Grußwort von Irene Alt - Ministerium für Integration, Familie, Kinder ...
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<strong>Grußwort</strong><br />
<strong>Irene</strong> <strong>Alt</strong>,<br />
Ministerin <strong>für</strong> <strong>Integration</strong>, <strong>Familie</strong>, <strong>Kinder</strong>,<br />
Jugend und Frauen<br />
Sehr geehrter Herr Schulte,<br />
sehr geehrter Herr Kugler,<br />
sehr geehrter Herr Wrzesinski,<br />
sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der schwul / lesbischen Gruppen,<br />
sehr geehrte Initiativen <strong>von</strong> transgendern und transsexuellen Menschen sowie<br />
Interessenvertretungen der intersexuellen Menschen,<br />
liebe Teilnehmende.<br />
Ich begrüße Sie herzlich zum heutigen Fachtag „Vielfalt leben -Praxis gestalten“, zu<br />
dem wir im Rahmen unseres Aktionsplans Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen –<br />
Akzeptanz <strong>für</strong> queere Lebensweisen“ eingeladen haben.<br />
Ich freue mich, dass Sie unserer Einladung so zahlreich gefolgt sind. Für mich<br />
bedeutet das auch, dass wir mit unserem Anliegen über die Lebenssituation <strong>von</strong><br />
Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, Transgender und Intersexuellen zu<br />
informieren und einen gesellschaftlichen Austausch zu ermöglichen, einen Nerv<br />
getroffen haben.
Wir bekämpfen die gesellschaftliche Ausgrenzung und Diskriminierung <strong>von</strong><br />
Menschen aufgrund ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität.<br />
Wir wollen auch die vollständige rechtliche Gleichstellung <strong>von</strong> Lesben, Schwulen,<br />
Bisexuellen, Transsexuellen, Transgender und Intersexuellen Menschen (LSBTTI)<br />
und wir fördern die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt.<br />
Wir wissen aus einer EU-weiten Online-Befragung unter LSBTTI-Menschen, dass<br />
sich viele im Alltag nicht zu ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität bekennen<br />
können. Dies zeigen die Erkenntnisse, zu denen rund 93.000 befragte Personen<br />
beigetragen haben. So hat etwa ein Viertel aller teilnehmenden Personen (immerhin<br />
ca. 24.000 Personen) - in den vergangenen fünf Jahren Gewalterfahrungen durch<br />
konkrete Angriffe oder Gewaltandrohungen erlebt.<br />
50% aller Befragten meiden bestimmte Orte aus Angst, aufgrund ihrer sexuellen<br />
Ausrichtung angegriffen, bedroht oder belästigt zu werden. Zu diesen Orten zählen<br />
insbesondere öffentliche Verkehrsmittel, öffentliche Straßen und Plätze sowie<br />
öffentliche Gebäude. Von allen Gruppen fühlten sich Transgender Personen am<br />
häufigsten persönlich diskriminiert oder erfuhren Gewalt. 48% der Befragten gehen<br />
innerhalb ihrer <strong>Familie</strong> offen mit ihrer sexuellen Identität um, 28% offenbaren sich<br />
niemanden oder nur wenigen Freunden. Lediglich 21% teilen ihre sexuelle<br />
Ausrichtung ihren Arbeitskolleginnen und Kollegen oder Mitschülerinnen und<br />
Mitschülern mit. Ein Fünftel der Teilnehmenden, die in einem Arbeitsverhältnis<br />
stehen oder arbeitssuchend waren, fühlt sich diskriminiert. Zwei Drittel der Befragten<br />
versteckten oder verschwiegen ihre sexuelle Ausrichtung in der Schulzeit.<br />
Mindestens 60% der Befragten erfuhren negative Reaktionen <strong>von</strong> ihrer Umwelt,<br />
wenn diese sie LSBTTI zurechnete.<br />
Diese Zahlen sind erschreckend. Zeigen Sie doch, dass wir <strong>von</strong> einer toleranten<br />
Gesellschaft noch weit entfernt sind.<br />
Und: Diese Zahlen bestärken mich in der Auffassung, dass wir uns <strong>für</strong> die Akzeptanz<br />
<strong>von</strong> LSBTTI unbedingt einsetzen müssen und in unseren Anstrengungen noch lange<br />
nicht nachlassen dürfen.
Dies ist auch das Bestreben unserer Landesregierung – der Landesaktionsplan<br />
„Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen“ zeugt da<strong>von</strong>. Wie im Koalitionsvertrag<br />
festgeschrieben, wurde der Maßnahmenplan unter Federführung der<br />
<strong>Familie</strong>nabteilung in meinem Haus erarbeitet. Das Kabinett verabschiedete ihn dann<br />
im Januar dieses Jahres.<br />
Flankiert wird der Aktionsplan <strong>von</strong> einer Zielvereinbarung zwischen der<br />
Landesregierung und QueerNet Rheinland-Pfalz e.V., in der wir die gemeinsame<br />
Umsetzung des Landesaktionsplans verabredet haben. Der Zielvereinbarung liegt<br />
das Verständnis zu Grunde, dass wir Vielfalt als eine Bereicherung des<br />
gesellschaftlichen Zusammenlebens sehen.<br />
Für uns ist die Akzeptanz <strong>von</strong> Menschen jeglicher sexueller Identität ein Gewinn <strong>für</strong><br />
unsere Gesellschaft und eine Basis <strong>für</strong> ein dauerhaft gutes Miteinander. Nur wenn<br />
sich jeder einzelne Mensch angenommen und akzeptiert fühlt, kann er seine<br />
Potentiale in allen Lebensbereichen entfalten.<br />
Die Akzeptanz <strong>von</strong> Lesben, Schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender und<br />
intersexuellen Menschen trägt somit zur Stärkung des demokratischen<br />
Gemeinwesens, der Wirtschaftskraft und eines friedlichen Miteinanders in einer<br />
vielseitigen, lebenswerten und demokratischen Gesellschaft bei.<br />
Vorurteile gegenüber bestimmten Gruppen entstehen nicht selten aus Unwissenheit<br />
und aufgrund mangelnder oder falscher Informationen. Daher ist die Informations-,<br />
Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit eine zentrale Aufgabe im Landesaktionsplan<br />
„Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen“.<br />
„Herzstück“ der Öffentlichkeitsarbeit ist die Homepage www.regenbogen.rlp.de. Hier<br />
erhalten Sie aktuelle Informationen über Ziele und Aufbau des Landesaktionsplans,<br />
Hintergrundinformationen und Ansprechpersonen.<br />
Wir sind uns bewusst: Ohne die Bürgerinnen und Bürger und die gesellschaftlichen<br />
Gruppen werden wir die Akzeptanz <strong>für</strong> queere Lebensweisen und ein gutes<br />
Miteinander nicht erreichen, denn Akzeptanz kann man weder verordnen noch<br />
erzwingen. Es gilt daher, zu informieren, zu sensibilisieren und zu überzeugen.
Die Landesregierung und QueerNet Rheinland-Pfalz e.V. wollen daher einen Dialog<br />
führen und Kooperationen eingehen mit anderen relevanten gesellschaftlichen<br />
Gruppen und Einrichtungen.<br />
Sie, die Sie heute aus unterschiedlichen Einrichtungen zu diesem Fachtag<br />
gekommen sind, sind wichtige Partnerinnen und Partner <strong>für</strong> uns, um den<br />
Landesaktionsplan umzusetzen.<br />
Vielleicht fragen sich einige <strong>von</strong> Ihnen jetzt: Wo liegt das Problem? LSBTTI sind doch<br />
in Rheinland-Pfalz im gesamten Landesrecht gleichgestellt. Auch auf Bundesebene<br />
geht die Gleichstellung voran.<br />
Doch machen wir uns bewusst:<br />
Es gibt nach wie vor rechtliche Benachteiligungen – zum Beispiel im Steuerrecht und<br />
im Adoptionsrecht. Die jüngsten Urteile des Bundesverfassungsgerichts zeugen<br />
da<strong>von</strong> – die Karlsruher Richter mahnen die Bundesregierung immer wieder <strong>für</strong> eine<br />
rechtliche Gleichstellung zu sorgen – zuletzt in einem Urteil zur steuerlichen<br />
Gleichstellung <strong>von</strong> gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebenspartnerschaften.<br />
Ich sage es an dieser Stelle ganz deutlich: Ich finde es unerträglich, wie das<br />
Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung durch ein Urteil nach dem anderen<br />
zur Gleichstellung zwingen muss. Mein Ziel ist die Öffnung der Ehe <strong>für</strong><br />
gleichgeschlechtliche Paare. Der Bundesrat hat sich im März auf Initiative <strong>von</strong><br />
Rheinland-Pfalz dazu bereits zustimmend positioniert. Es wird Zeit, dass die<br />
Bundesregierung und die Mehrheit des Deutschen Bundestages dem jetzt folgen.<br />
Neben der rechtlichen Gleichstellung mangelt esaber noch an einer nachhaltigen<br />
gesellschaftlichen Akzeptanz. Vorurteile, Ablehnung und Diskrimierung sind an der<br />
Tagesordnung in der Schule, im Beruf oder im Sport – selbst in der <strong>Familie</strong>.<br />
Ziel dieses Fachtags ist es daher,<br />
- einen Überblick über die Lebenslagen <strong>von</strong> LSBTTI-Personen zu geben,<br />
- auf die besondere Situation <strong>von</strong> Trans- und Interpersonen hinzuweisen,<br />
- exemplarisch die Handlungsfelder <strong>Familie</strong>, Schule, Jugendarbeit, Gesundheit,<br />
<strong>Alt</strong>er und Pflege näher zu betrachten,
- und mit Personen aus dem LSBTTI-Bereich ins Gespräch zu kommen, sich<br />
auszutauschen und Konsequenzen <strong>für</strong> das eigene Arbeitsfeld abzuleiten.<br />
Dazu heiße ich willkommen:<br />
Herrn Thomas Kugler <strong>von</strong> der Berliner Bildungseinrichtung KomBi -Kommunikation<br />
und Bildung, der zu den Themen Diversity, Gender und Sexueller Identität informiert<br />
und sensibilisert.<br />
Ferner begrüße ich Marcel Wrzesinski <strong>von</strong> der Justus-Liebig-Universität Gießen zum<br />
zweiten Hauptvortrag der Fachtagung „Queeres Leben - Forschungsstand und<br />
Sozialstruktur“.<br />
Aber auch die Referentinnen und Referenten der Workshops möchte ich herzlich<br />
willkommen heißen:<br />
Frau Dr. Angela Kolbe, Herrn Ammo Recla und Herrn Lorenz Naumann <strong>für</strong> den<br />
ersten Workshop, Herrn Thomas Kugler und Frau Anna Lena Gneipelt <strong>für</strong> den<br />
zweiten Workshop.<br />
Der dritte Workshop wird <strong>von</strong> Herrn Heiko Gerlach und Herrn Tom Steinwender<br />
begleitet. Den vierten Workshop leiten Frau Dr. Elke Jansen und Herr Frank<br />
Grandpierre.<br />
Dieser Fachtag ist der Auftakt zu Veranstaltungen, mit denen wir in Zukunft immer<br />
wieder Handlungsfelder unseres Aktionsplans aufgreifen möchten.<br />
Darüber hinaus werden wir einen Runden Tisch einrichten, um mit den Betroffenen<br />
einen engen Dialog zu führen, denn sie sind Expertinnen und Experten in eigener<br />
Sache und wissen genau, wo der Schuh drückt. Der erste Runde Tisch mit den<br />
Queer-Gruppen wird am 6. September stattfinden.<br />
Darüber hinaus führen wir <strong>von</strong> Juni bis Ende September eine anonyme Online-<br />
Umfrage zur Lebenssituation <strong>von</strong> LSBTTI in Rheinland-Pfalz durch. Ziel ist es,<br />
Informationen über Bedarfe <strong>von</strong> Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen,<br />
Transgender und intersexuellen Menschen zu erhalten, um unsere Maßnahmen und<br />
Aktivitäten noch passgenauer auf die Problemlagen abstimmen zu können. Ich
möchte die Gelegenheit nutzen, um Sie zu bitten, sich an der Umfrage zu beteiligen.<br />
Sie finden den Fragebogen auf der Homepage meines <strong>Ministerium</strong>s.<br />
Sehr geehrte Teilnehmende,<br />
ich danke allen, die zur Vorbereitung des Fachtags beigetragen haben und all jenen,<br />
die sich heute aktiv einbringen, durch Expertenwissen, Fragen, Vorschläge und<br />
gemeinsame Vereinbarungen über konkrete Schritte und Maßnahmen.<br />
Ich wünsche Ihnen einen informativen und anregenden Fachtag.<br />
Vielen Dank!