Vorlesung: Haftungsrecht - Brand
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1<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
<strong>Vorlesung</strong>: <strong>Haftungsrecht</strong><br />
- Herbstsemester 2010 -
2<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Materialien: brand.uni-mannheim.de/lehre<br />
Kontakt: brand.uni-mannheim.de/kontakt<br />
oliver.brand@uni-mannheim.de<br />
+49 (621) 181 1363<br />
Sprechzeiten: Mittwochs, 10 – 12 h<br />
Kontakt
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Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
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Deliktsrecht<br />
<strong>Haftungsrecht</strong><br />
Gegenstand der <strong>Vorlesung</strong><br />
Schadensrecht<br />
(§§ 249 – 254 BGB)
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Literatur zum <strong>Haftungsrecht</strong> allgemein:<br />
Literaturhinweise<br />
• Brüggemeier, <strong>Haftungsrecht</strong>, Struktur, Prinzipien, Schutzbereich, 2006,<br />
Springer, 705 S., € 139,95<br />
• Deutsch, Allgemeines <strong>Haftungsrecht</strong>, 2. Aufl., 1995, Carl Heymanns, 624 S.<br />
(vergriffen- im Seminar verfügbar: D 56.5/012 (02))<br />
• Endres, Ökonomische Grundlagen des <strong>Haftungsrecht</strong>s, 1991, Physica, 216<br />
S., € 19,95<br />
Literatur zum Deliktsrecht:<br />
• Brüggemeier, Deliktsrecht, 1986; Nomos, 564 S., € 40,-<br />
• Deutsch/Ahrens, Deliktsrecht; 5. Aufl., 2009, Carl Heymanns, 285 S., € 32,-<br />
• Fuchs, Deliktsrecht, 7. Aufl., 2009, Springer, 304 S., € 22,95<br />
• *Kötz/Wagner, Deliktsrecht, 11. Aufl., 2010, Carl Heymanns, 380 S., € 23,-
5<br />
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Literatur zum Schadensrecht:<br />
• <strong>Brand</strong>, Schadensersatzrecht, 2010, C.H.Beck, 160 S., € 19,90<br />
Literaturhinweise<br />
• Hess/Jahnke, Das neue Schadensrecht, 2002, Vahlen, 150 S. (vergriffen)<br />
• Jäger/Luckey, Das neue Schadensersatzrecht, 2002, ZAP, 150 S.<br />
(vergriffen)<br />
• Lange/Schiemann, Handbuch des Schuldrechts: Schadensersatz; 3. Aufl.,<br />
2003, Mohr Siebeck, 826 S., € 149,-
� Einführung<br />
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� Deliktische Verschuldenshaftung (incl. Schadensrecht)<br />
Tatbestände der §§ 823 I und § 823 II<br />
Schadensrecht (§§ 249–254)<br />
� Deliktische Haftung für vermutetes Verschulden<br />
§§ 831–833 BGB, Haftung nach § 18 StVG<br />
� Gefährdungshaftung<br />
Produkthaftung, Haftung nach § 7 StVG<br />
Gliederung
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Haftung aus<br />
verschuldetem<br />
Unrecht<br />
(§§ 823 I & II,<br />
824-826, 830, 839<br />
BGB)<br />
Unrechtshaftung aus<br />
vermutetem<br />
Verschulden<br />
(§§ 831, 832, 833 S. 2,<br />
834, 836-838 BGB, 7 III 1<br />
HS 2, 18 StVG, 44, 45<br />
LuftVG)<br />
Deliktsrecht<br />
Haftung aus<br />
Gefährdung<br />
(§§ 231, 833 S. 1 BGB, 7 I, III 1<br />
HS 1 StVG, 1, 2 HaftplG, 33 I, II<br />
1, 3, 54 f. LuftVG, 25, 26<br />
AtomG, 22 WHG, 1 ProdHaftG,<br />
84 ArzneimittelG, 1 UmweltHG,<br />
32 GentechnikG)<br />
Deliktsrecht<br />
§§ 823–853 BGB<br />
Haftung für<br />
fremdes Unrecht<br />
mit Fremdverschulden<br />
(§ 3 HaftpflG, Art 34 GG)
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� TATBESTAND<br />
� RECHTSGUTVERLETZUNG eines anderen<br />
� HANDLUNG des Anspruchsgegners<br />
� haftungsbegründende KAUSALITÄT<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
� VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
� ersatzfähiger SCHADEN, §§ 249 ff., 842 ff. BGB<br />
� haftungsausfüllende KAUSALITÄT<br />
Keine EINWENDUNGEN des Schädigers<br />
Keine EINREDEN des Schädigers<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 I BGB<br />
Haftungsbegründender<br />
Tatbestand<br />
Haftungsausfüllender<br />
Tatbestand
� TATBESTAND<br />
� VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
9<br />
� RG-VERLETZUNG<br />
� HANDLUNG<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
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� KAUSALITÄT<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 I BGB<br />
� GESCHÜTZTES RECHTSGUT betroffen?<br />
In § 823 I benannte Rechtsgüter:<br />
• Leben (jede Form der Tötung, vgl. BGHZ 138, 388)<br />
• Körper (physischer Eingriff in die körperliche<br />
Unversehrtheit, sehr str. „Kind als Schaden“); aber kein SE<br />
für sog. „wrongful life“ (s. BGHZ 86, 240 - Fälle<br />
fehlerhafter pränataler Diagnostik)<br />
• Gesundheit (innere Körperfunktionen (auch Infektion mit<br />
HIV); in engen Grenzen auch Schockschäden, nicht aber<br />
die normale Trauer); P: abgetrennte Körperteile (BGHZ<br />
124, 52)<br />
• auch pränatale Schädigungen (SE des späteren Kindes)<br />
• Freiheit (nur Fortbewegungsfreiheit; P: Stau)<br />
• Eigentum (nicht das Vermögen als solches)<br />
1) Beeinträchtigung des Eigentumsrechts<br />
2) Sachentziehung<br />
3) Substanzverletzung<br />
(Vorrang EBV: § 993 I aE, §§ 2018 ff.)
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Rechtsgüter i.S.d. § 823 I<br />
Vertiefungshinweise<br />
*Coester-Waltjen, Rechtsgüter und Rechte i.S.d. § 823 I BGB, Jura 1992,<br />
209<br />
Eckert, Der Begriff der Freiheit im Recht der unerlaubten Handlungen, JuS<br />
1994, 625<br />
Gsell, Deliktsrechtlicher Eigentumsschutz bei „weiterfressendem“ Mangel,<br />
NJW 2004, 1913<br />
Taupitz, Der deliktsrechtliche Schutz des menschlichen Körpers und seiner<br />
Teile, NJW 1995, 745
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I. Schädigung im Mutterleib<br />
Pränatale Schädigungen<br />
Bsp.: Schwangere Frau wird bei einem Verkehrsunfall verletzt. Dadurch kommt das<br />
Kind mit einem Gehirnschaden zur Welt<br />
� § 823 I des Kindes (+), wenn es lebend geboren wird (BGHZ 8, 243)<br />
II. Wrongful life<br />
Bsp.: Schwangere Frau erkrankt an Röteln. Aufgrund einer Fehldiagnose kommt<br />
das Kind behindert zur Welt<br />
� Anspruch des Kindes (-): kein „Recht auf eigene Abtreibung“; P: Tod der Eltern<br />
� Anspruch der Mutter (+): § 280 I ggf. i.V.m. Grundsätzen des Vertrages mit<br />
Schutzwirkung zugunsten Dritter; strittig: Umfang des Schadensersatzes nach §§ 249<br />
II 1, 253 II BGB (BGHZ 86, 240)<br />
III. Kind als Schaden (Wrongful birth)<br />
Bsp.: Aufgrund einer unsachgemäßen Sterilisation wird A schwanger<br />
� Anspruch der Mutter aus § 280 I und § 823 I auf Ersatz des Unterhaltsschadens (+)<br />
(BGH NJW 2000, 1782); kein Verstoß gegen Artt. 1 I, 2 I GG.
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I. Beeinträchtigung des Eigentumsrechts<br />
Eigentumsverletzungen<br />
Bsp: B veräußert ein von V gemietete Fahrrad an den gutgläubigen D. Hat<br />
V Ansprüche aus § 823 I gegen B bzw. D?<br />
1. Gegen B ja, wenn dieser das Eigentumsrecht schuldhaft verändert hat.<br />
2. Gegen D: hL es liegt zwar eine Eigentumsverletzung vor, diese ist wegen<br />
§ 932 aber nicht rechtswidrig und erst recht nicht verschuldet.<br />
II. Sachentziehung<br />
in der Regel unproblematisch: Diebstahl, Unterschlagung<br />
P: Vorrang des EBV<br />
- grds. nur Haftung nach §§ 933 I, 992 BGB unter weiteren Voraussetzungen<br />
- Haftung nach § 823 I BGB für Nichtbesitzer, rechtmäßige Fremdbesitzer<br />
und unrechtmäßige Fremdbesitzer, die ihr Besitzrecht überschreiten
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Eigentumsverletzung<br />
• Sehr str. ist, ob auch die Gebrauchsentziehung unter § 823 I BGB fällt<br />
• Fleet-Fall (BGHZ 55, 153, 159): das infolge der Sperrung des Wasserweges<br />
eingeschlossene Schiff verliert für acht Monate seine Eigenschaft als Transportmittel,<br />
§ 823 I BGB (+), aber nicht beim ausgeschlossenen Schiff, hier liege nur ein<br />
Einengung der wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit vor<br />
• Kanallagerhaus-Fall (BGHZ 86, 152): Der infolge fahrlässigen Dammbruchs<br />
leergelaufene Hafen kann über zwei Jahre von Schiffen nicht angelaufen werden,<br />
BGH: § 823 I BGB (-), da Anlage benutzbar bleibt und der Hafen von Land<br />
angesteuert wurde<br />
• Fallbearbeitung: Zuparken eines Kfz<br />
• Verallgemeinerte Kriterien<br />
- Beeinträchtigung der Sache, nicht der nutzungswilligen Person<br />
- Aufhebung der Gebrauchsfähigkeit, nicht nur Beeinträchtigung<br />
(eigentlich nicht von §§ 903, 1004 BGB gedeckt)
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III. Substanzverletzung<br />
Eigentumsverletzung<br />
• Jede Verletzung der körperlichen Beschaffenheit (wie § 303 StGB)<br />
• Umstritten: sog. Weiterfresserschäden (Konkurrenz zwischen Delikts- und<br />
kaufrechtlichem Gewährleistungsrecht, Bedeutung für unterschiedliche Verjährung)<br />
• Schwimmschalter-Fall, Gaszug-Fall (BGHZ 86, 256): keine Stoffgleichheit zwischen<br />
späteren Schaden und dem Minderwert, der der mangelhaften Sachen von Anfang<br />
an anhaftet.<br />
d.h. kein § 823 I bei bloßer Verletzung des Äquivalenzinteresses, da Sache von<br />
vornherein nicht zu gebrauchen ist oder der Mangel nicht behebbar ist.<br />
§ 823 I nur bei Verletzung des Integritätsinteresses, wenn Mangel zunächst auf ein<br />
Teil des Produkts beschränkt und mit wirtschaftlich vertretbaren Aufwand behebbar<br />
ist.<br />
• Bedenkliche Ausdehnung im Transistorenfall (BGHZ 138, 230)
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Hebebühnenfall<br />
§ 823 I BGB<br />
V liefert K Einzelteile des Herstellers H, aus denen K eine Hebebühne<br />
zusammenbaut. Beim Gebrauch stürzt der aufgebockte Pkw eines Dritten ab.<br />
Ursache ist ein Produktionsfehler an tragenden Teilen der Hebebühne [nach BGH<br />
NJW 1983, 812].<br />
Kann K bei H seinen Haftungsschaden gegenüber dem Dritten liquidieren?<br />
Vertragliche Ansprüche zwischen K und H (§§ 437 Nr. 3, 280 I) bestehen nicht<br />
Anspruchsgrundlage ist § 823 I<br />
" Handlung des H (+)<br />
1. Verletzung eines absoluten Rechtsguts?<br />
- Eigentum nur bei „Weiterfressermangel“<br />
P: Stoffgleichheit zwischen Mangelunwert und Endschaden (nicht: zunächst<br />
funktional abgrenzbares Teil betroffen)<br />
- Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb? �<br />
Eingriff muss betriebsbezogen, d.h. final auf einen Eingriff in den Betrieb<br />
gerichtet sein und nicht nur das allgemeine Lebensrisiko verwirklichen.<br />
2. Ergebnis: § 823 I des K gegen H �
� TATBESTAND<br />
� VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
16<br />
� RG-VERLETZUNG<br />
� HANDLUNG<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
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� KAUSALITÄT<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 I BGB<br />
� GESCHÜTZTES RECHTSGUT betroffen?<br />
" Sonstige, in § 823 I nicht benannte Rechte<br />
alle absoluten (= gegen jedermann gerichtete) Rechte<br />
" Dingliche Rechte<br />
z.B. Hypothek, Grund- und Rentenschuld, Reallasten,<br />
Erbbaurechte, dingliche Vorkaufsrechte, Dienstbarkeiten<br />
an Grundstücken, Mobilarpfandrechte, dingliche<br />
Anwartschaftsrechte, Anneignungsrechte.<br />
" Immaterialgüterrechte<br />
z.B. Patent-, Urheber- und Gebrauchsmusterrechte,<br />
Marken.<br />
" Berechtigter (unmittelbarer) Besitz<br />
Nach h.M ist neben dem unmittelbaren (berechtigten)<br />
Besitz auch der mittelbare Besitz geschützt. Letzteres gilt<br />
jedoch nicht im Verhältnis zwischen mittelbarem und<br />
unmittelbarem Besitzer.<br />
" Ehe<br />
nur räumlich-gegenstandlicher Bereich
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Besitz als absolutes Recht<br />
• Beispiel (nach BGHZ 62, 243): A und B haben – jeder für sich – in dem<br />
Gebäude des V gewerbliche Räume im ersten Stock gemietet. Nach den<br />
Mietverträgen steht der Lastenaufzug nur den beiden Mietern zur<br />
Verfügung. B beschädigt den Lift fahrlässig, sodass dieser einen Monat<br />
stillsteht. A will von B Ersatz des entstandenen Schadens.<br />
• BGH (+) B hat den berechtigten, unmittelbaren Mitbesitz des A verletzt, der<br />
Mitbesitz genüg für § 823 I<br />
• Im obigen Beispiel sind A und B unmittelbare Besitzer und V mittelbarer<br />
Besitzer, im Verhältnis V zu A bzw. B greift § 823 I nicht, insoweit ist der<br />
Mietvertrag vorrangig<br />
• Grund für die Differenzierung zwischen berechtigtem und unberechtigtem<br />
Besitz: letzterer gibt nur Abwehr- (§ 861), aber kein Nutzungsrecht; für das<br />
Eigentum ist beides kennzeichnend.
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Ehe als absolutes Recht<br />
• h.M. (z.B. BGHZ 23, 215) kein Anspruch auf Schadensersatz bei<br />
Ehebruch gegen Ehepartner wegen Vorrangs der<br />
familienrechtlichen Vorschriften (Scheidung)<br />
• Anspruch gegen Dritten?<br />
BGH (-) wegen Beteiligung eines Ehegatten<br />
h.L. (+) hinsichtlich der mit der Abwicklung der Ehe verbundenen<br />
Kosten<br />
� Unstreitig sonstiges Recht: räumlich-gegenständlicher Bereich<br />
(z.B. Wohnung; BGHZ 6, 360); aber nur Beseitiungs- und<br />
Unterlassungsansprüche analog § 1004 (arg. keinen efficient<br />
breach ermöglichen)<br />
� Bsp.: Ehemann möchte Geliebte in die eheliche Wohnung<br />
aufnehmen
� TATBESTAND<br />
� VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
19<br />
� RG-VERLETZUNG<br />
� HANDLUNG<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
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Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
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� KAUSALITÄT<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 I BGB<br />
� GESCHÜTZTES RECHTSGUT betroffen?<br />
" Recht am eingerichteten und ausgeübten<br />
Gewerbebetrieb<br />
Geschützt sind unter anderem der Kundenstamm, die<br />
Geschäftsbeziehungen und die Organisationsstruktur.<br />
" Mitgliedschaftsrechte<br />
Geschäftsanteile an einer GmbH, Aktien oder das<br />
Mitgliedschaftsrecht im Verein sind gegen<br />
mitgliedschaftsbezogene Eingriffe geschützt.<br />
" Allgemeines Persönlichkeitsrecht<br />
= Das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung<br />
seiner Persönlichkeit.
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Sonstige Rechte<br />
Vertiefungshinweise<br />
Hoffmann-Riem, Die Caroline-II-Entscheidung des BVerfG, NJW 2009, 20<br />
*K. Schmidt, Integritätsschutz von Unternehmen nach § 823 BGB, JuS<br />
1993, 985<br />
Teichmann, Abschied von der absoluten Person der Zeitgeschichte, NJW<br />
2007, 1917
21<br />
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Stromkabelfall<br />
§ 823 I BGB<br />
Baggerführer T trennt das zum Betrieb des O führende Stromkabel durch.<br />
Der Betrieb liegt für einen Tag still [nach BGHZ 29, 65 ff.].<br />
Kann O von T den entgangenen Gewinn als Schadensersatz verlangen?<br />
Anspruchsgrundlage ist § 823 I BGB.<br />
" Handlung des T (+)<br />
1. Verletzung eines absoluten Rechtsguts?<br />
a) Eigentum am Kabel hat nur die Gemeinde (Versorgungswerk), auch wenn das<br />
Kabel bereits auf dem Grundstück des O gelegen hätte.<br />
b) Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb? Durch ständige<br />
Rspr. als sonstiges Recht i.S.d. § 823 I BGB anerkannt (mittelbare Wirkung des<br />
Art. 14 GG).<br />
Aber der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb muss<br />
betriebsbezogen, d.h. final auf einen Eingriff in den Betrieb gerichtet sein und<br />
nicht nur das allgemeine Lebensrisiko verwirklichen. Hieran fehlt es.<br />
2. Ergebnis: § 823 I des O gegen T �
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Stromunterberechung<br />
§ 823 I BGB<br />
Baggerführer T trennt das zum Betrieb des O führende Stromkabel durch.<br />
Der Betrieb liegt für einen Tag still [nach BGHZ 29, 65 ff.].<br />
Abwandlung: O betreibt in seinem Betrieb eine Brüterei und die bereits<br />
angebrüteten Eier verderben infolge des Stromausfalls.<br />
Kann O von T den entgangenen Gewinn als Schadensersatz verlangen?<br />
� Der BGH [BGHZ 41, 123 ff.] lehnt hier zwar ebenfalls einen Eingriff in den<br />
eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ab.<br />
� Der BGH bejaht aber eine Eigentumsverletzung an den bereits angebrüteten<br />
Eiern. Diese Differenzierung ist bedenklich, da T nur in das Eigentum der<br />
Gemeinde eingreift und nicht wissen kann, ob am Ende der Leitung ein normaler<br />
Betrieb mit Fließband, ein Hochofen, eine Brüterei oder nur Tante Erna‘s<br />
Bügeleisen hängt.<br />
� Mit Hager [JZ 1979, 53 ff.] wird man deshalb allein auf den Eingriff in den<br />
Gewerbebetrieb abstellen müssen.<br />
� Verbleibende Anwendungsfälle: schädigende Werturteile, abträgliche wahre<br />
Tatsachen, Boykott, Blockaden
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Allgem. PersönlichkeitsR I<br />
" Aus Art. 1 I GG hat die Rechtsprechung das Allgemeine Persönlichkeitsrecht als<br />
absolutes Recht i.S.d. § 823 I BGB hergeleitet (mehr als Name: § 12 BGB, Firma:<br />
§ 37 HGB, Recht am eigenen Bild §§ 22 ff. KunstUrheberG). Auffangtatbestand.<br />
" Es lassen sich drei Fallgruppen unterscheiden:<br />
1) Schutz der Intimsphäre (innere Gefühls- und Gedankewelt), abs. Schutz,<br />
keine Abwägung z.B. mit Art. 5 GG (Pressefreiheit), Bsp: Veröffentlichung von<br />
Tagebüchern; Liebesbriefen mit Einzelheiten des Sexuallebens etc.)<br />
2) Schutz vor Eindringen in fremde Privatsphäre (insbes. Recht am eigenen<br />
Bild): Nicht nur im familiären und häuslichen Bereich (Stichwort: Paparazzi-<br />
Fotos, vgl. BGHZ 131, 332 - Caroline II), sondern auch an abgeschiedenen<br />
Orten in der Öffentlichkeit (Bsp. Baden im einsamen Waldsee)<br />
� grds. weiter Schutz; traditionell Abwägung mit Art. 5 GG bei sog. absoluten und<br />
relativen Personen der Zeitgeschichte:<br />
- absolute Person (dauerhaft hervorgehobene Stellung): keine Einwilligung zur<br />
Veröffentlichung unbefugter Bildaufnahmen<br />
- relative Person (kurzzeitig hervorgehobene St.): Einwilligung nur bei sachlichem<br />
und zeitlichem Zusammenhang mit dem Ereignis entbehrlich
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Allgem. PersönlichkeitsR II<br />
Prinz Ernst August von Hannover uriniert auf der Expo 2000 zusammen mit einem<br />
Freund hinter dem überfüllten Abort im Freien, an einer Stelle, die nicht sofort, aber<br />
leicht einsehrbar war und wird dabei fotografiert. Dürfen die Fotos veröffentlicht<br />
werden?<br />
� BGH (bis 2004) Der Prinz ist eine absolute, der Freund als sein Begleiter<br />
eine relative Person der Zeitgeschichte. Fotos dürfen gegen den Willen<br />
veröffentlicht werden.<br />
� EGMR vom 24.6.2004 – Caroline: Nach Art. 8 EMRK muss entscheidender<br />
Umstand sein, „ob die in Frage stehenden Aufnahmen oder Artikel zu einer<br />
öffentlichen Diskussion beitragen, oder lediglich die Neugier eines<br />
bestimmten Publikums befriedigen sollen.“<br />
� BGH (heute, z.B. NJW 2007, 1977): Einwilligung in die Veröffentlichung von<br />
in der Öffentlichkeit gemachten Aufnahmen nur entbehrlich, wenn es sich<br />
um „Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ handelt (keine<br />
Unterscheidung zwischen relativen und absoluten Personen der<br />
Zeitgeschichte mehr)<br />
näher Teichmann, NJW 2007, 1917
25<br />
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Allgem. PersönlichkeitsR III<br />
3) Schutz der sog. Individualsphäre davor, dass von einer Person in der<br />
Öffentlichkeit ein falsches Bild gezeichnet wird (BGHZ 35, 363 – Ginsengwurzel:<br />
Prof. für Völker- und Kirchenrecht wird mit einem Naturheilmittel mit<br />
potenzfördernder Wirkung in Verbindung gebracht; BGHZ 128, 1 - Caroline I:<br />
erfundene Interviews); grds. auch wenn wahre Tatsache diskriminierend nach außen<br />
gebracht wird, aber Einschränkungen möglich: Verdachtsberichterstattung, Ehebruch<br />
von des Prinzen (vgl. BGH NJW 1999, 2893).<br />
� APR beinhaltet Abwägungsvorgang auf der Ebene des obj. Tatbestandes und der<br />
RW, denn anders als bei sonstigen Ansprüchen ist die Rechtswidrigkeit nicht<br />
indiziert, sondern gesondert festzustellen. Bsp: Nacktfotos aus dem Schulbuch -<br />
BVerfGE 101, 361, 371 ff.<br />
� In der sog. Herrenreiter-Entscheidung [BGHZ 26, 349] sowie in BGHZ 35, 363 hat<br />
der BGH im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes über § 253 I BGB<br />
hinausgehend auch SE für den immateriellen Schaden anerkannt, da der bloße<br />
Widerruf oder künftiges Unterlassen nicht ausreichen.
26<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Ehre als absolutes Recht<br />
„In Schwaben wird es immer mehr<br />
Maschinenbau und mehr Unternehmertum<br />
geben als in der Uckermark.“<br />
„Wer sein Buch liest, der denkt an<br />
„Volksverhetzung“, an den Paragraphen<br />
130 des Strafgesetzbuches. Er sanktioniert<br />
den Angriff auf die Menschenwürde<br />
anderer.“ (BZ v. 28.8.2010)<br />
1. Geboten ist immer eine Interessenabwägung<br />
2. Unterscheidung: Tatsachenbehauptung Werturteil; generell größerer<br />
Schutz gegenüber falschen Tatsachenbehauptungen<br />
3. Bedenke: §§ 823 II BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB bei vorsätzlichen<br />
Ehrverletzungen
27<br />
Absolute Rechte<br />
Die „Mitgliedschaft“<br />
S ist nur deshalb Mitglied in einem Sportverein, damit er an einer Segelregatta<br />
teilnehmen kann. Als er sein Boot umbaut, erteilt ihm der Verein eine falsche<br />
Auskunft, was die zukünftige Klasseneinteilung anbelangt. Nachdem Umbau wird S<br />
nicht mehr zur Regatta zugelassen. Er verlangt die erneut notwendigen<br />
Umbaukosten vom Verein als SE aus § 823 I BGB (Schärenkreuzer-Fall).<br />
Zu Recht?<br />
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Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
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� Früher wurde die Mitgliedschaft im Verein oder in anderen Gesellschaften nur als<br />
Bündel von Rechten und Pflichten, also als eine subjektive Rechtsstellung<br />
begriffen.<br />
� Der BGH hat in BGHZ 110, 323, 327, 334 zu Recht anerkannt, dass die<br />
Mitgliedschaft - ähnlich dem Eigentum - ein sonstiges absolutes Recht im Sinne<br />
des § 823 I BGB ist.<br />
� Dies ist heute weitgehend anerkannt. Der Streit geht um die Reichweite. Es muss<br />
ein mitgliedschaftsbezogener Eingriff (ähnlich der Betriebsbezogenheit)<br />
vorliegen. Kein allg. Abwehrrecht gegen satzungswidriges Verhalten (z.B.<br />
Missachtung der Einladungsfrist zur Mitgliederversammlung).<br />
� BGH hat mitgliedschaftsbezogenen Eingriff im Schärenkreuzer-Fall bejaht.
� TATBESTAND<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
� VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
28<br />
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Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
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� RECHTSGUTVERLETZUNG<br />
� HANDLUNG<br />
� KAUSALITÄT<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 I BGB<br />
� GESCHÜTZTES RECHTSGUT betroffen?<br />
� „EINES ANDEREN“<br />
= Geschädigter muss Träger des geschützten<br />
Rechtsgutes sein.<br />
� VERLETZUNGHANDLUNG<br />
� abzugrenzen von der nur geringfügigen<br />
Beeinträchtigung.
� TATBESTAND<br />
� VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
29<br />
� RECHTSGUTVERLETZUNG<br />
� HANDLUNG<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
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und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� KAUSALITÄT<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
oder<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 I BGB<br />
POSITIVES TUN (unproblematisch, sofern beherrschbar)<br />
UNTERLASSEN trotz VERKEHRSSICHERUNGSPFLICHT<br />
� Schaffen einer Gefahr (Ingerenz-Prinzip)<br />
Wer Grund und Boden dem Verkehr für Menschen eröffnet, hat<br />
ihn in gefahrlosem Zustand zu halten (z.B. Beleuchtung, Streuen<br />
bei Glatteis, Absperren einer Baugrube).<br />
� Beherrschen einer Gefahr<br />
Wer gefährliche Gegenstände gebraucht, hat – soweit zumutbar<br />
– andere vor Gefahren zu bewahren (z.B. Maschinen,<br />
Produzentenhaftung).<br />
� Berufsbezogene VSP<br />
Aus Gewerbebetrieb oder Berufausübung können sich besondere<br />
Verkehrssicherungspflichten ergeben (z.B. Arzthaftung).<br />
Beachte: Überträgt jemand die Erfüllung einer ihm obliegenden<br />
Verkehrssicherungspflicht einem Dritten, so führt das nicht zur vollständigen<br />
Haftungsbefreiung. Die Verkehrssicherungspflicht wandelt<br />
sich in eine Aufsichts- und Überwachungspflicht um (h.M.).
� TATBESTAND<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINREDEN<br />
30<br />
� RECHTSGUTVERLETZUNG<br />
� HANDLUNG<br />
� KAUSALITÄT<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
� VERSCHULDEN<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
EINWENDUNGEN<br />
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Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
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Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 I BGB<br />
� KAUSALITÄT nach der Äquivalenztheorie<br />
Kausalität ist nach der Äquivalenztheorie gegeben,<br />
wenn die Handlung nicht hinweggedacht werden kann,<br />
ohne dass die Rechtsgutverletzung in ihrer konkreten<br />
Form entfiele (conditio sine qua non).<br />
Weite der Äquivalenztheorie folgt aus der<br />
Gleichwertigkeit aller Kausalbedingungen<br />
Dies gilt insbesondere auch bei mehreren<br />
Kausalbeiträgen<br />
Bsp: A und B führen unabhängig von einander Gift in<br />
den Fluss ein, was zu einen Fischsterben führt<br />
a) sowohl die Giftmenge von A, als auch die von B<br />
war für das Fischsterben genügend (alternativ)<br />
b) nur die Kumulation der für sich unschädlichen<br />
Teilmengen löst die Katastrophe aus (kumulativ)<br />
Jeder „haftet“ auf das Ganze
31<br />
Äquivalenztheorie<br />
Probleme<br />
Dieb D wird beim Stehlen in einem Warenhaus von einem dort angestellten Detektiv<br />
gestellt. Das Warenhaus verlangt von D insgesamt € 200,-. € 50,- davon sind<br />
Fangprämie für den Detektiv und jeweils € 75,- Bearbeitungsgebühr und anteilige<br />
Beteiligung an den Kosten des Warenhauses für Detektivpersonal und<br />
Warensicherung [nach BGHZ 75, 230 ff.].<br />
Zu Recht?<br />
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� Ersatzfähigkeit der Fangprämie und Bearbeitungsgebühr (+)<br />
� Ersatzfähigkeit der Kosten für Warensicherung und Personal �: wären auch<br />
ohne Auftreten des D angefallen.<br />
� Die Warensicherung fällt unter die Fallgruppe der sog. „Vorhaltekosten“ (=<br />
Aufwendungen, die der Geschädigte schon vor dem schädigenden Ereignis<br />
getätigt hat, um dieses zu verhindern oder dessen Folgen abzumildern). Diese<br />
sind entgegen dem BGH (BGHZ 32, 280, 284) mangels äquivalenter Kausalität<br />
und wegen Abgrenzungsschwierigkeiten nicht ersatzfähig.<br />
� Ausnahme: „GEMA“-Rechtsprechung (BGHZ 17, 376); Grund: Erhöhte<br />
Schutzbedürftigkeit von Immaterialgütern; Frage der Verteilung der Kostenlast
� TATBESTAND<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINREDEN<br />
32<br />
� RECHTSGUTVERLETZUNG<br />
� HANDLUNG<br />
� KAUSALITÄT<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
� VERSCHULDEN<br />
EINWENDUNGEN<br />
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� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
� OBJEKTIVE ZURECHNUNG<br />
" Adäquanztheorie<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 I BGB<br />
Nach der Adäquanztheorie ist dem Handelnden eine<br />
Rechtsgutverletzung nur dann zuzurechnen, wenn die von<br />
ihm gesetzte Bedingung im Allgemeinen und nicht nur<br />
unter ganz besonders eigenartigen, ganz<br />
unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf<br />
der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur<br />
Herbeiführung der Rechtsgutverletzung geeignet war<br />
(Standpunkt des optimalen Beobachters).<br />
Kurz: Es entfällt, was soweit außerhalb aller<br />
Wahrscheinlichkeit liegt, das damit vernünftigerweise nicht<br />
zu rechnen war<br />
" Bsp: Kater stürzt aufgrund schrillen Schreis bei nächt-<br />
lichem Telefonanruf (AG Regensburg NJW 2000, 1047)<br />
" Einschränkung insbes. beim untypischen Zusammen-<br />
wirken mehrerer Kausalketten
� TATBESTAND<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINREDEN<br />
33<br />
� RECHTSGUTVERLETZUNG<br />
� HANDLUNG<br />
� KAUSALITÄT<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
� VERSCHULDEN<br />
EINWENDUNGEN<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
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� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
� OBJEKTIVE ZURECHNUNG<br />
" Schutzzweck der Norm<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 I BGB<br />
Das Gesetz will den Rechtsgütern und deren Trägern<br />
keinen absoluten Schutz, sondern nur Schutz vor<br />
bestimmten Arten von Beeinträchtigungen gewähren. Die<br />
Norm muss also ihrem Zweck nach gerade bezwecken,<br />
die konkrete Rechtsgutverletzung zu sanktionieren.<br />
" Einschränkung greift neben Adäquanztheorie und<br />
erfordert eine Wertung<br />
- Bsp: Schockschäden nur für nahe Angehörige<br />
- Bsp: mittelbar schädigende Handlung:<br />
Luftpumpenraketenfall, BGH NJW 1973, 615: Verstoß<br />
gegen die Pflanzenschutzverordnung<br />
- Bsp: Herausforderungsfälle, vgl. z.B. BGHZ 63,<br />
189: keine Unterbrechung der Kausalität durch<br />
eigenverantwortliche Selbstgefährdung
Schutzzweck der Norm<br />
Schockschäden<br />
Ehemann E ist bei einem Verkehrsunfall, den S verschuldet hat, getötet worden. Als seine<br />
ihrem Wesen nach lebenslustige Ehefrau G davon erfährt, erleidet sie einen schweren<br />
seelischen Schock. Dieser führt – trotz psychologischer Betreuung – zu andauernden<br />
Schlafstörungen und Depressionen, aufgrund derer sich der Charakter der G grundlegend<br />
ändert. G verlangt von S Ersatz der Kosten der psychologischen Betreuung und Entschädigung<br />
für ihre psychische Beeinträchtigung [nach BGHZ 56, 163 ff.].<br />
Zu Recht?<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Anspruchsgrundlage ist § 823 I<br />
1. Rechtsgutsverletzung<br />
� Gesundheitsverletzung (1. normative Korrektur: nur bei „medizinisch fassbaren<br />
Auswirkungen“, die über das Maß hinaus gehen, das bei einem Trauerfall zu erwarten ist.)<br />
� 2. normative Korrektur: grds. nur bei nahen Angehörigen, es sei denn, der Geschädigte<br />
ist unmittelbar an dem schädigenden Ereignis beteiligt (BGH VersR 1986, 240).<br />
� 3. normative Korrektur: nur bei nachvollziehbarer Reaktion (z.B. nicht: schwerer Schock<br />
bei Tötung eines Haustiers)<br />
� Ansatz m.E. problematisch: willkürliche Privilegierung; willkürlicher Kreis der<br />
Privilegierten; Ersatz für das im europäischen Ausland übliche<br />
„Angehörigenschmerzensgeld“; besser: Lösung über eine Vererbung des Anspruchs des E<br />
34 aus §§ 823 I, 253 II
35<br />
Schutzzweck der Norm<br />
Herausforderungsfälle<br />
Polizist P soll den (Bagatell-) Ladendieb L verhaften. Als P in dessen Wohnung<br />
erscheint, springt L aus einem Fenster in den 3 m tiefer gelegenen Hof. Der<br />
ortsunkundige P springt ihm nach und bricht sich dabei das Sprunggelenk. Ein<br />
Kollege nimmt den L fest. P verlangt von L Ersatz der ihm entstandenen<br />
Heilbehandlungskosten [nach BGHZ 63, 189 ff.].<br />
Zu Recht?<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Anspruchsgrundlage ist § 823 I<br />
1. Rechtsgutsverletzung<br />
� Gesundheitsverletzung (wohl (+))<br />
� P: Kausalität: Unterbrochen durch eigenverantwortliches Verhalten des P<br />
� normative Korrektur: Zurechnung, wenn sich Geschädigter zu seinem Verhalten<br />
herausgefordert fühlen durfte<br />
- angemessenes Verhältnis zwischen Risiko und verfolgtem Zweck (wohl (+))<br />
- P: Berufsrisiko (unschädlich bei übermäßigen Gefahren) (wohl (+))<br />
� Vergleichbare Problemlage bei Drittherausforderung (Grünstreifenfälle: BGHZ 58, 162)
� TATBESTAND<br />
� VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
36<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� RECHTSGUTVERLETZUNG<br />
� HANDLUNG<br />
� KAUSALITÄT<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
" Notwehr, § 227 BGB<br />
" Verteidigungsnotstand, § 228 BGB<br />
" Angriffsnotstand, § 904 BGB<br />
" Selbsthilfe, § 229 BGB<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 I BGB<br />
Nach der Lehre vom Erfolgsunrecht (h.M. / a.A. Lehre vom<br />
Handlungsunrecht) indiziert die Tatbestandsmäßigkeit<br />
(also die Verletzung des abs. Rechts) die Rechtswidrigkeit.<br />
Diese entfällt beim Eingreifen von Rechtfertigungsgründen:<br />
" Einwilligung des Verletzten (insb. Heilbehandlung)<br />
subsidiär Mutmaßliche Einwilligung (wie §§ 677 ff. BGB)<br />
" Gesetzliche Ermächtigung, z.B. § 127 I StPO<br />
" Wahrnehmung ber. Interessen (§ 193 StGB)<br />
" Berechtigte GoA (§ 677 BGB)<br />
" Züchtigungsrecht der Eltern (str., § 1631 II BGB)<br />
Ausnahme: Bei Rahmenrechten (=offener TB) wie dem<br />
Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb<br />
und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht muss die<br />
Rechtswidrigkeit dezidiert festgestellt werden.
37<br />
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und Rechtsvergleichung<br />
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Rechtfertigungsgründe<br />
Einwilligung<br />
• Gesetzlich nicht geregelt; kein Rechtsgeschäft = §§ 104 ff. BGB (-)<br />
• Wichtig vor allem bei: Heilbehandlung<br />
• Voraussetzungen<br />
- Disponibles Rechtsgut<br />
- Einwilligungsfähigkeit (analog § 828 II, III BGB; beachte: §§ 1629 I 2, 1613c BGB)<br />
- hinreichende Aufklärung durch den (potentiellen) Schädiger (im Großen und Ganzen;<br />
im Einzelfall kann aber auch Aufkl. über ein seltenes Risiko erforderlich sein,<br />
wenn Verwirklichung Lebensführung stark beeinträchtigt: BGH NJW 2006, 2108)<br />
� Mutmaßliche Einwilligung<br />
- nur wenn Einwilligung nicht oder nicht rechtzeitig eingeholt werden kann (Bsp.:<br />
Bewusstlosigkeit nach Unfall)<br />
- nicht zwingend deckungsgleich mit objektivem Interesse (gleiche Wertungen wie bei<br />
der GoA)<br />
� Kein Fall der Einwilligung: Handeln auf eigene Gefahr > § 254 BGB
� TATBESTAND<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
38<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� RECHTSGUTVERLETZUNG<br />
� HANDLUNG<br />
� KAUSALITÄT<br />
� VERSCHULDEN<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 I BGB<br />
� DELIKTSFÄHIGKEIT (§§ 827, 828 BGB)<br />
Verschuldensunfähige Personen: §§ 827, 828 I: Unter 7 und<br />
bei „krankhafter Störung der Geistestätigkeit“<br />
§ 828 II: partielle Verschuldensunfähigkeit bis 10 im<br />
Straßenverkehr (auch kein Mitverschulden mehr!)<br />
§ 828 III: Beschränkte Verschuldensfähigkeit: Einsicht, zur<br />
Kasuistik vgl. exemplarisch BGH NJW 1984, 1958<br />
� VERSCHULDEN<br />
" Vorsatz<br />
= Wissen um und Wollen von Tatbestand und<br />
Rechtswidrigkeit<br />
" Fahrlässigkeit<br />
= Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen<br />
Sorgfalt, § 276 II BGB (objektivierter Maßstab)<br />
P: Haftungsmilderung, § 277, Vertrag (§§ 521, 599)<br />
" Ausnahme: Billigkeitshaftung, § 829 BGB
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Exkurs: Billigkeitshaftung § 829<br />
� Bsp.: Bei einem Spiel schleudert ein 12-Jähriger ein „Holzmesser" auf einen<br />
8-Jährigen. Er trifft das linke Auge, der 8-Jährige erblindet [nach BGHZ 39,<br />
281 ff.].<br />
• Voraussetzungen:<br />
1. Tatbestandsmäßige, rechtswidrige unerlaubte Handlung des Anspruchsgegners<br />
(nicht nur §§ 823–826 BGB wie der Wortlaut, sondern auch §§ 830 I 2, 831, 833 S. 2,<br />
834, 836-836 BGB)<br />
2. Ausschluss der Haftung wegen fehlender Deliktsfähigkeit<br />
3. Keine Möglichkeit des Ersatzes von aufsichtspflichtigen Dritten (z.B. § 832 BGB)<br />
4. Billigkeit erfordert Schadensausgleich: erhebliches wirtschaftliches Gefälle der<br />
Beteiligten, private (freiwillige) Haftpflichtversicherungen sollen unberücksichtigt<br />
bleiben, gesetzlich vorgeschriebene (z.B. Berufshaftpflichtversicherung) aber<br />
grundsätzlich nicht (BGHZ 127, 186); zweifelhaft<br />
• Rechtsfolge: §§ 249 ff. BGB<br />
• Analoge Anwendung auf Kinder und Jugendliche, die zwar die erforderliche<br />
Einsichtsfähigkeit haben, denen aber kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden<br />
kann.<br />
39
40<br />
Verschulden: Fahrlässigkeit<br />
Analogie: vertragliche Haftungsmilderung<br />
A veranstaltet eine Gartenparty und bittet auf dieser seinen Nachbarn B,<br />
mitzuhelfen, den Grill aus der Garage zu holen. Abgelenkt von der blendenden<br />
Erscheinung des Partygastes C lässt B den Grill fallen und beschädigt dadurch das<br />
in der Garage abgestellte Kfz des A. Dieser verlangt von B Ersatz des entstanden<br />
Schadens.<br />
Zu Recht?<br />
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Vertragliche Ansprüche zwischen A und B bestehen nicht (Gefälligkeitsverh.)<br />
Anspruchsgrundlage ist § 823 I<br />
� Kausale Rechtsgutsverletzung durch eine Handlung des B (+)<br />
� Rechtswidrigkeit (+)<br />
� Grundsätzlich auch Fahrlässigkeitsvorwurf i.S.d. § 276 II BGB gegen B<br />
aber: Haftungsprivilegierung analog §§ 521, 599, 690 BGB?<br />
- h.L. (+): Gefälligkeitsverhältnis wesensgleiches Minus<br />
- Rspr. (-): Vertragliche Bindung Preis für Privilegierung (z.B. OLG Stuttgart<br />
VersR 1994, 867)
� TATBESTAND<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
41<br />
� RECHTSGUTVERLETZUNG<br />
� HANDLUNG<br />
� KAUSALITÄT<br />
� VERSCHULDEN<br />
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und Rechtsvergleichung<br />
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� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 I BGB<br />
Ersatzfähiger SCHADEN, §§ 249 ff., 842 ff. BGB<br />
" Vermögensschäden<br />
Grundsatz: Naturalrestitution, §§ 249 I, II, 250 BGB<br />
Ausnahme: Schadenskompensation, §§ 251–252<br />
BGB<br />
" Immaterielle Schäden<br />
Naturalrestitution<br />
- keine Besonderheiten<br />
Schadenskompensation<br />
- nur in den Grenzen des § 253 II BGB<br />
- weitere Ausnahmen: § 651 f II BGB, § 15 Abs. 2 AGG
� TATBESTAND<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
42<br />
� RECHTSGUTVERLETZUNG<br />
� HANDLUNG<br />
� KAUSALITÄT<br />
� VERSCHULDEN<br />
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� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 I BGB<br />
Haftungsausfüllende KAUSALITÄT<br />
Zwischen Rechtsgutverletzung und Schaden muss ein<br />
adäquat zurechenbarer Kausalzusammenhang bestehen.<br />
� Verursachung nach der ÄQUIVALENZTHEORIE<br />
� Objektive ZURECHENBARKEIT<br />
" ADÄQUANZTHEORIE<br />
" SCHUTZZWECK DER NORM<br />
im Prinzip wie bei haftungsbegründender Kausalität<br />
Einschränkung über den Schutzzweck der Norm hier insb.<br />
bei Folgeschäden zum Tragen (nicht bei Dauerschäden)<br />
Bsp: 1993 verletzt T den Facharbeiter O, wodurch dieser<br />
nicht mehr seinen ursprünglichen Beruf ausüben kann. O<br />
muss Nachwächter werden und wird 1999 von Räubern<br />
angeschossen<br />
Str. bei Kunstfehlern und Ansteckungen im Krankenhaus<br />
Sonderfall: Hypothetische Schadensursachen
� TATBESTAND<br />
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� RECHTSFOLGE<br />
EINREDEN<br />
43<br />
� RECHTSGUTVERLETZUNG<br />
� HANDLUNG<br />
� KAUSALITÄT<br />
� VERSCHULDEN<br />
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� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
EINWENDUNGEN<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 I BGB<br />
� MITVERANTWORTLICHKEIT, § 254 BGB<br />
� HAFTUNGSAUSSCHLUSS zugunsten des Schädigers<br />
" VERTRAGLICHER HAFTUNGSAUSSCHLUSS<br />
Dieser kann ausnahmsweise auch deliktische Ansprüche<br />
umfassen (Grenzen: §§ 276 III, 309 Nr. 7, 8b BGB)<br />
" GESETZLICHER HAFTUNGSAUSSCHLUSS<br />
z.B.: §§ 104, 105 SGB VII<br />
" INNERBETRIEBLICHER SCHADENSAUSGLEICH<br />
bei betrieblich veranlasster Tätigkeit<br />
" Ausschluss oder Minderung nach den GRUNDSÄTZEN<br />
DES GESTÖRTEN GESAMTSCHULDNERAUSGLEICHS<br />
(BGHZ 51, 37 ff.)<br />
� ALLGEMEINE ERLÖSCHENSGRÜNDE<br />
" ERFÜLLUNG, § 362 I BGB<br />
" AUFRECHUNG, § 389 BGB<br />
Ausnahme: nicht bei vorsätzlich begangener unerlaubter<br />
Handlung (vgl. § 393 BGB)<br />
" Sonstiges, Erlass, Konfusion etc.
44<br />
Haftungsauschlüsse<br />
Stillschweigender Haftungsausschluss<br />
Die A nimmt ihren stark angetrunkenen Kollegen B von einer Betriebsfeier in ihrem<br />
Wagen mit nach Hause, ohne dafür ein Entgelt zu verlangen. Dabei verursacht sie<br />
leicht fahrlässig einen Verkehrsunfall, bei dem B verletzt wird. Der ausgenüchterte B<br />
verlangt von A Ersatz seiner Schäden.<br />
Zu Recht?<br />
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Vertragliche Ansprüche des B gegen A bestehen nicht (Gefälligkeitsverh.)<br />
Anspruchsgrundlage sind § 823 I und § 7 I StVG<br />
� Kausale Rechtsgutsverletzung durch eine Handlung der A (+)<br />
� Rechtswidrigkeit (+); Gefälligkeitsfahrt beinhaltet keine Einwilligung in Schädigungen<br />
� Fahrlässigkeitsvorwurf i.S.d. § 276 II BGB gegen A (+)<br />
aber: stillschweigender Haftungsausschluss<br />
- B durfte nicht erwarten, dass A haften wolle<br />
- Rspr. (OLG Oldenburg VersR 2003, 1262): (-) bei Pflichthaftpflichtversicherung<br />
(nur VR privilegiert); nicht überzeugend
45<br />
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und Rechtsvergleichung<br />
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• Haftungsgrundlage<br />
- Äquivalenz der Verantwortungsbereiche<br />
- noch h.M.: Gebot von Treu und Glauben<br />
� Voraussetzungen<br />
Mitverantwortlichkeit<br />
§ 254 BGB<br />
- Adäquate Kausalbeziehung zwischen dem Verhalten des Geschädigten und dem<br />
eingetretenen Schaden<br />
- Verschulden des Geschädigten gegen sich selbst analog § 276 BGB (§§ 827 f. BGB<br />
werden ebenfalls analog angewandt)<br />
� Rechtsfolge<br />
- Verteilung des Schadens nach dem Quotelungsprinzip<br />
- Maßstab: Gewichtung der Ursachenbeiträge (keine konkrete Quote erf.)<br />
- Ein Ursachenbeitrag wiegt umso schwerer, je wahrscheinlicher er den Eintritt eines<br />
Schadens gemacht hat
46<br />
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• Anwendungsfälle<br />
§ 254 I: Mitverursachung des Schadens (Generalnorm)<br />
z.B. A provoziert den B, so dass dieser den A schlägt<br />
Mitverantwortlichkeit<br />
§ 254 BGB<br />
§ 254 II 1 Alt. 1: Versäumter Hinweis auf ungewöhnlichen Schaden<br />
z.B. S befindet sich gegenüber seinem Gläubiger G im Zahlungsverzug. Dadurch<br />
droht G die Insolvenz. G versäumt, dies dem S anzeigen<br />
§ 254 II 1 Alt. 2: Versäumte Schadensvermeidung (Anwendungsfall von I)<br />
z.B. A weiß um Baufälligkeit eines Schuppens auf dem Grundstück des Nachbarn N,<br />
versäumt es aber, etwas zu unternehmen<br />
§ 254 II 1 Alt. 3: Versäumte Schadensminderung (Anwendungsfall von I)<br />
z.B. U hat bei Reiseveranstalter R eine Pauschalreise gebucht. Das vertraglich<br />
zugesicherte Hotel ist jedoch überbucht. U unterlässt es, eine von R angebotene<br />
Ersatzunterkunft anzunehmen
47<br />
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Mitverantwortlichkeit<br />
Verantwortung für Dritte (§ 254 II 2 BGB)<br />
• § 278 BGB gilt nach seinem Verweis in § 254 II 2 BGB nicht nur für die<br />
Fälle des Abs. 2, sondern auch für § 254 I BGB: II 2 ist wie ein selbständiger<br />
dritter Absatz zu lesen!<br />
• Die Verweisung in § 254 II 2 BGB ist eine Rechtsgrundverweisung, d.h.<br />
alle Voraussetzungen des § 278 BGB müssen vorliegen:<br />
- Sonderverbindung zwischen Schädiger und Geschädigtem<br />
- Dritter Erfüllungsgehilfe (Wer mit Wissen des Geschädigten in dessen<br />
Pflichtenkreis tätig ist) oder gesetzlicher Vertreter (z.B. Eltern, Vormund)
48<br />
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Kinder haften für ihre Eltern<br />
§ 254 II 2 BGB<br />
Die Eheleute M und F gehen mit ihrem sechsjährigen Kind K zum Einkauf in den Supermarkt S.<br />
M und F sind derart mit der Auswahl von Waren beschäftigt, dass sie nicht bemerken, dass K<br />
sich unbeaufsichtigt einer ungesicherten 2,5 m hohen Pyramide mit Apfelmusgläsern genähert<br />
hat. Als K ein Glas aus der untersten Schicht herauszieht, stürzen die übrigen Konservengläser<br />
über ihm zusammen und verletzen es schwer.<br />
Steht K ein Ersatzanspruch hinsichtlich der Heilbehandlungskosten gegen S zu?<br />
Anspruchsgrundlage ist §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 i.V.m. den<br />
Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter (+)<br />
" Kürzung des Anspruchs wegen Mitverantwortlichkeit des K?<br />
- Kürzung wegen Mitverursachung nach § 254 Abs. 1 �<br />
K ist nach § 828 I BGB für seinen Verursachungsbeitrag nicht verantwortlich<br />
- Kürzung des Anspruchs nach § 254 II 2 BGB (+)<br />
zumindest leicht fahrlässige Verletzung der Aufsichtspflicht durch M und F
49<br />
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Haftungsbeschränkungen<br />
Innerbetrieblicher Schadensausgleich<br />
Rechtssprechungsgrundsätze („Haftungstrias“)<br />
Vorsatz Arbeitnehmer haftet voll<br />
Grobe Fahrlässigkeit Arbeitnehmer haftet in der Regel voll<br />
Mittlere („normale“) Fahrlässigkeit<br />
Quotale Haftung nach Einzelfallabwägung:<br />
� zu berücksichtigen auf AG-Seite:<br />
Betriebsrisiko, Wert des geschädigten<br />
Rechtsguts, Organisationsverschulden,<br />
Versicherbarkeit des betroffenen Risikos<br />
� zu berücksichtigen auf AN-Seite:<br />
Verschuldensgrad, Höhe des Arbeitsentgeltes,<br />
Gefahrgeneigtheit der Arbeit<br />
Leichte Fahrlässigkeit Arbeitnehmer haftet nicht
� TATBESTAND<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
� RECHTSFOLGE<br />
50<br />
� RECHTSGUTVERLETZUNG<br />
� HANDLUNG<br />
� KAUSALITÄT<br />
� VERSCHULDEN<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
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und Rechtsvergleichung<br />
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Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 I BGB<br />
" Verjährung: 3 Jahre, §§ 214 I, 195, 199 I BGB<br />
ab dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch<br />
entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch<br />
begründenden Umständen und der Person des<br />
Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe<br />
Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen<br />
Ausnahme: § 199 II BGB<br />
bei Lebens-, Körper- und Gesundheitsschäden,<br />
Verletzung der Freiheit 30 Jahre ab dem<br />
schadensauslösenden Ereignis<br />
Hemmung nach § 203 BGB<br />
" Vereinbarte Stundung
51<br />
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Kötz/Wagner, Deliktsrecht, S. 92<br />
Haftung nach § 823 II<br />
Vertiefungshinweise<br />
*Coester-Waltjen, Die Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB, Jura 2002, 102<br />
Deutsch, Schutzgesetze aus dem Strafrecht in § 823 Abs. 2 BGB, VersR<br />
2004, 137<br />
Dörner, Zur Dogmatik der Schutzgesetzverletzung, JuS 1987, 522
52<br />
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� TATBESTAND<br />
� SCHUTZGESETZ<br />
� VERSTOSS gegen das Schutzgesetz<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
� VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
� ersatzfähiger SCHADEN, §§ 249 ff., 842 ff. BGB<br />
� haftungsausfüllende KAUSALITÄT<br />
Keine EINWENDUNGEN des Schädigers<br />
Keine EINREDEN des Schädigers<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 II BGB i.V.m. Schutzgesetz<br />
HAFTUNGS-<br />
BEGRÜNDENDER<br />
TATBESTAND<br />
HAFTUNGS-<br />
AUSFÜLLENDER<br />
TATBESTAND
� TATBESTAND<br />
� VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
53<br />
� SCHUTZGESETZ<br />
� VERSTOSS<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
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und Rechtsvergleichung<br />
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� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 II BGB i.V.m. Schutzgesetz<br />
ARTEN VON SCHUTZGESETZEN<br />
" Erfolgsbezogene Schutzgesetze<br />
Schutzgesetze, die absolute Rechtsgüter aus dem<br />
Anwendungsbereich des § 823 I BGB schützen.<br />
z.B. §§ 211 f., 223 ff. StGB (Leben, Gesundheit,<br />
Körper); §§ 242, 246 StGB (Eigentum, Gewahrsam)<br />
– geringe Bedeutung; nur als Konkurrenz zum<br />
Anspruch aus § 823 I BGB<br />
" Verhaltensbezogene Schutzgesetze<br />
Schutzgesetze, die auf die Verhinderung eines<br />
bestimmten Verletzungserfolges bezogen sind.<br />
z.B. Vorschriften der StVO<br />
" Gesetze zum Schutz des Vermögens<br />
wichtig, da das Vermögen als solches kein<br />
absolutes Rechtsgut i.S.d. § 823 I BGB ist.<br />
Beispiel: §§ 263, 266 StGB (nicht aber § 267<br />
StGB)
� TATBESTAND<br />
� VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
54<br />
� SCHUTZGESETZ<br />
� VERSTOSS<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
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� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 II BGB i.V.m. Schutzgesetz<br />
FESTSTELLUNG DER SCHUTZGESETZQUALITÄT<br />
" Gesetzesqualität der Norm (vgl. Art. 2 EGBGB)<br />
" Befehlsqualität der Norm<br />
" Ermittlung des Schutzbereichs der Norm<br />
� Persönlicher Anwendungsbereich:<br />
Fällt der Geschädigte in den Anwendungsbereich<br />
der Norm?<br />
Bsp: T betrügt das Finanzamt; der ermittelnde<br />
Beamte O bricht infolge von Arbeitsüberlastung<br />
zusammen<br />
� Sachlicher Anwendungsbereich:<br />
Dient das Schutzgesetz auch gerade dem<br />
verletzten Rechtsgut?<br />
Bsp: O wird von T betrogen und regt sich so darüber<br />
auf, dass er einen Herzinfarkt erleidet<br />
� Das Gesetz muss auch Individualschutz<br />
beabsichtigen
55<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Beispielsfall<br />
§ 823 II BGB i.V.m. Schutzgesetz<br />
O erleidet infolge einer gefälschten Urkunde einen Vermögensschaden.<br />
Kann O vom Fälscher Schadensersatz nach § 823 II BGB verlangen?<br />
Anspruchsgrundlage ist § 823 II BGB i.V.m. § 267 StGB<br />
" Gesetzes- und Befehlsqualität �<br />
" Persönlicher und sachlicher Schutzbereich �<br />
" Vermittlung von Individualschutz? �<br />
Nein! Schutzzweck des § 267 StGB ist allein der Schutz des Rechtsverkehrs vor<br />
falschen Urkunden, nicht aber der Vermögensschutz desjenigen, der mit der<br />
Urkunde in Kontakt kommt.<br />
" Ergebnis: § 823 II BGB i.V.m. § 267 StGB �<br />
§ 823 II BGB ist nur dann denkbar, wenn der Fälscher gegenüber O zugleich<br />
einen Betrug begangen hat.
� TATBESTAND<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
� VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
56<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� SCHUTZGESETZ<br />
� VERSTOSS<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 II BGB i.V.m. Schutzgesetz<br />
" § 823 II BGB erfordert, dass ein Verstoß gegen das<br />
Schutzgesetz in objektiver und subjektiver<br />
Hinsicht vorliegt.<br />
" Bei Strafgesetzen umfasst dies unstreitig den obj.<br />
und den subjektiven Tatbestand, nach Auffassung<br />
einiger aber auch die Prüfung von strafrechtlicher<br />
Rechtswidrigkeit und Schuld i.S.d. 3-stufigen<br />
Prüfung. Es wäre also inzident eine komplette<br />
strafrechtliche Prüfung durchzuführen. Bei der<br />
Prüfung der zivilrechtlichen Rechtswidrigkeit käme<br />
es dann zu Wiederholungen.<br />
" ME deshalb nur obj. und subj. TB der<br />
strafrechtlichen Norm einschließlich evtl. obj.<br />
Bedingungen der Strafbarkeit, aber ohne ein evtl.<br />
Strafantragserfordernis
� TATBESTAND<br />
� VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
57<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� SCHUTZGESETZ<br />
� VERSTOSS<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 II BGB i.V.m. Schutzgesetz<br />
Auf die Rechtswidrigkeit ist nur dann einzugehen,<br />
wenn Sie nicht schon im Rahmen der Schutzgesetzverletzung<br />
festgestellt wurde.<br />
Ansonsten gilt wie bei § 823 I BGB die Lehre vom<br />
Erfolgsunrecht (h.M./a.A. Lehre vom Handlungsunrecht),<br />
wonach die Tatbestandsmäßigkeit bereits<br />
die Rechtswidrigkeit indiziert. Hinsichtlich der<br />
einzelnen Rechtfertigungsgründe gilt das bei § 823 I<br />
BGB Gesagte, bei strafrechtlichen Schutzgesetzen<br />
sind nach der hier vertretenen Auffassung primär die<br />
strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe zu prüfen.
� TATBESTAND<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
58<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� SCHUTZGESETZ<br />
� VERSTOSS<br />
� KAUSALITÄT<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 II BGB i.V.m. Schutzgesetz<br />
� DELIKTSFÄHIGKEIT (§§ 827, 828 BGB)<br />
� VERSCHULDEN<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT " Erfordert das Schutzgesetz selbst Verschulden (=<br />
� VERSCHULDEN<br />
Vorsatz und Fahrlässigkeit), so muss dies nach den<br />
Regeln des Schutzgesetzes vorliegen und ist bereits<br />
� RECHTSFOLGE<br />
beim Verstoß gegen das Schutzgesetz zu prüfen. Be-<br />
� SCHADEN<br />
zugspunkt des Verschuldens ist die Schutzgesetzverletzung<br />
und nicht der entstandene Schaden.<br />
" Nur soweit ausnahmsweise der Verstoß gegen das<br />
Schutzgesetz kein Verschulden voraussetzt, greift § 823 II<br />
2 BGB, der das im BGB (regelmäßig) geltende Verschuldensprinzip<br />
absichert.<br />
" Verlangt das Schutzgesetz ausnahmsweise kein<br />
Verschulden, so wird bei objektiver Verletzung des<br />
Schutzgesetzes das Verschulden vermutet (Beweislastumkehr).<br />
" Nach h.M. muss in jedem Fall aber zivilrechtliches<br />
Verschulden im Sinne von § 276 BGB vorliegen.<br />
� Ausnahme: Billigkeitshaftung, § 829 BGB
� TATBESTAND<br />
59<br />
� SCHUTZGESETZ<br />
� VERSTOSS<br />
� RECHTSWIDRIGKEIT<br />
� VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Sonstige Voraussetzungen<br />
Unerlaubte Handlung<br />
§ 823 II BGB i.V.m. Schutzgesetz<br />
" keine Besonderheiten gegenüber der Prüfung<br />
bei § 823 I BGB
60<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Vertiefungshinweise<br />
*Armbrüster, Grundfälle zum Schadensrecht, JuS 2007, 605 etc.<br />
Benicke, Geldersatz wegen Unverhältnismäßigkeit der Restitutionsaufwendungen,<br />
JuS 1994, 1004<br />
<strong>Brand</strong>, Das neue Schadensrecht, in: Schwab/Witt, Examenswissen zum<br />
neuen Schuldrecht, 2003, 394<br />
Coester-Waltjen, Die Naturalrestitution im Deliktsrecht, Jura 1996, 270<br />
Henke, Die Bewältigung des Mitverschuldens – eine anspruchsvolle<br />
juristische Technik, JuS 1991, 265
61<br />
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Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Schadensbegriff<br />
Schaden = jede unfreiwillige Einbuße an materiellen und immateriellen<br />
Gütern<br />
Bemessung = Differenzhypothese<br />
(≠ Aufwendung = freiwillige Einbuße; vgl. z.B. § 670 BGB)<br />
P: frustrierte und provozierte Aufwendungen<br />
Reale Lage (= Vermögen mit Schaden)<br />
Hypothetische Lage (= Vermögen ohne Schaden)<br />
Differenz = Schaden
62<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Beispielsfall<br />
Provozierte Aufwendungen<br />
Die allein sorgeberechtigte Ehefrau E muss einen Detektiv beauftragen, um ihre<br />
Kinder ausfindig zu machen, welche ihr Ehemann M ihr vorenthält [nach BGHZ 111,<br />
168 ff.].<br />
Kann E Schadensersatz von M verlangen?<br />
Anspruchsgrundlage ist § 823 I BGB<br />
" Kausale Rechtsgutsverletzung: Elterliches Sorgerecht als sonstiges Recht �<br />
" Rechtswidrigkeit und Verschulden �<br />
" Kausaler Schaden?<br />
Grundsätzlich nein: Aufwendungen für den Detektiv sind freiwillig<br />
aber: erforderlich um die Folgen einer Rechtsgutsverletzung zu beseitigen,<br />
daher als ersatzfähiger Schaden zu werten. Grenze: Angemessenheit, da<br />
Geschädigter selbst den Umfang des Schadens bestimmt
63<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Normativer Schaden<br />
• Würde man im Rahmen der Differenzhypothese sämtliche Vor- und<br />
Nachteile berücksichtigen, würde Schädiger unter Umständen unbillig<br />
privilegiert<br />
– Korrektur durch eine wertende bzw. normative Betrachtung (sog.<br />
normativer Schadensbegriff), z.B. bei Leistungen Dritter gem. § 843<br />
IV BGB, §§ 3,6 EFZG, § 86 VVG<br />
– Es ist zu fragen, welche Vorteile und Einbußen im Einzelfall für die<br />
Schadensermittlung relevant sind.
64<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
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Beispielsfall<br />
Normativer Schaden<br />
C verletzt den B schuldhaft bei einem Verkehrsunfall derart schwer, dass B für eine<br />
Zeit arbeitsunfähig wird. B erhält auf Grundlage von § 3 EFZG von seinem<br />
Arbeitgeber A dennoch weiterhin Lohn.<br />
Kann B von C dennoch Schadensersatz verlangen?<br />
Anspruchsgrundlage ist §§ 823 I BGB<br />
" Kausale Rechtsgutsverletzung: Körper/Gesundheit �<br />
" Rechtswidrigkeit und Verschulden �<br />
" Kausaler Schaden?<br />
Hinsichtlich des Arbeitsentgelts (§ 252 BGB) nach der Differenzhypothese (-), da<br />
aufgrund der Lohnfortzahlung durch A kein negativer Saldo im Vermögen des B.<br />
Normative Korrektur: Schaden wird dennoch in vollem Umfang angenommen,<br />
da die Leistungen des A dem B zugute kommen sollen, nicht aber den C<br />
entlasten sollen. Würde man keinen Schaden annehmen, hätte A letztlich die<br />
wirtschaftlichen Folgen des Unfalls zu tragen.<br />
A erhält nach § 6 EFZG den Anspruch des B übertragen (Legalzession)
65<br />
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1. Ausgleich (Primärziel im deutschen Recht)<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Zwecke des Schadensersatzes<br />
in aristotelischer Tradition: Korrektur einer gestörten Vermögensverteilung<br />
Gleichheit zwischen den Parteien soll wiederhergestellt werden<br />
2. Strafe (im deutschen Recht nicht verfolgt)<br />
≠ US-amerikanisches Recht (punitive damages)<br />
3. Prävention (teilweise Ziel im deutschen Recht)<br />
Grundsatz: nur, wo Prävention Reflex des Ausgleichs (Bsp.: Schutz des<br />
Allgemeinen Persönlichkeitsrechts bei Pressedelikten)<br />
Ausnahme: Prävention als Primärziel (Bsp.: § 15 Abs. 2 AGG)<br />
Hintergrund: Ökonomische Analyse des Rechts; Einfluss europäischen<br />
Rechts
66<br />
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1. Totalreparation<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Prinzipien des Schadensersatzes<br />
Vollständige Schadensverlagerung von der Sphäre des Geschädigten in die<br />
Sphäre des Schädigers<br />
Folge: Haftung auch für nicht vorhersehbare Schäden (int. Extremposition)<br />
Ausnahme: Haftungsbeschränkungen<br />
2. Bereicherungsverbot<br />
Geschädigter darf durch das schädigende Ereignis nicht besser stehen als<br />
ohne dieses.<br />
Folge: Vorteilsausgleichung und Abzug „neu für alt“<br />
3. Vorrang der Naturalrestitution<br />
Beseitigung des Schadens in natura hat Vorrang vor Wertersatz<br />
Hintergrund: Sachentziehung war Regelungsvorbild des historischen<br />
Gesetzgebers
67<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Überblick über die Rechtsnormen<br />
Norm geschütztes Interesse Rechtsfolge Voraussetzung<br />
§ 249 I Integritätsinteresse Herstellung in Natur Herstellung möglich<br />
§ 249 II Integritätsinteresse<br />
§ 250 Integritätsinteresse<br />
zur Herstellung<br />
erforderlicher Geldbetrag<br />
zur Herstellung<br />
erforderlicher Geldbetrag<br />
§ 251 Wertinteresse Entschädigung in Geld<br />
§ 253<br />
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Ausgleichs- und ggf.<br />
Präventionsinteresse<br />
Billige Entschädigung in<br />
Geld („Schmerzensgeld“)<br />
Herstellung möglich +<br />
Personen- od. Sachschaden<br />
Herstellung möglich +<br />
Frist abgelaufen<br />
Herstellung unmöglich,<br />
ungenügend od.<br />
unverhältnismäßig<br />
Nichtvermögensschaden +<br />
gesetzlich bestimmter Fall
68<br />
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1. Grundregel<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Naturalrestitution (§ 249 I BGB)<br />
Wirtschaftliche Wiederherstellung des Zustandes, der bestehen würde,<br />
wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten<br />
- Herausgabe einer Sache bei Sachentziehung<br />
- Aufhebung eines Vertrags<br />
- Reparatur einer beschädigten Sache<br />
- Berichtigung des Grundbuchs<br />
- Widerruf einer ehrverletzenden Behauptung<br />
gilt für materielle und immaterielle Schäden<br />
Schutz des Integritätsinteresses, auch wenn dieses den Wert der Sache<br />
übersteigt (Grenze: § 251 BGB)<br />
Schädiger muss selbst oder auf eigene Kosten den Schaden beseitigen<br />
(§ 249 I BGB)
69<br />
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2. Dispositionsfreiheit bei Personen- und Sachschäden<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Naturalrestitution (§ 249 II BGB)<br />
Geschädigter kann statt Widerherstellung auch den objektiv dazu<br />
erforderlichen Geldbetrag verlangen<br />
Bei Sachschäden ist nicht dazu gezwungen, diesen auch tatsächlich für die<br />
Wiederherstellung einzusetzen<br />
Anders: Personenschäden (schwer schätzbar; Gefahr der Vernachlässigung<br />
der Gesundheit zu Lasten der Versichertengemeinschaft)<br />
Einschränkung: Gebot der Wirtschaftlichkeit<br />
Geschädigter hat preiswerteste Form der Naturalrestitution zu wählen<br />
Einschränkung: Kein Ersatz fiktiver Umsatzsteuer (§ 249 II 2 BGB)<br />
Ausfluss des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots<br />
Einschränkung: Abzug neu für alt
70<br />
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Beispielsfall<br />
Abzug „neu für alt“<br />
S beschädigt das Fahrzeug des G aufgrund einer Unachtsamkeit bei einem<br />
Verkehrsunfall. Zu Schaden kommt u.a. die zuvor bereits angerostete Stoßstange<br />
[nach AG Heidelberg VersR 1978, 953 ff].<br />
Kann G von S Schadensersatz verlangen?<br />
Anspruchsgrundlage ist §§ 823 I BGB oder §§ 7, 18 StVG<br />
" Kausale Rechtsgutsverletzung: Eigentum am Fahrzeug �<br />
" Rechtswidrigkeit und Verschulden �<br />
" Kausaler Schaden?<br />
Grundsätzlich ja: G hat eine Einbuße hinsichtlich des Integritätsinteresses an seinem<br />
Fahrzeug erlitten. Aber: Erhält er eine neue Stoßstange, steht er besser als er ohne<br />
schädigendes Ereignis stünde.<br />
Rechtsprechung nimmt Abzug „neu für alt“ (Fall: 20%) unter drei Voraussetzungen an:<br />
- messbare Vermögensmehrung für den Geschädigten<br />
- diese wirkt sich günstig für ihn aus (- bei mangelndem Gebrauchsinteresse)<br />
- Abzug keine Härte (+ wenn Abzug Wiederbeschaffung verhindert)
71<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
3. Ersatz entgangenen Gewinns<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Naturalrestitution (§ 252 S. 1 BGB)<br />
§ 252 S.1 ist Anwendungsfall des § 249 I (zitiert: §§ 249 I, 252 S. 1 )<br />
Alle Vermögensvorteile, die zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses<br />
noch nicht zum Vermögen des Verletzten gehörten, ihm aber zugeflossen<br />
wären, hätte das Ereignis nicht stattgefunden (BGH NJW 2000, 2670)<br />
Ausnahme: Gewinne aus verbotener Tätigkeit, oder solche, die durch<br />
Rechtsbruch erzielt worden sind (str.)<br />
P: Beweislast; Erleichterung durch § 252 S. 2: Es müssen nur Umstände<br />
dargelegt werden, die nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den<br />
besonderen Gegebenheiten des Einzelfalls einen Gewinneintritt als<br />
wahrscheinlich erscheinen lassen<br />
Grenze: Ersatz von Chancen (nach deutschem Recht wohl -)
72<br />
Beispielsfall<br />
Ersatz von Gewinnchancen<br />
K ist die favorisierte Teilnehmerin des olympischen Eiskunstlaufwettbewerbs. Im Falle des<br />
Gewinns einer Medaille hat ihr Sportverband eine Prämie von US-$ 100.000,- zugesagt.<br />
Buchmacher nehmen eine Medaillenchance von 70% an. H, eine Konkurrentin der K, schlägt K<br />
mit einer Eisenstange auf das Knie, so dass diese nicht mehr am Wettbewerb teilnehmen kann.<br />
So geschieht es. K fordert von H Schadensersatz (nach Harding v. United States Figure<br />
Skating Ass‘n, 851 F. Supp. 1476 (D. Or. 1994)).<br />
Zu Recht ?<br />
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" Anspruchsgrundlage: § 823 I 1 BGB<br />
" Kausale, rechtswidrige und schuldhafte Rechtsgutsverletzung: Gesundheit �<br />
" Kausaler Schaden?<br />
- h.M.: kein Ersatz nach §§ 249 I, 252 S. 1 BGB: nur Chance, kein konkreter Gewinn<br />
- M.M.: Ersatz nach Erfolgswahrscheinlichkeit = 1/3 x Us-$ 100.000,- = US-$ 33.333,33
73<br />
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1. Grundregel<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Schadenskompensation (§ 251 BGB)<br />
Ersatz lediglich des Wert- oder Summeninteresses (nicht: Kosten der<br />
Wiederherstellung, sondern Wert der Vermögenseinbuße)<br />
2. Fallgruppen (Vermögensschäden)<br />
a) Unmöglichkeit der Herstellung (§ 251 I Alt. 1)<br />
z.B. Verlust eines Arms; nicht: Affektionsinteresse (z.B. Liebhaberei)<br />
b) Herstellung zur Restitution ungenügend (§ 251 I Alt. 2)<br />
z.B. Reparatur außerordentlich schwierig und langwierig<br />
Hauptanwendungsfall: Merkantiler Minderwert bei Unfallfahrzeugen<br />
c) Herstellung mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden (§ 251 II 1)<br />
z.B. wirtschaftlicher Totalschaden = Wiederherstellungskosten<br />
übersteigen den Wert der Sache um mehr als 130%<br />
Ausnahme: Personenschäden, sowie u.U. Tiere (§ 251 II 2)
74<br />
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Beispielsfall<br />
Gebrauchsvorteile<br />
S beschädigt das Kfz des G bei einem Verkehrsunfall schwer. Der Wagen muss für eine<br />
Woche zur Reparatur. S trägt die Alleinschuld an dem Verkehrsunfall, bestreitet dies aber. G ist<br />
sich seiner Rechte unsicher und verzichtet daher darauf, für die Dauer der Reparatur ein<br />
Ersatzfahrzeug anzumieten. Stattdessen legt er den täglichen Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad<br />
zurück.<br />
Kann G von S Ersatz für den die entgangene Nutzung des Kfz verlangen?<br />
Anspruchsgrundlage ist §§ 823 I BGB oder §§ 7, 18 StVG<br />
" Kausale, rechtswidrige und verschuldete Rechtsgutsverletzung: Eigentum am<br />
Fahrzeug �<br />
" Kausaler Schaden?<br />
Grundsätzlich kein Vermögensschaden: Differenzhypothese ergibt keinen<br />
Vermögensnachteil, sondern nur eine Unannehmlichkeit (Fahrrad). Dies ist eine<br />
immaterielle Einbuße, die grundsätzlich unersetzt bleibt, § 253 I BGB.<br />
Geschädigter hätte jedoch die Möglichkeit gehabt, eine Ersatzsache anzumieten (§ 249 II<br />
1). Tut er dies nicht, soll er nach der Rspr. unter drei Voraussetzungen belohnt werden:<br />
- betroffen sein muss ein Wirtschaftsgut von zentraler Lebensbedeutung<br />
- Eingriff in der Gebrauch<br />
- Eingriff muss zu spürbarer Beeinträchtigung geführt haben (Nutzungswille und -mglkt.)
75<br />
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1. Grundregel<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Kompensation immaterieller S. (§ 253 BGB)<br />
Keine Kompensation immaterieller Einbußen, da sich kein Wert zuordnen<br />
lässt, § 251 I<br />
Hintergrund: Werteordnung des ausklingenden 19. Jahrhunderts<br />
2. Ersatz immaterieller Schäden nach § 253 II<br />
- „Schmerzensgeld“ zurückgehend auf die Constitutio criminalis von 1532<br />
- Begriff verfehlt: Es geht um den „Verlust von Gestaltungs- und<br />
Entfaltungsmöglichkeiten“ (E. Lorenz)<br />
Hintergrund: Kompensation irreparabler Hirnschäden, die zur<br />
Schmerzunempfindlichkeit führen (BGHZ 120, 1)<br />
- Funktion: Restitution und ggf. Prävention, aber keine „Genugtuung“ (so<br />
noch BGHZ 18, 149, 154)<br />
- Bemessung: § 287 ZPO, freies Ermessen des Gerichts<br />
Bagatellschäden bleiben unberücksichtigt (z.B. HWS-Syndrom)
76<br />
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1. Verwirklichung eines Haftungstatbestands<br />
- (vor-) vertragliche Pflichtverletzung<br />
- deliktische Handlung (§§ 823 I, II, 831)<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Voraussetzungen imm. SE (§ 253 II BGB)<br />
- Tatbestand der Gefährdungshaftung (§ 8 S. 2 ProdHaftG, § 11 S. 2 StVG)<br />
- GoA oder Aufopferungsansprüche<br />
2. Verletzung eines der abschließend aufgezählten Rechtsgüter<br />
- Körper oder Gesundheit<br />
- Freiheit<br />
- sexuelle Selbstbestimmung<br />
- P: Rechtsgut Leben (Schockschadensfälle); Rspr. zweifelhaft (s.o.)<br />
- P: Immaterieller Schadensersatz für Verletzungen des allgemeinen<br />
Persönlichkeitsrechts: Direktanspruch aus Artt. 1 I,2 I GG
77<br />
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1. Voraussetzungen (schwach)<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Vorteilsausgleichung<br />
- äquivalent kausaler Zusammenhang zwischen schädigendem Ereignis und<br />
erlangtem Vorteil<br />
- Anrechnung muss dem Schutzweck des SE-Anspruchs entsprechen<br />
- Anrechnung darf den Schädiger nicht unbillig entlasten<br />
2. Fallgruppen (Negativabgrenzung)<br />
- Leistungen Dritter (unbillige Entlastung)<br />
z.B. Spenden; Lebensversicherung; Deckungskauf; anders: Insassenunfallvers.<br />
- Überobligationsmäßige Anstrengungen zur Schadensabwehr (unbillig)<br />
z.B. Nachtarbeit nicht von § 254 II 1 gefordert<br />
- Ersparte Aufwendungen (anrechenbar!)<br />
z.B. Aufwendungen für eigenes Kfz bei Anmietung eines Ersatzwagens<br />
- Vorzeitiger Anfall einer Erbschaft (P: Kausalität)<br />
nur Netto-Erträge anrechenbar (str.), nicht Stammwert der Erbschaft
78<br />
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1. Naturalrestitution<br />
• Ersatzbeschaffung (§ 249 I BGB)<br />
P: unvertretbaren Sachen; Postulat der Wirtschaftlichkeit<br />
• Ersatz von tatsächlichen Reparaturkosten (§ 249 II 1 BGB)<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Typische Fälle: Sachbeschädigung (I)<br />
P: Unverhältnismäßigkeit nach § 251 II 1 BGB; Tiere (§ 251 II 2 BGB); unerwartet<br />
hohe Reparaturkosten<br />
• Ersatz von Reparaturkosten auf fiktiver Basis (§ 249 II 1 BGB)<br />
P: Integritätszuschlag; Umsatzsteuer (§ 249 II 2 BGB); Abrechnung auf<br />
Neuwagenbasis<br />
• Ersatz für die Anmietung einer Ersatzsache (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB)<br />
P: „Unfallersatztarife“<br />
• Ersatz von Sachfolgeschäden (Verdienstausfall; Kreditkosten;<br />
Schadensfreiheitsrabatt)
79<br />
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2. Schadenskompensation<br />
• Kompensation an Stelle der Naturalrestitution<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Typische Fälle: Sachbeschädigung (II)<br />
P: Postulat der Wirtschaftlichkeit; Bemessung des Wertinteresses bei Unikaten<br />
• Kompensation neben der Naturalrestitution (§ 251 I BGB)<br />
- merkantiler Minderwert<br />
- Nutzungsausfall<br />
- Urlaubsausfall<br />
- frustrierte Aufwendungen
80<br />
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• Ersatz von Heilungskosten (§ 249 II 1 BGB)<br />
P: Krankenbesuche; geringe Verletzungen<br />
• Ersatz von Verdienstausfall (§ 249 I, 252 S. 1 BGB)<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Typische Fälle: Verletzung eines Menschen<br />
P: Chancen; Verlust von Arbeitskraft; Hauhaltsführungsschaden; verbotene<br />
Tätigkeiten<br />
• Ersatz immaterieller Schäden (§ 253 II BGB)<br />
P: Pressedelikte; Bagatellschwelle<br />
• Verletzungsfolgeschäden<br />
P: frustrierte Aufwendungen; entgangene Urlaubsfreude; Schockschäden<br />
• Handeln auf eigene Gefahr; Vorteilsausgleichung
81<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
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Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
• Ererbte Ansprüche<br />
Allgemeines Schadensrecht<br />
Typische Fälle: Tötung eines Menschen<br />
P: vergebliche Heilversuche, § 249 II 1 BGB; Ansprüche nach § 253 II BGB<br />
• Beerdigungskosten (§ 844 I BGB)<br />
• Unterhaltsersatzansprüche (§ 844 II BGB)<br />
• Ersatz für entgangene Dienste (§ 845 BGB)<br />
P: nur noch hausangehörige Kinder<br />
• Ersatz von Schockschäden<br />
P: Begriff des Angehörigen; Zumutbarkeit<br />
• Vorteilsausgleichung
82<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� Looschelders, Schuldrecht BT, S. 427<br />
� Deutsch, Die Haftung des Tierhalters, JuS 1987, 673<br />
Vermutetes Verschulden<br />
Vertiefungshinweise<br />
� Großfeld/Mund, Die Haftung der Eltern nach § 832 I BGB, FamRZ 1994,<br />
1504<br />
� Kupisch, Die Haftung für Verrichtungsgehilfen, JuS 1984, 250<br />
� Schreiber, Die Haftung für Hilfspersonen, Jura 1987, 647
83<br />
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Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� Objektiver TATBESTAND<br />
� Handeln eines VERRICHTUNGSGEHILFEN<br />
� Unerlaubte HANDLUNG des Gehilfen<br />
� Handeln IN AUSFÜHRUNG der Verrichtung<br />
� VERSCHULDEN des Geschäftsherren<br />
� KAUSALITÄT gem. § 831 I 2 BGB<br />
� RECHTSFOLGE<br />
� ersatzfähiger SCHADEN, §§ 249 ff., 842 ff. BGB<br />
� haftungsausfüllende KAUSALITÄT<br />
Keine EINWENDUNGEN des Schädigers<br />
Keine EINREDEN des Schädigers<br />
Haftung für Verrichtungsgeh.<br />
§ 831 I BGB<br />
Haftungsbegründender<br />
Tatbestand<br />
Haftungsausfüllender<br />
Tatbestand
� TATBESTAND<br />
� KAUSALITÄT gem. § 831 BGB<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
84<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� VER.-GEHILFE<br />
� HANDLUNG<br />
� IN AUSFÜHRUNG<br />
� VERSCHULDEN GESCHÄFTSHERREN<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Haftung für Verrichtungsgeh.<br />
§ 831 I BGB<br />
Handeln eines Verrichtungsgehilfen?<br />
Verrichtungsgehilfe ist derjenige, der<br />
• mit Wissen und Wollen des Geschäftsherren<br />
• in dessen Interesse tätig wird,<br />
• in dessen Organisationssphäre eingegliedert<br />
• und von dessen Weisungen abhängig ist (wichtig<br />
an dieser Stelle deshalb die Abgrenzung zur<br />
selbstständigen Hilfsperson)<br />
- Angestellte/Arbeitnehmer sind Verrichtungsgehilfen (z.B.<br />
auch angestellter Arzt im Verhältnis zum Krankenhausträger)<br />
- Subunternehmer sind keine Verrichtungsgehilfen<br />
- Organe sind keine Verrichtungsgehilfen (Haftung nach<br />
§ 31 BGB ohne Exkulpationsmöglichkeit)<br />
- gesetzliche Vertreter (z.B. Eltern) sind grundsätzlich<br />
keine Verrichtungsgehilfen § 278 BGB
� TATBESTAND<br />
� KAUSALITÄT gem. § 831 BGB<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
85<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� VERRICHTUNGSGEHILFE<br />
� HANDLUNG<br />
� KAUSALITÄT<br />
� VERSCHULDEN GESCHÄFTSHERREN<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Haftung für Verrichtungsgeh.<br />
§ 831 I BGB<br />
1. Geschütztes Rechtgut muss<br />
2. durch Handlung des Verrichtungsgehilfen<br />
3. widerrechtlich (= rechtswidrig)<br />
4. geschädigt sein.<br />
- in Betracht kommen grds. sämtliche deliktsrechtlichen<br />
Tatbestände; in der Klausurpraxis<br />
dominiert § 823 I BGB<br />
- Ein Verschulden oder Deliktsfähigkeit des<br />
Verrichtungsgehilfen ist nicht erforderlich. § 831<br />
BGB regelt die Haftung des Geschäftsherrn für<br />
ein eigenes Verschulden
� TATBESTAND<br />
� KAUSALITÄT gem. § 831 BGB<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
86<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� VERRICHTUNGSGEHILFE<br />
� HANDLUNG<br />
� IN AUSFÜHRUNG<br />
� VERSCHULDEN GESCHÄFTSHERREN<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Haftung für Verrichtungsgeh.<br />
§ 831 I BGB<br />
Der Verrichtungsgehilfe muss in Ausführung der<br />
Verrichtung handeln und nicht nur bei Gelegenheit.<br />
Zwischen Verrichtung und schädigender Handlung<br />
muss ein unmittelbarer innerer Zusammenhang<br />
bestehen (BGH NJW 1989, 723; str.).<br />
Bsp. für „in Ausführung der Verrichtung“:<br />
Malergeselle M verschüttet bei Anstreicharbeiten<br />
einen Eimer Farbe und schädigt dadurch den<br />
Parkettboden des Auftraggebers A. Außerdem steckt<br />
er eine wertvolle kleine Miniatur ein, die er in einer<br />
Vitrine im Haus des A gefunden hat.<br />
Was die Miniatur anbelangt, handelt M nicht in<br />
Ausführung der Verrichtung (Malerarbeiten), sondern<br />
bei Gelegenheit.<br />
Innerer Zusammenhang nicht schon bei Verstoß<br />
gegen Weisungen des Geschäftsherrn zerstört (BGHZ<br />
31, 358)
� TATBESTAND<br />
� KAUSALITÄT gem. § 831 BGB<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
87<br />
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Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
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� VERRICHTUNGSGEHILFE<br />
� HANDLUNG<br />
� IN AUSFÜHRUNG<br />
� VERSCHULDEN G.HERR<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Haftung für Verrichtungsgeh.<br />
§ 831 I BGB<br />
Das Verschulden des Geschäftsherren wird<br />
grundsätzlich vermutet.<br />
Der Geschäftsherr kann sich jedoch entlasten<br />
(exkulpieren) indem er den Gegenbeweis gem. § 831<br />
I 2 BGB erbringt (Strenge Maßstäbe).<br />
� Sorgfältige Auswahl<br />
� Sorgfältiges Überwachen<br />
Bei Großunternehmen: Dezentralisierter Entlastungsbeweis:<br />
Unternehmen kann sich bereits damit entlasten, einen<br />
höheren Angestellten sorgfältig ausgesucht und überwacht zu<br />
haben, wenn dieser Personalauswahl eigenverantwortlich<br />
wahrnimmt (BGHZ 4, 1; str.); gemildert durch Haftung des<br />
Unternehmers für ein Organisationsverschulden nach § 823 I<br />
BGB<br />
Beachte: § 831 II BGB = Haftung desjenigen, der<br />
vertraglich Auswahl/Überwachung übernommen hat
� TATBESTAND<br />
� KAUSALITÄT<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
88<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
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� VERRICHTUNGSGEHILFE<br />
� HANDLUNG<br />
� IN AUSFÜHRUNG<br />
� VERSCHULDEN GESCHÄFTSHERREN<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Haftung für Verrichtungsgeh.<br />
§ 831 I BGB<br />
Es wird vermutet, dass die Pflichtverletzung des<br />
Geschäftsherren, also die sorgfaltswidrige Auswahl<br />
des Verrichtungsgehilfen, zum Schaden geführt<br />
hat, also kausal war.<br />
Bsp. für Kausalität gem. § 831 I 2 BGB:<br />
Speditionsunternehmer S stellt als neuen Fahrer den<br />
stadtbekannten Trinker T ein. Schon während des<br />
Bewerbungsgesprächs hätte S erkennen können,<br />
dass T volltrunken ist.<br />
T verursacht gleich während der ersten Fahrt einen<br />
Unfall, bei dem Oma O zu Tode kommt.
� TATBESTAND<br />
� KAUSALITÄT gem. § 831<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
89<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� VERRICHTUNGSGEHILFE<br />
� HANDLUNG<br />
� IN AUSFÜHRUNG<br />
� VERSCHULDEN GESCHÄFTSHERREN<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Haftung für Verrichtungsgeh.<br />
§ 831 I BGB<br />
Während im Tatbestand eine Verletzung eines<br />
Rechtsguts genügt, muss für die Rechtsfolge ein<br />
ersatzfähiger Schaden entstanden sein.<br />
Wann es sich um einen ersatzfähigen Schaden<br />
handelt, bestimmt sich nach § 249 ff. BGB.<br />
Zwischen Verletzungshandlung und Schaden muss<br />
ein kausaler Zusammenhang bestehen<br />
(haftungsausfüllende Kausalität).<br />
Sind diese Voraussetzungen erfüllt hat der<br />
Geschädigte Anspruch auf Schadensersatz.<br />
Es gelten auch die Sonderregeln der §§ 842–851<br />
BGB.
90<br />
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• Haftung des Mitarbeiters<br />
- § 823 I BGB<br />
• Haftung des Abteilungsleiters<br />
- § 831 II BGB<br />
• Haftung des Vorstands<br />
- § 823 I BGB „Organisationsverschulden“<br />
- § 831 I 1 (-) nicht Geschäftsherr<br />
• Haftung des Unternehmens<br />
- §§ 823 I, 31 BGB „Organisationsverschulden“ des Vorstands<br />
Haftung für Verrichtungsgeh.<br />
Haftung im Unternehmen<br />
- § 831 I BGB für Abteilungsleiter und Mitarbeiter, nicht aber für Vorstand
91<br />
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� Objektiver TATBESTAND<br />
� Handeln einer PERSON UNTER AUFSICHT<br />
� Unerlaubte HANDLUNG der Person<br />
� VERSCHULDEN des AUFSICHTSPFLICHTIGEN<br />
� KAUSALITÄT gem. § 832 I 2 BGB<br />
� RECHTSFOLGE<br />
� ersatzfähiger SCHADEN, §§ 249 ff., 842 ff. BGB<br />
� haftungsausfüllende KAUSALITÄT<br />
Keine EINWENDUNGEN des Schädigers<br />
Keine EINREDEN des Schädigers<br />
Haftg. des Aufsichtspflichtigen<br />
§ 832 BGB<br />
Haftungsbegründender<br />
Tatbestand<br />
Haftungsausfüllender<br />
Tatbestand
� TATBESTAND<br />
� KAUSALITÄT gem. § 832 I 2 BGB<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
92<br />
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� Person u. Aufsicht<br />
� HANDLUNG<br />
� VERSCHULDEN GESCHÄFTSHERREN<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Haftg. des Aufsichtspflichtigen<br />
§ 832 BGB<br />
Handeln einer Person unter Aufsicht?<br />
Bestehen einer gesetzlichen Aufsichtspflicht (I)<br />
• §§ 1626 I, 1631 I BGB: Eltern ggü. minderj. Kindern<br />
• §§ 1896 ff. BGB: Aufsicht des Betreuers<br />
Bestehen einer wirks. vertragl. Aufsichtspflicht (II)<br />
• Babysitter (Beachte: Minderjährige)<br />
• Tagesmütter<br />
• Privatrechtlich betriebene Schulen u. Kindergärten<br />
Nicht: Kurzfristige tatsächl. Übernahme der Aufsicht<br />
(Verwandte oder Nachbarn)
93<br />
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� Looschelders, Schuldrecht BT, S. 405<br />
Produkthaftung<br />
Vertiefungshinweise<br />
� Honsell, Produkthaftung und allgemeine Deliktshaftung, JuS 1995, 211<br />
� Katzenmeier, Entwicklungen des Produkthaftungsrechts, JuS 2003, 943<br />
� Landrock, Das Produkthaftungsrecht im Lichte neuerer Gesetzgebung<br />
und Rechtsprechung, JA 2003, 981<br />
� Sossna, Die Rechtsprechung des BGH zur Produkthaftung, Jura 1996,<br />
587
� Ausschlusstatbestände gem. § 1 II ProdHaftG<br />
94<br />
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� Objektiver TATBESTAND<br />
� RECHTSGUTSVERLETZUNG<br />
� FEHLER eines Produkts<br />
� KAUSALITÄT zw. Fehler und Rechtsgutsverletzung<br />
� HERSTELLER gem. § 4 ProdHaftG<br />
� Kein VERSCHULDEN erforderlich!<br />
� RECHTSFOLGE<br />
� SCHADEN, beachte §§ 10, 11 ProdHaftG<br />
� haftungsausfüllende KAUSALITÄT<br />
Konkurrenzen, vgl. § 15 Abs. 2 ProdHaftG<br />
Produkthaftung<br />
§ 1 I ProdHaftG<br />
Haftungsbegründender<br />
Tatbestand<br />
Haftungsausfüllender<br />
Tatbestand
� TATBESTAND<br />
� KEIN VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
95<br />
� RG-VERLETZUNG<br />
� FEHLER EINES PRODUKTS<br />
� KAUSALITÄT<br />
� HERSTELLER<br />
� � AUSSCHLUSSTATBESTÄNDE<br />
AUSSCHLUSS-TBe<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
KONKURRENZEN<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Produkthaftung<br />
§ 1 I ProdHaftG<br />
Geschützte Rechtsgüter (§ 1 I ProdHaftG):<br />
a) Leben, Körper und Gesundheit (vgl. § 823 I)<br />
b) Sachen, wenn<br />
• es sich um eine andere Sache als das<br />
fehlerhafte Produkt handelt,<br />
P: Weiterfresser-Fälle: Grundsätze zu § 823 I<br />
BGB grds. nicht übertragbar (vgl. Wortlaut des § 1 I<br />
2 ProdHaftG)<br />
• die zum privaten Gebrauch bestimmt ist<br />
und<br />
• die auch so verwendet wurde, vgl. § 1 I 2<br />
ProdHaftG
� TATBESTAND<br />
� KEIN VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
96<br />
� RECHTSGUTSVERLETZUNG<br />
� PRODUKTFEHLER<br />
� KAUSALITÄT<br />
� HERSTELLER<br />
� � AUSSCHLUSSTATBESTÄNDE<br />
AUSSCHLUSS-TBe<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
KONKURRENZEN<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Fehler eines Produkts:<br />
• Produkt: bewegliche Sachen unabh. vom<br />
Aggregatzustand und Elektrizität<br />
• (legaldefiniert in § 2 ProdHaftG)<br />
• Fehler i.S.d.§ 3 ProdHaftG<br />
- Konstruktionsfehler<br />
erfasst gesamte Serie der Produktion<br />
- Fabrikationsfehler<br />
Produkthaftung<br />
§ 1 I ProdHaftG<br />
Fehler eines Einzelexemplars aufgrund menschlichen<br />
oder maschinellen Versagens (auch „Ausreißer“, OLG<br />
Koblenz NJW-RR 1999, 1624)<br />
- Informationsfehler<br />
Versäumen einer Warnpflicht bzgl.<br />
bestimmungsgemäßem und naheliegendem<br />
Fehlgebrauch (BGHZ 105, 346)<br />
• Maßgeblicher Zeitpunkt: Inverkehrbringen
97<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Beispielsfall<br />
Informationspflicht<br />
H stellt Flaschen mit Saugern für Kleinkinder her. Auf einem Beipackzettel hat er einen deutlich<br />
sichtbaren Hinweis angebracht, dass die Flaschen Kleinkindern nicht zum selbständigen<br />
Gebrauch („Dauernuckeln“) überlassen werden sollen, wenn sie mit zuckerhaltigen Getränken<br />
befüllt sind. Endkundin E liest den Beipackzettel nicht und lässt ihr Kind K vor dem<br />
Mittagsschlaf aus der Flasche regelmäßig Limonade trinken. K muss alsbald wegen Karies<br />
behandelt werden. E verlangt von H Kostenersatz [nach BGH NJW 1999, 2273]. Zu Recht?<br />
Anspruchsgrundlage ist § 1 ProdHaftG i.V.m. § 1629 BGB<br />
" Rechtsgutsverletzung i.S.d. § 1 I ProdHaftG: Gesundheit �<br />
" Produkt i.S.d. § 2 ProdHaftG �<br />
" Fehler i.S.d. § 3 ProdHaftG<br />
Mangelhafter Hinweis auf Gefahren, die mit der Verwendung des Produkts verbunden sind?<br />
P: Flasche ist nur Zubehör, eigentliche Gefahr geht von der Limonade aus; BGH:<br />
Kombinationsprodukt; Warnpflicht obliegt auch dem Hersteller der Flaschen<br />
P: Warnpflicht genügt? BGH NJW 1999, 2273 (-): Warnhinweis auf Flasche selbst<br />
notwendig. A.A. vor dem Hintergrund des europäischen Verbraucherleitbilds („mündiger<br />
Bürger“) gut vertretbar
98<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Exkurs: Produzentenhaftung<br />
§ 823 I BGB<br />
• Einzige Grundlage der Haftung für fehlerhafte Produkte vor Umsetzen der<br />
Richtlinie 85/34/EWG im ProdHaftG zum 1.1.1990<br />
• Beachte: Die Produzentenhaftung nach § 823 I BGB knüpft – anders als § 3<br />
ProdHaftG – nicht an der Fehlerhaftigkeit eines Produkts an, sondern an<br />
die Verletzung einer Verhaltenspflicht<br />
• Beweiserleichterung zugunsten des Geschädigten: Beweist er die<br />
objektive Fehlerhaftigkeit des Produkts, werden Pflichtwidrigkeit und<br />
Verschulden des Produzenten zu seinen Gunsten widerleglich vermutet<br />
• Modifizierter Pflichtenkreis des Produzenten ggü. ProdHaftG<br />
- Konstruktionsfehler: unverändert<br />
- Fabrikationsfehler: keine Haftung für Ausreißer (BGHZ 51, 91)<br />
- Informationsfehler: unverändert<br />
- Produktbeobachtungsfehler (- nach ProdHaftG wg. maßgebl. Zeitpunkt)<br />
Pflicht, Produkte auch nach dem Inverkehrbringen auf ihr Gefahren-<br />
potential hin zu beobachten (u.U. Rückholpflicht)
99<br />
Beispielsfall<br />
Produktbeobachtungspflicht<br />
H stellt Motorräder her, u.a. auch die beliebte Serie „S“. Endkunden bringen an Motorräder<br />
dieser Serie gerne eine bestimmte Lenkradverkleidung eines anderen Herstellers an, die zum<br />
Zeitpunkt der Markteinführung der Serie „S“ noch nicht produziert wurde. Die Verkleidung führt<br />
zu Instabilitäten beim Lenken. Aufgrund einer solchen Instabilität verunglückt G mit einem<br />
Motorrad der fraglichen Serie schwer. Er verlangt von H Schadensersatz [nach BGHZ 99, 167].<br />
Zu Recht?<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Anspruchsgrundlage ist § 823 I BGB<br />
" Rechtsgutsverletzung: Gesundheit, Eigentum �<br />
" Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht (Produzentenpflicht)<br />
Zu denken ist an die Verletzung einer Produktbeobachtungspflicht �<br />
H hat es versäumt, Endkunden der Motorräder der Serie „S“ auf ein Risiko hinzuweisen,<br />
das nach Beginn der Vermarktung aufgetreten ist. Zumindest ein Warnaufruf (Website,<br />
Kundenbroschüren etc.) wäre erforderlich gewesen.
� TATBESTAND<br />
� KEIN VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
100<br />
� RECHTSGUTSVERLETZUNG<br />
� PRODUKTFEHLER<br />
� KAUSALITÄT<br />
� HERSTELLER<br />
� � AUSSCHLUSSTATBESTÄNDE<br />
AUSSCHLUSS-TBe<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
KONKURRENZEN<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Produkthaftung<br />
§ 1 I ProdHaftG<br />
Haftungsbegründende Kausalität zwischen<br />
Fehler und Rechtsgutsverletzung.<br />
• Fehler muss kausal für Rechtsgutsverletzung sein<br />
(Äquivalenztheorie)<br />
• Fehler muss kausal für Rechtsguts-verletzung<br />
sein (Äquivalenztheorie)<br />
• Kein Adäquanzzusammenhang erforderlich, da<br />
Gefährdungshaftung. Das bloße „Inverkehrbringen“<br />
genügt für Haftung.<br />
• Ggf. Schutzzwecküberlegungen
� TATBESTAND<br />
� KEIN VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
101<br />
� RECHTSGUTSVERLETZUNG<br />
� PRODUKTFEHLER<br />
� KAUSALITÄT<br />
� HERSTELLER<br />
� � AUSSCHLUSSTATBESTÄNDE<br />
AUSSCHLUSS-TBe<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
KONKURRENZEN<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
legaldefiniert in § 4 ProdHaftG<br />
- Endproduktehersteller, § 4 I 1 ProdHaftG<br />
Produkthaftung<br />
§ 1 I ProdHaftG<br />
- Zulieferant hinsichtlich der Teilprodukte, § 4 I 1 PHG<br />
- Quasihersteller, § 4 I 2 ProdHaftG: Wer fremde<br />
Produkte mit eigenem Namen o. Marke versieht<br />
- Importeur, § 4 II ProdHaftG<br />
- Lieferant, § 4 III ProdHaftG<br />
subsidiäre Haftung: nur wenn ein nach § 4 I, II<br />
ProdHaftG Haftender nicht festgestellt werden kann
� TATBESTAND<br />
� KEIN VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
102<br />
� RECHTSGUTSVERLETZUNG<br />
� PRODUKTFEHLER<br />
� KAUSALITÄT<br />
� HERSTELLER<br />
� � AUSSCHLUSSTATBESTÄNDE<br />
AUSSCHLUSS-TBe<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
KONKURRENZEN<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Produkthaftung<br />
§ 1 I ProdHaftG<br />
Kein Verschulden nötig – Gefährdungshaftung<br />
Den Hersteller trifft die Haftung, sobald er das<br />
Produkt in Verkehr bringt.<br />
Er kann der Haftung nicht entgehen, indem er z.B.<br />
beweist, dass er die Produktion sorgfältig überwacht<br />
und jedes Produkt vor Verkauf einer Endkontrolle<br />
unterzogen hat.
� TATBESTAND<br />
� KEIN VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
103<br />
� RECHTSGUTSVERLETZUNG<br />
� PRODUKTFEHLER<br />
� KAUSALITÄT<br />
� HERSTELLER<br />
� AUSSCHLUSS-TBe<br />
� AUSSCHLUSS-TBe<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
KONKURRENZEN<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
vgl. § 1 II Nr. 1–5 ProdHaftG<br />
Produkthaftung<br />
§ 1 I ProdHaftG<br />
- Produkt nicht willentlich in den Verkehr gebracht<br />
(Nr. 1; z.B. Diebstahl eines Prototyps)<br />
- Fehler lag zum ZP des Inverkehrbringens noch nicht<br />
vor (Nr. 2)<br />
- Produkt nicht zum Verkauf bestimmt (Nr. 3)<br />
- Produkt entsprach zum ZP des Inverkehrbringens<br />
zwingenden Rechtsvorschriften (Nr. 4)<br />
- Fehler zum ZP des Inverkehrbringens nicht zu<br />
erkennen (Nr. 5)
� TATBESTAND<br />
� KEIN VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
KONKURRENZEN<br />
EINWENDUNGEN<br />
104<br />
� PRODUKTFEHLER<br />
� KAUSALITÄT<br />
� HERSTELLER<br />
� AUSSCHLUSS-TBe<br />
EINREDEN<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� RECHTSGUTSVERLETZUNG<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Produkthaftung<br />
§ 1 I ProdHaftG<br />
Wenn Kausalität zwischen Rechtsgutsverletzung<br />
und Schaden (+)<br />
dann Anspruch auf SE gem. § 7–9 ProdHaftG<br />
• Personenschäden: §§ 7–9 ProdHaftG = §§ 249, 252,<br />
253 II, 842–844 BGB<br />
• Mitverursachung: § 6 I ProdHaftG: entsprechende<br />
Anwendung von § 254 BGB<br />
Beachte: Ausdehnung der Haftung auf die Gewahrsperson<br />
• Haftungshöchstsumme nach § 10 I ProdHaftG: € 85<br />
Millionen<br />
• Selbstbeteiligung nach § 11 I ProdHaftG: € 500,-<br />
(prozessökonomisch fragwürdig)
� TATBESTAND<br />
� KEIN VERSCHULDEN<br />
� RECHTSFOLGE<br />
KONKURRENZEN<br />
EINWENDUNGEN<br />
105<br />
� PRODUKTFEHLER<br />
� KAUSALITÄT<br />
� HERSTELLER<br />
� AUSSCHLUSS-TBe<br />
EINREDEN<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� RECHTSGUTSVERLETZUNG<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
§ 15 II ProdHaftG<br />
Produkthaftung<br />
§ 1 I ProdHaftG<br />
Es ist stets parallel eine Haftung nach anderen<br />
Bestimmungen des Deliktsrechts zu prüfen<br />
Das ist vor allem wegen der Selbstbeteiligung nach<br />
§ 11 ProdHaftG und ggf. wegen der Haftungshöchstsummen<br />
nach § 10 ProdHaftG sinnvoll
106<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Haftung nach dem StVG<br />
Haftung des<br />
Kfz-Halters<br />
(§ 7 StVG)<br />
Gefährdung<br />
Haftung nach dem StVG<br />
Haftung des<br />
Kfz-Führers<br />
(§ 18 StVG)<br />
Verm. Versch.
107<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� Looschelders, Schuldrecht BT, S. 468<br />
Haftung nach dem StVG<br />
Vertiefungshinweise<br />
� *Coester-Waltjen, Die Haftung nach § 7 StVG, Jura 2004, 173<br />
� Garbe/Hagedorn, Die zivilrechtliche Haftung beim Verkehrsunfall, JuS<br />
2004, 287<br />
� *Schreiber/Strupp, Die Haftung bei Verkehrsunfällen, Jura 2007, 594<br />
� Staudinger/Schmidt-Bendun, Die Reform des Schadensersatzrechts und<br />
ihre Bedeutung für die Haftung im Straßenverkehr, Jura 2003, 441
108<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� Objektiver TATBESTAND<br />
� RECHTSGUTSVERLETZUNG<br />
� bei BETRIEB EINES KFZ oder Anhängers<br />
� KAUSALITÄT i.S.d. Äquivalenztheorie<br />
� Realisierung der BETRIEBSGEFAHR<br />
� ANSPRUCHSGEGNER = Halter<br />
� kein HAFTUNGSAUSSCHLUSS<br />
� RECHTSFOLGE<br />
� ersatzfähiger SCHADEN, § 249 ff. BGB<br />
� haftungsausfüllende KAUSALITÄT<br />
Haftung des Kfz-Halters<br />
§ 7 StVG<br />
Haftungsbegründender<br />
Tatbestand<br />
Haftungsausfüllender<br />
Tatbestand
� TATBESTAND<br />
� KEIN HAFTUNGSAUSSCHLUSS<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
109<br />
� RG-VERLETZUNG<br />
� bei BETRIEB<br />
� KAUSALITÄT<br />
� ANSPRUCHSGEGNER<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� BETRIEBSGEFAHR<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Geschützte Rechtsgüter<br />
Haftung des Kfz-Halters<br />
§ 7 StVG<br />
a) Leben, Körper und Gesundheit (vgl. § 823 I BGB)<br />
b) Sachen (unabh. von Eigentumsverhältnissen)
� TATBESTAND<br />
� KEIN HAFTUNGSAUSSCHLUSS<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
110<br />
� bei BETRIEB<br />
� KAUSALITÄT<br />
� ANSPRUCHSGEGNER<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� RG-Verletzung<br />
� BETRIEBSGEFAHR<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Kraftfahrzeug oder Anhänger<br />
� Kfz legaldefiniert in § 1 II StVG<br />
Haftung des Kfz-Halters<br />
§ 7 StVG<br />
Ausnahme: § 8 Nr. 1 StVG: Fahrzeuge, die langsamer als<br />
20 km/h fahren<br />
� Anhänger, der zum Mitführen bestimmt ist<br />
Bei Betrieb<br />
Bei Betrieb bedeutet nach der heute herrschenden<br />
sog. „verkehrstechnischen“ Auffassung,<br />
dass das Kfz sich im öffentlichen Verkehrsbereich<br />
bewegen muss oder in verkehrsbeeinflussender<br />
Weise ruht,<br />
z.B. also auch „bei Betrieb“, wenn<br />
� das Fahrzeug liegen bleibt<br />
� das Fahrzeug auf der Straße abgestellt ist oder<br />
beladen wird
� TATBESTAND<br />
� KEIN HAFTUNGSAUSSCHLUSS<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
111<br />
� bei BETRIEB<br />
� KAUSALITÄT<br />
� ANSPRUCHSGEGNER<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� RG-Verletzung<br />
� BETRIEBSGEFAHR<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Haftung des Kfz-Halters<br />
§ 7 StVG<br />
Kausalität im Sinne der Äquivalenztheorie<br />
muss vorliegen zwischen der<br />
Rechtsgutsverletzung und dem Betrieb des Kfz.
� TATBESTAND<br />
� KEIN HAFTUNGSAUSSCHLUSS<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
112<br />
� bei BETRIEB<br />
� KAUSALITÄT<br />
� ANSPRUCHSGEGNER<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� RG-Verletzung<br />
� BETRIEBSGEFAHR<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Haftung des Kfz-Halters<br />
§ 7 StVG<br />
Es muss sich die konkrete Betriebsgefahr<br />
realisiert haben, die aus dem Betrieb eines<br />
Fahrzeugs entsteht.<br />
� auch wenn das Fahrzeug als Mordwaffe gebraucht<br />
wird (BGHZ 37, 311)<br />
� (-) wenn sich eigenständiger Gefahrenkreis<br />
verwirklicht
113<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
Beispielsfall<br />
Betrieb eines Kfz<br />
Fahrzeughalter S verursacht einen Verkehrsunfall, der zu erheblichem „Blechschaden“ führt<br />
und entsprechend zu einem lauten Knall. Dieser Knall verursacht eine Massenpanik unter<br />
Schweinen in einem benachbart gelegenen Viehmastbetrieb, der dem Bauern B gehört. Da die<br />
Schweine in Intensivtierhaltung untergebracht sind, trampeln sich viele Schweine wechselseitig<br />
zu Tode [nach BGHZ 115, 84].<br />
Kann B von S Ersatz für die verendeten Tiere verlangen?<br />
Anspruchsgrundlage ist § 7 StVG<br />
" Rechtsgutsverletzung: Sachbeschädigung/-zerstörung nach § 90a BGB �<br />
" Bei Betrieb eines Kfz?<br />
Kfz: (+) nach § 1 II StVG<br />
Betrieb: BGH (-); es verwirklicht sich keine spezifische Gefahr, die auf den Betrieb eines<br />
Kfz zurückzuführen ist. Ursache des Todes der Tiere scheint eher die Art ihrer Haltung zu<br />
sein.
� TATBESTAND<br />
� KEIN HAFTUNGSAUSSCHLUSS<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
114<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� RG-Verletzung<br />
� bei BETRIEB<br />
� KAUSALITÄT<br />
� BETRIEBSGEFAHR<br />
� ANSPRUCHSGEGNER<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Halter = Anspruchsgegner<br />
Haftung des Kfz-Halters<br />
§ 7 StVG<br />
Halter ist, wer das Kfz zur Unfallzeit für eigene<br />
Rechnung in Gebrauch hat und die<br />
Verfügungsgewalt darüber besitzt, die ein solcher<br />
Gebrauch voraussetzt. Eigentum ist nicht<br />
entscheidend.<br />
Bsp.: Der Sicherungsgeber bei der Sicherungsübereignung<br />
und der Leasingnehmer sind Halter i.S.d.<br />
StVG, obwohl sie nicht Eigentümer sind.<br />
Es kommt ebenfalls nicht darauf an, ob der Halter<br />
schuldhaft handelt, da § 7 StVG ein Tatbestand der<br />
Gefährdungshaftung ist; daher merke:<br />
Keine Verschuldensprüfung!
� TATBESTAND<br />
� HAFTUNGSAUSSCHLUSS<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
115<br />
� bei BETRIEB<br />
� KAUSALITÄT<br />
� ANSPRUCHSGEGNER<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� RG-Verletzung<br />
� BETRIEBSGEFAHR<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Haftungsausschluss durch:<br />
Haftung des Kfz-Halters<br />
§ 7 StVG<br />
• höhere Gewalt, § 7 II StVG (≠ unabwb. Ereignis)<br />
außergewöhnliches, betriebsfremdes von außen<br />
durch Naturkräfte oder die Handlungen Dritter herbei-<br />
geführtes Ereignis, das unvorhersehbar ist und auch in<br />
zumutbarer Art und Weise selbst bei Anwendung<br />
äußerster Sorgfalt nicht verhütet werden kann.<br />
(+) Erdrutsch, Steinwurf eines Dritten<br />
(-) Ölspur, Glatteis, plötzliches Auftreten von Kindern<br />
• Schwarzfahrten, § 7 III 1 Hs. 1 StVG<br />
grds. haftet Schwarzfahrer anstelle des Halters<br />
Ausnahme: Halter hat Schwarzfahrt ermöglicht<br />
(z.B. Steckenlassen des Wagenschlüssels)<br />
• Haftungsausschlüsse nach § 8 StVG<br />
- Verletzter war bei Halter angestellt (Nr. 2)<br />
- beförderte Sache wird beschädigt (Nr. 3)
� TATBESTAND<br />
� KEIN HAFTUNGSAUSSCHLUSS<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
116<br />
� bei BETRIEB<br />
� KAUSALITÄT<br />
� ANSPRUCHSGEGNER<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� RG-Verletzung<br />
� BETRIEBSGEFAHR<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Haftung des Kfz-Halters<br />
§ 7 StVG<br />
Es muss ein ersatzfähiger Schaden vorliegen,<br />
der kausal auf der Rechtsgutsverletzung basiert.<br />
Der Haftungsumfang richtet sich nach §§ 10 ff.<br />
StVG<br />
� §§ 10, 11, 13 StVG ≈ §§ 842–844 BGB<br />
� § 11 S. 2 StVG = § 253 II BGB<br />
� Beschädigung einer Sache: im Übrigen Anwendung<br />
der §§ 249 ff. BGB<br />
� § 9 StVG: Verweis auf § 254 BGB<br />
Sonderregel des § 17 II StVG anwendbar, wenn<br />
auch der Verletzte Halter eines Kfz ist.<br />
� §§ 12, 12a, 12b StVG: Haftungshöchstbeträge<br />
� § 15 StVG: Anzeigeobliegenheit
117<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� Objektiver TATBESTAND<br />
� RECHTSGUTSVERLETZUNG<br />
� bei BETRIEB EINES KFZ oder Anhängers<br />
� KAUSALITÄT i.S.d. Äquivalenztheorie<br />
� Realisierung der BETRIEBSGEFAHR<br />
� ANSPRUCHSGEGNER = Führer<br />
� Verschuldensvermutung; EXKULPATION<br />
� kein HAFTUNGSAUSSCHLUSS<br />
� RECHTSFOLGE<br />
� ersatzfähiger SCHADEN, § 249 ff. BGB<br />
� haftungsausfüllende KAUSALITÄT<br />
Haftung des Kfz-Führers<br />
§ 18 StVG<br />
Haftungsbegründender<br />
Tatbestand<br />
Haftungsausfüllender<br />
Tatbestand
� TATBESTAND<br />
� KEIN HAFTUNGSAUSSCHLUSS<br />
� RECHTSFOLGE<br />
EINWENDUNGEN<br />
EINREDEN<br />
118<br />
� bei BETRIEB<br />
� KAUSALITÄT<br />
� ANSPRUCHSGEGNER<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,<br />
Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht<br />
und Rechtsvergleichung<br />
Prof. Dr. Oliver <strong>Brand</strong>, LL.M. (Cambridge)<br />
� RG-Verletzung<br />
� BETRIEBSGEFAHR<br />
� EXKULPATION<br />
� SCHADEN<br />
� KAUSALITÄT<br />
Haftung eines Kfz-Führers<br />
§ 18 StVG<br />
Das Verschulden des Kfz-Führers wird vermutet;<br />
ermuss nach § 292 ZPO den Gegenbeweis erbringen<br />
Merke: Wenn Kfz-Halter auch Kfz-Führer ist, haftet er<br />
sowohl nach § 7 StVG als auch nach § 18 StVG