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Kurze Anleitung geologisohen Beobaohtungen in den Alpen.

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<strong>Kurze</strong> <strong>Anleitung</strong><br />

zu<br />

<strong>geologisohen</strong> <strong>Beobaohtungen</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>.<br />

Von<br />

C, W, Gümbel,


E<strong>in</strong>leitung,<br />

Bei dem nachstehen<strong>den</strong> Yersuche, e<strong>in</strong>e kurze <strong>Anleitung</strong>' zu<br />

geologischen Untersuchungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> zugeben,<br />

muss, um lIIissverständnissen vorzuuengen, gleich von vorn<br />

here<strong>in</strong> darauf h<strong>in</strong>gewiesen wer<strong>den</strong>, dass es hier nicht <strong>in</strong> der<br />

Absicht liegt, e<strong>in</strong>e Anweisung für eigentliche Fachleute, noch<br />

auch für streng wissenschaftliche Forschungen zu geben, bei<br />

welchen es sich um die Lösung' schwieriger geologischer Probleme<br />

handelt, Es wird vielmehr <strong>in</strong> <strong>den</strong> nachfolgen<strong>den</strong> Blättern<br />

angestrebt, Denjenigen, welche etwa bei wissenschaftlichen Arbeiten<br />

<strong>in</strong> anderen Zweigen der Katurkunde z, B. der Botanik,<br />

Zoologie, Archäologie, Topographie u, s, w nebenbei und vielleicht,<br />

um mit <strong>den</strong> eigcnen Untersuchungen auch geologische<br />

Yerhältnisse <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung' zu br<strong>in</strong>gen, oder jene dur('h diese<br />

zu erläutern, sich gerne entsprechende Kenntnisse von der<br />

Beschaffenheit der Felsen und Berge, des Bo<strong>den</strong>s und Cntergrundes<br />

<strong>in</strong>nerhalb ihres Beobachtungsfeldes verschaffen möchten,<br />

<strong>in</strong>sbesondere abcr <strong>den</strong> nur aus Lust und Freude an der<br />

erhabenen <strong>Alpen</strong>welt das Hochgebirge Besuchen<strong>den</strong> zweckentsprechende<br />

'W<strong>in</strong>ke zu geben, auf welche 'Weise sie sich <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> ihnen bei ihren 'Yanderungen entgegentreten<strong>den</strong> ge 0 I 0-<br />

gi sc h e n Verhältnissen E<strong>in</strong>sicht und rasche Orientirung verschaffen<br />

können, wie sie hierbei zu verfahren haben, und was<br />

überhaupt zu thun nöthig ist, um die sich darbietende Gelegenheit<br />

zu geologischen Beobachtungen möglichst gut auszunützen,<br />

Es kann <strong>den</strong> zahlreichen oft <strong>in</strong> die schwierigst zugänglichen<br />

oder entlegensten Theile des Hochge birg's vordr<strong>in</strong>gen<strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>reisen<strong>den</strong><br />

nicht dr<strong>in</strong>gend genug an's Herz gelegt wer<strong>den</strong>, auch


26 Gümbel, Geologische Beobachtungen.<br />

diesen Zweig der Naturkunde, welcher so vielfache Aufschlüsse<br />

über die wichtigsten Verhältnisse der Gebirgsgestaltung , des<br />

Bo<strong>den</strong>s und der auf ihm leben<strong>den</strong> organischen 'Welt zu geben<br />

yerspricht, nicht ausser Augen zu lassen. Man glaube ja nicht,<br />

dass es immer eigentlich speciellwissenschaftliche Beobachtungen<br />

se<strong>in</strong> mUssen , welche dazu dienen können, der Wissenschaft<br />

förderlich zu se<strong>in</strong>. Oft gew<strong>in</strong>nen ansche<strong>in</strong>end ger<strong>in</strong>gfügige Angaben<br />

im Zusammenhalte mit anderen Beobachtungen grossen<br />

\lVerth und oft gibt e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es tltück Geste<strong>in</strong>, das man olme<br />

weitere :'lIiihe von e<strong>in</strong>em Felsen abschlägt und mitbr<strong>in</strong>gt, dem<br />

Kundigen sehr <strong>in</strong>teressante und wichtige Aufschliisse. Mag auch<br />

e<strong>in</strong>e oder die andere Beobachtung nutzlos se<strong>in</strong>, das e<strong>in</strong>e oder<br />

audere mitgebrachte Geste<strong>in</strong>sstUck sich nachträglich als nicht<br />

weiter verwerthbar erweisen, man kann dies ohne weiteren<br />

Scha<strong>den</strong> e<strong>in</strong>fach bei Seite legen j versäumte Beobachtuugen und<br />

unterlassene Aufsammlungen jedoch s<strong>in</strong>d nicht leicht wieder<br />

e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gende Verluste!<br />

Es erwächst dieser unserer Aufgabe, fiir e<strong>in</strong> Laienpnblikum<br />

Brauchbares zn liefern, e<strong>in</strong>e grosse Schwierigkeit durch die Verpflichtung<br />

auf dem verlüiltnissmässig engen Raum, der für e<strong>in</strong>e<br />

derartige <strong>Anleitung</strong> zulässig ersche<strong>in</strong>t, um sie bequem auf Reisen<br />

mit sich führen zu können, alles 'Wesentliche zn berühren und<br />

dabei auch für Nichtfachleute allg'eme<strong>in</strong> verständlich zu bleiben.<br />

Trotz mög'lichster Kiirze der Darstellung dürfte es gleichwohl unvermeidlich<br />

seiu, solche a11 g e 111 e<strong>in</strong> e Verhältnisse der ge 0 I 0-<br />

gis ehe n 'Wissenschaft vorauszuschicken und zu erläutern, ohne<br />

welche e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>sicht uml eiu Verstehen der nachfolgen<strong>den</strong> E<strong>in</strong>zelheiten<br />

an sich nicht möglich ist. Wir wer<strong>den</strong> daher zunächst<br />

e<strong>in</strong>en Ueberblick über das Gesammtgebiet der Ge 0 10 gi e mit<br />

besonderer Berücksichtigung der wichtigsten Verhältnisse, die<br />

zu beachten s<strong>in</strong>d, voranstellen, um daran diejenigen Bemerkungen<br />

anzuschliessen, welche <strong>in</strong>sbesondere auf das <strong>Alpen</strong>gebiet<br />

e<strong>in</strong>e nähere Anwendung f<strong>in</strong><strong>den</strong>. Indem diese Blätter bloss für<br />

Reisen <strong>in</strong> das Hochgebirge bestimmt s<strong>in</strong>d, könnte es sche<strong>in</strong>en, als<br />

sei dadurch die Aufgabe, möglichst kurz zu se<strong>in</strong>, wesentlich erleichtert.<br />

Es muss jedoch dagegen schon im Vmaus bemerkt wer<strong>den</strong>,<br />

dass die Ei gen art i g k ei t der geologischen Verhältnisse<br />

der <strong>Alpen</strong> ihrer geologischen Erforschung die grössten Schwierig-


I. Geologische Ausrüstung. 27<br />

keiten entgegensetzt, und Erläuterungen nothwendig macht, die<br />

e<strong>in</strong>gehender zu berühren <strong>in</strong> anderen Gebieten ke<strong>in</strong> Bedürfniss<br />

ist. Wenn wir uns auch der Hauptsache nach auf das d e u t s c he<br />

<strong>Alpen</strong>gebirge , nach dem Umfassungsgebiete unseres Vere<strong>in</strong>s<br />

beschränken, so ersche<strong>in</strong>t es doch des besseren Verständnisses<br />

wegen als zweckdienlich und bei <strong>den</strong> vielfach auch ausserhalb<br />

dieses engeren Gebietes unternommenen Hochgebirgsreisen als<br />

wünschenswerth, wenigstens noch die benachbarten Gebirgsstücke<br />

<strong>in</strong> der Schweiz und Norditalien sowie die <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> <strong>in</strong><br />

Nord und Süd vorliegen<strong>den</strong> Ebenen wenn auch nur flüchtig zu<br />

berühren, um e<strong>in</strong>en möglichst natürlichen Abschluss für das<br />

Ganze zn gew<strong>in</strong>nen.<br />

Allgeme<strong>in</strong>er Theil.<br />

I. Geologische Ausrüstung.<br />

Jeder, uer ge 0 log i s c h e Beobachtungen <strong>in</strong> der Natur<br />

anstellen will, mögen diese nun streng' wissenschaftliche oder<br />

bloss die e<strong>in</strong>es Liebhabers se<strong>in</strong>, muss sich mit gewissen zweckentsprechen<strong>den</strong><br />

\V e l' k z eu gen und H ü I fs mit teIn versehen.<br />

Begreiflicher \Veisc beschränken wir diese hier nach dem näheren<br />

Zweck dieser <strong>Anleitung</strong> für Nichtfachleute auf uas<br />

zulässig ger<strong>in</strong>gste ~Iaass des Nothwendigen. Als unbed<strong>in</strong>gt erforderlich<br />

s<strong>in</strong>d zu bezeichnen:<br />

1) der Hammer. Bei demselben ist weniger Gewicht auf<br />

se<strong>in</strong>e Form zu legen, als auf se<strong>in</strong>e Schwere und auf gute Beschaffenheit<br />

se<strong>in</strong>er Bahnen. Man wird sich zwar im Nothfalle<br />

mit jeder Art von Hammer z. B. e<strong>in</strong>em Schmiedhammer, der<br />

oft nicht zu verachten ist, begnügen müssen, ja selbst sich e<strong>in</strong>es<br />

härteren Geste<strong>in</strong>s bedienen, um von e<strong>in</strong>er weicheren Felsmasse<br />

e<strong>in</strong> StUckchen abzuschlagen. Das soll aber doch nur <strong>in</strong> Ausnahmsfällen<br />

vorkommen. In der möglich besten Beschaffenheit<br />

empfiehlt sich und ist für die allermeisten Fälle vollständig ausreichend<br />

e<strong>in</strong> Hammer von etwa 1 kg Gewicht un(l etwa 12 cm


28 Uümhel, Geologische Beobachtungen.<br />

Länge; vom mag derselbe entweder keilförmig zugespitzt se<strong>in</strong>,<br />

um ihn vorherrschend zum Graben zu benützen, oder e<strong>in</strong>e senkrecht<br />

zum Stiel stehende Schneide besitzen, wenn er besonders<br />

zum Zuschlagen und formatisiren der Geste<strong>in</strong>sstlicke dienen soll;<br />

nach h<strong>in</strong>ten Hluft er gleichseitig e<strong>in</strong> wenig zu e<strong>in</strong>er etwa 2 cm<br />

langen und breiten Bahn zu. Er soll gut gestählt und gehärtet<br />

se<strong>in</strong>. Der ca. 0.3 ll1 lange ovale Stiel von Eschenholz ist mit<br />

oder olme Eisenzw<strong>in</strong>gen an dem Hammer befestigt. An Stöcken<br />

angebrachte Hlimmer, zUll1al wenn sie nur angeschraubt s<strong>in</strong>d,<br />

mUssen als dnrchaus yerwerfiicl~bezeic1ll1et wer<strong>den</strong>. Man trägt<br />

<strong>den</strong> Hammer am bequemsten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ledergurt an der Seite.<br />

Derselbe dient zum An- und Zerschlagen der Geste<strong>in</strong>e und wird<br />

sehr lüiufig' dazu benützt, um kle<strong>in</strong>e Aufräumarbeit behufs<br />

Blosslcgens der 8chichten für das Bestimmen des Streichens<br />

n. s. w. vorzunehmen.<br />

2 e<strong>in</strong> 1\1 eis s e lyon gntem Eisen und gut verstlihlt, oder<br />

ganz stiihlern, etwa 0.1 111 lang, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e etwa 2 cm breite<br />

scharfe Schneide zulaufend, wird rieben dem Hammer befestigt<br />

und gctragen. E<strong>in</strong> zweiter kle<strong>in</strong>erer 1\leissel etwa von <strong>den</strong><br />

halben lIIaassen des ersteren leistet oft sehr gute Dienste beim<br />

Herausschlagen von M<strong>in</strong>eralien und Verste<strong>in</strong>erungen. Den<br />

1\Ieissel \\'enclet man übrigens theils zum Zerspalten, theils zum<br />

Absprengen oder Herausarbeiten von Geste<strong>in</strong>sstUcken , M<strong>in</strong>eralien<br />

und Yerste<strong>in</strong>ernngen an.<br />

3' Co m pas s zugleich mit e<strong>in</strong>em Gntdbogen versehen und<br />

<strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Chr - Taschencompass - hergestellt, bei dem<br />

zugleich der Ost- und 'West-Punkt auf dem Theilkreis umgetauscht<br />

ist *. - Berg'cOlupass - ist das zweckmässigste Orieutirungsiustrument.<br />

Se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>theilung <strong>in</strong> fortlaufend bezeichnete<br />

21 Theile oder Stun<strong>den</strong> St. oder h.), jede Stunde <strong>in</strong> 15 Theile<br />

oder Grade ·... 0" also der ganze Theilkreis <strong>in</strong> 21. 15 = 360<br />

Theile d. h. 360 Grade ist jeder anderen vorzuziehen, weil sie<br />

'"') Dieses Umsetzen von O. und "'~. auf dem Theilkreis hängt mit dem weiter<br />

unten angeführten Verfa.hren bei dem Anstellen e<strong>in</strong>er Beobachtung mit directer<br />

Ablesung zusammen. bei wE'lcher während der Drehung der N - S L<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> die<br />

zu bestimmende Richtung die- :JHagnetnadel unverändert <strong>in</strong> der Richtung des<br />

magnetischen ~[eridians stehen bleibt. Die Drehbewegung erfolgt demnach <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er umgekehrten Richtung, als diejenige ist, welcher die Bewegung der Magnetnadel<br />

folgen würde.


7] I. Geologische Ausrüstung. 29<br />

<strong>den</strong> Vortheil e<strong>in</strong>er gröberen und fe<strong>in</strong>eren Theilung <strong>in</strong> sich vere<strong>in</strong>igt.<br />

Hierbei entspricht St. oder h. (Stunde, hora) 6 der Weltgegend<br />

Ost ; St. 12 = S.; St. 18 = W., und 24 oder 0 = N.;<br />

Fig. 1.<br />

St. 3 = NO. u. s. w. Behufs der Beobachtung oder «er Bestimmung<br />

e<strong>in</strong>er Richtung mit dieser Art von Compass br<strong>in</strong>gt man<br />

die N -S L<strong>in</strong>ie (Ausgangspunkt der Theilung) <strong>in</strong> die zu be-


30 Gümbel, Geologische Beobachtlmgen. [8<br />

stimmende Richtung und liest da am Theilkreis die Stun<strong>den</strong><br />

und Grade ab, wo das Nor<strong>den</strong>de der Magnetnadel e<strong>in</strong>spielt.<br />

Da aber die Magnetnadel nicht die Richtung des wahren Meridians<br />

angiebt, sondern jene des sog. magnetischen Meridians,<br />

der von dem wahren Meridian um die Grösse der fortwährend<br />

sich ändern<strong>den</strong> Dekl<strong>in</strong>ation ·abweicht, so ist es nöthig, um e<strong>in</strong>e<br />

Beobachtung mit <strong>den</strong> benützten Karten <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang zu br<strong>in</strong>gen,<br />

dieselbe von dem Fehler der stets veränderlichen Deklioation zu<br />

befreien und ihr e<strong>in</strong>en dauern<strong>den</strong> Werth zu geben, die gemachte<br />

Bestimmung (sog. beobachtetes oder observirtes Streichen) auf<br />

<strong>den</strong> wahren Horizont (sog. wahres Streichen) zu reduciren. Dies<br />

geschieht, je nachdem die jeweilige Dekl<strong>in</strong>ation e<strong>in</strong>e westliche<br />

oder östliche ist, im ersten Falle durch e<strong>in</strong> Abziehen, im zweiten<br />

Falle e<strong>in</strong> Addiren des Betrages der Dekl<strong>in</strong>ation von oder zu<br />

<strong>den</strong> Beobachtungsdaten. Z. B. im Januar 1878 betrug die Dekl<strong>in</strong>ation<br />

iu Wien = 10°15' nach West. Hat man nun durch Beobachtung<br />

das Streichen e<strong>in</strong>er Richtung mit dem Compass etwa zu<br />

St. 5,13° (beobachtetes Streichen, gefun<strong>den</strong>, so muss man, um das<br />

wahre oder reducirte Streichen zu f<strong>in</strong><strong>den</strong> von St. 5, 13° <strong>den</strong> Betrag<br />

der jeweiligen Dekl<strong>in</strong>ation also z. B. 10° 15' abziehen, also wirkliches<br />

Streichen = 5,13°-10° 15. Nun ist St. 5,13° = 5,12°60'<br />

oder auch <strong>in</strong> Gra<strong>den</strong> ausgedrUckt = 75° + 13° = 88°; davon ab<br />

10°15' = 77°45' = St. 5,2°45'. Man wird gut thuu, bei jeder<br />

Beobachtung gleich diese Reduction auf <strong>den</strong> wahren Horizont<br />

vorzunehmen und <strong>in</strong> die Notizen diese erhaltene Ziffer e<strong>in</strong>zutragen.<br />

Ausserdem ist es durchaus nothwendig der All.fzeichnung<br />

immer beizusetzen: obs. observirt) z. B. St. 5,13° (obs.)<br />

im Gegensatz zu St. 5,2° 45' (red.).<br />

Der im Innern des Compassgehäuses angebrachte Gradbog<br />

e n mit Senkel vorrichtung dient zur Bestimmung des<br />

Ne i gun g s w i n k eIs z. B. e<strong>in</strong>es Gehänges oder e<strong>in</strong>er nicht<br />

horizontal gelagerten Schichtfläche. Beim Gebrauche arretirt<br />

man die Compassnadel und hält die N. - S.-L<strong>in</strong>ie der Kreistheilung<br />

genau parallel mit der L<strong>in</strong>ie, deren Neigung man bestimmen<br />

will, lässt dann das Senkel spielen, und liest, wenn<br />

es ruhig gewor<strong>den</strong> ist, an der mittleren Spitze oder Haar) des<br />

Senkels die Grade auf der kle<strong>in</strong>en <strong>in</strong>neren, jetzt vertikal stehen<strong>den</strong><br />

Bogentheilung ab. Um diese Beobachtung zu erleichtern,


9J I. Geologz'sche Ausrüstung. 31<br />

besitzt der Compass <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>en ausziehbaren Ansatz,<br />

dessen Rand parallel ist mit der N. - S.- L<strong>in</strong>ie. Indem man<br />

diesen Rand des vollständig ausgezogenen Ansatzes nun auf<br />

die zu bestimmende geneigte L<strong>in</strong>ie oder Fläche setzt, erhält<br />

man ebenso <strong>den</strong> Neigungs- oder Fallw<strong>in</strong>kel. Statt <strong>in</strong> Taschenform<br />

s<strong>in</strong>d manche Compasse auf kle<strong>in</strong>en quadratischen Platten<br />

befestigt.<br />

Hat man ke<strong>in</strong>en Bergcompass (mit vertauschtem 0.- und<br />

W.-Punkt zur VerfiIgung', sondern e<strong>in</strong>en gewöhnlichen Compass,<br />

so muss man auf andere Weise verfahren. Man dreht<br />

nämlich <strong>in</strong> diesem Falle <strong>den</strong> Compass so lange, bis die Magnetnadel<br />

auf N. - S. g'enau e<strong>in</strong>spielt, d. h. das Nor<strong>den</strong>de der Nadel<br />

über dem Nullpunkt St. 24, der Theilung steht und <strong>den</strong>kt sich<br />

nun die Richtungsl<strong>in</strong>ie, dercn Lage gegen die Himmelsgegend<br />

oder Richtung d. h. ihr Streichen man bestimmen will, oder<br />

e<strong>in</strong>e mit derselben Parallele durch die Mitte des Compasses<br />

gezogen. Die Stelle, an welcher diese <strong>den</strong> Theilkreis schneidet,<br />

bezeichnet nunmehr die Richtung oder 'Yeltgegend jedoch ohne<br />

die oben besprochene Correctur auf <strong>den</strong> wahren l\Ieridian, die<br />

man auf gleiche Weise, wie vorher angegeben wurde, vornehmen<br />

muss. Dieses Verfahren ist <strong>in</strong>dess weit unbequemer und giebt<br />

vielfach zu ungenauen oder falschen Bestimmungen Veranlassung,<br />

daher die BenUtzung des Bel' g c 0 mp ass e s dr<strong>in</strong>gend<br />

anzuempfehlen ist.<br />

4j Sä ure n fl äse 11 c he n. 'Venn der M<strong>in</strong>eraloge oder Geologe<br />

vom Fach vielleicht e<strong>in</strong>en ganzen sog. trag'baren Löthrohrapparat<br />

mit auf Reisen nimmt, so genügt fiIr unsere Zwecke e<strong>in</strong><br />

mit Salzsänre gefülltes Fläschchen von starkem Glas mit e<strong>in</strong>geriebenem<br />

und zum Betupfen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e verlängerte Spitze ausgezogenem<br />

Stöpsel. Das Glas ist zur grösseren Sicherheit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Holzkapsel mit aufzuschraubendem Deckel verwahrt. Die Säure<br />

dient zum Erkennen der kai k i g en Felsarten , welche beim<br />

Befeuchten mit der Säure lebhaft aufbrausen, während Dolomit<br />

nur schwach, andere Gebirgsarten olme Kalkgehalt e<strong>in</strong>ige seltene,<br />

aus anderen Carbonaten z. B. :-lpatheisenste<strong>in</strong>, Magnesit<br />

oder Talkspath u. s. w. bestehende Geste<strong>in</strong>e abgereclmetj bei<br />

gleicher Behandlung gar nicht brausen.


32 Gümbel, Geologische Beobachtungen. llU<br />

5) Aufbewahrungs- und Transportmittel. Hierher<br />

gehört Papier zum E<strong>in</strong>wickeln der gesammelten Stücke - M<strong>in</strong>eralien,<br />

Felsarten, Verste<strong>in</strong>erungen. Am besten eignet sich hierzu<br />

das leicht zu erhaltende weiche Zeitungspapier. Sehr fe<strong>in</strong>e,<br />

zarte und leicht zerbrechliche Gegenstände - Krystalle, kle<strong>in</strong>e<br />

Verste<strong>in</strong>erung'en" zumal manche Pflanzenüberreste umwickelt<br />

man zuerst mit Sei<strong>den</strong>papier oder Watte, und dann mit Zeittlngspapier<br />

oder verwahrt sie am besten gleich <strong>in</strong> Cigarrenkistchen<br />

unrl Schächtelchen. Vor dem E<strong>in</strong>wickeln muss auf je des<br />

e<strong>in</strong>zelne Stück e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> dem Notizbuch zu bemerkende Nummer<br />

oder e<strong>in</strong> Zcttelchen mit e<strong>in</strong>em bestimmten Zeichen geklebt<br />

wer<strong>den</strong>. Hat man Muse, so ist es gut, an Ort und Stelle gleich<br />

die Fundstücke vollständig zu etiquettiren, d. h. neben <strong>den</strong><br />

Nummerzettelchen noch mit e<strong>in</strong>em grösseren losen Zettel zu<br />

versehen, auf dem die betreffende Nummer, dann aufs genaueste<br />

Fundort und Datum, vielleicht noch e<strong>in</strong> mit bezüglichen<br />

Bemerkungen im Notizbuch correspondirendes Zeichen<br />

geschrieben wird. Ist es nicht thunlich an Ort und Stelle auf<br />

(liese \Vcise zu etiquettiren, so versäume man ja nicht, dies<br />

etwa bei e<strong>in</strong>er nächsten Rast, oder am Abende vorzunehmen.<br />

Schwierigkeiten macht der Transport der Ste<strong>in</strong>e sowohl<br />

wegen ihrcr relativ beträchtlichen Schwere, als desshalb , weil<br />

man sie nicht olme fes t c V crpackung z. B. <strong>in</strong> <strong>den</strong> RUcksack<br />

legen darf. Sic wür<strong>den</strong> hier bei jeder Bewegnng sich h<strong>in</strong> und<br />

her schieben, das Papier zerreiben, schliesslich selbst zu Grunde<br />

gehen und ihre ganze Nachbarschaft zcrfetzen. Zweckdienlich<br />

ist e<strong>in</strong>e starke lederne Seitentaschc mit mehreren Abtheilungen<br />

oder e<strong>in</strong> steifer Ranzen. Will man Ste<strong>in</strong>e im Rücksack transportiren,<br />

so muss man sie erst <strong>in</strong> feste Schachteln oder Cigarrenkistchen<br />

legen oder <strong>in</strong> grösseres starkes Papier zusammeupacken<br />

und mit B<strong>in</strong>dfa<strong>den</strong> fest umwickeln. Es ist räthlich, sich für<br />

alle Fälle mit Schächtelchen zu versehen. Für kle<strong>in</strong>ere Tagesexcursionen<br />

s<strong>in</strong>d mit Pttpier gut ausgefüllte Blechbüchsen, sog.<br />

Botanisirkapseln zulässig, als m<strong>in</strong>der empfehlenswerth müssen<br />

Netze aus starkem B<strong>in</strong>dfa<strong>den</strong> bczeichnet wer<strong>den</strong>.<br />

U Sc h r ei b - und Z eie h e n m 1tt e ri al. Bei geologischen<br />

Untersuchungen ist es dr<strong>in</strong>gend zu empfchlen, die gemachten<br />

Beobachtungen sofort niederzuschreiben. Dies geschieht theils


[11 I. Geolo.fJische Ausrüstung. 33<br />

durch E<strong>in</strong>tragen von Bemerkungen <strong>in</strong> das Notizbuch , theils<br />

durch Profilzeichnungen , landschaftliche Skizzen und kartistische<br />

Darstellungen. Die Erfahrung lehrt es als sehr zweckdienlich<br />

, e<strong>in</strong>en Bleistift an e<strong>in</strong>em Gummischnürchen <strong>in</strong> dem<br />

Rockknopfloch befestigt zu tragen und sich reichlich mit Reservebleistiften<br />

zu versehen. Farbige Stifte, um verschie<strong>den</strong>e<br />

Geste<strong>in</strong>sarten <strong>in</strong> Profilen, Zeichnungsskizzen und auf <strong>den</strong> Karten<br />

gleich auch durch verschie<strong>den</strong>e Farben anzudeuten, s<strong>in</strong>d. ganz<br />

besonders für geologische Zwecke nützlich. In Ermangelung<br />

farbiger Stifte hilft man sich bei Verwendung gewöhnlicher<br />

Bleistifte mit verschie<strong>den</strong>en Zeichen, L<strong>in</strong>ien , Strichen u. s. w.,<br />

die man statt der verschie<strong>den</strong>en Farben anbr<strong>in</strong>gt, z. B.<br />

Fig. 2. Profil-Zeichnung.<br />

I) Alluviale U eberdeckung; 2) dünngeschichteter rother Letten.chiefer; 3) schwarzerweissaderiger<br />

Kalkste<strong>in</strong>; 4) dünngeschichteter schwärzlicher )Iergelschiefer;<br />

5, 6, 7) verschie<strong>den</strong>e Lagen bald mehr kalkiger, bald' mehr dolomilischer Geste<strong>in</strong>e<br />

von weisslicher Fa.rbe; 8) grn.u er, klotziger verste<strong>in</strong> erungsreicher Mergel ;<br />

~) grauer Kalk; 10) Mergel mit Gypsbeimengen; 11) grauer und gelblichweisser<br />

Dolomit; 12) weisser Kalk, der sehr zahlreiche ... Ywnnntlittn e<strong>in</strong>schliesst;<br />

13) weicher, grauer Mergel mit Verste<strong>in</strong>erungen; 14) grünlicher, glauconitischer<br />

Sandste<strong>in</strong> u. s. w.<br />

7) Mit Mess<strong>in</strong>strumenten der e<strong>in</strong>en oder anderen Art<br />

pflegt sich der vorsichtige Bergsteiger gewöhnlich bei jeder<br />

Bergfahrt, so m<strong>in</strong>destens mit ~Ieterstab , Schnur und Aneroid<br />

zu versehen. Bei ge 0 log i s c h e n Beobachtungen macht sich<br />

das Bedürfniss des 111 e s sen s sehr häufig geltend, nämlich bei<br />

Bestimmung der Mächtigkeit der Schichten , Lager oder Felsmassen.<br />

Ebenso gew<strong>in</strong>nt hierbei die Ermittelung der H ö h e n<br />

vermehrtes Interesse. Doch s<strong>in</strong>d die hierzu dienlichen.lnstru-<br />

3


34 Giimbel, Geologische Beobachtungeno. [ 12<br />

mente ke<strong>in</strong>e anderen, als die allgeme<strong>in</strong> für solche Zwecke gebräuchlichen,<br />

daher hier nicht weiter im E<strong>in</strong>zelnen zu erörtern.<br />

Für speciell geologische Ermittelungen wäre nur noch weiter e<strong>in</strong><br />

Messband von etwa 100 m Länge zu empfehlen. Uebrigens<br />

kann auch e<strong>in</strong> immer nützlicher Vorrath von B<strong>in</strong>dfa<strong>den</strong> aushelfen.<br />

8) Quellenthermometer. Dieselben sollen nur ger<strong>in</strong>ge<br />

Länge, etwa 10 cm haben, mit e<strong>in</strong>er Theilung von _10° C. bis<br />

""+40° und mit e<strong>in</strong>er Untertheilung <strong>in</strong> i-tO versehen se<strong>in</strong>;<br />

sie wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> Holzllüchsen verwahrt getragen und dienen hauptsächlich<br />

zur Bestimmung der Quellentemperatur. Da es hierbei<br />

nicht auf m<strong>in</strong>utiöse Genanig'keit ankommt, so empfehlen sich<br />

Instrumente mit rothgefärbtem We<strong>in</strong>geist, bei <strong>den</strong>en die Ablesung<br />

unter ·Wasser leichter ist, als an Quecksilber-Thermometern,<br />

weil hier das Ende der Quecksilbersäule im Wasser oft<br />

schwer zu erkennen ist. Das Auge soll beim Ablesen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

mit der Endfläche der Säule zusammenfallen<strong>den</strong>, senkrecht zu<br />

dem Thermometer stehen<strong>den</strong> Ebene gehalten wer<strong>den</strong>.<br />

9; Lu pe mit ziemlich stark vergrössernder L<strong>in</strong>se ist für<br />

geologische Zwecke wünschenswerth, z. B. zum Erkennen fe<strong>in</strong>er<br />

E<strong>in</strong>sprengungen, oder der Beimengungen kle<strong>in</strong>er und kle<strong>in</strong>ster<br />

Verste<strong>in</strong>erungen (Foram<strong>in</strong>iferen, Ostraco<strong>den</strong>, Bryozoen). Wegen<br />

der leichten Beschädigung durch die beim Anschlagen der harten<br />

Ste<strong>in</strong>e und Felsen abspr<strong>in</strong>gen<strong>den</strong> Splitter ist es nicht räthlieh<br />

Cyl<strong>in</strong>derlupen ohne Verschluss an der Schnur zu tragen;<br />

zweckdienlicher s<strong>in</strong>d Lupen zum Zusammenklappen <strong>in</strong> Horngehäuse<br />

gefasst.<br />

10: Kar t e n. 'Venn möglichst genaue Karten e<strong>in</strong>es der<br />

ersten Erfordernisse für <strong>Alpen</strong>reisende s<strong>in</strong>d, so müssen solche<br />

für ge 0 I 0 gi s ehe Zwecke noch ganz <strong>in</strong>sbesondere als unentbehrlich<br />

bezeichnet wer<strong>den</strong>. Man soll jederzeit genau wissen<br />

oder auf der Karte ermitteln können, an welcher Stelle diese<br />

oder jene Beobachtung angestellt wurde, um di~ Ergebnisse<br />

auf die Karte richtig e<strong>in</strong>tragen und <strong>den</strong> Ort des Fundes oder<br />

der Beobachtung auch Anderen genau bezeichnen zu können.<br />

Je grösser der Maasstab der Karte ist, desto zweckdienlicher<br />

erweist sich die letztere für Detailuntersuchungen. Das äusserste<br />

l\Iaass der Verwendbarkeit der Karten für geologische E<strong>in</strong>zeich-


13] I. Geologische Ausrüstung. 35<br />

nun gen möchte der Kartenmaasstab 1: 150,000 . se<strong>in</strong>. In manchen<br />

Fällen wird es nothwendig wer<strong>den</strong> z. B. bei Mangelgenauerer<br />

Karten, selbst kle<strong>in</strong>e Kartenskizzen zu entwerfen, um<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong>selben die geologisch <strong>in</strong>t.eressanten E<strong>in</strong>zelheiten e<strong>in</strong>zutragen.<br />

Daher ist es als Vorbereitung zu Reisen immer rathsam,<br />

sich e<strong>in</strong>ige Uebung im Entwerfen von Karten anzueignen.<br />

Fig. 3. Kartenskizze.<br />

A dünn geschichteter Thonschiefer mit nordwestlich e<strong>in</strong>fallen<strong>den</strong> Schichten;<br />

B schwarzer, dickbankiger Kalk mit zahlreichen Verste<strong>in</strong>erungen bei Punkt 4,<br />

die Schichten fallen nach NO. <strong>in</strong> St. ~ mit 45° (red.) e<strong>in</strong>; bei Punkt 5 beg<strong>in</strong>nt<br />

e<strong>in</strong>e Conglomeratbildung mit zwischenliegen<strong>den</strong> Bänken rothen Sandste<strong>in</strong>s bis<br />

Punkt 7, wo sich fast seiger aufgerichtete Dolomitschichten e<strong>in</strong>stellen, deren<br />

Schichten nach St. U (red.) streichen. Bpi Punkt 7 e<strong>in</strong>e reichlich fliessende<br />

Quelle, deren Temperatur 5 1 /,° C. beträgt u. s. w.<br />

Im U ebrigen ist die Ausrüstung des ge 0 g nos ire n <strong>den</strong><br />

<strong>Alpen</strong>reisen<strong>den</strong> ganz die gleiche wie die e<strong>in</strong>es anderen zweckdienlich<br />

ausgestatteten Hochgebirgswanderers und wie es an<br />

dieser Stelle nicht wiederholt zu wer<strong>den</strong> braucht.<br />

3*


36 GUmbel, Geologische Beobacht1mr;en.<br />

H. Geognostisclle Orientirung.<br />

Soll e<strong>in</strong>e ge 0 log i s c he Beobachtung, auch wenn sie nur<br />

nebenbei angestellt wird, ihrem Zweck entsprechen, so muss<br />

derjenige, welcher sie anstellt, doch im All g e m e<strong>in</strong> e n dar<strong>in</strong><br />

unterrichtet se<strong>in</strong>, auf welche bc s 0 n der e Ersche<strong>in</strong>ungen er<br />

se<strong>in</strong>e Aufmerksamkeit zu richten habe. Es muss dabei e<strong>in</strong> gewisser<br />

Grad von geognostischen Keuntnissen vorausgesetzt<br />

wer<strong>den</strong>. Hier kann es sich wohl nicht darum handeln,<br />

diese Vorkenntnisse, wenn auch nur <strong>in</strong> der beschei<strong>den</strong>sten Ausdehnung<br />

lehren zu wollen. Dazu fehlt es an Raum. Nur h<strong>in</strong>weisen<br />

auf die Hauptsätze der Wissenschaft will die nachfolgende<br />

übersichtliche Darstelluug und nm die Er<strong>in</strong>nerung an<br />

früher Gelerntes oder Gelesenes wieder auffrischen. Das E<strong>in</strong>gehendere<br />

mag derjenige, welcher e<strong>in</strong> Bediirfniss hierfür empf<strong>in</strong>det,<br />

<strong>in</strong> bekannten guten Lehrbüchern" aufsnchen.<br />

·Wir wissen, dass die Enle, soweit sie unserer directen<br />

Beobachtung zugänglich ist, aus verschie<strong>den</strong>en theHs festen,<br />

theils tropfbar flüssigen oder gasartigen .:lIassen besteht. Diese<br />

.:lIassen zusammengenommen bil<strong>den</strong> theils <strong>in</strong> <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en<br />

Ue~te<strong>in</strong>en die fes teE r d r i n deals Grundlage und relativ<br />

tiefste Region, theils die Ge w ~i s s e r <strong>in</strong> und über dem R<strong>in</strong><strong>den</strong>theil<br />

als der Hauptsache nach zweite Region und endlich die<br />

Luft als dritte ~iusserste und oberste Hülle des Erdkürpers.<br />

Sie alle siml wesentliche Theile des Erd ga n zen, die näher<br />

kennen zu lernen und deren Beziehungen zu e<strong>in</strong>ander und zur<br />

Erde festzustellen, Aufgabe der Geognosie ist. Diese<br />

Wissenschaft legt sich hierbei die Beschr~<strong>in</strong>kung auf, nur die<br />

wes e n t I ich s t e n dieser Theile nfiher <strong>in</strong>s Auge zu fassen und<br />

diejenigen ausser Betracht zu lassen, die nur spärlich und <strong>in</strong><br />

untergeordneter Weise sich am Aufbau der Erde betheiligen .<br />

. ~) Unter der grossen Anzahl yortrefflkher Lehrbücher der Geologie und<br />

Geognosie mag es genügen, auf e<strong>in</strong>ige wenige aufmerksam zu mache.n: Nanmann's<br />

Lehrb. d. Geogllo~iE':l. Aufl.; Credner, H., Elemente der Geologie<br />

3. Aufl.; G. Leonhard, Lehrb. d. Geognosie u. Geologie 3. Aufl.; v. Hochs<br />

t e t te r 1 die Erde nar:h ihrer Zusammensetzung; kurzer Leitf. d. Geologie Hs75;.<br />

Zittel, Aus der Urzeit 2. Auf!.; Emmf'rich, Geolog. Gesch. d. <strong>Alpen</strong> ans<br />

Hehaubach's d. <strong>Alpen</strong> 2, Autl.; Peter'3, Die Donau und ihr Gebiet, Geo1.Skizzej.<br />

<strong>in</strong>sllE'::,:ondere F. Y. Hauer, d. Geologie J. öst€n.-ung.l1onarchie 2. Aufi. 11:1i8~


15' II. Geognosti8che On·entirung. 37<br />

Unter <strong>den</strong> Luftarten ist es fast ans8chliesslich die atmos<br />

p h ii r i sc heL u ft, die an der Zusammensetzung der liussersten<br />

Hiille wesentlich Antheil nimmt. Dazu g'esellt sich noch <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ger<br />

Menge Kohlensäure, 'Wasser- und Sumpfgas.<br />

Die tropfbar fliissigen Erdmassen s<strong>in</strong>d fast ausschliesslieh<br />

durch das 'Va s s e r repräsentirt. lJ nterg'eordnet tritt nur<br />

noch e<strong>in</strong>e zweite FlUssigkeit, das Erd ö I Petroleum auf. Endlich<br />

s<strong>in</strong>d es die ycrschie<strong>den</strong>en Bo<strong>den</strong>- und Erdarten, die<br />

Fe I s m ass e n oder Ge s t e<strong>in</strong> e, welche die fes t e Kruste vorzugsweise<br />

ausmachen.<br />

Geste<strong>in</strong>selemente und Geste<strong>in</strong>e.<br />

Diese Erd e n und Ge s t e<strong>in</strong> e s<strong>in</strong>d nun wieder aus e<strong>in</strong>zelnen<br />

Theilchen zusammengesetzt, aus <strong>den</strong> sog. geognostischen<br />

Elementen oder Mi ne ra I i e n, deren Kenntniss die Geognosie<br />

als bekannt yoraussetzt. Diese geognostischen Elemente oder<br />

schlechtweg auch Ge mengt heil e genannt, wer<strong>den</strong> durch<br />

e<strong>in</strong>ige wen i g e M<strong>in</strong>eralien dargestellt, welche man desshalb als<br />

ge s te <strong>in</strong>s b i I <strong>den</strong> d e bezeichnet. Erdarten und Geste<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d<br />

dahe.r M<strong>in</strong>eralzusammenhliufungen entweder nur e<strong>in</strong> und desselben<br />

M<strong>in</strong>erals - g'leichartige Geste<strong>in</strong>e - wie z. B. der<br />

:Marmor oder körnige Kalk, der aus Kalkspaththeilchen zusammengesetzt<br />

ist, oder aus mehreren verschie<strong>den</strong>en M<strong>in</strong>eralien -<br />

ungleichartige Geste<strong>in</strong>e z.B. der Granit, der aus <strong>den</strong> M<strong>in</strong>e­<br />

Talien Orthoklas, Quarz und Glimmer besteht. Zu diesen<br />

M<strong>in</strong>eralien, die nothwendig vorhan<strong>den</strong> se<strong>in</strong> miissen, um e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Felsart zu bil<strong>den</strong> - daher wes e n t I ic h e Gemengtheile<br />

genannt, wie z. B. Orthoklas, Quarz und Glimmer bei<br />

dem Granit, - gesellen sich zuweilen noch zufällige M<strong>in</strong>eralbeimengungen,<br />

welche daher als u n wes e n t I ich e oder accessorische<br />

Gemengtheile bezeichnet wer<strong>den</strong>, z. B. Oligoklas,<br />

Granat, Turmal<strong>in</strong> im Granit. Bei wenigen Geste<strong>in</strong>sarten besteht<br />

die Hauptmasse, aus der sie gebildet s<strong>in</strong>d, aus abgestorbenen<br />

und veränderten Resten organischer 'Vesen - 0 r g a n 0-<br />

1 i t h e - l<strong>in</strong>d zwar ent.weder aus dem Thierreich - zoo gen e<br />

Geste<strong>in</strong>e, wie gewisse Kalkste<strong>in</strong>e, z. B. Nummulitenkalk, Kreide<br />

u. s. w., theils aus dem Pflanzenreich - p h Y t 0 gen e Geste<strong>in</strong>e,<br />

z. B. die ·Diatomeenerde, Ste<strong>in</strong>- nnd Brannkohle, der Torf.


38 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [16<br />

Diejenigen l\l<strong>in</strong>eralien*), die als geste<strong>in</strong>sbil<strong>den</strong>de am<br />

häufigsten vorkommen, s<strong>in</strong>d: Quarz, die Feldspatharten und<br />

zwar die orthoklasischen : Orthoklas und Sanid<strong>in</strong>, oder die<br />

plagioklasischen : Albit, Oligoklas, Andes<strong>in</strong>, Labrador und Anorthit<br />

die letzteren nennt man daher auch zusammen Plagioklase).<br />

Diesen schliessen sich an: Saussurit, Feldste<strong>in</strong> und Thon (Porzellanerde.<br />

Ferner s<strong>in</strong>d zu nennen die Glimmerarten : heller<br />

Kaliglimmer oder ~luscowit und dunkler Magnesiaglimmer oder<br />

Biotit, dann Hornblende oder Amphibol, Augit oder Pyroxen,<br />

Bronzit, Diallag, Hypersthen, Turmal<strong>in</strong>, Granat, Chlorit, Glauconit,<br />

Obsidian Pech- und Perlste<strong>in</strong> , vulkanisches Glas, Nephel<strong>in</strong>,<br />

Leucit, Oliv<strong>in</strong> oder Chrysolith, Serpent<strong>in</strong>, Kalkspath,<br />

Dolomitspath, Gyps, Anhydrit, Ste<strong>in</strong>salz, Talk, Apatit, Schwefel,<br />

~lagneteisen, Titaneisen, Schwefelkies, ?ll<strong>in</strong>eralkohle, Graphit<br />

und Eis.<br />

Diese geognostischen Elemente oder :\I<strong>in</strong>eralien s<strong>in</strong>d nun<br />

verschie<strong>den</strong>artig zu Aggregaten oder Geste<strong>in</strong>sarten vere<strong>in</strong>igt,<br />

theils <strong>in</strong> Kryställchen oder mehr und weniger krystall<strong>in</strong>ischen,<br />

deutlich mit bloss.em Auge noch unterscheidbaren Körnchenwodurch<br />

die sog. deutlich krystall<strong>in</strong>ischen Geste<strong>in</strong>e oder E u­<br />

kokkite entstehen, z.B. der Granit - oder <strong>in</strong> höchst fe<strong>in</strong>en<br />

krystall<strong>in</strong>ischen Theilchen zuweilen untermeugt mit e<strong>in</strong>er glasartigen<br />

Zwischenmasse e<strong>in</strong> ansche<strong>in</strong>end gleichartig dichtes Geste<strong>in</strong><br />

bil<strong>den</strong>d - sog. Kryptokokkite wie z. B. der Basalt,<br />

oder aber sie s<strong>in</strong>d vorherrschend glasartig und amorph­<br />

H y a I i t h e wie z. B. Obsidian, viele Laven - oder endlich<br />

aus Trümmern, klastischen Theilchen von früher schon vorhan<strong>den</strong>en<br />

Geste<strong>in</strong>en enstan<strong>den</strong>, welche durch e<strong>in</strong>e sie zusammenkittende<br />

Zwischensubstanz B<strong>in</strong>demittel wieder verfestigt wur<strong>den</strong><br />

- Ps e p hol i t he wie Sandste<strong>in</strong>, Conglomerat, Breccie,<br />

Tuff. Ausserdem zeichnen sich noch gewisse Geste<strong>in</strong>e dadurch<br />

aus, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sche<strong>in</strong>bar dichten oder glasartigen Hauptmasse<br />

e<strong>in</strong>zelne M<strong>in</strong>eralkryställchen e<strong>in</strong>gestreut liegen - Por-<br />

) Man sehe Näheres nach <strong>in</strong>: Na. n rn a n n! sEIern. d. lI<strong>in</strong>eralogie, herausg.<br />

von Zirkel; R 0 sen bus c h t microsc. Physiograph. d. M<strong>in</strong>eral. j Z i r k el, die<br />

microsc. Beschaffenh. d. M<strong>in</strong>.; Ra m m eIs b erg, Handb. d. M<strong>in</strong>eralchemie ;<br />

Quenstedt, Handb. d. M<strong>in</strong>.; Kobel!, M<strong>in</strong>eral. und dessen Tafeln z. Bestimmung<br />

d. M<strong>in</strong>era,lien.


17] II. Geognostische Orientirung. 39<br />

p h Y r e oder kle<strong>in</strong>e runde Kügelchen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sandigen,<br />

kalkigen oder mergeligen Masse e<strong>in</strong>gebettet sich wesentlich an<br />

der Zusammensetzung des Geste<strong>in</strong>s Ibetheiligen - 00 li t h e.<br />

Fügen wir noch e<strong>in</strong>e Gruppe von vorherrschend kalkigen Geste<strong>in</strong>sarten<br />

h<strong>in</strong>zu, die z. Th. aus fe<strong>in</strong>st krystall<strong>in</strong>ischen z. Th.<br />

kle<strong>in</strong>sten Trümmerehen und z. Th. aus Ueberresten kle<strong>in</strong>ster<br />

organischer vVesen oder zertrümmerten grösseren Stückehen<br />

zusammengesetzt, als ansche<strong>in</strong>end dicht sich darstellen. -<br />

Pe I 0 li th e - so dürfte damit die Reihe der hauptsächlichsten<br />

Geste<strong>in</strong>e oder Felsarten erschöpft se<strong>in</strong>.<br />

Bezüglich der Art der Raumerftillung unterscheidet man an<br />

<strong>den</strong> Geste<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e compacte, poröse, zellige, blasige, schlackige,<br />

gebänderte oder lamellare, bei Abscheidung e<strong>in</strong>es Theils der<br />

Geste<strong>in</strong>sma.sse <strong>in</strong> rundlichen Knöllchen, e<strong>in</strong>e variolithische oder<br />

sphäroidische Beschaffenheit, und <strong>in</strong> Bezug auf die Art und Natur<br />

der Flächen, welche beim Zerschlagen der Geste<strong>in</strong>e zum Vorsche<strong>in</strong><br />

kommen \Bruchfläche, e<strong>in</strong>en ebenen, unebenen, muscheligen,<br />

glatten, körnigen, splitterigen, erdigen Bruch, Verhältnisse,<br />

die e<strong>in</strong>er weiteren Erläuterung nicht bedürfen.<br />

Textur, Structur und Form der Geste<strong>in</strong>e.<br />

Die aus <strong>den</strong> Elementen theils nur e<strong>in</strong>er Art - homomere<br />

oder gleichartige - theils aus mehreren :M<strong>in</strong>eralien - heterome<br />

re oder ungleichartige - zusammengesetzten Felsarten s<strong>in</strong>d<br />

nun <strong>in</strong> ihrem <strong>in</strong>neren Geftige verschie<strong>den</strong> ausgebildet- Tex tur.<br />

Bei <strong>den</strong> e<strong>in</strong>en treten die Gemengtheile zu e<strong>in</strong>er nach allen Richtungen<br />

gleichmässig beschaffenen Masse zusammen - m ass i g e<br />

Geste<strong>in</strong>e z.B. Granit, Basalt - bei anderen dagegen zeigen<br />

sich Absonderungen, welche, durch nahe liegende mehr oder<br />

weniger parallele Flächen und platten- oder bankartige Lagen<br />

angedeutet, <strong>in</strong> der Art entstan<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d, dass sich bei der Bildung<br />

der Massen Geste<strong>in</strong>smaterial auf Geste<strong>in</strong>smaterial <strong>in</strong> Folge der<br />

sog. Sedimentation aufhäufte, wobei jedoch zeitweise e<strong>in</strong>e Unterbrechung<br />

e<strong>in</strong>trat, oder e<strong>in</strong> anderes Material zum Absatz geangte<br />

- geschichtete Geste<strong>in</strong>e z. B. Sandste<strong>in</strong>, Kalk."<br />

ste<strong>in</strong>, Thonschiefer. Massen- und Schic'htgeste<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d<br />

die Hauptformen, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en überhaupt alle am Aufbau der Erdr<strong>in</strong>de<br />

betheiligten Felsarten vorkommen. Bei <strong>den</strong> Schicht- oder


40 Giimbel, Geologische Beobachtungen. [18<br />

Sedimentgeste<strong>in</strong>en nennt ·man jede durch nahezu parallele<br />

Flächen (sog. Schichtflächenl abgesonderte Geste<strong>in</strong>smasse e<strong>in</strong>e<br />

Sc h ich t oder F I ö t z (letztere Bezeichnung hauptsächlich bei<br />

nutzbaren Geste<strong>in</strong>sarten z. B. Ste<strong>in</strong>kohlen) . Sehr dicke, mäc.htige,<br />

<strong>in</strong> sich gleichartige Schichten bezeichnet man auch als<br />

Bänke oder Lagen, während sehr dünngeschichtete Geste<strong>in</strong>e,<br />

bei <strong>den</strong>en die Gemengtheile schon bei der ursprünglichen Ausbildung<br />

<strong>in</strong> schwache parallele Lagen sich ordneten, Sc h i e fe r<br />

und - wenn aus krystall<strong>in</strong>ischen Theilen zusammengesetztkrystall<strong>in</strong>ische<br />

Schiefer wie z.B. Gneiss, Glimmerschiefer<br />

genannt wer<strong>den</strong>. Es ist hierbei zu bemerken, um Missverständnissen<br />

zu begegnen, dass nicht selten Geste<strong>in</strong>smassen von<br />

nahezu parallelen Klüften, Sprüngen oder Rissen <strong>in</strong> Schichtenähnliche<br />

Platten zersprengt, ersche<strong>in</strong>en - falsche Schichtung<br />

z. B. beim sog. Plattenporphyr - oder <strong>in</strong> sehr dünne Lagen<br />

, welche quer zu der ursprünglichen Schichtenabsonderung<br />

verlaufen, spaltbar s<strong>in</strong>d - transversale Schichtung oder<br />

Schieferung z. B. bei manchem Dachschiefer. :rtlan achte<br />

darauf, solche nach.träglich entstan<strong>den</strong>e Zerspaltungsersche<strong>in</strong>ungen<br />

nicht mit wahrer Schichtung zu verwechseln.<br />

Fig. 4 ..<br />

In dieser Zeichnung deuten ' die Buchstab~n S - S die Richtung der Sc h i c h­<br />

lu n g, welche durch die Gleichartigkeit <strong>in</strong> der Beschaffenheit der Geste<strong>in</strong>slagen<br />

sich bemerkbar macht, und die Iluchstaben f - f die Richtung der<br />

Schieferung an.<br />

Jede Schicht ist von zwei parallelen Schichtflächen<br />

begrenzt, nach deren rechtw<strong>in</strong>keligem Abstand v'On e<strong>in</strong>ander<br />

man die Dicke der Schicht oder deren M ä c h ti g k e i t bemisst.


19J Ir. Geognostische Orientirung. 41<br />

Bei geneigt gelagerten Schichten hüte man sich die senkrecht<br />

gezogene L<strong>in</strong>ie, wie so häufig irrthtimlich geschieht, als Mächtigkeit<br />

anzusprechen. Die augensche<strong>in</strong>liche Maassverschie<strong>den</strong>heit<br />

der L<strong>in</strong>ie a-b (richtige Mächtigkeit der Schicht ABeD )<br />

gegen die senkrechte L<strong>in</strong>ie a - d <strong>in</strong> beistehender Zeichnung<br />

wird dies ohne weitere Erläuterung deutlich machen.<br />

Fig. o.<br />

Die Schichtenlage kann nun entweder e<strong>in</strong>e horizontale<br />

oder s ö h 1i g e (Zeichen 4+), oder e<strong>in</strong>e verticale oder s a i ger e<br />

(Zeichen -t ), oder endlich unter irgend e<strong>in</strong>em W<strong>in</strong>kel ZUl"<br />

Horizontalen gen e i g t e se<strong>in</strong>. Schichten , die im Verhältniss<br />

zu ihrer ursprünglichen Lage um mehr als 90° aus ihrer früheren<br />

Stellung verschoben wur<strong>den</strong>, nennt man überkippt oder<br />

überstürzt.<br />

Bei ge n e i g t e n Sehichten bezeichnet man die Richtung,<br />

welche e<strong>in</strong>e auf <strong>den</strong> Schichtßächen gezogen gedachte Gerade<br />

angibt , als das S t re ich e n (Richtung der Ausdehnung e<strong>in</strong>er<br />

Schicht im horizontalen S<strong>in</strong>ne = Streichrichtung , Streichl<strong>in</strong>ie,<br />

Streichw<strong>in</strong>kel), die Richtung ihrer stärksten Neigung als das<br />

Fall e n oder E<strong>in</strong> fall e n (Fallrichtl<strong>in</strong>g , Falll<strong>in</strong>ie, Fallw<strong>in</strong>kel) .<br />

FaH- und Streichrichtung stehen stets senkrecht zu e<strong>in</strong>ander


42 Giimbel, Geologische Beobachtungen. [20<br />

oder bil<strong>den</strong> e<strong>in</strong>eu W<strong>in</strong>kel von 90° = 6 Stun<strong>den</strong> (des Compasses)<br />

mit e<strong>in</strong>ander, daher man leicht aus der Fallrichtung die Streich-<br />

Fig. 6.<br />

In dieser Zeichnnng Mutet die L<strong>in</strong>ie S S die Streich richtung, S P die FaIJrichtung<br />

an.<br />

richtung direct durch Addiren oder Abziehen von 6 Stun<strong>den</strong> oder<br />

900 ermitteln kann. Diese Bestimmung ist e<strong>in</strong>e der wichtigsten


21] II. Geognostische Orientirung. 43<br />

Aufgaben der praktischen Gebirgsforschung. Das Bestimmen<br />

des S t r eie h e n sund Fa 11 e n s wird mittels des Bergcompasses<br />

bewerkstelligt (s. oben S. 28). Zu dem Zwecke entblösst<br />

man an e<strong>in</strong>er geneigt gelagerten Geste<strong>in</strong>smasse (<strong>in</strong> Felsen, am<br />

Bo<strong>den</strong>, <strong>in</strong> Gruben) e<strong>in</strong>e Schichtßäche so vollständig glatt, als<br />

.thunlich (e<strong>in</strong>e Fläche von 0,10-0,15 qm genügt) , <strong>den</strong>kt sich<br />

oder zieht sich auf dieser Fläche e<strong>in</strong>e horizontale L<strong>in</strong>ie (Streichl<strong>in</strong>ie),<br />

an welche man die N - S L<strong>in</strong>ie des Compasses anlegt;<br />

das Nor<strong>den</strong>de der Nadel gibt sofort die Streichrichtung<br />

(observirtes Streichen s. S. 30) an. Der W<strong>in</strong>kel, welchen die<br />

Nadel jetzt mit der N - S L<strong>in</strong>ie der Compasstheilung bildet,<br />

ist der Streich w<strong>in</strong>kel.<br />

E<strong>in</strong>e zu dieser Streichl<strong>in</strong>ie senkrecht <strong>in</strong> der Richtung der<br />

stärksten Neigung der Schicht gezogene Gerade ist die F a 11-<br />

li nie. Um das Fallen zu bestimmen, br<strong>in</strong>gt man die N - S<br />

L<strong>in</strong>ie des Compasses <strong>in</strong> die Richtung der Falll<strong>in</strong>ie, das N Ende<br />

der Nadel nach der Richtung der stärksten Neigung gewendet<br />

Fig.7.<br />

und liest an der Nordspitze der Nadel nunmehr direct die<br />

Fa 11 r ich tun g ab. Man arretirt hierauf die Nadel und br<strong>in</strong>gt<br />

<strong>den</strong> Compass nunmehr senkrecht genommen, so dass der kle<strong>in</strong>e<br />

Senkel spielen kann, <strong>in</strong> die Lage der Falll<strong>in</strong>ie, <strong>in</strong>dem man die


44 Oiimbel, Geologische Beobaclttungen.<br />

N -<br />

8 L<strong>in</strong>ie mit derselben parallel hält, so gibt die Senkelmitte<br />

<strong>den</strong> Grad oder die Grösse des Fall w i n k eis direct an.<br />

Ist die Compasstheilung der Art, dass die Zählung nur von<br />

1-12 St. geht, so ist es unerlässlich bei der Fallrichtung noch<br />

die Weltgegend anzugeben, nach der h<strong>in</strong> die Schicht e<strong>in</strong>schiesst.<br />

Durch Zeichnung wird das Streichen und Fallen <strong>in</strong> der Weise<br />

dargestellt, dass man e<strong>in</strong>e kurze L<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> der Richtung oder<br />

Stunde des beobachteten Streichens zieht und senkrecht zu<br />

dieser L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>en )de<strong>in</strong>en Pfeil nach der Weltgegend des E<strong>in</strong>fallens<br />

beifiigt, z. B. Y Man kann diesem Zeichen gleich die<br />

beobachteten Daten beifügen, z. B. 45° Y St. 3, d. h. die Schicht<br />

streicht <strong>in</strong> Stunde 3 NO. - SW' I und fällt <strong>in</strong> Stunde 9 (nach<br />

SO., mit 45° e<strong>in</strong>.<br />

Da es bei jeder geneigten Schicht leichter ist, die Richtung<br />

der Neigung, als die der horizontalen Streichl<strong>in</strong>ie zu ermitteln,<br />

so begnügt man sich <strong>in</strong> der Praxis durchweg mit der<br />

Bestimmung des Fallens, <strong>in</strong>dem, da Streich- und Falll<strong>in</strong>ie senkrecht<br />

auf e<strong>in</strong>ander stehen, aus diesem direct jene durch Addiren<br />

oder Subtrahiren ,"on 90° oder 6 St., je nachdem erstere<br />

weniger oder mehr als St. 6 beträgt, sich ableiten lässt. Ist<br />

z. B. die beobachtete Fallrichtung <strong>in</strong> St. 11,10°, so ist die<br />

Streichrichtung 11,10°- 6 = St. 5,10° oder es ist St. 11,10"<br />

= 1 i5°; daraus 'I i50-90o = 85° = St. 5,10°. In der Praxis erleichtert<br />

man sich das Auff<strong>in</strong><strong>den</strong> der Fallrichtung dadurch, dass<br />

man über die gut entblösste und gesäuberte Schichtfläche e<strong>in</strong>e<br />

Kugel, kle<strong>in</strong>e rundliche Rollstückehen , Sand u. ,dergl. gleiten<br />

Hisst, deren Weg dann die Falll<strong>in</strong>ie anzeigt. Bei allen diesen<br />

Bestimmungen gibt die Beobachtung nur die unreducirten<br />

Werthe; die man (nach S. 30) auf das w a h re Streichen und<br />

Fallen br<strong>in</strong>gen muss.<br />

Jede Schicht hat gewisse Geste<strong>in</strong>smassen i.i be r sich - das<br />

ist das Dach oder das Hangende - und gewisse Massen<br />

unter sich - das ist die Sohle oder das Liegende. Der<br />

Theil e<strong>in</strong>er Schicht, mit welchem sie <strong>in</strong> ihrem Fortstreichen bis<br />

an die Erdoberfliiche reicht, bildet ihr Aus geh end e s oder<br />

<strong>den</strong> Ausbiss das Ausbeissende . Verschie<strong>den</strong>e Schichtensysteme<br />

liegen zu e<strong>in</strong>ander entweder: 1) übe r e<strong>in</strong>ander - U e b e r""


23] II. Geogllostische O'f'ientirung. 45<br />

lagerung (Fig. 8, A Schicht b über Schicht a überlagernd; ­<br />

oder mit e<strong>in</strong>ander, Schicht a mit Schicht b wechselnd -<br />

Wechsellagerung (Fig. 8, B ) ; - im ersten Falle entweder<br />

mit zu e<strong>in</strong>ander parallel stehen<strong>den</strong> Schichtfiächen - no r mal e<br />

oder gleichförmige auch concordante Lagerung (Fig. 8, Cl,<br />

- oder so, dllSS die Schichtflächen nicht parallel laufen -<br />

ab norm e, ungleichförmige oder discordante Lagerung (Fig.<br />

8, D ). Bei abnorm gestellten Schichtencomplexen unterscheidet<br />

man weiter übe r g r e jf end e Lagerung, wenn e<strong>in</strong> System über<br />

das andere h<strong>in</strong>überreicht (wie Fig. 8, E ), oder ab s tos sen d e<br />

Lagerung, wenn die e<strong>in</strong>en Schichten an <strong>den</strong> anderen plötzlich<br />

<strong>in</strong> .<strong>in</strong>ehr oder weniger senkrechter Richtung en<strong>den</strong> (wie Fig. S, F ).<br />

Schichten, welche sich nach entgegengesetzter Weltgegend<br />

neigen, wer<strong>den</strong> als antikl<strong>in</strong>al (S. 46. Fig. 9, A ) , solche<br />

die sich gegenseitig zuneigen als synkl<strong>in</strong>al (Fig. 9, B ) bezeichnet.<br />

Je nachdem Schichten <strong>in</strong> gleicher oder <strong>in</strong> entgegengesetzter<br />

Richtung, wie die Berggehänge e<strong>in</strong>fallen, nennt man


46 Gümbel, . Geologische Beobachtungen. [24<br />

sie rechts<strong>in</strong>nig fallend (Fig. 9, C) oder widers<strong>in</strong>nig<br />

fallend (Fig. 9, D ). Synkl<strong>in</strong>ale Schichten schliessen e<strong>in</strong>e<br />

Mulde zwischen sich e<strong>in</strong> (Fig. 9, E), antikl<strong>in</strong>ale bil<strong>den</strong> an<br />

ihrem Zusammenstoss e<strong>in</strong>en sog. Sattel (Fig. 9, F ). Die<br />

Verb<strong>in</strong>dung der tiefsten l\lul<strong>den</strong>punkte mit e<strong>in</strong>ander gibt die<br />

Mul<strong>den</strong>l<strong>in</strong>ie (x-y <strong>in</strong> Fig. 9, E ), welche das Mul<strong>den</strong>tiefste<br />

Fig. 9.<br />

bezeichnet, von der aus die M u I <strong>den</strong> fl ü gel nach zwei Seiten<br />

ansteigen. Aehnlich unterscheidet man auch am Sattel ; die<br />

Sattell<strong>in</strong>ie (z-z' <strong>in</strong> Fig. 9, F ). l\luss man sich <strong>den</strong> Sattel<br />

durch e<strong>in</strong>e Fortsetzung der Schichten <strong>in</strong> der Luft vervollständigt<br />

<strong>den</strong>ken, so nennt man dies e<strong>in</strong>en Luft s a t tel.<br />

E<strong>in</strong>e Schichtenlage, bei der die Schichten von e<strong>in</strong>em Mittelpunkte<br />

aus allseitig abfallen, nennt man mantelförmig,


25] II. Geognostische Orientirung. 47<br />

und k e s s elf ö r m i g , wenn die Neigung sich allseitig e<strong>in</strong>em<br />

Mittelpunkte zuwendet.<br />

Bei massiger Geste<strong>in</strong>sausbildung bezeichnet man<br />

1) mit Stock das Auftreten <strong>in</strong> ausgedehnten mehr oder<br />

weniger rundlich abgegrenzten Massen, welche bei kugel- oder<br />

glockenartiger Form Ku p pe n z. B. Basalt, bei colossaler Ausdehnung<br />

ty'phoniache Stöcke genannt wer<strong>den</strong>, z.B. bei Granit.<br />

2) mit Lagermasse die e<strong>in</strong>er Schichtung ähnliche Ausbildung<br />

<strong>in</strong> Geste<strong>in</strong>sstücke , welche durch mehr oder weniger<br />

parallele Flächen abgegrenzt s<strong>in</strong>d und zugleich bei relativ ger<strong>in</strong>ger<br />

Mächtigkeit grosse Ausdehnung im horizontalen S<strong>in</strong>ne gew<strong>in</strong>nen.<br />

Dabei unterscheidet man noch besonders als D eck e n<br />

jene lagerartigen Ausbreitungen, bei welchen e<strong>in</strong> Geste<strong>in</strong>smaterial<br />

andere Geste<strong>in</strong>e <strong>in</strong> dünnen Lagen weit übergreifend bedeckt.<br />

Fig. 10.<br />

In diese? Zeichnung Fig. B nimmt der das Neben~este<strong>in</strong> durchsetzende echte<br />

Gang a nach Oben <strong>in</strong> der Ausbreitung a'_a tr die Natur e<strong>in</strong>es Lagerganges an.<br />

3) mit Gang e<strong>in</strong>e verhältnissmässig wenig mächtige, 'quer<br />

zwischen Geste<strong>in</strong> durchgreifend e<strong>in</strong>gefügte, mehr oder weniger<br />

weit fortstreichende ?trasse mit e<strong>in</strong>er im Vergleiche zum Nebengeste<strong>in</strong><br />

abweichen<strong>den</strong> Beschaffenheit. Man bestimmt bei <strong>den</strong><br />

Gängen ihre horizontale Ausdehnung (Streichen) und ihre Neigung<br />

(Fallen) genau so, wie bei geneigten Schichten. E<strong>in</strong>e mit <strong>den</strong> umgeben<strong>den</strong><br />

Schichten ganz oder nahe concordant gebildete Gangausbreitung<br />

nennt man Lagergang , kle<strong>in</strong>e Gänge - Adern,<br />

wenn sie sich vielfach theilen - T r ü m me r . wenn sie zugleich<br />

rasch sich verschmälern und auslaufen - Apo p h Y sen oder<br />

Ausläufer.


48 Gümbel, Ueolng'ische Beobaelttungen. l26<br />

An jedem Gange unterscheidet man die nahe parallelen<br />

Begrenzungsflächen als Ga n g fl ä c h e n und die Ausfüllung als<br />

Ga n g m ass e. Oft ist längs der Gangflächen gegen das umschliessende<br />

Geste<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e besondere Masse ausgeschie<strong>den</strong>das<br />

Salband, oder es zeigt sich hier nur e<strong>in</strong>e dünne Lage<br />

von zer s et z t e m Geste<strong>in</strong> oder Letten - Best e g<strong>in</strong>sbesondere<br />

Lettenbesteg.<br />

Die Gangmasse besteht nun entweder aus e<strong>in</strong>er Masse, wie<br />

sie bei Geste<strong>in</strong>en gewöhnlich vorkommt - Ge s te <strong>in</strong>s g ä n g e<br />

- oder aus e<strong>in</strong>er Anhäufung von :NI<strong>in</strong>eralien und Erzen -<br />

,vl<strong>in</strong>eral- oder Erzgänge, welch' letztere wegen des Vorkommens<br />

von zahlreichen Erzen für <strong>den</strong> Hüttenmann und von<br />

schönen M<strong>in</strong>eralien besonders für <strong>den</strong> M<strong>in</strong>.eralogen von hohem<br />

Interesse s<strong>in</strong>d. Auf ihnen f<strong>in</strong><strong>den</strong> sich die verschie<strong>den</strong>en l\I<strong>in</strong>eralien<br />

meist <strong>in</strong> geordneter Aufe<strong>in</strong>anderfolge nach parallelen<br />

Streifen und Lagen neben e<strong>in</strong>ander abgesetzt. Es können nun<br />

von solchen Gängen mehrere zusammentreffen, und bei dieser<br />

Begegnung der e<strong>in</strong>e durch <strong>den</strong> anderen gleichsam h<strong>in</strong>durchgehen<br />

- sich durchkreuzen (Fig. 11, .A, Gang a-a wird<br />

von Gang b-b durchkreuzt), - oder sie können e<strong>in</strong>e Strecke<br />

mit e<strong>in</strong>ander fortziehen - sich sc h I e p p e n (Fig. 11, B,<br />

Gang d-tl schleppt <strong>den</strong> Gang c-c), oder es kann endlich der<br />

e<strong>in</strong>e <strong>den</strong> andern aus se<strong>in</strong>er bisherigen Richtung verrücken -<br />

verwerfen (Fig. 11, C, Gang e-e wird von Gang j-j verworfen,.<br />

Man spricht auch vom Alt e r der Gänge uud will<br />

damit die relative Zeit der früheren oder späteren Entstehung<br />

des e<strong>in</strong>en vor dem anderen bezeichnen; der durchkreuzte,<br />

schleppende und verworfene Gang ist immer älter als der durchkreuzende,<br />

geschleppte und verwerfende.<br />

Das Geste<strong>in</strong>, <strong>in</strong> welchem solche Gänge vorkommen oder<br />

"aufsetzen", bildet das sog. Ne ben gest ei n, durch welches<br />

die Gangmasse durchgreifend h<strong>in</strong>durchzieht. Hierbei kommt es<br />

vielfach vor, dass das durchbrochene Nebengeste<strong>in</strong> aus se<strong>in</strong>er<br />

urspri<strong>in</strong>glichen Lage verschoben, verrückt oder wie man sich<br />

auszudrücken pflegt, verworfen wird.<br />

Bei anderen mehr untergeordneten Formen, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en<br />

Geste<strong>in</strong>e oder e<strong>in</strong>zelne Theile derselben ausgebildet vorkommen,<br />

müssen ,dr uns begnügen, sie hier nm dem Namen nach aufzu-


27] II: Geognostische Orientiloung. 49.<br />

führen. Dah<strong>in</strong> gehören: Concretionen oder Morpholite (unregelmässig<br />

kugelige Ausscheidungen). Geo<strong>den</strong>, Lössk<strong>in</strong>dchen, Klapperste<strong>in</strong>e,<br />

Knollen (ludus Helmonti), Imatraste<strong>in</strong>e, BriIlenste<strong>in</strong>e,<br />

'Septarien, L<strong>in</strong>sen , Mandeln, Nester , Putzen, Dendriten (moosähnlich<br />

verzweigte M<strong>in</strong>eralausscheidungen nach Art mancher<br />

Zeichnungen auf Töpfergeschirr, welche vielfach irrthümlich als<br />

Verste<strong>in</strong>erungen angesehen wer<strong>den</strong>. ).<br />

Fig. 11.<br />

Auf <strong>den</strong> Schichtflächen mancher Schichtgeste<strong>in</strong>e zeigt sich<br />

e<strong>in</strong>e sehr fe<strong>in</strong>e parallele Faltung oder Streifung (Parallelfaltung).<br />

In anderen Fällen macht sich <strong>in</strong> der Geste<strong>in</strong>smasse selbst e<strong>in</strong>e<br />

gewisse nach e<strong>in</strong>er bestimmten Richtung hervortretende Anordnung<br />

sei es <strong>in</strong> der Lage der Gemengtheile, sei es <strong>in</strong> der Vertheilung<br />

von E<strong>in</strong>schlüssen (Blasenräume , L<strong>in</strong>earparallelismus<br />

oder Streckung) bemerkbar. In noch anderen Fällen sieht man<br />

auf <strong>den</strong> Schnittflächen Risse oder vorstehende Wülste (als Abgüsse<br />

der ersteren <strong>in</strong> der aufliegen<strong>den</strong> Gegenplatte) - sog. Rippen<br />

(ripplmarks) oder wellige Furchungen (Wellenschläge) oder<br />

4


50 Gümbel, Geologische Beobachtungcu l2S<br />

pockennarbige E<strong>in</strong>drücke, die man für Folgen von bei der Ge_<br />

ste<strong>in</strong>s bildung auffallen<strong>den</strong> Regentropfen zu deuten versucht hat.<br />

Hierher g·ehören auch die Ausfüllungen früherer Krystallräume<br />

durch Geste<strong>in</strong>smasse - Geste<strong>in</strong>spseudomorphosen -<br />

z. B. Sandste<strong>in</strong> <strong>in</strong> Würfelform von Ste<strong>in</strong>salz, wie solche häufig<br />

<strong>in</strong> der Nähe ste<strong>in</strong>salzhaltigel' Lager auf <strong>den</strong> Schichtflächen zum<br />

Vorsche<strong>in</strong> kommen. Endlich s<strong>in</strong>d die sog. S ty 10 li th e, kle<strong>in</strong>e<br />

kurze säulenförmige, meist senkrecht zu <strong>den</strong> Schichtflächen stehende,<br />

längsgestreifte , oft gruppenweise vere<strong>in</strong>igte unregelmässige<br />

Geste<strong>in</strong>sabsonderungen meist aus Kalkste<strong>in</strong> oder Dolomit<br />

zu nennen. Aehnliche pyramidal zulaufende, oft fast<br />

treppenförmig abgesetzte Ausscheidungen (Tuten) kommen <strong>in</strong><br />

manchen Mergellagern vor - sog. Tut e n m erg e 1.<br />

Sehr bemerkenswerth ist die Absonderung mancher Geste<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong> mehr oder weniger regelmässige Sä u 1 e n (z. B. bei Basalt),<br />

und iu mehr oder weniger dicke Platteu (z. B. bei Porphyr <strong>in</strong><br />

Südtirol). Man darf derartige Ersche<strong>in</strong>ungen nicht für e<strong>in</strong>e<br />

Art Krystallgestaltung oder Schichtung halten, sie s<strong>in</strong>d lediglich<br />

Folgen von Spannungsverhältnissen beim Erkalten und Festwer<strong>den</strong><br />

flüssiger Massen, von e<strong>in</strong>seitigem Druck oder e<strong>in</strong>seitiger<br />

Erwärmung.<br />

Bei Geröllstücken der Conglomcrate oder Schotterlagen<br />

beobachtet man nicht selten, dass e<strong>in</strong>zelne im Innern hohl s<strong>in</strong>d<br />

(h 0 h 1 e Ge s chi e b e), andere auf der Oberfläche kle<strong>in</strong>e rundliche<br />

Vertiefungen oder Grübchen besitzen (G e I' Ö 11 e mit E<strong>in</strong>d<br />

I' ü c k e n als Folge der vielfach wiederholten Reibung des<br />

Nachbarstücks auf e<strong>in</strong>er Geröllbank) , oder aber mit Streifchen<br />

versehen s<strong>in</strong>d, wie sie <strong>in</strong> Rollstücken der Gletschermoränen<br />

vorkommen (gekri tzte 0 der geri tz te Gerölle).<br />

An natürlichen Entblössungen der Geste<strong>in</strong>e machen sich<br />

uns zuweilen Ablösung·s- oder Spaltflächen besonders dadurch<br />

bemerkbar, dass sie <strong>in</strong> hohem Grade geglättet, geschliffen und<br />

wie polirt, oft mit spiegelnder M<strong>in</strong>erah·<strong>in</strong>de überkleidet und mit<br />

fe<strong>in</strong>en parallelen Streifchen überzogen s<strong>in</strong>d - Rutschflächen,<br />

Spiegel, Harnische -, welche <strong>in</strong> Folge von Reibung und Verschiebuug<br />

an e<strong>in</strong>ander vorbeigleitender Geste<strong>in</strong>sstücke oder Felsmassen<br />

entstan<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d. Aehnlich verhalten sich die an der Oberfliiche<br />

von Felsen oder anf frischem vom Schutt entblösstern


29J II. Geof/lIl1stische Ol'ientil'llng. 51<br />

Geste<strong>in</strong>sbo<strong>den</strong> nicht selten zu beobachten<strong>den</strong> Abrllndllngen oder<br />

geglättete Flächen mit parallelen Streifchen oder Furchungen,<br />

welche von dem über die Geste<strong>in</strong>smassen geschobenen oder vorrücken<strong>den</strong><br />

Gletschereis herrühren - GI e t s c her s chi i ff e.<br />

E<strong>in</strong>em ähnlichen abschleifen<strong>den</strong> E<strong>in</strong>flusse des Eises <strong>in</strong> früheren<br />

Zeitperio<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d auch die eigenthümlichen Abrunduugen mancher<br />

Berge (R 11 ud b u ekel form) zuzuschreilJen. Dergleichen<br />

durch die Bewegung des Eises der Vorzeit hervorgerufene<br />

Ersche<strong>in</strong>ungen fasst man als sog. Glacialersche<strong>in</strong>ungen<br />

zusammen, zu <strong>den</strong>en auch die sog. erratischen Blöcke,<br />

Irrblöcke oder F<strong>in</strong>dl<strong>in</strong>ge ,weit von ihrem Ursprungsort durch<br />

das Eis fortgefrachtete Felsstücke, zu rechnen s<strong>in</strong>d.<br />

E<strong>in</strong>e eigenthümliche Formersche<strong>in</strong>nng bei vielen Schichtgeste<strong>in</strong>en<br />

bietet sich uns <strong>in</strong> <strong>den</strong> Verste<strong>in</strong>erungen, <strong>den</strong><br />

Ueberresten von <strong>in</strong> Geste<strong>in</strong> e<strong>in</strong>geschlossenen Organismen des<br />

Thier- oder Pflanzenreichs früherer En1zeiten, - oft auch P e­<br />

trefacten oder Fossile genannt - dar. Die speciell mit<br />

diesen Verste<strong>in</strong>erungen sich befassende 'Wissenschaft heisst die<br />

Paläontologie*) oder Petrefactenkunde, die sich iu e<strong>in</strong>e<br />

solche der Thier- und Pflanzenwelt theilt.<br />

Die Verste<strong>in</strong>erungen s<strong>in</strong>d für <strong>den</strong> Geologen von der<br />

allergrössten Wichtigkeit. Alle 1'hier- und Pflanzenarten haben<br />

nämlich nur e<strong>in</strong>e bestimmte und beschränkte Zeit h<strong>in</strong>durch auf<br />

Er<strong>den</strong> existirt. Jede Art oder Gruppe von Arten repräsentirt<br />

daher e<strong>in</strong> gewisses Zeitalter der Erdgeschichte. Es f<strong>in</strong><strong>den</strong> sich<br />

demnach auch die Ueberreste solcher 1'hier- uud Pflanzenarten<br />

als Verste<strong>in</strong>erungen nur <strong>in</strong> jenen Schichtgeste<strong>in</strong>en, die mit ihnen<br />

gl ei c hz ei t i g entstan<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d (abgesehen von e<strong>in</strong>zelnen verschwemmten,<br />

auf secundären FundsteIlen vorkommen<strong>den</strong> Exemplaren);<br />

sie s<strong>in</strong>d daher für diese Schichtencomplexe charakteristisch<br />

und können zum Bestimmen des relativen Alters der<br />

letzteren dienen - Leitverste<strong>in</strong>erungen wie z. B. die<br />

Graptolithen für Silurbildungen, die Clymenien für Devonschichten,<br />

e<strong>in</strong>zelne Artcn wie CI'Tiltites nodosus für <strong>den</strong> oberen l\fuschel-<br />

"') Abgesehen von zahllosen Specialwerken ,<strong>in</strong>d für allgeme<strong>in</strong>e Orientil'ung<br />

zu empfehlen: Bronn, Lethn.ea geognostica, zweite Auft.; neue Aufta.ge begonnen<br />

von F. R 0 e m er (im Ersch. begriffen); Q u e TI s ted t, Petrefactenkunde;<br />

Zittel, Handbnch der Paläontologie (im Ersch. begriffen).<br />

4*


52 Giimbel, Geologische Beobachtungen. [30<br />

kalk u. s. w. Sie rühren vorherrschend nur von Harttheilen der<br />

Organismen her - Knochen, Schalen, Panzer, Zellen, Holz -<br />

und s<strong>in</strong>d theils noch <strong>in</strong> der ursprünglichen Form, wenn auch<br />

materiell verändert, erhalten, theils nur <strong>in</strong> Abgüssen der früheren<br />

Hohlräume der Harttheile - S tei nkern e - vorhan<strong>den</strong>.<br />

Das Verste<strong>in</strong>erungsmaterial kann hierbei die e<strong>in</strong>schliessende<br />

Geste<strong>in</strong>smasse selbst se<strong>in</strong> oder aus verschie<strong>den</strong>en lIl<strong>in</strong>eralsubstanzen,<br />

am häufigsten aus Kalkspath, Kohle, phosphorsaurer<br />

Kalkerde, selten aus Quarz, Schwefelkies u. dergl. bestehen.<br />

Beim Untersuchen der Schichtgeste<strong>in</strong>e muss daher<br />

die Aufmerksamkeit ganz besonders auf das<br />

Auff<strong>in</strong><strong>den</strong> von Verste<strong>in</strong>erungen gerichtet se<strong>in</strong>,<br />

wenn es sich um das Bestimmen des Alters und der<br />

Lage der Schichtgeste<strong>in</strong>e handelt. Im Uebrigen verdienen<br />

sie auch als zoologische und botanische Objecte aus<br />

früheren Abschnitten der Erdgeschichte für <strong>den</strong> Zoologen und<br />

Botaniker die grösste Beachtung (Palaeo-Zoologie und -Phytologie.<br />

lIIan sanllule sie, wo Gelegenheit sich bietet, <strong>in</strong> grösserer<br />

:lIenge, weil bei dem oft mangelhaften Erhaltnngsznstande e<strong>in</strong>zelner<br />

Exemplare erst e<strong>in</strong>e grössere Anzahl die Hoffnung gibt,<br />

sich gegenseitig ergänzende Stücke zu erhalten, welche die Artbestimmung<br />

erleichtern. Enthält das Geste<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>ste, erst mit<br />

der Lupe erkennbare Formen, so muss man lIIaterial für Dünnschliffe<br />

sammeln, und wenn die ~Iasse durch Wasser erweichbar<br />

- schlämmbar - sich erweist, ist es räthlich, grössere Vorräthe<br />

aufzunehmen, um daraus durch Schlämmen die kle<strong>in</strong>en<br />

Ueberreste Coccoliten, Foram<strong>in</strong>iferen, Radiolarien, Schwammniidelchen,<br />

Entomostraciten u. s. w. 1 zu isoliren und auszulesen.<br />

Veränderung der Geste<strong>in</strong>e.<br />

Die meisten jetzt an der Zusammensetzung der Erdr<strong>in</strong>de<br />

betheiligten Geste<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d nicht mehr <strong>in</strong> ihrer ursprünglichen<br />

Verfassung; sie haben Ver ä nd er u n gen verschie<strong>den</strong>er Art<br />

erlitten und zwar besonders entweder bezüglich ihrer Lage -<br />

Dis I 0 c at ion - oder bezüglich ihrer materiellen Beschaffenheit<br />

- Umänderung, illetamorphose etc.<br />

Viele Geste<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d alls ihrer anfänglichen Lage verrückt,<br />

gesenkt, gehoben, zusammengefaltet, gebogen, gewun<strong>den</strong>, ge-


3tJ II. Geognostische Orientirung. 53<br />

knickt , zickzackförmig zusammengedrückt. von Rissen und<br />

Sprüngen durchzogen , stückweise gegenseitig verschoben und<br />

verworfen. Die Verrückungen vollzogen sich längs Zerklüftun-<br />

B<br />

Fig. 12.<br />

gen im Geste<strong>in</strong> - Verwerfungsspalten -, deren Richtung<br />

und Neigung man wie bei <strong>den</strong> geneigten Schichten mit<br />

dem Compass zu bestimmen hat. Auf solchen Verwerfungsspalten<br />

f<strong>in</strong><strong>den</strong> sich häufig die (S. 50) schon erwähnten Rutschflächen.<br />

Man darf sich solche Verrückungen durch Spalten<br />

losgetrennter Gebirgstheile oder Geste<strong>in</strong>sstücke nur nach re<strong>in</strong><br />

mechanischen Gesetzen vollzogen <strong>den</strong>ken. Das bewegte Stück<br />

muss, abgesehen von der Oberfläche, m<strong>in</strong>destens durch drei<br />

Ablösungsspalten (geradl<strong>in</strong>ig begrenzt gedacht) von dem Nebengeste<strong>in</strong><br />

losgetrennt se<strong>in</strong>. Man suche sowohl diese Verwerfungsspalten,<br />

als auch die Grösse der Verrückung e<strong>in</strong>es Gebirgstheils<br />

gegen das andere zu ermitteln. Dabei wer<strong>den</strong> bestimmte Formen<br />

solcher Verwerfungen als treppenförmige (Fig. 12, B) ;<br />

als U e b e r s chi e b u n gen Figur 13 , A ), E<strong>in</strong> keil u n gen<br />

(Figur 13 , B), Stauchungen (Figur 13, C. ) u. s. w. unterschie<strong>den</strong>,<br />

welche nach <strong>den</strong> Zeichnungen Figg. 12 u. 13 wohl<br />

ke<strong>in</strong>er weiteren Erklärung bedürfen.<br />

Die materi e 11 en oder 8 u b sta nz i e 11 e n Veränderungen<br />

be3tehen z. Th. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Umwandlung der ganzen Felsmassen<br />

. nach Art der Pseudomorphosen bei e<strong>in</strong>zelnen M<strong>in</strong>eralien, oft<br />

mit gleichzeitiger Wanderung e<strong>in</strong>zelner Stoffe. Dah<strong>in</strong> gehört


54 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [32<br />

z .. B. die Serpent<strong>in</strong>bildung aus Oliv<strong>in</strong>fels , Hornblende oder<br />

Augitgeste<strong>in</strong> mit Ausscheidung von Magneteisen - ps e u d 0-<br />

mo r p h 0 s i rt e Ge s te <strong>in</strong> e. In andern Fällen f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e<br />

Fig. 13.<br />

durchgreifende Veränderung ganzer, grosser Geste<strong>in</strong>scomplexe<br />

nach Textur und Gehalt ohne nothwendige Beziehung zu der<br />

früheren Beschaffenheit statt- Re gi 0 n alm e t amorp ho se -,<br />

durch welchen Vorgang man sich früher die Bildung der krystall<strong>in</strong>ischen<br />

Schiefergeste<strong>in</strong>e (Gneiss, Glimmerschiefer etc.) <strong>in</strong><br />

Folge der Wirkung hoher Hitzgrade oder <strong>in</strong> Folge e<strong>in</strong>er Durchtränkung<br />

von mit M<strong>in</strong>eralstoff angereichertem Wasser zu erklären<br />

versuchte, Vorstellungen, deren allgeme<strong>in</strong>e Richtigkeit<br />

mehr als <strong>in</strong> Frage gestellt wer<strong>den</strong> muss. Desto sicherer ermittelt<br />

s<strong>in</strong>d die Ersche<strong>in</strong>ungen der sog. Contactmetamorphose,<br />

Veränderungen, welche <strong>in</strong>nerhalb gewisser Grenzen der Berührung<br />

verschie<strong>den</strong>en Geste<strong>in</strong>s, hauptsächlich von Massen- und<br />

Schichtgeste<strong>in</strong> , nachgewiesen s<strong>in</strong>d, und bei welchen <strong>in</strong> verschie<strong>den</strong>er<br />

Weise erhöhte Temperatur, grosser Seitendruck,<br />

Zerbröckelung und Wasserwirkungen gleichzeitig oder nache<strong>in</strong>ander<br />

thätig waren. Hierher gehören die längs der Grenzen<br />

vieler Granite <strong>in</strong> dem Nachbarschiefer ):leobachteten Umbildungen<br />

(Fleckschiefer etc.), die Veränderungen des durchbrochenen<br />

Nebengeste<strong>in</strong>s durch Eruptivmasse, z. B. Basalt, welche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Art Frittung (Porzellanjaspis) oder Verglasung (verglaster Sandste<strong>in</strong>),<br />

oder im Umkrystallisiren gewisser Stoffe (körniger Kalk)<br />

u. s. w .. oft verbun<strong>den</strong> mit e<strong>in</strong>er eigenthümlichen Art von Zer-


33J II. Geognostische Oricntil'ung. 55<br />

klUftung z. B. säulenförmigen Absonderungen mit zur Berührllngsfläche<br />

senkrecht gestellten Prismen etc. bestehen.<br />

E<strong>in</strong>e weitere sehr weit greifende Umformung erlei<strong>den</strong> die<br />

Geste<strong>in</strong>e durch das Zer b r ö c k e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Folge der E<strong>in</strong>wirkung<br />

von Frost, Feuchtigkeit und Wasser, wodurch Ge s t e<strong>in</strong> s­<br />

schutt, Grus, Sand u. s. w. entstehen. Iu diese Reihe der<br />

Ersche<strong>in</strong>ungen gehören auch die Bergstürze, die Felsenmeere,<br />

die Bildung mancher Höhlen. Am grossartigsten tritt uns diese<br />

Umbildung als Verwitterung entgegen, deren Pro duc te <strong>in</strong><br />

Vermengung mit beigeschwemmtem Schlamm, Sand und Grus<br />

und mit sich zersetzen<strong>den</strong> organischen Bestandtheilen (sog. Humus)<br />

die sog. Vegetationserde, das für das organische<br />

Reich wichtigste Glied aller Geste<strong>in</strong>sbildungen darstellt. Denn<br />

diese P fl an zen er deist die Mutter alles Leben<strong>den</strong>!<br />

Diese an der oberen Erdkruste vor sich gehen<strong>den</strong> Veränderungen<br />

führen vielfach auf tiefer gehende Ersche<strong>in</strong>ungen zurück,<br />

die man im allgeme<strong>in</strong>en als plutonische und vulkani<br />

s c h e zu bezeichnen pflegt. Es s<strong>in</strong>d die Wirkungen aus<br />

grösserer Tiefe gegen die Erdobm·tlliche, durch welche Kräfte<br />

immer sie hervorgerufen se<strong>in</strong> mögen.<br />

Man nimmt an, dass viele - die meisten massigen - Geste<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong> analoger Weise früher entstan<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d, wie heutzutage<br />

die Lava oder die Vulkanproducte, und unterscheidet<br />

solche der älteren Zeit (etwa vor der Tertiärperiode - pi u­<br />

tonische - und solche der jüngeren Zeit - vulkanische.<br />

E<strong>in</strong>e derartige Scheidung ist jedoch nicht streng durchführbar.<br />

Dass analoge Ersche<strong>in</strong>ungen, wie die vulkanischen der Gegenwart,<br />

auch <strong>in</strong> früheren geologischen Perio<strong>den</strong> stattgefun<strong>den</strong><br />

haben, ist nicht zu bezweifeln. Doch s<strong>in</strong>d die n1iheren Verhältnisse<br />

hierbei jetzt nachträglich sehr schwierig festzustellen.<br />

Es dürfte sich daher empfehlen, statt von plutonischen und<br />

vulkanischen von älteren und jüngeren Eruptivgeste<strong>in</strong>e<br />

n zu sprechen.<br />

Als Producte und Folgen der jetzt noch thätigen Vulk<br />

a n e nennen wir die La v a (oft älteren Geste<strong>in</strong>en, z. B. Basalt,<br />

Trachyt, Phonolith gleich beschaffen, meist jedoch glasig<br />

erstarrt), die v ulk an i s c h e A s c h e, die Ra,pilli, Bomben,<br />

Schlamm ströme (mit Wasser vermengte vulkanische Asche), <strong>den</strong>


56 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [34<br />

vulkanischen Tuff, Trass, Peper<strong>in</strong>, die Wasserdämpfe, Fumarolen,<br />

Gasexhalationen , Solfataren, Mofetten, Schlammvulkane,<br />

vulkanische Erdbeben u. s. w. Die weitem Verhältnisse<br />

dieser Bildungen und der Vulkane überhaupt dürfen wir wohl<br />

als allgeme<strong>in</strong> bekannt hier voraussetzen, und begnügen uns nur<br />

mit e<strong>in</strong>er Namenerwähnung : Krater, Schuttkegel, Ausbrnchsersche<strong>in</strong>ungen,<br />

Lichtphänomene, Lavaerguss, Zerstörungen, Bildung<br />

der Schlammströme, Lage und Vertheilung der Vulkane auf der<br />

Erde, Beziehungen zu der Küste und dem stets naheliegen<strong>den</strong><br />

Meere. -<br />

Aus analogen, jedoch eigenthümlich modificirten Vorgängen<br />

ist nun auch die Entstehung der älteren Eruptivgeste<strong>in</strong>e<br />

abzuleiten. Den vulkanischen Tuffen entsprechen auf diese<br />

Weise die alten sog. Sedimentärtuffe, die Schalste<strong>in</strong>e, der Thonste<strong>in</strong>.<br />

Sie enthalten als Seltenheiten sogar Verste<strong>in</strong>erungen,<br />

zum Beweis, dass bei ihrer Bildung das Wasser mitgewirkt<br />

habe. In der Regel vermisst man bei <strong>den</strong> älteren Eruptivgeste<strong>in</strong>en<br />

die kraterähnliche AufbruchsteIle, welche durch spätere<br />

Abnaguugen, Wegspülungen und U eberschüttungen verschwun<strong>den</strong><br />

s<strong>in</strong>d.<br />

Deu Er u p ti v g e s t e<strong>in</strong> e n kommt, wie <strong>den</strong> Schichtgeste<strong>in</strong>en,<br />

e<strong>in</strong> bestimmtes Alter ihrer Entstehung zu. Dasselbe bestimmt<br />

sich nach dem Alter der von ihnen durchbrochenen<br />

Geste<strong>in</strong>e, die ä I t er, und weiter nach dem Alter der nicht mehr<br />

durchsetzten Felsgebilde, welche jünger als sie s<strong>in</strong>d. Desshalb<br />

lassen sich auch die Eruptivgeste<strong>in</strong>e als abnorme Glieder <strong>den</strong><br />

verschie<strong>den</strong>en Formationen bei- und e<strong>in</strong>ordnen.<br />

Die Erd beb e n *), die z. Th. lokal mit vulkanischen Eruptionen<br />

<strong>in</strong> unbezweifelbarem Zusammenhange stehen, müssen auf<br />

ver s chi e <strong>den</strong> e Ursachen zurückgeführt wer<strong>den</strong>; wenn auch<br />

viele der sie begleiten<strong>den</strong> Ersche<strong>in</strong>ungen ganz oder nahe iibere<strong>in</strong>stimmen.<br />

Man wird wohl zu unterschei<strong>den</strong> haben zwischen<br />

v ulk a n i s ehe n mit vulkanischen Eruptionen unmittelbar zusammenhängen<strong>den</strong>,<br />

ca ver n ale n, durch E<strong>in</strong>stUrze unterirdischer<br />

Aushöhlungen erzeugten und apo dyn ami s ehe n Erd-<br />

"') K. v. Seebach, Erdbebenkunde <strong>in</strong> Neum.yer's wissenschaft!. Be<br />

.achtungen auf Reisen, Las an Ix I das Erdbeben von Herzogenrath u. s. w·


35J II. Geognostisclle Orientirung. 57<br />

beben, deren von <strong>den</strong> vorausgehen<strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>e Ursache iu<br />

grösserer Tiefe der Erde zu suchen ist.<br />

Derjenige, welcher diesen merkwürdigen Naturersche<strong>in</strong>ungen<br />

se<strong>in</strong>e Aufmerksamkeit zuwen<strong>den</strong> will, wird bei e<strong>in</strong>treten<strong>den</strong><br />

Erd beb e n vielfache Beobachtungen anzustellen haben und<br />

zwar <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> Bezug auf die Zeit des Stosses oder der<br />

Stösse unter Beachtung grösster Genauigkeit und unter Berücksichtigung<br />

e<strong>in</strong>er etwa nöthigen Uhrenregulirung, dann auf die<br />

Stossrichtung, die Art der Stossbewegung (succussorische oder<br />

aufwärts gerichtete, undulatorische oder wellenförmige, rotatorisehe<br />

oder kreisförmige), auf <strong>den</strong> Ort oder die Gegend des<br />

Maximums der Erschütterung, auf die Form und Richtung der<br />

an Gebäu<strong>den</strong> und Mauern etwa entstan<strong>den</strong>en Risse, deren Richtung<br />

und Neigung an verschie<strong>den</strong> verlaufen<strong>den</strong> Mauern zu bestimmeu<br />

ist. Ausserdem verdienen die besonderen dabei vorkommen<strong>den</strong><br />

Schall- und Licht- und sonstigen atmosphärischen<br />

Ersche<strong>in</strong>ungen (W<strong>in</strong>dstösse, Barometersch wankuugen, Nebel etc.) ,<br />

das Ausströmen von Gasen, das Aufhören von Quellenergüssen,<br />

deren Vermehrung oder Neuersche<strong>in</strong>en, Fluthbewegungen an<br />

. Seen u. s. w. die Beachtung des Forschers.<br />

Nachdem wir im Vorausgehen<strong>den</strong> e<strong>in</strong>eu möglichst kurzen<br />

Ueberblick über Zusammensetzung, Gefüge und Formverhältnisse<br />

der Geste<strong>in</strong>e zu geben versucht haben, dürfte es jetzt<br />

am Platze seiu, bezüglich der Bildungsart derselben noch h<strong>in</strong>zuzufügen,<br />

dass alle am Aufbau der uns bekannten Theile der<br />

Erdr<strong>in</strong>de betheiligten Geste<strong>in</strong>s- oder Felsmassen hervorgegangen<br />

s<strong>in</strong>d entweder<br />

1) aus ursprünglichen Was se rni e d ers chi äge n, welche<br />

auf theils mechanischem Wege durch Absetzen, theils auf chemischem<br />

Wege durch Ausscheidung zu Stande kamen, jedoch seit<br />

ihrer 'Ablagerung noch vielfach durch Dia gen e s e umgebildet<br />

s<strong>in</strong>d und zum Theil verändert wur<strong>den</strong> - ge s chi c h t e t e oder<br />

Sedimentgebilde - oder<br />

2) aus e<strong>in</strong>em fl ü s si gen Zustaude (wenn auch nicht immer<br />

aus e<strong>in</strong>em Schmelzflusse durch Feuer), <strong>in</strong> welchem die Masse aus<br />

der Tiefe der Erde zur Oberfläche emporgelangte - Eruptivge<br />

bil de -, oder endlich<br />

3) aus Material, welches zwar ursprünglich aus Eruptionen


58 Giimoel, Geologische Beobachtungen. [36<br />

l<strong>in</strong>d Ausströmungen der Tiefe stammte, aber meist durch e<strong>in</strong>e<br />

Art Sedimentation oder Dejection mit 'oder ohne Vermittelung<br />

von ~Wasser abgelagert wnrde - Tuffgebilde. - Andere<br />

beschränkte oder nur lokale und seltene Entstehungsarten von<br />

Geste<strong>in</strong>smassen dUrfen wir hier fUglich Ubergehen.<br />

Die verschie<strong>den</strong>en Geste<strong>in</strong>s-, Gebirgs- oder Felsarten.<br />

Wir wollen nun die verschie<strong>den</strong>en Geste<strong>in</strong>sarten nach der<br />

frUher gegebenen Reihung <strong>in</strong> aller KUrze <strong>in</strong>s Gedächtniss zuriickrufen.<br />

I. K 0 k k i t e: krystall<strong>in</strong>isch körnige l\'Iassengeste<strong>in</strong>e.<br />

1. zusammengesetzt: aus nur e<strong>in</strong> e r M<strong>in</strong>eralart:<br />

lIomokokki te.<br />

I) Quarzit, 2) körniger Kalk (:\Ilarmol') , 3) körniger<br />

Dolomit, 4) Gyps, 5) Ste<strong>in</strong>salz, 6) Amphibolit, 7)<br />

Oliv<strong>in</strong>fels, 8) Serpent<strong>in</strong> (oft <strong>in</strong>s Dichte verlaufend),<br />

9) Topfste<strong>in</strong> (Lavez- oder Gilteste<strong>in</strong>) . Alle diese Geste<strong>in</strong>e<br />

bediirfen ke<strong>in</strong>er näheren Erläuterung, da<br />

sie nur aus je e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>eral, z. B. Quarz oder<br />

Kalkspath, oder Oliv<strong>in</strong> etc. bestehen.<br />

2. aus verschie<strong>den</strong>en M<strong>in</strong>eralarten zusammengesetzt:<br />

H e tel' 0 k 0 k k i te und zwar:<br />

a. deutlich grobkrystall<strong>in</strong>isch körnig: Eu k 0 k k i t e.<br />

10) GI' a ni t aus Orthoklas (wenig Oligoklas), Quarz und<br />

zweierlei Glimmer mit <strong>den</strong> Varietäten: (c. Graniti<br />

t: Granitgemengtheile , doch nur mit Magnesiaglimmer<br />

, (I. S yen i t g r a n i t: Granitgemengtheile<br />

und ausserdem noch mit Hornblende. y. Pro t 0-<br />

gi n, ebenso und noch mit grünlichem Ste<strong>in</strong>mark<br />

(nicht Speckste<strong>in</strong>) oder Chloritblättchen, U. Pe g m a­<br />

ti t (Schriftgranit) , grobkrystaIl<strong>in</strong>ische Ausbildung.<br />

11) S yen i t aus Orthoklas (wenig Oligokla~), Hornblende<br />

und Glimmer (selten etwas Quarz), zuweilen mit<br />

Zirkone<strong>in</strong>sprengungen (Zirkonsyenit) , ferner mit<br />

<strong>den</strong> Abarten Glimmersyenit IM<strong>in</strong>ette z. Th.) und<br />

Allgitsyenit (Orthoklas, Plagioklas und Augit).


37] II. (;eogllo~tische Orientirung. 59<br />

12) To na li t aus Plagioklas (meist Oligoklas), Hornblende,<br />

Quarz und Glimmer (Monte Tonale).<br />

13} D i 0 ri t aus Plagioklas und Hornblende.<br />

14' Glimmerdiorit aus Plagioklas und Glimmer mit<br />

etwas Quarz und Hornblende.<br />

b. undeutlich krystall<strong>in</strong>isch körnig: Kryptokokki<br />

t e.<br />

15, Dia ba s aus Plagioklas, Augit, Magneteisen (Titaneisen<br />

ohne Glasmasse und mit e<strong>in</strong>er grt<strong>in</strong>en Zersetzungszwischenmasse<br />

(selten deutlich körnig).<br />

16 Melaphyr aus Plagioklas, Augit, Oliv<strong>in</strong>, Magneteisen,<br />

gewöhnlich mit etwas Glasmasse.<br />

17) Gab b r 0 aus Plagioklas, besonders häufig aus Saus­<br />

Burit, Diallag, Magneteisen, oft mit Oliv<strong>in</strong>.<br />

U;: Phonolith aus Sanid<strong>in</strong> und Nephel<strong>in</strong> oder Leucit,<br />

mit ger<strong>in</strong>gen Beimengungen von Hornblende,<br />

Augit, Titan- oder Magneteisen, Hauyn und Nosean.<br />

19) An des i t aus Plagioklas, Augit oder Horn blende und<br />

Glimmer, ersterer Augitandesit , - letzterer Hornblende-Glimmerandesit<br />

genannt.<br />

20; B as a ltge s t e<strong>in</strong> sgr up p e aus Plagioklas, Nephel<strong>in</strong>,<br />

Leucit, Augit, Magneteisen, Oliv<strong>in</strong> und Glasmasse ;<br />

mittelfe<strong>in</strong>e Varietäten nennt man Anamesit, gröbere<br />

Dolerit. Je nach dem Fehlen des e<strong>in</strong>en oder andern<br />

Gemengtheils unterscheidet man<br />

N. Ba s alt Itypischer) aus Plagioklas, Augit,<br />

Magneteisen und Oliv<strong>in</strong>.<br />

{I. Tephrit aus Plagioklas mit Leucit oder Nephel<strong>in</strong>,<br />

Augit (etwas Hornblende), Glimmer<br />

und Magneteisen, jedoch 0 h ne Oliv<strong>in</strong>.<br />

r. Leucitit aus Leucit und Augit mit oder<br />

ohne Oliv<strong>in</strong>; untergeordnet kommen auch<br />

Hornblende, Hauyn, Biotit, Magneteisen,<br />

ganz selten Plagioklas vor (Leucitbasalt und<br />

Leucitlava).<br />

Q. Limburgit aus Augit, Oliv<strong>in</strong> und Magneteisen<br />

mit Glasmasse und ohne Feldspath.<br />

f. Nephel<strong>in</strong>it aus Nephel<strong>in</strong>, Augit, mit oder


60 aümbel, Geologische Beobachtungen. [38<br />

ohne Oliv<strong>in</strong>, zuweilen mit Leucit, Hauyn,<br />

Hornblende, ohne Feldspath - Nepheliudolerit,<br />

Nephel<strong>in</strong>basalt.<br />

21) Palaeopikri t aus Oliv<strong>in</strong>, Enstatit, Diopsit und<br />

Magneteisen.<br />

II. Po rp h yr e: Massengeste<strong>in</strong>e aus kryptomerer Hauptmasse<br />

und e<strong>in</strong>gestreuten M<strong>in</strong>eralgemengtheilen.<br />

221 Fe 1 si t po r p h y raus feldste<strong>in</strong>iger Grundmasse mit<br />

e<strong>in</strong>gestreutem Orthoklas, seltener mit e<strong>in</strong>zelnen<br />

Hornblende-, Magneteisen- und Glimmertheilehen.<br />

23) Quarzporphyr aus feldste<strong>in</strong>iger Grundmasse mit<br />

e<strong>in</strong>gestreutem Orthoklas, Quarz, Glimmer, selten<br />

mit Hornblende und Augit.<br />

24) Po rp h yri taus feldste<strong>in</strong>iger Grundmasse mit Plagioklas,<br />

Hornblende, Augit, Glimmer, selten mit Quarz<br />

und Orthoklas.<br />

25) Li pari taus Sanid<strong>in</strong>, Quarz, <strong>in</strong> untergeordneter<br />

Weise mit Biotit, Hornblende, Augit iQuarztrachyt,<br />

Rhyolith z. Th. Trachytporphyrl.<br />

IH. Hyalithe, Glasgeste<strong>in</strong>e.<br />

26) Obsidian. 27) Pechste<strong>in</strong>. 28) Perlste<strong>in</strong>. 29) Lava iSammelname<br />

für alles aus Vulkanen fliessende Geste<strong>in</strong>,<br />

das glasartig erstarrt ist .<br />

30) Eis.<br />

IV. P h y 11 0 1 i t h e: Schichtgeste<strong>in</strong>e aus grösstentheils krystall<strong>in</strong>ischen<br />

Gemengtlteilell oder theilweise krystall<strong>in</strong>ischen<br />

und tlleilweise trümmerigen Theilchen,<br />

die zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> ganz dünnen Lagen spaltbaren oder<br />

blättrigen ~Iasse vere<strong>in</strong>igt s<strong>in</strong>d.<br />

1. Deutlich krystall<strong>in</strong>isch körniger Schiefer.<br />

31) Qua r zi t s chi e fe raus Gemengtheilchen meist mit<br />

Glimmerschüppchen und Magneteisen <strong>in</strong> der Abänderung:<br />

I t a k 0 1 u mit oder Gelenkquarz mit<br />

Talkschüppchen, und I tab ir i t vorherrschend aus<br />

Eisenglimmer bestehend.<br />

32; Hornblendeschiefer aus körniger Hornblende.<br />

33) Chi 0 ri ts chi e fe raus Chloritschüppchen meist mit<br />

Magneteisen zusammengesetzt.


39] II. Geognostisclle Orientil·Ung. 61<br />

34) Tal k s chi e fe r mit Talkschüppchen , häufig mit<br />

Quarz.<br />

35) Gueiss aus Orthoklas (wenig Oligoklas), Qnarz und<br />

Glimmer, als Schieferform des Granits mit <strong>den</strong><br />

Abänderungen oder Stellvertretung des Glimmers<br />

durch Sericit oder Phyllitmasse - Sericit-Phyllitgneiss<br />

- und <strong>in</strong>s Dichte übergehend - Porphyroid,<br />

36) G r a n u li t oder Weissste<strong>in</strong> aus Orthoklas, Quarz und<br />

Granat oder Turmal<strong>in</strong> (zuweilen massig ausgebildeti,<br />

37\ Glimmerschiefer aus Glimmerblättchen und<br />

Quarzflasern, häufig mit Granat, Andalusit und<br />

Kalktheilchen (Kalkglimmerschiefer; ,<br />

38) Dioritschiefer aus Plagioklas, Hornblende, etwas<br />

Glimmer und Granaten mit der Abänderung<br />

als Eklogit aus grasgrünem Smaragdit (seltener<br />

bräunliche Hornblende, rothen Granaten und lauchgrünem<br />

Omphacit (Saualpe <strong>in</strong> Kärnten bestehend.<br />

39) Sc hai s t e<strong>in</strong> s chi e fe r, geschichtetes Tuffgeste<strong>in</strong><br />

der Diabasgeste<strong>in</strong>e.<br />

40) T ho n s t e<strong>in</strong> s chi e fe raus feldste<strong>in</strong>artiger lIIasse<br />

bestehende Porphyrtuffgeste<strong>in</strong>e übergehend <strong>in</strong>s versteckt<br />

Krystall<strong>in</strong>ische.<br />

41) P h y II i t (Urthonschiefer) glimmerig glänzend, Thonschiefer<br />

ähnlich, bestehend aus fe<strong>in</strong>sten Schüppchen<br />

e<strong>in</strong>es chloritartigen M<strong>in</strong>erals IPhyllochloritl<br />

von Sericit und Quarz, oft mit etwas Feldspath und<br />

e<strong>in</strong>gestreuten verschie<strong>den</strong>en M<strong>in</strong>eralien IFleck-,<br />

Garben-, Frucht-, Chiastolith-, Ottrelit- etc. Schiefer),<br />

anch mit Uebergängen <strong>in</strong> Glimmerschiefer,<br />

Qnarzitschiefer und Sericitgneiss.<br />

2. Versteckt krystall<strong>in</strong>isch, dicht oder trümmerig zusammengesetzt:<br />

42) T h 0 n s chi e fe raus Thonschüppchen, Glimmerblättchen,<br />

Eisensilikattheilchen, färben<strong>den</strong> kohligen Substanzen<br />

(oft auch durch Eisenoxyd gefärbt) und<br />

fe<strong>in</strong>sten mikroskopischen Nädelchen zusammenge-


fi2 Giimbe!, Geologi8che Beobachtungen. [40<br />

setzte, feste, durch Wasser nicht erweichbare<br />

Schiefer <strong>in</strong> verschie<strong>den</strong>en Varietäten als gewöhnlicher,<br />

Dach-, Griffel-, Wetzste<strong>in</strong>-Schiefer.<br />

43) Sc h i e fe r t ho n aus Thonmassen mit verschie<strong>den</strong>en<br />

Beimengungen klastischer Theilchen zu e<strong>in</strong>em weniger<br />

festen Schiefer mit zahlreichen Abänderungen,<br />

z. B. Kohlenschiefer durch kohlige Substanzen<br />

dunkel gefärbt, Brandschiefer mit bitum<strong>in</strong>ösen Beimengungen,<br />

Mergelschiefer mit Kalkgehalt , und <strong>in</strong><br />

ganz weicher Art als sog. Lettenschiefer.<br />

44) K i e seI s chi e fe raus theils dichten, theils klastischen<br />

Quarztheilchen; im ersten Fall oft schwarz<br />

gefärbt, sehr dicht (Lydit), <strong>in</strong> letzterem oft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Art Sandste<strong>in</strong> übergehend - Grauwacke-Sandste<strong>in</strong>schiefer<br />

.<br />

V. Pe I 0 I i t h e, aus vorherrschend kalkigen und thonigen,<br />

krystall<strong>in</strong>ischen, trümmerigen und organisch geformten<br />

Theilchen bestehende Schichtgeste<strong>in</strong>e :<br />

45) Kalk s t e<strong>in</strong>, wesentlich gebildet aus theils krystall<strong>in</strong>ischen,<br />

theils triimmerigen, theils aus dem organischen<br />

Reich abstammen<strong>den</strong> Kalktheilehen, die zu<br />

e<strong>in</strong>em dichten Geste<strong>in</strong> verbun<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d - mit zahlreichen<br />

Abänderuugen <strong>in</strong> Farbe und Gef"lige : Kalke<br />

von verschie<strong>den</strong>er Farbe Iweiss, grau, schwarz,<br />

roth, gelb) oder farbig gestreift (Marmorkalke, , mit<br />

Oolithkörnchen (Kalk-, Eisen-, Glauconith-Oolith),<br />

mit Thonbeimengungen unter 20% (Mergelkalk)<br />

Kalktuff, dolomitischer Kalk etc.<br />

46) D 010 mit, meist fe<strong>in</strong> krystall<strong>in</strong>isch ausgebildet,<br />

mit Uebergängen <strong>in</strong> Kalkste<strong>in</strong>.<br />

47) Me r gel, aus e<strong>in</strong>em Gemenge von Thon (20 - 60 %)<br />

und Kalk (SO - 40 %) <strong>in</strong> verschie<strong>den</strong>en Gra<strong>den</strong> der<br />

Härte und Farbe.<br />

48) T h 0 n, wesentlich unre<strong>in</strong>e kieselsaure Thonerde, mit<br />

zahlreichen Abänderungen, als Letten, Lehm, Löss<br />

etc. Die re<strong>in</strong>ste Thonsorte , die Porzellanerde,<br />

tritt nicht <strong>in</strong> grösserer Masse auf, um als e<strong>in</strong>e<br />

Gebirgsart gelten zu können.


41J II. Geognostisclw Oj·ientil'ung. 63<br />

oder klastische Schicht­<br />

VI. Ps e p hol i t he, Trümmergeste<strong>in</strong>e.<br />

49) Sandste<strong>in</strong>, wesentlich aus fe<strong>in</strong>en Quarzkörnchen,<br />

die durch e<strong>in</strong> B<strong>in</strong>demittel mehr oder weniger fest<br />

verkittet s<strong>in</strong>d, zusammengesetzt mit zahllosen Abänderungen<br />

nach der Art des B<strong>in</strong>demittels, der<br />

Festigkeit und <strong>den</strong> Beimengnngen: z. B. quarziger,<br />

thoniger, eisenschüssiger, kalkiger, kohliger Theilehen:<br />

bunter Sandste<strong>in</strong>, Bausandste<strong>in</strong> , Quader-,<br />

Braunkohlensandste<strong>in</strong> , Kaol<strong>in</strong>-, Glauconit- oder<br />

Grün-Sandste<strong>in</strong> (mit Glauconitkörnchen); Arkose<br />

(grobkörnig mit Feldspathsplitterchen) u. s. w.<br />

Grauwacke nennt man sehr dichte, fe<strong>in</strong>körnige<br />

Sandste<strong>in</strong>e der älteren Sediment bildungen (sog.<br />

Grauwackengebirge.)<br />

50) Co n gl 0 m e rat und 51) B re c eie; das erstere ist<br />

aus abgerollten, rundlichen, die letztere aus scharfkantigen,<br />

eckigen, gröberen Fragmenten verschie<strong>den</strong>er<br />

Geste<strong>in</strong>e mit oder ohne B<strong>in</strong>demittel zusammengesetzt.<br />

l\!Jan bezeichnet diese Gebilde nach<br />

der Art der Geste<strong>in</strong>e, welche die Bruchstücke geliefert<br />

haben, z. B. als Porphyr-Co oder -B.; Quarz-C.<br />

oder -B. U. S. W. Betheiligen sich mehrere Gcste<strong>in</strong>sarten<br />

an ihrer Zusammensetzung, so nennt man<br />

diese Abänderung bunt.<br />

52) Tu ffg e s t e<strong>in</strong>e der verschie<strong>den</strong>en Eruptivgeste<strong>in</strong>e,<br />

Z. B. basaltische , traehytische, vulkanische (Pausilippo;<br />

Trass; Peper<strong>in</strong>); <strong>in</strong> dünngeschichteter Ausbildung<br />

wer<strong>den</strong> sie, wie schon oben angeführt<br />

wnrde, z. Th. auch als Schalste<strong>in</strong>, Thonste<strong>in</strong> aufgeführt.<br />

Die Tuffe haben sich theils unter der Vermittlung<br />

des Wassers (hydrogene) schichten artig<br />

ausgebreitet, oder ohne e<strong>in</strong>e solche Vermittelung'<br />

(aerogene) angehäuft, und nach ihrer Ablagerung<br />

oft noch mannichfache Veränderungen erlitten.<br />

53) San d bezeichnet im Allgeme<strong>in</strong>en Anhäufungen kle<strong>in</strong>er<br />

loser M<strong>in</strong>eral- oder Geste<strong>in</strong>stheilchen. Dar-


64 Giimbel, Geologische Beobachtungen. [42<br />

nach richtet sich dann die Bezeichnung, z. B. Quarz-,<br />

Dolomit-, Magneteisen-, Granit-, Sand u. s. w.<br />

54) Geste<strong>in</strong>sschutt, Grus, Geröll, Kies, Schotter, bunt<br />

gemengte, gröBsere und kle<strong>in</strong>ere Fragmente von verschie<strong>den</strong>en<br />

Geste<strong>in</strong>sarten. Hierher gehören auch<br />

die sog. Seifen, d. h. Körnchen von brauchbare<br />

M<strong>in</strong>eralien (Gold, Plat<strong>in</strong>, Diamant) enthaltendem<br />

Geste<strong>in</strong>sschutt, <strong>den</strong> man behufs der Gew<strong>in</strong>nung<br />

der oft sehr werthvollen, beigemischten M<strong>in</strong>eralien<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> sog. Se if e n wer k e n verwäscht (Gold-,<br />

Plat<strong>in</strong>-, Diamantseifenwerke) .<br />

55) K rum e oder Ve ge ta ti 0 n s- oder Pflanz e ne rd e,<br />

deren Beschaffenheit schon früher (S. 55) angedeutet<br />

wurde.<br />

VII. 0 r g a n 0 I i t h e, deren Hauptmasse aus abgestorbenen<br />

Ueberresten des organischen Reichs abstammt.<br />

56 Kieselguhr, Polirschiefer, Tripel, essbare Erde<br />

(Infusorienerde) aus <strong>den</strong> Kieselpflanzen von Diatomeen<br />

etc. bestehend.<br />

5i Kr eid e aus erdigkalkigen Theilchen zusammengesetzt,<br />

welchen grosse Mengen von Coccolt"then- und<br />

Foram<strong>in</strong>iferen-Ueben·este beigemengt s<strong>in</strong>d.<br />

55) Knochenbreccie (Bonebed), Lumachelle (Anhäufung<br />

von Conchylienschalen), C oproli thenlag<br />

e n (aus Excrementen von Sauriern und Fischen<br />

etc. bestehend).<br />

59; F 0 s s il ko h I e (Anthracit, Ste<strong>in</strong>kohle, Pechkohle,<br />

Braunkohle, Torf).<br />

Lagerungsordnung und Formationen.<br />

Alle diese Geste<strong>in</strong>e und Erdmassen s<strong>in</strong>d nun <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er b e­<br />

stimmten Regelmässigkeit und Ordnung an dem Aufbau<br />

der Erdr<strong>in</strong>de betheiligt. Diese bestimmte Art ihres<br />

regelmässigen Vorkommens nennt man ihr Lagerungsverhältniss.


43 J II. Geognostische Orientirung. 6- ;)<br />

Die Geste<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d entwcdcr iibere<strong>in</strong>ander - U e b e rl ag e­<br />

rung - oder nebene<strong>in</strong>ander - Juxtaposition - gestellt.<br />

oder sie setzen gangähnlich durch e<strong>in</strong>ander h<strong>in</strong>durch - dur c h­<br />

greifende Lagerung. - Bei normaler, d. h. nicht nachträglich<br />

gestörter oder verriiekter Lage ist bei geschichteten<br />

Geste<strong>in</strong>en immer das unterliegende das der Zeit se<strong>in</strong>er Entstehung<br />

nach ä I t e I' e, das iiberIagernde das j ii n ger e. Bei<br />

durchgreifender Lagerung von Massengeste<strong>in</strong>en ist das durchsetzte<br />

das ä I t e r e; das durchsetzende oder durchgreifende daB<br />

j ii n ge r e.<br />

Nach diesen Grundsätzen der Lagerung und der Altersfolge<br />

der Geste<strong>in</strong>e lassen sich letztere nun <strong>in</strong> gewisse Altersgruppen<br />

zusammenfassen, <strong>in</strong>dem man solche Geste<strong>in</strong>e enger mit e<strong>in</strong>ander<br />

vere<strong>in</strong>igt und verb<strong>in</strong>det, die im Alter der Entstehung sich am<br />

nächsten stehen, d. h. nahezu gleiches geologisches Alter besitzeu<br />

und, zusammengenommen, e<strong>in</strong>em gewissen grüsseren geologischen<br />

Abschnitt <strong>in</strong> der Erdl)ildung, gleichsam e<strong>in</strong>em geologischen<br />

Zeitalter entsprechen. Die zu solchen griisseren Altersgruppen<br />

zusammengefassten Geste<strong>in</strong>complexe nennt man ge 0-<br />

logische Formation. Die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er derartigen Formation<br />

vere<strong>in</strong>igten Geste<strong>in</strong>e repräsentiren daher verschie<strong>den</strong>e Zeitabschnitte<br />

<strong>in</strong> der Entwieklungsgcschichtc der Erde, wie man <strong>in</strong><br />

analoger Weise Abschnitte oder Perio<strong>den</strong> <strong>in</strong> der Vülkergeschichte<br />

nnterscheidet. ~Ian kann daher diese geologischen Formationen<br />

dem entsprechend wieder weiter <strong>in</strong> grüssere Perio<strong>den</strong> zusammenfassen<br />

und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelne kle<strong>in</strong>e Abschnitte - Stockwerke,<br />

Stufen und Schichten genannt - unterabtheilen. Die Abschnitte<br />

oder Grenzen dieser geologischen Perio<strong>den</strong> und Formationen<br />

fallen häufig mit epochemachen<strong>den</strong> Ereignissen der Erdbildung<br />

zusammen, und daraus erkHirt sich die Ersche<strong>in</strong>ung', dass zwei<br />

zunächst stehemle Abtheilungen <strong>in</strong>nerhalb gewisser Verbreitungsgebiete<br />

, zuweilen fast unvermittelt nach e<strong>in</strong>ander auftreten<br />

und durch ungleichformigc Lagerung, abweichende Gestc<strong>in</strong>sheschaffenheit<br />

und verschie<strong>den</strong>artige organische E<strong>in</strong>schlUsse<br />

Verste<strong>in</strong>erungen) sich von e<strong>in</strong>ander unterschei<strong>den</strong>, wiihrenrl<br />

doch die Entwickelung der Erdbihlung ohne solche e<strong>in</strong>tretende<br />

Katastrophen als e<strong>in</strong>e glcichmiissig fortschreitümle angenommen<br />

wer<strong>den</strong> muss. Dies fimlet auch <strong>in</strong> der That im grossen Ganzen<br />

:)


66 Giimbel, Geologische Beobachtungen. [44<br />

wirklich statt, und scharfe Formationsabgrenzungen machen<br />

sich daher nur <strong>in</strong>nerhalb kle<strong>in</strong>erer Gebiete und auf gewisse<br />

Länderstrecken beschränkt bemerkbar, während sie an anderen<br />

Stellen und im grossen Ganzen mehr oder weniger verwischt<br />

ersche<strong>in</strong>en.<br />

Die Formationen und ihre Abtheilungen , wie solche die<br />

Wissenschaft jetzt als geologisches Zeitmaass angenommen hat,<br />

s<strong>in</strong>d wesentlich aus <strong>den</strong> im mittleren Europa beobachteten Verhältnissen<br />

herausgewachsen und passen daher nicht immer ab-·<br />

solut genau zu <strong>den</strong> <strong>in</strong> anderen Ländercomplexen der Erde hervortreten<strong>den</strong><br />

und für diese naturgemäss ersche<strong>in</strong>en<strong>den</strong> Abgrenzungen<br />

und Gliederungen. Doch bleiben jene als Ausgangspunkte<br />

für Vergleichuug'en und als geologisches Zeitmaass bei<br />

allen geohistorischen Untersuchungen und Forschungen immer<br />

unverrückt <strong>in</strong> vollem Werthe, wie wir auch von e<strong>in</strong>em Mittelalter<br />

(im S<strong>in</strong>ne europäischer Geschichte) sprechen können, obgleich<br />

wir vielleicht die Geschichte von Ch<strong>in</strong>a behandeln.<br />

Zn e<strong>in</strong> e I' Formation gehören nun e<strong>in</strong>estheils als Hauptbestandtlieile<br />

Schichtgeste<strong>in</strong>e - normale Glieder -und<br />

anderntheils e<strong>in</strong>zelne ]\Ia s s eng' este i ne oder eruptive Gebilde<br />

- welche mit jenen Schichtgeste<strong>in</strong>en von gleichem Alter s<strong>in</strong>d,<br />

als abnorme Glieder. Zeigt e<strong>in</strong>e Reihe von Geste<strong>in</strong>en im<br />

Gegenhalt zn solchen von glcichem Entstehungsalter <strong>in</strong>nerhalb<br />

e<strong>in</strong>es beschränkteren Verbreitnngsgebietes auffallcnde Verschie<strong>den</strong>heit<br />

<strong>in</strong> Beschaffenheit oder <strong>in</strong> <strong>den</strong> Verste<strong>in</strong>erungen gegenüber<br />

dem allg'eme<strong>in</strong> herrschen<strong>den</strong> Charakter, so ncnnt man diese<br />

örtliche Besonderheit der Entwickelung e<strong>in</strong>e Fa c i es, z. B.<br />

wenn e<strong>in</strong> durchschnittlich kalkiges Geste<strong>in</strong> local dolomitische<br />

Beschaffenheit annimmt, so entsteht e<strong>in</strong>e Dolomitfacies; oder<br />

wenn e<strong>in</strong>e bloss Ammoniten führende Schicht stellenweise anstatt<br />

dieser Cephalopo<strong>den</strong>, I(oralleil, 8chwiimme etc. enthält, so<br />

entsteht e<strong>in</strong>e Korallen-, e<strong>in</strong>e Schwammfacies. Diese örtlichen<br />

Verschie<strong>den</strong>heiten s<strong>in</strong>d bei Ermittelllng gleichalteriger Bildungen<br />

sehr zu beachten und wichtig. Auch kommt es vor, dass<br />

e<strong>in</strong>e ganze Gruppe von organischen Formell <strong>in</strong> aufe<strong>in</strong>anderfolgen<strong>den</strong><br />

Schichten plötzlich versclm<strong>in</strong>det und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiter<br />

abstehen<strong>den</strong> d. h. relativ jüngeren Schichtencomplex ebenso<br />

unvermittelt wieder zum Vorsche<strong>in</strong> kommt, was sich aus e<strong>in</strong>er


45J II. Geognostische 01'ientil·ung. 67<br />

früheren Auswanderung und späteren 'Yiedere<strong>in</strong>wanderung sol­<br />

-eher Thiergruppen erklären lässt; man nennt diese E;rsehe<strong>in</strong>ung<br />

€<strong>in</strong>e g'eologische Co Ion i e.<br />

Wir lassen hier nunmehr das Skelet der jetzt allgeme<strong>in</strong><br />

gebräuchlichen geologischen Gliederung als normale ge 0 log i­<br />

sehe Chronologie folgen:<br />

(Siehe Tabelle S. (;8 und IJU.)<br />

111. Geologische Beobachtungen im Allgeme<strong>in</strong>en.<br />

Der Zweck der geologischen Lntersuchung und Beob­<br />

:achtnng ist die Ermittelung oder Feststellung aller jener Verhältnisse,<br />

welche <strong>in</strong> <strong>den</strong> vorangehen<strong>den</strong> Abschnitten kurz berührt<br />

wur<strong>den</strong>. Es soll uns dadurch möglich "'er<strong>den</strong>, e<strong>in</strong>e richtige<br />

E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die gegenwärtig'e Beschaffenheit der die Erde im<br />

-Ganzen und <strong>in</strong> ihren e<strong>in</strong>zelnen Theilen zusammensetzen<strong>den</strong>,<br />

unorganischen Massen uns zu verschaffen und d:uaus e<strong>in</strong> zutreffendes<br />

Bild von dem allmählichen 'Wer<strong>den</strong>, Gestalten und<br />

Umgestalten der Errlr<strong>in</strong>de im geohistorischen S<strong>in</strong>ne zu entwerfen:<br />

Es s<strong>in</strong>d hierbei d r e i Hauptrichtung'eu hervorzuhebell, <strong>in</strong><br />

welchen die Aufmerksamkeit des Reisen<strong>den</strong> <strong>in</strong> Anspruch genommen<br />

,vird:<br />

1) <strong>in</strong> Bezug auf die Beschaffenheit der Geste<strong>in</strong>e für sich<br />

.und mit Rücksicht auf die Oberflächengestaltung.<br />

2) <strong>in</strong> Bezug auf die Lag'erung3yerlüiltllisse der verschie<strong>den</strong>en<br />

Gesteiue zu e<strong>in</strong>ander uud zu dem AllflJau der Erdr<strong>in</strong>de<br />

im Grossen.<br />

3) <strong>in</strong> Bezug auf die E<strong>in</strong>schliisse, Lesonders auf jene, welche<br />

aus dem organischen Reiche stammend als sogen. Verste<strong>in</strong>erungen<br />

die Flora und Fauna früherer ZeitaLschnitte der Erdgeschichte<br />

repräsentircn.<br />

Jeder Beobachtuug geht jedoch als Er s t e s die gen aue<br />

-örtliche 0 r i c n ti ru n g' voraus; der Beobachter muss <strong>in</strong> jedem<br />

Falle g'enau wissen und angeben könnell, sei es durch Beschreibung<br />

und Kartenskizze, besser durch Fixirung auf e<strong>in</strong>er guten<br />

Karte, an welchem Punkte er se<strong>in</strong>e Untersuchung anstellt.<br />

5*


68 Giimbel, Geologische Beobachtungen. [46<br />

Perio<strong>den</strong><br />

Tertiäroder<br />

känolithische<br />

Periode.<br />

Seeundäroder<br />

mesolithische<br />

Periode.<br />

Primäre<br />

oder<br />

pn!äolithische<br />

Periode.<br />

Primitiv- oder<br />

archäolithische<br />

Periode.<br />

Formationen<br />

und Unterabtheilungen<br />

Novär- oder Recent-Formation<br />

Qllartär- oder Diluvial-Formation.<br />

Neogen<br />

1<br />

{<br />

Pliocän .<br />

Tertiar-Formation Miocän .<br />

P r' (Oligocän<br />

a aogen \ Eocän<br />

4) Prorän- oder cre- {<br />

taeische Formation<br />

Pläner<br />

Galt<br />

Neocom<br />

Purbeckstufe<br />

5) Jura- oder Malm- J Tithonstufe .<br />

Formation . . 1 Kimmeridgestufe<br />

Oxfordstufe .<br />

Ornathenschichten<br />

6) DOA"ger .{ Hauptoolith<br />

Unteroolith<br />

7) Lias.<br />

(8) Keuper<br />

J 9) Muschelkalk<br />

Röth<br />

l10) Buntsandste<strong>in</strong>. .[ Hauptbuntsandste<strong>in</strong><br />

\ l'nterer Buntsandste<strong>in</strong><br />

11) Postearbon - I".<br />

oder Dyas.<br />

{<br />

Dänische., •<br />

Senon-,<br />

Turon-,<br />

Cenoman-St"<br />

{ Zechste<strong>in</strong><br />

Rothliegendes<br />

Ueberkohlen~chichten<br />

12) Carbon-Formation<br />

13) Präcarbon- oder Culm-Formation<br />

14) Devon-Formation<br />

15) Silur-Formation .<br />

16) Cambrische Formation<br />

17) Phyllit-F. oder Oberhuron-Formation ..<br />

{ 18) Glimmerscl1iefer- oder Unterhuron-Formation<br />

19) Gneiss-F. oder laurentische Formation. .


47J II. Geognostische Orientirun.r;. 69<br />

Normale Glieder<br />

(<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Beispielen)<br />


70 Gümbel, Geologz'sche Bcobachtungen. [480<br />

Denn davon hängt die Benutzbarkeit der Beobachtungsergebnisse<br />

, <strong>in</strong>sbesondere die Miiglichkeit der geologischen Orientirung<br />

und des Wiederauff<strong>in</strong><strong>den</strong>s der Beobachtungsstelle durch<br />

Andere ab.<br />

1) Geste<strong>in</strong>sbeschaffenheit.<br />

Obwohl jeder SclJritt und Tritt bei Reisen Veranlassung<br />

geben kann, geologische Beobachtungen anzustellen, so s<strong>in</strong>d es<br />

doeh vorzugs,,"eise die Geste<strong>in</strong>sentbliissungen an Felsen<br />

und Gehäng'en, <strong>in</strong> E<strong>in</strong>rissen, Gräben, Wasserr<strong>in</strong>nsalen, <strong>in</strong> Flussanschnitten<br />

oder Ufern, <strong>in</strong> Hohlwegen, an Abrutschungen, <strong>in</strong><br />

Ste<strong>in</strong> brüchen, Gdibereien und Bergwerken, welche vor Allem<br />

besondere Berücksichtig"ung verdienen. Da aber die zu Tag<br />

ausgehen<strong>den</strong> Geste<strong>in</strong>e häufig ziemlich tief, oft bis zum Unkenntlichen<br />

verwittert s<strong>in</strong>d, so schlägt man, um sich zu e r s t<br />

von der petrographischen Beschaffenheit der Geste<strong>in</strong>e<br />

Kenntniss zu verschaffen, e<strong>in</strong> g r ii s s e res Stück ab und stellt<br />

se<strong>in</strong>e Beobachtungen auf der frischen Bruehfläehe an. Die zunäch~t<br />

vorzunehmen<strong>den</strong> L"ntersuclmngen beziehen sich auf die<br />

Geste<strong>in</strong>beschaffenheit im Allgeme<strong>in</strong>en, auf Zusammensetzung,<br />

Gemengtheile u. s. w. )Ian priift z. Th. mit der Lupe, um fe<strong>in</strong>körnige<br />

Gemengtheile zn untersehei<strong>den</strong>, unter Umstän<strong>den</strong> auch<br />

mit Siiuren, um kalkige Geste<strong>in</strong>e zu erkennen. Doch darf auch<br />

die Art der Verwitterung nicht als ganz unwiehtig unbeachtet<br />

bleiben. Ist man über die Natur des Geste<strong>in</strong>s zweifelhaft,<br />

oder bietet es sonst weiteres Interesse, so nimmt man je nach<br />

<strong>den</strong> zur Verfügung stehen<strong>den</strong> Transportmitteln grössere oder<br />

Kle<strong>in</strong>ere Stücke oder Splitterehen , die man genau etiquettirt,<br />

zur ,\"eiteren Untersuchung mit. Für <strong>den</strong> M<strong>in</strong>eralogen s<strong>in</strong>d oft<br />

E<strong>in</strong>schlüsse von M<strong>in</strong>eralien, für <strong>den</strong> Teehniker der Gehalt an nntzbaren<br />

Stoffen - Er;le, Gyps, Kohle, Ste<strong>in</strong>salz - beachtenswerth.<br />

Es muss als Regel gelten, dass man von jeder Geste<strong>in</strong>sändernng,<br />

welcher man begegnet, Kenntniss nimmt. Man.<br />

schHigt nicht oft genug das Geste<strong>in</strong> an, um sich vom Gleichbleiben<br />

oder von dem Wechseln der Felsarten , an <strong>den</strong>en man.<br />

voriilJCrkommt, zu übel·zeugen.<br />

Die häufigsten geschichteten Geste<strong>in</strong>e, <strong>den</strong>en man begegnet,<br />

s<strong>in</strong>d Kalkste<strong>in</strong>e, Sandste<strong>in</strong>e und Schiefer.


49J III. Geologische Beobachtungen im Allgeme<strong>in</strong>en. 71<br />

Bei <strong>den</strong> Kai k s t e<strong>in</strong> e n achte man auf ihre Schichtung,<br />

auf Textur - die ansche<strong>in</strong>end dicht, oder krystall<strong>in</strong>isch oder<br />

grobkörnig, oder erdig zu se<strong>in</strong> pflegt -, auf Farbe, Thongehalt<br />

(Uebergang <strong>in</strong> Mergelgeste<strong>in</strong>, Wechsellagerung mit Thon<br />

und Mergel), auf E<strong>in</strong>schlüsse Harnste<strong>in</strong>knollen, ob e<strong>in</strong>zeln zerstreut<br />

oder <strong>in</strong> regelmässigen Lag'en uncl auf <strong>den</strong> Uebergang<br />

<strong>in</strong> Dolomit, dessen Unterscheidung von Kalk nicht <strong>in</strong> allen<br />

Fällen leicht ist - Dolomit ist meist fe<strong>in</strong> krystall<strong>in</strong>isch, zuckerkörnig,<br />

luckig-porös, härter, zeigt schief mit dem Hammer angeschlagen<br />

Lichtersche<strong>in</strong>ungen und braust mit Säureu nur<br />

schwach auf. - Die Kalkgeste<strong>in</strong>e pflegen vor allen andern<br />

Geste<strong>in</strong>en reich an organischen E<strong>in</strong>schWssen aus oem Thierreiche<br />

zu se<strong>in</strong>, daher gerade sie <strong>in</strong> dieser Beziehung sehr genau<br />

zu untersuchen s<strong>in</strong>d. Oft bestehen die Verste<strong>in</strong>erungen aus<br />

e<strong>in</strong>er h1irteren Geste<strong>in</strong>smasse, mitunter s<strong>in</strong>d sie verkieselt und<br />

ragen selbst über die Verwitterungsflächen hervor, so dass sie<br />

hier leicht bemerkt wer<strong>den</strong>. Ist der Kalk thonig oder merg-e­<br />

Hg, so wittern die Petrefacten wohl auch ganz aus dem Geste<strong>in</strong><br />

heraus uno hiiufen sich <strong>in</strong> <strong>den</strong> Schutthal<strong>den</strong> oder an dem Rande<br />

der Felswände an, wesshalb diese dann fleissig abzulesen s<strong>in</strong>d.<br />

Für das Heraussehlagen der Petrefacten aus festem Fels ist besonders<br />

der grössere Hammer und e<strong>in</strong> Ueissel nöthig. KalkfelBen bil<strong>den</strong><br />

meist schroffe, steile Berge und weit fortlaufende HöhenzUg·e.<br />

Die San d s t e<strong>in</strong> e s<strong>in</strong>d besonders <strong>in</strong> Bezug auf das B<strong>in</strong>demittel<br />

zu untersuchen. Auch ist darauf zu sehen, ob sie vielleicht<br />

Feldspathkörnchen (Arcose oder Glauconitkügelchrn<br />

iGrünsandste<strong>in</strong>) enthalten. In manchen Sandste<strong>in</strong>en stellen sich<br />

grössere Rollstücke e<strong>in</strong>, welche e<strong>in</strong>zeln oder lagerweis e<strong>in</strong>gebettet<br />

s<strong>in</strong>d, oder es f<strong>in</strong><strong>den</strong> sich Putzen von Thon, sog. Thongallen,<br />

durch deren Auswitteruug <strong>in</strong> dem Sandste<strong>in</strong>e Hohlr1illmchen<br />

entstehen. Oft s<strong>in</strong>d die Schichtflächen eigenartig, mit<br />

welligen Unebenheiten, wulstigen oder rippenartigen Erhöhungen,<br />

mit E<strong>in</strong>drUcken von Thierfährten oder mit krystallartigen Hervorragungen<br />

bedeckt, die zu beachten s<strong>in</strong>d.<br />

Durch Ueberhandnahme von ueigemengten Geste<strong>in</strong>sfragmeuten<br />

gehen ans Sandste<strong>in</strong>, wenn die Bruchstücke eckig bleiben,<br />

Breccien, wenn sie gerundet s<strong>in</strong>d, Conglomerate<br />

hervor. Bei letzteren muss man se<strong>in</strong>e Aufmerksamkeit auf flie


72 Giilllbel, Geologische Beobachtungen. [50<br />

Natur der Felsarten richten, welche als Rollste<strong>in</strong>e dar<strong>in</strong> auftreten,<br />

ferner auf die Beschaffenheit der Oberfläche dieser<br />

Rollstücke , ob sich darauf nicht etwa E<strong>in</strong>drücke vorf<strong>in</strong><strong>den</strong>,<br />

oder ob sie nicht gekritzt ersche<strong>in</strong>t erratische Bildungen), oder<br />

ob nicht vielleicht die Gerölle im Innern hohl s<strong>in</strong>d hohle Geschiebe.<br />

An Verste<strong>in</strong>erungen beherbergen die Sandste<strong>in</strong>schichten<br />

seltener Thierreste, desto häufiger Pflanzentheile , welche<br />

oft verkohlt oder kohlig s<strong>in</strong>d. Das leichte Zerbröckeln der<br />

schiefrigen Sandste<strong>in</strong>e, <strong>in</strong> welchen die Pflanzenreste mit Vorliebe<br />

e<strong>in</strong>gebettet liegen, und die leichte mechanische Zerstörbarkeit<br />

der zarten kohligen Pflanzentheile macht e<strong>in</strong>e besonders<br />

sorgfältige Verpackung derselben an Ort und Stelle, am<br />

Lesten <strong>in</strong> I-Iolzkästchen räthlich. Die aus Sandste<strong>in</strong> bestehen<strong>den</strong><br />

Berge s<strong>in</strong>d' meist mittelhoch , rundkuppig und nicht sehr steil.<br />

Die Sc h i e fe r schei<strong>den</strong> sich der Hauptsache nach <strong>in</strong> Sc h i e­<br />

ferth on e - weich-bröcklich, meist buntfarbig, oft mergelig-,<br />

<strong>in</strong> Tho n s chi e fe r - härter, dünnspaltig, dunkelfarbig, sche<strong>in</strong>bar<br />

gleichartig - und <strong>in</strong> krystall<strong>in</strong>ische Schiefer -<br />

Phyllit, Glimmerschiefer, Gneiss - wie dies früh(l.r schon angedeutet<br />

wurde. - Bei diesen Schieferarten kommt es häufig<br />

1'01', dass sie sich nach z w e i Richtungen <strong>in</strong> ziemlich dünne<br />

Tafeln oder Stücke spalten lassen - Schichtung und Schiefel'llllg<br />

- (s. oben S. 40. IVfau erkennt die Natnr der Schieferung<br />

vor jener der Schichtung daran, dass die Schieferungsflächen<br />

sich nicht nach der Geste<strong>in</strong>sbeschaffenheit richten, mith<strong>in</strong><br />

die bald mehl' thonigen, bald mehr sandigen Lagen der<br />

Schiefer quer durchschnei<strong>den</strong> und dass sie, wenn Geo<strong>den</strong>ausscheidungen<br />

oder sonst schichtenartig ausgebreitete E<strong>in</strong>schlüsse<br />

vorhan<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d, nicht parallel zu diesen verlaufen s. Figur 4).<br />

Die Schichtenabsonderung ist nl:imlich Folge der ursprünglichen<br />

Bildung der Schiefer durch Niederschläge, während die Schieferung<br />

als die erst spiiter e<strong>in</strong>getretene Wirkung e<strong>in</strong>er lateralen<br />

Pressung angesehen wer<strong>den</strong> muss.<br />

Unter <strong>den</strong> sog. Phylliten verdienen namentlich die sog.<br />

F 1 eck s chi e fe l' besondere Beachtung, <strong>in</strong> wie weit sie etwa<br />

bloss auf die Nachbarschaft angrenzender Eruptivgeste<strong>in</strong>e beschri<strong>in</strong>kt<br />

siclt zeigen (Contactmetamorphose). Beachtenswerth<br />

s<strong>in</strong>d auch die gneissartigen E<strong>in</strong>lagerungen <strong>in</strong> <strong>den</strong>selben ,Phyllit-


51J<br />

III. Geologische Beobaclttungen im Allgeme<strong>in</strong>en.<br />

gneiss, Sericitgneiss', weil sie uns e<strong>in</strong>e jüngere Wiederholung<br />

der älteren Hauptgneissbildung vor Augen stellen.<br />

Aehnliche Verhältnisse kehren auch bei dem G li m me r-<br />

8 chi e fe r wieder, unter dessen gewöhnlichen E<strong>in</strong>schlüssen der<br />

Granat, der Andalusit, Turmal<strong>in</strong> und Cyanit hervorzuheben s<strong>in</strong>d.<br />

Stellenweis verläuft das Geste<strong>in</strong> auch <strong>in</strong> Chlorit- und Hornblendeoder<br />

Dioritschiefer , welche als Facies der Glimmerschieferbildung<br />

anzusehen s<strong>in</strong>d.<br />

Bei deu Quarzitschiefern erregen die Eiusprengungen<br />

von Magneteiseutheilchen und von Schwefelkies, der oft goldhaltig<br />

ist und durch desseu Verwitterungen sich goldführende<br />

Alluvionen - sog. Goldseifen - bil<strong>den</strong>, unser Interesse.<br />

Bei dem G n eis s macht sich meist e<strong>in</strong>e ertitauulich häufige<br />

~Wechsenagerung mit verschie<strong>den</strong>en Geste<strong>in</strong>svarietäten und mit<br />

verwandten Schieferarten - Granulit, Hornblende -, Diorit­<br />

Schiefer, Eklogit u. s. w. bemerkbar j selbst E<strong>in</strong>lagerungen vou<br />

körnigen Kalken f<strong>in</strong><strong>den</strong> sich vor. Von noch grösserem Interesse<br />

ist hierbei zugleich das Verhalten der g'neissartigen Schiefer<br />

gegen gewisse G l' a n i t e, welche <strong>in</strong> mehr oder wenig'er dicken<br />

Bänken gleichförmig von ihnen e<strong>in</strong>geschlossen wer<strong>den</strong> und an<br />

<strong>den</strong> Rändern Uebergänge <strong>in</strong> <strong>den</strong>selben zeigeu - sog. Lagergr<br />

a n i t e - oder <strong>in</strong> l<strong>in</strong>senf6rmigen Massen r<strong>in</strong>g's e<strong>in</strong>geschlossen<br />

s<strong>in</strong>d, wie es auch bei dem Eklogit, Granulit, Syenit (z. Th.)<br />

u. s. w. :(:um Zeichen g'leichzeitiger Entstehung der Fall ist.<br />

Innerhalb grösserer Gebiete oder Streifen kommen <strong>in</strong> dem<br />

Gneiss streckenweis eig'enthümliche accessorische, aber sehr<br />

charakteristische Beimengungen vor, z. B. Dichroit. Hornblende,<br />

Chlorit, grünes Ste<strong>in</strong>mark , grosse Orthoklasausscheidung'en, -<br />

welche wegen der daran geknüpften Möglichkeit, die oft ungeme<strong>in</strong><br />

mächtigen und ausgedehnten Gneissbildungen <strong>in</strong> Unterabtheilungen<br />

zu br<strong>in</strong>gen, nicht übersehen wer<strong>den</strong> dürfen. Wo<br />

körniger Kalk <strong>in</strong> <strong>den</strong> krystall<strong>in</strong>ischen Schiefern sich zeigt, ist<br />

auf die ihn begleiten<strong>den</strong>, meist zahlreichen ~f<strong>in</strong>eralbeimengungen<br />

wohl zu achten j besonders häufig ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> dieser Verg.ellellschaftung<br />

Serpent<strong>in</strong> und an solchen Stellen ist auch nach<br />

Eozoon zu sehen.<br />

Bei Untersuchung der Geste<strong>in</strong>e aus der Gruppe der sog.<br />

kr y s t a Jli n i s ehe n Sr h i e fe r soll man sich stets der noch


74 Gümbel, Geolo.qische Beobachtungen. [52<br />

nicht ausgetragenen Streitfrage üher ihre Entstehung, entweder<br />

nach Analogie der ührigen Schiefergeste<strong>in</strong>e, oder aher durch sog.<br />

l\Ietamorphose er<strong>in</strong>uern, um immer neue Thatsachen zu Gunsten<br />

der e<strong>in</strong>en oder der anderen Annahme aufzuf<strong>in</strong><strong>den</strong>. An organischen<br />

Ueherresten heider Reiche erweisen sich die älteren<br />

Schiefer ziemlich arm, die Kohlenschiefer und jüngeren Pflanzenschiefer<br />

ausg'enommen, die von oft vorzüglich erhaltenen<br />

Pflanzentheilchen übermllt s<strong>in</strong>d. Die dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>geschlossenen<br />

Verste<strong>in</strong>el'ungen ersche<strong>in</strong>en oft zusammengedrückt und undeutlich.<br />

Da jedoch oft ganze grosse Gebirgszüge fast ausschliesslich<br />

aus Schiefergeste<strong>in</strong> aufgebaut s<strong>in</strong>d, verdienen seIhst die unansehnlichsten<br />

dar<strong>in</strong> bemerkbaren org'anischen E<strong>in</strong>schlüsse wegen<br />

Feststellung des Alters (ler Schichten die grösste Beachtung.<br />

Schiefergehirge zeigen meist milde, abgerundete Formen,<br />

und wo zwischen festerem Geste<strong>in</strong> ]\Iergelschiefer e<strong>in</strong>gelagert<br />

ist, stossen wir <strong>in</strong> der Regel <strong>in</strong> Folge der leichten Verwitterung<br />

desselben auf tiefere E<strong>in</strong>sattelungen der Gebirge.<br />

Unter <strong>den</strong> 1II ass eng es t e<strong>in</strong> e n ist e<strong>in</strong>es der verbreitetsten,<br />

gleichförmigsten und am leichtesten zu erkennen<strong>den</strong> der Gr a­<br />

ni t. Se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>time Beziehung als Lagergranit zu dem Gneiss<br />

ist eben erwähnt wor<strong>den</strong>. Doch hreitet er sich, :.Ibgesehen von<br />

Lagern, sehr häufig' auch ganz seIhstständig als Eruptivmasse<br />

über grosse Li<strong>in</strong>clerstrecken aus - Stoekgranit. Hierbei<br />

s<strong>in</strong>d die Verhältnisse längs se<strong>in</strong>er Eruptionsrändel' wichtig,<br />

weil sich oft mit <strong>den</strong>seIhen Erzgi<strong>in</strong>ge um] Veränderungen <strong>in</strong><br />

angeschlossenem Nachhargeste<strong>in</strong> plötzlich e<strong>in</strong>stellen - Krystall<strong>in</strong>isch-vVer<strong>den</strong>,<br />

sog. Fruchtschiefer u. s. w. -, Ersche<strong>in</strong>ungen,<br />

die man unter der Bezeichnung Contactmetamorphose zusammenzufassen<br />

pflegt. Bei allen Eruptivgeste<strong>in</strong>en überhaupt<br />

ist dieser E<strong>in</strong>fluss an der Grenze gegen die Umgebung <strong>in</strong> erster<br />

L<strong>in</strong>ie beachtenswerth. Auch <strong>in</strong> G ä n gen kommt Granit vor<br />

und zwar <strong>in</strong> oft sehr gross krystall<strong>in</strong>ischer Ausbildung (pegmatit,<br />

Schriftgranit: , oder aber auch <strong>in</strong> sehr fe<strong>in</strong>körniger Entwickelung<br />

(z. Th. Porphyrgranit , P<strong>in</strong>itgranit:. Solche Gänge<br />

treten sowohl <strong>in</strong>nerhalb der Granitstöcke selbst, wie <strong>in</strong>nerhalb<br />

der gesammten krystall<strong>in</strong>ischen Schiefer bis zur paläolithischen<br />

Zeit auf und wenlen nicht selten von anderen, namentlich<br />

Quarzgängen (zuweilen erzhaltig), begleitet. Wo sich Granit


53J III. Geologische Beobachtungen im Allgeme<strong>in</strong>en. 75<br />

<strong>in</strong> Jung'eren Schichtgeste<strong>in</strong>en , dieselben durchsetzend, e<strong>in</strong>stellt,<br />

also jünger als diese zn se<strong>in</strong> scbe<strong>in</strong>t, ist genan zu prüfen,<br />

ob <strong>in</strong> solchen FHllen nicht Ueberscbiebungen oder Verwerfungen<br />

vorliegen, welche die durchgreifende Stellung des Granites<br />

erklären, ohne dessen relativ jüngeres Alter zu bestätigen.<br />

Aehnlich wie der Granit verhält sich e<strong>in</strong>e grosse Anzahl älterer<br />

Massengeste<strong>in</strong>e, z. B. Syenit, Diorit, Amphibolit. Bei noch<br />

anderen, namentlich <strong>den</strong> jüngeren nnd meist dunkel geflirbten<br />

~Iassengeste<strong>in</strong>en (z. B. Diabas, Melaphyr, Basalt u. s. W.' ist es<br />

oft unthunlich, ohne tiefer gehende Untersuchung'en Di<strong>in</strong>nschliffe,<br />

chemische Analysen) ihre wahre "Natur zu ergrün<strong>den</strong>.<br />

Es ist desshalb rathsam, von solchen nicht sofort und deutlich<br />

bestimmbaren Geste<strong>in</strong>en zum Zwecke \\eiterer Untersuchung das<br />

Material soviel thunlich <strong>in</strong> möglichst frischen und unzersetzten<br />

StUcken, sowie von mehreren Stellen, um nicht vielleicht dlll'ch<br />

zuflillige, auf kle<strong>in</strong>e Theile des Felsens beschränkte Eigenthümlichkeiten<br />

über se<strong>in</strong>e wahre Natur irre geführt zu wer<strong>den</strong>,<br />

mitzunehmen. S<strong>in</strong>d Contactstellen mit dem Nebengeste<strong>in</strong> entblösst,<br />

so ist nicht blass auf die ohne ,,'eitere Hiilfsmittel zu<br />

erkennende oder nicht zu erkennende Ved<strong>in</strong>derung des letzteren<br />

zu achten, sondern es empfiehlt sich <strong>in</strong> solchen Fällen auch<br />

Geste<strong>in</strong>sstiicke unmittelbar an der Grenze und von mehreren<br />

Stellen <strong>in</strong> griisseren Entfernungen davon (etwa bei 0,25; 0,5,<br />

1-2 1Ieter) sowohl von der Eruptivmasse, wie von se<strong>in</strong>em "Nachbargeste<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>zusammeln. Hierher gehiiren auch die E<strong>in</strong>schliisse<br />

von Fragmenten des dl1l'chbrochenen Nebengeste<strong>in</strong>s <strong>in</strong> ErujJtivmassen<br />

mit oder ohne wesentliche Veränderungen.<br />

Viele jüngere Eruptivgeste<strong>in</strong>e nehmen <strong>in</strong> ihrer Ausbreitung<br />

wechselnde Beschaffenheit an - grass krystall<strong>in</strong>isch, ansche<strong>in</strong>eu(l<br />

dicht, glasig - und gehen an <strong>den</strong> Grenzen vielfach <strong>in</strong> blasenreiche<br />

Varietäten - Mandelste<strong>in</strong>e - tiber. ~Ian sehe bei derartigen<br />

Ersche<strong>in</strong>ungen auf die solche Ce bergänge begleiten<strong>den</strong> Umstände<br />

- grüssere, ger<strong>in</strong>gere Mächtigkeit, Nähe der Verbreitungsgrenze,<br />

gangfiirmige E<strong>in</strong>engung, deckenweiseAusbreitung u. s, w.<br />

- auf die Richtung der Blasen der Mandelste<strong>in</strong>e, und deren Ansfüllung,<br />

die oft aus sehr schi<strong>in</strong> krystallisirten M<strong>in</strong>eralien besteht<br />

(Zeolithe, l\I<strong>in</strong>eraldrusen mit Quarz-, Kalkspathkrystallen<br />

u. s. w. Dabei s<strong>in</strong>d es auch eigenthiimliche Structur- oder Abson-


76 Giimbel, Geologische Beobachtungen. [54<br />

derung'sfonnen - Säulen, Platten, Kugeln u. s. w., welche sich<br />

meist <strong>in</strong> dem Massengeste<strong>in</strong>, zuweilen aber auch im angrenzen<strong>den</strong><br />

Nebengeste<strong>in</strong> \säulenförmige Zerklüftung des Buntsandste<strong>in</strong>s<br />

neben Basalt) bemerkbar machen.<br />

Als Begleiter nnd häufig als Hüllen an, neben und über <strong>den</strong><br />

l\Iassen- und Eruptivgeste<strong>in</strong>en treten gewisse T n ff ge s t e i II e<br />

auf, deren Material von <strong>den</strong> Ausbrüehen der ersteren abstammt.<br />

Es ist von grossem Interesse, bei diesen oft sehr veränderten<br />

Gebil<strong>den</strong>, wie z. B. bei <strong>den</strong> Schalste<strong>in</strong>en, <strong>den</strong> Grad der erlittenen<br />

Umbildung zu untersuchen uml zu bestimmen, ob die Tuffe<br />

deutlich und wohlgeschichtet s<strong>in</strong>d, vielleicht sogar Verste<strong>in</strong>erungen<br />

enthalten - Seetuffe -, oder ob sie wirre Lagerung<br />

besitzen, wie es der Fall se<strong>in</strong> wird, wenn sie beim Niederfallen<br />

aus der Luft aufgehäuft wor<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d, und endlich, ob<br />

sie Fragmente von Eruptiygeste<strong>in</strong> <strong>in</strong> Form von Rapilli, vulkanisc<br />

hen Bomben, Schlackenlla(len etc. enthalten.<br />

2 Lagerungsverhältnisse.<br />

In Bezug auf die Lagerung'sverhältnisse der beobao<br />

hteten So h ich t g e s t e<strong>in</strong> e nimmt man zunächst Bedacht, zu<br />

{;onstatiren, ob die Schichten horizontal, g'eneigt oder saiger<br />

gestellt s<strong>in</strong>d, uud bestimmt bei geneig·ter Lage, wie früher<br />

gelehrt wurde s. S. 42 , die höchst wichtigen Verhältnisse<br />

de.' Streichens und Fallens mittels des Bergcompasses. Darall<br />

knüpft sich unmittelbar die nächste Frage an, ob die benachbarten<br />

Schichten gleiches Fallen und Streichen besitzen, d. h.<br />

gleichförmig oder ungleichfiirmig zu <strong>den</strong> ersteren gelagert s<strong>in</strong>d.<br />

Oft unterschei<strong>den</strong> sich verschie<strong>den</strong>e, lln e<strong>in</strong>ander stossende<br />

Fonnationen durch die Ullgleichförmigkeit ihrer SchichtensteIlung<br />

von e<strong>in</strong>ander. Doch könnte e<strong>in</strong>e solche auch <strong>in</strong> Folge<br />

von Dislocationen Verwerfungen, Hebungen, Senkungen) <strong>in</strong>nerhalb<br />

der zu e<strong>in</strong> e r Formation gehörigen Schichten bewirkt<br />

wor<strong>den</strong> se<strong>in</strong>, daher man die durch Sprünge, KlUfte angedeuteten<br />

Lage rungsstörungen gleichfalls beachten muss. Bei<br />

ii bere<strong>in</strong>anderliegen<strong>den</strong> E<strong>in</strong>zelschichten oder Schichtencomplexen<br />

muss deren Natur Schicht für Schicht oder Stufe für Stufe<br />

e<strong>in</strong> Cl' näheren Untersuchung' unterzogen wer<strong>den</strong>.<br />

Sehr häufig ist mall nicht <strong>in</strong> der Lage, an <strong>den</strong> natürlichen


55J III. Geologiuhe Beobachtungen im Allgeme<strong>in</strong>en. 77<br />

schon vorgefun<strong>den</strong>en Geste<strong>in</strong>sentblössungen alle diese Verhält­<br />

.nisse genau zu beobachten. In dies;m Falle genügt es meist,<br />

sich mit der Spitze des Hammers, <strong>in</strong> Ermangelung e<strong>in</strong>er Hacke<br />

u. s. w. e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e künstliche Entblössung rasch zu verschaffen,<br />

was besonders häufig nöthig ist, wo es sich um e<strong>in</strong>e zum Bestimmen<br />

von Streichen und Fallen geeignete Schichtenfiäche handelt. Es<br />

ist anzurathen, solche Verhältnisse der Lagerung benachbarter<br />

Schichten unter sich und auch gegen etwa angrenzendes Massengeste<strong>in</strong><br />

durch Zeichnungen zu veranschaulichen. Dies geschieht<br />

am zweckentsprechendsten durch Profile. Man <strong>den</strong>kt sich nämlich<br />

die Geste<strong>in</strong>e durch e<strong>in</strong>e senkrechte Ebene (am besten <strong>in</strong> der<br />

Richtung des E<strong>in</strong>fallens) durchschnitten und zeichnet nun die verschie<strong>den</strong>en<br />

Geste<strong>in</strong>slagen so über und neben e<strong>in</strong>ander, wie man<br />

s.<br />

\.<br />

Fig. H.<br />

Parallele Durchschnitte auf dem Höhenrücken und durch don Thale<strong>in</strong>schnitt rler<br />

Rothwandkette und des Spitz<strong>in</strong>gs.e-Valepp-E<strong>in</strong>schnittes. - kd Haupt-Dolomit·<br />

kg rhätische Schichten; ko Oberer Dachste<strong>in</strong>kalk ; I Lias. Die beigcsetztel~<br />

Zahlen deuten das mehrfache Wiederkehren derselben Schichten <strong>in</strong> der Länge<br />

der Profile an.<br />

sie <strong>in</strong> diesem Durchschnitte vor sich sehen würde. Bei horizontaler<br />

Lagerung versieht jede vertikale, bei saigerer Schichtenstellung<br />

jede zur Streichrichtung senkrecht gelegte Durchschnittsfiäche<br />

diesen Dienst. Auch perspectivisch gezeichnete


78 Giimbel, Geologische Beobachtungen. [56<br />

Ansichten von Berggehängen, Ste<strong>in</strong>brüchen, Aufschlüsse aller Art<br />

s<strong>in</strong>d sehr nützlich, <strong>in</strong>delll sie ebenso das Verständniss des<br />

Schichten banes erleichtern, wie die Rücker<strong>in</strong>nerung wesentlich<br />

unterstützen. Alle Arten bildlicher Darstellungen s<strong>in</strong>d daher<br />

nicht dr<strong>in</strong>gend genug zu empfehlen.<br />

Bei andauern<strong>den</strong> Gebirgsaufschlüssen wird man auf diese<br />

Weise zusammenhängende, oft über ganze Tagestouren sich<br />

erstreckende Profilbilder erhalten. Zum bessern VerständnisB<br />

zeichnet man dann die Richtungen, <strong>in</strong> welchen die Profile gezogen<br />

wur<strong>den</strong>, auf der Karte e<strong>in</strong> und erläutert dieselbe so ausführlich<br />

als müg'lich durch Aufschreibungen <strong>in</strong> dem Notizbuche.<br />

Bei dem Entwerfen solcher Profile <strong>in</strong> veljüngtem Maassstabe<br />

wird die Bestimmung der Mächtigkeit der Schichten und<br />

ihrer Ausbreitung im horizontalen Siune mit Zuhiilfenahme der<br />

topographischen Karten und unter Berücksichtigung der relativen<br />

Hühen der Beobachtungspunkte , die sich durch gnte<br />

Aneroide zureichend genau ermitteln lassen, wesentlich zur<br />

Richtigstellung solcher Profilzeichnuug beitragen.<br />

Bei Masseugeste<strong>in</strong>en ist ihr Verhalten an der Grenze gegen<br />

das geschichtete Nebeugeste<strong>in</strong> auch <strong>in</strong> Bezug auf die Lagerun<br />

g - jenes <strong>in</strong> Bezug auf substanzielle E<strong>in</strong>wirkungen ist<br />

bereits früher berührt wor<strong>den</strong> - beachtenswerth, ob dieselben<br />

nämlich hier abstosseu, <strong>in</strong> das Nebengeste<strong>in</strong> e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen, dasselbe<br />

entweder gangfürmig' durchsetzen oder sich <strong>in</strong> Form von<br />

Lagergängen zwischen <strong>den</strong> Schichten sche<strong>in</strong>bar gleichförmig<br />

e<strong>in</strong>lagern, oder darüber als Decken sich ausbreiten, ob sich<br />

hierbei Verrückungen der Schichten ergeben, oder ob die geschichteten<br />

Geste<strong>in</strong>e ohne alle Störungen an das Massengeste<strong>in</strong><br />

sich anlehnen. Die ""Vechselbeziehungen speciell zwischen Gneissoder<br />

gneissartigcm Schiefer und Granit oder granitähnlichen<br />

Felsarten s<strong>in</strong>d schon besprochen wor<strong>den</strong>, es ist nur noch dem<br />

Früheren h<strong>in</strong>zuzufügen, dass die mannicllfachen Varietäten<br />

beider Geste<strong>in</strong>sreihen sich häufig nach ihrer Lagerung ·als zu<br />

e<strong>in</strong>em geologischen Ganzen zusammengehörig erweisen.<br />

Auch verschie<strong>den</strong>e, neben e<strong>in</strong>ander vorkommende Massengeste<strong>in</strong>e<br />

treten gcgenscitig <strong>in</strong> e<strong>in</strong> ähnliches Verhältniss des AbstossellS<br />

oder Durchsetzens und Durchsetztse<strong>in</strong>s, wie wir es bei<br />

dem geschichteten Nebengeste<strong>in</strong> soeben kennengelernt haben.


57J III. Geologische Beobachtungen im Allgeme<strong>in</strong>en, 79<br />

Es ist llierbei immer anzunehmen, dass das dnrchsetzende Geste<strong>in</strong><br />

das jüngere, das durchsetzte das ältere sei, wesshalb<br />

behufs Altersbestimmung der Massengeste<strong>in</strong>e dieses Verhalten<br />

ganz besonders <strong>in</strong>s Aug'e zu fassen ist, Selbst verschie<strong>den</strong>e<br />

Varietäten derselben Felsarten oder die dazu gehörigen Tuffe,<br />

Schalste<strong>in</strong>e und Thonste<strong>in</strong>e können auf solche ""Yeise als relativ<br />

versehie<strong>den</strong>alterig erkannt und bestimmt wer<strong>den</strong>,<br />

3) E<strong>in</strong>lagerungen und Verste<strong>in</strong>erungen,<br />

Die Wichtigkeit der <strong>in</strong> <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en Lagen der<br />

Schichtgeste<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>g'eschlossenen 0 r g a n i s c h e n 'C' e b e l' res te<br />

ist schon an verschie<strong>den</strong>en Stellen früher hervorgehoben wor<strong>den</strong>,<br />

Hier dürfte es genügen, nur noch speciell darauf aufmerksam<br />

zu macheu , dass es sich bei <strong>den</strong> Verste<strong>in</strong>erungen<br />

häufig um die Feststellung der Uebere<strong>in</strong>stimmung oder Abweichung<br />

der Arten <strong>in</strong> zwei zun:ichst auf e<strong>in</strong>ander folgen<strong>den</strong><br />

Sehichten oder Stufen handelt, und dass desshalb<br />

e<strong>in</strong>e Verwechselung der <strong>in</strong> diesel' oder jener Schicht gesammelten<br />

Exemplare aufs g'ewissenhafteste zu vermei<strong>den</strong> ist,<br />

Dies wird am besten dadurch h<strong>in</strong>tangehalten , dass man g'anz<br />

systematisch e<strong>in</strong>e Schicht nach der andern ausbeutet, wie<br />

<strong>den</strong>n überhaupt dieses Verfahren bei dem E<strong>in</strong>sammeln von<br />

Verste<strong>in</strong>erungen für alle Fälle anzurathen ist, Besondere Vorsicht<br />

erheischt es, wenn Verste<strong>in</strong>ernngen ausge,,'ittert und lose<br />

auf der Oberfläche zerstreut sich f<strong>in</strong><strong>den</strong>, oder am Fllsse von<br />

Felswän<strong>den</strong> <strong>in</strong> Sclmtthal<strong>den</strong> beisaullnenlieg'en, In diesem Falle<br />

hüte man sich, wenn nicht an der Geste<strong>in</strong>sbeschaffenheit ganz<br />

unzweideutig die Schicht erkannt wer<strong>den</strong> kann, <strong>in</strong> der ursprünglich<br />

die ausgewitterte Versteillenmg e<strong>in</strong>gebettet war,<br />

derartig' aufgesammelte Exemplare als aus e<strong>in</strong>zelnen bestimmten<br />

Schichten stammend anzunehmen, Sammelt man <strong>in</strong> Schichtencomplexen,<br />

wo die oben ang'edeuteten fe<strong>in</strong>eren Unterscheidungen<br />

e<strong>in</strong>zelner Schichten nicht zu machen s<strong>in</strong>d, so empfehlen<br />

sich <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie gerade solche Schutthal<strong>den</strong> schon an- und<br />

ausgewitterter Geste<strong>in</strong>e als die erg'iebigeren zum Ausbeuten.<br />

Nicht selbst gesammelte Exemplare behandele man stets mit<br />

strenger Kritik; doch s<strong>in</strong>d sie gleichwohl vielfach desshalb<br />

sehr wichtig, weil sie, auch wenn die Fundangabe nicht ganz


80 Gambel, Geologische Beobaclttnngen. [5'3<br />

correct ist, wenigstens Andeutungen des Vorkommens <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Gegend liefern und Veranlassung geben können, dem wahren<br />

Fundpunkte nachzuspüren.<br />

An sehr ergiebigen FundsteIlen gebe man, wenn die Zeit<br />

zu längerem Aufenthalt fehlt, Führern oder noch zweckdienlicher<br />

e<strong>in</strong>heimischen Sammlern oder Ste<strong>in</strong>brechern <strong>den</strong> Auftrag<br />

zn m ass e n haft e m E<strong>in</strong>sammeln, weil voraus zu setzen ist, dass<br />

man auf diese vVeise unter der vielleicht grossen Menge unbrauchbaren<br />

Materials doch das :Mehrere erhält, was an dieser<br />

Stelle überhaupt vorkommt. Da nicht selten der Fall e<strong>in</strong>tritt, dass<br />

rlie ganze Reihe von Verste<strong>in</strong>erungen e<strong>in</strong> und desselben Schichtenniveaus<br />

, (1. h. <strong>in</strong> gleichalterigen Lagen auf näheren oder<br />

entfernteren Stellen sich nicht gleich bleibt, sondern bestimmte<br />

Formgruppen da oder dort gegenseitig sich ersetzen - <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

sog. Faciesbildungen, wie z. B. <strong>in</strong> der Korallen-, Cephalopo<strong>den</strong>-,<br />

- Strand-Facies; oder <strong>in</strong> der mar<strong>in</strong>en, brackischen und Süsswasser-Facies,<br />

so ist es sowohl für das Erkennen dieser oft<br />

triigCl'ischen Verhältnisse und zur Bestimmung der früheren<br />

Grenzen der lVleere, Küsten, Süsswasserseen, ihrer Tiefenverhältnisse<br />

u. s. w. wichtig, selbst <strong>in</strong> dieser Richtung <strong>den</strong> Verste<strong>in</strong>erungen<br />

die möglich grösste Aufmerksamkeit zuzlnven<strong>den</strong>.<br />

Auch ni c h tor gan i sch e E<strong>in</strong>schlüsse (Geste<strong>in</strong>strümmer,<br />

Gerölle, Splitter u. s. w.: gewähren vielfache Belehrung. Das<br />

nm sc h 1 i e s sen d e Geste<strong>in</strong> ist nämlich immer von jüngerer<br />

Entstehung als dasjenige, von dem das e<strong>in</strong>geschlossene<br />

Fragment abstammt, z. B. Porphyrbreccie jünger, als der sie<br />

zusammensetzende Porphyr. Daraus kann <strong>in</strong> manchen Fällen das<br />

Alter namentlich von Eruptivgeste<strong>in</strong> ermittelt wer<strong>den</strong>. Aucb<br />

gibt liie Anh~iufnng von grussen Rollstücken oder von eckigen<br />

Triimmern <strong>in</strong> ge,,;issen Lagen oft Aufschluss über <strong>den</strong> Ort und<br />


59J [II. Geologische Beobachtungen im Allgeme<strong>in</strong>en. 81<br />

die Hühe des Wasserspiegels des Meeres <strong>in</strong> früheren Perio<strong>den</strong><br />

orientiren.<br />

Endlich verdienen als weitere E<strong>in</strong>schlüss~ die zahlreichen<br />

~I <strong>in</strong> e ra li e n genannt zn wer<strong>den</strong>, welche besonders auf Klüften,<br />

Gängen" <strong>in</strong> Hohlräumen oder als Ausscheidungen mitten<br />

im Geste<strong>in</strong> vorkommen. Sie s<strong>in</strong>d vorzug'sweise Sammlungsgegenstände<br />

des lII<strong>in</strong>eralienliebhabers.<br />

4) Besondere Ersche<strong>in</strong>ungen.<br />

Zu diesen gleichsam regelmässigen und ständigen Arbeiten<br />

bei geologischen Forschungen gesellen sich nun noch solche,<br />

welche g'elegentlich sich da oder dort ergeben. Darunter s<strong>in</strong>d<br />

als die am häufigsten vorkommen<strong>den</strong> hervorzuheben:<br />

a Die Beobachtungen an Quellen bezüglich deren<br />

Temperatur, Ergiebigkeit, Höhenlage, Exposition, VlIlgelnll1g';<br />

ferner bezügli~h der oft mit dem 'Wasser hervortretendell Gasexhalationen<br />

und der Natur der Gase, bei)1 i n e r alq u olle n<br />

überdies bezüglich ihres Gehaltes, der Bildungvon Abs:itzen Kalks<strong>in</strong>ter,<br />

Gyps, Eisenocker, Kiesels<strong>in</strong>ter, Schwefel, Kochsa.lz u. s. w.)<br />

des Geschmacks und des Geruchs :Schwefehmsserstoff, Jod<br />

n. s. w.;. )Ian berücksichtigt hierbei die Niihe von Eruptivgeste<strong>in</strong>en,<br />

Vulkanen, Verwerfungsspalten, Erzgängen, Lager von Gyps,<br />

Ste<strong>in</strong>salz, Kohle u. s. w. Gypshaltige Quellen verrathen ihren<br />

Gypsgehalt durch e<strong>in</strong>en gelblichweissen Ansatz Gyps), eisenhaIti<br />

ge Eisensäuerl<strong>in</strong>ge' durch e<strong>in</strong>en ockerigen Schlamm oder<br />

e<strong>in</strong>e Ockerkruste im R<strong>in</strong>nsal; andere lII<strong>in</strong>eralquellen machen sich<br />

bei e<strong>in</strong>em Gehalt anKochsalz, Bittersalz u. s. w. durch Ausblühungen<br />

der Salze da, wo das 'Wasser verdllnstet, bemerkbar, Erdiil<br />

gibt sich schon <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em lII<strong>in</strong>imum durch die irisiren<strong>den</strong> Häutchen<br />

zu erkennen, welche sich über das 'Wasser ausbreiten. In vielen<br />

Gegen<strong>den</strong> entströmen dem Erdbo<strong>den</strong> auch Gase <strong>in</strong> grösserel'<br />

~Ienge - Gasquellen -- namentlich Kohlensäure - )lofettel1.<br />

Ihr Hervortreten wird leicht an e<strong>in</strong>em brickeln<strong>den</strong> Geräusche,<br />

das sich beim E<strong>in</strong>stossen e<strong>in</strong>es Stocks <strong>in</strong> <strong>den</strong> Bo<strong>den</strong> oder durch<br />

heftiges Stampfen wesentlich vermehrt, oder durch e<strong>in</strong>en Luftstrom<br />

aus Geste<strong>in</strong>sklüften - Bläser - erkannt.<br />

b' Beobachtungen an Flüssen, Seen und Teichen s<strong>in</strong>d<br />

schon anderweitig besprochen. Bei 1'0 r fm 0 0 ren untersllcht


82 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [60<br />

man die Mächtigkeit, <strong>den</strong> Wechsel der Lagen, ihre Natur, ob<br />

sie zu Hoch- oder Wiesenmoor gehören. Bei e<strong>in</strong>gebetteten Holzstämmen<br />

wird die Richtung ihrer Lage, ihre Zusammenpressung,<br />

ausserdem das Vorhan<strong>den</strong>se<strong>in</strong> von Thierresten, von Diatomeenerde,<br />

von erdigem Kalk (Alm), die Nenbildung von Harzen, von<br />

Vivianit beobachtet. Hieran schliessen sich naturgemäss die Untersuchungen<br />

tiber die Culturreste an, die etwa <strong>in</strong> Torfmooren<br />

begraben liegen, welche der Prähistorie zufallen. An Flüssen<br />

und Seen ist die Aufmerksamkeit besonders auf veränderten<br />

Stand des Wassers zu richten. Oft zeigen sich alte Flussränder<br />

und Geröllablagerungen hoch über dem Niveau der jetzt höchsten<br />

Hochwasserstände. Neben vielen hierher gehörigen Ersche<strong>in</strong>ungen<br />

ist auch an die Flugsand-, Dünen- und Steppenbildung<br />

zu er<strong>in</strong>nern.<br />

c Auf die Eis- und Gletscher-Ersche<strong>in</strong>ungen der<br />

Jetztzeit ist an anderer Stelle h<strong>in</strong>gewiesen. Sie verdienen wegen<br />

der Beurtheilung der Glacialbildun~en der Diluvialzeit ganz<br />

besondere Beobachtung des Geologen.<br />

d) H ö h I e n bieten <strong>in</strong>teressante Verhältnisse <strong>in</strong> Bezug auf<br />

ihre Entstehung (Klufterweiterung, Ausnagung weicher Zwischenlag('n<br />

über und unter härterem Geste<strong>in</strong>, Auflösung <strong>in</strong> Wasser<br />

löslicher M<strong>in</strong>eralien wie Gyps, Kochsalz u. s. w.), <strong>in</strong> Bezug auf<br />

Tropfste<strong>in</strong>- oder Eisbildung (Stalaktiten von oben herabhängend,<br />

Stalagmiten von nnten aufragend), <strong>in</strong>sbesondere aber <strong>in</strong> Bezug<br />

auf das Vorkommen von Thierüberresten im braunen Lehm<br />

(Höhlenschlamm), der meist <strong>den</strong> Bo<strong>den</strong> der Höhlen ausfüllt.<br />

Hierbei muss sorgsamst constatirt wer<strong>den</strong>, ob dieser Bo<strong>den</strong> mit<br />

oder ohne Kalks<strong>in</strong>terüberzug noch völlig unberührt oder schon<br />

durchwühlt ersche<strong>in</strong>t, und wenn zugleich Menschenreste und<br />

Artefacte zum Vorsche<strong>in</strong> kommen, ob diese - falls die Lage<br />

noch <strong>in</strong>tact sich erweist - für sich gesondert s<strong>in</strong>d, oben oder<br />

unten oder mit <strong>den</strong> Thierresten untermengt zusammen liegen,<br />

und welcher Art diese Thierreste s<strong>in</strong>d. Es ist hier das Feld, auf<br />

dem Geologen und Anthropologen zusammen arbeiten müssen.<br />

e) Der Besuch von Bergwerken ist für <strong>den</strong> Laien immer<br />

von ger<strong>in</strong>gem Nutzen, weil die Orientirung und das Sehen <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> unterirdischen Räumen eigenthümlichen Schwierigkeiten<br />

unterliegt. Auch ist für <strong>den</strong> Unkuudigen die Gefahr der Be-


61J IV. Besondere geologische Verltiiltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 83<br />

schädigung nicht ausgeschlossen. Man beschränke daher als<br />

Laie die Untersuchung auf die Hal<strong>den</strong>geste<strong>in</strong>e und auf die<br />

Besichtigung der auf tien meisten Gruben vorhan<strong>den</strong>en Sammlungen,<br />

wobei die Mittheilungen der Grubenbediensteten zu<br />

Rathe zu ziehen s<strong>in</strong>d. In ganz besonderen Fällen lasse man sich<br />

an e<strong>in</strong>zelne <strong>in</strong>teressante Stellen von M<strong>in</strong>eralvorkommnissen oder<br />

von Lagerungsaufschlüssen führen. Das eigentlich Technische<br />

ist hier selbstverständlich ausgeschlossen.<br />

f) Erd beb e n, v ulk a n i s ehe AllS b r ü c h e, Erd nil I e<br />

und Be r g s tür z e s<strong>in</strong>d oft zusammenhängende Ersche<strong>in</strong>ungen<br />

die wir bereits kurz <strong>in</strong> <strong>den</strong> wesentlichsten Punkten zur Sprache<br />

gebracht haben.<br />

IV.<br />

Specieller Theil.<br />

Besondere geologische Verhältnisse<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>.<br />

a) Allgeme<strong>in</strong>e Bemerkungen.<br />

Indem wir nun speciell zu der Darlegung der besonderen<br />

Art, <strong>in</strong> welcher <strong>in</strong>nerhalb der <strong>Alpen</strong> die geologischen<br />

Be 0 b ach tu n gen am zweckmässigsten anzustellen s<strong>in</strong>d, übergehen,<br />

wird sich diese <strong>Anleitung</strong> nach dem Vorausgehen<strong>den</strong><br />

wohl darauf beschränken dürfen, das von dem bereits früher<br />

kurz angedeuteten, allgeme<strong>in</strong>en, sozusagen regelmässigen Verfahren<br />

A bw eich end e hervorzuheben, wie dieses durch die<br />

Eigenthümlichkeit der alp<strong>in</strong>en Gebirgswelt bed<strong>in</strong>gt<br />

wird. Wir wer<strong>den</strong> daher des besseren Verständnisses wegen<br />

vor Allem zuerst, wenn auch freilich nur <strong>in</strong> sehr allgeme<strong>in</strong>en<br />

schwachen Umrissen auf der e<strong>in</strong>en Seite <strong>den</strong> wesentlichen und<br />

characteristischen Unterschied klar zu machen versuchen müssen,<br />

welcher <strong>in</strong> der geologischen Entwicklung der <strong>Alpen</strong> im<br />

Vergleiche zu <strong>den</strong> ausseralp<strong>in</strong>en Bildungen von gleichem Alter<br />

<strong>in</strong> so bemerkenswerther Weise hervortritt, nicht ohne auch auf<br />

die theilweise Uebere<strong>in</strong>stimmnng 'aufmerksam zu machen, die<br />

()*


84 Gümbel, Geologische Beobacldungen.<br />

auf der anderen Seite beide Entwicklungsgebiete wieder <strong>in</strong><br />

nähere Verb<strong>in</strong>dung zu e<strong>in</strong>ander hr<strong>in</strong>gt.<br />

Es s<strong>in</strong>d hesonders drei Verhältnisse, durch welche sich<br />

der Gebirgshau der <strong>Alpen</strong> vor dem ausseralp<strong>in</strong>en <strong>in</strong> hervorster<br />

hendster "V eise auszeichnet, das ist:<br />

1, die enorme lIöhe,'welche die meisten Schichtgeste<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> gegen die glei,chaltrigen Gehilde aussCl'halb derselben<br />

erreichen. Da~nit stehen ganz allgeme<strong>in</strong> und vorherrschend<br />

grossartige Schichtenfaltungen, U eherstürzungen , Verschiehungen<br />

und Verwerfungen <strong>in</strong> Verh<strong>in</strong>dung , die sich im<br />

ausseralp<strong>in</strong>en Gehiet auf re<strong>in</strong> örtliches Vorkommen oder auf<br />

die iiltesten Sehichtenglieder beschd<strong>in</strong>kt zeigen, während sie<br />

<strong>in</strong> rlen <strong>Alpen</strong> als die vorherrschen<strong>den</strong> Lagerungsverhältnisse<br />

sich enveisen. So sehen wir z. B. auf der Spitze des Hochvogels,<br />

der Zugspitze , des Watzmanns, des Dachste<strong>in</strong>s, des<br />

SchIern, der l\Iannolada u. s. w. Geste<strong>in</strong>e aufragen <strong>in</strong> Erhehungen,<br />

welche die Höhenlage :üher deml\Ieere uer mit ihnen gleichaltrigen<br />

Ahlagerungen ausser <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>, etwa <strong>in</strong> Schwaben, <strong>in</strong><br />

Franken oder <strong>in</strong> Nordueutschland oft um mehr als das Zehnfache<br />

ühertreffen. D:tss solche Differenzen nur durch relative<br />

V crrückungen aus <strong>den</strong> ursprünglichen Lag'erstätten erklärlich<br />

s<strong>in</strong>d, ist von vornhere<strong>in</strong> wahrsche<strong>in</strong>lich, wird aber auch durch<br />

die Zusammenpressung der Geste<strong>in</strong>e zu <strong>den</strong> wunderlichsten<br />

Falten und W<strong>in</strong>dungen bestätigt, welche ganz allg'eme<strong>in</strong> alle<br />

alp<strong>in</strong>en Schichten beherrschen. Die gewaltigen Bewegungen,<br />

durch welche das Hochgebirge zu se<strong>in</strong>er ahnormen Höhe<br />

gelan~te, traten erst relativ spät <strong>in</strong> der Entwicklungsgeschichte<br />

der Erde e<strong>in</strong> und erreichten nach allerd<strong>in</strong>gs zahlreichen<br />

iilt81'en Vorläufern erst <strong>in</strong> der JliIitteltertiärzeit ihr<br />

)Iaximum und ihren Hauptabschluss. Denn erst <strong>in</strong> diesel' relativ<br />

jüngeren Zeit wur<strong>den</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> die grossartigen Formen<br />

ausg'eprägt, vor <strong>den</strong>en wir jetzt voll Bewunderung' stehen.<br />

Der Grund der V erschie bung so ganz enormer Ge birgsmassen,<br />

\"je solehe das <strong>Alpen</strong>g'ebirge umfasst. n:tch aufwärts und auswärts<br />

und die damit zusallllnenhi<strong>in</strong>genc1e Zusammenfaltung und Verriickung<br />

dcr Schichtgestc<strong>in</strong>e kann nur dureh e<strong>in</strong>en aUSBel' unsrer<br />

Vor8tellung liegen<strong>den</strong> gTossen Druck erklärt wer<strong>den</strong>, welcher <strong>in</strong><br />

J


63J IV. Besondm'e geologische Vel'hliltm'sse t'n <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 85<br />

hervortrat und durch welchen gewisse Theile der R<strong>in</strong>de gesenkt,<br />

andere dagegen <strong>in</strong> Folge hierbei rege gewor<strong>den</strong> er Seitenpressung<br />

emporgehoben und seitlich verschoben wur<strong>den</strong>. E<strong>in</strong>en<br />

solchen durtlh Seitenpressung zu aussergewöhnlicher Höhe emporgeschobenen<br />

R<strong>in</strong><strong>den</strong>theil unserer Erde stellt <strong>in</strong> der That das<br />

<strong>Alpen</strong>gebirge vor. Es kann hier nicht tiefer auf die Succession<br />

der Bewegungen und die <strong>in</strong>nerhalb der bewegten Theile selbst<br />

gegen das Centrum lebendig gewor<strong>den</strong>en Kräfte, noch auch auf<br />

etwa e<strong>in</strong>getretene RUcksenkungen e<strong>in</strong>gegangen wer<strong>den</strong>. Es<br />

dürften die mitgetheilten wenigen Andeutungen wenigstens zur<br />

allgeme<strong>in</strong>en Orientirtlllg genügen .<br />

. 2) Die abweichende petrographische Beschaffenheit<br />

vieler alp<strong>in</strong>er Geste<strong>in</strong>e im Gegensatz zu <strong>den</strong> ausseralp<strong>in</strong>en<br />

Gebil<strong>den</strong> tritt uns als zweites l\Ioment entgegen. Diese<br />

Differenz erreicht ihren Höhengrad <strong>in</strong> <strong>den</strong> Schichten der oberen<br />

Trias, welche dem K e u per entsprechen und an diese wollen<br />

wir hier zuniichst e<strong>in</strong>ige nähere Erläuterungen anknUpfen. In <strong>den</strong><br />

ausseralp<strong>in</strong>en K eu pe rg e b i e ten s<strong>in</strong>d vorherrschend Sandste<strong>in</strong><br />

und Lettenschiefer <strong>in</strong> unendlichem Wechsel entwickelt. Mer-<br />

. geligen Zwischenlagen (z. Th. mit Gyps vergesellschaftet begegnen<br />

wir hier nur spärlich und noch weit seltener dolomitischen<br />

oder kalkigen Schichten, die auf e<strong>in</strong>ige wenig mächtige<br />

Bänke beschränkt s<strong>in</strong>d. Alle diese K e u per g e s t e<strong>in</strong> e <strong>in</strong><br />

Franken, Schwaben und sonstwo tragen durch die dUnne, oft<br />

wechselnde ScMchtung, durch die vielfach auf <strong>den</strong> Schichtflächen<br />

sichtbaren Fussspuren, Wellenschläge,Austrocknungsrisse,<br />

Pseudomorphosen nach' Ste<strong>in</strong>salz u. s. w. unzweideutig das Zei­<br />

.ehen e<strong>in</strong>er KUsten- oder Flachseebildung an sich. In <strong>den</strong><br />

<strong>Alpen</strong> dagegen s<strong>in</strong>d sandige Lagen die grösste Seltenheit und<br />

das so mächtige System der Keuperformation baut sich hier<br />

fast ausschliesslich aus Kalk- und Dolomitmassen mit nur<br />

wenigen und ger<strong>in</strong>gmächtigen mergeligen Zwischenlagen 3uf.<br />

Wir haben <strong>in</strong> ihnen vorherrschend Tiefseeablagerungen<br />

vor uns, zwischen welche sich nur da und dort Sedimente des<br />

seichten Meeres und kle<strong>in</strong>er Buchten des letzteren e<strong>in</strong>schieben.<br />

A ucl! der nächstvorausgehende alp<strong>in</strong>e Mus ehe I kaI k besitzt<br />

noch e<strong>in</strong> abweichendes Gepräge, während die noch ä lt e ren<br />

Bildungen, soweit sie vertreten s<strong>in</strong>d (Buntsandste<strong>in</strong>, Rothlie-


86 Giirnbel, Geologische Beobachtungen. [64<br />

gendes, Ca rb on schichten mit <strong>den</strong> übrigen paläolithischen Schiefern<br />

uud archäolithischenGeste<strong>in</strong>en) weit weniger petrographische<br />

Eigenthümlichkeiten an sich tragen. Desto entschie<strong>den</strong>er setzt<br />

die Besonderheit der Schichtenausbildung übel' dem Keuper <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> jüngeren Formationen fort. Die Geste<strong>in</strong>e der juras sisc<br />

h e n Formationsgruppe Lias,Dogger, Jura; s<strong>in</strong>d gegen die aussel'alp<strong>in</strong>en<br />

lithologisch fast nicht wieder zu erkennen; ausserdem<br />

erweisen sich die zwei oberen dieser Formationen nach Entwicklung<br />

und Verbreitung auf e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum beschränkt. Die cre ta cisc<br />

h enGe bilde theilen noch vielfach diesen abweichen<strong>den</strong> Character;<br />

doch stellen sich schon da oder dort e<strong>in</strong>zelne Lagen (z.B. Grünsandste<strong>in</strong>)<br />

von grosser Aehnlichkeit mit dem Geste<strong>in</strong> ausseralp<strong>in</strong>er<br />

Verbreitungsgebiete e<strong>in</strong>, während dagegen statt Kreide und<br />

Quadersandste<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> dichte Marmorkalke (z. B. Hippnritenkalk<br />

vom Untersberg), graue Mergel und Trümmergeste<strong>in</strong>e<br />

Platz greifen. Indem wir zu <strong>den</strong> Tertiärablagerungen<br />

übergehen, begegnen wir entschie<strong>den</strong> zunehmen<strong>den</strong> Analogien<br />

der Schichtenausbildung. Doch bewahren die eocänen Nummulitenkalke<br />

, dann die sog. Molasse immerh<strong>in</strong> noch ihre alp<strong>in</strong>en<br />

Eigenthiimlichkeiten, die sich bis <strong>in</strong> das erratische Diluvium<br />

fortsetzen.<br />

Es kommt weiter h<strong>in</strong>zu, dass häufiger als auswärts <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Alpen</strong> auf kurze Abstände <strong>in</strong> Geste<strong>in</strong>sbeschaffenheit und Mächtigkeit<br />

oft sehr auffallend verschie<strong>den</strong>e Ausbildungsformen<br />

Faeies sich bemerkbar machen, z. B. statt des rothen Marmorkalks<br />

taucht pl1Jtzlich grauer Mergelkalk (Lias), statt dichter,<br />

weisseI' Kalke - hellgrauer Dolomit u. s. w. auf, oder es nehmen<br />

an der e<strong>in</strong>en Stelle noch kirchthurmhohe Bänke im weitern<br />

Fortstreichen rasch an Mächtigkeit ab und keilen sich ganz aus.<br />

Dies Alles weist auf sehr wechselnde Beschaffenheit des<br />

~Ieeresbo<strong>den</strong>s, vielfache Bewegungen desselben nnd auf sehr<br />

mannichfache gewaltige Katastrophen während der Bildungszeit<br />

alp<strong>in</strong>er Geste<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>, von welchen <strong>in</strong> nur gem<strong>in</strong>dertem Maasse<br />

das ausseralp<strong>in</strong>e Gebiet betroffen wurde.<br />

3) Endlich beherbergen die alp<strong>in</strong>en Schichtgeste<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>e<br />

besondere Thierwelt <strong>in</strong> der Form und Art der Verste<strong>in</strong>erungen.<br />

Zwar tauchen <strong>in</strong> gewissen Lagen dieselben Gattungen<br />

und selbst Arten auch hier wieder auf, wie answärts, z. B. die


65J IV. Besondere geolo.q~·sche Verhiiltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 87<br />

Umptolithen, Clymenien oder 2fIyophoria costata, Encr<strong>in</strong>us liliiformis,<br />

Avicula contorta neben vielen anderen und gerade diese siud<br />

es, welche für das Erkennen und die Altersbestimmung der<br />

alp<strong>in</strong>en Stufen naeh Maasstab der ausseralp<strong>in</strong>en Schichtenfolge<br />

von allergrösster Wichtigkeit sich erweisen nIlll alle<strong>in</strong> die gegenseitige<br />

Altersvergleichung ermöglichen. Abcr wohl bei weitem<br />

die Mehrzahl der Arten s<strong>in</strong>d <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> eigcnthüm!ich, oder tragen<br />

doch gegen die ausseralp<strong>in</strong>eu Formen e<strong>in</strong>en abweichen<strong>den</strong><br />

Habitus an sich.<br />

Man kann e<strong>in</strong>e gewisse Parallele zwischen der Eigenartigkeit<br />

der petrographischen Ausbildung' nnd jener der paläozoischen<br />

Entwicklung <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> nicht verkennen. Beide erreichen<br />

ihr Maximum <strong>in</strong>nerhalb der Keuperformation , von wo<br />

an die Differenzen <strong>in</strong> der Richtung nach <strong>den</strong> älteren Bildungen<br />

zu sich verschwächen , dagegen nach <strong>den</strong> jüngeren Schichtenreihen<br />

h<strong>in</strong> sich länger und bis <strong>in</strong> die Tertiärzeit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> erhalten.<br />

So f<strong>in</strong>det man, um nur e<strong>in</strong> Beispiel anzuführen, im alp<strong>in</strong>en kalkigen<br />

Keuper e<strong>in</strong>e erstaunliche Anzahl von Ammoniten-Arten,<br />

die ausserhalb ganz fehlen. Diese höchst auffallen<strong>den</strong> Verhältnisse<br />

mögen z. Th. ihren Grund <strong>in</strong> der schon erwähnten "eigenthümlichen<br />

Beschaffenheit der vormaligen alp<strong>in</strong>en Mcere haben,<br />

zum grössern Theil aber beruhen sie auf eiuer Isolirung oder<br />

Trennung beider Bildungsmeere, welche wohl durch e<strong>in</strong>en jetzt<br />

versunkenen Urgebirgsrücken geschie<strong>den</strong> waren.<br />

b) Geologische Gliederung.<br />

Diese alp<strong>in</strong>en Besonderheiten, die wir soeben ange­<br />

!leutet haben, erklären nun zur Genüge, wesshalb wir <strong>in</strong> dem<br />

Hochgebirge auch e<strong>in</strong>e ganz besondere ge 0 log i sc h eWe I t<br />

vor uns haben. Es s<strong>in</strong>d gegenüber <strong>den</strong> ausseralp<strong>in</strong>en Gebirgen<br />

hier ganz andere Geste<strong>in</strong>e, die wir f<strong>in</strong><strong>den</strong>, andere Lagerungen<br />

der oft <strong>in</strong> colossalen Dimensionen ausgebildeten Felsmassen und<br />

e<strong>in</strong> anderes Thierreich, das nns <strong>in</strong> !len Verste<strong>in</strong>erungen entgegentritt.<br />

Vom geologischen Standpunkte aus betrachtet, stellt sich<br />

uns das Alp eng e b i r g e <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Totalität als e<strong>in</strong>s der grossartigsten<br />

K e t te n g e b i r g e von ungefähr 1000 km Länge dar,


88 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [66<br />

dessen System mit se<strong>in</strong>en Anhängen von dem äussersten Westen<br />

Europa's bis zum Osten von Asien sich ausdehnt. Entstan<strong>den</strong><br />

durch jene gigantische, fast quer zur meridionalen Richtung<br />

streichende Faltung der Erdr<strong>in</strong>de, deren erste und successiv<br />

fortschreitende Bildung wohl schon bis <strong>in</strong> die früheren Entwicklungsphasen<br />

der Erde reicht, gewannen die <strong>Alpen</strong> <strong>in</strong> dem collossalen<br />

l\faass ihrer jetzigen Gestaltung doch erst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

relativ spätem Periode aus e<strong>in</strong>em bis dah<strong>in</strong> <strong>den</strong> übrigen Gebirgen<br />

ähnlichen Aufbau durch Aufbruch der :Falte und centrale<br />

Aufpressung e<strong>in</strong>es älteren Kerns von krystall<strong>in</strong>ischem<br />

Sehiefer- und Massen-Geste<strong>in</strong>, dann durch Seitenschub und<br />

randliehe Stauchung der nach oben und auswärts lagern<strong>den</strong><br />

jüngeren Schichten zu secundären , oft übergebogenen Falten<br />

und Wellen mit weiteren Aufbrüchen, Berstungen, Querbiegungen<br />

und Zerspaltungen jene ihrem jetzigen Relief zu Grunde<br />

liegende Form, welche <strong>in</strong> ihrer allere<strong>in</strong>fachsten Weise gedacht<br />

durch e<strong>in</strong>e Hauptgebirgskette mit hoher centraler Achse und<br />

beiderseits angelehnten Nebenketten repräsentirt wird, In der<br />

TIm t aber ist diese e<strong>in</strong>fache Form ausseror<strong>den</strong>tlich complicirt,<br />

Es gibt zwar e<strong>in</strong>zelne Gebirgstheile, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en die Centralmasse<br />

aus ge w ö I b a rti g gestellten ältesten krystall<strong>in</strong>ischen Schiefern<br />

aufgebaut sich erweist, vorwaltend jedoch ist die älteste<br />

Schieferachse des Centrums <strong>in</strong> Fächerform ausgebildet, so<br />

dass <strong>in</strong> der Mitte selbst die Schichten mehr oder weniger vertikal<br />

stehen und g'egen Anssen beiderseits dem Innern sich zuneigen,<br />

mith<strong>in</strong> unter das an sich ältere Geste<strong>in</strong> <strong>in</strong> überstürzter<br />

Lagerung untertauchen. Trotz dieser widers<strong>in</strong>nigen<br />

SchichtensteIlung' legen sich <strong>den</strong>noch nach Aussen immer jüngere<br />

Lagen, wie Decken l<strong>in</strong>d Hüllen an und neben die CentraIachse<br />

an. die lllan desshalb auch und weil sie vorherrschend aus<br />

Thonschiefer bestehen, im Allgeme<strong>in</strong>en die Schieferhülle zu<br />

nennen pflegt. Erst <strong>in</strong> <strong>den</strong> Nebenzonen tauchen dann die<br />

Schichtgeste<strong>in</strong>e jüngeren Alters auf und ersche<strong>in</strong>en meist ziemlich<br />

scharf durch Längse<strong>in</strong>schnitte von der schieferigen MitteIzone<br />

getrennt.<br />

Die erwähnten Fächer oder aufgebrochenen Gewölbe der<br />

Centralachse bil<strong>den</strong> ke<strong>in</strong>e fortlaufende ununterbrochene MitteIkette<br />

des Gebirg'es, sondern schliessen sich zu e<strong>in</strong>zelnen mehr


67] IV. Besondere geologische Verhältni~se <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 89<br />

oder weniger selbständigen Gruppen von elliptischen Umrissen<br />

ab ....... Massive, Stöcke, streichende Centralzonen, Ellipsoide -<br />

welche . sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Hauptrichtung bald enger,bald lockerer<br />

an e<strong>in</strong>ander anreihen und dadurch die Kette der Centralalpen<br />

ausmachen. In diesen Centralstöcken f<strong>in</strong><strong>den</strong> wir durchweg<br />

im <strong>in</strong>nersten Kern die ältesten Geste<strong>in</strong>e, <strong>den</strong> Gn eis sund<br />

Grani t entwickelt, nach aussen umgeben, oft gradezu ummantelt<br />

von jüngeren krystall<strong>in</strong>ischen Schieferarten - Glimmerschliefer,Chloritschieferund<br />

Phyllit-oder <strong>den</strong> diese vertreten<strong>den</strong><br />

Gebil<strong>den</strong>. Der äusserste Saum dieser Hülle schliesst mit e<strong>in</strong>er<br />

oft ungeme<strong>in</strong> mächtigen Decke von Thonschiefer und Geste<strong>in</strong>en<br />

der paläolithischen Reihe ab. In <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> Nebenzonen ,<br />

die nicht längs des ganzen Randes der Centralachse entwickelt<br />

s<strong>in</strong>d, betheiligen sich am Aufbau aller Berge fast ausschliesslich<br />

nnr mesoli thische kalkige Schichtgeste<strong>in</strong>e ; sie s<strong>in</strong>d hier<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> nördlichen sog. Kalkalpen mit Vorliebe <strong>in</strong> liegen<strong>den</strong><br />

B .A c<br />

Süd<br />

Fig. 15.<br />

A Centralkette. B nördliche Nebenkette.<br />

C südliche .Nebenkette.<br />

gegen das Centrum geneigten und zurückgebogenen Falten zusammengestaucht,<br />

während sie <strong>in</strong> <strong>den</strong> Südalpen mehr <strong>in</strong> grossen welligen<br />

Biegungen sich gegen <strong>den</strong> Rand verflachen. ,Nur selteu<br />

verschl<strong>in</strong>gen sich jene älteren und die jüngeren Geste<strong>in</strong>szonen<br />

am Rande der Centralkette, um selbst stellenweis über die<br />

Achse vorzudr<strong>in</strong>gen, und so gleichsam die jüngeren Reihen der<br />

NeJ.jenzonen quer über die Mittelzone mit e<strong>in</strong>ander zu verb<strong>in</strong><strong>den</strong>.<br />

Noch seltener kommt es vor, dass tertiäre 1\.blagerungen<br />

bis. <strong>in</strong>s Innere des Hochgebirges vordr<strong>in</strong>gen, um e<strong>in</strong>zelne kle<strong>in</strong>e<br />

Mul<strong>den</strong> auszufüllen , oder, .wie im NW. , <strong>in</strong> hohen Vorgebirgen<br />

mit ·zu!: Nebenzone :aufzusteigen ·.,- Mol:asseberge der Schweiz<br />

und im Algäu - oder aber auch, wie im 0., aus der hier an-


BO GÜll/bel, Geologische Beobachtungen. [68<br />

geschlossenen Ebene <strong>in</strong> schmalen Streifchen zwischen die sich<br />

ausbreiten<strong>den</strong> Bergrippen e<strong>in</strong>zugreifen. Das vorstehende Bild<br />

(Fig.15) mag ungefähr andeuten, wie man sich <strong>den</strong> Gebirgsbau<br />

der <strong>Alpen</strong> im Allgeme<strong>in</strong>en uud Grossen bei e<strong>in</strong>ern von N. nach S.<br />

geführten Querschnitte vorstellen kann.<br />

Im Vergleiche zu anderen grossen Gebirgszügen der Erde<br />

tritt <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> als ganz besonders auffallender geologischer<br />

Clmracter die verhältnissmässig ger<strong>in</strong>ge Betheiligung<br />

der ältesten krystall<strong>in</strong>ischen Geste<strong>in</strong>e - Gneiss und<br />

Grani t - am Aufbau <strong>in</strong> <strong>den</strong> Vordergrund. Es s<strong>in</strong>d g'leichsam<br />

nur vere<strong>in</strong>zelte En<strong>den</strong> oder Spitzen, welche <strong>in</strong> der Mitte der<br />

Kette durch Aufbruch zum Vorsche<strong>in</strong> kommen, während <strong>den</strong> weitaus<br />

vorwiegen<strong>den</strong> Theil derllIittelzone Th onschiefer-ähnlich e<br />

Geste<strong>in</strong>e für sich <strong>in</strong> Anspruch nehmen. Eben so auffallend ist<br />

die relative Armuth der <strong>Alpen</strong> an Eruptivgebil<strong>den</strong>, sowohl<br />

im Centrum als <strong>in</strong> <strong>den</strong> Flanken. Selbst eruptiver Granit<br />

hält sich im grossen Ganzen nur <strong>in</strong> der Unterordnung, und jüngere<br />

Massengeste<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d, wenn wir von Porphyr absehen, nur<br />

spärlich vertreten, wenigstens steht ihr seltenes Ersche<strong>in</strong>en <strong>in</strong><br />

ke<strong>in</strong>em Verhältniss zu der Grossartigkeit der Aufbrüche und<br />

Zerspaltnngen, <strong>den</strong>en wir <strong>in</strong> und am Rande der <strong>Alpen</strong> begegnen.<br />

Wir können h<strong>in</strong>zusetzen, dass selbst Verschiebungen im horizontalen<br />

S<strong>in</strong>ne nicht gleichen Schritt zu halten sche<strong>in</strong>en mit der enormen<br />

Eutwicklung der seitlichen Zusammenpressungen und Stauchungen.<br />

Auf der anderen Seite bemerken wir, dass fast alle<br />

bekannten Formationen der Erde von <strong>den</strong> ältesten Geste<strong>in</strong>sbildungen<br />

an bis herab zu <strong>den</strong> allerjüngsten , die noch unter<br />

unseren Augen fortwährend entstehen, sich wenn auch oft <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er im Vergleiche zu <strong>den</strong> ausseralp<strong>in</strong>en Geste<strong>in</strong>en sehr abweichen<strong>den</strong><br />

Art der Entwicklung, der J\1ächtigkeit und des paläontologischen<br />

Characters <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> zusammenf<strong>in</strong><strong>den</strong>, so dass wir<br />

hier das Beispiel e<strong>in</strong>er fast ununterbrochenen Fort- und Ausbildung<br />

e<strong>in</strong>es beträchtlichen Stücks der Erdr<strong>in</strong>de vor uns haben;<br />

Nach diesen wenigen e<strong>in</strong>leiten<strong>den</strong> Betrachtungen wollen<br />

wir nun der Reihe nach die verschie<strong>den</strong>en Geste<strong>in</strong>sbildungen<br />

der <strong>Alpen</strong> von <strong>den</strong> ältesten uns bekannten der Mittelzone an<br />

bis herab zu <strong>den</strong> ji<strong>in</strong>gsten an <strong>den</strong> äussersten Ränderu etwas<br />

näher betrachten.


69] IV. Besondere geologische Verhältnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 91<br />

I. Primitive oder archäolithische Periode.<br />

Indem wir daran zurücker<strong>in</strong>nern, dass die im Innersten<br />

der centralen <strong>Alpen</strong>kette anftauchen<strong>den</strong> Geste<strong>in</strong>e der, soweit wir<br />

überhauptFelsmasse auf Er<strong>den</strong>! ihrem Alter nach kennen, ältesten<br />

krystall<strong>in</strong>ischen Reihe aus der Gruppe des G ne iss e sund<br />

GI' a n i t e s angehören, können wir uns bezüglich dieser Bildung'en<br />

kurz fassen, weil sehr wesentliche Differenzen gegen die<br />

entsprechen<strong>den</strong> Geste<strong>in</strong>e der ausseralp<strong>in</strong>en Urgebirgsdistricte<br />

sich nicht bemerkbar machen. Es s<strong>in</strong>d hier petrographisch<br />

ganz dieselben Gebilde der krystall<strong>in</strong>ischen Schiefer:<br />

der Gneiss, der Glimmerschiefer, der Phyllit, mit <strong>den</strong> mannichfachen<br />

<strong>den</strong>selben beigeordneten, theils schiefrigen, theils massigen<br />

krystall<strong>in</strong>ischen Felsarten : Hornblende-, Diorit-,<br />

Talk-, Chloritschiefer, Granulit, Eklogit, dann Granit, Syenit,<br />

Diorit, Serpent<strong>in</strong>, Gabbro u. s. w., wie wir sie ausserhalb der<br />

.<strong>Alpen</strong> beobachten. Eigenthümlich nur ist die Art, wie solche<br />

Schiefer <strong>in</strong> wunderbar verschlungenen Falten, fächerförmig oder<br />

<strong>in</strong> liegen<strong>den</strong>, aufgebrochenen oder grossentheils zerstörten Gewölben<br />

ane<strong>in</strong>andergepresst , bis zu <strong>den</strong> wildzackigen Spitzen,<br />

Hörnern und Schnei<strong>den</strong> des ewigen Schnees emporragen, während<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> ausseralp<strong>in</strong>en Gebieten gerade die Urgebirge durch<br />

ihre abgerundeten mil<strong>den</strong> Formen auffallen. Gruppenweise auf<br />

kle<strong>in</strong>e Stöcke concentrirt, schliessen sich diese Geste<strong>in</strong>e zu<br />

dem langgezogenen Kettengebirge der Centralachse oder Mittelzone<br />

zusammen, das von dem Meer bei Nizza (Seealpen) bis<br />

zu dem Abbruche an der ungarischen Ebene bei Graz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Länge von ungefähr 1000 km nnr selten die Breite von<br />

1110 km erreicht. Nur e<strong>in</strong>zelne kle<strong>in</strong>e Urgebirgs<strong>in</strong>seln oder<br />

Schollen tauchen losgelöst von der Hauptkette da oder dort<br />

an tiefen Aufrissen und Zerspaltungen zwischen jüngerem<br />

Kchichtgeste<strong>in</strong> auf, wie z. B. jene des }Ite Mofetto <strong>in</strong> <strong>den</strong> lombardischen<br />

<strong>Alpen</strong> am grossen Iserebogen, die Montblanc- und<br />

Aiguillesrouges-Gruppe, Mte Dasdano, Cima d'Asta <strong>in</strong> Südtirol,<br />

schmale Schieferstreifchen im Retterschwanger ThaI bei Sontho_<br />

fen, ferner <strong>in</strong> der Nähe von Trient, bei Recoaro, längs des Gailthals<br />

<strong>in</strong> Kärnten, <strong>in</strong> <strong>den</strong> Karawanken, bis sich hier gegen Osten<br />

zu nach der Gabelung bei Graz die Mittelachse nach und nach


92 Giimbel. Geologische Beobachtungen. [70<br />

gleichsam <strong>in</strong> Inseln auflöst, die e<strong>in</strong>erseits <strong>in</strong> <strong>den</strong> Ruster Bergen<br />

und dem Leithagebirge auf die entfernte Fortsetzung <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Karpathen, andrerseits 'Agramer, Moslav<strong>in</strong>er, slavonische Berge)<br />

anf <strong>den</strong> Zusammenhang mit <strong>den</strong> d<strong>in</strong>arischen <strong>Alpen</strong> und dem<br />

Balkan h<strong>in</strong>weisen.<br />

Als Regel können wir aufstellen, dass die typischen<br />

Gn eissgeste<strong>in</strong>e , der Achse am nächsten gelagert (sog. Centralgneiss)<br />

als die ältesten Bildungen anzusehen s<strong>in</strong>d, und dass<br />

sich daran dann nach aussen als zunächst jüngere Zone der<br />

G li m me r s chi e fe r mit <strong>den</strong> stellvertreten<strong>den</strong> Chlorit-, Hornblende-<br />

oder Talkschiefern anlegt und die P h Y II i t e die äussere<br />

Hülle ausmachen. Doch stossen wir <strong>in</strong> Folge der vielen<br />

Falten und Verschl<strong>in</strong>gungen auf vielfache Abweichungen von<br />

dieser Anorduung.<br />

Als für die <strong>Alpen</strong> besonders eigenartig können jene Geste<strong>in</strong>e<br />

namhaft gemacht wer<strong>den</strong>, die man als Pro t 0 g<strong>in</strong>­<br />

G u eis sund - G I' an i t bezeichnet. Es s<strong>in</strong>d gneiss - und granitartigeGeste<strong>in</strong>e,<br />

welche durch e<strong>in</strong>e Beimengung von hellgrünem<br />

Ste<strong>in</strong>mark (nicht. Talk) ausg'ezeichnet s<strong>in</strong>d (Mt. Blanc). Wir heben<br />

unter <strong>den</strong> vielen Abänderungen des Granits <strong>den</strong> sog. Juli e r­<br />

gr a ni t, meist durch Hornblende und deren Zersetzungsproduc<br />

te grünlich gefärbt, und <strong>den</strong> Tona li t - e<strong>in</strong> Horublende­<br />

Plagioklasgranit - hervor. Weiter kommen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong><br />

gewisse kalkhaltige Glimmerschiefer - sog. Kalkglimmersc<br />

h i e f er - und e<strong>in</strong>e Zwischenform zwischen Glimmerschiefer<br />

und Phyllit -der Thonglimmerschiefer, häufig auch kalkhaltig<br />

- sehr verbreitet vor, die <strong>in</strong> anderen Gegen<strong>den</strong> fehlen.<br />

Mit dem ungeme<strong>in</strong> häufigen P h Y lli t verb<strong>in</strong><strong>den</strong> sich e<strong>in</strong>estheils<br />

kalkhaltig'e Abänderungen, die zu E<strong>in</strong>lagerungen YOU k ö rn i­<br />

ge m Kalk h<strong>in</strong>führen (z. B. Marmor von Schlanders , anderntheils<br />

gneissartige Formen, die als sog. P h Y Il i t - oder Se r i­<br />

citgneiss, z. Th. "auch als Casannaschiefer stellenweis lebhaft<br />

sich an der Zusammensetzung der Schieferzonen betheiligen.<br />

Manche der <strong>in</strong> der" Schweiz unter der Bezeichnung "graue uud<br />

grüne Schiefer" (z. Th. sogen. Bündner Schiefer bekannten Geste<strong>in</strong>e<br />

besitzen ganz <strong>den</strong> Habitus der Phyllite und gehören<br />

gewiss grossentheils <strong>in</strong> diese geologische Geste<strong>in</strong>sreihe. Besonders<br />

reichlich zeigen sich <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> Chlorit- und Talk-


71] IV. Besondere geologische Verhältnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 93<br />

schiefer mit E<strong>in</strong>lagerungen von Serpent<strong>in</strong>, Topfste<strong>in</strong> und Gabbro<br />

verbreitet. Der überhaupt seltene Eklogit tritt besonders im Kärntner<br />

Gebirge (Saualpe; zu Tag. Nicht unerwähnt kann' bier die<br />

eigenthümliche Gesteiusbildung bleiben, <strong>in</strong> welcher. wir~ Serpent<strong>in</strong><br />

mit körnigem Kalk vermengt sehen - Ophicalcit -.<br />

Denn gerade diese Geste<strong>in</strong>e enthalten häufig ziemlich regelmässige<br />

Ausscheidungen von Serpent<strong>in</strong> und im Kalk mikroskopisch<br />

kle<strong>in</strong>e Röhrchen und Kanälchen, die man fiir Abformungen<br />

früherer organischer Theilchen hält. Es ist dies das <strong>in</strong> neuester<br />

Zeit so oft genannte Eozoon, über dessen organische ·oder nicht<br />

organische Natur die Ansichten noch getheilt s<strong>in</strong>d. Wir geben<br />

hier das Bild e<strong>in</strong>es solchen Eozoon-Ophicalcits mit dem vergrösserten<br />

Durchschnitt, wie er sich mikroskopisch darstellt.<br />

F;g. 16. E0600n cana<strong>den</strong>se Da"'s.<br />

In dem vergrössert.n Bilde bedeuten die Buchstaben: S das feste Kalkskelet<br />

k die e<strong>in</strong>st von Sarcodo e<strong>in</strong>genommenen I jeht durch Serpent<strong>in</strong> ersetzten Ka",~<br />

mern, welche durch Verb<strong>in</strong>dungs röhrchen (cl durch das Kalkskelet h<strong>in</strong>durch mit<br />

e<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung stan<strong>den</strong>. R zeigt verästelte Kanä.lchen und tu s<strong>in</strong>d die<br />

von fe<strong>in</strong>en Poren durchzogenen Wandungen der Kammern.<br />

Was die g r a ni t artigen Geste<strong>in</strong>e anbelangt, so gibt es<br />

ausser <strong>den</strong> schon oben erwähnten Varietäten wohl noch zahlreiche<br />

andere von untergeordneter Verbreitung. Meist s<strong>in</strong>d<br />

diese Geste<strong>in</strong>e unregelmässig stockf6rmig zwischen die Gneisszonen<br />

e<strong>in</strong>geschoben oder bil<strong>den</strong> Zwischenlagen <strong>in</strong> letzteren;<br />

<strong>in</strong> nur wenigen Fällen hiiufen sie sich zu grösseren selbständigen<br />

Centrnlmassen an.


94 GÜll/bel, Geologische Beobachtungen. [72<br />

11. Primäre oder paläolithische Periode.<br />

Mit <strong>den</strong> äusseren Thonschieferhüllen des Centralstocks untrennbar<br />

verknüpft und selten scharf vom Phyllit verschie<strong>den</strong><br />

unu unterscheidbar nehmen T h 0 n s chi e f er, seltener echte<br />

G rau w a c k e und Kalkste<strong>in</strong>e am weiteren Aufbau des Hochgebirgs<br />

lellhaften Antheil. Es ist jedoch äusserst schwierig, <strong>in</strong> diese Verhältnisse<br />

klare E<strong>in</strong>sicht zu gew<strong>in</strong>nen, weil, petrographisch betrachtet.<br />

diese Schiefer dem Phyllit sehr ähnlich wer<strong>den</strong> und zugleich<br />

auch unzweifelhaft jüngere Geste<strong>in</strong>e ganz die g'leiche Beschaffenheit<br />

annehmeu. Da ausserdem Verste<strong>in</strong>erungen fehlen oder höchst<br />

selten s<strong>in</strong>d, so können diese llei <strong>den</strong> verwickelten Lagerungsverhältnissen<br />

zwar zur Abscheidung von dem älter eu Schiefergellirg'e<br />

genügen, aber fUr die Unterscheidung der e<strong>in</strong>zelnen Formationen<br />

bieten sie selten ausreichend sichere Anhaltspunkte.<br />

Es s<strong>in</strong>d fUr die ältere wie jüngere Abtheilung derselben, die sog.<br />

Uebergangs- oder Transitionsbildungen (Thonschiefer- und Grauwaekeschichten<br />

und die carbonischen Formationen) im Ganzen<br />

nur sehr wenige Punkte, die uns vollständige Orientirung gewähren.<br />

Es gliedern sich, wie bekaunt, die pa I ä 0 li t his eh e n<br />

Ablagerungen, wenn wir von der ca m b r i s c h e Jil Formation<br />

absehen, deren Schiefer die Mitte halten zwischen krystall<strong>in</strong>ischem<br />

Phyllit und jüngerem Tho~schiefer, und die bis jetzt mit<br />

Sicherheit nirgendwo noch <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> ermittelt s<strong>in</strong>d - gewisse,<br />

Algen e<strong>in</strong>schliessende , glimmerglänzende Schichten der<br />

sog. Bündner Schiefer mögen hierher gehören - von unten<br />

nach oben betrachtet <strong>in</strong>:<br />

1) die Silurformation,<br />

2) die D e von f 0 r m a t ion, beide zusammengenommen die<br />

nntere Abtheilung , die sog. Uebergangs- oder Transitionsgruppe<br />

bil<strong>den</strong>d, dann<br />

3) die Präcarbon- oder Culm-Formation mit dem Bergkalk,<br />

4) die carbonische oder Ste<strong>in</strong> kohlen-Formation, und<br />

endlich<br />

5) die postearbonisehe Formation oder Dyas mit<br />

dem Rothliegendell und Zechste<strong>in</strong>.


73J IV. Besondere geologische Verhiiltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> A.lpen. 95<br />

Die drei letzten Formationen bezeichnet man als die ca r­<br />

b on ia c h e oder 0 bere pal äo li th i s c h e Formationagruppe.<br />

In dem <strong>Alpen</strong>gebiete haben wir nun über die besondere<br />

Ausbildungsweise dieser verschie<strong>den</strong>en, hier überall nur undeutlich<br />

und spärlich auftreten<strong>den</strong> Ablagerungen Weniges zu bemerken:<br />

1) Silurfol'mation.<br />

Es treten namentlich <strong>in</strong> <strong>den</strong> östlichen <strong>Alpen</strong> mit <strong>den</strong> Thonschieferschichten<br />

häufig, oder meist <strong>in</strong> sehr , untergeordneten<br />

1) Ca,'diola <strong>in</strong>te"""pta So.<br />

3 ) Bronteus flalöfer Beyr.<br />

5) O.·thoceras gregari"m So.<br />

Fig. 17.<br />

2) Spirif.,· h.t,,·oclitus Defr.<br />

41 Ot'lhoceras st.V1oid."m Barr.<br />

6) Cr<strong>in</strong>oideen-Stiele.<br />

Zwischenlagen Kalkgeste<strong>in</strong>e auf, die vielfach <strong>in</strong> Eisenste<strong>in</strong>bildungen<br />

(Spatheisenste<strong>in</strong>, Ankerit, durch Zenetzung als Eisenhuth<br />

: Brauneisenste<strong>in</strong>) verlaufen und <strong>in</strong> dieser Form grosse<br />

technische Wichtigkeit erlangen, weil durch sie die berühmte<br />

Eisen<strong>in</strong>dus,trie <strong>in</strong> Steiermark und Kärnten bed<strong>in</strong>gt ist (z. B. am<br />

Euberg bei Eisenerz, bei Vordernberg und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zuge bis<br />

Dienten unfern Salz burg) . Solche kalkig-eisenhaltige Lagen be-


96 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [74<br />

herbergen z. B. bei Dienten Verste<strong>in</strong>erungen mit unzweifelhaft<br />

si 1 u r i s c h e m Gepräge , von welchen <strong>in</strong> Fig. 17 e<strong>in</strong>ige der<br />

charakteristischsten dargestellt s<strong>in</strong>d.<br />

Kalkige Lagen am Semmer<strong>in</strong>g, bei Leoben u. s. w. enthal~<br />

ten gleichfalls Spuren von Verste<strong>in</strong>erungen, die es wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

machen, dass e<strong>in</strong> grosser Theil der früher für ältere Phyllitschichten<br />

angesehenen Schieferstreifen, 'namentlich viele Spatheisenste<strong>in</strong>lagen<br />

, die sich durch die ganze Schieferhülle h<strong>in</strong>durchschlängeln<br />

(Hüttenberg, Hohe Salve, Thierberg bei Schwaz,<br />

Lagen S. und W. von Iunsbruck) der Silurformation zufallen.<br />

1<br />

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·t'l<br />

Fig. 18.<br />

l~-lb) Diplo,qmpsus pristis His, 2) ,Diplog"upsus folium His.<br />

<strong>in</strong> na.türl. Grössf, <strong>in</strong> le vergrössert. . '<br />

::a) Graptolithus "Vilsoni Barr. <strong>in</strong> n, G. 4aj GraptoU/hus millipeda M'poy. <strong>in</strong>,n. G.<br />

:11)) derselbe vergrössert, 4b) derselbe vergrössert. '<br />

;,a, 5e) Graptolithus piregr<strong>in</strong>us Barr. 60, 6b) G,'aptolithus trjangulattls Harkn.<br />

~~G, ' ~~~<br />

5b) dieselbe Art vergrössert.<br />

7.) Graptolithus Prot .... s Ban. <strong>in</strong> n, G. 80) Re/iolitus Ge<strong>in</strong>it.ianus Barr. <strong>in</strong> n. G.<br />

7n) dieselbe Art vergrössel't. 8b) dieselbe Art vergrösser!.<br />

Anch <strong>in</strong> <strong>den</strong> Südalpen ist durch die E<strong>in</strong>schlüsse von aus~<br />

schliesslich silurischen Verste<strong>in</strong>erungen, <strong>den</strong> sog. G~aptolithen,<br />

von <strong>den</strong>en e<strong>in</strong>ige Arten oben <strong>in</strong> Fig. 18 abgebildet s<strong>in</strong>d, das<br />

Alter e<strong>in</strong>er mächtigen Schieferreihe, z. B. im Gebirgsstocke des<br />

0sternigg S. vom Gailthale als silurisch festgestellt wor<strong>den</strong>.<br />

In welcher Verbreitung diese zweifelsohne weiter <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Alpen</strong> verzweigten älteren Silurgeste<strong>in</strong>e vorkommen, dies


75J IV. Besondere geologische VerhliltnissB <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 97<br />

nachzuweisen ist e<strong>in</strong>e Hauptaufgabe <strong>in</strong> der geologischen Durchforschung<br />

der Schieferhülle.<br />

2) Devonformation.<br />

Die <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> sicher als D e von b i I dun g nachgewiesenen<br />

Geste<strong>in</strong>e, welche aus Phyllit-ähnlichen Thonschiefern und<br />

<strong>den</strong>selben e<strong>in</strong>gebetteten· kalkigen oder dolomitischen Zwischenlagen<br />

bestehen, beschränken sich nach unserer derzeitigen<br />

Fig. 19.<br />

I) Clymenia lae.igata v. M. 2) Ortlioceras sIIbregulare v. M .<br />

3) Posidonomya venusta v. 111. 4) Spi"ijtr spulosus Schloth.<br />

5) Cyathophyllum caespitol/um Goldf. 6) Cf//umopora polymorpha Goldf.<br />

7) Endornis (CYP"idiliaJ se .. rutostt·iata Sandb.<br />

Kenntniss auf e<strong>in</strong>e buchtenartige Ausbreitung bei Graz, <strong>in</strong><br />

jenen Gebirgstheilen, <strong>in</strong> welchen die Hauptkette sich zu gabeln<br />

beg<strong>in</strong>nt. Es s<strong>in</strong>d hier charakteristische Verste<strong>in</strong>erungen, von<br />

<strong>den</strong>en e<strong>in</strong>ige <strong>in</strong> <strong>den</strong> vorstehen<strong>den</strong> Abbildungen dargestellt s<strong>in</strong>d,<br />

7


98 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [76<br />

hauptsächlich <strong>in</strong> <strong>den</strong> kalkigen Schichten des Hochlantsch, Plawutsch,<br />

der Teichalpe u. s. w. gefun<strong>den</strong> wor<strong>den</strong>.<br />

Sehr bemerkenswerth ist , dass hier , wie <strong>in</strong> ausseralp<strong>in</strong>en<br />

Devongebieten, auch Eruptivgeste<strong>in</strong>e nach Art der Diabase<br />

mit ihren Tuffen (Schalste<strong>in</strong>en) sich e<strong>in</strong>stellen. Auch die Karawanken<br />

sche<strong>in</strong>en zwischen ihrem silurischen Graptolithenschiefer<br />

und <strong>den</strong> carbonischen Schichten devonische Bildungen<br />

zu beherbergen. Ihr Vorkommen <strong>in</strong> <strong>den</strong> lombardischen <strong>Alpen</strong><br />

ist mehr als problematisch.<br />

3) Präcarbon- oder Culm-Formation.<br />

Fig.20.<br />

1) Calami/es ,·emotus Schloth. 2) Sagena,·ia Velthei",iana Presl.<br />

Schon seit H<strong>in</strong>gerer Zeit kennt man <strong>in</strong> <strong>den</strong> Ostalpeti, namentlich<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> Karawanken , e<strong>in</strong>e dritte Reihe petrographisch <strong>den</strong><br />

vorigen ähnlicher Thonschiefer- und Kalkbänke , welche man


77] IV Besondere geologische Vel'hiiltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 99<br />

als Gailthaler Schichten zu bezeichnen pflegte. Der<br />

Hauptsache nach gehören sie , wie durch Petrefactenfunde<br />

Fig. 21.<br />

\) Productus gi[Jatlteu., Ma.rt. 2)~Prod"ct"s Cora d·Or!>.<br />

3) Productus scabriculus Ma.rt. 4) Spirit· glabtr ~[art .<br />

SI R"!ltlc/lOnella pleu"odon Phill.<br />

6) Terebrat'jla sacculus Mart.<br />

7~, 7b) Belleropllon Urii Flem. 8) Aviculopecten <strong>in</strong>tort"s d. KOD.<br />

~t!', 9b) AviculopeetenHoernesianus d. KOD. 10) NaUeopsis Sturi d. Ron.<br />

lla, l1b) l'usul<strong>in</strong>a eyl<strong>in</strong>drica Fiell.<br />

a <strong>in</strong> n. Gr.; b vergrässert.<br />

7*


100 Gii'l1lbel, Geologische BeobacJ,tulIgell. [78<br />

sichergestellt ist, der Culmformation an. In <strong>den</strong> sandigen, <strong>den</strong><br />

sog. Grauwacke-ähnlichen Lagen fan<strong>den</strong> sich die Leitpflanzen<br />

dieser Formation z. B. bei Bleiberg , von welchen <strong>in</strong> Figur 20<br />

e<strong>in</strong>ige Arten dargestellt s<strong>in</strong>d:<br />

Noch zahlreicher s<strong>in</strong>d die Thierüberreste <strong>in</strong> <strong>den</strong> schwarzen<br />

Kalken, <strong>in</strong> welchen die Fauna des Bergkalks <strong>in</strong> der deutlichsten<br />

Weise ausgeprägt ist. Namentlich merkwürdig s<strong>in</strong>d die zahlreichen<br />

Foram<strong>in</strong>iferen der Gattung PU8ul<strong>in</strong>a, (11 <strong>in</strong> Fig. 21.)<br />

welche im mitteleuropäischen Culm fehlt, <strong>in</strong> Russland beg<strong>in</strong>nt<br />

und mit dem <strong>Alpen</strong>systeme ostwärts bis ~ach Japan diese<br />

Schichten begleitet. 1-10 <strong>in</strong> Fig. 21 stellen andere characteristische<br />

Verste<strong>in</strong>erungen des <strong>Alpen</strong>bergkalks dar.<br />

Obwohl solche alp<strong>in</strong>e Bergkalklagen hauptsächlich im Osten<br />

bekannt und zu f<strong>in</strong><strong>den</strong> s<strong>in</strong>d - bei Pontafel, Bleiberg , EisenkappeI,<br />

im Vellachthale, bei Ass<strong>in</strong>g, Idda und am !Ite Canale<br />

<strong>in</strong> der Carnia, - im mittleren <strong>Alpen</strong>gebiete dagegen zu fehlen<br />

sche<strong>in</strong>en ,bis jetzt, tauchen doch auch im 'Vesten <strong>in</strong> <strong>den</strong> lombardischen<br />

<strong>Alpen</strong> schwarze Kalke auf, welche wenigstens z. Th.<br />

für präcarbonisch gehalteu wer<strong>den</strong>.<br />

4) Carbon- oder Ste<strong>in</strong>kohlen-Formation.<br />

Von allen paläolithischen Schichtencomplexen s<strong>in</strong>d jene der<br />

ächten Ste<strong>in</strong>kohlenbildung wohl schon am längsten,<br />

wenn auch nur an zerstreut gelegenen Stellen nachgewiesen;<br />

<strong>in</strong> der Tarentaise von Unterwallis am Fusse des Dent de Morcles,<br />

über Tarentaise, Petit coeur und Maurienne bis <strong>in</strong> die<br />

Dauph<strong>in</strong>e , an der Stang·alpe <strong>in</strong> Steiermark, neuerd<strong>in</strong>gs auch<br />

im Ste<strong>in</strong>achthaI am Brenner, bei Laibach und Jauerburg, bei<br />

Tergano und Novi <strong>in</strong> Croatien und <strong>in</strong> dem die quecksilberführen<strong>den</strong><br />

Scldefer unterteufen


-t<br />

~<br />

. Fig. 22.<br />

1) Calamitcs Suckoloi Brgn. 2) Lepjdo<strong>den</strong>dron rimosum Sterllb. 3) Stigmarja ficojdes Brgn. 4) Sigillaria <strong>in</strong>lermedia Brgn.<br />

5) Annularia longi/olia Brgn. 6) CI/alheitts dmtatus Brgn. 7) Nouroplet·is ft ex"osa Sternb. 8) CI/alheiles arborescens Scbloth.<br />

~<br />

~<br />

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102 Giimbel, Geologisrlw Beobachtungen. [SO<br />

auf kle<strong>in</strong>e Flecke bescltl'l<strong>in</strong>kte. Von <strong>den</strong> zahlreichen Kohlenpflanzen<br />

repdsentiren die Zcielllnmgen Fig. 22 S. 101 e<strong>in</strong>ige ·der<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> ycrbrcitetsten Arten.<br />

Noch bleiht zu enY~ihncn, dnss auch Eruptivgeste<strong>in</strong>e, :l1elaphyr<br />

und e<strong>in</strong>zelne Porphyre \Ylihrend dieses Zeitabschnitte;;;<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> zum Ausbruch gelnngten.<br />

;) Postcarbon- oder Dyas-Formation.<br />

Die Gestc<strong>in</strong>reihe, welche man ansserltalb der <strong>Alpen</strong> ge­<br />

\yülm!ich Rothliegendes und Zechste<strong>in</strong> nennt, hat <strong>in</strong><br />

dell Hochgebirgen nur e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Vertretung und z,,'ar meist<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen, \'on dem Vorkommen der Carhonablagerungen<br />

getrennten ZUgen an <strong>den</strong> ~iusscrn R~<strong>in</strong>dcrn der BchieferhUllen<br />

oder z\"ischen Porphyr e<strong>in</strong>g·eklemmt. Dah<strong>in</strong> gehört wohl zumeist<br />

der ~og. VCl'l'neano, grobe, röthliche Conglomerate<br />

unLl Breccien, rothe Banclste<strong>in</strong>e unü kohlige Schiefer, wie z. B_<br />

<strong>in</strong> dem Porphyrdi~trict yon Bozen, im Val Tl'ompia hei Collio,<br />

<strong>in</strong> (1en BÜll<strong>den</strong>er <strong>Alpen</strong>, am Tödi u. s. w.<br />

Im Gailthaler Gebirge fan<strong>den</strong> sich nUll weiter <strong>in</strong> neuerer<br />

Zeit unfem KappeI, <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit ähnlichen mergeligen, sandigell<br />

um1 cong'lomeratal'tigen Sehichten, auch Kalklagen<br />

mit )Ieeres-Thierrcsten, die <strong>den</strong>en der Dyas analog zu se<strong>in</strong><br />

scheillen, wenigstens <strong>den</strong>ell der für Dyas gehaltenen Nebraskaschichten<br />

<strong>in</strong> AUH'rikn g·leichcn. Diese Geste<strong>in</strong>e lassen sich aber<br />

der Lagerung nach nicht Rcharf von <strong>den</strong> C~rbonschichten trennen.<br />

In <strong>den</strong> A bbil(1LJngcn Fig. 23.) auf Seite 103 s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ig'e auch <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> ilufg'efun<strong>den</strong>e Arten nll1 Pflanzcll- nnd ThieriilJerresten<br />

zusilmlllellg'estellt, von ,,'elchen 4, 5, i, 'l, 9 für <strong>den</strong><br />

dellt~chell Zechste<strong>in</strong> und 1, 2, ;) für das Rothliegende charakteristisch<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

~euerd<strong>in</strong>gs stellt man auch <strong>den</strong> unteren Theil der sog.<br />

'Verfener Schiefer der nördlichen <strong>Alpen</strong> und <strong>den</strong> sog. Grö<strong>den</strong>e<br />

r San cl s t e<strong>in</strong> im Sii<strong>den</strong>, sO\Yie <strong>den</strong> durch sc<strong>in</strong>en enormen<br />

FOl'alllilliferen-Reichthlllll ausgezeichneten schwarzen Bell e r o­<br />

II h 0 n kaI k des Pllsterthals, sowie die kupfererzfUhren<strong>den</strong> Bröckeldolomite<br />

hei Trient und die dichten weissen Schwazer<br />

Kalke <strong>in</strong> Nonltirol <strong>in</strong> das ohere ~iveau der Dyasfonriathn.


81] IV. Besondere geologische Verhältn'isse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 103<br />

Indess ist diese Zurechnung noch nicht sicher gestellt und erfordert<br />

noch weitere Studien, <strong>in</strong>dem die <strong>in</strong> dem Grödner Sand-<br />

I.<br />

Fig. 23.<br />

I) Walchl'a p ... ijo,.mjs Schloth, 2) C" lanuüs gigas Brgll.<br />

3) Neuropteris obt ... iloba Naum. 4) Schizodus obscu .... s Vern.<br />

5) Ger.illia &tratophoga Goldf.<br />

6) Pect ... HalOn; G.<br />

7) (Jomorophor'a Schlo/heimj v. ß . 81 Productus Canc,-<strong>in</strong>i Vern ~<br />

9) Spiriler .... d.dat,.s Sow. . 10, Fusul<strong>in</strong>a Hocltri Stacb.


104 Giimbel, Geologische Beobachtungen. [82<br />

ste<strong>in</strong> bei Neumarkt unfern Bozen entdeckten Pflanzenreste,<br />

von <strong>den</strong>en e<strong>in</strong>ige der häufigsten (Fig. 24.) abgebildet s<strong>in</strong>d, nicht<br />

.1.<br />

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7 .<br />

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Fig.24.<br />

Pfianzenreste aus dem alp<strong>in</strong>en rotben und weis sen Sandste<strong>in</strong> und <strong>den</strong> oberen<br />

kalkigen grauen Lagen (Muschelkalk).<br />

1) Aethophyllum FoetterUan",,, lIIass. 2) VoUzia recubarie ... is lila ••. apec.<br />

aus' dem unteren Sandste<strong>in</strong>. aus dem oberen gr.\uen Kalksandst.<br />

3) Volteia Massalong; d. Zigno 4) Carpolithe. hungaricus Heer<br />

aus dem oberen granen Ka.lksandste<strong>in</strong> . aus dem unteren Sandste<strong>in</strong>.<br />

5) Carbolithes joveolatus Heer. 6) Voltßia Boeckh;ana Heer.<br />

aus dem unteren Sandste<strong>in</strong>.<br />

aus dem unteren Sandste<strong>in</strong>.<br />

7) Volt.ia vicet<strong>in</strong>a lIIass. spec. 8) Baiera d;gitata Heer<br />

aus dem unteren Sandste<strong>in</strong>.<br />

aus dem v.nteren Sandste<strong>in</strong>.


83] IV. Besryndere geologische Verhliltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 105<br />

Fig. 25 .<br />

1) Bel/erophon peregr<strong>in</strong> ... Laube.<br />

3) Archaeocidaris lad<strong>in</strong>a Stach.<br />

5) O"'villia spec. <strong>in</strong>determ.<br />

i) Peeten Partulus Stach.<br />

\I) Pleurophorus Jacobi Stacb.<br />

11) ? Anthracosia lad<strong>in</strong>a Stacb.<br />

13) ? Al/orisma Ti .. olense Stach.<br />

15) 8pirig,ra psracuta Stach.<br />

17) Valvul<strong>in</strong>a alp<strong>in</strong>a GÜmb.<br />

19) Endot"lIra simplex GÜmb.<br />

21) Trochamm<strong>in</strong>a CI'ussa GÜmb.<br />

2~) L<strong>in</strong>gul<strong>in</strong>a lata Gilmb.<br />

25) Cyth"s o.'ifo,",,,;, GÜmb.<br />

27) CUthers porreeta GÜmb.<br />

2) Bel/erophon Ouembeli Stacbe.<br />

4) Oervillia kemtopha,qa Schloth.<br />

6) Avicula peracuta Stach.<br />

8 a) Avicula c<strong>in</strong>guZata Stacb.<br />

8b) ? H<strong>in</strong>nites cr<strong>in</strong>if .. · Stach.<br />

10) ? Clidophorus spec.<br />

12) Edmondia cf. "udis M·Coy.<br />

14) Aucella cf. Hausmanni.<br />

16) Turbonilla spec.<br />

18) Endothyra radilfem GÜmb.<br />

20) Trochamm<strong>in</strong>ll vulgaris GÜmb.<br />

22) Bulim<strong>in</strong>a contorta GÜmb.<br />

24) Li .. gul<strong>in</strong>a subawta GÜmb.<br />

26) Cyths"e navicula GÜmb.<br />

28) Kirkbva alp<strong>in</strong>a GÜmb.


106 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [84<br />

<strong>den</strong> re<strong>in</strong>en Dyascharakter an sich tragen, vielmehr e<strong>in</strong>en U ebergang<br />

<strong>in</strong> die Trias yermuthen lassen, und wahrsche<strong>in</strong>lich deren<br />

unterst.en Lagen entsprechen.<br />

Ebenso lassen die organischen E<strong>in</strong>schlüsse des Bell e r 0-<br />

P h 0 n kaI k se<strong>in</strong>e Uebergangsfauna erkennen, die uns aus der<br />

paliiozoischen <strong>in</strong> die mesozoische Zeit h<strong>in</strong>überführt und e<strong>in</strong>e<br />

bisher unbekannte Faumt


85J IV. Besondere geologische Ve/'ldiltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> Alpell, 107<br />

IH. Secundäre oder mesolithische Periode.<br />

Ung'leich <strong>den</strong> grössten Antheil am Aufbau der kalkigen<br />

Nebenzonen der <strong>Alpen</strong> nehmen die mesolithischen Bildungen,<br />

<strong>in</strong>sbesondere jene der Tri a s g es t e<strong>in</strong> e - Bunts'andste<strong>in</strong>,<br />

]Iuschelka}k ull(l Keuper - e<strong>in</strong>. Wie petrographisch<br />

eigenthürnlich diese Ablagerungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> beschaffen<br />

s<strong>in</strong>d, ist schon früher erwähnt und auch der Thatsache gedacht<br />

wor<strong>den</strong>, dass <strong>in</strong>nerhalb des Hochgebirgs selbst örtlich<br />

und streckenweise diese Mn sich ganz eigenartige Entwickelung<br />

der Triasgeste<strong>in</strong>e noch weiter unter sich abweichend ausgebildet<br />

sich zeigt - Faciesbildung'.<br />

Bei der nur langRam voran schreiten<strong>den</strong> Erkenntniss aer<br />

besonderen geologischen Verhältni~se der <strong>Alpen</strong> erkUirt es<br />

sich daher gleichsam ,"on selbst, daR~ die sich entsprechen<strong>den</strong><br />

Ablagerungen von verschie<strong>den</strong>en FundsteIlen, zumal sie hiiufig<br />

<strong>in</strong> Folge ihrer eigenthHmlichen Faciesbildung nicht leicht als<br />

gleichwertllig zu erkennen waren, mit verschie<strong>den</strong>en Bezeichnungen<br />

und Namen belegt wur<strong>den</strong>, z. B. 1Verfener Schichten <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> Ostalpen , rother Sandste<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> 1Ye~talpen, Verrucano,<br />

Grö<strong>den</strong>er Sandste<strong>in</strong> und Seisser Schichten <strong>in</strong> <strong>den</strong> Südalpen.<br />

Diese ungleichen Namen fitr geologisch analoge Bildung'en<br />

stehen dem Verständniss der <strong>Alpen</strong>geologie vielfach h<strong>in</strong>derlich<br />

im Wege und es ersche<strong>in</strong>t vollsti<strong>in</strong>dig gerechtfertigt, soweit<br />

thunlich, auch <strong>in</strong> der <strong>Alpen</strong>geologie e<strong>in</strong>er so zu sag'en<br />

<strong>in</strong>ternationalen Bezeichnungsweise sich zu befieissigen.<br />

Es dürfte daher e<strong>in</strong>e vorausgehende Zusammenstellung<br />

der allgeme<strong>in</strong> gebräuchlichen Ausdrücke uncl jener fitr die <strong>Alpen</strong><br />

mehrfach verwendeten örtlichen Bezeichnungsweisen das<br />

Verständniss des Folgen<strong>den</strong> wesentlich fördern.<br />

(Siehe Tabelle S, lOS und 109.)


Formation<br />

Allgeme<strong>in</strong>e<br />

Bezeichnung<br />

Mesolithische Formationen.<br />

Alp<strong>in</strong>e Bezeichnung<br />

Ungefähre Parallele<br />

oder nicht sicher ermittelte<br />

Schichten<br />

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110 Giimbel, Geologische B eobachtungen. [ss<br />

Angesichts dieser U ebersicht wird es genügen, über die.<br />

e<strong>in</strong>zelnen Formationen und ihre Gliederung nur noch Weniges<br />

beizufiigen. Wir beg<strong>in</strong>nen im Anschluss an die znletzt betrachteten<br />

Schichtencomplexe des Rothliegen<strong>den</strong> und Zechste<strong>in</strong>s<br />

mit <strong>den</strong> tiefsten ältesten mesolithischen Bildnngen der Trias.<br />

1) Buntsandste<strong>in</strong>formation.<br />

In <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> ist diese Triasform ation wenigstens stellenweise<br />

durch rothe, etwas buntgestreifte Sandste<strong>in</strong>lager vertreten,<br />

die petrographisch mit jenen des alp<strong>in</strong>en Gebietes vollkommen<br />

i.ibere<strong>in</strong>stimmen. -Nach unten stellen sich Conglomerate und<br />

porphyrhaltige Breccieu (Verrucano, Sernifit) e<strong>in</strong>, dietheilweise<br />

"'ohl dem Rothliegen<strong>den</strong> zuzuweisen s<strong>in</strong>d. Nach oben wer<strong>den</strong> die<br />

Lagen thoniger, oft kalkig, dünnschichtig und fiihren z. Th. die<br />

Verste<strong>in</strong>erungen des ausseralp<strong>in</strong>en Röths neben eigenthümlichen<br />

Formen, von welchen hier e<strong>in</strong>ige zusammen mit Verste<strong>in</strong>erungen<br />

aus <strong>den</strong> sog. Campiler Schichten abgebildet s<strong>in</strong>d. (Fig. 26. )<br />

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Fig. 2(i.<br />

I 1 "'fyophoria eostat" Zen .<br />

21 Posido>lomya Clami EmmI.<br />

:l) Plewl'omya Fas.~arll .'i i .'i WeL..;sm. -I ) At'ic1.lla venetiana v. Hau.<br />

5) Oerv jllia eostat" Sc.h loth. I;) Atyopho,'ia ovata BI.<br />

7) .v"tieella costata v. Mü. ") Turbo '·eeteeostat.... Hau.<br />

U, H fJlopelia g)'fl cilim' SclliLur. 1O} Plew'olomaJ'ia t,"iadica Ben .<br />

Die Arten 3- 10 gehören vorzugsweise <strong>den</strong> sog. Ca.mpil er Schichten an,


89" Ir. B~sondere geologische Verhiiltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 111<br />

Als die bezeichnendsten s<strong>in</strong>d hervorzuheben: Myophoria<br />

costata, Posid~1lOmya Clami.<br />

In <strong>den</strong> Nordalpen nannte man früher <strong>den</strong> ganzen Schichtencomplex<br />

Werfener Schichten, <strong>in</strong> <strong>den</strong> Südalpen die tieferen -<br />

Grü<strong>den</strong>er Sandste<strong>in</strong>e, die höheren - Seisser Schichten. Es ist<br />

daran zu er<strong>in</strong>nern, was bei dem Rothliegen<strong>den</strong> über die fragliche<br />

Stellung e<strong>in</strong>es Theils des Grü<strong>den</strong>er Sandste<strong>in</strong>s und des<br />

schwarzen Bellerophonkalks erwähnt wurde.<br />

Diese Schichten fUhren häufig Gyps und e<strong>in</strong> Theil der<br />

alp<strong>in</strong>en Salzstöcke gehüren ihnen an.<br />

2) Muscbelkalkformation.<br />

Als unzweifelhaft dem ausseralp<strong>in</strong>en Muschelkalk gleichstehend<br />

geben sich durch ihre Verste<strong>in</strong>erungen gewisse <strong>in</strong>tensiv<br />

schwarze (nur ausnahmsweise, z. B. an der Schreiersallle<br />

rüthliche), selten dolomitische Kalke - z. B. Reutte im LechthaI,<br />

Wamberg bei Partenkirchen, Prags im Pusterthal, Recoaro im<br />

Venetianischen, <strong>in</strong> Judicarien, Val Tromllia u. s. w. zu erkennen.<br />

Die Scheidung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e obere Brachiopo<strong>den</strong>- und untere Cellhalopo<strong>den</strong>reiche<br />

Lage ist nicht streng durchführbar. Bezüglich<br />

der charakteristischsten Verste<strong>in</strong>erungen yerweisen wir auf die<br />

nachstehen<strong>den</strong> Zeicbnungen. (Fig. 27 ..<br />

Docb s<strong>in</strong>d verste<strong>in</strong>ernngftibrende Lagen selten und es<br />

treten dafür vielfach z. Tb. dolomitiscbe, tiefschwarze, weiss-<br />

. aderige sog. Guttenste<strong>in</strong>er Schichten e<strong>in</strong>. Noch an anderen Stellen<br />

sehen wir stellvertretend rütllliche oder grünliche mergelige<br />

Sandste<strong>in</strong>e mit Zwischenlagen gelben Dolomits, z. B. <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Südalpen sog. Campiler Schichten entwickelt, die cigenthümlichen<br />

Verste<strong>in</strong>erungen, wie solche die Nummern 3-10 auf<br />

S.110 darstellen, beherbergen. Dünngeschichtete, plattige, tiefnarbige,<br />

oft hornste<strong>in</strong>reiche Kalke (Buchenste<strong>in</strong>er Kalk), helle<br />

Dolomite (Mendoladolomit) und nach oben dünngeschichtete<br />

Mergelschiefer, erfüllt von der charakteristischen Halobia Lommeli<br />

(Nr. 7, S. 112) und <strong>in</strong> <strong>den</strong> Südalpen mit e<strong>in</strong>gelagertem harten,<br />

grünen Geste<strong>in</strong> (Pietra verde), schliessen die Schichtenreihe nach<br />

oben ab. Man hat diese oberen Lagen mit ihrer eig'enthümlichen<br />

Fauna Wengener- oder Halobienschichten genannt. An


112 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [90<br />

dieser Grenzscheide tauchen plötzlich Eruptivgeste<strong>in</strong>e Porphyrit-,<br />

Diabas- und Melaphyr-artig, (im Sammelnamen als<br />

Augitophyr zu bezeichnen) mit <strong>den</strong> sie begleiten<strong>den</strong> Tuffen, an<br />

vielen Stellen, im grossartigsten Maasstabe jedoch im FassathaIe<br />

, auf und verkün<strong>den</strong> e<strong>in</strong>en neuen geologischen Zeitabschnitt.<br />

Fig.27.<br />

1) Ammonit .. Slud,," Ha". 2) Relzia Irigonella Bu.<br />

ö) Ttreb"alula anUtlsta Bu. -I) T .. 'ebrlllula oulguris Lefr.<br />

5) SP"'i.qtr<strong>in</strong>a Mtntzeli Bu. 6) Rh!Jnc!romlla decurtata Gir.<br />

7) Halobia LOlllilleli Wiss. 8) lJadOC,.,'ll11S gracilis Bu. .<br />

U) Enc"<strong>in</strong>lls liliifo,.,.,'s Lk.


91J IV. Besondere geologische Verhliltniss6 <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 113<br />

3) Keupel'fol'mation.<br />

a) Es ersche<strong>in</strong>t am leichtesten verständlich und am naturgemässesten<br />

, diesen neuen Abschnitt mit jenen pflaI\.zenftih-<br />

Fig.28.<br />

I) Pttrophyllum longifolium Brgn. 2) Equjsetum arenaceum Br.<br />

a) Calami/es arenaceus Br. (entr<strong>in</strong>d·etes Equisetwn aren.).<br />

4) Neuropteris remota Pr. 5) Lepidopteris 8tuttgardtiensis Brgn.<br />

8


114 Gümbel, Geologische Beobachtungen.<br />

ren<strong>den</strong>, grün-grauen Sandste<strong>in</strong>lagen beg<strong>in</strong>nen zu lassen, welche<br />

vollständig der ausseralp<strong>in</strong>en Lettenkohlen- oder unteren<br />

Keuperstufe gleichsteht. Wir s<strong>in</strong>d damit <strong>in</strong> <strong>den</strong> alp<strong>in</strong>en<br />

Keuper e<strong>in</strong>getreten. Der Wichtigkeit der Ürientirung wegen<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der vorstehen<strong>den</strong> Zeichnung die verbreitetsten dieser<br />

Pßanzenüberreste dargestellt. (Fig. 28 .)<br />

Diese allgeme<strong>in</strong>e Entwickelung bezeichnet man als Partna<br />

c h s chi c h t e n, von ihrem Vorkommen <strong>in</strong> dem PartnachthaIe<br />

bei Partenkirchen; man nennt sie wohl auch Lunzer Schichten.<br />

Die. durch ihre vortreffliche Erhaltung und Artenfülle der<br />

1) Oidari. do,·.ata M ü .<br />

3) Ammonite. Aon Mü.<br />

5) Orthotera. el.gans v. Mü.<br />

7a, 7b) Neritopsis ornata d'Orb.<br />

a <strong>in</strong> nato Gr. und b vergrösserl.<br />

9a, 9b) Mo .. odo .. ta Cassiana Wissm.<br />

a <strong>in</strong> na.t. Gr. und b vergrössert.<br />

Fig. 29. .<br />

·2) Cida,is alata Ag.<br />

4) Ammonit •• Jarbas Mu.<br />

6) Badrites u"dulatus V. Mü.<br />

8) Cardita crenataGdf.<br />

10) Nucula l<strong>in</strong>eata Mü.<br />

11) Nucula strigilata Mu. 12) Cassione/la gryphaeata Md.<br />

13) AviL'Ula Gaea d'Orb.<br />

a <strong>in</strong> nato Gr. und b vergrössert.<br />

14a, 14b) Konickia Leonhardi Wissm.<br />

von bei <strong>den</strong> Seiten gesehen.<br />

15) Pentacr<strong>in</strong>us prop<strong>in</strong>quus Mü.


93J IV. Besondel'e geologische Verhältnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 115<br />

Verste<strong>in</strong>erungen berühmten Tufflagen von St. Cassian - daher<br />

untere St. Cassianer Schichten genannt - lassen sich nur als<br />

e<strong>in</strong>e I1rtlich sehr beschränkte Facies dieser Stufe auffassen. In<br />

<strong>den</strong> Zeichnungen (Fig. 29) s<strong>in</strong>d diese St. Cassianer Verste<strong>in</strong>erungen<br />

durch e<strong>in</strong>ige wenige Formen repräsentirt.<br />

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Fig.30.<br />

1) Ammonite, Gayta .. i Klipst. 2) Ammonit .. tornatus Br.<br />

3) Aulaeoeeras al.oolar. Hau. 4) Chemnit.ia EseheriHoeru.I/. D. G.<br />

31 NaUea Meria .. i Hoern. 6) Mo .. otis sali .. aria Br.<br />

·7 T .... ebmtuZa Ramsaueri Sp. 8) GyropoI'ella a .... ulata Schafh.<br />

9) Gyroporella multiseriaZis Gfimb.<br />

8*


116 Uiimbel, Geologische Beobachtungen. [94<br />

b) E<strong>in</strong> hüherer Complex von <strong>Alpen</strong>geste<strong>in</strong>en zeichnet sich<br />

durch die ungeme<strong>in</strong> mächtige Entwickelung von weissen Kalken,<br />

weisslichen Dolomiten und <strong>in</strong> dem Gebiet der Salzburger<br />

<strong>Alpen</strong> durch rothe Marmorkalke (sog. Hallstätter Kalk) aus.<br />

Das Wetterste<strong>in</strong>gebirge ist aus solchem weissen Kalk aufgebaut.<br />

Daher stammt der Name W e t te r s tei nsc hic h t en,<br />

welchen diese Stufe im Allgeme<strong>in</strong>en trägt. Unter <strong>den</strong> organischen<br />

E<strong>in</strong>schlüssen s<strong>in</strong>d besonders fast kugelige Ammoniten<br />

und kle<strong>in</strong>e fast cyl<strong>in</strong>drische Räschen von Kalkalgen (Gyroporella)<br />

hervorzuheben. Die vorstehen<strong>den</strong> Zeichnungen beziehen<br />

sich auf e<strong>in</strong>ige der wichtigsten Formen derselben. (Fig. 30.)<br />

c) An Stellen, wo die Aufe<strong>in</strong>anderfolge der Schichten nicht<br />

unterbrochen ist, zeigt sich die so eben genannte kalkige oder<br />

dolomitische Schichtenreihe von e<strong>in</strong>em meist wenig mächtigen<br />

Fig. 31.<br />

1) Cm'bis Hell<strong>in</strong>gi vo Hau.<br />

2) Myophoria Xe/erste<strong>in</strong>; 1rIü.<br />

3) Myophoria Whatleyae v. Bu. 4) Ammonites ftm';dus Wolf.<br />

5) HaloMa rugosa GÜmb.<br />

6) Paten filosus v. Hau.<br />

7) Cmodita subc,oenata GÜmb.<br />

8) Corbula Bosthorn; v. Hau.<br />

9) Nucula sutcellilla Wissm.<br />

10) Solen (? Leda) caudatus v. Hau.


95 J IV. Besond€l'e fleologische Verhiiltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 117<br />

Complex mergeliger grauer oder röthlicher Geste<strong>in</strong>e überdeckt.<br />

Sie besitzen stellenweise e<strong>in</strong>e gewisse Aehnlichkeit mit <strong>den</strong><br />

schon erwähnten sog. St. Cassianer Schichten und wer<strong>den</strong> dessha.lb<br />

wohl auch 0 b e reSt. Cassianer Schichten genannt.<br />

Zahlreiche Verste<strong>in</strong>erungen pflegen <strong>in</strong> diesen von ihrem Vorkommen<br />

bei Raibl als Raibler Schichten bezeichneten Lagen,<br />

wie die beistehen<strong>den</strong> Zeichnungen nachweisen, sich e<strong>in</strong>znstellen.<br />

(Fig. 31.)<br />

d) Die Geste<strong>in</strong>sreihe setzt nach oben fort <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en meist<br />

Fig.32.<br />

I) Mega!odon triqueter Wulf. 2) Dicerocardium Jani Stopp.<br />

3) A.vicula exilis Ben. 4) 7' .. rbo solitarius Ben.<br />

'5) Bissoa (? Holopella) alp<strong>in</strong>a GÜmb. 6) CeritlliwlI Gutmbeli v. Am.<br />

, 7) GyroplJrella'vesiculi/,ra GÜmb.


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Fig.33 ..<br />

t) Oardium austriacum Hau. 2) ßfyophoria postera Qu . 3) Avicula contorta PortI. 4) Ger •• llia praecursor Qu .<br />

5) Gervilli" <strong>in</strong>flata Scbafh. G) Ostrea Haid<strong>in</strong>geriana Emmr. 7) Oardium rhaeticum Mer. 8) Anom,'a alp<strong>in</strong>a W<strong>in</strong>k.<br />

\I) Ostrea 'jntusst"jata Emmr. 10) 1'erebratula gl'egaria Sues 11) 7'erebratula norica Sp. 12) Pecten valon;ens;. Defr.<br />

13) Rhynchonella fissicostata Sss. 14) Spi,·iget·jna oxycolpus Emmr. 15) ßlytilus m<strong>in</strong>ut .. s Gdf.


97 ] IV. Be$()ndere geologische Verhiiltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 119<br />

sehr mächtigen, das Hauptgeste<strong>in</strong> der <strong>Alpen</strong> ausmachen<strong>den</strong>,<br />

kle<strong>in</strong>klüftigen , etwas graulich oder gelblichweissen Dolomit,<br />

<strong>in</strong> dem sog. Hauptdolomit, der namentlich nach oben häufig<br />

<strong>in</strong> Kalk verläuft - PI at te n kai k, oder auch zum grossen<br />

Theil, wie <strong>in</strong> <strong>den</strong> Salzburger <strong>Alpen</strong> und namentlich im Dachste<strong>in</strong>gebirge,<br />

von weissem, dickbankigem Kalk ersetzt wird -<br />

daher unterer Dachste<strong>in</strong>kalk genannt. Während der Dolomit<br />

nur höchst spärlich Verste<strong>in</strong>erungen beherbergt, zeigt sich<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> stellvertreten<strong>den</strong>Kalklagen oft e<strong>in</strong>e eigenthümliche grosse<br />

Muschel, die Da chste <strong>in</strong> bi val ve, <strong>in</strong> beträchtlicher Menge.<br />

In <strong>den</strong> vorstehen<strong>den</strong> Zeichnungen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige dieser Verste<strong>in</strong>erungen<br />

dargestellt. (Fig. 32 .)<br />

e) Weitaus am wichtigsten unter allen alp<strong>in</strong>en Keuperstufen<br />

s<strong>in</strong>d für die geogllostische Orientirnug die gewöhnlich<br />

ausseror<strong>den</strong>tIich verste<strong>in</strong>erungsreichen, meist mergeligen Schichten,<br />

.welche ihren Verste<strong>in</strong>erungen nach genau mit der ausseralp<strong>in</strong>en<br />

Knochenschicht des Keupers (AviclIla contorta-Schicht)<br />

übere<strong>in</strong>stimmen. Sie wer<strong>den</strong> als rhätische Schichten bezeichnet<br />

und s<strong>in</strong>d durch die <strong>in</strong> 4er vorstehen<strong>den</strong> Zeichnung dargestellten<br />

Verste<strong>in</strong>erungen besonders gekennzeichnet. (Fig. 33. )<br />

Unter <strong>den</strong> Ammoniten-ähnlichen Ueberresten machen sich<br />

Formen besonders bemerkbar, von <strong>den</strong>en wir e<strong>in</strong>e Art <strong>in</strong> der<br />

nachstehen<strong>den</strong> Zeichnung (Fig. 34) hervorheben wollen.<br />

Fig. 34.<br />

Choristoeerits rhaetteu ... GÜmb. (= eh. JIa"hsi v. Hau.)<br />

f) Endlich beschliesst häufig e<strong>in</strong>e grau und weiss gefärbte<br />

kalkige Bank, welche dem sog . . Dachste<strong>in</strong>kalk sehr ähnlich ist


120 aümbel, Geologische Beobachtungen. [98<br />

und gleichfa.lls die Dachste<strong>in</strong>bivalve (s. unten) oder grosse<br />

Büsche von Korallen (sog. Litho<strong>den</strong>dron ) beherbergt, die<br />

Reihe der alp<strong>in</strong>en Keupergeste<strong>in</strong>e. Es ist dies der obere<br />

Dachste<strong>in</strong>kalk, von dessen Verste<strong>in</strong>erungen e<strong>in</strong>ige der häufigsten<br />

<strong>in</strong> Fig. ~5 da.rgestellt s<strong>in</strong>d.<br />

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Fig. 35.<br />

1 - 3) Megalodon triqueter Wulf., nachsl-e<strong>in</strong>bivalve.<br />

4) u. 5) Rhabdophyllia (Litho<strong>den</strong>dro,,) clathrata Emmr.<br />

r.) u. 7) RIIabdophyllja (Mtho<strong>den</strong>dron) rhaetiea GÜm.


99] IV. Besondere geologische T'el'haUnisse <strong>in</strong> deli <strong>Alpen</strong>. 121<br />

4) Liasformation.<br />

Bei dem alp i n e n Li a s ist daran zu er<strong>in</strong>nern, dass man<br />

frUher nach <strong>den</strong> 1iusserlichen Merkmalen der Farbe und der<br />

Beschaffenheit des Geste<strong>in</strong>s drei verschie<strong>den</strong>e Abtheilungen<br />

ause<strong>in</strong>ander zu halten suchte, nämlich:<br />

a) e<strong>in</strong>en Adnether Kalk als die <strong>in</strong>tensiv rothe, thonige,<br />

dünnbankige Kalkvarietät (von Adneth bei Salz burg) ,<br />

b) e<strong>in</strong>en Hierlatz-Kalk als <strong>den</strong> blassröthlichen bis weissen,<br />

meist sehr dichten Kalk von der Hierlatz-Alpe am Dachste<strong>in</strong>)<br />

und<br />

c; e<strong>in</strong>en Fleckenmergel oder Algäuschichten als<br />

die merg'eligen grauen oft dunkelgefieckten VarieUiten. Erst<br />

neulich hat man die Ueberzeugung ge"'onnen, dass ziemlich<br />

unabhängig von diesen Merkmalen <strong>in</strong> dem <strong>Alpen</strong>lias sich entsprechend<br />

<strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en Stufen ausserhalb der <strong>Alpen</strong><br />

auch mehrfache Abtheilungen festhalten lassen, auf welche<br />

wir die früh\lr schon gebräuchlichen Bezeichnungen im engeren<br />

S<strong>in</strong>ne <strong>in</strong> Verwendung br<strong>in</strong>gen möchten, wie solche aus der vorstehen<strong>den</strong><br />

Uebersichtstabelle zu ersehen s<strong>in</strong>d. Doch bleibt sich<br />

das Geste<strong>in</strong> nicht <strong>in</strong> allen Theilen der <strong>Alpen</strong> petrographisch<br />

gleich, sondern unterliegt grossem Wechsel und vielfacher<br />

Faciesausbildung.<br />

In diesen Schichten s<strong>in</strong>d Verste<strong>in</strong>erungen sehr häufig, besonders<br />

Ammoniten der Art, wie die folgen<strong>den</strong> Zeichnungen<br />

e<strong>in</strong>ige derselben zur Darstellimg br<strong>in</strong>gen.<br />

(Fig. :16.)<br />

Auch aus <strong>den</strong> anderen Klassen des Thierreichs s<strong>in</strong>d Ueberreste<br />

im Lias ziemlich zahlreich vertreten. Wir seh en <strong>in</strong> der<br />

nachfolgen<strong>den</strong> Zeichnung e<strong>in</strong>ige der charakteristischsten Arten<br />

derselben dargestellt.<br />

(Fig. :37.


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1) Ammonit .. spimtissirn"s Qu.<br />

4) Ammonites Jfasseantt' d'Orb.<br />

Fi~ . 36.<br />

2) .4mmonites Charmassei d'Orb.<br />

5) Ammonites mao',qaritattts Montf,<br />

7) Ammonites Cornensis v. Bu,<br />

3) Ammonites Nodotianus d'Orb,<br />

6) Ammonites radians Re<strong>in</strong>.


101 ] IV. BesOllde"e geologische Verhliltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 123<br />

Fig. 37.<br />

I) B'lI",nites pazillosus Schloth. 2) Aulacoceras liasicum GÜmb.<br />

:1) AlliCtila 'na'qu'.alvis So. 4) Jnoceram .. s Pa/gerl Mer.<br />

5) J)f8coheli., orbis Reuss. 6) Neritops.s .legantissima Boern.<br />

7) Pmtact<strong>in</strong> .. s basalti/armis Mill. 8) HespiZocri ..... alp<strong>in</strong> .. s GÜmb .<br />

9) Ter.bratula Anal.ri Opp. 10) T.rebrat.da st,'pia Opp .<br />

. 11) Ttr.brattcla · R",i.rii Cat. 12) lIh1lnchonella Grepp<strong>in</strong>i Opp.<br />

13) Spir'/er<strong>in</strong>a obtusa Opp.


124 GÜll/bel, Geologische Beobachtungen.<br />

5) Doggerformation.<br />

Was die an sich verhältnissmässig nur dürftig entwickelten<br />

Doggergeste<strong>in</strong>e der <strong>Alpen</strong> anbelangt, so gehören hierher<br />

theils röthliche, theils weisse, z. Tb. oolithische Kalke, die<br />

sich ihrer Geste<strong>in</strong>sbeschaffenheit nach nicht leicht weder von<br />

Fig.38.<br />

1a) u. 1 b) Ammonites Muo·clliso .. ae So. 2a u. 2 b) Amll:onites taUai Ben.<br />

3a -3c) Rhu"chomlla bilobata Ben.


103] IV. Besonde1'e geologische Verhiiltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 125<br />

gewissen Lias-, noch von <strong>den</strong> jüngeren Jurakalken unterschei<strong>den</strong><br />

lassen. Ueber ihre Zugehörigkeit zu dieser Formation und speciell<br />

zu <strong>den</strong> drei Abtheilungen derselben können nllr die <strong>in</strong><br />

ihnen vorf<strong>in</strong>dlichen Verste<strong>in</strong>erungen entschei<strong>den</strong>, die man desshalb<br />

besonders zu Rathe ziehen muss.<br />

Für die untere Abtheilung, die sog. Garda-Kalke (am<br />

Cap St. Vigilio bei Garda am Gardasee sehr schön entwickeltj<br />

br<strong>in</strong>gen wir vorstehende Zeichnungen (Fig. 38., der charakteristischsten<br />

Arten zur Anschauung.<br />

Die mittlere Stufe oder die Klausschichten s<strong>in</strong>d gekennzeichnet<br />

durch Formen, ·von <strong>den</strong>en hier e<strong>in</strong>ige der verbreitetsten<br />

dargestellt s<strong>in</strong>d. (Fig. 39.)<br />

Fig.39.<br />

ta) u. 1 c) Ammonites subradiatus So. 2) Ammonit .. tripartitus Rasp.<br />

3j Posidonomyaalp<strong>in</strong>a Gras.<br />

4) Terebratula eu,·.iconcha Opp.<br />

5) Terebratula bi.allata Desl. 6) Tertbratula sulei/rons Ben.<br />

7) Rhynehonella Subfch<strong>in</strong>ata Opp.


126 r;ümbel, Geologische BeobQchtungen. [104<br />

Die obere Stufe oder Vilser Schichten endlich beherbergen<br />

sehr zahlreiche Bmchiopo<strong>den</strong>, unter <strong>den</strong>en e<strong>in</strong>ige der<br />

wichtigsten hier abgebildet s<strong>in</strong>d. (Fig. 40 .)<br />

Fig. 40.<br />

I) Terebratula pa la Bu.<br />

3) 'j'er.bratula vilsensis Opp.<br />

5) Rhllnchonella vil.


105] IV. Besondere geologische Verhältnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 127<br />

zuerst drei der bezeichnendsten Ammoniten-Arten <strong>in</strong> der folgen<strong>den</strong><br />

Zeichnung zusammen :<br />

Fig. 4t.<br />

t) Ammonites ptychoicus Qu. für die Tithonstufe.<br />

2a) D. 2 b) Ammonit •• acanthicu. Opp., für die sog. Aoanticusschichten.<br />

3a) u. 3 b) Ammonit .. tramvtrS


128 Gämbel, Geolog,'sche BeobacMungen. [t06<br />

Weiter s<strong>in</strong>d dann die Abbildungen e<strong>in</strong>iger der am allgeme<strong>in</strong>sten<br />

verbreiteten Verste<strong>in</strong>erungen, welche der <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong><br />

am mächtigsten entwickelten tithonischen Jurastufe zukommen,<br />

<strong>in</strong> Fig. 42 beigefügt:<br />

Fig. 42.<br />

1) Ner<strong>in</strong>ea Bruntrutana Thurm. 2a) u. 2b) Ner<strong>in</strong>ea Staszll"ii Zensch.<br />

3) Tet'ebratula diphIla Co!. 4) Terebratula Bouei Zensch.<br />

ai Aptychus p ... nctatus Volt.. 6) Btlemnites ensifer Opp.<br />

7) Belemnites tithonicus Opp. '


107] IV. Besonde1"e geologische Verhiiltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 129<br />

7) Cretacische oder Procänformation.<br />

Die c re ta cis c he n Ablagerungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> beg<strong>in</strong>nen<br />

mit dem aus Siidfrankreich <strong>in</strong> das Hochgebirgsgebiet mit e<strong>in</strong>er<br />

l'eichen und ziemlich constanten Gliederung von West her e<strong>in</strong>treten<strong>den</strong><br />

und hier weit verbreiteten Schichtencomplexe, der<br />

nach dem Vorkommen bei N euchatel <strong>den</strong> Namen Neo c 0 m­<br />

bildung erhalten hat und namentlich im <strong>Alpen</strong>gebiete durch<br />

die starke Ausbildung e<strong>in</strong>er oberen mächtigen Lage weissen Kalkes<br />

(Schratten- oder Caprot<strong>in</strong>en-Kalk) sich auszeichnet. Weiter<br />

Qstwärts schon, vom Vilsthal an gerechnet, ändert sich der<br />

petrographische Charakter dieser ältesten Stufe und nähert sich<br />

vielfach dem des sog. Wiener Sandste<strong>in</strong>s, der sonst se<strong>in</strong>er<br />

Hauptmasse nach <strong>den</strong> Flys ch der Rchweizer <strong>Alpen</strong> vertritt<br />

~Rossfelder Schichten). Doch bleiben die organischen<br />

E<strong>in</strong>schlüsse überall dieselben, selbst <strong>in</strong> dem oft blen<strong>den</strong>d<br />

weissen, dichten, dem Diphyenkalk zum Verwechseln ähnlichen<br />

Kalk, der <strong>in</strong> <strong>den</strong> Südalpen als Biancone die Neocomstufe<br />

repräsentirt. E<strong>in</strong>ige charakteristische Verste<strong>in</strong>erungen dieser<br />

Schichtenreihe s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>den</strong> nachstehen<strong>den</strong> Zeichnungen dargestellt.<br />

(Fig. 43.)<br />

E<strong>in</strong>e zweite, namentlich <strong>in</strong> England unter dem Namen<br />

Galt oder Gault abgetrennte Stufe besteht der Hauptsache<br />

nach aus e<strong>in</strong>er Grünsandste<strong>in</strong>bildung. Derartige Geste<strong>in</strong>e f<strong>in</strong><strong>den</strong><br />

sich auch <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> vielfach verbreitet und zeigen siclr<br />

Mer mit e<strong>in</strong>em hellen, harten Sandste<strong>in</strong> Riffsandste<strong>in</strong>) und<br />

mit dunklen, . mergeligen Schiefern zusammengelagert. Doch ist<br />

die Verbreitung dieser Stufe fast ganz auf die Westalpen (w.<br />

vom Lech; und Nordalpen beschränkt. E<strong>in</strong> oft wiederkehrender<br />

Gehalt an Knollen von thonigem Phosphorit ist bemerkenswerth.<br />

Unter <strong>den</strong> charakteristischen Verste<strong>in</strong>erungen s<strong>in</strong>d etwa die<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong> Zeichnungen dargestellten besonders hervorzuheben.<br />

(Fig. 4,1.) .<br />

Von der oberen Abtheilung der cretacischen Formation<br />

ist <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> eigentlich nur die mittleroe Stufe durch<br />

ihre weitere Verbreitung wichtig. Der Vollständigkeit halber<br />

9


130 Gümbel, (Jeologische Beobachtungen. [108<br />

Fig.43.<br />

1) AlIIlJlonites Astif1'ianus ll'Orb. 2) Criocm •• ))uvali d·Orb .. 3) Aptychus Didayi Coq.<br />

41 B.leund/es dilala/u. Blv. 5) Exogy.-a Cu"/o,,i Dub. 6) Rhynchonella depressa d'Orb.<br />

7 J Caprot<strong>in</strong>a ammonta d·Orb. 81 CapruUna Lonsdalei So. 9) l 'oxas /tr comp/anatflS Ag.<br />

10a) u. 10 b) 0 , bituliles /",ticulala Lmk.


109 J I V. Besondere geologische Verhliltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 131<br />

erwähnen wir nur im Vorübergehen das Vorkommen der bisher<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> wenig bekannten sog. untern Pläner- oder<br />

Ce n 0 man s chi c h t e n <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es zierliche kle<strong>in</strong>e schüs-<br />

1) Trigonia alaejormis So .<br />

a) Ammonites mammillatus Scbloth.<br />

5 ;-6) Belemnit .. m<strong>in</strong>imus List.<br />

8) Fissurirost.-a elegans d'Orb.<br />

10) lnoee.-amus suleatus Park.<br />

Fig.44.<br />

2) Ammonites Beudanti Brgn.<br />

4) TurrjUtes Bergeri Brgn.<br />

7) Terebratula Dutempleana d'Or.<br />

9) TerebrateZla Horeana d·Orb.<br />

11) lnoeeramus coneentrieus Park.<br />

selförmige Foram<strong>in</strong>iferen (Orbitulites) führen<strong>den</strong>, rauhen Kalksandste<strong>in</strong>s<br />

(Orbitulitenschichten). Wir lenken durch die nachfolgen<strong>den</strong><br />

Abbildungen (Fig, 45. ) e<strong>in</strong>iger kennzeichnen<strong>den</strong> Verste<strong>in</strong>erungen<br />

die Aufmerksamkeit auf diese <strong>in</strong> versteckten W<strong>in</strong>-<br />

9*


132 Gümbel, Geologische Beobachtungen. l110<br />

keIn gewiss noch an vielen Orten zu entdecken<strong>den</strong> Schichten,<br />

wie solche z. B. am Nordrande des Graswang-Thales bei Ammergau<br />

und <strong>in</strong> der Urschelau bei Ruhpold<strong>in</strong>g auftauchen.<br />

Fig.45.<br />

1) Ammonite. varians So. 2) Ost"ea car<strong>in</strong>at" So.<br />

3) Arca car<strong>in</strong>ata So. 4) Trigo"ia limbata d'Orb.<br />

5) Orbitulites concava Defr.<br />

Dagegen nimmt die mittlere Stufe als sog. Gosauschichten<br />

- graue, meist weiche Mergelbildungen-und als sog. Hippur<br />

it e n kai k - weisse , oder blassröthliche, breccienf6rmige<br />

Kalke, wie solche <strong>in</strong> <strong>den</strong> Brüchen am Untersberg anstehen -,<br />

die vielfach zusammenlagern und <strong>in</strong> mannichfachen Modificationen<br />

vorkommen, unter <strong>den</strong> alp<strong>in</strong>en obercretacischen Ablagerungen<br />

unbestritten die erste Stelle e<strong>in</strong>, sche<strong>in</strong>t jedoch<br />

auf die Ostalpen beschränkt zu se<strong>in</strong>. Der Reichthum an Ver~<br />

ste<strong>in</strong>erungen an der typischen Lokalität <strong>in</strong> der Gosau ist bekannt.<br />

Der Raum gestattet hier nur e<strong>in</strong>ige wenige der bezeichnendsten<br />

Arten abzubil<strong>den</strong>. (Fig. 46.)


111] IV. Besondere geologische Verhiiltnisse ,<strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 133<br />

Fig.46.<br />

1) Protocardiilnl hiUanuni So. 2) Girce disvus Math. 3) Jnoctramus Ou.ieri So.<br />

4) Hippurites corn ... acc<strong>in</strong> .. m Br. 5) Acteonella gigant", d·Orh. ß) Ompltalia K_jorst,e<strong>in</strong>i Mü.


134 Giimbel, Geologische Beobachtutlgen. [112<br />

Den obersten Schichten, die durch das Vorkommen der<br />

unten abgebildeten B elemnitella gekennzeichnet s<strong>in</strong>d - daher<br />

Fig. 47.<br />

1) Micrast,,· cor ang«i .. "", Lm. (halbe GrÖsse.)<br />

2) lnoceram"s er/psi Mant. 31 B.lemnitella ",,,cronata Srhloth.<br />

auch Belemnitellen- oder Nierenthal-Schichten genannt<br />

wer<strong>den</strong> - ist das ger<strong>in</strong>gste Maass der Verbreitung zugewiesen.


113J IV. Besondere geologische Verhiiltm'sse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 135<br />

Wir kennen die grauen oder röthlichen Mergel nur von wenigen<br />

Stellen, z. B. aus dem Patenauer Stollen am Kressenberg und<br />

aus dem Nierenthai am Hallthurm und von eiuigen wenigen anderen<br />

Orten. Charakteristisch für diese Schichten s<strong>in</strong>d die<br />

(Fig. 47.) abgebildeten Verste<strong>in</strong>erungen.<br />

In der Schweiz f<strong>in</strong><strong>den</strong> sich obercretacische Geste<strong>in</strong>e uuter<br />

der BezeichnungSeewen-Kalk und -Mergel, wie <strong>in</strong> <strong>den</strong> Südalpen<br />

als sog. Scaglia weit verl)reitet s<strong>in</strong>d. Es s<strong>in</strong>d theils<br />

weisse, theils röthliche, dichte, dünnbankige, auf <strong>den</strong> Schichtflächen<br />

thonig-wulstige Kalke und gTaue Mergel, erfüllt von<br />

bwceramen-Schalen, welche bis jetzt e<strong>in</strong>er n~iheren E<strong>in</strong>reihung<br />

<strong>in</strong> das Schichtensystem hartnäckig Widerstand geleistet haben.<br />

Merkwürdig ist es, dass selbst <strong>in</strong> diesen jüngsten mesolithischen<br />

Gebil<strong>den</strong> immer wieder derselbe Typus, weisser und<br />

rother Kalk, sich e<strong>in</strong>stellt, dem wir jetzt schon vom Muschelkalk<br />

an aufwärts begegnet s<strong>in</strong>d.<br />

Wir stehen am Schlusse der e<strong>in</strong>leiten<strong>den</strong> Betrachtungen,<br />

welche wir über alp<strong>in</strong>e mesoli thische Ablagerungen anstellen<br />

zu müssen geglaubt haben und wen<strong>den</strong> uns nun zu<br />

e<strong>in</strong>em kurzen Ueberblick über die jüngsten Bildungen.<br />

IV.<br />

Känolithische oder Tertiärperiode.<br />

Bezüglich der zum jüngsten Abschnitte der Erdgeschichte<br />

gehörigen Bildungen können wir uns um so kürzer fassen, als<br />

die grössere Anzahl der hierher zu zählen<strong>den</strong> Ablagerungen<br />

sich nicht mehr an der Zusammensetzung des eigentlichen<br />

Hochgebirgs betheiligt zeigt, sondern meist nur an dessen<br />

Fuss angelehnt, die vor <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> ausgebreiteten grossartigen<br />

Ebenen und Buchten erfüllt und überdeckt. Ihre Betrachtung<br />

liegt daher bereits ausserhalb der Grenzen, die wir uns<br />

bier gesteckt haben. Wir wer<strong>den</strong> sie desshalb nur <strong>in</strong> so weit<br />

<strong>in</strong> Kürze zu berühren haben, als e<strong>in</strong>zelne derselben stellenweise<br />

tiefer iu die <strong>Alpen</strong> vordr<strong>in</strong>gen und z. Th. e<strong>in</strong>en wesent­<br />

Hellen Antheil am Aufbau des Gebirgs nehmen.<br />

Zur rascheren Orientirung stellen wir e<strong>in</strong>e tabellarische Uebersicht<br />

über die verschie<strong>den</strong>en Glieder dieser jüngsten der erdgeschichtlichen<br />

Perio<strong>den</strong> e<strong>in</strong>er weiteren kurzen Erwähnung voraus.


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A.llgeme<strong>in</strong>e<br />

Bezeichnuug<br />

2) Miocänstufe<br />

i<br />

I<br />

Molassegebiet<br />

Schweiz, Südbaiern<br />

WestprQv<strong>in</strong>z<br />

Obere Meeresmolasse und<br />

Schlier<br />

{<br />

I<br />

Tegelgebiet<br />

Wien er Becken<br />

Ostprov<strong>in</strong>z<br />

Stldsubalp<strong>in</strong>geblet<br />

Südprov<strong>in</strong>z<br />

I<br />

Oben:<br />

I. Recente oder Novär-Formation.<br />

Gebilde der historischen Zeit, Ackererde, Flussablagerungen, Torf, Kalks<strong>in</strong>ter, thätige Vulkane n. vulkanische Producte.<br />

H. Quartär- oder Diluvial-Formation.<br />

1) Löss- und Diluvialschlammgebilde. 2) Postglacial. Geröll.blagerungen.<br />

3) G1acialgebilde. Erratisches. Diluviale Braunkohle. 4) Vorglaciale Geröllablagerungen.<br />

IH. Tertiär-Formation.<br />

1) Neogen-Stockwerk.<br />

Belvedere-Scbotter Blane u. gelbe Sande von TUl'<strong>in</strong><br />

1) Pliocänstnfe (Astien).<br />

{ D<strong>in</strong>otheriumsand Congerienscb. oder Inzersdorfer Bbue ~rergel von Tur<strong>in</strong> (Mess<strong>in</strong>ien).<br />

Tegel<br />

Obere Süsswassermolasse Sarmatisebe Seb. oder Ceritbien­ Blalle Mergel von Tortona<br />

Sebiehten<br />

(Tortonien).<br />

Mediterranstnfe, Leitbakalk,<br />

Helvetische Scb.<br />

3) Oligocänstufe I<br />

4) Eocänstllfe<br />

Untere brackisebe Molasse,<br />

Cyrenen-M.; Pechkoble.<br />

Untere ~reeres-Molasse.<br />

) Flyscb- und Här<strong>in</strong>ger-Sch.<br />

{<br />

I .<br />

Reuter-Seb.; Seh. v. BallIgstock,<br />

Elendgraben<br />

Kressenberger Seb.<br />

Unter-Eoeän, Sand v. Pilatus<br />

I - Unten.<br />

Ba<strong>den</strong>er Tegel<br />

Horner Seb. Schlier<br />

2) Paläogen - Stockwerk.<br />

Laibersdorfer Sand<br />

Meletha? - Seh. v. Drasberg<br />

Wiener Sandste<strong>in</strong> z. Th.<br />

Kle<strong>in</strong>zeller Tegel<br />

?<br />

Nummuliten-Sch. v. Mattsee<br />

p<br />

Schioscb., Grünsand v. Bellnno<br />

(Langbien u. Ob. Aquitanien.).<br />

Sotzka-Scb. (Unt. Aquitanien).<br />

Castel Gomberto-Scb. Sangon<strong>in</strong>i­<br />

Seb. (Tongrien-Scb.)<br />

Macigno<br />

(Ligurien).<br />

Priabona-Scbic bten.<br />

Ronea-Seb.<br />

Tuff von Spilecco.<br />

Cos<strong>in</strong>a-Sch. z. Tb.


115J IV. Besondere geologische VCl'hiiltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 137<br />

Die Tertiärgebilde stehen, wie schon bemerkt, mit dem<br />

älteren Geste<strong>in</strong> der <strong>Alpen</strong> dadureh <strong>in</strong> starkem Contrast, dass<br />

sie, e<strong>in</strong>ige Gebiete abg'erechnet, sich an <strong>den</strong> Rand der Neuenzone<br />

halten und hier nnr nüissig hohe Vorberge zusammensetzen<br />

helfen. Ihre Hauptmassen aber lagern ausserhalb des<br />

Hoehg'e birges <strong>in</strong> <strong>den</strong> subalp<strong>in</strong>en Ebenen. Nur die ä lt er e n A blagerungen<br />

der Tertiärzeit, Nummnlitenschichten und Flyseh,<br />

gew<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> <strong>den</strong> \Vestalpen, namentlich <strong>in</strong> der Schweiz, grosse<br />

Bedeutung. Hier ist es, wo sie, mit älterem Geste<strong>in</strong> vielfach<br />

verflochten, fast bis zu derselben Höhe wie letztere, mit diesen<br />

selbst zu <strong>den</strong> Gipfelpunkten der :Nebenzone elllpordr<strong>in</strong>gen.<br />

Auch die jüngeren Tertiärschichten, die sog'. ~I 0 las sen ges<br />

t e<strong>in</strong>e, liefern <strong>in</strong> der Scll\yciz noch vielfach das Baumaterial<br />

des hohen Vorg'ebirges \z. B. des Rigi und zugleich die Ausfüllungsmasse<br />

des uergigcn Vorlandes bis zum Gcgcngebirge im Jnra.<br />

'Vlihrend der F I Y s eh ost\\'ärts durch Yorarlberg l<strong>in</strong>d


138 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [116<br />

Fig. 48.<br />

1-19 ..vummuli'Ha und zwar:<br />

1) complanata Lm. 2) spira de Roi.s. 3) perjo"ota d'Arch.<br />

4) ;"tennedia d' Arch. 5) planula/" d'Orb.<br />

7) Ooransensi, J. et Leym. 8) la,.igata Lm .<br />

6) mammillato d'Arch,<br />

9) .m·iolari" So.<br />

10/ exponens So; 11) bia'ileen.,is d'Arch. 12) R'fmondi Defr.<br />

13) .qram,losa d'Arch. 14) ob,sa L"ym. 15/ srabra Lm.<br />

16) z" casana Defr. 17/ striata d'Orb. 18) 1'cililtatcheffi u'Arch,<br />

19) Murcltisoni Brun. 20) Clgpeast.r cOtloid.us Gar.


117] IV. Besondere geologische Verhiiltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 139<br />

ziehen sich am Nordrande der <strong>Alpen</strong> nur <strong>in</strong> sporadischer Vertheilung<br />

von der Schweiz bis nach Mattsee , unfern Salzburg.<br />

Die vorstehen<strong>den</strong> Zeichnungen (Fig. 48. ) stellen e<strong>in</strong>e grössere<br />

Anzahl von Nummuliten und e<strong>in</strong>en der häufigsten Seeigel dar.<br />

Viel reicher gegliedert s<strong>in</strong>d die Nummulitenschichten am<br />

Siidrande der <strong>Alpen</strong>, wo sie <strong>in</strong> Tirol und im Vicent<strong>in</strong>ischen,<br />

wie <strong>in</strong> <strong>den</strong> Euganeen, mächtige Schichtensysteme von sehr verschie<strong>den</strong>em<br />

Alter zusammensetzen. Hier s<strong>in</strong>d es auch Erup-.<br />

tivgeste<strong>in</strong>e - hauptsächlich Basaltund basaltischeTuffe - welche<br />

vielfach mit <strong>in</strong> die Bildung der Eocänschichten e<strong>in</strong>greifen.<br />

Fig. 49.<br />

I) Ohondrttes <strong>in</strong>tt·icatus Sternb. 2) Ohondrites Targioni! Sternb.<br />

3) Ohondrites pat"lus F. 0 4) OllOndrites <strong>in</strong>e/II/atus Brgn.<br />

5) H,lm<strong>in</strong>thoidea l abyri"thica Heer.<br />

6) Mu."steria ann,data Schaf. = Taenidium Fischeri Heer.<br />

In e<strong>in</strong>en auffallen<strong>den</strong> Gegensatz zu diesen ältesten tertiären<br />

Sedimenten treten die altoltgocänen Flyschschichten<br />

,\ welche fast ausschliesslich aus gmuen, oft zur Cement-


140 GÜll/bel, Geologische Beobachtungen. [118<br />

fabrikation bral1chlmren, meist dünnblättrigen "Mergelsehiefern<br />

und kalkigen Sandsteillb~<strong>in</strong>keu, seltener mit Conglomeraten und<br />

Breccienzwischenlagell vergesellschaftet bestehen, und statt<br />

Nummuliten Meeresalgen <strong>in</strong> üppigster Fülle enthalten, wie<br />

solchc die vorstehen<strong>den</strong> Zeichnungcn (Fig. -19.) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Arten<br />

darstellcn, durch ihre mächtige Entwicklung am Rande der <strong>Alpen</strong>.<br />

Im Innel'll der <strong>Alpen</strong> schen wir nm e<strong>in</strong>ige wenige kle<strong>in</strong>e<br />

Becken mit älteren Tertiärablagcrungen erfüllt, wie z. B. jenes<br />

von Reit im 'V<strong>in</strong>kel mit obereoeänem Nnmmulitensandste<strong>in</strong> und<br />

jcnes im Innthale bei Kufste<strong>in</strong> Här<strong>in</strong>gi, iu welchem gleichzeitig<br />

mit der Entstehung des Flysch :tvlergcl, Kalkconglomerate und e<strong>in</strong><br />

mächtiges Pechkohlenflötz zur Ausbildung gelangt s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>zelne<br />

soleher kle<strong>in</strong>on Buchtenal1sfiilll1ngen kehren <strong>in</strong> verschie<strong>den</strong>en<br />

Theilen der <strong>Alpen</strong> wieder, s<strong>in</strong>cl aber noeh wenig näher<br />

untersucht.<br />

Mit Molasse bezeichnet man <strong>in</strong> der Schweiz <strong>den</strong> ganzen<br />

ungeme<strong>in</strong> mächtigen Complex, welcher, jünger als der Flysch,<br />

aus grauen Sandste<strong>in</strong>en, mehl' oder weniger grohen Conglomeraten<br />

:\Iolasse, Nagelfluh) und grauen Mergelschichten - <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Theile von Sü(lbaiern mit verschie<strong>den</strong>en Flötzen e<strong>in</strong>er<br />

dichten, der älteren Ste<strong>in</strong>kohle ~ihnlichen Braunkohle (Pechkohle<br />

besteht. Sie umfasst Bildungen von sehr verschie<strong>den</strong><br />

tertiärem Alter, von der mitteloligocänen bis zur plioeänen<br />

Stufe. Darnaeh und nach der Art ihres Absatzes aus Meeres-,<br />

halbg'esalzenem (brackischem) oder süssem ·Wasser unterseheidet<br />

man:<br />

1) obere Süsswassermolasse,<br />

2, obere J\Ieeresl1l0lasse und Muschelsandste<strong>in</strong>,<br />

3) untere Süsswasser- und braekische Molasse, mit<br />

<strong>den</strong> Peehkohlenflötzen, au eh Cyrenenschichten genannt,<br />

4) untere Meeresmolasse.<br />

Thierreste s<strong>in</strong>d nicht gerade häufig, desto öfter Pflanzentheile,<br />

besonders BHitter, <strong>in</strong> der Molasse e<strong>in</strong>gesehlossen. Die<br />

Bänke dieser Sandste<strong>in</strong>e und Conglomerate thürmen sich <strong>in</strong><br />

der Sehweiz und <strong>in</strong> <strong>den</strong> Algäuer <strong>Alpen</strong> noch zu sehr ansehnlichen<br />

Hochgebirgsrücken auf, setzen aber vorherrschend das


119 J IV. Besonde1'e geologz'sche Ve1'hiiltnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 141<br />

<strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> vorgelagerte Bergland <strong>in</strong> der Schweiz bis zn <strong>den</strong><br />

Jura-<strong>Alpen</strong>gebirgen nnd <strong>in</strong> Baiern bis tief <strong>in</strong> die nur allmählich<br />

abfallende Hochebene zusammen. Dabei wer<strong>den</strong> die Lagen<br />

ost,~ärts <strong>in</strong> ihrem Zug dnrch Baiern immer schmäler, gehen <strong>in</strong><br />

weiche Sand lagen (Schlier) über und verlieren sich, ehe sie<br />

die Salzach erreichen, so zn sagen völlig'. DRfür treten jenseits<br />

des oberösterreichischen Landrückens. des Hansruck­<br />

Gebirgs, weiche Sande, Mergel und Kalke (Schlier) e<strong>in</strong>, <strong>den</strong>en<br />

schliesslich <strong>in</strong> der Umgegend von Wien der Wiener 'regel, der<br />

Leitlla-Kalk H. s. w. als Ablagerungen von gleichem Alter entsprechen.<br />

Am Ostende der <strong>Alpen</strong> s<strong>in</strong>d cs braunkohlenreiche tertiäre<br />

Ablagerungen, welche <strong>in</strong> zahlreichen Falten und Buchten<br />

des Hochgebirgs aus der ungarisch-steirischen Ebene vordr<strong>in</strong>gen<br />

und tief iu die <strong>Alpen</strong> h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>reichen. Am Südrande vollzieht<br />

sich der Abfall des Hochgebirges ungcmc<strong>in</strong> rasch. Hicr<br />

lehnen sich von Tur<strong>in</strong> an meist jüngste Tertiärlagen an <strong>den</strong><br />

<strong>Alpen</strong>first an und nur von dcm Vicent<strong>in</strong>ischen an ostwärts vermitteln<br />

Tertiärgebilde von mittlerem und jüng'erem Alter <strong>den</strong><br />

Abfall <strong>in</strong> die vorliegende Tiefebeue. Wir beschräukeu uns<br />

hier auf diese wenigen Andeutungen, weil, wie schon erwähnt<br />

wurde, die jüngeren Tertiärgebilde meist schon ausserhalb<br />

des eigentlichen Hochgebirges liegen und demnRch der Aufgabe,<br />

die· uns hier <strong>in</strong> dcm cngercn HRhmcn gestellt ist,<br />

entfallen.<br />

Wie gross auch diese materielle Betheiligung der Tertilirzeit<br />

am Aufbau wenigstens der <strong>Alpen</strong>ränder und der VorIänder se<strong>in</strong><br />

mag, sic ist doch nur von untergeordneter Bedeutung gegenüber<br />

dem grossartigen Ereignisse, mit welchem die Tertiärzeit<br />

<strong>in</strong> die Gestaltungsverhältnisse des Hochgebirges e<strong>in</strong>gegriffen<br />

hat. Die Hochgebirgsnatur unseres Gebirges ist ihr<br />

Wer k; ihr verdankt es der Hauptsache nach die enorme Aufragung,<br />

durch welche dasselbe sich <strong>in</strong> so majest~itischer Weise<br />

über se<strong>in</strong>e Nachbargebirge kühn bis zu <strong>den</strong> Wolken erhebt;<br />

durch sie erhielt es jene tief e<strong>in</strong>schnei<strong>den</strong>de Umgestaltung se<strong>in</strong>es<br />

ursprünglichen Geste<strong>in</strong>materials , welche dcm jetzt ausgeprägten<br />

grotesken Relief wesentlich zu Grunde liegt. Denn <strong>in</strong><br />

die jüngere Tertiärzeit fallt die Hauptverschiebung jenes R<strong>in</strong><strong>den</strong>theils<br />

der Erde, welche eben unsere <strong>Alpen</strong>gebirge aus-


142 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [120<br />

macht und zwar, wie aus dem Maximum der Bewegung im <strong>in</strong>nersten,<br />

centralen Theil der Hauptkette und aus der nach<br />

aussen successiv abnehmen<strong>den</strong> und sich abschwächen<strong>den</strong> Verrückung<br />

unzweideutig hervorzugehen sche<strong>in</strong>t, durch e<strong>in</strong>e centrale<br />

Pressung, die seitlich nach aussen h<strong>in</strong> <strong>in</strong> mehr horizontaler<br />

Richtung wirkte, dort das höchste Maass der vertikalen<br />

Verschiebung durch <strong>den</strong> centralen Aufbruch der sich vielfach<br />

facherförmig nach aussen aufblättern<strong>den</strong> Schichten, hier gegen<br />

die Ränder h<strong>in</strong> durch Zusammenfaltung und seitliche Ueberschiebungen<br />

der älteren Geste<strong>in</strong>slagen über die jüngeren sich<br />

zu erkennen gibt. Dass dies nicht gleichmässig nach bei<strong>den</strong><br />

Randzonen h<strong>in</strong> stattfand, liegt e<strong>in</strong>estheils <strong>in</strong> <strong>den</strong> Massen des<br />

dem Seitenschub Widerstand leisten<strong>den</strong> Gebirges, und hängt<br />

anderntheils ab von der Beschaffenheit des tiefsten Untergrundes,<br />

die hier die Bewegung hemmte, ablenkte, abschwächte,<br />

dort ihr Vorschub leistete und sie begünstigte. Man muss sich<br />

diese Vorgänge auf re<strong>in</strong> mechanische Verhältnisse zurückgeführt<br />

<strong>den</strong>ken, deren Momente wir aber nur nach dem Effecte<br />

annähernd errathen können.<br />

Noch s<strong>in</strong>d die stellenweise 3000 und mehr Meter mächtigen oberoligocänen<br />

Molasseschichten, welche <strong>in</strong> ihrer Lagerung der ganzen<br />

Quere nach durch <strong>den</strong> Kohlenbergbau <strong>in</strong> Miesbach aufs Klarste<br />

aufgeschlossen s<strong>in</strong>d, zum Beweis der relativ erst <strong>in</strong> jüngerer Zeit<br />

e<strong>in</strong>getretenen Verschiebung <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>, wie die Blätter e<strong>in</strong>es<br />

seitlich zusammengepressten Buches gebogen, gewun<strong>den</strong>, <strong>in</strong> sich<br />

selbst zusammengefalten und übergebogen, so dass mehrfach die<br />

älteren Schichten über <strong>den</strong> jüngeren lagern, wie es auch <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Alpen</strong> selbst bei <strong>den</strong> älteren Geste<strong>in</strong>slagen fast vorherrschend der<br />

Fall ist. Aber die Faltungen nehmen rasch nach aussen, entfernter<br />

vom Gebirgsrande , <strong>in</strong> der obern Süsswassermolasse an<br />

Stärke ab und verschw<strong>in</strong><strong>den</strong> endlich am Fusse der schwäbischen<br />

oder fränkischen Alb, am Abhange des baierischen<br />

Waldes oder im Wiener Becken nach und nach spurlos, so dass<br />

hier, entfernt vom Hochgebirge, die am Rande der <strong>Alpen</strong> noch<br />

gewaltsam bewegten und zusammengefalteten Schichten <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

gleichalterigen Lagen horizontal und unverrückt auf ihrer ursprünglichen<br />

Unterlage ruhen. Wir sprechen diese Verhältnisse<br />

als Beweis dafür an, dass die Pressung nicht von aus sen


121] IV. Besondere geologt'sche Verhiiltnisse z'n <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 143<br />

gegen die <strong>Alpen</strong> gerichtet gewesen se<strong>in</strong> kann, sondern aus dem<br />

Innersten des Hochgebirg'es heraus wirkte. .Man <strong>den</strong>kt sich<br />

häufig diese gewaltigen Verrückungen mit vulkanischen Ersche<strong>in</strong>ungen<br />

und der Bildung von Eruptivgeste<strong>in</strong> im Zusammenhang.<br />

Nichts ist für das <strong>Alpen</strong>gebiet irriger, als e<strong>in</strong>e<br />

solche Vorstellung. Denn von Eruptionen aus der Tertiiirzeit<br />

s<strong>in</strong>d nur kle<strong>in</strong>ste Theile der <strong>Alpen</strong> und auch diese nicht<br />

<strong>in</strong> sehr ausgedehntem ~Iaasse betroffen wor<strong>den</strong>. Dah<strong>in</strong> gehören<br />

die schou erwähuten basaltischen Ergüsse im Venetianischen,<br />

die bis gegen Roveredo und <strong>den</strong> Fuss des Mte Baldo<br />

reichen, ihren Hauptherd aber fern ab vom <strong>Alpen</strong>rande <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Euganeeischen Bergen aufgeschlagen haben. Ebenso\\'enig geben<br />

sich bei <strong>den</strong> mannichfachen Eruptivgebil<strong>den</strong>, Trachyten, Propyliten,<br />

Andesiten oder Rhyolithen, die <strong>in</strong> Ungarn <strong>in</strong> so grossartiger<br />

Weise auftaucheu und bis an das ungarisch-steierische<br />

Hochgebirge ausstrahlen, irgend weseutliche E<strong>in</strong>fHisse auf die<br />

Gestaltung unserer <strong>Alpen</strong> zu erkennen.<br />

Noch stehen wir aber, trotz der über alle menschliche Vorstellung<br />

h<strong>in</strong>ausreichen<strong>den</strong> gigantischen Umformung des <strong>Alpen</strong>rnassivs<br />

) am Schlusse der eigentlichen Tertiärformatiou und<br />

bei Beg<strong>in</strong>n der diluvialen Zeit, vor e<strong>in</strong>em Gebirgsbilde ganz<br />

anderer Art, als es uns die <strong>Alpen</strong> <strong>in</strong> ihrer gegenwärtigen Gestaltung<br />

vor Augen stellen. Das Hochgebirge war damals noch<br />

ganz, so zu sagen unverritzt, wenig gespalten, noch von nur<br />

spärlichen, wenig tiefen )lul<strong>den</strong> durchzogen, und die ihm vorliegen<strong>den</strong><br />

TiefIäuder nQch nicht erfüllt mit jenem unermesslichen<br />

Schutt und Schlamm, für welche die Nachbarberge erst<br />

das Material zu liefern hatten. Diese Arbeit der Ausnagung<br />

der <strong>Alpen</strong> und der Auffüllung des Tieflandes'<br />

war der quartären oder diluvial eu Zeit vorbehalten.<br />

Die weitere Ausschmückung des Hochgebirges mit zahllosen<br />

Felseugebil<strong>den</strong>, mit wildzackigen Ste<strong>in</strong>kämmen, mit Schnei<strong>den</strong>,<br />

Spitzen, Hörnern und Nadeln, wie sie jetzt <strong>in</strong> unerschöpflicher<br />

Formenfülle die Berggipfel krönen und über die Gehänge ausgesäet<br />

s<strong>in</strong>d, und daneben mit wil<strong>den</strong> Gräben, R<strong>in</strong>nen und Furehen,<br />

die dem Wasser se<strong>in</strong>e ersten Bahnen vorzeichnen, mit<br />

Felsklammen und Schluchten, die selbst <strong>in</strong> das festeste Geste<strong>in</strong><br />

sich vertiefen und endlich mit breiten Thalungen und


144 Gümbel, Geo10f/ische Beobachtu ligen, [122<br />

weiten Furten, durch we!ehe die Bäche und Flüsse aen Ebenen<br />

zneilen, mit dem ganzen Relief, das <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e"lll Contra8t, <strong>in</strong><br />

Höhen und Tiefen <strong>den</strong> uuwiderstehlichen Reiz der <strong>Alpen</strong>natur<br />

<strong>in</strong> uns weckt, dieses ganze grossc Werk ist wesentlich Erfolg<br />

ailuvialer Th~itigkeit'<br />

In unserem Gebiete waren zu dieser Zeit ke<strong>in</strong>e l\1eerest<strong>in</strong>then<br />

mehr an dieser riesigen Arbeit betheiligt, Alles verrichteten<br />

Ansammlungen yon ungesalzenem Wasser und flnthendes<br />

Gew~isser, <strong>den</strong>en sich als IJesonders kr~iftiger Genosse" das<br />

Eis beigesellte, Daher nennen wir auch e<strong>in</strong>en der wirksamsten<br />

Abschnitte der unendlich lang dauern<strong>den</strong> Diluvialzeit<br />

geradezu die Eis z ei t und ihre Bildungen die gl ac i ale 11<br />

oder e 1'1' 30 t i s c h e n, Damals hausten <strong>in</strong> unseren Gegen<strong>den</strong>"<br />

jetzt längst verscheuchte, selbst ausgestorbene Thiere, dasl\1ammuth<br />

Elephns p!'imi,qenius , das wollhaarige Nashorn (Rlz<strong>in</strong>oceras<br />

ticlwl'h<strong>in</strong>us) , der Uwchs (Bos primigenius), der Riesenhirsch<br />

(Cerw8 eUiyce1'lts) , das Rennthier, der Hühlenbär, der Höhlen­<br />

!üwe, die Höhlenhyäne neben Gemse, Ste<strong>in</strong>bock, Murmelthier,<br />

Dachs, Wildkatze, Pferd, und selbst der Mensch hatte sich,<br />

wie uns die Erfunde bei Sclmsselll'ied lehren, bereits am Rande<br />

der bis <strong>in</strong> die Ebene vorgedrungenen Gletscher e<strong>in</strong>e Wohnstiitte<br />

zUl'echtgerichtet, Erst später lerute er sich auf Pfählen<br />

im See se<strong>in</strong> Haus bauen Pfahlbau,<br />

Die dil u via le Th~itig'keit begann zuerst mit der Ansnagung<br />

des Hochgebirges und Aufschiittung des so gewonnenen,<br />

ahg"erollten Materials <strong>in</strong> <strong>den</strong> Ebenen als wohlg'eschichtetes<br />

G Pr m I vorglacialer Schutt, diluviale Nagelfluh), Erst nach<br />

dieser Zeit trat flie Mitwirkung des Hletschereises h<strong>in</strong>zn und<br />


123] IV. Besondere .qeologische Verhältnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 145<br />

welche olme Rollnng' anf dem Rücken der Glet~cher, wohlbehalten,<br />

wie sie 'von <strong>den</strong> Felsen auf das Eis fielen, bis <strong>in</strong> die<br />

weiteste Ferne h<strong>in</strong>ausgetragen wur<strong>den</strong> - F<strong>in</strong>dl<strong>in</strong>ge, erratische<br />

Blöcke.<br />

Als weiteres Wahrzeichen der e<strong>in</strong>st bis weit über <strong>den</strong> Rand<br />

des Hochgebirges vorgedrnngenen Gletscher der Eiszeit ist<br />

an die früher schon erwähnten Gletscherschliffe an Felsen,<br />

zu welchen heutzutage das Gletschereis nicht mehr vorzudr<strong>in</strong>gen<br />

vermag, und die Run d b u c k elf 0 r m der von alten Gletschern<br />

abgeschliffenen Berge zu er<strong>in</strong>nern. Auch gehören hierher<br />

die alten Moränen, Gletschermühlen u. s. w.<br />

Hierbei muss auch der sog. Löss erwlihnt wer<strong>den</strong>, e<strong>in</strong><br />

brauner, kaum geschichteter, vertikal sich abblätternder Lehm<br />

mit Kalkknollen und Landsehnecken , dessen Entstehung und<br />

Ausbreitung der Hauptsache nach auf <strong>den</strong> Gletschersehlamm und<br />

das Gletscherwasser der Eiszeit zurückzuführen s<strong>in</strong>d.<br />

E<strong>in</strong> nicht unwesentlicher Antheil an e<strong>in</strong>er der eigenthüm-<br />

·lichsten Ersche<strong>in</strong>ungen unserer <strong>Alpen</strong>welt - <strong>den</strong> so zahlreichen<br />

<strong>Alpen</strong>seen - fällt gleichfalls der enormen Ausdehnung<br />

des Gletschereises zur Diluvialzeit über tiefe E<strong>in</strong>schnitte zu,<br />

wodurch letztere vor der Ausfüllung und E<strong>in</strong>ebnung mit<br />

Schutt und Geröll geschützt wur<strong>den</strong> und nach e<strong>in</strong>getretenem<br />

Rückzug der Gletscher zur Ansamllllung grosseI' W' assermassen<br />

dienten.<br />

Aber auch nach E<strong>in</strong>tritt der Schmelze dieser grossartigen<br />

Eismassen danerten die Abnagung im <strong>Alpen</strong>gebiete und die Ablagerungen<br />

von Schutt und Geröll fort. Zum Unterschied von<br />

<strong>den</strong> ähnlichen älteren Anhäufungen glarialen Ursprungs erweisen<br />

sich diese jüngsten diluvialen Schuttmassen wieder, wie<br />

die ältesten, wohlgeschichtet und lassen jene gekritzten oder<br />

gestreiften Gerölle vermissen, die das Charakteristische der<br />

ält ere n erratischen Bildung s<strong>in</strong>d.<br />

So schie<strong>den</strong> sich <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> immer schärfer Berg und<br />

ThaI; jene wur<strong>den</strong> gleichsam, d. h. relativ, höher, diese<br />

ti e fe r, sofern letztere nicht ,,-ieder durch neue Schuttmassen<br />

aufgefüllt wur<strong>den</strong>, wodurch gleichsam wieder e<strong>in</strong>e Art von<br />

Gleichge,,-icht zwischen bei<strong>den</strong> sich herstellte. Auch zahlreiche<br />

10<br />

'"


146 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [124<br />

see art i g' e Tümpel wur<strong>den</strong> wieder vom Geröll e<strong>in</strong>geebnet oder<br />

durch das Uebergangsstadium von Versumpfungen und Torfbildungen<br />

<strong>in</strong> Filz e und Moor e verwandelt.<br />

Unter solchen ununterbrochen fortdauern<strong>den</strong> Thätigkeiten<br />

geht die diluviale Zeit ohne scharfe Scheidung <strong>in</strong> dieNeuz<br />

ei t mit ihren auch vor uusern Augen sich vollziehen<strong>den</strong> geologischen<br />

Vorgl<strong>in</strong>g'en über, welche nicht m<strong>in</strong>der wichtig als<br />

jene der frühen Entwickelungsperiode der Erde, doch weniger<br />

auffällig ersche<strong>in</strong>en, weil sie <strong>in</strong> ihren Ursachen und Wirkungen<br />

leichter zu beurtheilen s<strong>in</strong>d. Ich er<strong>in</strong>nere nur an das wichtigste<br />

Product dieses recenten Zeitabschnittes der Erdgeschichte,<br />

an die Bildung' der Vegetationserde, der Krnme, der Allmutter<br />

Erde, olme welche weder das Pflanzen- noch das Thierreich<br />

<strong>in</strong> ~E'iJl()r jetzigen Verfassung möglich wäre. Doch diese<br />

Gebil(l' 8prechen für sich selbst deutlich genug wir dürfen<br />

ihre nähere Betrachtung desshalb dem Leser ohne weitere Erläuterung<br />

überlassen.<br />

Y. Besonderheiten bei <strong>den</strong> geologischen Beobachtungen<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> A.lpen.<br />

Die g'eologischen Eig'enthiimlichkeiten, welche wir<br />

hauptsächlich nach drei Richtungen <strong>in</strong> der Ste<strong>in</strong>welt unseres<br />

<strong>Alpen</strong>gebirges kennen gelernt haben, nämlich ihre von <strong>den</strong><br />

gleichalterigen allsseralp<strong>in</strong>en Felsbildungen verschie<strong>den</strong>e Entwickelung,<br />

danndic gewaltigen Zusammenfaltung'en und Verriickungen<br />

ihrer Geste<strong>in</strong>sschichten und endlich das Abweichende,<br />

welches <strong>in</strong> <strong>den</strong> organischen Ueberresten - Verste<strong>in</strong>erungen -<br />

sich geltend macht, lassen es von vornhere<strong>in</strong> als zweckdienlich<br />

und im..lnteresse e<strong>in</strong>es ergiebigen und nützlichen Erfolgs<br />

der anzustellen<strong>den</strong> g'eolog'ischen Beobachtungen wünschenswerth<br />

ersche<strong>in</strong>en, <strong>in</strong> der Art und bei dem Gange solcher Untersuchungen<br />

<strong>in</strong>nerhalb der <strong>Alpen</strong> gewisse Modificationen gegenüber<br />

der sonst und allgeme<strong>in</strong> üblichen Methode näher zu bezeichnen'<br />

und zu empfehlen. Wir können hierbei selbstverständlich


125J Besondere gMlngische Beobachtungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 147<br />

nicht auf alle E<strong>in</strong>zelnheiten die Aufmerksamkeit lenken, müssen<br />

uns vielmehr darauf beschränken, das hervorzuheben, was<br />

besonders geeignet ersche<strong>in</strong>t. derartigen Beobachtungen des<br />

<strong>Alpen</strong>wanderers mehr als <strong>den</strong> Werth bloss e<strong>in</strong>er persönlichen<br />

Er<strong>in</strong>nerung gewidmeter Tagebuchbemerkungen zu verleihen<br />

und ihnen e<strong>in</strong>igen wissenschaftlichen vVerth zu sichern. Der<br />

Kürze halber wer<strong>den</strong> wir hierbei z. Th. <strong>in</strong> Frageform auf die<br />

Beacbtung besonders zu empfehlender Verbältnisse die Blicke<br />

zu richten suchen.<br />

Unter H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong>en frühern Abschnitt dieser <strong>Anleitung</strong><br />

wiederholen wir kurz das, was allen derartigen Beobachtungen,<br />

ob sie <strong>in</strong>- oder ausserhalb der <strong>Alpen</strong> angestellt<br />

wer<strong>den</strong>, als geme<strong>in</strong>same Arbeit zugewiesen ist. Dah<strong>in</strong> gehört<br />

die Feststellung der Geste<strong>in</strong>sausbildung l<strong>in</strong>d Beschaffen<br />

bei t -, ob Schicht- oder l\Iassengeste<strong>in</strong>. oh Kalk- oder<br />

Sandste<strong>in</strong>, Dolomit oder Mergel. Gneiss oder Granit u. s. w.<br />

- die Ermitteluug der Miueralzusammensetzung besonders<br />

der Massengeste<strong>in</strong>e, der zufällig vorkommen<strong>den</strong> Beimengungen<br />

und Ausscheidungen von M<strong>in</strong>eralien, der<br />

Erzführung der Gänge und der Art der Anordnung dieser M<strong>in</strong>eralien<br />

auf dem Gangraume <strong>in</strong> Drusen oder auf <strong>den</strong> Klüften,<br />

das Auff<strong>in</strong><strong>den</strong> besonders <strong>in</strong>teressanter oder nutz barer Mi n e­<br />

ralien. Dazu kommt das Bestimmen des Streichens uud<br />

Fallens der Schichten, Gänge und KlUfte. der III ä c h t i g k e i t<br />

gewisser selbständiger Geste<strong>in</strong>slagen und ihrer Begrenzung<br />

oder Ve rbr e i tu ng an der Oberfläche; weiter die Feststellung<br />

der Schichtenaufe<strong>in</strong>anderfolge, ihrer gleichförmigen oder<br />

ungleichförmigen S te 11 un g zu e<strong>in</strong>ander, ihres Verhaltens zu <strong>den</strong><br />

Massengeste<strong>in</strong>en an der Begrenzung ,Contactersche<strong>in</strong>ungen oder<br />

der Beziehungen der Massengeste<strong>in</strong>e zu e<strong>in</strong>ander selbst. Ferner<br />

bleibt es hier, wie ausserhalb der <strong>Alpen</strong>, e<strong>in</strong>e Hauptaufgabe,<br />

<strong>den</strong> Ver s t e<strong>in</strong> e run g en und der Art ihrer Verbreitung<br />

<strong>in</strong> verschie<strong>den</strong>en Schichten die grösste Aufmerksamkeit zu widmen,<br />

um mit genauer Beachtung ihrer Artenverschie<strong>den</strong>heit<br />

oder Uebere<strong>in</strong>stimmung <strong>in</strong> <strong>den</strong> e<strong>in</strong>zelneu übere<strong>in</strong>anderliegen<strong>den</strong>,<br />

sie umschliessen<strong>den</strong> Geste<strong>in</strong>slagen , ihre Altersyerhältnisse und<br />

ihre Zugehörigkeit zu e<strong>in</strong>er oder der anderen Formation daraus<br />

zu erkennen. Wir können dann als e<strong>in</strong>e weitere Aufgabe<br />

10*


148 Gümbel, Geologische Beobachtungen.<br />

[126<br />

.<br />

die Untersuchung der Veränderungen der Geste<strong>in</strong>e an<br />

der Oberfläche durch Verwitterung, über die Bildung der<br />

Pflanzenerde (Krume , der Zerklüftung, Zerspaltung und Absonderung<br />

(Säulen, Platten; der E<strong>in</strong>wirkung des Nebengeste<strong>in</strong>s,<br />

der vulkanischen Thätigkeit, oder der Durchtränkung mit<br />

Wasser (Pseudomorphose uud Metamorphose) bezeichnen. Daran<br />

reihen sich die Beobachtungen über örtliche Veränderungen<br />

<strong>in</strong> der Geste<strong>in</strong>slage, über Hebungen, Senkungen,<br />

Verwerfungen, Unterwaschungen, Abrutschungen und Ueberkippungen.<br />

Endlich wird unsere Aufmerksamkeit auch auf die<br />

besondere Art der Oberflächengestaltung, namentlich der<br />

Bergformen, Thalrichtungen , Sattele<strong>in</strong>tiefungen, Seebildungen,<br />

Gletscherwirkungen im geologischen S<strong>in</strong>ne, auf e<strong>in</strong>fache und<br />

m<strong>in</strong>eralische Quellen,' deren Exhalationen und Absätze, auf<br />

Höhlen und deren Inhalt, auf Torf und Schuttablagerungen zu<br />

richten se<strong>in</strong>.<br />

Es sei hier Gelegenheit genommen, noch e<strong>in</strong>mal an das, was<br />

über die Art der Aufsammlung von Belegstücken und der Aufzeichnung<br />

der gemachten Beobachtungen früher angeführt<br />

wurde, zu er<strong>in</strong>nern.<br />

Endlich möchte nicht e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glich genug zu empfehlen se<strong>in</strong>,<br />

sich nicht durch kühne Theorien, die ja gerade <strong>in</strong> der Geologie<br />

so verlockend auf uns e<strong>in</strong>stürmen, und bei derGrossartigkeit<br />

der <strong>Alpen</strong>welt sich uns mit um so unabweisbarerer Gewalt<br />

aufzudrängen drohen, von dem gera<strong>den</strong> Wege der nüchternen<br />

Beobachtung ablenken zu lassen und sich nicht <strong>in</strong> das so oft täu-<br />

8chende schrankenlose Reich der Phantasien zu verirren, <strong>in</strong><br />

welchem kühn Erdachtes und Geträumtes an Stelle e<strong>in</strong>facher<br />

Thatsachen gesetzt und angegeben wird. Vorurtheilsfrei, vou<br />

allen vorgefassten Me<strong>in</strong>ungen unabhängig nach dem wahren<br />

Thatsiichlichen zu forschen, und die Natur mit klaren Augen<br />

offen anzusehen, sie mit e<strong>in</strong>fachem Verstande aufzufassen und<br />

die sich darstellen<strong>den</strong> Verhältnisse mit nüchterner Kritik zu<br />

deuten, muss das Ziel jeder guten Beobachtung se<strong>in</strong>.


127J BeSOlldel'e geologische Beobachtungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 149<br />

1. Urgebirgsgebiete.<br />

In <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> bil<strong>den</strong> die Urgebirgsgeste<strong>in</strong>e, die sog'.<br />

krystall<strong>in</strong>isehen Schiefer - Gneiss, Glimmerschiefer, Phyllitund<br />

krystall<strong>in</strong>isehen Massengeste<strong>in</strong>e aus der Gruppe des Granits<br />

die centralsten Theile des ganzen Gebirgs und bieten der<br />

Forschung mehr durch die Unzugänglichkeit der aus ihnen zusammengesetzten<br />

Ketten, als durch abweichende Beschaffenheit<br />

und besondere Verhältnisse Schwierigkeiten dar.<br />

1) Bei <strong>den</strong> krystall<strong>in</strong>ischen Schieferarten, vom<br />

Gneiss bis zum Phyllit, dUrfte die Aufmerksamkeit <strong>in</strong> erster<br />

L<strong>in</strong>ie auf die Lag'erungsordnung zu richten se<strong>in</strong>, nämlich<br />

darauf, oh der Gneiss als die eigentliche Grundlage des Ganzen,<br />

als das wirklich älteste, uns bekannte Glied der Centralkette<br />

(daher Centralgneiss genannt) sich erweist, an welches<br />

sich der Reihe nach auswärts der GI i mm e r s chi e fe r unu dann<br />

der P h y II i t an - und auflegt. Oh dahei diese Schiefer e<strong>in</strong>e<br />

fächerförmige, oder aufgebrochene ge\yölheförmige und e<strong>in</strong>e<br />

sog. C-förmig gekriimmte Schichtenstellung hesitzen - ersche<strong>in</strong>t<br />

besonders hcachtenswerth. Es ist, um IrrthUmer zu vermei<strong>den</strong>,<br />

daran zu er<strong>in</strong>nern, dass gneissähnlich e Geste<strong>in</strong>e -<br />

der sog'. Phyllit- oder Sericitgneiss, z. Th. auch der Casanna­<br />

Schiefer und Roflagneiss - nicht diesem ce n t r ale n Gneisssystem<br />

angehören, sondern als Zwischenlagen <strong>in</strong> jUngerem,<br />

hauptsächlich <strong>in</strong> Phyllit-Schiefer auftreten.<br />

Als dem äl t ern Gn eis s bei-und untergeordnete Glieder ersche<strong>in</strong>en<br />

da und dort hornhlendereiche Schiefer, Hornblende­<br />

Gneiss , Hornblendeschiefer , Dioritschiefer, Eklog'it Saualpe , im<br />

Veltl<strong>in</strong>, am Allal<strong>in</strong>gletscher), Serpent<strong>in</strong> und körniger Kalk. Fehlt<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> (die Gegend von Merau etwa ausgenommen der<br />

sonst gewöhnlich <strong>in</strong> Gneissgebirgen mit vorkommende Gr an u I i t<br />

gänzlich '1 Es nehmen ferner auch l\f ass eng e s t e<strong>in</strong> e am Aufbau<br />

des Centralstockes theil - Granit, Syenit, Diorit, Tonalit, Porphyr<br />

theils <strong>in</strong> unzweideutigen Lagern zwischen dem Gneiss e<strong>in</strong>gebettet<br />

(Lagergeste<strong>in</strong>e), theils <strong>in</strong> Stöcken und Gängen, wobei<br />

diekrystall<strong>in</strong>ischen Schiefer quer durchsetzt wer<strong>den</strong>. Das Constatiren<br />

dieser Verhältnisse des Auftretens der Massengeste<strong>in</strong>e<br />

ist von grossem wissenschaftlichem Werthe.


150 Gümbel, Geologische Beobacl\tu'I1gen. [128 .<br />

Als e<strong>in</strong> lehrreiches Beispiel e<strong>in</strong>es Durchschnittes durch <strong>den</strong><br />

Centralstock der <strong>Alpen</strong> sei hier die qruppe des Mt. Blanc 'gewählt<br />

(Fig. 50). In <strong>den</strong> westlichen <strong>Alpen</strong> (Mt. Blanc, Aiguilles<br />

rouges, Grimsel, Gotthard) macht e<strong>in</strong>e eigenthümliche Modification,<br />

der sog. Pro togi n g n ei ss und Proto gi ng ra n i t (<strong>Alpen</strong>granit),<br />

die Kerumasse der höchsten Gebirgstheile aus. Beide sche<strong>in</strong>en<br />

constant <strong>in</strong> dem Verhältniss von Schichtgeste<strong>in</strong> und e<strong>in</strong>geschlossenen<br />

Lagern zu stehen . Oder durchbricht der Protog<strong>in</strong>-<br />

Durchscbnitt durch <strong>den</strong> Ce ntralstock der <strong>Alpen</strong> und die krystall<strong>in</strong>ischen<br />

Feisarien.<br />

Buet Aiguilles rouges 1ilo nl-Blanc La Saxe Cormet<br />

Fig. 50.<br />


129] Besondere geologische Beobachtungm <strong>in</strong> .<strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 151<br />

der Gneiss oft meilenweit über das Kalkge1>irge vorgeschoben<br />

ist, zeigt sich die dort ganz unerwartete Ersche<strong>in</strong>ung, dass an der<br />

Jungfrau, am Mönch u. s. w. <strong>in</strong> umgekehrter Ordnung der Sockel<br />

der Gebirge aus jüngerem Kalk besteht, während die Gipfel von<br />

älteren Gneissschichten gekrönt s<strong>in</strong>d. Vielfach ist der Kalk längs<br />

der Contactgrenze <strong>in</strong> weiss- . und buntfarbige Marmore durch<br />

. Druck und Reibung metamorphosirt. Denn alle diese allerd<strong>in</strong>gs<br />

sehr auffallende Ersche<strong>in</strong>ungen lassen sich e<strong>in</strong>fach auf<br />

mannichfache gegenseitige Ueberschiebungen und Verrückungen<br />

zurückführen und s<strong>in</strong>d nicht als Folgen gangförmigen E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gens<br />

des Gneisses <strong>in</strong> <strong>den</strong> Kalk aufzufassen.<br />

Silberhorn Jungfrau Gletscherhorn<br />

Tessen- Gstelli- .Engelhorn<br />

lL o;on horn<br />

Fig. 51.<br />

a) Gneiss; b) dolomitischer Kalk;<br />

c) Quarzit; d) Eisenoolith;<br />

e) Jurakalk.<br />

Die dunkeln Partien st ellen<br />

<strong>den</strong> Gneiss. die hellen <strong>den</strong><br />

Kalk vor.<br />

Von gleichförmigen E<strong>in</strong>lagerungen im Gneissge biete ist jene<br />

von körnigem Kalk (Statuen-Marmor), besonders die Verknüpfung<br />

des letzteren mit Serpent<strong>in</strong> (Ophicalcitl nicht selten<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> zu beobachten. Es wird <strong>in</strong> letzterem Falle wohl<br />

der näheren Untersuchung werth se<strong>in</strong>, ob auch hier jene eigenthüIpliche<br />

Vertheilung von Serpent<strong>in</strong> und Kalk wiederkehrt,<br />

.welche man als Spuren organischer E<strong>in</strong>schlüsse (Eozoon s. S. 93)<br />

gedeutet hat; es soll e<strong>in</strong>e solche thatsächlich . im Gebiet der<br />

Jungfrau zu f<strong>in</strong><strong>den</strong> se<strong>in</strong>.<br />

Bei Granit fallen zunächst mannichfache Färbungen und<br />

·Texturverhältnisse <strong>in</strong>s Auge. Weit vorwaltend ist der Granit<br />

grau gef'ärbt i durch gewisse Beimengungen - Hornblende und


152 aümbet, a(J()togische BeobachtulIgen. [13U<br />

Titanit oder Onkes<strong>in</strong> - gehen diese grauen Töne <strong>in</strong>s Grünliche<br />

über .syenitgranit, Arkes<strong>in</strong>granit).<br />

Auch Chlorit uud Turmal<strong>in</strong>, Granat, Eisenglanz, Pistacit,<br />

Augit, Apatit oder Flussspath zeigen sich da oder dort als<br />

Beimengungen im Granit. GrUnliche Varietäten gew<strong>in</strong>nen <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> Westalpen grosse Verbreitung] z. B. am Albula, Julier,<br />

im Engad<strong>in</strong>. etc .. , abgesehen von ·'dem schon frUher erwlihnten<br />

Protog<strong>in</strong>; rothe s<strong>in</strong>d selten "Lugano, Baveno, Pontres<strong>in</strong>a); noch<br />

seltener blauliche FarbenWne Trafoi,.' DnrchAugite<strong>in</strong>mengungen<br />

zeichnet sich der Granit des Julier und der Syenit vom Monzonigebirge<br />

aus. .Das granitreiche Gebiet von Baveno beherbergt<br />

auch merkwUrdige poröse und blasige Varietäten und<br />

nicht selten neben <strong>den</strong> eigenthiimlichen O.rthoklas-Zwill<strong>in</strong>gskrystallen<br />

Quarz mit Fli1ssigkeitse<strong>in</strong>schlüssen. Im Adamellostock<br />

vertritt der Tonalit 'Hornblende - Plagioklasgranit)<br />

die Stelle des Granits. Durch Ausscheidungen grösserer Feldspathkrystalle<br />

bildet sich mauchmal jene Varietät, die man<br />

porphyrartig nennt, heraus. Bei Beobachtungen <strong>in</strong> Granitgebieten<br />

ist das Augenmerk übrigens am meisten darauf .zu<br />

richten, ob derselbe mit dem anschliessen<strong>den</strong> Schiefergeste<strong>in</strong>,<br />

namentlich Gneiss, gleichförmig zusammenlagert, also als Lagergeste<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> Glied der Formation ausmacht, oder ob er als<br />

gang- und stockförmige Eruptivmasse selbständig auftritt. Man<br />

kennt <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> auch ältere und ji<strong>in</strong>gere Granite, die sich<br />

gegenseitig gangförmig durchsetzen. Bei eruptiven Granitmassen<br />

untersuche man die angrenzende Schieferzone , ob sich <strong>in</strong><br />

derselben Veränderungen nachweisen lassen, dann, <strong>in</strong> welcher<br />

Art und <strong>in</strong> welcher Entfernung von der Grenze solche E<strong>in</strong>flüsse<br />

sich bemerkbar machen (Contactmetamorphose Fleck-,<br />

Frnchtschiefer, Cornubianite, Hornfels, Porphyroide etc.). Auch<br />

der anliegende oder durchbrochene Kalk zeigt sich zuweilen <strong>in</strong><br />

körnige Abänderungen umgebildet, und die Granitränder selbst<br />

tragen zuweilen die Spuren von Texturänderungen an sich (U ebergänge<br />

<strong>in</strong>s Dichte). Aehnliche Beobachtungen, wie sie hier bei<br />

dem Granit aufgefUhrt s<strong>in</strong>d, lassen sich nun an allen granitähnlichen<br />

Massengeste<strong>in</strong>en anstellen.<br />

Ueber die Entstehung dieser verschie<strong>den</strong>artigen Urge~<br />

birgsfelsarten, namentlich des Gneisses, als Hauptreprä-


131 J Besonde1'e (jeolo[/t:~clle BeobachtuJlgen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 153<br />

sentanten derselben, herrschen bekanntlich verschie<strong>den</strong>e Me<strong>in</strong>ungen;<br />

sie gelten dem E<strong>in</strong>en als erste Erstarrungsmassen der<br />

Erdoberfläche, dem Andern als im Ganzen umgeänderte Schiefergeste<strong>in</strong>e<br />

(meta)1lOrphosirte Bildungen). Wahrsche<strong>in</strong>lich richtiger<br />

ist jedoch die Ansicht, welche ihre Entstehung nach<br />

Analogie der Sedimentbildung von e<strong>in</strong>er Ausscheidung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

ersten Stadium der Erdbildung aus wässeriger fHille unter<br />

E<strong>in</strong>fluss von Druck und Wärme, und von e<strong>in</strong>er weiteren Umbildung<br />

(Diagenese) der amorphen Ausscheidung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelne<br />

krystall<strong>in</strong>isehe Bestandtheile oder M<strong>in</strong>eralien ableitet.<br />

Was <strong>den</strong> Granit anbelangt, so ist dessen zweifache Natur<br />

als Lagergeste<strong>in</strong> und eruptive Gangrnasse durch vielfache Beobachtungen<br />

ausseI' Zweifel gestellt. Man muss daher wohl<br />

annehmen, dass e<strong>in</strong> Theil desselben als massig entwickeltes<br />

Gneissmaterial anzusehen sei, während e<strong>in</strong> anderer Theil das<br />

gleiche Magma, aber durch eruptive Thätigkeit <strong>in</strong> besondere<br />

Form und Ausbildung gebracht darstellt. Es ist wichtig, dass<br />

man sich dieser noch offenen Frag'e bei Beobachtungen <strong>in</strong> Urgebirgsgebieten<br />

er<strong>in</strong>nert, um TlJatsachen zu Gunsten der e<strong>in</strong>en<br />

oder der andern Annahme zu sammeln. Beachtenswerth <strong>in</strong><br />

dieser Richtung ist besonders, ob die Geste<strong>in</strong>sbeschaffenheit<br />

immer genau mit der wahren Schichtung' des Gneisses harmonirt,<br />

d. h. ob beide sich decken.<br />

2) Ueber dem älteren Gneiss stellt sich <strong>in</strong> der Reg'el e<strong>in</strong>e<br />

Stufe von krystall<strong>in</strong>ischen Schiefern e<strong>in</strong>, deren Hauptgeste<strong>in</strong><br />

der Glimmerschiefer ausmacht. In <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> lehnt sich <strong>in</strong><br />

Folge des <strong>in</strong>neren Aufbruchs die Glimmerschieferzone zunächst<br />

naeh auswärts an das Gneisscentrnm an. Doch ist diese<br />

zweite Stufe im Ganzen selten vollsti<strong>in</strong>dig, oft gar nicht, entwickelt.<br />

Für sie treten strichweise Chlorit-, Hornblellde-, Dioritund<br />

Talkschiefer e<strong>in</strong> (Faeies) . Vielleicht muss auch e<strong>in</strong> Thcil der<br />

sog. grü nen Sch ie fer (Savoyer, lombardische <strong>Alpen</strong>, Mt. Blane<br />

als Stellvertreter dieser Stufe angesehen wer<strong>den</strong>. Das umstehende<br />

Profil zeigt e<strong>in</strong>en solchen Anschluss der Glimmerschieferhülle<br />

an <strong>den</strong> Centralgneiss im Gebiete des Grossglockner und<br />

Venediger. (Fig. 52.)<br />

In <strong>den</strong> mittleren und östlichen <strong>Alpen</strong> s<strong>in</strong>d die hierhergehörigen<br />

Geste<strong>in</strong>e fast durchgehends kalkhaltig, Kalkglimmerschiefer , -


154 GÜll/bel, Geologische Beobachtungen. [132<br />

Tauernkette, Drauthal, Kapruner-, Kalser-, FuscherThai, PfitschthaI<br />

, 11ft. Cenis,Mt. Blanc). Liebhabervon M<strong>in</strong>eralien mögen auf die<br />

hiiufigen E<strong>in</strong>schlüsse schöner Granaten (Airolo, Premia, S. Sim-.<br />

pion, Ziller-, Passeyerthal, Pfunders(grUn), Kow~ld <strong>in</strong> Steiermark),<br />

Gössnitzthal<br />

Prägraten<br />

Kreuzk opf<br />

Grossglockner<br />

Gr.-Venediger<br />

I) Centralgneiss.<br />

3) Kalkglimmerschiefer.<br />

Fig. 52.<br />

2) Glimmer schiefer.<br />

4) Chloritschiefer.<br />

von Cyanit, Staurolith, Andalusit und Turmal<strong>in</strong> (St. Gotthard,<br />

Zillerthal) und blassgrüne Smaragde (Habachthai im ·Oberp<strong>in</strong>zgau)<br />

<strong>in</strong> dem Glimmerschiefer aufmerksani se<strong>in</strong>. Mit dem Vorkommen<br />

von Chlorit- und Talkschiefer steht das ' häufige Auftreten<br />

von Syenit, Diorit, Gabbro, Serpent<strong>in</strong> und Talk (Tess<strong>in</strong>,<br />

Val Camonica , Berner <strong>Alpen</strong>, Mte Rosa, Engad<strong>in</strong>, Chiavenna,<br />

Vorder-Rhe<strong>in</strong>thal, Westtirol, Tauernkette) 'und das Ersche<strong>in</strong>en<br />

des seltenenTalk-, Topf- oder Lavezste<strong>in</strong>s (besonders bei Chia~<br />

venna, im oberen Engad<strong>in</strong>, im Hospenthal am Gotthard und <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> piemontesischen <strong>Alpen</strong> <strong>in</strong> engster Verb<strong>in</strong>dung. .<br />

3) Die Phyllite oder Urthonschiefer; halbglimmergH<strong>in</strong>zende,<br />

. tiefgraue , schwärzliche oder grünliche, thonige<br />

Schiefer spielen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> als äussere Hülle des Centralstocks<br />

durch ihre mächtige Ausdehnung e<strong>in</strong>e Hauptrolle. In<br />

der Schweiz 'wer<strong>den</strong> sie z. Th. als graue Schiefer - theilweise<br />

kalkhaltig mit Uebergängen <strong>in</strong> thonigen Glimmerschiefer<br />

(Thonglimmerschiefer) und grauwacke-ähnliche Geste<strong>in</strong>e (Gllr<br />

rus-, Walliser-, BUn<strong>den</strong>er- z. Th., Casanna-Schiefer z. Th.) und


133 J Besondere geologische Beobachtungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 155<br />

als g- rü n e Schiefer mit U eberg-ängen <strong>in</strong> Chloritschiefer (Wallis,<br />

Bün<strong>den</strong>, Aosta\ unterschie<strong>den</strong>. In <strong>den</strong> Ostalpen s<strong>in</strong>d vorwaltend<br />

mehl' kalkige graue Schiefer verbreitet, von <strong>den</strong>en sicher<br />

e<strong>in</strong> Theil als echter Phyllit anzusehen ist, während e<strong>in</strong> amlerer,<br />

der vielleicht grössere Theil der paläolithischen Reihe zugewiesen<br />

wer<strong>den</strong> .muss, wenn auch bis jetzt dar<strong>in</strong> nur an wenigen<br />

Stellen organische E<strong>in</strong>schlüsse ,Karawanken, Salzburger<br />

<strong>Alpen</strong>, Hohe Salve) gefun<strong>den</strong> wor<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d. Es muss hier daran<br />

er<strong>in</strong>nert wer<strong>den</strong>, dass e<strong>in</strong>e petrographisch dem lichten Phyllit<br />

fast ganz gleiche Ausbildungsweise <strong>in</strong> manchen <strong>Alpen</strong>theilen<br />

bis <strong>in</strong> sehr junge Schichten, z. B. bis zum Lias, fortdauert.<br />

Man darf desshalb nicht irre wer<strong>den</strong>, <strong>in</strong> solchen phyllitartigen<br />

Schiefern da oder dort Belemniten des Lias Bün<strong>den</strong>'" ja sogar<br />

Algen des Flysches (Prätigau) zu beg-egnen. Daraus folgt VOll<br />

selbst, dass man sehr vorsichtig se<strong>in</strong> muss, ohne genane Ermittelung<br />

der Lagerverlüiltnisse und des normalmässigen Anschlusses<br />

an die centralen Schiefer <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> derartige, glimmergH<strong>in</strong>zende<br />

Schiefer für e c h t e , ä I t e r e P h y II i t e anzusprechen.<br />

Man versäume <strong>in</strong> diesen Gebieten nicht, wo sich etwa sehr<br />

schwarze Schichten oder Kieselschieferlagen bemerkbar machen,<br />

auf Algen- oder Graptolithen-E<strong>in</strong>schlüsse, wo sich kalkige Zwischenlagen<br />

vorf<strong>in</strong><strong>den</strong>, überhaupt nach organischen E<strong>in</strong>schlüssen<br />

zu spähen.<br />

IL<br />

Paläolithische Bildungen.<br />

Die zuletzt betrachteten Phylli te haben uns bereits' an<br />

<strong>den</strong> äusseren Rand der Thonschieferhülle geführt und uns auch<br />

petrographisch mit e<strong>in</strong>er Reihe von Thonschiefern bekannt gemacht,<br />

welche die paläolithischen Schichten e<strong>in</strong>leiten. Auf<br />

diesem Gebiete der ältesten, Verste<strong>in</strong>erungen führen<strong>den</strong> Bildungen<br />

ist wegen Mangel an organischen E<strong>in</strong>schlüssen noch vieles<br />

dunkel und e<strong>in</strong> weites Feld der Forschung offen. Es verdient<br />

<strong>in</strong> dieser Richtung jeder schwarze Schiefer, jede Kalke<strong>in</strong>lagerung<br />

im Gebiete der Thonschiefer mit scharfem Auge auf E<strong>in</strong>schlüsse<br />

von Verste<strong>in</strong>erungen angeschaut zu wer<strong>den</strong>.<br />

Zu dem, was wir <strong>in</strong> dem vorbereiten<strong>den</strong> Theil der <strong>Alpen</strong>geologie<br />

über das Vorkommen von eambrischen, Silur-,


s.<br />

156 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [1.34<br />

Devon-, Culm- und Kohl enablagerungen angedeutet<br />

haben (siehe S. 94ff.) , ist hier wenig' weiter beizufügen. Wir<br />

kennen zur Zeit derartige alte Schiefer der Silur- bis Devonformation<br />

, wie es das beistehende Profil beispielsweise darstellt,<br />

ganz ausschliesslich nur <strong>in</strong> <strong>den</strong> Ostalpen. Es dürfte<br />

FeU.thal<br />

bei U ggowitz<br />

Ob . Uguebach Osternigsattel<br />

Sägmühle<br />

am Uguebach<br />

Wildgraben<br />

Gailthal<br />

bei Vorderberg<br />

Fig.53.<br />

s ) Silurschichten ; d) DevonschichteIl ; ?) Zweifelhafte Devonschichten ;<br />

c) Carbonschichten; p) bunt.er Breccienkalk mit Fusuliuendolomit - Dyas?<br />

k I) Breccie und Kalk; k 2 ) Dolomit.<br />

nicht zu viel gewagt se<strong>in</strong>, zu behaupten, dass sie sich auch <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> übrigen <strong>Alpen</strong> bei fieissigem Suchen f<strong>in</strong><strong>den</strong> wer<strong>den</strong>. Wir<br />

empfehlen sie hiermit der besonderen Beachtung.<br />

Nur über das Vorkommen der jüngsten Glieder dieser Periode<br />

, der Repräsentanten des Rothliegen<strong>den</strong> und des Zechste<strong>in</strong>s<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> mögen e<strong>in</strong>ige weitere Bemerkungen hier<br />

e<strong>in</strong>e Stelle f<strong>in</strong><strong>den</strong>.<br />

Es gibt durch <strong>den</strong> ganzen Zug der <strong>Alpen</strong> von Savoyen ,<br />

bis <strong>in</strong> die Ostalpen und nach Ungarn e<strong>in</strong>e Reihe grober meist<br />

rother Conglomerate, Breccien und Sandste<strong>in</strong>e (sog. Zwischenbildungen)<br />

, welche sowohl vermöge ihrer Stellung über <strong>den</strong> Kohlenschichten<br />

und nach ihrem petrographischen Aussehen, als auch nach<br />

<strong>den</strong> organischen E<strong>in</strong>schlüssen, zum Rothliegen<strong>den</strong> gehören,<br />

wie z. B. Lagen im Val Camonica, Trompia und Caffaro. Sicher<br />

s<strong>in</strong>d dazu viele Conglomerate und Porphyrbreccien zu zählen,<br />

die am Porphyrmassiv von Bozen dem Eruptivgebilde sich aufs<br />

engste anschmiegen und zwischen dasselbe e<strong>in</strong>gekeilt s<strong>in</strong>d (Naifschlucht<br />

bei Meran, Umgegend von Bozen , bei Prösls ,dann<br />

bei Lienz, <strong>in</strong> Judicarien, bei Waidbruck u. s. w.) Auch im<br />

Gailthaler Gebirge bei Kappel treten analoge sandige Lagen mit


135] Besondere geologische Beobachtungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. t57<br />

•<br />

schwarzen, Fusul<strong>in</strong>a führen<strong>den</strong> Kalken auf, welched"et" postcarbonischen<br />

oder Dyasformation zuzurechnen s<strong>in</strong>d " (im Nötschgraben<br />

bei Bleiberg und stellenweise bei Weiten ste<strong>in</strong> <strong>in</strong> Steiermark).<br />

In der Westschweiz ist dies auch von dem sog. Ve r-<br />

Profil an der Stangalpe<br />

Fig. 54.<br />

1) Gneissj ~) Bergkalkj 3) Grundconglorneratj 4) Anthracitschiefer der<br />

Carbonforrnation j 5) Rothes CongJornerat; 6) Oberes Conglomeratj 7) Obere<br />

Schiefer (wahrsche<strong>in</strong>lich Rothliegendes).<br />

rucano <strong>in</strong> Unterwallis erwiesen, während das gleiche Verhalten<br />

bei <strong>den</strong> grossartigen Lagen <strong>in</strong> Glarus, im Vorderrhe<strong>in</strong>thal, im<br />

Bün<strong>den</strong>erGebirge noch nicht sichergestellt ist. Wir wollen hier<br />

auch noch <strong>den</strong> weissen Kalk von Schwaz <strong>in</strong> Tirol nennen.<br />

Wh: betreten aber e<strong>in</strong> bis jetzt noch strittiges Gebiet mit<br />

dem sog. Grö<strong>den</strong>er Sandste<strong>in</strong>, <strong>den</strong> unteren Lagen der<br />

Werfener Schichten und e<strong>in</strong>er Reihe rother , von dem Verruca<br />

no petrographisch oft kaum zu trennender Sandste<strong>in</strong>bildungen;<br />

die auf der andern Seite dem ausseralp<strong>in</strong>en Buntsandste<strong>in</strong><br />

bis zum Verwechseln gleichen. Derartige Geste<strong>in</strong>e streichen<br />

auf bei<strong>den</strong> Seiten am Rande der Centralkette von Savoyen<br />

und dem Bergamasker Gebirge bis nach Fünfkirchen <strong>in</strong> Ungarn.<br />

·An zahlreichen Orten f<strong>in</strong>det man über <strong>den</strong> oberen, oft<br />

dünn~chieferigen und kalkigen Lagen unzweifelhaften Muschelkalk<br />

(ValTrompia, Recoaro, Pusterthal, Reutte, Innsbruck, Salz-.<br />

burger, österreichische <strong>Alpen</strong>) gelagert und von Stelle zu Stelle<br />

enthalten die Sandste<strong>in</strong>schichten sogar e<strong>in</strong>e der charakteristischen


158 Gümhel, Geologische Beobachtungen. [136<br />

Bnntsandste<strong>in</strong>verste<strong>in</strong>erungen (MyopllOria costata s. S. 111), zum<br />

Beweise, dass e<strong>in</strong> guter Theil der rothen Sandste<strong>in</strong>e und Schiefer<br />

(mit <strong>den</strong> sog. Seisser Schichten ) dem ausseralp<strong>in</strong>en Bunts<br />

a 11 d s t e<strong>in</strong> und Röt h gleichkommt. In <strong>den</strong> tieferen Lagen ist<br />

allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Strich der Südalpen alJl S.-Rande des<br />

Pusterthals bis zum Fuss des SchIern, wie es das beistehende<br />

Profil zeigt, e<strong>in</strong>e Zwischenlage schwarzen Kalks, erfüllt mit<br />

Hch lemb.eh<br />

bei Um s<br />

Schlern<br />

Seisseralpe Pu f1er- Grö<strong>den</strong>er<br />

schlucht ThaI<br />

Fig. 55.<br />

P Porphyr; M Augitophyr; C Postcarbonschichten (1).<br />

1) Grö<strong>den</strong>er Sandsle<strong>in</strong> ; 2) Bellerophonkalk; 3) Seisser Schichten; 4) Campiler<br />

Schichten; 5) Dolomit und Buchenste<strong>in</strong>er Kalk; 6) Wengpner Scbicbten;<br />

7) Pietra verde-Lagen; 8) St. Cassianer Schichten; 9) SchIerndolomit und<br />

Ka )k ; 10) Raibler Sohicbten; 11) Hauptdolo!llit.<br />

kle<strong>in</strong>sten weissen Foram<strong>in</strong>iferen und sonstigen Verste<strong>in</strong>erungen<br />

(Bellerophonkalk s. S. 106) oder am Rande des Etschthales<br />

(Neumarkt, Tram<strong>in</strong>, Ueberetsch, Trient u. s. w. ) e<strong>in</strong> weisser oder<br />

gelblicher Dolomit e<strong>in</strong>gebettet, deren organische E<strong>in</strong>schlüsse von<br />

e<strong>in</strong>igen Geologen mit <strong>den</strong>en des Zech s tei ns z. Th. für i<strong>den</strong>tisch,<br />

z. Th. für analog gehalten wer<strong>den</strong>, während nahe darunter im<br />

Sandste<strong>in</strong> Pflanzenreste liegen, die gleichfalls für solche die obere<br />

Dyas charakterisirende Arten gelten. Me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach s<strong>in</strong>d<br />

beide nur Stellvertreter tiefster Triasschichten, .bei welchen gewisse<br />

Anklänge an die unmittelbar vorausgehende Dyaszeit <strong>in</strong><br />

Fauna und Flora von sich selbst verständlich ersche<strong>in</strong>en. Bei der<br />

Controverse <strong>in</strong> der Auffassung dieser merkwü~digen Schichten<br />

wäre e<strong>in</strong> fleissiges Aufsammeln von Verste<strong>in</strong>erungen aus solchen


l3i] Besondere geologische Beobachtungen <strong>in</strong> deu <strong>Alpen</strong>. 159<br />

Lagen <strong>in</strong> hohem Grade erwünscht. Als vorzüg'liche Sammlungsstellen<br />

s<strong>in</strong>d zu empfehlen; für <strong>den</strong> Bellerophonkalk: Heiligenkreuz<br />

und Sexteu im SextenthaIe, Altprags, St. Mart<strong>in</strong> im Enneberg,<br />

Ursprung des Afersbachs, im Villnös-Thal, Puflerschlucht<br />

im Grö<strong>den</strong>er ThaI; für Pflanzenreste die Wassergriiben oberhalb<br />

Missian bei Eppan, Neumarkt am Weg nach Mazzon; bei Lavis<br />

(alter Bergbau auf Kohlen) und Recoaro. Ueberhaupt können<br />

alle Porphyrränder nicht dr<strong>in</strong>gend genug der e<strong>in</strong>gehendsten<br />

Untersuchung empfohlen wer<strong>den</strong>. Schliesslich lenkeu wir mit<br />

e<strong>in</strong> Paar Worten auch die Aufmerksamkeit noch auf die paläolithischen<br />

Eruptivgeste<strong>in</strong>e, welche mit bes chräukt und zerstreut<br />

auftauchen<strong>den</strong> Gesteiuen, wie Dia b as Mte Monzoni, am Grossglockner,<br />

bei W.-Matrei, als sog. Sillit am Sillberg bei Reichenhall<br />

, Schöffau, Wolfgangsee , Ischl, am Arikogel bei Hallstatt),<br />

- Melaphyr (bei Predazzo, am Mulatto, im Val di Rif,<br />

Kaltwasser bei Raibl, Gaisalpe, Ebna, RetterschwangthaI und<br />

H<strong>in</strong>delang <strong>in</strong> <strong>den</strong> AIgäuer <strong>Alpen</strong>, bei Lugano, Griesbachgraben<br />

bei Rougemont, Kärpfstock <strong>in</strong> Glarus) - und Porphyri t<br />

(im Pellegr<strong>in</strong>thal, am Mte Bocche) beg<strong>in</strong>nen und mit dem durch<br />

die ganzen <strong>Alpen</strong> reichlich verbreiteten Porphyr z. B. bei<br />

Lugano, Valore<strong>in</strong>e, im Hasli, an der Gr. W<strong>in</strong>dgelle, <strong>in</strong> Bün<strong>den</strong>,<br />

Mezzaldo, Leffe, Dovegno, Barghe, <strong>in</strong> Judicarien, Bozen<br />

mit zahlreichen Ausläufern, Val Sugana, GelJirge bei Schio.<br />

Raibl, Bleiberg , Radmannsdorf , Vellach, Cilli u. s. w. al1-<br />

schliessen. M<strong>in</strong>eralienliebhabern besonders stehen <strong>in</strong> diesen<br />

Geste<strong>in</strong>en reiche Funde <strong>in</strong> Aussicht.<br />

IH. Mesolithische Bildungen.<br />

Wir leiten die Betrachtung der mes 0 li th is ehe n Geste<strong>in</strong>sreihe,<br />

die mit der Trias beg<strong>in</strong>nt, durch e<strong>in</strong>e zweite Controverse<br />

e<strong>in</strong>, welche mit der eben besprochenen und als e<strong>in</strong>e der<br />

brennendsten geologischen Streitfragen der Neuzeit bezeichneten,<br />

nämlich über die Stellung des Grö<strong>den</strong>er Sandste<strong>in</strong>s und des<br />

Bellerophonkalks <strong>in</strong> engem Zusammeuhang steht. Es ist dies die<br />

Frage über die Lage des <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> vorkommen<strong>den</strong> Ste<strong>in</strong>salzes.


160 Gambel, Geologische Beobachtungen. [138<br />

Wie es <strong>in</strong> sehr verschie<strong>den</strong>en Horizonten der <strong>Alpen</strong>geste<strong>in</strong>e<br />

Gypsablagerungen gibt, so mag es sich auch mit der Ste<strong>in</strong>salzbildung<br />

verhalten. Sichergestellt ist es, dass im Reiche des<br />

alp i ne n B u n t san d s te <strong>in</strong>s (Werfener Schichten) Ste<strong>in</strong>salz mit<br />

Gyps, Anhydrit"und Polyhalit e<strong>in</strong>gebettet vorkommt. Es beweisen<br />

dies die Ste<strong>in</strong>-Pseudomorphosen nach Salzwürfel, die' so häufig<br />

die Schichtflächen des rothen Sandste<strong>in</strong>s bedecken (z. B. Mödl<strong>in</strong>g,<br />

Admont, Gössl<strong>in</strong>g, W<strong>in</strong>dischgarsten, Reichenhaller Burgholz,<br />

Berchtesga<strong>den</strong> u. s. w.. An andern Punkten häuft sich das<br />

Salz <strong>in</strong> <strong>den</strong> dolomitisch-mergeligen Lagen nnterhalb des Wetierste<strong>in</strong>-Hallstätter<br />

Kalkes an. Bei <strong>den</strong> berühmten oberdeutschen<br />

Salzwerken der Salzburger <strong>Alpen</strong> dürften sich beide<br />

salzfiihrende Lagen zu e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heitlichen Ganzen zusammenschliessen.<br />

Der Salzstock im Haller Salzberg liegt bestimmt höher,<br />

nämlich <strong>in</strong> <strong>den</strong> Partnachschichten des alp<strong>in</strong>en Keupers. Erst<br />

wieder <strong>in</strong> <strong>den</strong> Schweizer <strong>Alpen</strong> bei Bex und endlich bei Moutiers<br />

<strong>in</strong> der Tarentaise s<strong>in</strong>d westwärts sporadische Salzstöcke,<br />

aber <strong>in</strong> noch unbestimmten Geste<strong>in</strong>slagen bekannt. Mannichfache<br />

l\'I<strong>in</strong>eralien pflegen das Ste<strong>in</strong>salz zu begleiten, welche die<br />

B2achtung des Sammlers verdienen. Auch merkwürdige Erze,<br />

besonders Kupfer-, Fahl- und Nickel~ze, durchziehen auf Gängen<br />

die schwarzen Kalke dieser Region (Rattenberg, Leogang,<br />

Miirtschenalp, Filisur, Bärenbo<strong>den</strong> <strong>in</strong> der Schweiz, vielleicht<br />

auch Agordo <strong>in</strong> <strong>den</strong> venet. <strong>Alpen</strong>) oder die an ihre Stelle treten<strong>den</strong><br />

Dolomite (Bergbau bei Trient) oder weisserKalk (Schwaz<br />

<strong>in</strong> Tirol. Wir wen<strong>den</strong> uns nach dieser Abschweifung nun zu <strong>den</strong><br />

rilgelmässigen Schichten der mesolithischen Periode, über welche<br />

<strong>in</strong> der Reihe von unten nach oben noch e<strong>in</strong>ige specielle Bemerkungen<br />

nachzutragen s<strong>in</strong>d.<br />

1) Buntsandste<strong>in</strong> der <strong>Alpen</strong>.<br />

'Verrucano z. Th., Werfener Schichten, Grö<strong>den</strong>er Sandste<strong>in</strong><br />

z. Th., Seisser Schichten.)<br />

Zur allgeme<strong>in</strong>en Orientirung kann das nachstehenue Profil<br />

dienen, welches die ganze Reihe der unteren Triasschichten <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er der <strong>in</strong>teressantesten Berggruppen unserer <strong>Alpen</strong>, dem<br />

Kaisergebirge, <strong>in</strong> sich fasst.


139]<br />

Walchsee<br />

Besondere geologische Beobachtungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 161<br />

B <strong>in</strong>terer Kaiser<br />

Hochalpe Wilder Kaiser ThaI bei Ellmau<br />

1) Thonschiefer der H. Salve ; 2) Buntsandst.<strong>in</strong> (Verrocano und Werfen er<br />

Schicht.u); 3) Moschelkalk; 4) Partnachschichtenj 51 Wetterste<strong>in</strong>dolomit<br />

; 6) Wetterste<strong>in</strong>kalk; 7) Raibler Schichten; 8) Haoptdolomit;<br />

9) Nummulitenschichien j 10) Thalgerölle.<br />

Dieser Bildungen ist hier zu wiederholten Malen gedacht<br />

wor<strong>den</strong>, zuletzt bei der Controverse über die Stellung des Bellerophon-Kalkes<br />

und des Ste<strong>in</strong>salzes. Damit wur<strong>den</strong> die Hauptbeziehungen<br />

schon erschöpfend angedeutet, die sich bei dem<br />

Vorkommen des Buntsandste<strong>in</strong>s <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> etwa betonen<br />

lassen, und wir können auf das bereits Angeführte (S. 157-160)<br />

zurückverweisen, welches genügen dürfte, um die Aufmerksamkeit<br />

bei Wanderungen <strong>in</strong> Buntsandste<strong>in</strong>gebieten auf das geologisch<br />

Wichtigste h<strong>in</strong>zulenken. Als m<strong>in</strong>eralogische Merkwürdigkeit<br />

ist das Vorkommen von Wagnerit und Lazulith auf<br />

Klüften. der Werfen er Schichten bei Werfen zu erwähnen.<br />

2)' Muschelkalk.<br />

Sehr häufig legen sich zwischen Buntsandste<strong>in</strong> und Muschelkalk<br />

stark blasige, grossluckige, oft mehl artig sich abbröckelnde<br />

Rauhwacke (Cargneule, Dolomie far<strong>in</strong>oso) e<strong>in</strong>, welche geeignet<br />

ist, durch ihre oft riffartigen Felsaufragungen (z. B. Lichtenberg<br />

bei Saalfel<strong>den</strong>) auf diese Grenzen aufmerksam zu machen.<br />

Doch f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e ähnliclle Rauhwacke auch höher unterhalb<br />

des Hauptdolomits , die man mit dieser tieferen Geste<strong>in</strong>slage<br />

nicht verwechseln darf. In der Regel s<strong>in</strong>d es <strong>in</strong>tensiv<br />

11


162 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [140.<br />

schwarz gefärbte , weissaderige , selten oolithische , zuweilen<br />

dolomitische Kalke und graue Mergel mit <strong>den</strong> früher genannten<br />

Verste<strong>in</strong>erungen (s. S. 112), welche die Reihe der alp<strong>in</strong>en<br />

Muschelkalkschichten namentlich <strong>in</strong> <strong>den</strong> Nordalpen ausmachen<br />

(schöne Aufschlüsse <strong>in</strong> <strong>den</strong> Nordalpen : Amlech und am<br />

Ehrenberg bei Reutte; Partnachthai, Luttergrube und Wamberg<br />

bei Garmisch , Kerschbuchhof bei Innsbruck, Soolleitung Ilsang<br />

und Scharitzkehlgraben' bei Berchtesga<strong>den</strong> , Schreieralpe<br />

bei Hallstatt (hier rothgefärbt) , Reifl<strong>in</strong>g, Gstattenerberg bei<br />

Lunz, Las<strong>in</strong>g, St. Anton , Raxalpe, Guttenste<strong>in</strong>, Altenmark,<br />

Kaltleutgebener Graben bei Rodaun, Cesova , Val Trompia,<br />

Marcheno u. s. w.). Man vergleiche bezüglich der Lagerung<br />

das vorstehende Profil des Kaisergebirges.<br />

In <strong>den</strong> Südalpen setzen die bunten sandigen Schiefer der<br />

sog. Sei s s e r Sc h ich t e n bei Bozen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Reihe ähnlicher:<br />

oft <strong>in</strong>tensiv rother Lagen fort, <strong>in</strong> <strong>den</strong> sog. Campiler Schichten,<br />

die als e<strong>in</strong>e sandige schieferige Entwickelung des unters<br />

ten Muschelkalkes anzusehen se<strong>in</strong> dürften (gute Aufschlüsse<br />

bei Bozen , bei , Ums , Tiers, Welschenofen , Tisens, KaUern,<br />

Fig, 5ßb,<br />

L<strong>in</strong>ks: Ammoniles cas.fJlrmus Q\l.<br />

Rec hts : Amrnm lite.o; lr<strong>in</strong>od6s?tS v. Hau . .<br />

Tram<strong>in</strong> mit zahlreichen Verste<strong>in</strong>erungen, Anaplophora. fa.ysaensis,<br />

Naticella costata, TU1"bo rectecostatus, Ammonites cilssianus u. 8. w.<br />

Wir stellen <strong>in</strong> derbeigefrlgten Zeichnung (Fig. 561>. ) <strong>den</strong> beson-


141 J Besondn'e geologische Beobaclttullgen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 163<br />

-ders charakteristischen Ammol1itM caSSial1U8 aus <strong>den</strong> Campiler<br />

.Schichten mit dem A. b<strong>in</strong>odosu8 v. H.


16-! Giimbel, Geologische Beobachtungen. ~142<br />

(lauerte. Es ist namentlich das Gebiet zunächst O. vom Bozener<br />

Porphyrstock zwischen Fleimser- oder Fassa-, Boite-, AbteL<br />

und Grö<strong>den</strong>er ThaI, welches durch das massige Auftreten des<br />

sog. Augitophyrs und mit demselben verbun<strong>den</strong>er Eruptivgeste<strong>in</strong>e,<br />

sowie durch grossartige Tuffablagerungen als der<br />

:Mittelpunkt dieser merkwürdigen Ersche<strong>in</strong>ung <strong>in</strong> <strong>den</strong> ganzen<br />

<strong>Alpen</strong> sich zu erkennen giebt. Es dürfte fast überflüssig se<strong>in</strong>,<br />

liie ohneh<strong>in</strong> schon weltberühmte nächste Umgebung von Predazzo<br />

und <strong>den</strong> Mte Monzoni als diejenige Gegend der <strong>Alpen</strong><br />

zu bezeichnen, wo alle die hierhergehörigen Ersche<strong>in</strong>nngen<br />

ebenso bequem, wie ausgiebig studirt wer<strong>den</strong> können. Wenn<br />

der Mte Monzoni durch die Mannichfaltigkeit dieser Eruptivgeste<strong>in</strong>e<br />

iMonzonit, Turmal<strong>in</strong>granit , Diabas-Augitophyr, Porphyrit)<br />

und das Vorkommen prächtiger M<strong>in</strong>eralien zum Besuch<br />

empfohlen zn wer<strong>den</strong> verdient, so ist Predazzo mit dem gegenüberliegen<strong>den</strong><br />

Berghang Canzacoli dadurch ausgezeichnet und berühmt,<br />

dass hier dnrch Contactmetamorphose der Sedimentärkalk<br />

<strong>in</strong> prächtigen weissen, körnigen Kalk (grosse Ste<strong>in</strong>brüche) umgewandelt<br />

ist. Längs der Contactstelle s<strong>in</strong>d zahlreiche nene M<strong>in</strong>eralien<br />

entstan<strong>den</strong> (Granat, Vesuvian, Gehlenit, Fassait, Wollastonit,<br />

Sp<strong>in</strong>ell u. s. w.) und hier wie am Mte Monzoni w<strong>in</strong>kt dem M<strong>in</strong>eraliensammler<br />

die reichste Ausbeute. Aehuliche Eruptivgeste<strong>in</strong>e<br />

s<strong>in</strong>d sonst überall nur <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Kuppen bekannt,<br />

z. B. Mte Sumano und bei St. Giorgio im Vicent<strong>in</strong>ischen, bei<br />

Lienz, bei Kaltwasser, <strong>in</strong> der Carnia, e<strong>in</strong>zelne Punkte <strong>in</strong> Kra<strong>in</strong><br />

u. s. w. Vielleicht gehört hierher auch das Eruptivgeste<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> Grüben bei Ehrwald am Westfusse der Zugspitze.<br />

3) Alp<strong>in</strong>er Keuper.<br />

a) Partnach-, St. Cassial~er oder Untere Cardita-·<br />

Schichten, Stufe des Lettenkeupers.<br />

Mit <strong>den</strong> eben erwähnten Tuffen der Angitophyre beg<strong>in</strong>nen <strong>in</strong><br />

lien weiten Gebieten von Enneberg und Fassa über <strong>den</strong> Wengener<br />

Schichten und Buchenste<strong>in</strong>kalken die durch ihre· zahlreichen<br />

Verste<strong>in</strong>erungen weltberühmten sog. St. Cassianer<br />

Schichten (s. S. 114). Sie s<strong>in</strong>d als solche nur e<strong>in</strong>e lokale


143] Besondlffe geologische Beobachtungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>, 165<br />

Facies, deren gehäufte organische E<strong>in</strong>schlüsse sich auf die Umgegend<br />

Enne bergs beschränken ,Set Sass, Prelop.gei, bei Pescol,<br />

am Fuss des Plattkofel, zwischen Molignon und Cipit auf<br />

der Seisser Alpe), Dah<strong>in</strong> g'ehören auch die verste<strong>in</strong>erungsreiehen<br />

Schichten von lIeiligkreuz am W.-Fusse des Heiligkreuzkofels.<br />

Ausserhalb der südalp<strong>in</strong>en Eruptivgebiete haben sich zu<br />

gleicher Zeit mit <strong>den</strong> St. Cassianer Schichten an ihrer Statt<br />

thonige und sandige Ablagerungen gebildet, die wir unter dem<br />

generellen Namen der Partna chschichten zusammenfassen<br />

(sonst auch Lunzer Sandste<strong>in</strong>-, Re<strong>in</strong>grabener Schichten z. Th.<br />

genannt) und als Zeitäquivalente des ausseralp<strong>in</strong>en Let t enkeupers<br />

betrachten. Darauf weisen die <strong>in</strong> <strong>den</strong> grünlichgrauen<br />

Sandste<strong>in</strong>lagen e<strong>in</strong>geschlossenen Pflanzenreste , die vor<br />

allem der Beachtung zu empfehlen s<strong>in</strong>d FundsteIlen : Weissenbach<br />

bei Reutte, Warth im Oberlechthai, Blu<strong>den</strong>z, Scharfmösele<br />

und Partnachthal bei Garmisch, Innsbruck, S-Fuss am Wil<strong>den</strong><br />

Kaiser, Lunz, Arztberg an der Enns, Lilienfeld an der Traisen,<br />

Gössl<strong>in</strong>g bei Hochriss) h<strong>in</strong>. Im Gebiete der Salzalpen nehmen verste<strong>in</strong>erungsreiche<br />

graue Mergel Scharitzkehlgraben, Zlambach<br />

bei Goisern) oder auch schwarze, zur Cementbereitung dienliche<br />

Schichten (Cementschiefer von Aussee j diese Stelle e<strong>in</strong>. In <strong>den</strong><br />

SO-<strong>Alpen</strong> zeichnen sich auch wieder tuffige Lagen I,Z. B. Kaltwasser<br />

bei Raibl), aber <strong>in</strong> sehr beschränkter Weise entwickelt.<br />

Auf der südwestlichen Seite der <strong>Alpen</strong> mögen die Fischschiefer<br />

von Perledo am Comersee auf dieses Niveau zu setzen se<strong>in</strong>,<br />

wie gewisse pflanzenführen<strong>den</strong> Schichten bei Schilpario und im<br />

Val Camonica. In diesen überall ger<strong>in</strong>gmächtigen und durch<br />

Verwitterung stark veränderten Schichten, welche meist am<br />

Saume von Längsthälern ausstreichen oder Passe<strong>in</strong>schnitte bil<strong>den</strong>,<br />

ist die Orientirung selbst fUr Geologen schwierig und nur<br />

durch die Beobachtung der Lagerungsfolge und der Verste<strong>in</strong>e­<br />

:rungen zu gew<strong>in</strong>nen. Wir eilen daher zu e<strong>in</strong>er mächtigen, die<br />

grossartigsten Gestalten der Bergriesen unserer Kalkalpen bed<strong>in</strong>gen<strong>den</strong><br />

Geste<strong>in</strong>sbildung , geeignet, uns rascher <strong>in</strong> <strong>den</strong> mannichfachen<br />

Schichtenbildungen zurechtf<strong>in</strong><strong>den</strong> zu lassen.


166 Gü/ubel, Geologische Beobachtungen. [ 14


145J Besondm'e geologische Beobachtungen t'n <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 167<br />

vergleiche das vorstehende Profil iSo 15S:. Es genügt, die sogenannten<br />

Dolomitberge Schiern, Plattkofel , ~Iormaladll als Beispiele<br />

zu nennen. ~Westwärts setzt der Zug über Latemar, Joch<br />

Grimm, Cision zum Etschthal sich senkend, jenseits wieder zu<br />

dem gewaltigen Gebirgsstock der Mendel aufgerichtet durch<br />

Judicarien, Val Camonica, Val Brembana zum Comersee, <strong>in</strong><br />

dessen Nähe bei dem Dörfchen Es<strong>in</strong>o das Geste<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>er<br />

erstaunlichen ~Ienge sehr wohl erhaltener Verste<strong>in</strong>erungen erfüllt<br />

(daher Es<strong>in</strong>oschichten'l getroffen wird, fort. In diesem 'Strich<br />

Iler lombardischen <strong>Alpen</strong> fällt die sog. Dolomia metallifera durch<br />

e<strong>in</strong>e Art Riesenoolithstructur ganz besonders <strong>in</strong> die Augen. Aus­<br />

Hiufer streichen weiter bis über <strong>den</strong> Lago maggiore h<strong>in</strong>aus. Noch<br />

bedeutender ist die Verbreitung ostwärts vom Etschthale bei<br />

Trient bis zur ungarischen Ebene. Hier wollen wir nur wenige<br />

wichtigere Glieder hervorheben: so <strong>den</strong> ~It. Clapsavon mit se<strong>in</strong>em<br />

Reichthum an Verste<strong>in</strong>erungen, die durch ihre Fülle von<br />

Blei- und Z<strong>in</strong>kerzen berühmten Kalkberge bei Villaeh, <strong>den</strong><br />

Raibler Bleiberg und endlich die ausgedehnten Kalkberge bci<br />

Idria und Zirknitz.<br />

In diesen Kalkbergen , welche durch ihre Schönheit und<br />

die Schwierigkeiten, die viele ihrer Gipfel dem Ersteigen bereiten,<br />

vor andern das Ziel rüstiger Bergsteiger und der Liebl<strong>in</strong>g<br />

der <strong>Alpen</strong>besucher gewor<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d, bietet sich e<strong>in</strong>e Fülle<br />

von Gelegenheit, <strong>in</strong>teressante und wichtige geologische Beobachtungen<br />

zu machen. Es s<strong>in</strong>d vor allen die so leicht <strong>in</strong>s Auge<br />

fallen<strong>den</strong> und ungeme<strong>in</strong> häufig vorkommen<strong>den</strong> zierlichen Kalkalgen<br />

GYI'oporella :s. S. 115 No. 9), deren zierliche R<strong>in</strong>ge und Röhrchen<br />

ausgewittert die Natur des Kalks so sicher verrathen,<br />

dass sie der Beachtung besonders dr<strong>in</strong>gend zu empfehlen s<strong>in</strong>d,<br />

namentlich bei Ersteigung der höchsten Spitzen der Bergriesen,<br />

auf weichen oft noch jüngere Geste<strong>in</strong>e aufgesetzt s<strong>in</strong>d, ohne<br />

dergleichen Röhrchen zu beherbergen.<br />

Von <strong>den</strong> vielen anderen Verste<strong>in</strong>erungen wollen wir nicht ausführlicher<br />

sprechen; sie s<strong>in</strong>d ja alle von Wichtigkeit und der<br />

Beachtung werth; nur die Korallene<strong>in</strong>schHisse s<strong>in</strong>d noch hervorzuheben,<br />

weil damit e<strong>in</strong>e Streitfrage zusammenhängt, welche<br />

sich auf die Entstehung der plötzlich <strong>in</strong> grosser Mächtigkeit<br />

sich erheben<strong>den</strong> Kalk - oder Dolomitfelsmassen bezieht.


168 Gümbel, Geologische Beobachütngen. [ 146<br />

Dieses locale Anschwellen der Kalkflötze leiten e<strong>in</strong>ige ,Geologen<br />

von alten Korallenriffen her, deren Form sich <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Kalkmassen erhalten haben soll. Von Anderen wird diese Annahme<br />

<strong>in</strong> Zweifel gezogen. Es handelt sich hierbei um <strong>den</strong><br />

Nachweis der Korallen im Geste<strong>in</strong> und um die Uebere<strong>in</strong>stimmung<br />

der Felsstrnctur mit jener der Korallenriffe. Dadurch<br />

gew<strong>in</strong>nt die Besteigung solcher Kalkberge e<strong>in</strong> erhöhtes Interesse,<br />

das wir hiermit angeregt haben möchten. Die mehr oder<br />

weniger deutliche Schichtung des Kalklagerdolomits, die petrographisehe<br />

Beschaffenheit des Geste<strong>in</strong>s, ob es aus Kalk, oder<br />

Dolomit, oder Halbdolomit bestehe, verdienen gleichfalls die<br />

Berücksichtigung des Reisen<strong>den</strong>. Es ist sehr merkwürdig,<br />

dass gerade <strong>in</strong> diesem kalkigen Geste<strong>in</strong> an so zahllosen Stellen<br />

Blei- und Z<strong>in</strong>kerze gefun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>, dass man das Geste<strong>in</strong><br />

geradezu Erzkalk nennen könnte (Bieberwier, Höllenthai, Mittenwald,<br />

Nassereit , Rauschenberg und die ergiebigen Bergwerke<br />

bei Raibl, Villaeh, Bleiberg und viele Orte <strong>in</strong> <strong>den</strong> lombardischen<br />

<strong>Alpen</strong>). Charakteristisch für dieses Vorkommen ist,<br />

dass die Haupterze Bleiglanz und Galmei fast constant von<br />

Gelbbleierz begleitet wer<strong>den</strong>. Da giebt es Mancherlei zu<br />

sammeln, selbst die alten Bergbauhal<strong>den</strong> erregen <strong>in</strong> diesem<br />

S<strong>in</strong>ne Interesse. Um nicht Irrungen zu begegnen, sei noch<br />

erwähnt, dass bereits <strong>in</strong> diesem Kalk Muschelverste<strong>in</strong>erungen<br />

vorkommen, welche der Dachste<strong>in</strong>bivalve :s. S. 117) sehr ähnlich,<br />

nicht i<strong>den</strong>tisch s<strong>in</strong>d. Ihre Form ist kle<strong>in</strong>er und weniger<br />

dick und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art an der h<strong>in</strong>teren Seite doppelkantig. In<br />

dem Gebiete der Bün<strong>den</strong>er <strong>Alpen</strong>, im Oberengad<strong>in</strong> bis znm<br />

V<strong>in</strong>tschgau, schli<strong>in</strong>gelt sich neben dem Verrucano und der oft<br />

gypsigen Rauhwaeke e<strong>in</strong> schmaler Streifen von schwärzlich<br />

grauem, abwechselnd auch hellfarbigem, bald festem, bald porösem<br />

Kalk und Dolomit unter dem Namen Arlbergkalk durch<br />

das hohe Gebirge und berührt selbst die Ortlergruppe. Derselbe<br />

gilt als Stellvertreter des Wetterste<strong>in</strong>kalkes. Aber noch<br />

fehlen alle sicheren Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser<br />

Annahme. Es kann daher gerade diese Geste<strong>in</strong>sreihe <strong>in</strong> ihrem<br />

ganzen Verhalten der Aufmerksamkeit, besonders der<br />

Ortler-Besteiger, nicht dr<strong>in</strong>gend genug empfohlen wer<strong>den</strong>.<br />

Namentlich möge man nach <strong>den</strong> kle<strong>in</strong>en Gyroporellen (s. S. 115)


147J Besondere geologische Beobachtungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 169<br />

Umschau halten, welche am leichtesten auf verwitterten Geste<strong>in</strong>sstücken<br />

sich entdecken lassen und, wie erwähnt wurde,<br />

für die Altersbestimmnng des Kalkes von grossem Werthe s<strong>in</strong>d.<br />

c) Raibler oder obere Cardita-Schichten.<br />

Lüner-, Opponitzer-, G01'no- und D08sena-Schichten mit Gen'illia<br />

bipm·tita.<br />

Ueber <strong>den</strong> elJen erwähnten Kalk- und Dolomitmassen folgt<br />

<strong>in</strong> Sätteln oder auf e<strong>in</strong>geschnittenen Terrassen vielfach aufgeschlossen<br />

und zu Tage ausstreichend e<strong>in</strong>e ähnliche mergelige<br />

Schichtenreihe, wie wir sie unter dem mächtigen Kalke <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

sog. Partnachschichten kennen gelernt haben. Sie hat, wie die<br />

Aufschrift lehrt, sehr verschie<strong>den</strong>e Namen erhalten und g'ew<strong>in</strong>nt<br />

besonders dadurch e<strong>in</strong> erhUhtes Interesse, dass sie überall, wo<br />

sie auftritt, als e<strong>in</strong> wesentliches l\foment der Gebirgsgestaltung'<br />

sich zu erkennen giebt. Denn viele tiefe Gebirgse<strong>in</strong>schnitte,<br />

Sättel und wei<strong>den</strong>reiche Stufen, die oft bandartig zwischen<br />

<strong>den</strong> wildzackigsten Kämmen sich fortziehen, s<strong>in</strong>d alle<strong>in</strong> durch<br />

das Vorkommen dieser l\fergellagen bed<strong>in</strong>gt. Schon dies geniigt,<br />

die Wichtigkeit der Rai b I er Schi c h ten anzudeuten.<br />

Dazu kommt ferner noch e<strong>in</strong>e Fülle von <strong>in</strong> ihnen e<strong>in</strong>geschlossenen,<br />

oft sehr wohlerhaltenen Verste<strong>in</strong>erungen, welche <strong>den</strong>en<br />

der tieferen Cassianer Stufe sehr nahe stehen und mit diesen<br />

zunächst zu vergleichen s<strong>in</strong>d. Welchen Reichthum an Formen<br />

der Bewohner e<strong>in</strong>es uralten l\feeres, ausgestorbene Arten als<br />

Vermittler früherer und späterer Zeit kUnnen wir da oft mit<br />

leichter l\fühe aus dem weichen l\fergel, Seeg'eschUpfe, lIIuschel-<br />

und Schneckenschalen auf <strong>den</strong> hUchsten Bergen sammeIn!<br />

Zuweilen tragen solche E<strong>in</strong>schlüsse noch <strong>den</strong> wunderschönen<br />

irisiren<strong>den</strong> Farbenschmuck mancher leben<strong>den</strong> l\fuschelschalen<br />

(sog. irisirender lIIuschelmarmor von Bleiberg , auch<br />

vom Lavatscher Joch bei Innsbruck). Wie oft auch tritt au ihrem<br />

Saume auf der das Wasser nicht durchlassen<strong>den</strong> Schicht e<strong>in</strong>e<br />

Quelle hervor und gibt e<strong>in</strong>em üppigen Blumengarten das Dase<strong>in</strong>.<br />

Selten betritt der <strong>Alpen</strong>wanderer diese Geste<strong>in</strong>sstreifen , ohne<br />

durch e<strong>in</strong> tr<strong>in</strong>kbares Wasser erfreut zu wer<strong>den</strong>. Zahlreiche<br />

<strong>Alpen</strong> benützen <strong>den</strong> grasreichen , feuchten Bo<strong>den</strong>, <strong>den</strong> die


170 Gümbel, Geologische Beobachtungen. (148<br />

Zersetzung der Mergel liefert, z. B.Wetterste<strong>in</strong>alpe, FrauenalpI<br />

, Hochalpe am Kaiser, Moosalpe am Kienberg, Lüneralpe an<br />

der Scesaplana, Zirlerkristenalpe, Pre<strong>in</strong>dler-, Arzmoos-, Kaum-,<br />

Wildalpe u. 8. w. , um hier weit ausgedehnte Wei<strong>den</strong> sich zu<br />

schaffen.<br />

In <strong>den</strong> Südalpen nehmen diese Bildungen oft e<strong>in</strong>e eigene<br />

Beschaffenheit an, wie z. B. bei Raibl, wo unmittelbar auf<br />

Wetterste<strong>in</strong>kalk fischreiche Schiefer, dann harte Kalkmergel<br />

mit weichen Zwischenlagen und Bänken hornste<strong>in</strong>führen<strong>den</strong><br />

Kalkes und Dolomits, erfüllt von e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en der Dac.hste<strong>in</strong>bivalve<br />

ähnlichen Muschel und noch höher wieder reic.he Mergel<br />

(sog. Torerschichten) unter dem mächtig sich aufbauen<strong>den</strong><br />

Hauptdolomit lagern. Auf bei<strong>den</strong> Thalseiten (Torer- und Thör!­<br />

sattel) f<strong>in</strong><strong>den</strong> sich höchst ergiebige Fundstellen von Verste<strong>in</strong>~<br />

rungen <strong>in</strong> diesen Mergelschichten. In ähnlicher Beschaffenheit<br />

zieht diese Stufe durch die ganzen SO.-<strong>Alpen</strong> , als e<strong>in</strong>. zwar<br />

meist schmaler, aber weith<strong>in</strong> ausgedehnter Geste<strong>in</strong>sstreifen<br />

bis Cla<strong>den</strong>ico und zum Südfusse des Mt. T<strong>in</strong>izza bei Ampezzo).<br />

Im Gebiete zwischen Piave und Etsch nehmen solche Gebilde<br />

oft e<strong>in</strong>e rothe Farbe und tuffige Beschaffenheit an ( Schlern~<br />

plateau, W. vom Mendelwirthshaus), wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong> Folge<br />

e<strong>in</strong>er Beimengung von Eruptionsmaterial, welches sich <strong>in</strong> ihrer<br />

Nähe durch das Vorkommen von augitophyrartiger Gang- und<br />

Deckengeste<strong>in</strong>e verräth. .<br />

Fig. 5fj c.<br />

In <strong>den</strong> lombardischen <strong>Alpen</strong> endlich spielen die unter dem Na.­<br />

men Schichten von Gorno und Dossena oder der Gervillia bi partita,<br />

von der hier (Fig. 56c. ) noch e<strong>in</strong>e Abbildung nachträglich beig&!


149] Besondere geologz'sche Beobachtungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 171<br />

fügt ·ist, e<strong>in</strong>e gros se Rolle, <strong>in</strong>dem sie sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em fast UDl.mterbrochenen<br />

Bande vom Lago d'Idro bis über <strong>den</strong> Comersee zum<br />

Grossen See h<strong>in</strong>ausschlängeln, z. B. bei Cassiglio und Olmo<br />

unfern Piazza, bei Gorno und Ardese im Val Seriana, am Mte<br />

Alto N. vom Iseosee, bei Vestone u. s. w.<br />

d) Hauptdolomit.<br />

Im weiteren Aufbau des Kalkgebirgs folgt nun das verbreitetste<br />

und durchschnittlich mächtigste, jedoch e<strong>in</strong>förmigste<br />

Glied - der sog. Hauptdolomit mit Plattenkalk , der meist<br />

aus kalkigem Dolomit besteht, strichweise aber auch (Salzkammergut<br />

, Berchtesga<strong>den</strong>) durch e<strong>in</strong> System von Kalkschichten<br />

ersetzt wird (un te r er Da c'b. s tei n kalk). Als D 010 mit<br />

durch e<strong>in</strong>e bis <strong>in</strong>s Endlose gehende Zerklüftung <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>e parallelepipedische<br />

Stückehen zersprengt, neigt sich das Ge-<br />

Ewiger Schnee<br />

S.ttel<br />

bei Saalfel<strong>den</strong><br />

Berge<br />

bei Dif:nten<br />

Fig.57.<br />

1) Thonschiefer von unbestimmtem Alter; 2) silurischer Thonschiefer ; 3) Kalkund<br />

Eisenerz-E<strong>in</strong>lagerungen <strong>in</strong> letzterem; 4) Werfener Schichten; 5) Rauhwacke;<br />

6) Muschelkalk; 7) Wetterste<strong>in</strong>kalk ; 8) Raibler Mergelschichten ;<br />

9) Hauptdolomit, untere Region; 10) dessen obere Region als Plattenkalk oder<br />

unterer Dachste<strong>in</strong>kalk ausgebildet; 10 b) oberer Dachste<strong>in</strong>kalk ; 11) rother<br />

Liaskalk ; 12) graue Algauschiefer des oberen Lias.<br />

ste<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>em leichten Zerbröckeln und zeigt sich mit stets<br />

rauher Oberfläche zu · tausendfachen wil<strong>den</strong> Ste<strong>in</strong>r<strong>in</strong>nen , zerschlitzten<br />

Felsgräben , scharfen Schnei<strong>den</strong> und Gräten, kühnen<br />

Spitzen und Nadeln ausgezackt und <strong>in</strong> <strong>den</strong> mannichfachsten


172 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [150<br />

Formen zu pflanzenarmen , oft ö<strong>den</strong> Bergen aufgethürmt. Sie<br />

bieten daher ger<strong>in</strong>geres geologisches Interesse, zumal auch<br />

Verste<strong>in</strong>erungen dar<strong>in</strong> zu <strong>den</strong> grössten Seltenheiten gehören<br />

und nur stellenweise als vere<strong>in</strong>zelte Ste<strong>in</strong>kerne (s. S. 117) die<br />

ermü<strong>den</strong>de E<strong>in</strong>förmigkeit unterbrechen. Da giebt es kaum<br />

e<strong>in</strong>e geologische Beobachtung zu machen, selbst nicht au <strong>den</strong><br />

oft wunderlich ausgezackten Rauhwackenriffen, welche<br />

neben Gypsstöcken sich vielfach an der Basis der Dolomitmassen<br />

e<strong>in</strong>stellen. Die Gegen<strong>den</strong> dagegen, wo kalkiges Geste<strong>in</strong><br />

vorherrscht und sich mit dem obern Dachste<strong>in</strong>kalk vere<strong>in</strong>igt zu<br />

ganz gewaltigen Kalkmassiven zusammenschliesst, wie solche<br />

uns <strong>in</strong> dem Plateaugebirge der Salzalpen - von Berchtesga<strong>den</strong><br />

bis Aussee - entgegentreten, gehören zu <strong>den</strong> landschaftlich<br />

groBsartigsten der Nebenzone - Dachste<strong>in</strong>stock, Tännen, Uebergossene<br />

Alpe, Ewigschneeg'ebirge, Watzmann, Untersberg, Reitalpe,<br />

Loferer Ste<strong>in</strong>berge. Die Ge birge, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en der zerbröckelnde<br />

Hauptdolomit die Herrschaft besitzt, zeichnen sich durch ihre<br />

zerrissenen, viel zerschlitzten und unruhigen Formen aus,<br />

wie sie z. B. im Hochvogelgebirge, <strong>in</strong> <strong>den</strong> Vorderriss-Bergen,<br />

im Sonnwendjoch, Schneeberg, Voralpe, Schwarzberg-Kirchwald<br />

bei Mariazell, Moedl<strong>in</strong>g, im Sü<strong>den</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Karawanken,<br />

Sannthaler <strong>Alpen</strong>, Woche<strong>in</strong>er Gebirgen, Gr. Obir, Terglou, Mte<br />

Can<strong>in</strong>, Mt. Turlon, im Rauhkofelgebirge bei Lienz, <strong>in</strong> <strong>den</strong> Bergen<br />

von Auronzo und <strong>den</strong> Fassaner <strong>Alpen</strong>, <strong>in</strong> <strong>den</strong> Gebirgen am Gardasee<br />

und durch die ganzen lombardischen <strong>Alpen</strong> h<strong>in</strong>durch immer<br />

wiederkehren. Ob auch Felsmassen <strong>in</strong> der OrtIergruppe <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Bündner <strong>Alpen</strong> hierher zu rechnen seien, ist noch nicht mit<br />

e<strong>in</strong>iger Sicherheit ermittelt.<br />

e) Rhaetische Schichten.<br />

Stufe der Avicula contorta.<br />

So wenig Abwechselung sich der geologischen Forschung <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Dolomitbergen der vorigen Stufe darbietet, so lebhaftes Interesse<br />

beansprucht die <strong>den</strong> Hauptdolomit überlagernde meist mergelige<br />

und überaus verste<strong>in</strong>erungsreiche rhätische Schichtenreihe<br />

(s. S. 118). Zumeist s<strong>in</strong>d es Geste<strong>in</strong>e dieser wichtigen Schichtenbildung<br />

mit ihren grossen , weidereichen , quelligen Alp-


151] Be$ondere geologische Beobachtungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 173-<br />

Bächen, die <strong>in</strong>mitten der ödesten Dolomitgebirge unß e<strong>in</strong>la<strong>den</strong>d<br />

w<strong>in</strong>ken und dem Wanderer Rast, Obdach und frischen Trunk<br />

gewähren. Den leicht zersetzbaren und sich ausebnen<strong>den</strong><br />

Mergelgeste<strong>in</strong>en der r hä t i sc h e n S t u fe verdanken wir diese<br />

herrlichen Oasen <strong>in</strong> der Ste<strong>in</strong>wüste. Der Quellenreichthum bewirkt<br />

häufig, dass der Untergrund schlüpfrig und kothig bleibt,<br />

sod~ss viele gerade dieser <strong>Alpen</strong> <strong>den</strong> Namen "Kothalpen" tragen.<br />

Wo a·ber die Gewässer zu kle<strong>in</strong>en R<strong>in</strong>nsalen sich samme<strong>in</strong>,<br />

<strong>in</strong> das weiche Geste<strong>in</strong> e<strong>in</strong>schnei<strong>den</strong> und die leicht zerstörbaren<br />

Mergel auswaschen , da tritt uns e<strong>in</strong>e geradezu<br />

erstaunliche Fülle der herrlichsten Verste<strong>in</strong>erungen entgegen,<br />

die zu sammeln ebenso verdienstvoll, wie lohnend ist. Welch'<br />

grosse wissenschaftliche Schätze können durch solche Auf-<br />

. sammlungen von unseren <strong>Alpen</strong>reisen<strong>den</strong> gehoben wer<strong>den</strong>! E<strong>in</strong><br />

Normalprofil aus <strong>den</strong> Mie sbacber Alpßn .<br />

Fig. 58.<br />

11 Jlauptdolomit ; 2) Plattenkalk oder unterer Dacbst.<strong>in</strong>kalk: 3) rhätische<br />

Sehichten; 4) oberer Dachste<strong>in</strong>kalk ; 5) Liasschi chteIl ; ~) Jnraaptychenschichten;<br />

i) Neocomschichten.<br />

altes Meer, ähnlich wie jenes der St. Cassianer und der RaibIer<br />

Stufe, aber e<strong>in</strong> relativ jüngeres, liegt hier gleichsam verste<strong>in</strong>ert<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Muscheln und Korallenschätzen ausgebreitet<br />

vor uns und bietet uns die Reichthümer an organischen Formen,<br />

die es e<strong>in</strong>st belebten. Wir wollen e<strong>in</strong>ige der bekanntesten<br />

und ergiebigsten FundsteIlen solcher rhätischen Verste<strong>in</strong>erungen<br />

hier beifügen, um <strong>den</strong> Sammeleifer anzuspornen. In<br />

<strong>den</strong> westlichen Schweizer <strong>Alpen</strong> s<strong>in</strong>d sie spärlich und vere<strong>in</strong>zelt<br />

: Bei Matr<strong>in</strong>ge im Chablais , <strong>in</strong> Maurienne, <strong>in</strong> <strong>den</strong> Frei-


174 Giimbel, Geologische Beobachtungen. [ 152<br />

burg'er <strong>Alpen</strong>, im J avroythal und bei Spiez am Tlnmer See.<br />

Erst O. vom Rhe<strong>in</strong>thai entfalten sie sich <strong>in</strong> ergiebiger Ueppigkeit,<br />

gleich von der Schweizer Grenze an der Scesaplana<br />

beg<strong>in</strong>nend und von da an fortstreichend durch die Algäuer<br />

<strong>Alpen</strong> Krumbachsattel, Formar<strong>in</strong>, Bernhardsthal bei Elbigenalp,<br />

Palmwand bei H<strong>in</strong>delang), dann im Zugspitzgebiet im Naidernachthal,<br />

im Lahnewiesgraben bei Garmisch , am Krotenkopf,<br />

Heimgarten, am Walehensee, am Spitz<strong>in</strong>gsee, wo an der<br />

Benz<strong>in</strong>galpe auch Gyps sich e<strong>in</strong>stellt, an der Kothalpe am Wendeiste<strong>in</strong><br />

, am Grossen Traithen und Brünnste<strong>in</strong>, im Gastättergmben,<br />

am Hochfellengipfel, <strong>in</strong> der Klamm bei Kössen (daher der<br />

vielfach gebräuchliche Namen: "Kössener Schichten"), am<br />

Kammerkar , im ~Wundergraben, ]\iahmoshals, am Osterhorn.<br />

S. bei St. Wolfgang, am Schaf- und Gaisberg, im Eibengraben<br />

bei Ebensee, bei Stahremberg, an der Feuchtenalpe im Sengsengebirge,<br />

im Pechgmben, <strong>in</strong> der Grassau, bei Gresten, am Kraxenberg'<br />

, an der Mamll<strong>in</strong>gerwand, bei Enzersfeld und Hirtenberg'<br />

, im Helenenthal bei Ba<strong>den</strong>, Ann<strong>in</strong>ger bei ]\Wdl<strong>in</strong>g, Gumpertskirehen,<br />

am Dürren Lies<strong>in</strong>g, zu St. Veit bei Hietz<strong>in</strong>g. Auch<br />

aus <strong>den</strong> Siidalpen mögen e<strong>in</strong>ige Hauptfundpunkte genannt<br />

se<strong>in</strong>: bei Lienz h<strong>in</strong>ter Jungbad, im Gams- und Almbachgraben,<br />

am Jöchersberg' und im l\iayerholdgraben <strong>in</strong> SW. In Kärnten,<br />

spärlich hier wie <strong>in</strong> <strong>den</strong> Karawanken und Sannthaler <strong>Alpen</strong>, im<br />

Terg·loustock. Weiter westwärts fehlen sie bis über die Etsch<br />

h<strong>in</strong>aus fast ganz, tauchen erst mit dem schwer zugänglichen Gebirge<br />

w. vom Gardasee zwischen Tremos<strong>in</strong>e und Storo als verste<strong>in</strong>ernngsreiche<br />

?l!ergel wieder anf und halten nun durch die<br />

g'auzen lombardischen <strong>Alpen</strong> bis zur Schweizer Grenze bei Lugano<br />

ans, (Schichten von Azzarolla, l\ite Tarbiga aBurni, Salla<br />

snl Lario, Val Lumezzapo, Val Sarezzo, Villa Frizzoni, Val<br />

l\Ienaggio u. s. w.). In <strong>den</strong> Gegen<strong>den</strong>, wo Hauptdolomit und<br />

Plattenkalk mit dem oberen Dachste<strong>in</strong>kalk sich vere<strong>in</strong>igen (Salzlllpen),<br />

haben sich die rhätischen Mergel verloren und e<strong>in</strong>e<br />

oft nur handhohe Lage röthlich gefärbter schieferiger Geste<strong>in</strong>e mit<br />

e<strong>in</strong>zelnen organischen E<strong>in</strong>schlüssen er<strong>in</strong>nert hier an das Niveau<br />

der sonst so verste<strong>in</strong>ernng'sreichen Schichten.


153] Besondere geologische Beobachturtgen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 175<br />

f ) Oberer Dachste<strong>in</strong>kalk.<br />

Endlich sehen wir an vielen Stellen über dem weichen<br />

Mergel als steiles, aber grotesk geformtes Felsriff e<strong>in</strong>ige weisse<br />

Kalkbänke von ger<strong>in</strong>ger Mächtigkeit sich erheben, die durch<br />

ihren Widerstand gegen Zerstörung <strong>in</strong> schroffen Contrast zu<br />

der weichen mergeligen Unterlage treten. Diese Bänke machen<br />

<strong>den</strong> sog. obern Dachste<strong>in</strong>kalk aus, der meist erfüllt ist von<br />

-Korallenbüschen und der Dachste<strong>in</strong>bivalve Is. S. 120 u. Fig. 58 b)<br />

Fig. 5~ b.<br />

Ste<strong>in</strong>kerne der sog. Dachste<strong>in</strong>muscheL Mega!odon t ... ·quete,. Wulf.<br />

oder deren ausgewitterten Hohlräumen, <strong>den</strong> sog. Hirschtritten<br />

oder Ungui di Capri der <strong>Alpen</strong>bewohner. In manchen Gegen<strong>den</strong><br />

verfliessen diese Kalkbänke mit der grauen, mehr kalkig wer<strong>den</strong><strong>den</strong>Mergelunterlage<br />

(Algäuer <strong>Alpen</strong>) , <strong>in</strong> andern schliessen<br />

sie sich, wenn gleichzeitig die mergelige Zwischenlage der<br />

rhätischen Stufe sich auskeilt, unmittelba.r ohne scharfe Grenze<br />

an <strong>den</strong> Platten- oder unteren Dachste<strong>in</strong>kalk an und helfen dann<br />

mit" diesem zu e<strong>in</strong>em geschlossenen System von Kalkschichten<br />

·vere<strong>in</strong>igt die hngeme<strong>in</strong> mächtigen Kalkmassive der Salzalpen<br />

. aufbauen.


176 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [154<br />

Stellenweise enthält dieser Dachste<strong>in</strong>kalk auch Hornste<strong>in</strong><br />

(Hochfellen) , welcher vielfach <strong>in</strong> Form der e<strong>in</strong>geschlossenen<br />

organischen Ueberreste auftritt.<br />

4) Liasbildungen.<br />

Wo über dem rhätischen Mergel die der Verwitterung<br />

trotzen<strong>den</strong> Dachste<strong>in</strong>kalkbänke sich vorf<strong>in</strong><strong>den</strong>, ist die Scheidung<br />

gegen <strong>den</strong> auflagern<strong>den</strong> Lias deutlich. Es übernehmen<br />

meist rothgefärbte plattige Kalke nunmehr <strong>den</strong> Fortbau<br />

an <strong>den</strong> Bergen und wer<strong>den</strong> stellenweise ergänzt und ersetzt<br />

durch graue , dunkelfleckige Mergelkalke und Mergel.<br />

Im Gebiete derKalkmassive <strong>in</strong> <strong>den</strong>Salzalpen (s. S.li2 u. 1i5) legt<br />

sich das röthliche Liasgeste<strong>in</strong> oft gleichsam <strong>in</strong> R<strong>in</strong>nen und<br />

Buchten oder E<strong>in</strong>tiefungen des Dachste<strong>in</strong>kalks e<strong>in</strong>, so dass es<br />

<strong>den</strong> Ansche<strong>in</strong> gew<strong>in</strong>nt, als ob beide, nebene<strong>in</strong>ander lagernd,<br />

SChwarze,nberg Kammerkarplatte ThaI bei Waidr<strong>in</strong>g<br />

Fig. ~9.<br />

1) Hauptdolomit; 21 Plattenkalk oder unt .. er Dachste<strong>in</strong>kalk; 3) rhätische<br />

Schichten; 4) oberer Dachste<strong>in</strong>kalk; 5-8) Li •• und zwar : 5) lichtwei88er<br />

Thalassitenkalk (unterster Lias); 6) Arietenführender tiefrother, dichter<br />

Liaskalk (unterer Lias); 7) blassrother mittler Liaskalk ; 8) mergeliger<br />

rother oder grauer oberer Lias; 9) Juraaptychenschichten. .<br />

gleichsam <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander überg<strong>in</strong>gen, e<strong>in</strong>e Täuschung, zu welcher<br />

ma.n durch die oft secundäre rothe Färbung des Dachste<strong>in</strong>kalkes<br />

noch leichter verleitet wird (Loferer Ste<strong>in</strong>berge , Ste<strong>in</strong>ernes<br />

Meer, Hoher Göhl, Dachste<strong>in</strong>gebirge). Wir setzen hier<br />

e<strong>in</strong>es der lehrreichsten Profile <strong>in</strong> Bezug auf Gliederung dei


155J Besondel'e geologische Beobacldungell <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 177<br />

alp<strong>in</strong>en Liasschichten aus dem Kammerkargebirge bei. Es muss<br />

vor dieser Verwechslung sehr gewarnt wer<strong>den</strong>,<br />

In analoger 'Weise verb<strong>in</strong><strong>den</strong> sich rhätische l'IIergel, wo die<br />

Dachste<strong>in</strong>decke fehlt, unversehens mit graulichgelben Liasschichten<br />

\Enzesfeld, Gresten, Algäu). Doch zeigen sich selbst<br />

wenn, wie an Pfanserjoch bei Pertisau, der tiefste Lias als sog.<br />

Planorbisbank direct über <strong>den</strong> rhätischen Schichten entwickelt<br />

ist, die Faunen beiderLagen ohne Uebergänge streng' geschie<strong>den</strong>.<br />

Die Gefahr e<strong>in</strong>er Venyechselung der Liasgebilde, bloss nach<br />

ihrer Geste<strong>in</strong>sbeschaffenheit beurtheilt, ist um so grösser, je<br />

mehr die früher erwlilmten verschie<strong>den</strong>en Faciesentwickelungen<br />

ungeme<strong>in</strong> rasch wechseln und dicht nebene<strong>in</strong>ander aufzutreten<br />

pflegen, Daher ist es besonders räthlich, auf die organischen<br />

E<strong>in</strong>schlüsse e<strong>in</strong> wachsames Auge zu haben und darnach das<br />

Urtheil hauptsächlich zu grün<strong>den</strong>. ,Vir können hier nicht auf<br />

die fe<strong>in</strong>eren Unterschiede der Zergliederung <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>ste Abtheilung'en<br />

e<strong>in</strong> Gewicht legen, welche die Sache der Fachgeolog'en<br />

bleibt, Aber empfehlen müssen wir doch das Aufsammeln der<br />

Verste<strong>in</strong>erungen Schicht für Schicht mit sorgfältigster Ause<strong>in</strong>anderhaltung<br />

und Etiquettirung des Gesammelten nach <strong>den</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Schichten, um wissenschaftlich weiter verwerth bares<br />

Material zu erhalten.<br />

In <strong>den</strong> Schweizer <strong>Alpen</strong> ist der Xaclmeis der Liasbildun<br />

gen uoch diirftig bei J\lIeillerie, Bex, am TOlTenthorn, bei<br />

Blumenste<strong>in</strong>, am Brienzer See, am Wallenste<strong>in</strong>' , und <strong>in</strong> <strong>den</strong> sog.<br />

Bi<strong>in</strong><strong>den</strong>er Schiefern, obwohl sie Belemniten enthalten sollen,<br />

sogar noch zweifelhaft, Dagegen s<strong>in</strong>d dieselben durch e<strong>in</strong>ige<br />

Ammoniten-Erfunde am Casannapass des Val Chiamuera ausser<br />

Zweifel gestellt. Mit dem Uebertritt über <strong>den</strong> Rhe<strong>in</strong> ersche<strong>in</strong>en<br />

sofort die drei Facies der Adnether, Hierlatz - und<br />

AIgäuschichten oft dicht nebene<strong>in</strong>ander entwickelt. Es muss<br />

hier genügen, e<strong>in</strong>zelne ergiebige FundsteIlen namhaft zu machen,<br />

und zwar ftir die rothen, oft knolligen Adnetherkalke: Spullersee<br />

nnd Formar<strong>in</strong> im Vorarlberg, Spitzste<strong>in</strong> bei Kufste<strong>in</strong>,<br />

Kammerkar bei Reut im W<strong>in</strong>kel, Adneth bei Salzburg', Schafberg<br />

bei St. Wülfgang, ,für das Auff<strong>in</strong><strong>den</strong> der tiefsten Liasschichten<br />

als sog. Planorbisschichten das Pfans81'joch 'V. vom<br />

Achcnsec und <strong>in</strong> Form gelblich gefärbten Geste<strong>in</strong>s Enzesfeld<br />

12


178 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [156<br />

unfern Ba<strong>den</strong>; für die roth - und weissgefleckten Hierlatzkalke :<br />

H<strong>in</strong>delang im Algäu, Pfanserjoch gegen die Tiefenbrunneralpe<br />

bei Pertisau am Achensee, Gotzenalpe, Fagste<strong>in</strong> und Kallersberg<br />

bei Berchtesga<strong>den</strong>, Hierlatz am Dachste<strong>in</strong>, Gratzalpe bei Salzburg<br />

u. s. w.; endlich für die grauen Algäuschichten: Algäu,<br />

Tegernseeer Berge, Riesen - und Asenberg bei Kufste<strong>in</strong>, Gastätter-<br />

und Wundergraben bei Ruhpold<strong>in</strong>g , Schmolzhaus bei<br />

Bergen, dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er eigenthümlichen Kohle-führen<strong>den</strong>, sandigen<br />

Entwickelung bei Gresten <strong>in</strong> <strong>den</strong> österreichischen <strong>Alpen</strong>.<br />

Die besondere Ausbildung des alpiuen grauen Lias bei<br />

Rovereto, <strong>in</strong> <strong>den</strong> Sette communi und im Etschgebiete mit<br />

zahlreichen und schönen Pflanzene<strong>in</strong>schlüssen (Rotzo), sowie<br />

eigenthümlichen Thierresten (vergl. Fig. 60 1 geht westwäl-ts <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> lombardischen <strong>Alpen</strong> wieder <strong>in</strong> die typische Adnether Facies<br />

über (sog. Corso oder Calcarea rossa amm. <strong>in</strong>f.), wie solche zu<br />

Erba O. von Corno, ausserdem zu Saltrio, Arzo, Mte Generoso,<br />

Moltrasio, Bottic<strong>in</strong>o, Tignale, bei Brescia etc. bekannt ist.<br />

Graue dichte Varietäten nennt man hier Medolo (Mte Domaro)<br />

und Saltrio, wenn sie Hornste<strong>in</strong> führen.<br />

Diese Verschie<strong>den</strong>heit, welche sich <strong>in</strong>nerhalb der <strong>Alpen</strong> <strong>in</strong><br />

der Geste<strong>in</strong>sbeschaffenheit örtlich bemerkbar macht und sichtlich<br />

zugleich auch mit Differenzen <strong>in</strong> der Fauna verknüpft ist,<br />

könnte zu sehr <strong>in</strong>teressanten Studien über die Beschaffenheit<br />

des alten Liasmeeres Veranlassung geben.<br />

5) D 0 g ger - und J u r a - S chi c h te n.<br />

Zu <strong>den</strong> Andeutungen, welche früher (S.124-126) gegeben wur<strong>den</strong>,<br />

haben wir hier Weniges beizufügen. Wir versuchen zunächst<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ziemlich vollständigen Profil (Fig. 60) aus dem Etschthale<br />

bei Rovereto e<strong>in</strong>en Ueberblick über die hierher gehörigen<br />

Geste<strong>in</strong>sschichten zu geben. Es sei dazu weiter im Allgeme<strong>in</strong>en<br />

bemerkt, dass <strong>in</strong> dem Grade, wie O. vom Rhe<strong>in</strong> die Triasgeste<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong> überaus mächtigen und ausgebreiteten Schichtensystemen<br />

die Oberherrschaft erlangt haben, ebenso gegen Westen<br />

zu die jurassischen Bildungen sich fast ausschliesslich der<br />

Alle<strong>in</strong>herrschaft <strong>in</strong> <strong>den</strong> Kalkalpen bemächtigen. E<strong>in</strong>e Reihe<br />

der glänzendsten Entdeckungen hat <strong>in</strong> neuerer Zeit <strong>in</strong> der


157J Besondere geologische Beobachtungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 179<br />

Schweiz Dogger und oberen Jura <strong>in</strong> ungeahnter Reichhaltigkeit<br />

und Mannichfaltigkeit an zahllosen Punkten ans Licht gefördert.<br />

Wir können hier natürlich nur e<strong>in</strong>zelne festgestellte<br />

Vorkommnisse herausgreifen: Klausschichten zwischen Wengen<br />

und Lauterbrunuen, Schichten mit Ammonites Murchis01we an der<br />

Wengernalp, Lauberhorn, Gr<strong>in</strong>delwald, am Faulhorn ; mittleren<br />

Dogger und oberen Jurakalk reichlich <strong>in</strong> Savoyen, <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Berner <strong>Alpen</strong> und am Glärnisch u. s. w.<br />

Etochthal bei Calliano<br />

Fig. 60.<br />

I) Hauptdolomit ; 2)


180 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [158<br />

harter Kalke (sog. Eisenste<strong>in</strong>e) e<strong>in</strong>en weiten Strich von Scheidegg'<br />

über Wengernalp zur Schildhornkette e<strong>in</strong>nehmen und im<br />

Molesonstock (C. Freiburg'; , im Kirchgraben am Thunersee und<br />

bei Mols <strong>in</strong> Glarus wiederholt auftauchen.<br />

Reichlichere Fundstellen bieten sich für die sog. K lau s­<br />

schichten und das Posidonomyengeste<strong>in</strong>. Zunächst ist<br />

der Thiergarten bei Wien und gleich dabei St. Veit hervorzuheben,<br />

wo es gHickte, drei gesonderte Dog'ger-Stnfen übere<strong>in</strong>ander<br />

festznstellcn ,üben Schichten mit Ammonites Pal'k<strong>in</strong>soni,<br />

darunter mit A. Humphresianus und unten mit A. Sauzei).<br />

Wichtig ist ferner dic vCl'ste<strong>in</strong>erungsreiche Klausalpe bei Hallstatt,<br />

der ursprünglichen Fllndstelle der darnach genannten<br />

Schichten, die Mitterwand daselbst, der Brunnenkogel bei<br />

Aussee und die Gracheralpe bei Maria-Zell. In <strong>den</strong> baierischen<br />

<strong>Alpen</strong> s<strong>in</strong>d es die rothen und weissen Posidonomyenkalke bei<br />

Vils und namentlich am ''V eis sen Hans bei Füssen, die leicht<br />

zugänglich, sich durch Reichthum an Verste<strong>in</strong>erungen empfehlen,<br />

wie <strong>in</strong> der Schweiz die Schichten bei Jelten <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Berner <strong>Alpen</strong> und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em langen Zug vom F<strong>in</strong>steraarhorn bis<br />

nach Glarus (z. B. Oberblegisee am Glärnisch; und sogar bis<br />

<strong>in</strong> die französischen <strong>Alpen</strong> (Digne).<br />

Für ViI ser Kalk ist das Vorkommen bei W<strong>in</strong>dischgarsten,<br />

Stauffeneck und Vilseck namhaft zu machen.<br />

Die noch j ü n ger e n Juraschichten <strong>in</strong> <strong>den</strong> Fades des sog.<br />

Plassenkalks beschränken sich auf wenige Stellen, z. B. am Plassen,<br />

Sandl<strong>in</strong>g', an der Trisselwand imSalzkammergut, wo auch die<br />

graue Facies der tithonischen Stnfe (sog. Oberalmer Schichten) weit<br />

verbreitet ist und bis <strong>in</strong>s Berchtesgadische streicht. Typische<br />

Aptychen- und Diphyenschichten zeigen sich mit älteren<br />

undjüngeren Schichten vielfach verschlungen an zahlreichen Punkten,<br />

z.B. am Hals bei ''Veyher (mit 1'. diphya), bei Weissenbach,<br />

Altemnal'kt, im Hartelgra ben) bei Hiefiau, an der Weisswand<br />

des Wendelste<strong>in</strong>s, bei Ammergau, im Algäu, an der Sulzfiuh im<br />

Rhäticon, am Fall des Staub bachs <strong>in</strong> der Schweiz, durch das ganze<br />

Berner Oberland, unter <strong>den</strong> Gletschern der Jungfrau, am Fusse<br />

des Mönchs, an <strong>den</strong> Gehängen des Wetter- und Wellhorns, bei<br />

Alpiglen (mit T. diphya) , am Laucherhorn , Gr<strong>in</strong>delwaldgletscher,<br />

am rechten Ufer des Brienzer See's, am Faulhorn u. s. w.


159J Besondere tJeolotJische Beobachtungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 181<br />

In <strong>den</strong> Südalpen mag der enge Anschluss der obersten<br />

Jurakalkbänke des überaus verbreiteten sog. Diphyenkalkes<br />

an <strong>den</strong> petrographisch sehr ähnlichen sog. Biancone oder Majolica<br />

der Neocomstufe zu e<strong>in</strong>gehen<strong>den</strong> Studien e<strong>in</strong>la<strong>den</strong> und namentlich<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> vicent<strong>in</strong>ischen Bergen zu vielen neuen Entdeckungen<br />

führen. Für Dogger und Schichten des Ammonites acanthicus<br />

bietet die Umgegend von Rovereto, Brentonico, das Ostufer<br />

des Gardasees u. s. w. günstige Gelegenheiten zu geologischen<br />

Beobachtungen.<br />

Schliesslich sei vor der Verwechselung der vielerlei rothen<br />

Kalke auch bei dieser Gelegenheit noch e<strong>in</strong>mal gewarnt. In<br />

<strong>den</strong> lombardischen <strong>Alpen</strong> versteht man unter Calcarea rossaammonitifera<br />

vorzugsweise Lias, verwechselt ihn jedoch häufig<br />

auch mit dem Kalke des Ammonites acanthicus der Aptychenschichten,<br />

dem Diphyenkalke und mit anderen rothgefärbten<br />

Marmorkalken.<br />

6) Cretacische Bildungen.<br />

Neocom-, Galt- und Plänerstufe.<br />

Jeder Schritt, welchen wir aufwärts <strong>in</strong> der Geste<strong>in</strong>sreihe<br />

thun, br<strong>in</strong>gt uns neue Anregungen, öffnet uns neue Blätter <strong>in</strong><br />

dem grossen Geschichtsbuche der Erde, von welchem die<br />

Berge nur Bruchstücke s<strong>in</strong>d. Kaum haben wir von Westen<br />

her durch die so reich gegliederten und wohl untersuchten<br />

cretacischen Ablagerungen der Schweiz, welche noch fast<br />

unverändert <strong>in</strong> Vorarlberg und Algäu fortsetzen, wie es das<br />

Profil (Figur 61) zeigt, ostwärts <strong>den</strong> Lech überschri tteu, so<br />

stehen wir vor e<strong>in</strong>em neuen besonders entwickelten Kreidegebiete,<br />

das, wie früher geschildert ist (S. 129), mit <strong>den</strong><br />

FlYilchvorbergen bis zum Ostrande und dem Wiener Berg sich<br />

ausdehnt. Hier verwachsen die Schichten gleichsam mit der<br />

sog. Flyschbildung und bei Wien f<strong>in</strong><strong>den</strong> sich <strong>in</strong>mitten des<br />

Flyschs oder, wie er dort heisst, des Wiener Sandste<strong>in</strong>s, cretacis<br />

ehe Inocemmen ncben <strong>den</strong> Flyschalgen ähnlichen Pflanzenabdrücken.<br />

Das regt die Frage an, ob nicht auch im übrigen<br />

Verbreitungsgebiete des Flysches (von dem <strong>in</strong> <strong>den</strong> Karpathen<br />

ist dies gleichfalls bereits bekannt), namentlich <strong>in</strong> der Schweiz,


182 Gümbel, Geologische Beobachtullgen. [160<br />

manche Zwischenlagen aus dem Flysch herausgestellt und, wie<br />

es schon vielfach versucht wurde, <strong>den</strong> cretacischen Schichtenreihen<br />

zugewiesen wer<strong>den</strong> müssen. In <strong>den</strong> Freiburger <strong>Alpen</strong><br />

und <strong>in</strong> der Stockhornkette dürfte besonders nach dieser E<strong>in</strong>schaltung<br />

zu forschen se<strong>in</strong>, die, bezüglich jurassischer leichter<br />

Dornbirn<br />

..... -- ---..<br />

Hohenems<br />

Fig. 61.<br />

1) Fly.chj 2) ' Nummulitenschichten; 3) Seewenmergelj 41 Seewen1


161 ] Besondm'e geologische Beobachtungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 183<br />

chonella polymorpha die dortige Scaglia überdeckt? Man sieht,<br />

auch bei dem cretacischen Geste<strong>in</strong>e darf der Hammer nicht<br />

ruhen!<br />

Wer e<strong>in</strong> prächtiges Modell der Geste<strong>in</strong>sentwickelung und<br />

zugleich auch der grossartig'en Faltenbildung näher ansehen<br />

will, dem empfehlen wir <strong>den</strong> Grünten, um <strong>den</strong> sich die Schichten<br />

wie Mantelfalten legen. oder <strong>den</strong> Sentisstock, <strong>den</strong> Hohen<br />

Hen, die Canisfiuh und überhaupt das landschaftlich so schöne<br />

Vorarlberg.<br />

Im unteren Inngebiete locken uns die Aufschlüsse im Bran<strong>den</strong>berger<br />

Achenthale bei Brixlegg. Man grub hier früher e<strong>in</strong>mal<br />

nach Kohle. Dabei fand sich e<strong>in</strong>e erstaunliche Menge von<br />

sehr wohlerhaltenen Verste<strong>in</strong>erungen, welche merkwürdiger<br />

'Weise solchen Arteu ang'ehören, die nicht im ganz gesalzenen<br />

lVIeereswasser, sondern im brackischen da leben, wo etwa Flüsse<br />

<strong>in</strong> die See e<strong>in</strong>mün<strong>den</strong>. Dies war also unzweifelhaft e<strong>in</strong>st hier<br />

bei Bran<strong>den</strong>berg der Fall. Die reizen<strong>den</strong> Conchylien, auch<br />

Rudisten, Km'allen und Anderes verdienen e<strong>in</strong>en Ausflug <strong>in</strong> diese<br />

Gegend. Noch weiter im Osten s<strong>in</strong>d gleichfalls überaus verste<strong>in</strong>erungsreiche<br />

Sedimente, <strong>in</strong> der Gosau schon von Alters<br />

her bekannt und daher Gosauschichten genannt und am<br />

Untersberg durch die Kuhhornmuschel (Hippurites cornu vacc<strong>in</strong>11m)<br />

und die schönen Marmorkalke (s. S.132, 133) weltberühmt,<br />

die uns lebhaft <strong>in</strong>teressiren und zum Sammeln aneifern können.<br />

Schon bei Siegs dorf t<strong>in</strong> Götzreuther Graben') beg<strong>in</strong>nen solche<br />

und ähnliche Lagen, setzen am Hochkreuz und <strong>in</strong> der Rossfeldalpe<br />

(Neocomstufe), <strong>in</strong> der Gosau bei Hallstatt, bei !schI,<br />

W<strong>in</strong>dischgarsten, <strong>in</strong> der neuen Welt bei Wiener Neustadt u. s. w.<br />

fort. Besonders berühmt aber ist die Wand oberhalb Grünbach,<br />

an der man Schicht für Schicht genau unterschei<strong>den</strong> und studiren<br />

kann.<br />

Von <strong>den</strong> obersten Belemnitelten führen<strong>den</strong> Schichten soll<br />

nur erwähnt wer<strong>den</strong>, dass sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Graben bei Hallthurm<br />

(NierenthaI) und am Fusse des Kressenbergs zu f<strong>in</strong><strong>den</strong> s<strong>in</strong>d, am<br />

Burgberg durch Grünsandste<strong>in</strong> und bei Oberstdorf im Algäu<br />

durch grauen Mergel vertreten wer<strong>den</strong>.<br />

In <strong>den</strong> Südalpen kommen Gosau-artige Ablagerungen selten<br />

vor. Doch kennt man Aehnliches aus <strong>den</strong> Vorbergen der lom-


184 Gümbel, Geologische Beobacht//ngen. [162<br />

bardischen <strong>Alpen</strong> <strong>in</strong> der Brianza bei Sirone und Brenno neben<br />

Majolica und Scaglia, welche hier als Repräsentanten der Neocom-<br />

und oberen Kreidestufe e<strong>in</strong>e ungeme<strong>in</strong> grossartige Verbreitung<br />

gew<strong>in</strong>nen.<br />

IV. Bildungen der Tertiärzeit<br />

oder<br />

Känolithische Schichten.<br />

Immer noch stehen wir <strong>in</strong>nerhalb des eigentlichen <strong>Alpen</strong>gebietes,<br />

wenn auch am äussersten Saume desselben und <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>zelnen tiefer e<strong>in</strong>schnei<strong>den</strong><strong>den</strong> Randbuchten , <strong>in</strong>dem wir uns<br />

zur Betrachtung und zum Besuche der Tertiärgebilde wen<strong>den</strong>.<br />

Sie reichen nach der früheren Ause<strong>in</strong>andersetzung (s. S.<br />

135-H6) vom Schlusse der Ablagerung cretacischer Schichten<br />

bis zur Gegenwart, und iu dieser fortdauernd stufen sie sich,<br />

vom Aelteren zum Jüngeren fortschreitend, <strong>in</strong> die Bildungen<br />

der eigentlichen Tertiär-, der Quartär- und der recenten<br />

oder Novär-Zeit ab.<br />

1) Tertiär-Formation.<br />

Merkwürdiger Weise s<strong>in</strong>d es nicht die ält e 8 t e n Tertiärgebilde,<br />

welche am Aufbau der Kalkalpen e<strong>in</strong>en wesentlichen<br />

Antheil nehmen, sondern jener Complex kalkiger, mergeliger<br />

und sandiger Schiefer, welche unter der Bezeichnung Flysch<br />

oder Wie ne r (auch Karpathen-l San d s te i n bekannt ist.<br />

In e<strong>in</strong>em fast ununterbrochenen Streifen zu e<strong>in</strong>em hohen<br />

Randwall aufgehäuft, schliessen diese Flyschgeste<strong>in</strong>e <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> Nordalpen auf weite Strecken das <strong>in</strong>nere hohe <strong>Alpen</strong>gebirge<br />

ab und machen <strong>den</strong> eigentlichen Fuss desselben aus.<br />

Leicht verwitternd und sich zersetzend liefern sie hier e<strong>in</strong>en<br />

tiefgründigen, feuchten, oft sumpfigen Bo<strong>den</strong>, der eben so<br />

reiche <strong>Alpen</strong>wei<strong>den</strong>, wie stattliche Wälder trägt.<br />

Nur sporadisch nnter dem Schutz vorspr<strong>in</strong>gender Berge angelehnt<br />

oder <strong>in</strong> seichten Buchten gegen das Innere vordr<strong>in</strong>gend<br />

tauchen stellenweis alttertiäre Ablagerungen, die sog. Nummuli<br />

te n s chi c h te n (s. S.137) auf, die wir <strong>in</strong> ihrem Versteck


163J Besondere geologische Beobachtungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 185<br />

aufzusuchen haben. Ermüdet uns das E<strong>in</strong>erlei der Flyschberge,<br />

welche nur da und dort durch <strong>den</strong> E<strong>in</strong>schluss riesiger, an erratischen<br />

Ursprung er<strong>in</strong>nernder Blöcke (Bolgenach und Lenzenbergtobel<br />

im Algäu, viele Stellen <strong>in</strong> der Schweiz) oder durch die<br />

<strong>in</strong> ihnen e<strong>in</strong>gezwängten Falten älterer Geste<strong>in</strong>sstreifen (Jura­<br />

Aptychen-, Neocomschichten) uns grösseres Interesse abzugew<strong>in</strong>nen<br />

vermögen, so bieten die Nu m m u li t e n s chi c h t e n älteren<br />

und jüngeren Ursprungs (eocäne und oligocäne Nummulitcnschichten)<br />

durch die Fülle der <strong>in</strong> ihnen vergrabenen Thierreste<br />

e<strong>in</strong>en desto grösseren Anziehungspunkt für Sammler und Naturfreunde.<br />

Es empfehlen sich hierfür die Diablerets, Ralligstöcke,<br />

das Niederhorn, Pilatus, die alten Erzgruben und die<br />

Gräben am Grünten, die Ste<strong>in</strong>brüche auf sog. Neubeurer Marmor<br />

bei S<strong>in</strong>n<strong>in</strong>g bei Rosenheim, bei Traunste<strong>in</strong>, Hammer, der<br />

Kressenberg vor allen, die Pechkohlengruben bei Här<strong>in</strong>g im<br />

Innthal Ui<strong>in</strong>gere Schichten), die Bucht von Reit im W<strong>in</strong>kel,<br />

der Elendgraben bei Reiehenhall, Mattsee, der Pechgraben bei<br />

Gross-Ram<strong>in</strong>g, der Waschberg bei Stockcrau <strong>in</strong> <strong>den</strong> Nordalpen.<br />

Auch vergesse man nicht die grossen Dach- und Schieferbrüche<br />

<strong>in</strong> Glarus bei Engi und Matt, Att<strong>in</strong>gshausen <strong>in</strong> Uri u. s. w.<br />

wegen der höchst merkwürdigen Fischiiberreste, die sich hier<br />

e<strong>in</strong>geschlossen f<strong>in</strong><strong>den</strong>.<br />

In <strong>den</strong> Siidalpen bietet ke<strong>in</strong>e Gegend e<strong>in</strong>e reichere Gliederung<br />

und e<strong>in</strong>e grössere Menge von Verste<strong>in</strong>erungen <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Tertiärschichten, als die Vorgebirge der Vicent<strong>in</strong>ischen <strong>Alpen</strong>,<br />

die Gegend von Ronca, Castel-Gomberto, Schio, Marostica,<br />

Belluno, das Isonzogebiet bis h<strong>in</strong>ab nach Istrien mit <strong>den</strong> sog.<br />

Cos<strong>in</strong>a-Schiehten, welche mit <strong>den</strong> unterlagern<strong>den</strong> Rudistenkalken<br />

zu dem ö<strong>den</strong>, wasserarmen Karstgebirge verwachsen s<strong>in</strong>d.<br />

Von <strong>den</strong> vulkanischen Euganeen an brechen Streifen und<br />

Gänge von trachytischem und basaItisehem Geste<strong>in</strong> und Tuff<br />

vielfach bis <strong>in</strong> 1 die Berge von Verona, Vicenza und Trient<br />

zwischen Kalk und Dolomit zu Tag. .<br />

Endlich treten wir aus <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> heraus <strong>in</strong> das hohe Vorland,<br />

idas im NW. der <strong>Alpen</strong> von e<strong>in</strong>em eigenthümlichen<br />

Sandste<strong>in</strong>gebilde , von der sog. Mol ass e (s. S. 140), e<strong>in</strong>genommen<br />

wird. Wir dürften rasch über dasselbe, als e<strong>in</strong>en<br />

unserer engeren Aufgabe nicht mehr zufallen<strong>den</strong> Schichtencom-


186 Gümbel, Geologische Beobachtungen. [164<br />

plex h<strong>in</strong>wegeilen, wenn derselbe sich nicht noch auf grossartige<br />

Weise <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em beträchtlichen Theil der <strong>Alpen</strong> als Baumaterial<br />

mächtiger Berge verwendet fande. Es genügt, <strong>den</strong> weltberühmten<br />

Rigi (vergl. Fig. 62), <strong>den</strong> Speer, Kronen-, Obereggberg,<br />

<strong>den</strong> Pfänder, das R<strong>in</strong>dalphorn zu nennen, um zu rechtfertigen,<br />

dass wir an e<strong>in</strong>em solchen wichtigen Gliede der <strong>Alpen</strong><br />

nicht stillschweigend vorübergehen können. Zwar erlischt mit<br />

dem Grüntenvorsprung der Antheil, welchen die Molasse an dem<br />

hohen Vorgebirge übernommen hat. Doch begrüssen uns die<br />

zahlreichen Vorberge, Staffeln und Terrassen der Molasse, die<br />

von zahllosen Ansiedelungen reich bevölkert ~vom Genfer-,<br />

Thuner-, Zuger-, Züricher- und Bo<strong>den</strong>see her sich dem Hochgebirge<br />

anschmiegen, bei unserer Annäherung an die <strong>Alpen</strong><br />

bereits mit dem frischen Hauch der Berge.<br />

Rothenberg KÜSRnacbt Rigi Hochßnh<br />

Fig. 62 .<br />

m1) altere Molasse; mn) Mola~se - Nage~:O.uh; m 2 ) jüngere Molasse;<br />

n1) untere Neocomscbicbten; u 2 ) obere Neocomschichten, h3) Caprot<strong>in</strong>enoder<br />

Scbrattenkall


165J Besondere geologische Beobaclttungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>. 187<br />

gedacht, Ger <strong>in</strong> neuester Zeit das Interesse mächtig erregte,<br />

<strong>in</strong>dem er die Frage wachgerufen hat, ob es schon Glacialersche<strong>in</strong>ungen<br />

zur Pliocänzeit gegeben habe , wie die Vermengungen<br />

pliocäner Verste<strong>in</strong>erungen mit erratischem Schutt bei<br />

Firenzuola, Cass<strong>in</strong>a Rizzardi, Monticello und Caccivio im Tess<strong>in</strong><br />

annehmen lässt. Die Thatsachen sche<strong>in</strong>en jedoch zu Gunaten<br />

e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>mengung pliocänen Geste<strong>in</strong>s im erratischen Geschiebe<br />

zu sprechen.<br />

Auch am Ostrande im Wiener, Grazer und croatischen<br />

Becken bis zum adriatischen Meere h<strong>in</strong> haben sich seit der<br />

Donau Wien Leopoldsberg<br />

Fig. 63.<br />

a) Flyscll oder Wi-ner Sandste<strong>in</strong> (z . Th.).<br />

b) lIlar<strong>in</strong>e Tertiärschichten (z. Th. Leith,kalk und B,<strong>den</strong>er Tegel).<br />

c) Sarmati.che Tertiärschichten (Cerithiensand und Tegel).<br />

d)' Congerien-Scllichteu (Ingersdorfer Tegel nnd Belvedere-Schotter).<br />

miocänen Zeit tertiäre Ablagerungen mit <strong>den</strong> Ausläufern des<br />

Hochgebirges gleichsam <strong>in</strong>nigst verflochten , abgelagert, und<br />

zwischen die sich verflachen<strong>den</strong> Vorberge <strong>in</strong> Buchten und<br />

Fjords mit <strong>den</strong> Flussthalungen hoch <strong>in</strong>s Innere der <strong>Alpen</strong> vordr<strong>in</strong>gend<br />

ausgebreitet (Ennsthal, Mürz-, Murthai) . Wir dürfen<br />

ihre Untersuchung Denen überlassen, welchen es nicht vergönnt<br />

ist, e<strong>in</strong>e Bergfahrt <strong>in</strong>s Hochgebirge zu machen und beschränken<br />

uns hier darauf, e<strong>in</strong> Beispiel der Anlagerung der jüngeren<br />

Tertiärbildungen an <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>rand aus der Umgebung von<br />

Wien <strong>in</strong> dem Profile Fig. 63 beizusetzen.


188 rmmbel, (feologisclle Beobachtungen. c 166<br />

2) Q uartä r e 0 der Diluviale Bild ungen.<br />

Wenn wir eben gesehen haben, dass die tertiären Ablagerungen<br />

im grossen Ganzen mit ihrem abnehmen<strong>den</strong> Alter immer<br />

weiter aus dem eigentlichen Hochgebirgsgebiete zum Rande zurückgedrängt<br />

wer<strong>den</strong>, so könnte es sche<strong>in</strong>en, als ob für die<br />

noch jüngeren d i I u via I e n oder qua r t ä I' e n Ablagerungen<br />

<strong>in</strong>nerhalb der <strong>Alpen</strong> ke<strong>in</strong> Raum mehr übrig sei. Das ist nun<br />

aber ke<strong>in</strong>eswegs der Fall. Vielmehr fällt gerade der Quartärzeit<br />

die wichtige Aufgahe der wesentlichsten Umgestaltung<br />

des <strong>Alpen</strong>reliefs zu. Die letzte äussere Form der<br />

<strong>Alpen</strong>, wie wir sie jetzt vor uns sehen, trägt wesentlich diluviales<br />

Gepräge an sich, nachdem die jüngere Tertiärzeit durch<br />

Dislocationen, Erhebungen, Senkungen, Faltungen der Felsmassen<br />

ihre eigenthümliche <strong>in</strong> n er e Gestaltung gegeben hatte.<br />

Die E<strong>in</strong>tiefung der Thäler <strong>in</strong> dem bis dah<strong>in</strong> fest geschlossenen<br />

Geste<strong>in</strong>smassiv, die Fortführung des unermesslichen, durch diese<br />

Thalnusnagung erzeugten Trümmerschuttes , das Durchfurchen<br />

der Felswände und Zuspitzen zu schartigen Schnei<strong>den</strong>, zackigen<br />

Hörnern und rauhen Nadeln, wie das Abschleifen der Berge<br />

durch Vordr<strong>in</strong>g'en der Gletscher und das Wiederausfüllen von<br />

Terrassen und Thalrändern , das Alles ist d i I u via I e Arbei<br />

t. Der Hanptgew<strong>in</strong>nantheil fiel hierbei freilich der Ebene<br />

zu, welche mit enormen Massen von Geröll, Gletscherschlamm<br />

und erratischen Blöcken ausgefüllt wurde. Wir er<strong>in</strong>nern an<br />

die dreifachen Abschnitte, <strong>in</strong> welchen diese grossartige Umgestaltung<br />

stattfand (s. S. 144 u. 145). Die<strong>Alpen</strong>wanderer wer<strong>den</strong><br />

an <strong>den</strong> Thalrändern , auf <strong>den</strong> Bergterrassen , auf <strong>den</strong> Flanken<br />

der Gehänge und selbst hoch oben auf <strong>den</strong> Gebirgssätteln häufig<br />

genug Gelegenheit f<strong>in</strong><strong>den</strong>, diese Ersche<strong>in</strong>ungen zu prüfen, alten<br />

Flussläufen nachzuspüren, an gekritzten Geröllen <strong>den</strong> Charakter<br />

erratischer Ablag'erungen festzustellen und an geschliffenen<br />

Felsen (Gletscherschliffen) die ehemals grossartige Ausdehnnng<br />

quartärer Gletscher zu erkennen. An Hochgebirgssätteln ist hesonders<br />

darauf zu nchten, ob das etwa hier abgelagerte Geröll<br />

die Natur des Ahsatzes aus fiiessen<strong>den</strong> Gewässern an sich trägt<br />

oder nls erratisch anzusehen ist. Im ersteren Falle nntersuche


167] Besondere geologische BeobacJdlH1gen <strong>in</strong> <strong>den</strong> Alpell. 189<br />

man die Art der Geste<strong>in</strong>e, aus <strong>den</strong>en die Rollstücke bestehen.<br />

Sie weisen auf die Gegend h<strong>in</strong>, aus welcher die Fluth ihren<br />

Hochgang zur Ebene fand. E<strong>in</strong> grosser Werth ist hierbei auch<br />

auf die Bestimmung der Höhe zu legen, <strong>in</strong> welcher solche<br />

Hochfluthgerölle abgelagert wor<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d. Indem wir solche<br />

Ablagerungen weiter <strong>in</strong> ihrem Zusammenhange verfolgen und<br />

<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung zu e<strong>in</strong>ander br<strong>in</strong>gen, taucht nach und nach aus<br />

dem jetzt zerrissenen Relief der Gegenwart das Bild der früheren<br />

e<strong>in</strong>fachen Gebirgsgestaltung vor uns auf, wir erkennen<br />

alte Thalungen und frühere Wasserläufe.<br />

Bei alten Gletscherschliffen Uisst sich die Richtung der<br />

Streifen und damit die des Vordr<strong>in</strong>gens der Eismasse bestimmen<br />

und an mehrern übere<strong>in</strong>anderliegen<strong>den</strong> Streifensystemen<br />

der Nachweis liefern, ob e<strong>in</strong> mehrmaliges Vorschreiten<br />

<strong>in</strong> verschie<strong>den</strong>en Richtungen stattfand. Stösst man tief<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> Thälern atft' solche Spuren alter Gletscher, so ist<br />

dies e<strong>in</strong> wichtiger Beweis für das Vorhan<strong>den</strong>se<strong>in</strong> früherer<br />

Thale<strong>in</strong>tiefungen. Auf die Bedeutung der Abrunduug der Berge<br />

durch Gletschereis (Rundbuckelform) ist schon im Vorhergehen<strong>den</strong><br />

h<strong>in</strong>gewiesen wor<strong>den</strong> (s. S. 145). Sie zeigen sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Gegend auf e<strong>in</strong>e gewisse correspondirende Höhe beschränkt,<br />

deren Bestimmung uns e<strong>in</strong>en wichtigen F<strong>in</strong>gerzeig über die oft<br />

erstaunliche Mäehtigkeit der vormaligen Eismassen gibt.<br />

Kalktuff, Torf oder diluviale Braunkohle und Lössablagerungen<br />

im Hochgebirge haben ihre besondere Bedeutung. Bei<br />

Kalktuffmassen, die gern Landschneckenschalen <strong>in</strong> sich schliessen,<br />

ist von besonderem Interesse, wenn sie quartären Alters<br />

s<strong>in</strong>d, durch Aufsammeln der E<strong>in</strong>schlüsse zn sehen, ob darunter<br />

jetzt <strong>in</strong> der Gegend ausgestorbene Arten vorkommen, welche<br />

<strong>den</strong> <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>getretenen vVechsel der Fauna docnmentiren<br />

wür<strong>den</strong>.<br />

Dasselbe gilt von diluvialem Torf und von der B rau n­<br />

kohle, die zuweilen Reste diluvialer Thiere beherbergen; es<br />

lassen sich selbst menschliche Culturüberreste dar<strong>in</strong> erwarten.<br />

An das Vorkommen von Lös s knüpft sich die Frage, ob<br />

überhaupt im Innern des Hochgebirgcs sich echter Löss f<strong>in</strong>de,<br />

oder ob er nicht als Gletscherschlamm immer auf das Gebiet<br />

ausserhalb der unteren Grenze des erratischen Diluvialgerölles


190 Giimuel, Geologische Beobachtungen. [168<br />

beschränkt sei. Doch ist es auch <strong>den</strong>kbar, dass zurückweichende<br />

Gletscher im Innern des Gebirges an ihren Rändern<br />

löss artigen Schlamm zurückgelassen haben (Calvarienberg bei<br />

Partenkirrhen). Enthalten solche Lehmablagerungen und die<br />

ihnen ähnliche sog. Diluvial-Kreide, oder zerriebene Dolomitsande<br />

(Lager bei .Mittenwald) Conchylienreste, so ist dies<br />

ganz besonders beaehtenswerth.<br />

3) Recente oder Alluviale Bildungen.<br />

Ueber die geologischen Vorgänge und Ersche<strong>in</strong>ungen, die<br />

sich vor unsern Augen andauernd auch jetzt noch vollziehen,<br />

- recente, noväre und alluviale Bildungen - haben<br />

wir <strong>den</strong> früheren Bemerkungen kaum Weiteres h<strong>in</strong>zuzufügen.<br />

Was hierher gehört, kann sich der ajfmerksame Beobachter<br />

wohl leicht selbst zurechtlegen. Es drangt uns zum Schluss.<br />

So mögen <strong>den</strong>n diese Blätter ihren Weg suchen <strong>in</strong>s Hochgebirge<br />

und freundliche Aufnahme f<strong>in</strong><strong>den</strong> bei Denen, welche<br />

sie als geologischer Führer bei ihren <strong>Alpen</strong>wanderungen begleiten.


lnbaltsverzeicbniss.<br />

Seite<br />

E<strong>in</strong>leitung . 25<br />

Allgeme<strong>in</strong>er Theil 27<br />

I. Geologische Ausrüstung 27<br />

II. Geognostische . Orientirung 36<br />

Geste<strong>in</strong>selemente und Geste<strong>in</strong>e 37<br />

Textur, Structur und Form der Geste<strong>in</strong>e 39<br />

Veränderungen an <strong>den</strong> Geste<strong>in</strong>en 52<br />

Geste<strong>in</strong>sarten 58<br />

Lagerungsordnung und Formationen 64<br />

TII. Geologische Beobachtungen im Allgeme<strong>in</strong>en 67<br />

1) Geste<strong>in</strong>sbeschaffenheit 70<br />

2) Lagerungsverhältnisse 76<br />

3) E<strong>in</strong>lagerungen und Verste<strong>in</strong>ernngen 79<br />

4) Besondere Ersche<strong>in</strong>ungen . 81<br />

Specieller Thei! . 83<br />

IV. Besondere geologische Verhältnisse <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

~~. ~<br />

a) Allgeme<strong>in</strong>e Bemerkungen . 83<br />

b) Geologische Gliederung . 87<br />

I. Primitive oder archäolithische Periode 91<br />

Il. Primäre oder paläolithische Periode 94<br />

1) Silurformation . 95<br />

2) Devonformation '. 97<br />

3) Präcarbon- oder Culmformation . 98<br />

4) Carboll- oder Ste<strong>in</strong>kohlenformation 100<br />

5) Postcarbon- oder Dyasformation 102


192 Inhalts1!erzeichniss. [170<br />

Seite<br />

lII. Secundäre oder Mesolithische Periode 107<br />

1) Buntsand.te<strong>in</strong>formation 110<br />

2) '\fuschelkalkformation 111<br />

3) Keuperformation 113<br />

4) Liasformation 121<br />

ö) Doggerformation 124<br />

6) Jura- oder Malmformation 126<br />

7) Cretacische oder Procäuformatiun 129<br />

IV. I\änolithische oder Tertiärperiode . 135<br />

1) Tertiärformation 137<br />

2) Diluviale oder Quartärformatioll 143<br />

3) Recente oder Novärformation 146<br />

V. Eigenthümlichkeiten bei geologischen Beobachtungen<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong> 146<br />

a) Im Allgeme<strong>in</strong>en 146<br />

b) Im Besonderen 149<br />

1. In Urgebirgs - oder archäolithischen Gel:,ieten 149<br />

1) Bei <strong>den</strong> zur Gneissformation gehörigen Geste<strong>in</strong>en 149<br />

2) Bei <strong>den</strong> zur Glimmerschieferformation gehörigen<br />

Geste<strong>in</strong>en . 163<br />

3) Bei <strong>den</strong> zur Phyllitformation gehörigen Geste<strong>in</strong>en 154<br />

H. Bei <strong>den</strong> paläolithischen Bildungen . 155<br />

111. Bei <strong>den</strong> mesolithischen Bildungen im Allgeme<strong>in</strong>en 159<br />

1) Bei <strong>den</strong> Buntsandste<strong>in</strong>schichten 160<br />

2) Bei <strong>den</strong> Musrhelkalkschicbten 161<br />

3) Bei <strong>den</strong> Gebil<strong>den</strong> der Keuperformation 164<br />

a) Partnach- u. untere St. Cassianer ~chichten 164<br />

b) \Vettcrste<strong>in</strong>schichten 166<br />

c) Raihler- oder obere St. Cassianer Schichten' 169<br />

d) Hauptdolomit und unterer Dachste<strong>in</strong>kalk . 171<br />

e) Rhätische Schichten . 172<br />

f) Oberer Dachste<strong>in</strong>kalk 175<br />

4) Bei <strong>den</strong> Liasschirht0n 176<br />

5) Bei <strong>den</strong> Dogger- und JuraschichteIl 178<br />

6) Bei <strong>den</strong> cretacischen Bildungen 181<br />

IV. Bei Bildungen der Tertiärperiode 184<br />

1) Bei <strong>den</strong> Tertiärschichten 184<br />

2) Bei <strong>den</strong> QuartärbildungeIl 188<br />

3) Bei <strong>den</strong> Novärbildullgell 190<br />

Druck VOn Ereitkopf &" Härtel <strong>in</strong> Leipzig.

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