Manual Intensivmedizin - Levofloxacin
Manual Intensivmedizin - Levofloxacin
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<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 5<br />
notwendigen Tätigkeiten außerhalb des direkten<br />
Patientenkontaktes (Verschlüsselung von Diagnosen<br />
und Prozeduren, Dokumentationsaufgaben etc.)<br />
• Akuität und Kontinuität<br />
Die Arbeit als Intensivarzt verlangt von uns,<br />
zwei medizinische Philosophien gleichzeitig zu<br />
verfolgen:<br />
• In der Akutsituation sehen wir uns der Aufgabe<br />
gegenüber, einen Patienten unter Aufbietung aller<br />
unserer Möglichkeiten unter hohem Zeitdruck zu<br />
stabilisieren. Dabei tritt häufig die kausale Behandlung<br />
des Patienten zu Gunsten einer symptomatischen<br />
Therapie zunächst in den Vordergrund. Von uns<br />
wird Improvisationstalent verlangt, wir stehen unter<br />
einem hohen Entscheidungsdruck.<br />
• Nach der Stabilisierungsphase dagegen widmen<br />
wir uns der kausalen Diagnostik und Therapie und<br />
bemühen uns durch eine möglichst standardisierte<br />
und behutsame Behandlung des Patienten in<br />
Absprache mit den Oberärzten und im Team um<br />
Konsolidierung.<br />
• Hilfe bieten uns Standards für die Notfall-, die<br />
Stabilisierungs- und Konsolidierungsphase, die<br />
entsprechend dem antizipierten Zeitdruck mehr oder<br />
weniger komplex formuliert werden und jeder Zeit<br />
auch schriftlich abrufbar sind.<br />
• Technik und Menschlichkeit<br />
<strong>Intensivmedizin</strong> ist auch eine technische Medizin.<br />
Wir sehen uns oft persönlich im Gespräch mit<br />
Angehörigen aber auch in der medialen Öffentlichkeit<br />
dem Verdacht ausgesetzt, dass unsere Medizin entmenschlicht.<br />
Auch wir selbst erkennen die Gefahr, dass ein<br />
Patient, dessen Kommunikation eingeschränkt ist,<br />
auf uns unpersönlicher wirkt. Ein abstrakter Patient,<br />
der als Persönlichkeit für uns nicht begreiflich wird,<br />
löst in uns eine weitaus distanziertere Haltung mit<br />
Folgen für unsere Arbeit mit ihm aus.<br />
Und doch sehen wir in der Technik unserer Station<br />
auch eine wesentliche Hilfestellung für unsere<br />
Arbeit.<br />
•Um den scheinbaren Widerspruch zwischen Technik<br />
und Menschlichkeit aufzulösen, bedarf es unsererseits<br />
einer aktiven gewollten Auseinandersetzung mit der<br />
Persönlichkeit des Patienten. Ist dies direkt nicht<br />
möglich, so sind wir auf Angehörigengespräche<br />
angewiesen.<br />
• Auch wir sehen die Gefahr, dass ein Intensivpatient<br />
zum Appendix einer Technik reduziert werden<br />
kann. Dem müssen wir immer wieder aufs Neue<br />
entgegenarbeiten.<br />
• Technik entmenschlicht, wenn es bei ihrem Einsatz<br />
um die Erhaltung physischer Fähigkeiten geht,<br />
obwohl keine rationale Hoffnung auf Konsolidierung<br />
des personalen Lebens besteht. Danach bestimmen<br />
wir in gemeinsamer Absprache den Eskalationsgrad<br />
unserer Maßnahmen.<br />
• Erfolg und Versagen<br />
In der <strong>Intensivmedizin</strong> liegen Erfolg und Versagen<br />
nur allzu eng nebeneinander. Wir können uns<br />
nicht darauf verlassen, dass sich diese Extreme<br />
die Waage halten und somit unser Selbstvertrauen<br />
stabilisieren.<br />
Hinzu kommt, dass wir mit unserem Versagen nur<br />
allzu oft schockierten Angehörigen gegenüber<br />
treten müssen; dass es uns selbst oft schwer fällt zu<br />
akzeptieren, dass wir einen Patienten nicht haben<br />
retten können.<br />
• Wir beklagen in diesem Zusammenhang das<br />
Vakuum der medizinischen Ausbildung in Bezug<br />
auf Supervision und Reflexion. Dieses Vakuum<br />
können wir nur dadurch erträglich gestalten, in dem<br />
wir unsere Teamstrukturen intensiv nutzen.<br />
• Lebensrettung und Sterbebegleitung<br />
Als Ärzte wurden wir unter der Zielvorgabe<br />
Lebensrettung oder -erhaltung ausgebildet. Auf einer<br />
Intensivstation treten wir unsere Arbeit mit dieser<br />
Motivation an - und sehen uns oft einer Situation des<br />
Sterbens gegenüber, für die wir nicht geschult sind.<br />
Oft erstreckt sich das Aufgabenfeld von der<br />
Lebensrettung bis zur Sterbebegleitung über ein und<br />
den selben Patienten.<br />
Hierbei durchlaufen wir einen Prozess, der sich im<br />
Sterbeprozess des Patienten und der Trauerreaktion<br />
der Angehörigen widerspiegelt. Und wir<br />
entwickeln uns hierbei, wenngleich mental durch<br />
eine professionelle Distanz zum Patienten besser<br />
gesteuert, emotional oft in den gleichen Stufen:<br />
Kampf, Aggression, Resignation, Akzeptanz.<br />
• Wir halten es für eine Gefahr für uns selbst und<br />
für den Patienten, wenn wir uns diesen Prozess nicht<br />
zumuten, denn er vermittelt uns die Kompetenz zu<br />
einer individuellen Sterbebegleitung.<br />
• Wir erleben eine kompetente Sterbebegleitung in<br />
unserer Arbeit unter diesen Prämissen als ebenso<br />
befriedigend wie unser Bemühen um eine kurative<br />
Medizin.