in</strong> bundesdurchschnittliches Niveau (380 Prozent)<br />
zu senken. Die aufgrund <strong>der</strong> aktuell hohen Festlegung<br />
normierter Hebesätze (403 Prozent) im F<strong>in</strong>anzausgleichssystem<br />
bewirkte Aufwärtsspirale <strong>der</strong> Gewerbesteuerhebesätze<br />
ließe sich dadurch abmil<strong>der</strong>n.<br />
Auf Kernaufgaben konzentrieren: Die Wirtschaft<br />
for<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e Überprüfung öffentlicher Leistungen. Es<br />
muss neu entschieden werden, welche Aufgaben entfallen<br />
und welche auf private Anbieter übertragen<br />
werden können.<br />
Konsolidierung trotz Krise vorantreiben: Die<br />
öffentlichen Haushalte s<strong>in</strong>d durch e<strong>in</strong> stetiges Zurückführen<br />
<strong>der</strong> Ausgaben zu sanieren. Ziel muss es se<strong>in</strong>, auf<br />
Dauer ausgeglichene Haushalte zu erzielen und damit<br />
die Netto-Neuverschuldung auf Null zurückzuführen.<br />
Konnexitätspr<strong>in</strong>zip stärken: Jede Gebietskörperschaft,<br />
die gesetzlich zur Erfüllung staatlicher Aufgaben<br />
verpflichtet ist, sollte auch die Kosten dafür tragen. Gesetze,<br />
die Aufgaben auf an<strong>der</strong>e Ebenen übertragen, sollten<br />
e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igung über die Kostentragung be<strong>in</strong>halten.<br />
Folgende <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong><br />
müssen das<br />
wirtschaftspolitische<br />
Handeln bestimmen
32 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
wie es ist<br />
5.2. Bürokratielast reduzieren und Verwaltungen effizienter machen<br />
Durch Bürokratie verursachtes Belastungsempf<strong>in</strong>den („Gefühlte“ Belastung <strong>in</strong> Prozent)<br />
ger<strong>in</strong>g 2,2<br />
sehr ger<strong>in</strong>g 0,6<br />
mittel<br />
18,1<br />
sehr hoch<br />
33,2<br />
Quelle:<br />
IfM Bonn, 2003<br />
(eigene Darstellung)<br />
hoch<br />
45,9<br />
Vier von fünf Unternehmen klagen über hohe<br />
bis sehr hohe Bürokratielast: Schriftverkehr mit<br />
den Steuerbehörden, Genehmigungsverfahren, Auflagen,<br />
Anträge und Formulare bestimmen den unternehmerischen<br />
Alltag mit. Dies h<strong>in</strong><strong>der</strong>t die Unternehmer<strong>in</strong>nen<br />
und Unternehmer daran, sich um ihre Betriebe zu<br />
kümmern.<br />
Dialog Wirtschaft und Verwaltung beschränkt<br />
auf Vollzugsfragen: Landesregierung und Verbände<br />
diskutieren Vere<strong>in</strong>fachungen im Verwaltungsvollzug.<br />
Damit werden über 90 Prozent <strong>der</strong> eigentlichen Bürokratieursachen<br />
nicht e<strong>in</strong>bezogen.<br />
E<strong>in</strong> messbares Bürokratieabbauziel fehlt: An<strong>der</strong>e<br />
EU-Mitgliedstaaten aber auch die Bundesregierung<br />
messen die Bürokratiekosten. Danach legen sie die Kostenreduktion<br />
fest. Auf <strong>der</strong> Überprüfungsagenda steht<br />
dann neben dem Verwaltungsvollzug auch das materielle<br />
Recht. In Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen gibt es dieses Ziel<br />
nicht.<br />
Behörden und Verwaltungen lassen <strong>in</strong> ihrer<br />
Leistungsfähigkeit nach: Schrumpfende F<strong>in</strong>anzen<br />
h<strong>in</strong>terlassen ihre Spuren <strong>in</strong> <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung.<br />
Aufgaben können teilweise nicht mehr wahrgenommen<br />
werden, weil hochqualifizierte Mitarbeiter nicht mehr<br />
e<strong>in</strong>gestellt werden können. Die Folge s<strong>in</strong>d lange Wartezeiten<br />
bei Genehmigungen und sogar vere<strong>in</strong>zelt nicht<br />
verlässliche bzw. anfechtbare Entscheidungen.<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-westfälisches Electronic Government<br />
steht am Anfang: Kooperationen <strong>der</strong> Landesverwaltung<br />
mit den Kommunen, den Län<strong>der</strong>n und dem Bund<br />
haben das Ziel, E-Government-Lösungen abgestimmt<br />
bzw. geme<strong>in</strong>sam zu entwickeln. Zudem sollen e<strong>in</strong>heitliche<br />
technische Standards und <strong>der</strong> Wissenstransfer<br />
von Aktivitäten des E-Government vere<strong>in</strong>bart werden.
5 | Steuern, Abgaben, Bürokratie und Verwaltungsstrukturen<br />
33<br />
Weniger Bürokratie und bessere Verwaltungen<br />
wie es se<strong>in</strong> sollte<br />
Die Wirtschaft <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen braucht e<strong>in</strong>e spürbar ger<strong>in</strong>gere Bürokratielast.<br />
Verwaltungsvollzug und materielles Recht gehören dazu auf den Prüfstand. Leistungsfähige<br />
Verwaltungsstrukturen s<strong>in</strong>d unabd<strong>in</strong>gbar für wirtschaftliches Handeln.<br />
Durch Landesrecht und -verordnungen verursachte<br />
Bürokratiekosten messen: Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
Westfalen braucht e<strong>in</strong>e Messung <strong>der</strong> Bürokratiekosten<br />
auf Basis des Standardkosten-Modells. Dabei wird z.B.<br />
<strong>der</strong> für die Bearbeitung von Formularen benötigte Zeitaufwand<br />
gemessen und bewertet. Erst dadurch wird die<br />
Belastung <strong>der</strong> Wirtschaft sichtbar.<br />
Bürokratiekosten <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
erheblich senken: Ziel <strong>der</strong> Landesregierung muss es<br />
se<strong>in</strong>, alle durch Landesrecht und -verordnungen verursachten<br />
Kosten zu verr<strong>in</strong>gern. Weniger und bessere Regulierungen<br />
können dabei helfen.<br />
Behörden und Verwaltungen angemessen ausstatten:<br />
Öffentliche Institutionen müssen auch künftig<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage se<strong>in</strong>, hochqualifizierte, leistungsfähige Mitarbeiter<br />
und -<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>zustellen. Dazu bedarf es e<strong>in</strong>er<br />
Personalpolitik, die an den Bedürfnissen <strong>der</strong> Bürger und<br />
<strong>der</strong> Wirtschaft ausgerichtet ist. Sozialpolitische Ziele<br />
dürfen nicht im Fokus öffentlicher Personalpolitik stehen.<br />
Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> Behörden auch durch<br />
Privatisierung stärken: Spielräume für e<strong>in</strong>e bessere<br />
F<strong>in</strong>anzlage lassen sich vielfach durch Privatisierung<br />
erreichen. So können sich Behörden und Verwaltungen<br />
von Aufgaben trennen, die ebenso gut von privaten<br />
Unternehmen bereitgestellt werden können. Auch können<br />
und sollten externe Spezialisten bei komplexen<br />
Spezialfragen unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>bezogen werden.<br />
Mittelstandsverträglichkeitsprüfung e<strong>in</strong>führen:<br />
Vor dem Erlass und/o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Novellierung den Mittelstand<br />
betreffen<strong>der</strong> Rechtsvorschriften ist zu prüfen, welche<br />
Bürokratiekosten und welcher Verwaltungsaufwand<br />
dadurch bei den Unternehmen entstehen. Die unterschiedlichen<br />
Auswirkungen, gemessen an <strong>der</strong> Betriebsgröße,<br />
s<strong>in</strong>d zu h<strong>in</strong>terfragen. Die Prüfergebnisse s<strong>in</strong>d<br />
im parlamentarischen Prozess aufzuzeigen.<br />
E-Government für Verwaltungsmo<strong>der</strong>nisierung<br />
und Entbürokratisierung nutzen: Electronic Government<br />
ist e<strong>in</strong> wichtiger Bestandteil <strong>der</strong> Verwaltungsmo<strong>der</strong>nisierung<br />
und Entbürokratisierung. Künftige E-<br />
Government-Entwicklungen bieten die Chance, zugleich<br />
die Wettbewerbsfähigkeit <strong>der</strong> nordrhe<strong>in</strong>-westfälischen<br />
Wirtschaft zu stärken. Wirtschafts<strong>in</strong>teressen müssen<br />
bei <strong>der</strong> Ausgestaltung von E-Government-Verfahren<br />
stärker berücksichtigt werden.<br />
Folgende <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong><br />
müssen das<br />
wirtschaftspolitische<br />
Handeln bestimmen
34 <strong>Leitl<strong>in</strong>ien</strong> für die Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen – Positionen <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
die Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> <strong>NRW</strong><br />
IHK Aachen<br />
Theaterstraße 6–10, 52062 Aachen | Tel. 0241 4460-0 | www.aachen.ihk.de<br />
IHK Arnsberg, Hellweg-Sauerland<br />
Königstraße 18-20, 59821 Arnsberg | Tel. 02931 878-0 | www.ihk-arnsberg.de<br />
IHK Ostwestfalen zu Bielefeld<br />
Elsa-Brändström-Str. 1–3, 33602 Bielefeld | Tel. 0521 554-0 | www.bielefeld.ihk.de<br />
IHK Bonn / Rhe<strong>in</strong>-Sieg<br />
Bonner Talweg 17, 53113 Bonn | Tel. 0228 2284-0 | www.ihk-bonn.de<br />
IHK im mittleren Ruhrgebiet zu Bochum<br />
Ostr<strong>in</strong>g 30–32, 44787 Bochum | Tel. 0234 9113-0 | www.bochum.ihk.de<br />
IHK Lippe zu Detmold<br />
Leonardo-da-V<strong>in</strong>ci-Weg 2, 32760 Detmold | Tel. 05231 7601-0 | www.detmold.ihk.de<br />
IHK zu Dortmund<br />
Märkische Straße 120, 44141 Dortmund | Tel. 0231 5417-0 | www.dortmund.ihk24.de<br />
Nie<strong>der</strong>rhe<strong>in</strong>ische IHK Duisburg-Wesel-Kleve zu Duisburg<br />
Mercatorstraße 22-24, 47051 Duisburg | Tel. 0203 2821-0 | www.ihk-nie<strong>der</strong>rhe<strong>in</strong>.de<br />
IHK zu Düsseldorf<br />
Ernst-Schnei<strong>der</strong>-Platz 1 | 40212 Düsseldorf | Tel. 0211 3557-0 | www.duesseldorf.ihk.de<br />
IHK für Essen, Mülheim an <strong>der</strong> Ruhr, Oberhausen zu Essen<br />
Am Waldthausenpark 2, 45127 Essen | Tel. 0201 1892-0 | www.essen.ihk24.de<br />
Südwestfälische IHK zu Hagen<br />
Bahnhofstraße 18, 58095 Hagen | Tel. 02331 390-0 | www.hagen.ihk.de<br />
IHK Köln<br />
Unter Sachsenhausen 10–26, 50667 Köln | Tel. 0221 1640-0 | www.ihk-koeln.de<br />
IHK Mittlerer Nie<strong>der</strong>rhe<strong>in</strong> Krefeld · Mönchengladbach · Neuss<br />
Nordwall 39, 47798 Krefeld | Tel. 02151 635-0 | www.mittlerer-nie<strong>der</strong>rhe<strong>in</strong>.ihk.de<br />
IHK Nord Westfalen<br />
Sentmar<strong>in</strong>ger Weg 61, 48151 Münster | Tel. 0251 707-0 | www.ihk-nordwestfalen.de<br />
IHK Siegen<br />
Koblenzer Straße 121, 57072 Siegen | Tel. 0271 3302-0 | www.ihk-siegen.de<br />
IHK Wuppertal-Sol<strong>in</strong>gen-Remscheid<br />
He<strong>in</strong>rich-Kamp-Platz 2, 42103 Wuppertal (Elberfeld) | Tel. 0202 2490-0 | www.wuppertal.ihk24.de
35<br />
Impressum<br />
IHK <strong>NRW</strong> – Die Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen e.V.<br />
Goltste<strong>in</strong>straße 31<br />
40211 Düsseldorf<br />
Telefon: 0211 36702-0<br />
Fax: 0211 36702-21<br />
E-Mail: <strong>in</strong>fo@ihk-nrw.de<br />
Internet: www.ihk-nrw.de<br />
Herausgeber<br />
Dr. Stephan Wimmers, IHK <strong>NRW</strong> (Leitung)<br />
Gregor Berghausen, IHK Köln<br />
Dr. Ulrich Biedendorf, IHK zu Düsseldorf<br />
Dr. Gerhard Eschenbaum, IHK zu Düsseldorf<br />
He<strong>in</strong>z-Jürgen Hacks, IHK für Essen, Mülheim an <strong>der</strong> Ruhr, Oberhausen zu Essen<br />
Silke Hauser, IHK Mittlerer Nie<strong>der</strong>rhe<strong>in</strong> Krefeld · Mönchengladbach · Neuss<br />
Achim Hoffmann, IHK Köln<br />
Werner Kühlkamp, Nie<strong>der</strong>rhe<strong>in</strong>ische IHK Duisburg-Wesel-Kleve zu Duisburg<br />
Sab<strong>in</strong>e Mayer, IHK <strong>NRW</strong><br />
Dr. Ralf Mittelstädt, IHK <strong>NRW</strong><br />
Bernd Neffgen, IHK Mittlerer Nie<strong>der</strong>rhe<strong>in</strong> Krefeld · Mönchengladbach · Neuss<br />
Michael Pieper, Nie<strong>der</strong>rhe<strong>in</strong>ische IHK Duisburg-Wesel-Kleve zu Duisburg<br />
Detlev Sachse, IHK Köln<br />
Anke Schweda, IHK Köln<br />
Dr. Udo Siepmann, IHK zu Düsseldorf<br />
Klaus Zimmermann, IHK zu Düsseldorf<br />
Redaktion<br />
360° Design, Ulrike Wiest, Krefeld<br />
Gestaltung<br />
Juli 2010<br />
Stand
Herausgeber:<br />
IHK <strong>NRW</strong> – Die Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen e.V.<br />
Goltste<strong>in</strong>straße 31 · 40211 Düsseldorf<br />
Postfach 24 01 20 · 40090 Düsseldorf<br />
www.ihk-nrw.de<br />
Stand: Juli 2010