Editorial 07_08 - Zm-online
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54 Medizin<br />
nicht möglich ist, hat der gleiche Effekt<br />
meist keine Schmerzen zur Folge, wenn er<br />
auf einem Tumor basiert. Jeder schmerzfreie<br />
Ikterus ist deshalb solange tumorverdächtig,<br />
wie keine nicht-maligne Ursache<br />
dafür gefunden ist.<br />
Eine ausgeprägte Cholestase kann auch<br />
durch Autoimmunerkrankungen, wie cholestatische<br />
Lebererkrankungen (zum Beispiel<br />
die Primär Biliäre Zirrhose und die Primär<br />
Sklerosierende Cholangitis), bedingt sein.<br />
Komplexe Ikterusformen<br />
Es gibt darüber hinaus komplexe Ikterusformen,<br />
die zum Beispiel durch Arzneistoffe<br />
oder allgemein durch Fremdstoffe ausgelöst<br />
werden können. So kann es bei der<br />
Aufnahme solcher Stoffe zu einer Verdrängung<br />
von Bilirubin aus seiner Albuminbindung<br />
kommen und zu konkurrierenden<br />
Bindungen an den Transportsystemen in<br />
der Leber, zu Störungen der Bilirubin-Glukuronidierung<br />
und/oder zu Störungen bei<br />
der Exkretion und damit zur Cholestase,<br />
also zum Gallestau. Zu den Medikamenten,<br />
die potenziell leberschädigend wirken können,<br />
gehören beispielsweise Antibiotika,<br />
wie die Sulfonamide, das Tetrazyklin oder<br />
das Erythromycin, aber auch Schmerzmittel,<br />
wie das Paracetamol, hormonelle Antikontrazeptiva,<br />
Antiepileptika, wie das Valproat,<br />
und zum Beispiel Methotrexat.<br />
Eine komplexe Störung liegt auch beim<br />
Ikterus im Zusammenhang mit einer<br />
Schwangerschaftscholestase vor, wobei die<br />
Gelbsucht in solchen Fällen primär durch<br />
hormonelle und auch durch genetische<br />
Faktoren getriggert wird.<br />
Genetisch determinierte<br />
Störungen<br />
Dass genetische Faktoren eine wesentliche<br />
Rolle beim Ikterus spielen, belegen eindrucksvoll<br />
die hereditäten Störungen des<br />
Bilirubinstoffwechsels, wie der Morbus<br />
Crigler-Najjar oder der Morbus Meulengracht.<br />
Bei diesen Krankheiten bildet sich<br />
ein Ikterus trotz normaler Leberfunktion<br />
und ohne Hämolyse. Grundlage des Morbus<br />
Crigler-Najjar ist vielmehr der Verlust<br />
Foto: dpa<br />
der Fähigkeit der Glukuronidierung des<br />
Bilirubins infolge eines genetischen Defektes.<br />
Bei völligem Verlust der Enzymaktivität<br />
entsteht dadurch bereits in den ersten<br />
Lebenstagen eine Hyperbilirubinämie, wobei<br />
die Erkrankung ohne entsprechende Behandlung,<br />
also ohne Lebertransplantation,<br />
innerhalb von ein bis zwei Jahren den Tod<br />
des Kindes zur Folge hat. Ist die Enzymaktivität<br />
nicht völlig blockiert, so verläuft die Erkrankung<br />
milder und wird möglicherweise<br />
sogar erst im Erwachsenenalter diagnostiziert.<br />
Auch beim Morbus Meulengracht<br />
liegt eine genetische determinierte, verminderte<br />
Enzymaktivität auf etwa 30 bis 50 Prozent<br />
der Norm vor. Die Störung ist mit einer<br />
geschätzten Prävalenz von zwei bis sieben<br />
Prozent in der Bevölkerung weit verbreitet<br />
und es wird nach wie vor diskutiert, ob sie<br />
tatsächlich Krankheitswert besitzt. Allerdings<br />
geben viele Betroffene abdominelle<br />
Beschwerden, Müdigkeit und Appetitlosigkeit<br />
an, und es kommt zum Beispiel nach<br />
Arzneimitteleinnahmen oder nach exzessivem<br />
Alkoholgenuss vorübergehend zu einem<br />
Ikterus, der jedoch allgemein als harmlos<br />
gilt.<br />
Infektiöse Gelbsucht<br />
Als „infektiöse Gelbsucht“ wird häufig die<br />
Hepatitis A bezeichnet. Bei dieser Virusinfektion<br />
der Leber tritt ebenfalls durch eine<br />
Störung der Bilirubin-Metabolisierung eine<br />
Gelbfärbung des Augapfels und der Haut<br />
auf. Die Infektion kann über Nahrungsmittel<br />
und auch direkt von Mensch zu Mensch<br />
übertragen werden, was den Begriff der<br />
„infektösen Gelbsucht“ erklärt. Weit verbreitet<br />
sind die Hepatitis A-Viren vor allem<br />
in tropischen und subtropischen Regionen,<br />
weshalb bei der Infektion häufig auch von<br />
einer Reisehepatitis gesprochen wird.<br />
Die Hepatitis A geht mit allgemeinen Infektionssymptomen<br />
einher, mit Kreislaufstörungen,<br />
Schwindel, Übelkeit und eventuell<br />
einer Diarrhoe, wobei der Schweregrad<br />
jedoch individuell unterschiedlich ist<br />
und die Infektion auch unbemerkt verlaufen<br />
kann. Die Inkubationszeit der Hepatitis A<br />
beträgt etwa zwei Wochen bis zwei Monate,<br />
Todesfälle infolge einer alleinigen<br />
Hepatitis A sind extrem selten.<br />
Symptome und Prognose<br />
Frühgeborene leiden<br />
häufig unter einem<br />
Ikterus und zu hohen<br />
Bilirubinwerten, die<br />
sich nach einigen Tagen<br />
UV-Bestrahlung<br />
normalisieren.<br />
Die Ablagerung von Bilirubin in der Haut ist<br />
als solche nicht gesundheitlich gefährlich,<br />
kann allerdings durch die Ablagerung von<br />
Gallensalzen einen quälenden Juckreiz bedingen.<br />
Das ist gelegentlich beim intrahepatischen<br />
Ikterus der Fall und häufig bei der<br />
posthepatischen Störung.<br />
Es können außerdem weitere Symptome<br />
auftreten, die aber nicht auf die Bilirubin-<br />
Einlagerung zurückgehen, sondern primär<br />
auf die Grunderkrankung. Häufige Beschwerden<br />
sind daher Symptome wie Müdigkeit,<br />
Abgeschlagenheit und eine eingeschränkte<br />
Leistungsfähigkeit, wie sie oft im<br />
Zusammenhang mit einer Lebererkrankung<br />
beklagt werden. Es können ferner Fieber sowie<br />
Schmerzen auftreten und die Erkrankung<br />
kann auch von einem unfreiwilligen<br />
Gewichtsverlust begleitet sein. Welche Prognose<br />
mit dem Ikterus verbunden ist, hängt<br />
zm 98, Nr. 7, 1. 4. 20<strong>08</strong>, (942)