Die Landwirtschaft vor dem Hintergrund der EU ... - IKZM-D Lernen
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Geographisches Institut <strong>der</strong> Universität Kiel<br />
Sommersemester 2004<br />
Mittelseminar: <strong>Die</strong> Ostseeregion im Wandel<br />
Leitung: PD Dr. Gerald Schernewski<br />
'LH/DQGZLUWVFKDIWYRUGHP+LQWHUJUXQGGHU(82VWHUZHLWHUXQJ<br />
Beatrice Walter<br />
Adresse: BeaW1@aol.com<br />
In Bezug auf die Diskussionen im Rahmen <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Osterweiterung wird die<br />
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<strong>Landwirtschaft</strong> <strong>der</strong> neuen Mitgliedsstaaten untersucht. In fast allen Län<strong>der</strong>n herrschen noch zum Teil<br />
erhebliche Defizite in Bezug auf die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit des primären Sektors, <strong>der</strong> in<br />
Bezug auf die Beschäftigung in <strong>der</strong> Regel eine erheblich größere Rolle spielt als in den Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-15.<br />
<strong>Die</strong> meisten sind jedoch auf einem guten Weg, diese Nachteile in absehbarer Zeit zu überwinden.<br />
(LQOHLWXQJ<br />
Bezüglich <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Osterweiterung gab es in den letzten Monaten nicht nur auf politischer Ebene<br />
erhebliche Diskussionen. Gerade in <strong>der</strong> Bevölkerung fürchten viele, dass auf die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-15<br />
dadurch höhere Kosten zukommen könnten. Mit eine Ursache für diese Angst ist, dass die „Neuen“ als<br />
weniger weit entwickelt angesehen werden. Daraus ergibt sich die Befürchtung, dass Estland,<br />
Lettland, Litauen, Polen, die Tschechische Republik, die Slowakei, Slowenien, Ungarn, Malta und<br />
Zypern zu einem Klotz am Bein <strong>der</strong> ursprünglichen <strong>EU</strong>-15 werden könnten.<br />
Ziel dieser Arbeit ist es daher, die <strong>Landwirtschaft</strong> <strong>der</strong> neuen Mitgliedsstaaten zu betrachten und dabei<br />
auch ihre Wettbewerbsfähigkeit in diesem Bereich zu berücksichtigen. In dieser Hinsicht soll zunächst<br />
ein allgemeiner Überblick über die <strong>der</strong>zeitige Lage gegeben werden. Anschließend wird <strong>der</strong> Primäre<br />
Sektor anhand <strong>der</strong> Beispiele Polen und Litauen im Vergleich zu Deutschland näher untersucht, be<strong>vor</strong><br />
in einer allgemeinen Zusammenfassung und Bewertung <strong>der</strong> Lage auch auf die Folgen <strong>der</strong><br />
Osterweiterung auf die Gemeinsame Außenpolitik (GAP) eingegangen werden soll.<br />
$OOJHPHLQHUhEHUEOLFNEHUGLHGHU]HLWLJH/DJH<br />
:LFKWLJH'DWHQ<br />
Abbildung 1 zeigt die landwirtschaftlich genutzte Fläche <strong>der</strong> neuen <strong>EU</strong>-Mitglie<strong>der</strong> (ohne Malta und<br />
Zypern, dafür mit Bulgarien und Rumänien) in Verbindung mit <strong>der</strong> jeweiligen Bevölkerung. Hieraus<br />
wird deutlich, dass die <strong>Landwirtschaft</strong> <strong>vor</strong> allem in Estland, Lettland und Litauen eine äußerst große<br />
Rolle spielen muss. In diesen Län<strong>der</strong>n werden pro Einwohner ein Hektar Land bewirtschaftet. Aber<br />
auch in den an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n liegt die landwirtschaftlich bewirtschaftete Fläche pro Einwohner weit<br />
über <strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-15. In Deutschland werden vergleichsweise für über 82 Millionen Einwohner nur<br />
17,2 Millionen Hektar bewirtschaftet.
$EE Bevölkerung und landwirtschaftlich genutzte Fläche (in ha) in den MOEL-10 (Mittel- und<br />
Osteuropäische Län<strong>der</strong>)<br />
(Quelle: Heinrich, 2004)<br />
<strong>Die</strong> Tatsache, dass große Flächen landwirtschaftlich genutzt werden, lässt darauf schließen, dass <strong>der</strong><br />
Anteil <strong>der</strong> <strong>Landwirtschaft</strong> am BIP entsprechend hoch sein muss. Mit Ausnahme von Zypern und Malta<br />
liegt dieser Wert in allen Staaten zum Teil weit über <strong>dem</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-15 mit ca. 2%: Polen und Slowenien<br />
liegen mit jeweils 3% den <strong>EU</strong>-15 am nächsten. In Litauen ist <strong>der</strong> Anteil mit 7,5% am höchsten.<br />
Wie aus Tabelle 1 deutlich zu erkennen ist, liegt <strong>der</strong> prozentuale Anteil <strong>der</strong> Beschäftigten in <strong>der</strong><br />
<strong>Landwirtschaft</strong> in nahezu allen neuen Mitgliedsstaaten über <strong>dem</strong> Durchschnitt <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-15.<br />
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HWWODQG<br />
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7DE Anteil <strong>der</strong> Beschäftigten in <strong>der</strong> <strong>Landwirtschaft</strong><br />
(Quelle: Breunig & Hahn, 2004)<br />
In Abbildung 2 wird die Außenhandelsbilanz <strong>der</strong> neuen Mitgliedsstaaten bezüglich<br />
landwirtschaftlicher Produkte dargestellt. Von links nach rechts gesehen handelt es sich um die Werte<br />
von Polen, Ungare, Tschechien, Slowakei, (Bulgarien und Rumänien, die beide nicht Mitglied<br />
geworden sind) Slowenien, Estland, Lettland und Litauen. Malta und Zypern fehlen. Mit Ausnahme<br />
von Ungarn und Bulgarien sind alle Län<strong>der</strong> durch ein negatives Außenhandelssaldo gekennzeichnet.<br />
$EE Außenhandelsbilanz bezüglich landwirtschaftlicher Produkte<br />
(Quelle: Kühne 2002)
'LH%HWULHEVVWUXNWXUHQGHU%HLWULWWVOlQGHU<br />
Mit Ausnahme von Polen und Slowenien wurden die mittel- und osteuropäischen Beitrittskandidaten<br />
bis spätestens Ende <strong>der</strong> 60er Jahre nach sowjetischem Muster zwangskollektiviert. Der Anteil <strong>der</strong><br />
Genossenschaften schwankte in diesen Län<strong>der</strong>n zwischen 60 und 80 Prozent. Seit <strong>der</strong> Wende wird <strong>der</strong><br />
größte Teil <strong>der</strong> landwirtschaftlich genutzten Fläche von Einzelbetrieben bewirtschaftet. Allein in<br />
Tschechien und <strong>der</strong> Slowakei dominieren weiterhin umgewandelte Genossenschaften.<br />
Während in Polen und Slowenien 70-90% <strong>der</strong> Fläche von Klein- und Kleinstbauern bearbeitet werden,<br />
werden in Ungarn etwa die Hälfte, in Tschechien drei Viertel und in <strong>der</strong> Slowakei über 90% von<br />
Großbetrieben über 200 ha bewirtschaftet.<br />
%HLVSLHO3ROHQ<br />
Wie unter Punkt 2 dargestellt, werden in Polen 18,2 Millionen ha von 9,2% <strong>der</strong> arbeitenden<br />
Bevölkerung bewirtschaftet. <strong>Die</strong>se erarbeitet in diesem Bereich knapp 3% des BIP. <strong>Die</strong><br />
Außenhandelsbilanz ist stark negativ.<br />
Wie aus Abbildung 3 her<strong>vor</strong>geht, ist <strong>der</strong> Output <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Produktion in Polen starken<br />
Schwankungen unterlaufen. Auch wenn sich ein Trend zur Angleichung an westeuropäische<br />
Verhältnisse feststellen lässt, ist dieser durch die starken Schwankungen in seiner Aussagekraft<br />
beschränkt.<br />
$EE Der Output <strong>der</strong> polnischen <strong>Landwirtschaft</strong> im Vergleich zu an<strong>der</strong>en Wirtschaftssektoren und <strong>dem</strong> BIP<br />
(Quelle: Kühne 2002)<br />
Es ist auffällig, dass<strong>der</strong> landwirtschaftliche Ertrag im Vergleich zur bewirtschafteten Fläche relativ<br />
gering ist. <strong>Die</strong>s erklärt sich dadurch, dass nur 47,5% <strong>der</strong> Bauern hauptsächlich für den Markt<br />
produzieren. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en produzieren in erster Linie für den Eigenbedarf und verkaufen lediglich die<br />
Überschüsse auf <strong>dem</strong> lokalen Markt. Hierdurch wird auch die Aussage, dass es in Polen überwiegend<br />
Klein- und Kleinstbauern gibt, nachvollziehbar.
Hieraus ergibt sich das Problem <strong>der</strong> Wettbewerbsfähigkeit. Laut Porters Diamant wird die<br />
Wettbewerbsfähigkeit einer Branche durch folgende Faktoren beeinflusst: Faktorbedingungen;<br />
Nachfragebedingungen; Unternehmensstrategie, Industriestruktur und Konkurrenzsituation; verwandte<br />
und unterstützende Industrien; Zufall und Staat.<br />
In Bezug auf diese Faktoren ist die Situation in Polen bedenklich. Seit <strong>der</strong> Wende hielt sich <strong>der</strong> Staat<br />
stark zurück. Durch die zum größten Teil sehr kleinen Betriebe und die hohe Produktionsrate für den<br />
Eigenbedarf wird die Wettbewerbsfähigkeit gemin<strong>der</strong>t.<br />
Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit von Reformen für die polnische Agrarpolitik. <strong>Die</strong>se hat<br />
folgende Prioritäten. Im Rahmen <strong>der</strong> wirtschaftlichen Entwicklung müssen in <strong>der</strong> <strong>Landwirtschaft</strong><br />
strukturelle Umwandlungen <strong>vor</strong>genommen werden. Zu<strong>dem</strong> ist es nötig, die Lebensmittelindustrie<br />
durch die Schaffung von Bedingungen für technologische und organisatorische Restrukturierungen zu<br />
mo<strong>der</strong>nisieren. Weiterhin soll das Problem <strong>der</strong> strukturellen Arbeitslosigkeit gelöst werden. <strong>Die</strong>s hat<br />
unter an<strong>der</strong>em mittels einer multifunktionellen Entwicklung <strong>der</strong> ländlichen Gebiete, einer Entwicklung<br />
von arbeitsintensiven Zweigen <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Produktion (beispielsweise durch ökologische<br />
Bewirtschaftung) o<strong>der</strong> durch die Ausbildung <strong>der</strong> Dorfjugend in nicht-landwirtschaftlichen Berufen zu<br />
erfolgen. <strong>Die</strong> technische, soziale und ökonomische Infrastruktur <strong>der</strong> <strong>Landwirtschaft</strong> soll ausgebaut<br />
werden. Durch die Schaffung von Bedingungen für die Aktivierung und Entwicklung <strong>der</strong><br />
wirtschaftlich schwachen Regionen sollen neue Arbeitsplätze außerhalb <strong>der</strong> <strong>Landwirtschaft</strong> geschaffen<br />
werden. Neben einer För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ausgewogenheit von Produktion und Angebot auf <strong>der</strong> einen und<br />
<strong>der</strong> Nachfrage auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite soll <strong>der</strong> Export geför<strong>der</strong>t werden. Durch die Entwicklung einer<br />
Sozialpolitik sollen Chancenausgleich und Gerechtigkeit von Arbeit, Bildung, Renten und Pensionen<br />
ermöglicht und somit <strong>der</strong> Geldtransfer von ländlichen in städtische Gebiete gestoppt werden. Mit <strong>der</strong><br />
Respektierung hoher Qualitätsanfor<strong>der</strong>ungen an Lebensmittel soll eine Gleichmäßige und ökologische<br />
<strong>Landwirtschaft</strong> geför<strong>der</strong>t werden, die Polen den Weg zu Märkten mit Produkten hoher Qualität öffnen<br />
soll. (Otolinski, 2002)<br />
Wichtige Elemente dieser Agrarpolitik sind Marktpreisstützungen und die Subventionierung<br />
landwirtlicher Betriebsmittel, Produktionsquoten, Preisstützungen, Interventionskäufe, Ausfuhr- und<br />
Einfuhrzölle sowie Exportsubventionen. Trotz <strong>der</strong> staatlichen Unterstützungen konnten sich we<strong>der</strong> die<br />
Einkommenssituation <strong>der</strong> Bauern noch die internationale Wettbewerbsfähigkeit grundlegend<br />
verbessern. Im Zuge <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Mitgliedschaft kommen nun auch noch die hohen Produktionsstandards<br />
auf die Bauern zu, die sich die zum Teil sehr teuren Gerätschaften größtenteils nicht leisten können.<br />
(Lukas & Pöschl, 2002)<br />
Ein struktureller Wandel ist in <strong>der</strong> polnischen <strong>Landwirtschaft</strong> also unumgänglich. Zum einen wird es<br />
offensichtlich notwendig sein, die Betriebsgrößen zu erhöhen. <strong>Die</strong>s kann jedoch nur durch die<br />
Zusammenlegung mehrerer Höfe geschehen. Weiterhin ist es notwendig, in <strong>der</strong> <strong>Landwirtschaft</strong><br />
beschäftigte umzuschulen und sie so auf die an<strong>der</strong>en Wirtschaftssektoren zu verteilen.<br />
%HLVSLHO/LWDXHQ<br />
Während <strong>der</strong> Sowjetzeit war die litauische <strong>Landwirtschaft</strong> durch Kolchosen und Sowchosen geprägt.<br />
Nach <strong>der</strong> Unabhängigkeitserklärung am 11.03.1990 begann die Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong><br />
Eigentumsrechte an Grund und Boden. Durch die große Anzahl an Alteigentümern und Interessenten<br />
lag die Obergrenze bei <strong>der</strong> Landvergabe bei 80 ha pro Betrieb. Bei den meisten Neugründungen<br />
handelte es sich um Gemischtbetriebe. (Penkaitis, 1996)
Aufgrund <strong>der</strong> Neuorganisation <strong>der</strong> ländlich genutzten Fläche verringerte sich die Produktion. Zum<br />
einen deckten die oft kleinen Betriebe in erster Linie den Eigenbedarf. An<strong>der</strong>erseits lohnten sich viele<br />
Bewirtschaftungsarten, wie zum Beispiel die Anschaffung größerer Gerätschaften bei den nun<br />
vergleichsweise kleinen Höfen nicht. Da Litauen zur Zeit <strong>der</strong> Sowjetunion ein stark agrarisch<br />
geprägtes Land mit einem nur gering ausgeprägten sekundären bzw. tertiären Sektor war, sank somit<br />
auch die industrielle Pro-Kopf-Produktion, die durch die Verarbeitung landwirtschaftlicher<br />
Erzeugnisse geprägt war und noch ist. Das Außenhandelssaldo für agrarische Produkte ist - wie aus<br />
Abb.2 deutlich her<strong>vor</strong>geht – stark negativ.<br />
Durch diese Entwicklung bedingt, geben viele Familien ihre Höfe auf und verkaufen o<strong>der</strong> verpachten<br />
ihr Land. Dadurch verringert sich die Anzahl <strong>der</strong> Betriebe, während <strong>der</strong>en Größe ansteigt. Aufgrund<br />
dieser Entwicklung könnte sich die Wettbewerbsfähigkeit <strong>der</strong> litauischen <strong>Landwirtschaft</strong> in nicht allzu<br />
ferner Zukunft verbessern. (Penkaitis, 1996)<br />
<br />
9HUJOHLFKVODQG'HXWVFKODQG<br />
Obwohl die landwirtschaftlich genutzte Fläche in Deutschland mit 191.028 km² 53,5% des Landes<br />
beträgt, ist die Rolle <strong>der</strong> <strong>Landwirtschaft</strong> hier als vergleichsweise gering anzusehen. So sind<br />
beispielsweise von 41,8 Millionen Erwerbstätigen nur 928.000 im primären Sektor beschäftigt. <strong>Die</strong><br />
meisten hiervon (823.800) sind Familienarbeitskräfte. (www.destatis.de)<br />
In Bezug auf den internationalen Handel spielen landwirtschaftliche Erzeugnisse ebenfalls eine<br />
untergeordnete Rolle. 2003 wurden Waren im Wert von 14,9 Milliarden Euro importiert und 4,1<br />
Milliarden exportiert. <strong>Die</strong>se Beträge liegen weit unter 5% des Gesamtbetrags. Dass Deutschland sich<br />
in erster Linie um den Export industrieller Erzeugnisse bemüht, erklärt die negative Handelsbilanz in<br />
Bezug auf den primären Sektor. (www.destatis.de)<br />
Seit Jahrzehnten steigt die Betriebsgröße, während die Anzahl <strong>der</strong> Höfe deutlich abnimmt. <strong>Die</strong>se<br />
Entwicklung dauert bis heute an. Allein von 1999 bis 2001 sank letztere von 471.960 auf 448.936.<br />
Kleinere Betriebe verlieren an Wettbewerbsfähigkeit und sind gezwungen weitere Erwerbsquellen zu<br />
nutzen. An<strong>der</strong>nfalls droht diesen <strong>der</strong> Konkurs. (www.destatis.de)<br />
%HZHUWXQJGHU/DJH<br />
Für Litauen sieht die <strong>der</strong>zeitige Lage folgen<strong>der</strong>maßen aus: Im Hinblick auf den <strong>EU</strong>-Beitritt hat Litauen<br />
einen detaillierten Aktionsplan aufgestellt. <strong>Die</strong> Gesetze zur landwirtschaftlichen und ländlichen<br />
Entwicklung stimmen bereits seit <strong>dem</strong> 01.01.2003 mit denen <strong>der</strong> GAP („Gemeinsame Agrar-Politik“<br />
<strong>der</strong> <strong>EU</strong>) überein. 2001 wurde mit <strong>der</strong> Überprüfung <strong>der</strong> einzelnen Betriebe hinsichtlich Mängel in<br />
Bezug auf Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz begonnen. <strong>Die</strong> Grundlage für diese Untersuchung<br />
bildeten die allgemein gültigen <strong>EU</strong>-Richtlinien in den entsprechenden Bereichen. Auch wenn 10% des<br />
Haushaltsbudgets für den ländlichen Raum <strong>vor</strong>gesehen sind, konzentrieren sich die Maßnahmen zur<br />
Zeit auf die stärksten landwirtschaftlichen Sektoren. Dadurch werden die kleineren Betriebe<br />
benachteiligt und die Tendenz zu wenigen großen Betrieben begünstigt. Es ist also zu erwarten, dass<br />
die Rolle <strong>der</strong> <strong>Landwirtschaft</strong> zumindest im Bereich <strong>der</strong> Beschäftigung in Litauen mit <strong>der</strong> Zeit<br />
zurückgehen wird. (Ciakas, 2002)<br />
Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Agrarpolitik einiger an<strong>der</strong>er Beitrittslän<strong>der</strong>, die diese auf die<br />
<strong>EU</strong> <strong>vor</strong>bereiten sollten. Zu<strong>dem</strong> werden die erwarteten Folgen auf den ländlichen Raum des<br />
entsprechenden Landes beschrieben.
Land Ziele und Visionen <strong>der</strong> Agrarpolitiken Folgen für den ländlichen raum<br />
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Ausweitung <strong>der</strong> traditionellen<br />
Erzeugungsbereiche<br />
Balance zwischen „traditionellen“<br />
Erzeugnissen und Umweltgüterbereitstellung<br />
Betonung ökologischer Ziele auf 60% <strong>der</strong><br />
<strong>der</strong>zeitigen Agrarflächen<br />
Eine regionale Dualisierung <strong>der</strong> ländlichen Entwicklung<br />
ist zu erwarten, wenn auf 40% <strong>der</strong> Agrarflächen massive<br />
Intensivierungen <strong>vor</strong> sich gehen. Tschechien hat<br />
außer<strong>dem</strong> einen außerordentlich hohen Prozentsatz an<br />
peri-urbanen Agrargebieten mit speziellen<br />
ordnungspolitischen Erfor<strong>der</strong>nissen. Maßnahmen zu<br />
Vervollständigung <strong>der</strong> Restrukturierung,<br />
Mo<strong>der</strong>nisierung und Erhöhung <strong>der</strong><br />
Wettbewerbsfähigkeit sollten auch Marginalregionen<br />
zugute kommen.<br />
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höhere Produktivität dank höheren<br />
Mitteleinsatzes<br />
effiziente Nutzung <strong>der</strong><br />
Vorleistungen, Erhöhung <strong>der</strong> Arbeitsproduktivität<br />
Aufstockung in einer<br />
Übergangszeit erfor<strong>der</strong>lich<br />
Im Bergbauernland Slowakei sind ähnliche<br />
Intensitätsunterschiede wie in Tschechien zu erwarten.<br />
Wenn ein Sanierungsprogramm für die Großlandschaft<br />
erfolgreich sein soll, dass ist <strong>vor</strong> allem in den Ebenen<br />
eine Industrialisierung <strong>der</strong> <strong>Landwirtschaft</strong> zu erwarten.<br />
<strong>Die</strong> Chancen <strong>der</strong> Grenzüberschreitenden Kooperation<br />
ländlicher Gebiete sind sehr gut.<br />
Betriebe essenziell<br />
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für das Überleben <strong>der</strong><br />
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Entwicklungsrückstände<br />
6<br />
ungarischen Agrarsektors rasch beseitigen<br />
Verhandlungsergebnisse werden angepeilt<br />
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des<br />
Gute<br />
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Bei stabilen Marktpreisen<br />
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Anpassung <strong>der</strong> Input- und Outputpreise in drei<br />
Jahren<br />
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Hochpreispolitik bereits real<br />
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System von Prämien uns<br />
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Ausgleichszahlungen eingeführt<br />
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<strong>der</strong> <strong>Landwirtschaft</strong><br />
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Entwicklungsziele in<br />
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Übereinstimmung mit umweltpolitischen Zielen<br />
und im Hinblick auf die Multifunktionalität des<br />
slowenischen <strong>Landwirtschaft</strong>ssektors<br />
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Überwindung <strong>der</strong><br />
6<br />
Kleinstbetriebsstruktur und Ökonomisierung <strong>der</strong><br />
Großlandwirtschaft, Exportorientierung<br />
9 ¤! * # + , * ¡¤<br />
<br />
multifunktioneller<br />
Ansatz für Landgebiete mit arbeitsintensiver<br />
Agrarproduktion und nichtlandwirtschaftlichen<br />
Jobs<br />
allseitige Maßnahmen im Umfeld<br />
./¦'/¥"£¦#$'/¡¤,¤#$¡¤'(<br />
<strong>der</strong> <strong>Landwirtschaft</strong>, speziell in wirtschaftlich<br />
zurückgebliebenen Regionen<br />
<strong>Die</strong> Ungarische Großlandwirtschaft wird ihre<br />
„Produktionsschlacht“ fortführen. In <strong>der</strong> Folge geht die<br />
funktionelle Verarmung ländlicher Gebiete weiter.<br />
An<strong>der</strong>erseits sind die Aussichten auf chancenreiche<br />
Konkurrenzbedingungen im <strong>EU</strong>-Raum sehr gut. Ein<br />
regionalplanerisches Konzept für die ungarischen<br />
Tanya-Siedlungen ist sehr erwünscht.<br />
Der ländliche Raum Sloweniens kann funktionell von<br />
<strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Agrarpolitik sehr profitieren, v.a. durch<br />
die Nebenerwerbschancen, die durch den <strong>EU</strong>-Beitritt<br />
bedingte Nachteile Min<strong>der</strong>n können. Das aktuelle<br />
Programm <strong>der</strong> Dorfentwicklung CRPOV könnte bei<br />
entsprechen<strong>der</strong> Umsetzung Beispielswirkung erlangen.<br />
Der „Pakt für <strong>Landwirtschaft</strong> und ländliche Gebiete“<br />
von 1999 stützt sich auf die drei Säulen <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> <strong>Landwirtschaft</strong> und ihres Umfeldes, die Entwicklung<br />
von Unternehmen und außerlandwirtschaftlichen<br />
Arbeitsplätzen sowie eine komplexe Sozialpolitik für die<br />
Landbevölkerung einschließlich des „zivilisatorischen<br />
Standards“ in ländlichen Gebieten. Der Pakt ist ein<br />
nationaler Gesellschaftsvertrag zwischen Regierung,<br />
Bauernorganisationen, Gewerkschaften und<br />
Institutionen <strong>der</strong> Selbstverwaltung; sollte bei<br />
entsprechen<strong>der</strong> Rücksichtnahme auf regionale
2¤¤£¦B¡¤¥ * # 9 #><br />
Erhöhung von Einkommen und<br />
<br />
Kaufkraft in ländlichen Regionen<br />
¥ * "* # ,<<br />
Chancenausgleich und Gerechtigkeit<br />
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in den Bereichen Arbeit, Bildung, Gesundheit,<br />
Renten und Pensionen sowie <strong>der</strong> Volkskultur<br />
Unterschiede (Westpolen, Zentrum, Kleinpolen) in <strong>der</strong><br />
Lage sein, brennende Probleme lösen zu helfen. Auch<br />
die politisch aufgewerteten polnischen Gemeinden<br />
können dazu entscheidend beitragen.<br />
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¡A'/CD¡¤!E5&§ + * # £¦¤¡# - <br />
Aufforstung,<br />
8&£¦£<br />
Erosionsschutz, Landschaftspflege und –gestaltung,<br />
zugleich För<strong>der</strong>ung einer ökologischen<br />
<strong>Landwirtschaft</strong><br />
Agrarpolitik fehlt<br />
F ¥ £¦£¦ - C ¥ '/G"C : "* # ,<<br />
ein klares Konzept <strong>der</strong><br />
1'/ ) * 2¤£># 0('/£ '/"¡¤<br />
erfor<strong>der</strong>t geän<strong>der</strong>te<br />
HJÏ<br />
agrarpolitische Rahmenbedingungen für eine<br />
rentable Agrarproduktion; Selbstversorgung kaum<br />
<strong>vor</strong>handen, so scheint es höchste Zeit für Estland,<br />
eine konservative Agrarpolitik auszuarbeiten, die<br />
die natürlichen und nationalen Beson<strong>der</strong>heiten des<br />
Landes berücksichtigt<br />
Von den „ vier Maßnahmen“ des estnischen<br />
<strong>Landwirtschaft</strong>sentwicklungsprojekts sind Investitionen<br />
in entwicklungsfähige Betriebe, die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Multifunktionalität ländlicher Unternehmen und die<br />
technische Entwicklung des ländlichen Lebens- und<br />
Wirtschaftsraums eine gute Grundlage. Wieweit sie <strong>der</strong><br />
Verfall vieler estischer Agrarräume Aufhalten können,<br />
hängt vom konkreten Umsetzungswillen und <strong>der</strong><br />
Budgetierung des Planes ab.<br />
7DE Agrarpolitische Ziele und die ländlichen Räume Ostmitteleuropas<br />
(Quelle: Noll, 2001)<br />
=XWHLOXQJGHUGXUFKGLH*$3IHVWJHOHJWHQ=DKOXQJHQ<br />
Von den GAP-Zahlungen, die in die neuen Mitgliedsstaaten fließen werden, soll Polen den bei weitem<br />
höchsten Anteil erhalten. Allgemein ist zu sagen, dass die Län<strong>der</strong> ihrer landwirtschaftlich genutzten<br />
Fläche entsprechend Zuteilungen erhalten. Hierbei ist nicht die Anzahl <strong>der</strong> Betriebe maßgeblich,<br />
son<strong>der</strong>n die bewirtschaftete Fläche.<br />
Auch wenn die Höhe <strong>der</strong> Zahlungen, wie in Abbildung 4 deutlich zu erkennen, annähernd konstant<br />
gehalten werden soll, än<strong>der</strong>t sich doch ihre Zusammensetzung. Im Jahr 2000 bestand annähernd die<br />
Hälfte aus Ausgleichszahlungen. 30% dienten <strong>der</strong> Marktordnung, 5% kamen <strong>der</strong> Umwelt zugute und<br />
mit den übrigen 10% wurde die Struktur <strong>der</strong> <strong>Landwirtschaft</strong> geregelt. Bis 2010 werden folgende vier<br />
Bereiche gleichwertig unterstützt: befristete Anpassungszahlungen, Marktstabilisierung, Umwelt- und<br />
Landschaftspflege und ländliche Entwicklung. (Hofreither, 2003)
$EE Erwartete Ausgaben <strong>der</strong> GAP<br />
(Quelle: Heinrich, 2004)<br />
Abbildung 4 zeigt den zeitlichen Verlauf <strong>der</strong> erwarteten GAP-Ausgaben im Bereich <strong>der</strong><br />
<strong>Landwirtschaft</strong>. Da die Kosten für die <strong>EU</strong>-15 laut Prognose günstiger ausfallen als erwartet, können<br />
die Mehrkosten für die neuen Mitglie<strong>der</strong> aufgefangen werden, ohne dass die obere Grenze<br />
überschritten wird. Für die zahlenden Mitglie<strong>der</strong> (Deutschland stellt als größter Nettozahler ¼ <strong>der</strong><br />
Gel<strong>der</strong> zur Verfügung) soll sich <strong>vor</strong>erst nichts än<strong>der</strong>n. (ZZZHXNRPPLVVLRQGH, ZZZGLKNGH)<br />
$QVWDWWHLQHV)D]LW±*HJHQEHUVWHOOXQJGHU6WlUNHQXQG6FKZlFKHQGHU/lQGHU2VW<br />
0LWWHOHXURSDVXQGGHQHQGHU/lQGHU:HVWHXURSDV<br />
2VW0LWWHOHXURSD<br />
<strong>Die</strong> Stärken liegen in den niedrigen Löhnen, den meist günstigen natürlichen<br />
Produktionsverhältnissen, den niedrigen Boden- und Pachtpreisen, den günstigen Betriebsmitteln und<br />
den meist großen Agrarbetrieben.<br />
<strong>Die</strong> Schwächen liegen in den niedrigen Produktivitäten, <strong>dem</strong> schwachen Management, <strong>dem</strong><br />
Kapitalmangel, veraltetem Kapitalstock und ebensolcher Technologie, <strong>der</strong> geringen Flexibilität und<br />
Innovation, <strong>der</strong> schwachen Qualität, <strong>dem</strong> Nachholbedarf in Veterinärwesen, Tier- und Pflanzenschutz<br />
sowie Hygiene und Umweltschutz, <strong>dem</strong> schlechten Image, fehlenden Marktkenntnissen, schwachem<br />
Marketing sowie einem schwachen wirtschaftlichen Umfeld mit geringen Qualitätsansprüchen.<br />
(Schnei<strong>der</strong>, 2001)<br />
:HVWHXURSD<br />
<strong>Die</strong> Stärken liegen hier in <strong>der</strong> hohen Produktivität, den qualifizierten Arbeitskräften, einem effizienten<br />
Management, mo<strong>der</strong>nem Kapitalstock und ebensolcher Technologie, hoher Flexibilität, Innovation
und Qualität, hohen Standards im Veterinärwesen, Tier- und Pflanzenschutz sowie Hygiene und<br />
Umweltschutz, einem guten Image, Marktkenntnis, einem besseren Marketing und einem<br />
leistungsfähigen und anspruchsvollen wirtschaftlichen Umfeld.<br />
<strong>Die</strong> Schwächen liegen in den hohen Löhnen, meist ungünstigen natürlichen Produktionsverhältnissen,<br />
hohen Boden- und Pachtpreisen, meist teuren Betriebsmitteln, einer zum Teil ungünstigem<br />
Agrarstruktur und einer verteuerten Produktion. (Schnei<strong>der</strong>, 2001)<br />
%HZHUWXQJ<br />
Alles in allem ist festzustellen, dass die Nachteile bei den neuen Mitgliedsstaaten in <strong>der</strong> Regel<br />
überwiegen. Im Hinblick auf die Agrarpolitik ist jedoch festzustellen, dass die meisten auf einem<br />
guten Weg sind, sodass sie sich nach einem gewissen Anpassungsprozess durchaus behaupten können<br />
sollten.<br />
/LWHUDWXU<br />
Breunig, J. & Hahn, B. (2004): <strong>Die</strong> Europäische Union seit <strong>dem</strong> 01.05.2004 (<strong>EU</strong>-25). Westermann<br />
Schulbuchverlag<br />
Schnei<strong>der</strong>, M. (2001): Eu-Erweiterung und österreichische <strong>Landwirtschaft</strong>. In: Wintertagung 2001, Ökosoziales<br />
Forum Österreich<br />
Heinrich, I. (2004): Eu-Erweiterung: Sind die Beitrittslän<strong>der</strong> Bittsteller o<strong>der</strong> ernsthafte Rivalen?.<br />
Bundesforschungsanstalt für <strong>Landwirtschaft</strong><br />
Greif, F. (2001): <strong>EU</strong>-Erweiterung: <strong>Landwirtschaft</strong> und ländlicher Raum. In: Agrarische Rundschau, 2-3/2001<br />
Kühne, O. (2002): <strong>Landwirtschaft</strong> und Arbeitslosigkeit im Ländlichen Raum Polens – eine Untersuchung in<br />
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